anfänge - Stadtsportbund Bonn eV
anfänge - Stadtsportbund Bonn eV
anfänge - Stadtsportbund Bonn eV
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
VORWORT<br />
… der Oberbürgermeisterin der Stadt <strong>Bonn</strong><br />
Das 100jährige Bestehen des <strong>Stadtsportbund</strong>es<br />
ist eines der herausragenden<br />
Jubiläen, die wir 2008 in <strong>Bonn</strong><br />
feiern können. Dem <strong>Stadtsportbund</strong><br />
und allen seinen Mitgliedern möchte<br />
ich im Namen der Stadt <strong>Bonn</strong>, aber<br />
auch persönlich herzlich hierzu gratulieren.<br />
Sport bewegt und verbindet, er bringt<br />
Menschen aus allen gesellschaftlichen<br />
und beruflichen Gruppen<br />
zusammen, schafft Gemeinsamkeit<br />
und Integration und er ist Grundlage<br />
für Gesundheit und Wohlbefinden. Wir<br />
in <strong>Bonn</strong> wissen um die Bedeutung des<br />
Sports. Insgesamt sind fast 78.000<br />
<strong>Bonn</strong>erinnen und <strong>Bonn</strong>er Mitglied in<br />
einem der rund 280 Sportvereine und<br />
rund 110 Betriebssportgemeinschaften.<br />
Neben dem Breitensportangebot<br />
von A wie Aikido, über L wie Lacrosse<br />
bis hin zu W wie Wasserspringen wird<br />
in <strong>Bonn</strong> auch Spitzensport betrieben.<br />
Die Basketballer der Telekom-Baskets,<br />
die Fechter des OFC, die<br />
Schwimmer des SSF oder die Badmintonspieler<br />
des 1. BC Beuel gehören zu<br />
den Aushängeschildern des <strong>Bonn</strong>er<br />
Sports. Und auch als Gründungsort<br />
des NOK, Sitz der Nationalen Anti-<br />
Doping-Agentur und des IPC macht<br />
die Sportstadt <strong>Bonn</strong> national und<br />
international von sich reden.<br />
Als Dachorganisation aller gemeinnützigen<br />
Sportvereine und Fachverbände<br />
vertritt der <strong>Stadtsportbund</strong> hier in<br />
<strong>Bonn</strong> die Interessen des Sports. Sein<br />
Ziel ist es, den Sport in seiner Vielfalt<br />
zu fördern und dafür einzutreten, dass<br />
allen <strong>Bonn</strong>erinnen und <strong>Bonn</strong>ern die<br />
Möglichkeit gegeben wird, sich sportlich<br />
zu betätigen. Ohne breite Öffentlichkeitsarbeit,<br />
Marketing und aktive<br />
Ehrenamtliche und Sponsoren könnte<br />
der Sport seine Breitenwirkung und<br />
seine Spitzenleistungen nicht hervorbringen.<br />
Der <strong>Stadtsportbund</strong> ist seit<br />
100 Jahren vorbildlicher und engagierter<br />
Interessenvertreter des <strong>Bonn</strong>er<br />
Sports. Viele Aktionen und Veranstaltungen<br />
verdanken wir seinem Engagement<br />
und dem seiner Mitglieder.<br />
Für den großen Einsatz und die geleistete<br />
Arbeit aber auch die vertrauensvolle<br />
Zusammenarbeit zwischen Stadt<br />
und <strong>Stadtsportbund</strong>, möchte ich mich<br />
auch im Namen aller <strong>Bonn</strong>er Bürgerinnen<br />
und Bürger bedanken. Ich wünsche<br />
dem <strong>Stadtsportbund</strong> ein sportlich-bewegtes<br />
Jubiläumsjahr und alles<br />
Gute für die Zukunft.<br />
(Bärbel Dieckmann)<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
1
2<br />
VORWORT<br />
… des 1. Vorsitzenden<br />
des <strong>Stadtsportbund</strong>es <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
Vor 100 Jahren schlossen sich auf<br />
Anregung von Professor Ferdinand<br />
August Schmidt 30 Sportvereine zur<br />
„Vereinigung <strong>Bonn</strong>er Turn- und Sportvereine“<br />
zusammen. Heute zählt der<br />
<strong>Stadtsportbund</strong>, wie diese Sportvereinigung<br />
seit 1969 genannt wird,<br />
280 Sportvereine mit ca. 72.000 Mitgliedern.<br />
Die vorliegende Chronik des <strong>Stadtsportbund</strong>es<br />
dokumentiert in Wort<br />
und Bild die Entwicklungen, Veränderungen,<br />
Schwerpunkte und Aktivitäten<br />
des Sports in unserer Stadt. Es ist<br />
auch eine Dokumentation der gesellschaftlichen<br />
Wandlungen, die den<br />
Sport in <strong>Bonn</strong> beeinflusst haben und<br />
denen der Sport sich auch in Zukunft<br />
stellen muss. Wie die Stadt den Strukturwandel<br />
nach dem <strong>Bonn</strong>-Berlin<br />
Beschluss vollzogen hat, so wird der<br />
Sport diesem Wandel auch Rechnung<br />
tragen; nicht nur dahingehend, dass<br />
die Einwohnerzahl gestiegen ist, sondern<br />
auch dass die Arbeitsplätze<br />
erheblich zugenommen haben. Deutlich<br />
ist weiterhin eine Veränderung im<br />
Freizeitverhalten unserer Bevölkerung<br />
feststellbar und auch die Veränderung<br />
in der Motivation, weswegen Sport<br />
betrieben wird. Ebenso verändert sich<br />
auch in <strong>Bonn</strong> der Altersaufbau der<br />
Bevölkerung. Diese Gegebenheiten<br />
müssen Konsequenzen für den Sport<br />
haben, denen er sich nicht verschließen<br />
darf.<br />
Dass der <strong>Stadtsportbund</strong> <strong>Bonn</strong> in diesem<br />
Jahr sein 100 jähriges Bestehen<br />
begehen kann, ist in großem Maße<br />
den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern in den Sportvereinen<br />
zu verdanken. Wir sollten nicht aufhören,<br />
immer wieder auf das unverzichtbare<br />
Engagement der Ehrenamtlichen<br />
in unserer Gesellschaft hinzuweisen<br />
und es hervorzuheben. Hier wird<br />
Außergewöhnliches geleistet! In einer<br />
marktwirtschaftlichen Gesellschaft<br />
nimmt die Bereitschaft, ein Ehrenamt<br />
zu übernehmen, immer stärker ab.<br />
Der Sport ist davon qualitativ und<br />
quantitativ betroffen. Um die Bereitschaft<br />
zum Ehrenamt zu stärken, ist<br />
ein Katalog von Maßnahmen organisatorischer,<br />
ideeller und parafinanzieller<br />
Art notwendig.<br />
Ich bedanke mich sehr bei dem Autor<br />
dieser Chronik, Sigurd Panne, und<br />
wünsche allen Lesern viel Freude<br />
beim Lesen.<br />
Heinz-Helmich van Schewick<br />
1. Vorsitzender <strong>Stadtsportbund</strong> <strong>Bonn</strong>
VORWORT<br />
… des Präsidenten des LandesSportBundes<br />
Nordrhein-Westfalen, Walter Schneeloch<br />
Liebe Freunde des <strong>Bonn</strong>er Sports,<br />
der <strong>Stadtsportbund</strong> <strong>Bonn</strong> e.V. kann in<br />
diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen<br />
feiern. Dies ist Anlass genug, um<br />
zurückzublicken, gleichzeitig aber<br />
auch nach vorne zu schauen, Pläne für<br />
die Zukunft zu machen und mit Mut<br />
und Initiative an neue Aufgaben heranzugehen.<br />
Seit 100 Jahren hat sich der <strong>Stadtsportbund</strong><br />
<strong>Bonn</strong> e.V. – als die Dachorganisation<br />
der gemeinnützigen Sportvereine<br />
auf kommunaler Ebene in der<br />
Stadt <strong>Bonn</strong> – zur Aufgabe gemacht,<br />
die Interessen der Sportvereine<br />
gegenüber der Stadt zu vertreten und<br />
allen Bürgerinnen und Bürgern dieser<br />
Stadt – ganz unabhängig von ihrer<br />
sozialen, kulturellen oder politischen<br />
Herkunft – die Möglichkeit zu geben,<br />
unter zeitgemäßen Bedingungen<br />
Sport zu treiben.<br />
Den Menschen die Teilnahme an<br />
Bewegung, Spiel und Sport zu ermöglichen<br />
ist in unserer Gesellschaft vor<br />
dem Hintergrund einer immer<br />
umfangreicher und gewichtiger werdenden<br />
Freizeit wichtiger denn je!<br />
Aus tiefster Überzeugung bin ich der<br />
Meinung, dass der Sport einen erheblichen<br />
Beitrag dazu leisten kann, das<br />
Leben eines jeden Menschen in unse-<br />
rem Lande lebenswerter, zufriedener<br />
und ausgeglichener zu gestalten.<br />
Dafür setze ich mich – als Präsident<br />
des LandesSportBundes Nordrhein-<br />
Westfalen – jeden Tag auf’s Neue<br />
immer wieder gerne und unermüdlich<br />
ein.<br />
Ausschlaggebend dafür sind sicherlich<br />
Ihre bürgernahen, bedürfnisorientierten,<br />
vielfältigen Sport- und Bewegungsangebote<br />
und die vielseitigen<br />
Aktivitäten im Gesundheits-, Freizeit-,<br />
Breiten- und Leistungssportbereich.<br />
Sie werden mir wahrscheinlich Recht<br />
geben, wenn ich behaupte, dass die<br />
280 Sportvereine, die im <strong>Stadtsportbund</strong><br />
<strong>Bonn</strong> integriert sind, eine tragende<br />
Säule des gesellschaftlichen<br />
Stadtlebens darstellen.<br />
Im Sinne des Sports wünsche ich mir,<br />
dass der <strong>Stadtsportbund</strong> <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
auch in Zukunft die Belange des<br />
Sports in der Öffentlichkeit weiterhin<br />
so erfolgreich vertritt und das sich<br />
seine Mitgliedsvereine auch in<br />
Zukunft weiterhin so aktiv wie bisher<br />
engagieren.<br />
Alles Gute!<br />
Walter Schneeloch<br />
Präsident des LandesSportBundes<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
3
4<br />
VORWORT<br />
… von Dieter Steffens,<br />
Mitglied des Rates der Bundesstadt <strong>Bonn</strong><br />
und Sportausschussvorsitzender<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
Wenn ein rundes Jubiläum gekommen<br />
ist, so ist dies immer ein Grund zum<br />
gratulieren und feiern. Dies gilt insbesondere<br />
dann, wenn nicht die Zahl der<br />
zurückliegenden Jahre entscheidet,<br />
sondern mehr noch das, was in dieser<br />
Zeit geleistet worden ist. Der <strong>Stadtsportbund</strong><br />
hat allen Anlass dazu eine<br />
stolze Bilanz seiner vielfältigen Arbeit<br />
zu ziehen.<br />
Denn der Sport ist Teil unseres kulturellen<br />
und sozialen Lebens. Kein anderer<br />
Bereich unserer Gesellschaft bindet<br />
und verbindet so viele Menschen<br />
wie der Sport. Er trägt zu Lebensqualität,<br />
Lebensfreude und Gesundheit<br />
bei.<br />
Die Organisation des Sports beruht<br />
neben den Schulen auf unabhängigen<br />
Vereinen und Verbänden, wie dem<br />
<strong>Stadtsportbund</strong> <strong>Bonn</strong>, die fast aus-<br />
schließlich ehrenamtlich geführt werden.<br />
Dieses freiwillige ehrenamtliche Engagement<br />
vieler Mitglieder des <strong>Stadtsportbund</strong>es,<br />
ist Ausprägung von<br />
gemeinschaftsfördernder Eigeninitiative<br />
und gelebter Eigenverantwortlichkeit.<br />
Deshalb leistet der Sport einen unbezahlbaren<br />
Beitrag zur Identifikation,<br />
zur Integration, zur Einübung sozialen<br />
Verhaltens, zur Anerkennung des<br />
Leistungsprinzips, zur Gesundheit<br />
und Lebenshilfe.<br />
Zum Schluss verbleibt mir nur noch,<br />
dem <strong>Stadtsportbund</strong> <strong>Bonn</strong>, seinem<br />
Vorstand und Mitgliedern herzlich zu<br />
gratulieren und für die Zukunft alles<br />
Gute und weiterhin viel Erfolg zu wünschen.<br />
Dieter Steffens
Prof. Dr. F. A. Schmidt ........................................1908-1919<br />
Fritz Schröder ....................................................1919-1927<br />
Dr. Hans Schwarzer ..........................................1927-1932<br />
Dr. Josef Franken ..............................................1932-1933<br />
Klaus Daub........................................................1933-1937<br />
Peter Reinhartz..................................................1937-1941<br />
Dr. Hubert Claessen..............................................bis 1949<br />
Otto Schumacher Hellmond ..............................1949-1952<br />
Vorwort 00<br />
Anfänge des <strong>Stadtsportbund</strong>es <strong>Bonn</strong> e.V. 00<br />
Pakt für den Sport in <strong>Bonn</strong> 00<br />
Sparkassenstiftung 00<br />
die letzten 20 Jahre des SSB 00<br />
Zukunft des <strong>Stadtsportbund</strong>es 00<br />
Ferdinand August Schmidt 00<br />
Geschichte des Deutschen Sportabzeichen 00<br />
Vor 1908 00<br />
Sonderbereich Seniorensport 00<br />
2000-Jahr-Feier 00<br />
Landesturnfest 00<br />
Basketball-Länderspiel vs. Israel im Pennenfeld 00<br />
Rugby vs. Samoa 00<br />
Ringen, Großer Preis 00<br />
Schwimmm-EM mit Römerbad und Wasserball in Beuel 00<br />
Sportkulturen der Welt<br />
Radsport 00<br />
Fußball 00<br />
Frauenfußball 00<br />
Ringen 00<br />
Badminton 00<br />
Hockey 00<br />
Tennis 00<br />
Boxen 00<br />
Fechten 00<br />
Turnen 00<br />
Basketball 00<br />
Volleyball 00<br />
Schwimmen 00<br />
Rudern 00<br />
Impressum<br />
INHALT<br />
Liste der ehemaligen Vorsitzenden des SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
Max Horster ......................................................1952-1956<br />
Heinz Stelling....................................................1956-1958<br />
Hermann Henze ................................................1958-1964<br />
Eberhard Nöller ................................................1964-1970<br />
Jürgen Theuerkauff............................................1970-1972<br />
Horst Dettmann ................................................1972-1973<br />
Jürgen Theuerkauff............................................1973-1974<br />
Hannelore Kendziora ........................................1974-2003<br />
<strong>Stadtsportbund</strong> <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
Am Frankenbad 2<br />
53111 <strong>Bonn</strong><br />
Tel. 0228/96 54 763<br />
Fax 0228/96 54 764<br />
e-Mail: kontakt@ssb-bonn.de<br />
Internet: www.ssb-bonn.de<br />
Vertretungsberechtigte:<br />
Heinz-Helmich van Schewick<br />
(1. Vorsitzende)<br />
Ulrich Dahl (2. Vorsitzender)<br />
Uschi Klein (2. Vorsitzende)<br />
Thomas Medewaldt (Kassenwart)<br />
Redaktion<br />
Olaf Schwarz<br />
Peter Mähler<br />
Sigurd Panne<br />
Herstellung:<br />
Köllen Druck & Verlag GmbH<br />
Ernst-Robert-Curtius-Str. 14<br />
53117 <strong>Bonn</strong><br />
Fotonachweis:<br />
Ronald Friese,<br />
Wolfgang Henri,<br />
Archiv GA<br />
Titelseite:<br />
Michael Güls<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
5
6<br />
DARSTELLUNG<br />
Der <strong>Stadtsportbund</strong> <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
Als Interessenvertretung von ca. 280 Sportvereinen mit<br />
rund 70.000 Mitgliedern ist es die Aufgabe des <strong>Stadtsportbund</strong>es<br />
<strong>Bonn</strong>, die Entwicklung und Förderung des<br />
Vereinssports voranzutreiben und zu unterstützen.<br />
Der <strong>Stadtsportbund</strong> berät und fördert seine Mitglieder<br />
und vertritt durch seinen Vorstand die Interessen der <strong>Bonn</strong>er<br />
Sportvereine gegenüber dem LandesSportBund NRW,<br />
der Stadt <strong>Bonn</strong> und anderen staatlichen Stellen. Er informiert<br />
die <strong>Bonn</strong>er Bürger rund um den Sport in <strong>Bonn</strong>.<br />
<strong>Stadtsportbund</strong> fördert<br />
• Projekte und Veranstaltungen<br />
• Übungsleiter, Trainer, Organisationsleiter und Jugendleiter<br />
• sportliche und allgemeine Jugendarbeit<br />
• Qualitätssiegel der Sportvereine<br />
• Gründung neuer und die Erweiterung bestehender Vereine<br />
• Sportabzeichen<br />
Projekte, Aktionen und Dienstleistungen<br />
• Förderung der sportlichen und allgemeinen Jugendarbeit:<br />
SportActionsBus - Sportler und Jugend gegen<br />
Gewalt und Extremismus, Kinder in Bewegung, Sport<br />
im Ganztag – Koopertaion Schule / Sportverein,<br />
schwer mobil, Bewegungskindergärten, Basketballund<br />
Fußballevents im sozialen Brennpunkt, Ferienprogramm<br />
für Kinder und Jugendliche<br />
• Schaffung qualitätsgesicherter Gesundheitsangebote:<br />
Projekte im Gesundheitssport: mach2 – besser essen –<br />
mehr bewegen, Überwinde deinen inneren Schweinehund<br />
• Projekt „Integration ausländischer Mitbürger“<br />
• Pakt für den Sport – Interessenvertretung der Sportvereine<br />
in der Politik<br />
• Präsentation der <strong>Bonn</strong>er Sportvereine beim Tag des<br />
<strong>Bonn</strong>er Sports u. a. Veranstaltungen, Öffentlichkeitsarbeit<br />
für Vereine, Veranstaltungen, Aktionstage,<br />
Sportevents, Broschüren und Informationsmaterialien<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
• Spiel- und Sportgeräteverleih<br />
• Beratung: Vereinsberatung (im System VIBSS = Vereins-,<br />
Informations-, Beratungs- und Schulungssystems<br />
des LSB) Beratung und Unterstützung bei der<br />
Antragsstellung von Fördergeldern, Beratung der <strong>Bonn</strong>er<br />
Bürger/innen, Beratung und Unterstützung der<br />
Vereine bei Neugründung<br />
• Qualifizierung: Ausbildungspartner des LandesSport-<br />
Bundes und der Fachhochschule Remagen, Übungsleiterbörse,<br />
Qualifizierung von Mitarbeitern, Kurs- und<br />
Workshopangebote<br />
• Information: Hinweis auf Vereinsveranstaltungen, Veröffentlichung<br />
der Sport- und Bewegungsangebote der<br />
Vereine, Broschüren<br />
• Sportabzeichen (Bearbeitung, Ehrung, Qualifizierung)<br />
• Veranstaltungen: Aktionstage, Präsentationen für Vereine,<br />
Sportevents
Sportjugend im <strong>Stadtsportbund</strong><br />
Wir machen die Jugend stark!<br />
"Sportjugend.........????? Spielt Ihr Fußball oder Tennis<br />
oder Basketball, Golf vielleicht? Ihr habt was mit Doping<br />
zu tun und den Olympischen Spielen, oder doch nicht?<br />
Doch, jetzt weiß ich es. Mein Sohn hat an einem Basketball-Turnier<br />
teilgenommen, mitten in der Nacht. Und die<br />
Freundin meiner Tochter hat irgendeine Ausbildung<br />
gemacht, ein halbes Jahr lang, jedes zweite Wochenende.<br />
Wie hieß das noch? Ja genau, Übungsleiterin ist sie geworden<br />
und darf eine Sportgruppe sogar ganz offiziell an<br />
einer Offenen Ganztagsschule leiten."<br />
So oder so ähnlich könnte die Antwort auf die Frage "Kennen<br />
Sie die Sportjugend <strong>Bonn</strong>?" lauten. Erst lautes Nachdenken,<br />
dann sukzessive Annäherung, Schritt für Schritt.<br />
Die Fußballjugend kennt jeder. Die spielen jedes Wochenende<br />
mit mehreren Mannschaften hinten auf dem<br />
Aschenplatz (mittlerweile auch auf Kunstrasen).<br />
Aber bei der Sportjugend <strong>Bonn</strong> muss man oder frau schon<br />
genauer hinschauen. Hier werden keine Olympioniken<br />
oder Weltmeister auf den Weg gebracht. Etwas weniger<br />
spektakulär und medienträchtig, aber doch mit einer nicht<br />
unbedeutenden gesellschaftlichen und sozialen Relevanz.<br />
Der geneigte Leser möge sich selber ein Bild machen, hier<br />
und jetzt in Bild und Text oder natürlich auch später zum<br />
Beispiel bei einem Besuch bei der Sportjugend <strong>Bonn</strong> im<br />
<strong>Stadtsportbund</strong> <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
Unser Ziel ist es, möglichst viele junge Menschen zu motivieren,<br />
sportlich aktiv zu sein und ihnen durch Sport und<br />
Spiel in der Gemeinschaft Anregungen und Möglichkeiten<br />
zu geben, ihre Persönlichkeit zu bilden und soziales Verhalten<br />
zu fördern.......<br />
Darunter kann sich immer noch nicht jeder so direkt etwas<br />
vorstellen. Also etwas konkreter.<br />
Unsere Aufgaben und Schwerpunkte<br />
Die Sportjugend <strong>Bonn</strong> ist Interessenvertretung von über<br />
33000 Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
aus den <strong>Bonn</strong>er Sportvereinen.<br />
Damit lässt sich doch schon mal etwas anfangen.<br />
Hierbei konzentrieren wir uns besonders auf Förderung<br />
des Kinder- und Jugendsports in <strong>Bonn</strong>.<br />
Dies ist ja nun nahe liegend.<br />
Dazu werden ausgebildete Fachkräfte benötigt. Somit ist<br />
ein Schwerpunkt unserer Arbeit die Qualifizierung durch<br />
Aus- und Fortbildung von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern in der Jugendarbeit. Im Einzelnen<br />
sind das:<br />
Gruppenhelfer-Ausbildung<br />
Fortbildungen für Gruppenhelfer<br />
Übungsleiter C-Ausbildung<br />
JUGEND<br />
Fortbildungen für Übungsleiter im Bereich Bewegungserziehung<br />
für 6-12jährige, Gesundheitstraining für Kinder<br />
Qualitätszirkeltage im Gesundheitsbereich für Kinder<br />
Workshops für Übungsleiter an den Offenen Ganztagsgrundschulen<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
7
JUGEND<br />
Die außerschulische Jugendbildung ist der Sportjugend<br />
ein gewichtiges Anliegen - und das für alle. Denn die<br />
Sportvereine bilden das Zentrum der Kinder- und Jugendbildung<br />
im gemeinnützigen Sport. Mit ihren vielfältigen<br />
Bildungsangeboten leisten sie einen unverzichtbaren Beitrag<br />
zur Ausgestaltung kommunaler Bildungslandschaften.<br />
Die Jugendabteilungen der Sportvereine sind gegenwärtig<br />
schon in vielfältige Bildungsnetzwerke in <strong>Bonn</strong> eingebunden.<br />
Schwerpunkte ihrer Netzwerktätigkeit sind die<br />
Kooperationen mit anderen Trägern der Jugendhilfe, mit<br />
Tageseinrichtungen für Kinder und mit Schulen.<br />
Für alle - Die Welt ist zusammengerückt. Menschen verschiedenster<br />
Herkunft treffen sich hier in unserem Lande<br />
und natürlich auch in <strong>Bonn</strong>. Kann der Sport an dieser Stelle<br />
etwas dazu beisteuern, ein harmonisches und konfliktfreies<br />
Miteinander zu entwickeln?<br />
Die integrierende Wirkung des Sports sollte nicht überschätzt,<br />
aber auch nicht unterschätzt werden - und damit<br />
ist Bewegung, Spiel und Sport an sich gemeint und auch<br />
das gezielt eingesetzte und entsprechend modifizierte<br />
Sportangebot.<br />
So ist unser SportActionBus unermüdlich seit Jahren<br />
unterwegs. Soziale Brennpunkte werden angefahren, um<br />
dort zum Beispiel in unserem Soccercourth Kinder und<br />
Jugendliche nach speziell ausgestalteten Spielregeln miteinander<br />
Fußball spielen zu lassen - Fair Play. Das ist Integration<br />
von jungen Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsländern<br />
und sozialen Schichten - durch Sport.<br />
Basketball um Mitternacht, Soccer um Mitternacht für die<br />
etwas Älteren, am Nachmittag für die etwas Jüngeren, so<br />
lauten u.a. die Bezeichnungen der Maßnahmen, die in dieser<br />
Hinsicht das Ziel haben, integrativ und gewaltpräventiv<br />
wirksam zu sein. Aber jedem sollte klar und bewusst<br />
sein: Sport ist kein Allheilmittel, aber auch nicht ohne Wirkung.<br />
Zur Prävention gehört auch die Suchtprävention. Eine<br />
genauso heikle wie schwierige Thematik, natürlich auch<br />
im Sport und Sportverein. Die Mitarbeit in Arbeitskreisen<br />
mit der Entwicklung entsprechender Maßnahmen wurde<br />
begonnen und soll weiter fortgeführt werden.<br />
Was Sport so alles kann oder auch nicht.......<br />
Auch die Gesundheitsförderung durch Bewegung, Spiel<br />
und Sport darf dann nicht fehlen. Kinder mit mangelnden<br />
Bewegungserfahrungen, Sport und Ernährung so heißen<br />
nur zwei von zahlreichen Förderprogrammen, durch die<br />
Kinder und Jugendliche möglichst früh und entwicklungsgemäß<br />
zu einem Bewusstsein für Ihre Gesundheit und<br />
ihren Körper angeleitet werden - präventiv, bevor das Kind<br />
sozusagen in den Brunnen gefallen ist<br />
Internationale Begegnungen (Marokko, Kaliningrad/Russland)<br />
Partizipation der Kinder und Jugendlichen<br />
Förderung der gleichberechtigten Teilhabe von Mädchen<br />
und jungen Frauen im Sport<br />
Förderung von Bewegungserziehung<br />
Zusammenarbeit mit den Fachverbänden des Sports<br />
sind weitere Tätigkeitsfelder, für welche sich die Kolleginnen<br />
und Kollegen der Sportjugend engagiert einsetzen.<br />
Ferner Informationsveranstaltungen zu aktuellen Themen,<br />
Beratung und Unterstützung bei der Organisation und<br />
Durchführung von Jugendangeboten u.v.a.m.<br />
Wer jetzt immer noch nicht den rechten Einblick in die<br />
Arbeit der Sportjugend <strong>Bonn</strong> gewonnen hat, der kann eine<br />
der Broschüren Sportangebote für Kinder oder richtig fit<br />
(900 Breitensportangebote aus den Breichen Kinder,<br />
Jugendliche, Erwachsene, Senioren, Gesundheit und<br />
Sportabzeichen) anfordern.<br />
So, jetzt ist die Sportjugend fast "am Ende", fast!<br />
Last but not least! Eines unserer wichtigsten Handlungsfelder<br />
ist die Offene Ganztagsschule - kurz OGS oder<br />
"Über" wie einige der kindlichen Akteure der<br />
ersten bis vierten Klasse liebevoll ihre OGS zu nennen<br />
pflegen.<br />
Übungsleiter der Sportvereine oder Zivildienstleistende,<br />
die ihr Jahr bei einem Sportverein absolvieren, machen<br />
mit den OGS-Kindern am Nachmittag Sport. Das können<br />
Fachsportarten wie z. B. Fußball, Judo, Turnen, Tanzen,<br />
oder allgemeine Bewegungs- und Spielangebote sein.<br />
Hier setzt sich die Sportjugend <strong>Bonn</strong> mit ihrer Koordinierungsstelle<br />
Sport im Ganztag dafür ein, dass sie Offene<br />
Ganztagsschulen und Sportvereine vor Ort zusammenbringt<br />
und in ihrer Planung der Bewegungs- , Spiel- und<br />
Sportangebote berät, bei der Umsetzung unterstützt und<br />
begleitet - wenn es gewünscht wird.<br />
100 Jahre <strong>Stadtsportbund</strong>! Schaut man sich allein nur die<br />
Projekte an, die sich die Sportjugend <strong>Bonn</strong> in ihre Agenda<br />
bis jetzt geschrieben hat, werden die nächsten 100 Jahre<br />
höchst arbeitsintensiv, interessant und sehr kurzweilig<br />
werden. Wir sind ja noch jung oder fühlen uns zumindest
ZUKUNFT<br />
Zukunft des <strong>Stadtsportbund</strong>es<br />
Die Maxime für die Arbeit des <strong>Stadtsportbund</strong>es <strong>Bonn</strong><br />
in allen Gliederungen und gleichzeitig Wertmaßstab für<br />
den Einsatz seiner Ressourcen ist das Leitbild. Die sich<br />
ständig verändernden gesellschaftlichen Gegebenheiten<br />
sind auch Herausforderungen für den Sport. Darauf<br />
hat der Sport zu reagieren. Diese Grundfeststellung fordert<br />
Entwicklungen heraus und erschließt neue Aufgabenfelder.<br />
Auch Bewährtes muss auf den Prüfstand und<br />
kann gegebenenfalls zur Kontinuität in der Arbeit führen.<br />
Eine Zusammenarbeit aller im Sport Tangierten ist<br />
die Bedingung, Bewährtes und Neues zusammenzuführen.<br />
Integrierte Sportentwicklungsplanung ist ein Beitrag<br />
zur Stadtentwicklung, ist Teil eines unfassenden Entwicklungsprozesses<br />
auf dem Weg in die Stadt der Zukunft.<br />
Der „Pakt für den Sport“, den der <strong>Stadtsportbund</strong> <strong>Bonn</strong><br />
mit der Stadt abschließen sollte – wie in einigen Städten<br />
und Kreisen bereits erfolgt – ist ein neues sportpolitisches<br />
Instrument auf dem Weg zur „sportgerechten<br />
Stadt“. Wir sind in <strong>Bonn</strong> auf einem guten Weg, z. B.<br />
dadurch, dass der <strong>Stadtsportbund</strong> seit kurzem im Sportausschuss<br />
auf Sportentscheidungen im politischen<br />
Bereich beratend mitwirkt. Die Kommunalverfassung verhindert<br />
noch die Stimmberechtigung in den entsprechenden<br />
Gremien.<br />
Wichtig ist dem <strong>Stadtsportbund</strong> weiterhin die gute<br />
Zusammenarbeit mit allen Sportfraktionen im Rat der<br />
Stadt <strong>Bonn</strong>. Jeder versteht sich als die „Lobby“ des<br />
Sports und orientiert sich über Parteigrenzen hinweg an<br />
seinen Aufgaben. Zu prüfen ist eine stärkere Verzahnung<br />
von <strong>Stadtsportbund</strong> und Sportverwaltung, um die<br />
Sportstadt <strong>Bonn</strong> noch handlungs- und leistungsfähiger<br />
zu machen. Dabei könnten Aufgaben der Verwaltung<br />
vom <strong>Stadtsportbund</strong> koordinierend übernommen werden.<br />
In dieser Konsequenz einer neuen Aufgabenverteilung<br />
ist eine Aufstockung der Hauptamtlichkeit notwendig.<br />
Die Möglichkeit, u. a. Projektförderung oder die Institution<br />
„freiwilliges soziale Jahr“ soll in Zukunft unter dem<br />
Aspekt „Personalfinanzierung“ verstärkt ausgeschöpft<br />
werden.<br />
Der Wandel des Altersaufbaus unserer Gesellschaft, der<br />
Wandel der Bevölkerungsstruktur im allgemeinen und insbesondere<br />
in <strong>Bonn</strong> nach dem <strong>Bonn</strong>-Berlin-Beschluss sind<br />
Herausforderungen für die Aktivitäten des <strong>Stadtsportbund</strong>es<br />
und der <strong>Bonn</strong>er Sportvereine.<br />
10 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
Der <strong>Stadtsportbund</strong> versteht sich als Dienstleiter, Servicepartner<br />
und Fürsprecher der <strong>Bonn</strong>er Sportvereine. Er<br />
berät und begleitet sie partnerschaftlich in ihrer Arbeit. Er<br />
wird sich weiterhin in den sportpädagogischen Aufgabenfeldern<br />
und seinen organisatorischen Strukturen an<br />
aktuellen Qualitätsstandards orientieren. Die Aus- und<br />
Fortbildungen sind wichtige Vorraussetzungen hierfür,<br />
deshalb müssen die Qualifizierungen weiter ausgebaut<br />
werden.<br />
Im Bewusstsein seiner gesellschaftlichen Position und<br />
Verantwortung hat sich der Sport und damit auch der<br />
<strong>Stadtsportbund</strong> verstärkt den Projekten im Rahmen von<br />
„Integration“ und „benachteiligter Kinder und Jugendlichen“<br />
anzunehmen. Als wichtiger Bestandteil von „Integration<br />
durch Sport“ führt der <strong>Stadtsportbund</strong> Aktionstage,<br />
Veranstaltungen, wie Streetsoccer- und Basketballevents<br />
in sozialen Brennpunkten oder in Stadtteilen mit<br />
hohem Ausländeranteil durch. Die Übungsleiterausbildung<br />
für Migrantinnen hat der <strong>Stadtsportbund</strong> als äußerst<br />
wichtiges Element zur Integration erkannt und wird dieses<br />
Projekt realisieren.<br />
Dem Gesundheitsaspekt jeder Zielgruppe wird der <strong>Stadtsportbund</strong><br />
durch Projekte wie „mach2 – besser essen,<br />
mehr bewegen“, „schwer mobil“, „Kinder in Bewegung“,<br />
oder „anerkannter Bewegungskindergarten“ aktiv Rechnung<br />
tragen. Auch das Engagement des Sports in der<br />
„Offenen Ganztagsschule“ wird weiterhin eine wichtige<br />
Aufgabe sein.<br />
Dem zunehmenden Alkoholkonsum bei Kindern und<br />
Jugendlichen wird durch das Projekt „ Keine Kurzen für die<br />
Kurzen“ angegangen werden.<br />
Der <strong>Stadtsportbund</strong> wird einen Arbeitsschwerpunkt wieder<br />
verstärkt auf die Zielgruppe älterer Mitbürger richten.<br />
Das Programm „aktiv und gesund älter werden“ wird mit<br />
neuen Projekten gezielte Schwerpunkte im Rahmen von<br />
Vernetzung umgesetzt werden. So wird besonders förderungswürdige<br />
Vereinsaktionen im gesundheitsorientierten<br />
Seniorensport prämiert.<br />
Der <strong>Stadtsportbund</strong> wird weiterhin das Ziel verfolgen,<br />
dass alle Menschen aktiv an Bewegungs- und Sportangeboten<br />
einer schützenswerten Umwelt teilnehmen<br />
können.
Stiftung Sport der Sparkasse <strong>Bonn</strong><br />
Heinz-Helmich van Schewick<br />
Seit ihrer Gründung im Jahr 1988<br />
hat die Sparkasse Köln/<strong>Bonn</strong><br />
durch die „Stiftung Sport der<br />
Sparkasse in <strong>Bonn</strong>“ über 2,8<br />
Mio Euro für den <strong>Bonn</strong>er Nachwuchssport<br />
zur Verfügung<br />
gestellt. Mit diesen Geldern werden<br />
talentierte Nachwuchssportler<br />
<strong>Bonn</strong>er Sportvereine<br />
unterstützt.<br />
Talentierter Nachwuchssportler<br />
im Sinne der Satzung der „Stiftung<br />
Sport der Sparkasse in<br />
<strong>Bonn</strong>“ ist, wer bisher schon hervorragende<br />
Leistungen erbracht<br />
hat und bei dem anzunehmen<br />
ist, dass durch Förderung der<br />
Stiftung eine deutliche Leistungssteigerung<br />
zu erwarten ist.<br />
Vorraussetzung für diesen<br />
sportlichen Erfolg sind optimale<br />
Bedingungen, welche viel Geld<br />
kosten. Hierbei spielen unter<br />
anderem die Trainer und die<br />
Geräte eine erhebliche Rolle.<br />
Über die Vergabe der Fördermittel<br />
entscheidet der Stiftungsvorstand<br />
auf Empfehlung eines<br />
fachkundigen Gutachterausschusses<br />
hin, dem unter anderem<br />
ehemalige Leistungssportler<br />
angehören. Auch die Stadt<br />
<strong>Bonn</strong> ist durch das Sport- und<br />
Bäderamt eingebunden und gibt<br />
eine Stellungnahme ab.<br />
In der Vergangenheit ist die Teilnahme<br />
an Europa- oder Weltmeisterschaften<br />
sowie Olympischen<br />
Spielen Dank der Stiftung<br />
Sport für mehrere Sportlerinnen<br />
und Sportler, die auch hervorragende Platzierungen<br />
erreicht haben, ermöglicht worden.<br />
Neben diesen Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern<br />
werden auch junge Talente in Einzelsportdisziplinen und<br />
Mannschaftssportarten gefördert.<br />
FÖRDERUNG<br />
�������� ������<br />
����������������� ��������<br />
������� ���� ���� ������� ��� �������� ����� ��� ���������<br />
�� ���� ��� �������� ���� ������� ���� ������� �����<br />
������������� ��� ����������� ������������� ��� ������<br />
��� ��������� �������������������� ������ ���� ���<br />
������ �������� ���� ������ ��� ���� �����������������<br />
��� ��������� ���������������� ������� ��� ������������<br />
�������� ����� ����������� ������� ������������<br />
�������������������������������������<br />
In der heutigen Zeit werden die Sponsoren im Sport<br />
immer weniger. Die „Stiftung Sport der Sparkasse in<br />
<strong>Bonn</strong>“ ist jedoch eine feste Größe in der Sportlerförderung<br />
in <strong>Bonn</strong>. Der <strong>Stadtsportbund</strong> weiß dieses Engagement<br />
zu würdigen.<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
11
Überblick aus der Arbeit des SSB<br />
Eckpunkte der vergangenen 20 Jahre<br />
1988 richtete der SSB den Tag des Sports auf dem Marktplatz<br />
und das Familienfest in der Rheinaue aus.<br />
1989 wurden die Stadtmeisterschaftsmedaillen angeschafft.<br />
18.000 Zuschauer und Teilnehmer kamen zu der Veranstaltung<br />
„Trimm Trab“ am 6.5.1989.<br />
Eine große Veranstaltung war das Landesturnfest vom 22.-<br />
25.6.1989.<br />
Am 16.9.1989 richtete der SSB das Treffen der Stadt- und<br />
Kreissportbünde für den Landessportbund in der Godesberger<br />
Stadthalle aus.<br />
An dem Tag endete die Laufstaffel des DSB auf dem Münsterplatz.<br />
Im November startete der SSB das Projekt „Sport mit Aussiedlern“<br />
1990 Der Modell-Lehrgang „Sport mit Älteren“ wird eingeführt.<br />
16.9.1990 wird die neue Hardtberghalle eröffnet.<br />
1991 Radio <strong>Bonn</strong>/Rhein-Sieg geht auf Sendung. Der SSB<br />
gehört der Veranstaltungsgesellschaft an.<br />
1992 findet in der Rheinaue das Spielfest „Sportkulturen der<br />
Welt“ statt.<br />
Sportler aus aller Welt stellen aus ihrem Kulturkreis Spiele vor.<br />
Der SSB arbeitet monatelang mit dem DSB, dem LSB und dem<br />
Sportamt <strong>Bonn</strong> an der Vorbereitung. Es kommen über 50.000<br />
Besucher.<br />
Seit der Zeit waren jedes Jahr Sportfeste des SSB in der Rheinaue,<br />
auf dem Marktplatz oder auf dem Münsterplatz.<br />
1995 fanden die ersten Gespräche zur Gründung des Stadtforums<br />
statt und die <strong>Bonn</strong>er Sportvereine kamen zur 1. Sitzung<br />
über das Stadtforum am 12.07 zusammen.<br />
1996 wurden Hallenbenutzungsgebühren eingeführt! Der<br />
SSB richtete eine Demonstration vor dem alten Rathaus aus.<br />
Die Beteiligung war groß.<br />
Am 3.7.1996 gab es das 1. Hearing über die Zukunft des <strong>Bonn</strong>er<br />
Sport.<br />
1997 am 5.2.1997 richtete der SSB das 2. Hearing aus.<br />
1998 am 10.05.1998 richtete der SSB den ersten Breitensporttag<br />
aus.<br />
Am 5.9.1998 gab es den 1. <strong>Bonn</strong>er Frauentag im Sportpark<br />
Nord.<br />
1999 gab es den 2. Breitensporttag.<br />
Die Hallennutzungsgebühr wird wieder abgeschafft.<br />
1.9.1999 eine weitere Tagung des Stadtforums findet statt.<br />
Die ersten 2.000 Exemplare der Broschüre „<strong>Bonn</strong> Aktiv“ wurden<br />
hergestellt.<br />
2000 Endlich bekommt der SSB eine hauptamtliche Breitensportreferentin:<br />
Frau Böcker.<br />
Folgende Projekte konnten daher eingeführt werden: „Jugend<br />
mit Zukunft“, „Kinder mit mangelnden Bewegungserfahrungen“,<br />
„Sport der Älteren“.<br />
Das Magazin „richtig fit“ und „<strong>Bonn</strong> Aktiv“ geht in Serie.<br />
Am 3.9.2000 ist in der Rheinaue das Sportfestival „Eine Stadt<br />
in Bewegung“.<br />
Die Broschüre „Kids und Teens on Tour“ wird zu erstenmal veröffentlicht.<br />
Das Netzwerk Seniorensport wird in Angriff genommen.<br />
Projekte „Schule und Verein“ wird ins Leben gerufen.<br />
2002 am 11.5.2002 wird der SportActionBus auf dem Münsterplatz<br />
präsentiert.<br />
Im Sommer ist der 1. Austausch marokkanischer Jugendlichen<br />
mit deutschen Jugendlichen.<br />
Der SSB bekommt seine 2. hauptamtliche Kraft und richtet<br />
das Symposium „Kinder in Bewegung“ aus.<br />
2003 Nach 28 Jahren Vorsitz beim SSB tritt Hannelore Kenziora<br />
zurück und Heinz-Helmich van Schewick wird zum Vorsitzenden<br />
gewählt.<br />
Eine Kooperation mit dem Kreissportbund Siegburg wird<br />
erwägt.<br />
Im Juli wird der SSB Koordinierungsstelle „Sport im Ganztag“<br />
und hält eine Informationsveranstaltung dazu ab.<br />
2004 ab Januar gibt es das Projekt „Basketball um Mitternacht“.<br />
Im Sommer findet der 2. Austausch mit marokkanischen<br />
Jugendlichen statt.<br />
Am 26.8.2004 wird in der Stadthalle Bad Godesberg über die<br />
Zukunft der <strong>Bonn</strong>er Sportvereine diskutiert.<br />
28.11.2004 wird zum ersten mal der Aktionstag „Kinder in<br />
Bewegung“ angeboten. Der Aktionstag finde seitdem jährlich<br />
statt.<br />
2005 gab es wieder eine Informationsveranstaltung „Pakt für<br />
den Sport“.<br />
2. Aktionstag „Kinder in Bewegung“.<br />
Die gemeinsame Arbeit mit dem Kreissportbund Rhein-Sieg<br />
im sogenannten Qualifizierungszentrums <strong>Bonn</strong>/Rhein Sieg<br />
wird aufgenommen und am 7.6. der Presse vorgestellt.<br />
Der 3. Aktionstag „Kinder in Bewegung“ ist am 19.6.2005.<br />
2006 Der SSB wird VIBSS-Partner des LSB und führt seitdem<br />
regelmäßig KURZ und GUT Seminare für Vereinsvorstände<br />
durch.<br />
2007 Der SSB bekommt einen Sitz und eine Stimme im<br />
Sportausschuss.<br />
Anfang des Jahres wird der SSB Koordinierungsstelle für<br />
„mach2“ für den Regierungs-bezirk Köln.<br />
11.3.2007 Forum „Offene Ganztagsschule – Fluch oder Chance<br />
für die Vereine.<br />
Der „Tag des Sports“ findet am 2.6.2007 statt und erfreut sich<br />
wieder großem Interesse.<br />
Seit September koordiniert der SSB das Projekt „Bewegungskindergärten“<br />
für den Rhein/ Sieg Kreis, den Kreis Euskirchen<br />
und für <strong>Bonn</strong>.<br />
2008 Der SSB wird Koordinierungsstelle für das Projekt<br />
„schwer mobil“.
14<br />
ANFÄNGE<br />
Von der Luststeuer in der Kaiserzeit bis<br />
zur Demonstration gegen Gebühren<br />
Hohe Sprünge vor dem Rathaus beim Auftagt des Landesturnfest<br />
Foto: Ronald Friese<br />
Hundert Jahre <strong>Stadtsportbund</strong> <strong>Bonn</strong>. Das klingt langweilig,<br />
riecht nach Vereinsmief, lässt Besserwisser an kleinkarierte<br />
Ehrenamtler denken. Falsch. Der runde Geburtstag<br />
der Dachorganisation der 280 Sportvereine ist durchaus<br />
eine Möglichkeit, sich an spannende Momente in<br />
einem unfassbaren Jahrhundert zu erinnern. Vom Kampf<br />
des „ernstlichen“ Sports gegen die Luststeuer bis zu den<br />
Neu<strong>anfänge</strong>n nach zwei Weltkriegen. Vom Betrug der Radfernfahrer<br />
vor hundert Jahren bis zum Empfang der<br />
Doping-Sünder im alten Rathaus. Von der Missachtung<br />
des Sports in den Ausgleichsverträgen nach dem Verlust<br />
der Hauptstadtfunktion bis zur kraftvollen Demonstration<br />
gegen Sportstättennutzungsgebühren. Der Rückblick auf<br />
einige wenige lückenhafte Momentaufnahmen <strong>Bonn</strong>er<br />
Sporttreibens basiert auf dem Archiv des General-Anzeigers<br />
und den von dieser Zeitung veröffentlichten Jubiläumsbeilagen.<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
von Sigurd Panne<br />
Wie wichtig Sport für Leben und Gesundheit ist, hatten<br />
<strong>Bonn</strong>er Sportpioniere vor mehr als hundert Jahren<br />
längst erkannt. Ferdinand August Schmidt war 1891 Mitbegründer<br />
des Zentralausschusses für Volks- und<br />
Jugendspiele. Sein Motto: „Heraus aus den Hallen auf<br />
den grünen Rasen und Ergänzung des bisherigen<br />
Turnens durch Bewegungsspiele im Freien.“ Heute wissen<br />
wir, dass Bewegung für Kinder so wichtig ist wie<br />
Zähneputzen. Eine <strong>Bonn</strong>er Psychologin hat herausgefunden,<br />
dass Grundschulkinder, die regelmäßig Sport<br />
treiben, bei Lesekompetenz und Konzentrationsfähigkeit<br />
Vorteile haben. Bewegung gibt es sogar auf Krankenschein.<br />
Die Stadtsportbünde haben hier immer als Vorreiter<br />
gewirkt, im Stillen mit viel Engagement ohne großes<br />
Geld. Ihren Dienst für die Allgemeinheit hat die angeblich<br />
größte Bürgerinitiative Deutschlands in Zeiten der<br />
egoistischen Vereinzelung nie an die große Glocke hängen<br />
können. Was wäre der Sport ohne das Ehrenamt,<br />
ohne den Einsatz zahlloser Übungsleiter, Vorstandsmitglieder<br />
und anderer Helfer? Die Stadt <strong>Bonn</strong> hat ihre<br />
Sportförderung kontinuierlich zurückgefahren. Für Pessimisten<br />
ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Fördermittel<br />
von Stadt und Land ausbleiben. Sportvereine<br />
waren über Generationen Orte, an denen sich Menschen<br />
aus allen Gesellschaftsschichten begegneten. Sie<br />
haben grundlegende Veränderungen überlebt. Was wird<br />
in hundert Jahren sein? Eine starke Lobby ist wichtiger<br />
denn je.<br />
In <strong>Bonn</strong> am Rhein sorgte 1908 der Aalkrieg für Schlagzeilen.<br />
Holländische Fischer machten mit Spezialbooten fette<br />
Beute. Trotz Genehmigung gab´s große Aufregung von<br />
Köln bis Koblenz. Der Kongostaat war noch belgische<br />
Kolonie. In Berlin wurde ein Flottengesetz gegen englische<br />
Panzerkreuzer verabschiedet. In der <strong>Bonn</strong>er Eisenbahnfrage<br />
hatte Kaiser Wilhelm II. seinen Widerstand<br />
gegen eine Hochlage des Bahnkörpers aufgegeben.<br />
Majestät höchstselbst sah den Blick auf die Poppelsdorfer<br />
Allee und den Kreuzberg beeinträchtigt. In London fanden<br />
Olympische Spiele in 109 Disziplinen statt. Mit dabei, der<br />
<strong>Bonn</strong>er Tennisspieler Otto Froitzheim, der Silber gewann.<br />
Und die hiesigen Sportvereine träumten von einer Mini-<br />
Olympiade in der Gronau.<br />
Zunächst aber ging es um eine Kräftigung der Interessenvertretung<br />
des Sports. Die Luststeuer drohte. Eine städtische<br />
Finanzkommission wollte bei sportlichen Veranstaltungen<br />
drei Mark kassieren, wenn Eintrittsgeld erhoben ☞
ANFÄNGE<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
15
16<br />
ANFÄNGE<br />
wurde. Für Preise an die Sieger waren in der „Lustbarkeits-Steuerordnung“<br />
je nach Wert steigende Sätze vorgesehen.<br />
Betroffen: „Fußballclubs und Turnvereine sowie<br />
die übrigen ernstlichen sportlichen Veranstaltungen.“<br />
Preiskegeln oder „unvernünftige Kirmeßgeschichten“<br />
wurden ohnehin besteuert.<br />
Es kam zu wortreichen Auseinandersetzungen im Stadtrat.<br />
Besonders der Stadtverordnete Ferdinand August<br />
Schmidt bekämpfte die Vorschläge. General-Anzeiger<br />
vom 1. Februar 1908: „Eine sportliche Veranstaltung ist<br />
keine öffentliche Lustbarkeit, sondern eine Gelegenheit,<br />
bei der junge Leute ihre Kräfte stählen und im Wettkampf<br />
gegeneinander erproben. Turnvereine hätten ohnehin<br />
seit Jahren kein Eintrittsgeld erhoben. Und auch die Fußballclubs<br />
so lange nicht, wie sie den Hofgarten benutzten.<br />
Jetzt aber hätten sie ein teures Grundstück am<br />
Baumschuler Wäldchen gepachtet. Aber die 50 Leute, die<br />
dahin kommen und Eintrittsgeld bezahlen, bringen der<br />
Stadt höchstens 2.50 Mark Steuern ein, denn die Zaungäste<br />
bezahlen nichts.“<br />
Den Aufwand für die Vereine mag der Sportfreund etwas<br />
dramatisiert haben: „Der Kassierer muss erst aufs Rathaus<br />
und die Sache anmelden und 15 Groschen Stempel<br />
zahlen. Die Billets müssen abgestempelt werden und<br />
nachher muss der junge Mann nochmals zur Abrechnung<br />
hin. Da solche Wettspiele ziemlich häufig vorkommen,<br />
könnte der Arbeitgeber des Kassierers schließlich sagen,<br />
Sie gehen entweder aus dem Verein oder aus meinem<br />
Geschäft.“ Polemisch auch der Hinweis auf die jungen<br />
Leute, die den ganzen Sonntag in der Wirtschaft Skat<br />
spielten, bei denen die Stadt auch nicht abkassiere.<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
Fazit: Der ernstliche Sport wurde von der Luststeuer verschont,<br />
allerdings mit Einschränkungen. Bei Siegprämien<br />
im Wert von mehr als 100 Mark gehen 35 Mark in die<br />
Stadtkasse, liegt der Geldwert über 300 Mark, sind es<br />
45 Mark. Vergeblich verwahrte sich der Stadtverordnete<br />
Simon gegen das Argument, dass es bei Preisen von mehr<br />
als 100 Mark nicht mehr um Sport, sondern nur noch um<br />
Kommerz gehe: „Beim Tennisspiel und beim Eislauf kommen<br />
zwar hohe Preise zur Verteilung, darum steht dieser<br />
Sport doch ebenso hoch wie ein anderer.“ Das Basta von<br />
Oberbürgermeister Spiritus beendete die Diskussion:<br />
„Die Herrschaften, die diesem Sport huldigen, können<br />
auch die Steuer tragen.“<br />
Durch den Ermäßigungsbeschluss gingen dem Stadtkämmerer<br />
geschätzte Einnahmen in Höhe von etwa 5000 Mark<br />
verloren. Die Einnahmen aus der Hundesteuer blieben mit<br />
24000 Mark unverändert.<br />
Ferdinand August Schmidt, der so erfolgreich gegen die<br />
Luststeuer gekämpft hatte, war der Übervater des <strong>Bonn</strong>er<br />
Sports. Schon 1882 hatte er den „Verein für Körperpflege“<br />
gegründet, der zuletzt seine Tätigkeit eingestellt hatte.<br />
1908 wurde er als Vereinigung <strong>Bonn</strong>er Turn- und Sportvereine<br />
wiederbelebt. Vorsitzender bis 1919: natürlich F. A.<br />
Schmidt. Das war die Keimzelle des heutigen Stadtsport-<br />
Bundes. Ziel: Organisation einer jährlich stattfindenden<br />
Mini-Olympiade. Der General-Anzeiger vom 13. Januar<br />
1908: „Vaterländische Festspiele unter Mitwirkung aller<br />
Vereine, die sich die Pflege der Leibesübungen angelegen<br />
sein lassen, sollen im Sommer hier stattfinden, und zwar,<br />
wenn möglich in der Gronau. Eine Versammlung der in<br />
Betracht kommenden Vereine hat am Samstag abend dem<br />
Plane der Festspiele einstimmig zugestimmt.“ Als ewigen<br />
Wanderpreis stiftete der <strong>Bonn</strong>er Turn-Verein von 1860<br />
einen Bronzeabguss der „Schmidt-Plakette“, die man<br />
dem Professor als Dank für 25-jährige Vorstandsarbeit<br />
verliehen hatte. Erster Gewinner: der <strong>Bonn</strong>er Schwimmverein;<br />
aber nur, weil die <strong>Bonn</strong>er Athleten-Gesellschaft<br />
freiwillig verzichtete. Das galt damals als Zeichen der Eintracht<br />
unter den Vereinen.<br />
Die Spiele, an denen 15 Vereine teilnahmen, lockten am<br />
30. August 1908 Tausende <strong>Bonn</strong>er in die Gronau. Zwischen<br />
Stadthalle mit Bierkirche und Bismarckturm gab es<br />
Fußball, Faustball, Schlagball, aber auch Eilbotenlauf<br />
oder Dauerstemmen. Im Saal siegte der Radklub Schwalbe<br />
in Radball und Reigenfahren. Segelwettbewerbe auf<br />
dem Rhein und ein Drei-Kilometer-Schwimmen im 18 Grad<br />
Celsius kalten Strom faszinierten die Zuschauer. Der veranstaltende<br />
Festausschuss war zufrieden: „Nichts ist<br />
geeigneter, eine Nation jung zu erhalten, als der Sport;<br />
denn er verlangt freudige selbstlose Hingabe, zähe Ausdauer,<br />
harte Entbehrungen und ernste Arbeit.“<br />
Alt und Neu: das Ernst-Moritz-Arndt Haus war lange Jahre<br />
dieeinzige Sportstätte <strong>Bonn</strong>s Foto:Ronald Friese
Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges blieben die<br />
Vaterländischen Festspiele das krönende <strong>Bonn</strong>er Sportfest<br />
des Jahres. 1919 fanden die ersten „Vaterländischen“<br />
nach dem Krieg statt. Der Dachverband der organisierten<br />
Vereine war in Zweckverband für Leibesübungen umgetauft<br />
worden.<br />
1933 war dann Schluss mit lustig und Selbstbestimmung<br />
des Sports. Die Deutsche Reichs-Zeitung schilderte,<br />
wie <strong>Bonn</strong> den 1. Mai feierte: „Am Nachmittag<br />
bewegte sich der Festzug der Sportvereine am Rhein<br />
entlang zur Gronau. Den Zug eröffneten die Reiterverei-<br />
xxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
ANFÄNGE<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxx<br />
ne, dann folgten in bunter Reihenfolge die Gruppen der<br />
einzelnen Vereine.“ Vom spannenden Verlauf der verschiedenen<br />
Staffeln wurde berichtet, „woraus der <strong>Bonn</strong>er<br />
Fußball-Verein und die Polizeischule als Sieger hervorgingen“.<br />
Im Sommer 1933 berichtet der Westdeutsche Beobachter<br />
über Gleichschaltungen in den Generalversammlungen<br />
der <strong>Bonn</strong>er Sportvereine. Der Zweckverband wurde<br />
1934 aufgelöst. An seine Stelle trat die Ortsgruppe <strong>Bonn</strong><br />
des Reichsbundes für Leibesübungen. Die richtete 1937<br />
ein Kreisfest aus. „Aber trotz Pflichtteilnahme waren ☞<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
17
18<br />
ANFÄNGE<br />
Jubel vor dem ehemaligen Hotel Bergischer Hof wo Toni Turek und die Fußballnationalmannschaft<br />
1954 nach ihrem WM-Sieg untergebracht waren Foto: Archiv GA<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.
nicht mehr als 800 Sportler am Start“, so Josef Holthausen<br />
in seiner <strong>Bonn</strong>er Sportgeschichte. Der Deutsche<br />
Reichsbund mutierte zum Nationalsozialistischen<br />
Reichsbund für Leibesübungen, der im Juli 1939 erneut<br />
ein Kreissportfest ausrichtete. Ansonsten sind die Fakten<br />
dürftig, da die „Überlieferung der <strong>Bonn</strong>er Stadtverwaltung<br />
fast ausnahmslos an der kritischen Schwelle<br />
1933 abreißt“, wie es in einer Veröffentlichung des<br />
Stadtarchivs heißt.<br />
Der Neuanfang nach dem Krieg begann im Chaos wie auf<br />
allen Gebieten. So die Bestandsaufname von Stadtjugendpfleger<br />
und Turnwart Willi Detrois in den offiziellen<br />
Mitteilungen des Zweckverbandes für Leibesübungen, der<br />
sich schon 1946 neu konstituierte. „Noch leben wir in<br />
Wüsten. Zu den Oasen gehört der Sport“, schrieb ein Journalist.<br />
Es entstanden Fachsparten, die Ausschüsse bildeten,<br />
um mit Genehmigung der Besatzungsbehörden den<br />
Sport in geordnete Bahnen zu lenken. Dr. Hubert Claessen,<br />
lange Vorsitzender des BFV und Schatzmeister des<br />
Deutschen Fußball-Bundes, übernahm den Vorsitz, den er<br />
bis zur Jahreshauptversammlung 1949 innehatte.<br />
1949 erlebte die kommende Bundeshauptstadt die<br />
Bundesfeier der deutschen Sportjugend. „Jugendfragen<br />
stehen zwar nicht im Grundgesetz, aber in unserem Herzen“,<br />
rief Bundespräsident Theodor Heuss am 25. September<br />
20000 Menschen in der Gronau zu. Erstmals<br />
wehte nach der tags zuvor im Museum Koenig erfolgten<br />
Bildung des Nationalen Olympischen Komitees die Olympische<br />
Flagge, dort wo heute am Langen Eugen die UN-<br />
Flagge flattert. Beifall erntete Heuss, als er den Schlager<br />
zitierte: „Der Theodor, der Theodor, der steht bei uns im<br />
Fußball-Tor. Sagen wir es richtiger: Ich stehe jetzt im Bundes-Tor.“<br />
Die Bundesfeier der deutschen Sportjugend war mit<br />
einem Treffen der Schuljugend und der Jugendverbände<br />
vor dem Alten Rathaus eingeleitet worden. Sie fand<br />
sonntags ihre Fortsetzung. „Papa“ Heuss empfing an<br />
der Rheinseite des Bundeshauses unterschiedlichste<br />
Stafetten: Läufer aus Frankfurt, Autos aus Hamburg,<br />
Radfahrer aus München, Motorradfahrer aus Berlin.<br />
Während der Veranstaltung paradierten 700 Ruderboote,<br />
600 Kanus und 40 Segelboote mit den hiesigen Wassersportlern<br />
an der Präsidententribüne vorbei. Kanzler<br />
Konrad Adenauer ließ im Kabinettsprotokoll festhalten:<br />
Die German-Open im Syncorn-Schwimmen sind europaweit<br />
Treffpunkt der besten Sportlerinnen im Frankenbad<br />
Foto: Roland Friese<br />
ANFÄNGE<br />
„Gestern war ein Jugendtag in <strong>Bonn</strong>. Ein solches Band<br />
zwischen Bevölkerung und Parlament ist natürlich wichtig.“<br />
1951 gab es wieder „Vaterstädtische Festspiele“, wohlgemerkt<br />
keine „Vaterländischen“. Höhepunkt der<br />
ersten Nachkriegsveranstaltung war neben den Stadtmeisterschaften<br />
ein Sportfest der <strong>Bonn</strong>er Volksschulen.<br />
„Vor 5000 begeisterten Zuschauern zeigten an einem<br />
Mittwochnachmittag 2000 Schüler und Schülerinnen<br />
ein einmaliges Programm,“ erinnert sich Chronist Holthausen.<br />
Es ging aufwärts. 400 000 Mark stellte die Stadt schon<br />
1954 für den Sport zur Verfügung, wie die Delegierten der<br />
54 Turn- und Sportvereine des Zweckverbandes bei ihrer<br />
Jahreshauptversammlung im alten Stadthaus am Bottlerplatz<br />
dankbar registrierten. „Erfreulich hoch“ nannte das<br />
sogar der Sportreferent des Bundesinnenministeriums,<br />
da auf „Bundesebene in einem gleichlautenden Etat lediglich<br />
600000 Mark zur Verfügung standen“. ☞<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
19
20<br />
ANFÄNGE<br />
Ein Stafettenläufer aus Konstanz überbrachte Bundespräsident Theodor Heuss als Gruß eine Urkunde aus der Bodensee-<br />
Stadt Foto: Archiv GA<br />
Der Dachverband der Vereine war ein rühriger Veranstalter.<br />
Schmidt-Schroeder-Spiele, Vaterstädtische Festspiele,<br />
Stadtmeisterschaften aller Sportarten und Winterhallensportfest<br />
standen auf dem Programm. Eine<br />
Besonderheit war die Rheinuferstaffel, ebenfalls veranstaltet<br />
vom Zweckverband für Leibesübungen <strong>Bonn</strong>-<br />
Stadt. Erster Sieger 1954 und Gewinner des Wanderpreises<br />
des Bundespräsidenten: Duisburg vor Oberhausen,<br />
Hagen und <strong>Bonn</strong>. Vorläufer war 1922 ein Staffelwettkampf<br />
von der Godesburg bis zum Drachenfels.<br />
Rheinuferstaffel, Vaterstädtische oder Rheinische Heimatspiele<br />
gibt es nicht mehr.<br />
Außerhalb der Stadtgrenzen hatten sich ebenfalls<br />
Interessenvereinigungen des Sports gebildet, aber<br />
erst am 16. März 1957 in der Bad Godesberger Stadthalle<br />
ein Kreissportbund für den Landkreis <strong>Bonn</strong>. Rund<br />
175 000 Menschen lebten damals in den drei kreisangehörigen<br />
Städten Bad Godesberg, Beuel und Rheinbach<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
sowie in den Ämtern Bornheim, Duisdorf, Meckenheim,<br />
Ollheim, Rheinbach und Villip. „Bei der Erörterung der<br />
Notwendigkeit eines solchen Zusammenschlusses ist<br />
die besondere Lage der westdeutschen Landjugend –<br />
geminderte Volksgesundheit und anstrengende Landarbeit<br />
– zu unterstreichen“, berichtete damals der GA.<br />
Beklagt wurde der unzureichende Turnunterricht in den<br />
Dorfschulen, weil vor allem Lehrkräfte fehlten. Wörtlich:<br />
„Die rund 100 Turn- und Sportvereine des Landkreises<br />
fristen unter schweren Verhältnissen ihr Dasein.“ Daher<br />
wurde der neue Kreissportbund als Instanz gesehen,<br />
die Anliegen des Sports bei den Kommunalbehörden<br />
besser zur Geltung zu bringen.<br />
Auf der letzten Jahreshauptversammlung des <strong>Bonn</strong>er<br />
Zweckverbandes vor der kommunalen Neuordnung im<br />
März 1968 gab es bis auf die angeblich ungerechte Verteilung<br />
der Hallenstunden wenig zu kritisieren. Gelobt<br />
wurden die großzügige Gestaltung des im Bau befind- ☞
lichen Sportparks Nord, der Baubeginn der Endenicher<br />
Sporthalle und der Klubheime von Schwarz-Weiß in<br />
Ippendorf sowie Blau-Gold in Dransdorf. Bemerkenswert<br />
war vor 30 Jahren ein Antrag von Dr. Paul Haaß, des Vorsitzenden<br />
des <strong>Bonn</strong>er TV: Der 1. Vorsitzende des Zweckverbandes<br />
solle automatisch Sitz und Stimme im städtischen<br />
Sportausschuss und ein Mitspracherecht bei der<br />
Turnhallenverteilung haben. Das wurde aus rechtlichen<br />
Gründen abgelehnt. Erst seit 2007 hat der <strong>Stadtsportbund</strong><br />
Sitz und Stimme im zuständigen Ausschuss des<br />
Stadtparlaments. Andere Städte in NRW waren schneller,<br />
auch bei der Zuweisung öffentlicher Fördermittel an die<br />
Vereine. Im Oktober 1969 wird der neue Stadtsport-Bund<br />
<strong>Bonn</strong> gegründet. Der „Groß-<strong>Bonn</strong>er“ Sportdezernent<br />
Dr. Fritz Brüse versprach bei der Gründungsversammlung<br />
Gebührenfreiheit für Hallen und Plätze.<br />
ANFÄNGE<br />
Von den Auswirkungen des Falls der Mauer blieben 1993<br />
selbst Sportvereine nicht verschont. Mit mehr als sieben<br />
Millionen Mark musste sich <strong>Bonn</strong> an der Finanzierung der<br />
Deutschen Einheit beteiligen. Der Sport sollte in einer<br />
Größenordnung von 1.5 Millionen Mark zur Kasse gebeten<br />
werden, machte der damalige Oberstadtdirektor Dieter<br />
Diekmann im Juni auf der Mitgliederversammlung des<br />
<strong>Stadtsportbund</strong>es deutlich. „Wir sind doch nicht die Spardose<br />
der Nation“, räsonierte SSB-Vorsitzende Hannelore<br />
Kendziora. „Auch die Kultur kann ihren Beitrag leisten.“ Es<br />
gehe nicht an, dass Oper und Schauspiel jährlich mit Millionen<br />
gefördert würden, der Sport bei Streichungen hingegen<br />
immer als Erster herhalten müsse. Diekmann versprach<br />
immerhin, die kostenfreie Benutzung der Sportstätten<br />
beizubehalten und die Zuschüsse für Jugendarbeit<br />
nicht zu kürzen. Um den Problemen des Sports weiter ☞<br />
Aufmarsch zum Rheinischen Landesturnfest 1989 auf dem Marktplatz Foto: Roland Friese<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
21
22<br />
ANFÄNGE<br />
Gehör zu verschaffen, wurde die Bildung eines Sportforums<br />
angeregt.<br />
Um Grundsätzliches ging es im März 1995. <strong>Stadtsportbund</strong><br />
und Vertreter der Vereine beratschlagten über<br />
neue „Richtlinien für die Sportförderung der Stadt<br />
<strong>Bonn</strong>“. Fundamentale Änderungen waren nicht<br />
erwünscht, da die Stadt „über ausgezeichnete Sportförderung<br />
verfügt“, wie es im Protokoll heißt. Aber angesichts<br />
der klammen Kassen sollte geprüft werden, ob es<br />
Möglichkeiten finanzieller Einsparungen ohne wesentliche<br />
Einschränkungen der Vereinsarbeit gebe. Kuchen<br />
essen, ohne ihn anzuschneiden. Fazit: Es sollte geprüft<br />
werden, ob nicht die Stiftung der Sparkasse verstärkt<br />
den Übungsbetrieb fördern könne. Auf jeden Fall sollte<br />
stets der Breitensport Schwerpunkt der städtischen<br />
Sportförderung sein, nicht der Hochleistungssport. Ausdrücklich:<br />
„Keine finanziellen Schranken für Jugendliche.“<br />
Die Stadtverwaltung brachte einen weiteren Sparvorschlag<br />
ins Spiel. Es sollte geprüft werden, „ob Verwaltungsaufgaben<br />
vielleicht sogar besser von Organen<br />
der Selbstverwaltung des Sports wahrgenommen werden<br />
können“. Allerdings wusste man vor 13 Jahren auch,<br />
„dass mit einer ehrenamtlichen Besetzung ein solches<br />
Projekt nicht bewältigt werden kann. Voraussetzung ist<br />
der Einsatz qualifizierter hauptamtlicher Kräfte, eine<br />
dies ermöglichende Finanzausstattung (auch seitens der<br />
entlasteten Stadt)“.<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
te damals Wilhelm Koch. Der Vorsitzende des <strong>Bonn</strong>er<br />
Turnvereins 1860 plädierte für einen Runden Tisch, mit<br />
dem <strong>Stadtsportbund</strong> als zentraler Anlaufstelle. Agieren<br />
statt reagieren lautete sein Motto: „Das setzt jedoch voraus,<br />
dass die Stadt die Sorgen und Probleme der einzelnen<br />
Vereine auch kennt.“ Deutlich die Kritik in einem<br />
Kommentar des General-Anzeigers: „Die Interessenvertretung<br />
der <strong>Bonn</strong>er Vereine wird kaum wahrgenommen<br />
und schläft, so scheint es, den Schlaf des Gerechten. Das<br />
mag nicht einmal so sehr die Schuld der gewählten Vertreter<br />
sein. Die Vereine zollen dem SSB offenkundig Desinteresse.“<br />
Zur Mitgliederversammlung des SSB im Mai in der Sparkasse<br />
am Friedensplatz kamen rund 120 Vereinsmitglieder,<br />
so viele wie nie zuvor. In ihrer Rede über „grundsätzliche<br />
Fragen der künftigen <strong>Bonn</strong>er Sportpolitik“ verteidigte<br />
die Oberbürgermeisterin und künftige Verwaltungschefin<br />
die Kürzungen im Sportbereich. Mit etwa zehn Prozent<br />
sei der Sport nur „minimal gerupft“ worden. Die städtischen<br />
Zuschüsse für jugendliche Mitglieder seien nicht<br />
angetastet worden. Es sei sicher, dass weitere Sparkonzepte<br />
greifen müssten, machte Bärbel Dieckmann deutlich,<br />
dass von der Stadt keine Wunderdinge zu erwarten<br />
seien. Auch die Einführung von Benutzungsgebühren für<br />
Sportstätten wollte sie nicht ausschließen. Städtische<br />
Sportförderung solle keinesfalls abgebaut werden. Aber:<br />
„Das Ziel muss Konzentration und Gewichtung sein.“ Zwar<br />
habe man ein großes Interesse daran, dass in <strong>Bonn</strong> Leistungssport<br />
betrieben werde. Doch habe die finanzielle<br />
Förderung hier ihre Grenzen.<br />
Alles bestens? Mitnichten. „Unsere Vereine haben bisher<br />
nicht laut genug ihre Ansprüche geltend gemacht“, klag- ☞
Ehrenamtlichkeit<br />
in <strong>Bonn</strong>er<br />
Sportvereinen:<br />
423 Sportvereine<br />
und Betriebs-<br />
Sportgemeinschaften<br />
mit<br />
79165 Mitglieder,<br />
3000 ehrenamtliche<br />
Mitarbeiter,<br />
das sind<br />
15000 Stunden<br />
pro Woche<br />
ehrenamtliches<br />
Engagement,<br />
60000 Stunden<br />
pro Monat,<br />
720000 Stunden<br />
im Jahr<br />
Foto:<br />
Ronald Friese<br />
ANFÄNGE<br />
xxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxx<br />
xxxx<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
23
24<br />
ANFÄNGE<br />
Mit heftiger Kritik reagierte Hannelore Kendziora, die SSB-<br />
Vorsitzende, auf die geplanten Sportstättennutzungsgebühren:<br />
„Da werde ich wild. Dagegen werden wir kämpfen.“ Von<br />
der Mitgliederversammlung hatte sie insgesamt mehr Kritik<br />
an den Plänen der Stadt erwartet. „Aber Sportler sind seltsame<br />
Leute. Sie neigen dazu, bei Widerstand zurückzustecken<br />
und sich mit den neuen Gegebenheiten zu arrangieren,<br />
auch mit weniger Geld. Unser Fehler ist vielleicht, dass wir<br />
nicht häufig genug an die Öffentlichkeit gehen.“<br />
Regelrecht verprellt fühlte sich der Sportwart des <strong>Stadtsportbund</strong>es,<br />
Helmut Bamberger. Statt zu kassieren, sollte<br />
die „Kommune prüfen, inwieweit sie in der Lage ist, die<br />
gesellschaftsrelevanten Dienste der Vereine zu bezahlen“.<br />
Es gehe nicht mehr nur ums Sparen, sondern darum,<br />
„dass die Vereine kommunale Aufgaben wahrnehmen,<br />
von denen die Kommune gar nicht mehr weiß, dass es im<br />
eigentlichen Sinne ihre Aufgaben sind“.<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
Im Rathaus hatte man immerhin Bauchschmerzen. In<br />
einem Brief an den <strong>Stadtsportbund</strong> stellte Dieckmann<br />
klar, dass sie Gebühren nicht für sinnvoll halte: „Ich kann<br />
aber nicht völlig ausschließen, dass die Stadt <strong>Bonn</strong> bei<br />
einer weiteren Verschärfung der Finanzkrise auch zu<br />
unpopulären Maßnahmen gezwungen wird.“ Versöhnlich<br />
dagegen das Angebot, den Vereinen bei der Sponsorensuche<br />
und bei der Entwicklung neuer Finanzierungsmodelle<br />
zu helfen. „Ich bin gern bereit, Türen zu öffnen<br />
und Verbindungen herzustellen“, schrieb sie an den<br />
SSB.<br />
Im September 1995 gab es einen letzten Versuch, die Kürzungen<br />
zu kippen. Vier Stunden lang demonstrierte der<br />
<strong>Stadtsportbund</strong> bei strömendem Regen auf dem Markt.<br />
Besonders tapfer schlugen sich die Jugendlichen aus<br />
20 Vereinen, die auf der Bühne vor dem alten Rathaus<br />
einen Querschnitt ihres Trainingsprogramms vorführten. ☞<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann ließ wenig Hoffnung:<br />
„<strong>Bonn</strong> ist die höchstverschuldete Stadt Nordrhein-<br />
Westfalens. Es gibt im kommenden Jahr keinen Bereich,<br />
den man bei den städtischen Sparmaßnahmen ausklammern<br />
darf.“<br />
Fazit am Ende eines turbulenten Jahres: Von dem hochtrabenden<br />
Begriff Sportstadt war nicht viel übrig geblieben.<br />
Nach der Pro-Berlin-Entscheidung 1991 war ein Katalog<br />
von Maßnahmen aufgelistet worden, damit das Markenzeichen<br />
„<strong>Bonn</strong> – Stadt des Sports“ weiterhin Bestand<br />
hatte. Allein 500000 Mark waren jährlich für die Durchführung<br />
hochkarätiger Sportveranstaltungen vorgesehen.<br />
Im Etatentwurf für 1996 blieben 100000 Mark übrig und<br />
die Frage, warum ausgerechnet die Sportförderung nach<br />
der Pro-Berlin-Entscheidung in den <strong>Bonn</strong>-Verträgen über<br />
die Ausgleichszahlungen nicht berücksichtigt wurde. Ist<br />
überhaupt ein entsprechender Antrag an das zuständige<br />
Städtebauministerium gestellt worden? Einen einstimmi-<br />
ANFÄNGE<br />
Autogrammwünsche ohne Ende bei Steffi Grafs Schaukampf in der Hardtberghalle Foto: Ronald Friese<br />
gen Ratsbeschluss gab es jedenfalls. Möglicherweise hat<br />
es die größte <strong>Bonn</strong>er Bürgerinitiative hier versäumt, ausreichend<br />
Druck zu machen. Energische Wegelagerer wie in<br />
der Kultur waren Fehlanzeige.<br />
Im Januar 1996 wurden die Gebühren mit knapper rotgrüner<br />
Mehrheit im Sportausschuss abgesegnet. Davon<br />
erhoffte sich die Stadt 500000 Mark Mehreinnahmen.<br />
Jugendliche blieben verschont. Die Gebühren wurden als<br />
befristeter Solidarbeitrag der Sportvereine zur Sanierung<br />
der Stadtkasse deklariert. Späte Einsicht des damaligen<br />
Kultur- und Sportdezernenten Jochem von Uslar: „Wir<br />
hätten in den Vorjahren klüger sein und mauern müssen.“<br />
Der Sport habe in der Vergangenheit stets mehr<br />
Vorleistungen als andere Ressorts erbracht, doch werde<br />
es ihm jetzt nicht honoriert. In der Februar-Ratssitzung<br />
wurden die Gebühren beschlossen – mit Aufschub bis<br />
Juni, was die erhofften Mehreinnahmen auf 350000 Mark<br />
reduzierte.<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
25
26<br />
ANFÄNGE<br />
Alle Proteste hatten nichts genutzt. Der Fußballkreis setzte<br />
im Februar 1996 gar einen kompletten Spieltag ab.<br />
Massiv die Vorwürfe des Jugendsekretärs des Fußballverbandes<br />
Mittelrhein, Wolfgang Watzke: „Die Stadt spart<br />
nicht, sie plündert aus.“ Und Kreisvorsitzender Armin<br />
Ebner drohte bei einer Protestkundgebung im Tannenbusch<br />
unverhohlen, dass die 32000 Mitglieder des <strong>Bonn</strong>er<br />
Fußballkreises die Gebühreneinführung bis zur nächsten<br />
Wahl in schlechter Erinnerung behalten würden.<br />
Die Vereine waren misstrauisch geworden, wie es künftig<br />
mit der Unterstützung durch die Stadt weitergeht.<br />
Trotz Fußball-EM im Fernsehen kamen gut 50 Vereinsvertreter<br />
zur Mitgliederversammlung des SSB am 20.<br />
Juni. Der neue Sportamtsleiter Jörg Petermann sprach<br />
über seine Vorstellungen zur Zusammenarbeit mit den<br />
Vereinen, die wiederum erinnerten daran , dass er sich<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
für die Aufwertung des Sports einsetzen solle. Kritische<br />
Töne schlug die SSB-Vorsitzende Hannelore Kendziora in<br />
ihrem Jahresbericht an. Sie bedauerte das uneinheitliche<br />
Bild, das einige Vereine in der Gebührenfrage geboten<br />
hätten. Einige hätten so getan, als hätten sie das Geld<br />
auf dem Schreibtisch liegen. „Da wäre mehr Solidarität<br />
gefordert gewesen.“<br />
Dennoch hatte der schlafende Riese seine Kraft demonstriert.<br />
Ein weiter Weg vom Engagement weniger sportbegeisterter<br />
Kommunalpolitiker in der Kaiserzeit bis zur organisierten<br />
Interessenvertretung im neuen Jahrtausend.<br />
1999 sind die Hallennutzungsgebühren auf Antrag der<br />
CDU-Fraktion mehrheitlich gestrichen worden. Wortlaut<br />
des Ratsprotokolls: „Auf die Erhebung des zum 1. Juni 1996<br />
eingeführten Kostenbeitrages für die Nutzung der städtischen<br />
Sportanlagen wird am 1. Januar 2000 verzichtet“.<br />
Bei den Leckerbissen des <strong>Bonn</strong>er Sports ließ sich<br />
auch Bundespräsident Richard von Weizsäcker<br />
sehen<br />
Foto: Ronald Friese
ANFÄNGE<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
27
28<br />
PIONIER<br />
Ferdinand August Schmidt brachte die<br />
<strong>Bonn</strong>er Bürger in der Kaiserzeit auf Trab<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
Am Anfang des modernen Sports<br />
in <strong>Bonn</strong> stand ein Geheimrat. Professor<br />
Dr. Ferdinand August<br />
Schmidt, am 25. Juli hier geboren,<br />
brachte nicht nur die Bürger am<br />
Rhein auf Trab. Er war einer der<br />
ersten bedeutenden deutschen<br />
Sportpioniere überhaupt. Im heutigen<br />
Neudeutsch würde man möglicherweise<br />
bewundernd von einem<br />
rastlosen Alphatier sprechen.<br />
Vor hundert Jahren klang das<br />
anders. „Oberbürgermeister Spiritus<br />
feierte den Jubilar als deutschen<br />
Mann, der seine Ideale zur<br />
Tat durchführt. Was Schmidt einmal<br />
als richtig erkannt habe, dafür<br />
trete er ein mit blanken Waffen.<br />
Mag er manchmal wie ein Donnerwetter<br />
dreinfahren, er hat immer<br />
vor Augen, dass der Kampf nur gilt<br />
dem Interesse seiner lieben Vaterstadt<br />
und seines deutschen Vaterlandes.“<br />
Das war am 8. Februar<br />
1908, als F. A. Schmidt im Dreikaisersaal<br />
an der <strong>Bonn</strong>gasse geehrt<br />
wurde, weil er den <strong>Bonn</strong>er Turnverein<br />
25 Jahre als Vorsitzender angeführt<br />
hatte und er am gleichen Tag<br />
sein 25jähriges Professoren-Jubiläum<br />
feiern konnte.<br />
So martialisch, wie vom Stadtoberhaupt<br />
charakterisiert, kann der<br />
Menschenfreund nicht gewesen<br />
sein. Der angehende Arzt hatte in<br />
seiner <strong>Bonn</strong>er Studienzeit erfahren,<br />
„wie viele Schäden, wie viele<br />
Verbildungen und Verkümmerungen<br />
des Körpers, wie viele Krankheiten<br />
entstehen, die sich wohl<br />
hätten vermeiden lassen, wenn<br />
von Jugend aus dem Körper das<br />
geworden wäre, dessen er zu einer<br />
gesunden Entwicklung bedarf: Turnen<br />
und Spiel in Luft und Sonne.<br />
So beschreibt der verstorbene GA-<br />
Sportredakeur Josef Holthausen in<br />
seiner Sportgeschichte einer Stadt ☞
Deutscher Sportpionier: Diese Urkunde<br />
bekam Ferdinand August Schmidt<br />
für seine „25-jährige Wirksamkeit als<br />
Vorsitzender des <strong>Bonn</strong>er Turnvereins“<br />
überreicht.<br />
Repros: Michael Güls<br />
PIONIER<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
29
30<br />
PIONIER<br />
(1961) einen der engagiertesten <strong>Bonn</strong>er der damaligen<br />
Zeit. Festhalten am starren Hallenturnbetrieb war nicht das<br />
Ding des <strong>Bonn</strong>er Bewegungspapstes. Sein Motto: „Heraus<br />
aus den Hallen auf den grünen Rasen und Ergänzung des<br />
bisherigen Turnens durch Bewegungsspiele im Freien!“<br />
Sachlich, nüchtern der Weltverband für Sportmedizin<br />
2003 bei seinem Kongress in Leipzig: Bereits vor mehr als<br />
hundert Jahren haben deutsche Mediziner auf den Wert<br />
regelmäßig betriebener Körperübungen für die Gesunderhaltung<br />
und Leistungsfähigkeit des Menschen bis ins<br />
hohe Alter hingewiesen. Stellvertretend sei genannt Ferdinand<br />
August Schmidt mit seinen Standardwerken: „Die<br />
Leibesübungen nach ihrem körperlichen Übungswert dargestellt“<br />
(1893), „Unser Körper“ (1899), „Physiologie der<br />
Leibesübungen“ (1905) und „Das Schulkind nach seiner<br />
körperlichen Eigenart und Entwicklung (1914). Es blieb<br />
nicht aus, dass der Experte zu ausführlichen Vortragsreisen<br />
nach Schweden und in die USA eingeladen wurde.<br />
Die Leitfigur des Sports in der Kaiserzeit blieb immer auch<br />
Praktiker. Er war leitender Schularzt und 32 Jahre Stadtverordneter,<br />
Mitbegründer des Vereins Beethovenhaus<br />
(bis zum Tod Vorsitzender) und des Vereins zur Rettung<br />
des Siebengebirges. Ohne Schmidt und elf weitere Bürger,<br />
die das verfallende Anwesen kauften, würde es Beethovens<br />
Geburthaus möglicherweise heute nicht mehr<br />
geben. Als Student war er dem <strong>Bonn</strong>er Turnverein 1860<br />
beigetreten, dessen Vorsitzender er 1882 wurde. Damals<br />
wurde auf sein Betreiben auch der Verein für Körperpflege<br />
in Volk und Schule gegründet. Freiwillige Spiele der<br />
Volksschuljugend und der höheren Lehranstalten auf dem<br />
Arndtplatze standen auf dem Programm. Erstmals wurde<br />
eine Turnabteilung für Mädchen gebildet.<br />
1908 fanden sich dann auf Schmidts Betreiben etwa 30<br />
Organisationen zusammen zur Vereinigung <strong>Bonn</strong>er Turnund<br />
Sportvereine. Das war der Vorläufer des heutigen<br />
<strong>Stadtsportbund</strong>es, der in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag<br />
feiert.<br />
Wenn es heute Tausende von Übungsleitern überall in<br />
Deutschland gibt, ist das auch ein Verdienst des <strong>Bonn</strong>er<br />
Sportpioniers und der hiesigen Universität. Im Winter<br />
1892/93 begann an der Uni unter Leitung von Fritz Schröder<br />
der erste Lehrgang zur Ausbildung von Turnlehrern.<br />
Den sportärztlichen Unterricht erteilte über 30 Jahre Sanitätsrat<br />
Schmidt, der auch dafür gesorgt hatte, dass <strong>Bonn</strong><br />
eine der ersten Städte war, die einen geregelten schulärztlichen<br />
Dienst einrichtete. Städtische Spielkurse waren<br />
kostenfrei. Allerdings mussten fünf Mark berappt werden.<br />
Dafür gab es „verschiedene die körperliche Erziehung<br />
sowie die Jugendspiele betreffende Schriften. Nach<br />
beendigtem Lehrgang wurden sämtlichen Teilnehmern<br />
Zeugnisse über ihrer Befähigung als Spielleiter ausgestellt.<br />
Anmeldungen für den Übungsleiterlehrgang waren<br />
an Schmidt zu richten, der 1908 bilanzierte: „Im Jahre<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
1907 wurden im deutschen Reiche 1318 Spielleiter und<br />
809 Spielleiterinnen ausgebildet.<br />
Nicht alle Vorhaben waren von Erfolg gekrönt. Bereits im<br />
Mai 1891 war in Berlin von Emil Freiherr von Schenckendorff<br />
der Zentralausschuss zur Förderung der Volks- und<br />
Jugendspiele gegründet worden. Mitgründer F. A. Schmidt<br />
war über 25 Jahre der Vertreter des Berliner Reichstagsabgeordneten.<br />
In der damaligen Kontroverse zwischen<br />
Turnen und Sport präsentierte sich der Zentralausschuss<br />
als Initiator einer gemeinsamen Spielbewegung, um seine<br />
Neutralität zu belegen. Aus lokalen vaterländischen Festspielen<br />
sollten die besten Athleten der damals betriebenen<br />
Sportarten ermittelt werden. Die sollten sich dann<br />
zum Deutschen Olympia am Niederwald-Denkmal in<br />
Rüdesheim treffen. Die Planung für die Durchführung lag<br />
in den Händen von Schmidt.<br />
Konkurrenz drohte aus Athen. Beim heute unverständlichen<br />
Streit über die Beteiligung Deutschlands am Olympia<br />
1896 wurde Schmidt vom Zentralausschuss beauftragt,<br />
das Antwortschreiben an das griechische Organisationskomitee<br />
zu entwerfen. (Dr. Karl Lennartz, 1981).<br />
Neben der Deutschen Turnerschaft stemmte sich der <strong>Bonn</strong>er<br />
im Herbst 1895 deutlich gegen eine Teilnahme. Er war<br />
für Verzicht zugunsten eines deutsch-nationalen Olympia.<br />
Dafür entwickelte er ein eigenes Festprogramm.<br />
Daraus wurde nichts, nicht zuletzt, weil die Deutsche Turnerschaft<br />
einen Bedeutungsverlust ihrer Turnfeste fürchtete.<br />
Sie war nur noch für dezentrale Nationalfeste zu<br />
haben. Aus der Traum. Enttäuscht kehrte Schmidt 1897<br />
dem Vorstand der Deutschen Turnerschaft, dem er zehn<br />
Jahre angehört hatte, den Rücken.<br />
Dafür hatte der Zentralausschuss auf einem anderen Gebiet<br />
einen durchschlagenden Erfolg. In Preußen, wo die Spielbewegung<br />
entstanden war, gab es 1908 erstmals einen Posten<br />
im Haushalt des Kultusministeriums. Um Leibesübungen<br />
zu einem „die Schulzeit überdauernden Bedürfnis“ zu<br />
machen, wurden 200 000 Mark bewilligt. Das „bedeutete<br />
eine offizielle Anerkennung des Sports als Kulturgut.<br />
Zugleich eröffnete sie eine neue Ära der Sportfinanzierung,<br />
schreibt Christiane Eisenberg in ihrem Buch „English sports<br />
und deutsche Bürger“ (1999). Aus dem Zentralausschuss<br />
wurde 1921 der Deutsche Reichsausschuß für Leibesübungen<br />
als Vorläufer des Deutschen Sportbundes.<br />
Am 14. Februar 1929 starb der Geheime Sanitätsrat Dr. F. A.<br />
Schmidt im Alter von 77 Jahren. Seine letzte Ruhestätte<br />
fand der Ehrenbürger der Stadt <strong>Bonn</strong> auf dem Alten Friedhof<br />
an der Bornheimer Straße.<br />
von Sigurd Panne
Unsere Sportförderung:<br />
Gut für den Sport vor Ort.<br />
Gut für Köln und <strong>Bonn</strong>.<br />
www.sparkasse-koelnbonn.de<br />
S Sparkasse<br />
Köln<strong>Bonn</strong><br />
Sport steht für Teamgeist, Leistungsbereitschaft und Fairness. Er stärkt den Zusammenhalt und schafft Vorbilder.<br />
Ein breites Sportangebot ist wichtig für die Menschen und macht unsere Region lebenswert und attraktiv. Deshalb<br />
unterstützt die Sparkasse Köln<strong>Bonn</strong> den Sport und sorgt für die notwendigen Rahmenbedingungen in der<br />
Nachwuchsförderung, im Breiten- und im Spitzensport. Mit unseren jährlichen Zuwendungen zählen wir zu den<br />
größten nichtstaatlichen Sportförderern in Köln und <strong>Bonn</strong>. Sparkasse. Gut für Köln und <strong>Bonn</strong>.
����������������<br />
���������������������<br />
��� ��� ���<br />
�������<br />
��� �� ����� ��������<br />
����� ������ ��� ������ �������<br />
���������<br />
���� ����������
Pakt für den Sport in <strong>Bonn</strong><br />
Am 22.01.2002 vereinbarten die Landessregierung, vertreten<br />
durch den „Minister für Städtebau und Wohnen,<br />
Kultur und Sport“ und der Landessportbund Nordrhein-<br />
Westfalen in einer verbindlichen Erklärung einen „Pakt für<br />
den Sport“.<br />
Dieser „Pakt für den Sport“ sollte als Grundlage auch für<br />
Vereinbarungen auf kommunaler Ebene zwischen den<br />
Städten bzw. Kreisen und den jeweiligen Sportbünden<br />
sein.<br />
Zielsetzung dieses Paktes ist es, auf Landesebene den<br />
Sport entsprechend dem Auftrag der Landesverfassung<br />
weiter zu entwickeln und umfassend zu fördern. Dabei<br />
soll die Autonomie des Sports gewahrt bleiben und für<br />
alle Beteiligten erforderliche Planungssicherheit geschaffen<br />
werden. In allen gesellschaftlichen Bereichen sollte<br />
der Sport gestärkt werden; dies trifft insbesondere auf<br />
den Breiten- und Spitzensport, den Schulsport und den<br />
Vereinssport zu.<br />
Neue sportpolitische Ansätze sollen mehr Menschen als<br />
bisher – möglichst im Rahmen der organisierten Vereine –<br />
für die Teilnahme am Sport gewinnen, auch diejenigen,<br />
die bisher keinen Zugang zum Sport gefunden haben. Der<br />
Sport soll auch für den einzelnen auf Dauer attraktiv sein.<br />
Die Umsetzung dieser Ziele ist nur zusammen mit den<br />
Kommunen und den Sportbünden möglich. Sie stehen in<br />
diesem Zusammenhang in besonderer Verantwortung.<br />
Die Sportangebote sollen so vielfältig und attraktiv<br />
gestaltet werden, dass sie alle Personengruppen erreichen.<br />
Sport für alle bedeutet zum Beispiel den Ausbau<br />
gesundheitsorientierter Angebote auf hohem Niveau und<br />
die Schaffung flächendeckender Sportmöglichkeiten für<br />
ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger. Der Zugang zum<br />
Sport wird im Kindes- und Jugendalter geprägt, dem muss<br />
Rechnung getragen werden. Mädchen und Frauen, Angehörige<br />
unterschiedlicher Kulturen und Religionsgemeinschaften<br />
sowie Menschen mit Behinderungen müssen mit<br />
spezifischen Maßnahmen angesprochen werden.<br />
Diese Grundaussagen akzeptierend ist die Sportentwicklung<br />
auch in <strong>Bonn</strong> als integraler Bestandteil der Stadtentwicklung<br />
nachhaltig zu fördern. Es muss jedoch auch<br />
anerkannt werden, dass die finanzielle Förderung von<br />
Maßnahmen und Projekten durch die Stadt dem „Haushaltsvorbehalt“<br />
unterliegt.<br />
Aufgabenschwerpunkte für die kommenden Jahre werden<br />
gemeinsam von der Stadt <strong>Bonn</strong> und dem <strong>Stadtsportbund</strong><br />
PAKT<br />
gesetzt. Dass hierbei verschiedene Ämter einbezogen<br />
werden müssen, ist eine Selbstverständlichkeit. Auftretende<br />
Zielkonflikte sollten einvernehmlich und zeitnah<br />
gelöst werden.<br />
Die bisherige vertrauensvolle Zusammenarbeit sollte<br />
fortgesetzt und weiter entwickelt werden. Dass seit kurzer<br />
Zeit zwei Mitglieder des <strong>Stadtsportbund</strong>es dem<br />
Sportausschuss als Berater angehören, ist ein gutes<br />
Beispiel und wird auch in anderen Kommunen angestrebt.<br />
Da der Sport eine große soziale und gesundheitspolitische<br />
Bedeutung hat, ist die Schaffung einer<br />
Einrichtung, in der die Stadt, <strong>Stadtsportbund</strong>, Kindertageseinrichtungen,<br />
Schulen, Fachausschüsse, Jugendorganisation<br />
und Gesundheitsamt koordiniert zusammenarbeiten,<br />
zu prüfen.<br />
Berücksichtigt werden im „Pakt für den Sport in <strong>Bonn</strong>“<br />
sollte auch der Bereich Sportstätten. Neben notwendig<br />
erscheinender sukzessiver Neuplanung sollten vorhandene<br />
Sportstätten auf den Prüfstand und jeweils den veränderten<br />
sozialen und sportlichen Bedürfnissen angepasst<br />
und modernisiert oder gegebenenfalls einer anderen<br />
Nutzung zugeführt werden. Die partnerschaftliche<br />
Zusammenarbeit von Schulen und Sportvereinen beinhaltet<br />
auch die Einbeziehung von Vereinsangeboten bei<br />
der Gestaltung des kompensatorischen Sportunterrichts<br />
und der Offenen Ganztagsschule. Vor allem der anerkannten<br />
gesundheitlichen Bedeutung des Sports im Kindes-<br />
und Jugendalter sollte in einer Vernetzung und<br />
Zusammenwirken der verschiedenen Einrichtungen<br />
umgesetzt werden.<br />
Die ehrenamtliche Tätigkeit in unseren Sportvereinen<br />
macht das sehr breite Angebot für die Bürgerinnen und<br />
Bürger in allen Altersgruppen möglich. Zur Stärkung und<br />
Sicherung des Ehrenamtes in den Sportvereinen werden<br />
jährlich Mitarbeiter durch die Stadt bzw. den <strong>Stadtsportbund</strong><br />
mit der Sportplakette ausgezeichnet.<br />
Zahlreiche Sportstätten werden den Sportvereinen kostenlos<br />
zur Verfügung gestellt. Der <strong>Stadtsportbund</strong> profitiert<br />
für seine Aus- und Fortbildungsmaßnahmen auch von<br />
dieser Nutzungsmöglichkeit.<br />
Diese Unterstützung des Sports durch die Bereitstellung<br />
der Sportstätten sollte möglichst beibehalten werden.<br />
Wenn dieser „Pakt für den Sport in <strong>Bonn</strong>“ zwischen der<br />
Stadt <strong>Bonn</strong> und dem <strong>Stadtsportbund</strong> <strong>Bonn</strong> geschlossen<br />
wird, wird ein bedeutender Schritt in Richtung zukunftsorientierter<br />
Stadtentwicklung getan.<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
33
34<br />
VOR 1908<br />
Winterzauber bis zum Ersten Weltkrieg<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
„Die älteste Vereinigung <strong>Bonn</strong>er Bürger zum Betrieb von<br />
leiblichen Übungen ist die St.-Sebastianus-Schützen-<br />
Gesellschaft, welche zu Schutz und Trutz der Bürgerschaft<br />
am Ausgang des Mittelalters im Jahre 1473 gegründet<br />
wurde.“ Das schreibt Ferdinand August Schmidt 1926 in<br />
seiner „Geschichte von Turnen, Spiel und Sport in <strong>Bonn</strong>“.<br />
Richtiges Sportschießen veranstalten die „Sebastianer“,<br />
später in Bruderschaft umgetauft, erst 1863, als sie im<br />
August das 1. Rheinische Präzisions-Schießen organisieren.<br />
Premiere auch 1905: In der so genannten Schützenvilla<br />
in Poppelsdorf an der Lotharstraße geht das Große<br />
Rheinische Bundesschießen über die Bühne. Im Mai 1910<br />
wird eine neue Anlage im Tannenbusch eingeweiht. Bis<br />
heute ist der Schützenhof im Eigentum der Bruderschaft.<br />
Die Anfänge des Sports in <strong>Bonn</strong> sind eng verknüpft mit der<br />
Entwicklung des Turnens und der Burschenschaften. Ab<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
1817 gibt es einen Turnplatz vor der Universität. Unter den<br />
Studenten bildet sich eine akademische Turngemeinde, der<br />
auch der Dichter Hoffmann von Fallersleben angehört. Ein<br />
Jahr später werden die Turnerschaften nach dem Aachener<br />
Kongress als politisch suspekt aufgelöst, Turnen am <strong>Bonn</strong>er<br />
Gymnasium wird zu Ostern 1819 eingestellt. „Nur der Professor<br />
Ernst Moritz Arndt setzte mit seinen Studenten in seinem<br />
einsam an der Koblenzer Straße (Adenauerallee) gelegenen<br />
Garten heimlich das Turnen fort“ (F. A. Schmidt). Nach<br />
dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms IV. dürfen die<br />
Geräte dann 1842 wieder aufgebaut werden. Drei Jahre später<br />
hat die Universität einen neuen Turnplatz am Baumschulwäldchen.<br />
Ein 1948 gegründeter Bürger-Turnverein<br />
bleibt nur ein Jahr in Bewegung, löst sich schnell wieder auf.<br />
Erst 1860 wird auf einem Platz an der heutigen Kölnstraße<br />
der <strong>Bonn</strong>er Turnverein gegründet. „Nach dem Tode von
Ernst Moritz Arndt (1860) erreichten die <strong>Bonn</strong>er Turner<br />
durch eine von allen deutschen Turnvereinen unterstützte<br />
Massenpetition, dass das Arndthaus der Stadt <strong>Bonn</strong> übergeben<br />
wurde mit der Aufgabe, den Platz vor dem Haus für<br />
alle Zeiten turnerischen Zwecken zu widmen“ (F. A.<br />
Schmidt). Der Arndtplatz bleibt dann viele Jahre der einzige<br />
Turn- und Spielplatz. Im Oktober 1880 entsteht in einer<br />
ehemaligen Klosterkirche an der Kapuzinerstraße <strong>Bonn</strong>s<br />
erste Turnhalle. Im Juli 1876 wird der Gau Sieg-Rhein<br />
gegründet. Erster Beitritt: <strong>Bonn</strong>er Turnverein und Siegburger<br />
Turnverein. Später mit dabei: „Vater Jahn“ in Poppelsdorf<br />
(1888), „Rheinland“ in Kessenich (1893) oder ATV<br />
<strong>Bonn</strong> (1894).<br />
Mitbegründer des Gaus war Turninspektor Fritz Schröder,<br />
neben Ferdinand August Schmidt einer der bedeutenden<br />
Sportpioniere der Kaiserzeit. Er war Stadtverordneter,<br />
Turninspektor für die <strong>Bonn</strong>er Schulen, Gauturnwart, Organisator<br />
der Vaterländischen Festspiele und Rheinischen<br />
Bannerwettkämpfe sowie Vorstandsmitglied im Vorläufer<br />
des <strong>Stadtsportbund</strong>es. Unzählige Turnlehrer und Turnlehrerinnen<br />
sind in seinen Lehrgängen in <strong>Bonn</strong> ausgebildet<br />
worden.<br />
Der BTV 1860 hatte 1872 den Mut, als ganz junger Verein<br />
zum IV. Deutschen Turnfest nach <strong>Bonn</strong> einzuladen. Es wurde<br />
ein Fiasko. Die Hofgartenwiese durfte nicht benutzt werden.<br />
Auf dem Venusberg musste ein provisorischer Festplatz entwaldet<br />
werden, auf dem 33 Barren, 33 Recks und anderes<br />
VOR 1908<br />
Gerät Platz fanden. Ein Festzug konnte wegen wolkenbruchartigen<br />
Regens erst mit mehrstündiger Verspätung beginnen.<br />
An einem anderen Tag führte Dauerregen zum Abbruch<br />
der Wettkämpfe. Die Folgen waren ein finanzielles Defizit<br />
und trübe Erinnerungen der knapp 4000 Gäste, darunter<br />
englische Turner, die erstmals Keulenschwingen in Deutschland<br />
vorführten und im Steinstoßen glänzten.<br />
Wassersport hat am Rhein eine lange Tradition. Zwischen<br />
Erster und Zweiter Fährgasse gab es seit 1818 einen von<br />
Oberbürgermeister Windeck eingerichteten Schwimmplatz,<br />
der später in die Gronau verlegt wurde. Eine eigene<br />
Badeanstalt baute sich die Universität 1826 in Beuel unter<br />
dem Rektorat von August Wilhelm von Schlegel. Dann<br />
bekam <strong>Bonn</strong> 1905 mit dem Viktoriabad sein erstes Hallenbad.<br />
Sofort bildete sich der <strong>Bonn</strong>er Schwimmverein, der<br />
Schwimmklub Salamander folgte 1909.<br />
Rudern ist mit dem <strong>Bonn</strong>-Beueler Ruderclub seit 1865<br />
nachgewiesen. Die Auflösung des Vereins führte 1882 zur<br />
Gründung des <strong>Bonn</strong>er Ruderclubs. Das schwimmende<br />
Bootshaus nebst drei Vierern und einem Zweier zog über<br />
den Rhein an die Erste Fährgasse. Keimzelle des Schülerruderns<br />
war der Gymnasial-Ruderverein am Königlichen<br />
Gymnasium, dem heutigen Beethoven-Gymnasium. Zur<br />
Gründung 1895 steuerte Kaiser Wilhelm II. 2000 Mark bei.<br />
Der Akademische Ruder-Club Rhenus, im Mai 1890 gegründet,<br />
gilt als die älteste akademische Ruderverbindung<br />
Deutschlands.<br />
Der erfogreiche Sechser-Kunstreigen des Radtouristenvereins 1898 in den zwanziger Jahren Foto: Archiv GA<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
35
36<br />
VOR 1908<br />
Auch kraftstrotzende Muskelmänner waren vor der<br />
Jahrhundertwende aktiv. 1894 wurde der Athleten-Verein<br />
Eiche gegründet. Im <strong>Bonn</strong>er Norden formierte sich<br />
1899 die <strong>Bonn</strong>er Athleten-Gesellschaft. In Kessenich<br />
gab es seit 1901 den Turn- und Stemmclub, der später in<br />
ASV Siegfried <strong>Bonn</strong>-Süd umgetauft wurde. Unter dem<br />
Namen wurde er weit über die Rheinlande berühmt.<br />
Um 1880 rieben sich die <strong>Bonn</strong>er verwundert die Augen.<br />
Englische Studenten hatten mit ihren Zweirädern ein bis<br />
dahin unbekanntes Fortbewegungsmittel mitgebracht.<br />
Erste „Fahrstunden“ für gut betuchte Bürgersöhne gab<br />
es im Hofgarten. 1883 wurde der Rad- und Rollsport-<br />
Verein gegründet, der damit einer der ältesten Radsportvereine<br />
Deutschlands ist.<br />
Auch Hockey kam aus England an den Rhein. Das allererste<br />
Spiel auf deutschem Boden soll 1896 in <strong>Bonn</strong><br />
stattgefunden haben. Englische Internatsschüler des<br />
Godesberger Pädagogiums gegen das <strong>Bonn</strong>er Königliche<br />
Gymnasium lautete die Paarung. Mangels Masse<br />
schlief der Spielverkehr wieder ein. 1903 wurde dann<br />
der <strong>Bonn</strong>er Hockey-Club gegründet.<br />
Montgolfieren sollen in den Urzeiten des Luftsports<br />
schon 1784 in <strong>Bonn</strong> aufgestiegen sein. Verbürgt ist,<br />
dass im Februar 1905 am Godesberger Gaswerk erstmals<br />
ein Freiballon seine Reise aufnahm. Am <strong>Bonn</strong>er<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
Gaswerk stieg im März 1908 ein Ballon mit dem Namen<br />
„Rhein“ auf.<br />
Heute kaum vorstellbar, welchen Eislauf-Boom es<br />
einmal in <strong>Bonn</strong> gab. „Die städtischen Eisplätze in der<br />
Gronau, dem Adolfsplatz und vor dem Arndthaus waren<br />
stark besucht“, schrieb der General-Anzeiger im Januar<br />
1908. „Auf dem Sportplatz des <strong>Bonn</strong>er Eisklubs herrschte<br />
in den Nachmittagsstunden gleichfalls ein reges<br />
Treiben.“ Auch Königliche Hoheit Prinzessin zu Schaumburg-Lippe<br />
„erschien gegen vier Uhr, um dem Eislauf<br />
obzuliegen“. Den Anstoß hatte im Winter 1879 ein<br />
Professor der Landwirtschaftlichen Hochschule gegeben,<br />
der den Mühlenweiher der Poppelsdorfer Brauerei<br />
entsprechend herrichten ließ. Noch besser machte es<br />
der Verein für Körperpflege, ein Vorläufer des SSB. Aus<br />
dem städtischen Rohrnetz wurde der Arndtplatz<br />
bespritzt und als Eisbahn der Schuljugend kostenlos zur<br />
Verfügung gestellt. Das wiederum animierte den 1880<br />
gegründeten <strong>Bonn</strong>er Eisklub (BEC), auf dem Gelände an<br />
der Reuterstraße jeden Winter eine prächtige Eisfläche<br />
anzubieten. 1895 gab es dort Deutsche Meisterschaften<br />
im Schnelllauf und im Eiskunstlauf, und 1905 gar Europameisterschaften<br />
im Eiskunstlauf. Mit Ausbruch des<br />
Ersten Weltkrieges verschwand der Winterzauber. Der<br />
BEC kam in Zahlungsschwierigkeiten, löste sich auf und<br />
vermachte seine Anlage der Stadt <strong>Bonn</strong>.<br />
GA<br />
Steherrennen lockten in den Nachkriegsjahren tausende <strong>Bonn</strong>er in das ehemalige Poststadion mit seinem Beton-Oval<br />
Foto: Archiv GA
38<br />
GESCHICHTE<br />
Geschichte des Deutschen Sportabzeichen<br />
1912<br />
Die Hauptversammlung des Deutschen Reichsausschusses<br />
für Olympische Spiele beschließt eine „Auszeichnung für<br />
vielfältige Leistung auf dem Gebiet der Leibesübungen“.<br />
Der Begriff Sportabzeichen wird noch vermieden, um die<br />
Turner mit einer gleichlautenden Ehrung nicht zu verärgern.<br />
1921<br />
Das Deutsche Sportabzeichen für Frauen wurde eingeführt.<br />
1925<br />
Genehmigung eines Reichsjugendabzeichens für Jungen.<br />
Der Reichsausschuss für Leibesübung hatte lange gezögert,<br />
dieses Jugend-Abzeichen einzuführen.<br />
1927<br />
Genehmigung des Reichsjugendabzeichens für Mädchen<br />
1937<br />
Im Mai 1933 übernahm der Nationalsozialismus in<br />
Deutschland auch die Kontrolle über den Sport. Das<br />
Sportabzeichen passte in sein Konzept zur Gesunderhaltung<br />
der Bevölkerung und entging damit der Abschaffung.<br />
Das Deutsche Reichssportabzeichen wurde am 1. Juli 1937<br />
sogar als Ehrenzeichen staatlich anerkannt (Orden).<br />
Sportabzeichen in <strong>Bonn</strong><br />
Untrennbar mit<br />
dem Namen Günter<br />
Lausberg verbunden,bemühte<br />
sich in der Vergangenheit<br />
auch<br />
die Politikprominenz<br />
um das<br />
Erlangen des<br />
Sportabzeichens.<br />
Waren alle Kriterien<br />
erfüllt musste<br />
aber noch die Hürde der ordnungsgemäßen Abgabe<br />
aller Unterlagen beim Sportabzeichenobmann des<br />
<strong>Stadtsportbund</strong>es <strong>Bonn</strong> erfolgen. Nach gewissenhafter<br />
und kritischer Prüfung wurde das Abzeichen verliehen.<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
1951<br />
Das DSB-Präsidium beschließt die Wiedereinführung<br />
eines bundeseinheitlichen Sportabzeichens für Männer,<br />
Frauen und Jugendliche.<br />
1952<br />
An diesem Stichtag treten bundeseinheitlich die neu<br />
verabschiedeten Bedingungen und Regeln für das Sportabzeichen<br />
in Kraft.<br />
1953<br />
Prüfungen können im Schulsport abgenommen werden.<br />
Vor allem Kinder und Jugendliche sollen gewonnen<br />
werden.<br />
1958<br />
Im Bundesgesetzblatt erscheint ein Erlass, der das Sportabzeichen<br />
zur bisher einzigen gesetzlich anerkannten und<br />
geschützten Sportauszeichnung macht. Es gilt damit auch<br />
offiziell als Orden. Das Deutsche Sportabzeichen wird<br />
gesetzlich geschützt.<br />
1961<br />
Das Behindertensportabzeichen wird eingeführt.<br />
In den folgenden Jahren fiel die Abnahmezahl<br />
bis auf 1400 im Jahr 2005 ab, zeigt seit<br />
2006 aber wieder eine deutlich steigende<br />
Tendenz.<br />
Am 30.08.2008 wird es im Rahmen der 100<br />
Jahrfeierlichkeiten den 1. <strong>Bonn</strong>er Sportabzeichen<br />
Tag geben.<br />
Sportabzeichenabnahme<br />
von<br />
1972–2000
Steigern Steigern Sie Sie Ihre Ihre Fitness Fitness<br />
mit mit Vitaminen Vitaminen von: von:<br />
Obst Obst · Gemüse Gemüse<br />
Exoten Exoten · Kräuter Kräuter<br />
readycuts readycuts<br />
küchenfertiges küchenfertiges Gemüse Gemüse<br />
Salate Salate aus aus eigener eigener Produktion<br />
Produktion<br />
Großhandel Großhandel · Gastro-Service<br />
Gastro-Service<br />
eigene eigene Produktion<br />
Produktion<br />
Justus-von-Liebig-Straße 2<br />
53121 <strong>Bonn</strong><br />
Tel.: 0228 / 66 80 20<br />
Fax: 0228 / 66 80 222<br />
www.abels-bonn.de<br />
NW-003-02251-H
JUBILÄUM<br />
Spektakulärer Spitzensport<br />
Das ereignisreichste Jahr der <strong>Bonn</strong>er Sportgeschichte<br />
waren die Veranstaltungen 1989 anlässlich der 2000<br />
Jahr-Feier der Stadt. 50000 Zuschauer erlebten fantastische<br />
Titelkämpfe bei den Schwimm-Europameisterschaften.<br />
Die prickelnde Atmosphäre beim Herzschlagfinale<br />
der deutschen Gold-Staffel im bestens vorbereiteten<br />
Römerbad blieb ebenso lange in Erinnerung wie die<br />
Begeisterungsstürme, die der Turniersieg der deutschen<br />
Wasserballer im Ennertbad auslöste. Überschwänglich<br />
bedankte sich der Europäische Schwimm-<br />
Verband: „Es waren wunderschöne Europameisterschaften.<br />
Dankeschön <strong>Bonn</strong>! Dankeschön Bundesrepublik<br />
Deutschland!“<br />
Länderspiel in <strong>Bonn</strong> – diese Schlagzeile gab es in der Vergangenheit<br />
nur selten zu lesen. Nicht so im Jubiläumsjahr.<br />
Stimmungsmäßiger Höhepunkt war das Basketball-Länderspiel<br />
gegen Israel. Mit rund 2000 Zuschauern war die<br />
Sporthalle Pennenfeld bis auf den letzten Platz gefüllt.<br />
Auch wenn es eine deutsche 91:96 - Niederlage gab, an<br />
40 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
der ausgelassenen Stimmung auf den Rängen konnte sie<br />
nichts ändern. Ohnehin wurde <strong>Bonn</strong> für Basketball ein<br />
gutes Pflaster. Dank seines Amerikaners Arvid Kramer<br />
stand der Godesberger TV in dieser Saison vor dem Aufstieg<br />
in die 1. Bundesliga.<br />
Ein voller Erfolg war auch das Badminton-Länderspiel<br />
gegen die UdSSR. 750 Zuschauer entfachten einen derartigen<br />
Ansturm auf die Erwin-Kranz-Halle, dass die Partie<br />
erst eine halbe Stunde später als vorgesehen beginnen<br />
konnte. Die Zuschauer bekamen Badminton vom Feinsten<br />
zu sehen, als der deutsche Ranglisten-Erste Guido Schänzer<br />
den Europameisterschaftsdritten Antropov 15:12,<br />
15:13 bezwang. Am Ende gab es zwei Sieger: Die UdSSR<br />
gewann 5:2, und Veranstalter 1. BC Beuel erhielt Lob von<br />
allen Seiten. Zufrieden mit der Zuschauerzahl war auch<br />
der <strong>Bonn</strong>er THV, der zum 3. Mal ein Hockey-Länderspiel<br />
gegen die Niederlande ausrichtete.<br />
??????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????
???????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????<br />
Drei Generationen gemeinsam bei einer Veranstaltung am<br />
Start – das Motto des 10. Rheinischen Landesturnfestes in<br />
<strong>Bonn</strong> „Turnen mit der ganzen Familie“ ließ sich kaum trefflicher<br />
dokumentieren. Familien-Atmosphäre war es dann<br />
auch, die die fast 13 000 Teilnehmer im Juni in der Bundeshauptstadt<br />
verbreiteten. Altersbeschränkungen gab es<br />
ohnehin keine. Mit ihren fünf Lenzen war Katja Brusch<br />
gleich 85 Jahre jünger als Hedwig Röttger-Pas, die sich<br />
beim Leistungstest bewährte.<br />
Der Mammut-Beteiligung entsprach das Mammut-Programm:<br />
146 Wettkämpfe hatte der RTB ausgeschrieben,<br />
hinzu kamen Rahmen- und Sonderveranstaltungen, Sit-<br />
JUBILÄUM<br />
LIFESTYLE<br />
zungen und Besprechungen. An allen Ecken und Enden<br />
wimmelte es; <strong>Bonn</strong> hatte sich für vier Tage in eine große<br />
Turnhalle verwandelt.<br />
Im Rathaus und auch bei vielen Bürgern hat der Jubel bei<br />
der EM oder an der Marathonstrecke zu einem grundlegenden<br />
Sinneswandel geführt: Sportliche Höhepunkte,<br />
wie anlässlich der 2000-Jahr-Feier, muss es auch in<br />
Zukunft geben. Sport gehörte bei den Stadtvätern im weitesten<br />
Sinne zur Kultur, und von der wussten sie eigentlich,<br />
dass man sie finanziell kräftig unterstützen muss.<br />
Heute ist von dem neuen Denken angesichts leerer Kassen<br />
nicht mehr viel übrig geblieben. GA<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
41
JUBILÄUM<br />
42 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.
‡ schwierig bedeutet<br />
nicht unmöglich ‡<br />
Nicht immer ist die Lösung auf den ersten<br />
Blick erkennbar. Dann braucht man einen<br />
Partner, der sucht, wo andere nicht<br />
suchen. Der sieht, was andere nicht sehen.<br />
Und der realisiert, was andere nicht mal<br />
versuchen. Was dürfen wir mit Ihnen<br />
möglich machen?<br />
‡ ideen nach vorn ‡<br />
cbd
SENIOREN<br />
Sonderbereich Seniorensport<br />
Seit Ende der 1980er Jahre wird der „Sport der Älteren“<br />
im Rahmen der Breitensportentwicklung des Landessportbundes<br />
NRW mit Unterstützung der Landeregierung<br />
als ein neues Aufgabenfeld gefördert.<br />
Dieser Sonderbereich hatte schon seit etlichen Jahren<br />
außerhalb der Sportinstitutionen in verschiedenen sozialen<br />
Einrichtungen Fuß gefasst. Als besonderes Vorbild<br />
kann das Deutsche Rote Kreuz genannt werden, das mit<br />
einer beachtlichen konzeptionellen Basis eine eigene<br />
Übungsleiterausbildung aufgebaut hatte. Schon im Jahre<br />
1970 wurden in den Kreisverbänden des DRK die ersten<br />
Altengymnastikgruppen gegründet. Im Laufe der folgenden<br />
Jahre wurden die Aktivitäten auf die Wassergymnastik<br />
und den Seniorentanz ausgeweitet, und 1990 konnte der<br />
Verband anlässlich seiner 20jährigen Arbeit mit dem<br />
Alterssport in seiner Bundesschule in Meckenheim bei<br />
<strong>Bonn</strong> ein großes Symposium feiern.<br />
Als weiterer wichtiger Vorläufer des Seniorensports darf<br />
das Modell „Sport für betagte Bürger“ in Mönchengladbach<br />
gelten, das durch Privatinitiative bereits im Jahre<br />
1968 entstanden ist und wesentlich über den Deutschen<br />
Paritätischen Wohlfahrtsverband mitfinanziert wurde und<br />
im Selbstverständnis – zukunftweisend! – eine Organisation<br />
eines „sozialen Altensports“ war. Als einmalig darf<br />
hervorgehoben werden, dass es den rührigen Gründern<br />
um die damalige erste Vorsitzende Käthe Stroetges gelungen<br />
war, in ihrer Stadt ein eigenes Sportzentrum für<br />
betagte Bürger zu errichten.<br />
Als eine besonders auch für den <strong>Bonn</strong>er Raum wichtige wissenschaftliche<br />
Stütze kann schließlich die Arbeit der national<br />
und international renommierten Gerontologin, Frau Professor<br />
Ursula Lehr, gelten, die aufbauend auf ihr Standardwerk<br />
„Psychologie des Alterns“ für das inzwischen zum<br />
Gemeingut gewordene moderne Bild der selbständigen<br />
und aktiven Älteren warb. Damit hatte sie für alle Konzepte<br />
des Seniorensports oder des Alterssports oder der 60-plus-<br />
Initiativen eine Grundorientierung vorgegeben. Profitiert<br />
haben davon viele <strong>Bonn</strong>er Senioren, die als Gasthörer ihre<br />
Veranstaltungen an der <strong>Bonn</strong>er Universität besuchten, zu<br />
denen sich auch der Verfasser dieser Zeilen zählt. Beeinflusst<br />
wurden aber auch viele Seniorensportfunktionäre<br />
und -interessierte, die auf den diversen Fortbildungsveranstaltungen,<br />
Fachtagungen und Projektkonferenzen ihre<br />
Gastvorträge oder ihre Statements zu zentralen Fragen, wie<br />
z.B. zur demografischen Entwicklung oder zur besonderen<br />
Situation der älteren Frauen, diskutierten.<br />
Beim Landessportbund NRW bildete sich zuerst eine Expertenrunde,<br />
die sog. „Landesarbeitsgemeinschaft Sport mit<br />
44 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
Älteren“, ein Zusammenschluss von Vertretern des Landessportbundes,<br />
des Rheinischen und des Westfälischen Turnerbundes<br />
sowie des Kultusministeriums, die dann zwei<br />
Jahre später in einen eigenen, dem Präsidium direkt unterstellten<br />
„Ausschuss Sport mit Älteren“ überging. Dieser<br />
wurde geleitet von dem Mitglied des Landtages, Uwe Herder,<br />
was sich für die politische Durchsetzung der neuen<br />
Schwerpunkte und Konzepte als sehr förderlich erwies.<br />
Da es schon nach den ersten Überlegungen zur Konkretisierung<br />
des Generalauftrags „Förderung des Sports mit<br />
Älteren“ klar war, dass es um Konzepte und Maßnahmen<br />
zur Steigerung der Teilnehmer- und Mitgliederzahlen<br />
gehen müsse, war es auch nicht strittig, dass eine breite<br />
Mobilisierung der Vereine vor Ort vonnöten war. Die Zahl<br />
der älteren Mitglieder – so das Credo des damaligen Vizepräsidenten<br />
des LSB, Johannes Eulering, – sollte in den<br />
nächsten 10 Jahren verzehnfacht werden.<br />
Auf diesem Wege kam das Thema Seniorensport Anfang<br />
der neunziger Jahre auch im <strong>Bonn</strong>er <strong>Stadtsportbund</strong> auf<br />
die Tagesordnung. Wegen günstiger lokaler Besonderheiten<br />
bzw. besonderer personeller Umstände bekam das<br />
neue Aufgabenfeld beim <strong>Stadtsportbund</strong> in den Folgejahren<br />
eine hohe Priorität.<br />
Da waren einmal die naheliegenden Kontakte zu dem hiesigen<br />
Sportwissenschaftlichen Institut (SWI) der Universität<br />
<strong>Bonn</strong>. 1<br />
Diese bekamen dadurch eine erhöhte Aktualität, dass an<br />
diesem Institut der bisherige Studienschwerpunkt für Studierende<br />
für das Lehramt am Gymnasium (und für die<br />
Realschule) aufgegeben werden musste und seit dem WS<br />
1990/91 ein neuer Magisterstudiengang Sportwissenschaft<br />
mit dem Schwerpunkt Alterssport eingerichtet<br />
wurde.<br />
Die bisherigen Beziehungen konnten dadurch intensiviert<br />
werden, dass ein Dozent des Instituts, dessen<br />
besonderer Arbeits- und Forschungsschwerpunkt schon<br />
seit den siebziger Jahren der Seniorensport war, als Beisitzer<br />
in den Vorstand des SSB <strong>Bonn</strong> gewählt worden<br />
war.<br />
Außerdem war auch der Umstand ein Pluspunkt für <strong>Bonn</strong>,<br />
dass Sandra Horschel, eine der ersten Absolventinnen des<br />
neuen Magister-Studiengangs, beim LSB in dem Arbeitsbereich<br />
„Sport der Älteren“ eine Anstellung fand, der sich<br />
dadurch zum Glücksfall entwickelte, dass diese Seniorensport-Expertin<br />
als Breitensportreferentin zum SSB <strong>Bonn</strong><br />
wechselte.
Diese drei Instanzen <strong>Stadtsportbund</strong> <strong>Bonn</strong>, Landessportbund<br />
NR, Institut für Sportwissenschaft Uni <strong>Bonn</strong> ergaben<br />
ein Funktionsdreieck, in dem der SSB <strong>Bonn</strong> für den neuen<br />
Arbeitsschwerpunkt Seniorensport, wie man so sagt „gut<br />
aufgestellt“ war.<br />
Die Versuche des SSB <strong>Bonn</strong>, die Zielgruppe der Älteren im<br />
größeren Umfang über die Vereine zu erreichen, sollen<br />
hier auf die folgenden drei Initiativen konzentriert werden:<br />
1. So wurde eine spezielle Übungsleiter-Ausbildung für<br />
den Seniorensport konzipiert, an der sich der SSB <strong>Bonn</strong><br />
als eine der ersten externen Ausbildungsstätten in<br />
NRW beteiligte. 2<br />
Ort der Ausbildung: Institut für Sportwissenschaft und<br />
Sport der Uni <strong>Bonn</strong><br />
Lehrkräfte: D. Schmidt, IfSS <strong>Bonn</strong>; R. Siehler, Lehrteam<br />
des LSB.<br />
Diese Kurse für die Seniorensport-Übungsleiter haben<br />
mittlerweile eine lange Tradition. Sie werden bis heute<br />
regelmäßig angeboten, teilweise in Kooperationen mit<br />
anderen Stadt- und Kreissportbünden und ergänzt<br />
durch Fortbildungen für die in der Seniorensport-Praxis<br />
stehenden Übungsleiterinnen und Übungsleiter.<br />
2. Der zweite Schritt zur Steigerung der Zahl der sportaktiven<br />
Älteren in den Vereinen betrifft „die Öffentlichkeitsarbeit“,<br />
d.h. das Rühren der Werbetrommeln. Hier<br />
konnten wiederum Dozenten des Instituts für Sportwissenschaft<br />
und Sport einspringen, die selbst neugierig<br />
waren, was mit einer sorgfältig geplanten, konzertierten<br />
Aktion zu bewegen sei. So wurden fünf verschiedene<br />
Standorte im <strong>Bonn</strong>er Stadtgebiet ausfindig<br />
gemacht, an denen bei genügend Nachfrage Kursangebote<br />
für Ältere stattfinden sollten. Es wurde mit Amateurwissen<br />
und hoher Motivation eine Kampagne veranstaltet,<br />
über die gleichzeitig an den fünf Standorten<br />
dasselbe Werbeprogramm mit Informationen über Sinn<br />
und Zweck und die vorgesehenen Inhalte durchgezogen<br />
werden sollte.<br />
Wichtig: es gab dazu reichlich Kaffee und gute Plätzchen<br />
(Markenware), gemäß dem unbestrittenen Erfahrungssatz:<br />
„ohne Kaffee läuft bei den Senioren gar nichts!“<br />
Am Schluss dieser Werbe-Matinee stand die an jeden<br />
Gast gestellte Frage: „Würden Sie ab nächsten Diens-<br />
SENIOREN<br />
tag von 10 – 11 Uhr an einem kostenlosen Kurs „Seniorensport“<br />
einfach einmal versuchsweise teilnehmen?“<br />
Ergebnis: an drei von fünf Standorten waren genügend<br />
Interessenten, und dort wurden zu den angegebenen Terminen<br />
die Versuchskurse mit dem Arbeitstitel „Gesundheitsvorsorge<br />
durch Bewegung“ (G<strong>eV</strong>oBe) durchgeführt.<br />
An zwei der drei Versuchsorte werden heute noch Seniorensportgruppen,<br />
mit zwei oder drei Gruppen hintereinander,<br />
erfolgreich betreut.<br />
3. Ein auch zunächst vom Landessportbund gefördertes<br />
Projekt ist die Erstellung eines Verzeichnisses aller im<br />
Raum <strong>Bonn</strong> stattfindenden Sport- und Bewegungsangebote<br />
für Senioren/-innen, das es älteren Interessenten<br />
erleichtern soll, ein wohnortnahes und zeitlich wie auch<br />
inhaltlich passendes Angebot ausfindig zu machen. Das<br />
ist eine absolut sinnvolle Serviceleistung, die sich in der<br />
Praxis allerdings als sehr aufwendig erweist.<br />
Ein solches Verzeichnis macht nur Sinn, wenn der Nutzer<br />
sich auf die Angaben zu Zeit und Ort der Veranstaltungen<br />
verlassen kann. Wer sich mit Mühe aufrafft und sich nach<br />
dem Plan eine passende Übungsgelegenheit ausgesucht<br />
hat, dann aber feststellen muss, dass der Termin oder<br />
die Ortsangabe nicht stimmen, der kommt nie wieder!<br />
Auch für das Jahr 2007 ist eine solche Broschüre wieder<br />
mit einer Auflage von 3000 Exemplaren gedruckt worden,<br />
vor allem auch dank der Unterstützung durch die<br />
Barmer Ersatzkasse <strong>Bonn</strong>.<br />
Die Idee dieses hier nur skizzenhaft in einigen zentralen<br />
Aspekten dargestellten Großprojektes des Breitensports<br />
war es:<br />
„möglichst jedem älteren Menschen, in vertretbarer<br />
Entfernung von seinem Wohnort ein seinen Wünschen<br />
und seinen Möglichkeiten entsprechendes<br />
Sport- und Bewegungsangebot zu machen.“<br />
Das insgesamt sehr vielschichtige Projekt hat natürlich<br />
nicht alle Erwartungen erfüllt. Es hat aber doch einiges<br />
bewegt und beachtliche Fortschritte in der Mobilisierung<br />
der älteren Menschen erzielt.<br />
Der <strong>Stadtsportbund</strong> war an prominenter Stelle dabei und<br />
war mitverantwortlich für diese im ganzen erfolgreiche<br />
Arbeit. Dieter Schmidt<br />
1 ab 1984/85 umbenannt in Institut f. Sportwissenschaft u. Sport (IfSS)<br />
2 Siehe den Erfahrungsbericht des ersten Übungsleiter-Lehrgangs 1991 und Abschlußbericht des Modellprojekts Sport der Älteren, 1996<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
45
46<br />
KULTUREN<br />
Sportkulturen der Welt<br />
Resümee:<br />
Das Festival „ Sportkulturen der Welt“ war ein gelungener<br />
Versuch, Bewegungskulturen anderer Länder vorzustellen.<br />
Im Sinne des „ Sports für alle“ wurde einer breiten<br />
Öffentlichkeit Sport, Spiel und Tänze anderer Länder<br />
zugänglich gemacht.<br />
Interessierten aus anderen Teilen der Welt wurde die<br />
Eigenarten der Bewegungskulturen nahe gebracht, so<br />
dass sie im Sinne eines kulturellen Austausches<br />
bekannter wurden.<br />
Auch für die Sportwissenschaft, die Sportförderung und<br />
Sportentwicklung war dies eine Möglichkeit, die Problematik<br />
unterschiedlicher Kulturen in Sport, Spiel und<br />
Tanz zu analysieren.<br />
Besonders stolz stimmte die Organisatoren, dass die<br />
Japaner erst mal auf europäischem Boden Yabusame,<br />
eine Kombination aus Bogenschießen und Reiten, präsentierten.<br />
Zum erstenmal in der Geschichte des Sports<br />
waren niederländische Fierljeppen, Krabi Krabong aus<br />
Teilnehmerstruktur:<br />
627 Teilnehmer aus 36 Ländern von fünf Kontinenten<br />
Afrika:<br />
Burkina Faso 15<br />
Mosambik 11<br />
Sambia 8<br />
Simbabwe 14<br />
Asien:<br />
China 21<br />
Indonesien 16<br />
Iran 15<br />
Japan 65<br />
Korea 18<br />
Singapur 16<br />
Thailand 25<br />
Australien 5<br />
Europa:<br />
Belgien 19<br />
Dänemark 10<br />
Deutschland 148<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
Thailand und die rituelle Kraftsport-Gymnastik Zurkaneh<br />
aus dem Iran zu bewundern.<br />
Des weiteren testeten die Organisatoren ein alternatives<br />
Gastronomiekonzept, um den nach einer solchen<br />
Großveranstaltung anfallenden Müll zu reduzieren. Die<br />
Besucherinnen und Besucher waren aufgefordert, das<br />
mit Pfand versehende Einweggeschirr zurückzugeben.<br />
Da es sich bei dieser Veranstaltung um eine Weltpremiere<br />
handelte, blieben einige organisatorische Probleme<br />
und auch kleine Panne nicht aus. Das Gelingen dieser<br />
Veranstaltung und seiner völkerverbindenden Wirkung<br />
konnte dies aber nicht beeinträchtigen.<br />
Dieses Festival gab die Möglichkeit, Menschen aus so<br />
vielen Teilen der Welt kennenzulernen, viele verschiedene<br />
Sprachen zu hören, etwas über die Lebensweise und<br />
Kultur dieser Länder zu erfahren. Es herrschte eine<br />
freundliche und fröhliche Stimmung. Politische und religiöse<br />
Probleme zwischen den einzelnen Nationen<br />
schien es nicht zu gebe.<br />
Frankreich 14<br />
Großbritannien 10<br />
Island 4<br />
Israel 18<br />
Italien 8<br />
Lettland 15<br />
Litauen 16<br />
Niederlande 15<br />
Österreich 12<br />
Polen 12<br />
Portugal 15<br />
Russland 4<br />
Schweiz 29<br />
Ungarn 14<br />
Südamerika:<br />
Argentinien 10<br />
Brasilien 16<br />
Peru 13<br />
Uruguay 10
Kölner Stadt-Anzeiger 27.06.1992<br />
KULTUREN<br />
xxxxxxxxxxx xxxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxx xxxxxx xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
47
KULTUREN<br />
xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
48 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
Express, <strong>Bonn</strong>, 29.06.1992
xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx xxxxxxxxxx<br />
Eines meiner schönsten Erlebnisse während meiner Zeit<br />
als Vorsitzende des <strong>Bonn</strong>er <strong>Stadtsportbund</strong>es war die<br />
Mitarbeit in dem Gremium, welches die „Sportkulturen<br />
der Welt“, dem 1. Internationalen Festival – <strong>Bonn</strong> vorbereitete.<br />
Zum Gremium gehörten Vertreter des Deutschen<br />
Sportbundes, des Landessportbundes, der Stadt <strong>Bonn</strong>,<br />
des <strong>Stadtsportbund</strong>es und des Kulturministeriums.<br />
Dies verlangte vorbereitend konzentrierte Arbeit im<br />
Organisationsbüro. An dem Sportevent „Sportkulturen<br />
der Welt“ vom 24. bis 28. Juni 1992 nahmen 36 Nationen<br />
aus 5 Kontinenten teil, was zu einer Teilnehmerzahl von<br />
641 Aktiven führte. Das Fest begann am 25.06.1992 mit<br />
einem Begegnungsabend an fünf Veranstaltungsorten<br />
Durch die freundliche Unterstützung <strong>Bonn</strong>er Sponsoren<br />
konnten die Mittel für die Verpflegung aufgebracht<br />
werden, was den Veranstaltern Kosten in Höhe von<br />
ca. 40.000 DM ersparte. Am Freitag um 10.45 Uhr war die<br />
offizielle Eröffnung auf dem Marktplatz in <strong>Bonn</strong>, begleitet<br />
von einem Bühnenprogramm.<br />
Am folgenden Tag fand ein wissenschaftliches Symposium<br />
an der <strong>Bonn</strong>er Universität statt. Das Bühnenprogramm<br />
fand am Vormittag in der Zeit von 11.00 bis<br />
13.00 Uhr mit einem an fünf unterschiedlichen Orten verteilten<br />
Bühnenprogramm statt. Am Abend wurde mit<br />
einer großen Gala in einem Zirkuszelt Höhepunkte der<br />
Sportkulturen vor ca. 2.000 Zuschauern gezeigt, wonach<br />
sich die Mitarbeiter und Delegationen zu einem großen<br />
Fest versammelten.<br />
Die Hauptversammlung am Sonntag, den 26.06.1992<br />
begann bei strahlendem Sonneschein mit zahlreichen<br />
Attraktionen und Mitmachaktionen. Hinzu kamen Volkstänze<br />
aus Uruguay, Ungarn, Simbabwe, Israel und Sambia,<br />
Horseball, „Sibirisches Lasso“, Wushu, Yubasanne<br />
aus Japan und „Lion Acrobatics“ aus China sowie Pato<br />
aus Argentinien<br />
Der Landessportbund dokumentierte das Fest der Sportkulturen<br />
der Welt. Auch die Presse hielt sich mit Lob nicht<br />
zurück und berichtete über das gelungene Fest an dem<br />
ca. 120.000 Besucher Freude hatten.<br />
von Hannelore Kendziora<br />
xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx xxxxxxxxxx<br />
KULTUREN<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
49
RADSPORT<br />
Unglaublich bis zum bitteren Ende<br />
xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx xxxxxxxx xxxxxxxxxxFoto: Wolfgang Henry<br />
Betrug und Radsport: Das war immer<br />
ein Thema. Bei der 620 Kilometer<br />
langen Radfernfahrt von Basel nach<br />
Kleve, die vor hundert Jahren durch<br />
<strong>Bonn</strong> rollte, kamen von 132 Fahrern<br />
41 ins Ziel. „Davon ist über ein Drittel<br />
wegen Benutzens unerlaubter Mittel,<br />
namentlich des Anhängens an Automobile,<br />
gestrichen worden.“ So der<br />
General-Anzeiger lakonisch in einer<br />
Notiz vom 20. Juni 1908. Auch die<br />
ersten fünf Ankömmlinge wurden<br />
disqualifiziert. Der allgemeinen Radsportbegeisterung<br />
hat das keinen<br />
Abbruch getan. „Bereits 1884 fuhr<br />
ein Mitglied mit seinem Hochrad von<br />
<strong>Bonn</strong> nach Berlin und erregte in<br />
Sportkreisen nicht geringes Aufsehen<br />
mit dieser Leistung“, registrierte<br />
der <strong>Bonn</strong>er Radfahrer Verein von<br />
1883 voller Stolz. Zweimal sind seine<br />
50 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
Mitglieder über den Brenner bis Italien<br />
gefahren: „Einmal mit dem<br />
Hochrad, ja bis Pau in den Pyrenäen<br />
sind <strong>Bonn</strong>er Radler vorgedrungen.“<br />
Der traditionsreiche BRV, der heute<br />
als <strong>Bonn</strong>er Rad-und Rollsport-Verein<br />
vor allem im Breitensport aktiv ist,<br />
gilt als ältester Radsport-Club in<br />
Nordrhein-Westfalen.<br />
Das erste große Radrennen gab es im<br />
Juli 1893 auf der damaligen Rennbahn<br />
an der Reuterstraße. Fahrer aus<br />
Aachen oder Köln, Rotterdam oder<br />
Chicago waren am Start. Wegen der<br />
hohen Kosten mussten die Veranstalter<br />
nach wenigen Jahren die Segel<br />
streichen. Erst der 1932 gegründete<br />
RSC Sturmvogel <strong>Bonn</strong> erweckte den<br />
Straßenrennsport zu neuem Leben.<br />
Bei „Rund um <strong>Bonn</strong>“ gingen im<br />
August 1933 über 150 Fahrer auf die<br />
Strecke. Bis zum Kriegsbeginn trugen<br />
die Sturmvögel dieses Rennen<br />
noch viermal aus.<br />
Aus „Rund um <strong>Bonn</strong>“ wurde 1946<br />
„Rund in <strong>Bonn</strong>“. Es war ein Rundstreckenrennen<br />
mit Streckenverlauf<br />
überwiegend in der Nordstadt. Erster<br />
Titelträger war der amtierende deutsche<br />
Meister aus Breslau. Rudi Mirke<br />
hatte seinen Titel im Kriegsjahr 1944<br />
gewonnen. Auch das gab es damals.<br />
Der Prämiensegen ließ in den mageren<br />
Nachkriegsjahren keine Wünsche<br />
offen. 2000 Reichsmark wurden verteilt,<br />
außerdem reichlich Kalorien in<br />
Form von Fleisch, Brot oder Apfelkuchen.<br />
1947 wurde um das „Grüne<br />
Band vom Rhein“ gefahren. Es war<br />
ein Rundstreckenrennen über sechs
Etappen in Solingen, <strong>Bonn</strong>, Aachen,<br />
Mönchengladbach, Düsseldorf und<br />
Köln.<br />
<strong>Bonn</strong> blieb ein gutes Pflaster für den<br />
Radsport. 15000 Zuschauer säumten<br />
die Strecke, als im Mai 1994 Außenseiter<br />
Dirk Baldinger vor dem amtierenden<br />
Weltmeister Jan Ullrich die<br />
deutsche Straßenmeisterschaft der<br />
Radamateure in Pützchen gewann.<br />
Auch in der „Hölle von Roleber“<br />
hatte Ullrich das Blatt nicht mehr<br />
wenden können. „Werbung für den<br />
Radsport“ bescheinigte der Bund<br />
Deutscher Radfahrer Cheforganisator<br />
Siggi Thiele vom RSC Sturmvogel<br />
<strong>Bonn</strong>.<br />
Es kam die große Zeit eines <strong>Bonn</strong>er<br />
Rennstalls; und wer hätte damals<br />
geahnt, dass wenige Jahre später die<br />
Helden des Radsports vom Sockel in<br />
den Rinnstein kippen? 1991 steigt die<br />
Deutsche Telekom ins Radsport-<br />
Sponsoring ein. Anfang 1995 wird Jan<br />
Ullrich, der Vizemeister von Pützchen<br />
und eines der größten Radsporttalente<br />
aller Zeiten, verpflichtet. Bei<br />
den deutschen Radsportmeisterschaften<br />
der Profis in Beuel sorgt im<br />
Februar 1999 das Team Deutsche<br />
Telekom für den totalen Triumph. Mit<br />
Jan Ullrich gewinnt am Ende der<br />
Mann, der wohl von Teamleiter Walter<br />
Godefroot von vornherein dazu<br />
auserkoren war. Der zweite und der<br />
dritte Platz gehen an die Telekomfahrer<br />
Jochen Aldag und Erik Zabel.<br />
„Purpurfarben prägte ein in <strong>Bonn</strong><br />
stationierter Radrennstall (zuletzt in<br />
RADSPORT<br />
der alten Kurfürstenbrauerei beheimatet)<br />
über 16 Jahre die bunte Trikotwelt<br />
des Pelotons, auch leistungsmäßig<br />
war die Mannschaft bisweilen<br />
einzigartig“, so die Fachpresse.<br />
1996 gewinnt Bjärne Riis die Tour.<br />
Ein Jahr später löst Jan Ullrich als<br />
erster deutscher Tour-Sieger der<br />
Geschichte einen Radsport-Boom<br />
aus, der das Sponsoring der <strong>Bonn</strong>er<br />
Firma zu einem der effektivsten der<br />
deutschen Sportgeschichte werden<br />
lässt. Zabel gewinnt drei Etappen,<br />
das Team entscheidet die Mannschaftswertung.<br />
„Seitdem bricht in<br />
<strong>Bonn</strong> im sommerlichen Juli das Tourde-France-Fieber<br />
aus“, hält der <strong>Bonn</strong>er<br />
Historiker Manfred van Rey in<br />
seiner Stadtgeschichte fest.<br />
xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx xxxxxxxxxx<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
51
RADSPORT<br />
Dann das Doping-Jahr 2007: das letzte<br />
Kapitel einer unglaublichen<br />
Erfolgsgeschichte. Die Deutsche<br />
Telekom zieht sich im November mit<br />
sofortiger Wirkung als Sponsor des<br />
T-Mobile Teams zurück. Zu lange<br />
hatte man in der Zentrale auf die<br />
Selbstreinigungskräfte einer offen-<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx xxxxxxxxxx<br />
52 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
sichtlich systematisch verseuchten<br />
Dopingszene gesetzt. Keiner weiß<br />
derzeit, wie es weltweit mit dem<br />
Velo-Zirkus weitergehen wird. Bei<br />
der <strong>Bonn</strong>er Staatsanwaltschaft wird<br />
am 14. April 2008 ein Verfahren<br />
wegen Betruges gegen Jan Ullrich<br />
eingestellt, obwohl die Justiz davon<br />
xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx<br />
ausgeht, dass Ullrich gedopt hat. Die<br />
Tagesthemen vermelden: „Die <strong>Bonn</strong>er<br />
Etappe von Jan Ullrichs Justiz-<br />
Tour ist damit abgeschlossen.“<br />
Andere Dopingverfahren laufen weiter.<br />
Mit dem Telekom-Abschied aus der<br />
Lügenszene gehören die Bilder vom<br />
unbeschreiblichen Jubel auf dem<br />
Marktplatz der Vergangenheit an.<br />
Immerhin: Jan Ullrich bleibt der<br />
Mensch, der sich bisher am häufigsten<br />
in das Goldene Buch dieser<br />
Stadt eintragen durfte.<br />
von Sigurd Panne
FUSSBALL<br />
Einmal deutscher Meister - <strong>Bonn</strong>er SC<br />
54 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
Als der Frauenfußball richtig ins Rollen<br />
kam, war die damalige Bundeshauptstadt<br />
dabei. Kaum zu glauben: Der<br />
<strong>Bonn</strong>er SC hatte Anfang der 1970er<br />
Jahre eines der besten Teams in der<br />
Bundesrepublik. Höhepunkt 1975:<br />
Nach einem 4:2 - Endspielsieg gegen<br />
Bayern München kannte der Jubel von<br />
rund 2500 Zuschauern im Pennenfeldstadion<br />
keine Grenzen. „Die Damen<br />
hatten erstmals erreicht, was den Fußball<br />
Herren noch nie beschieden war<br />
und wahrscheinlich auch so bald nicht<br />
beschieden sein wird: Man war deutscher<br />
Fußballmeister“, so eine BSC-<br />
Chronik. Seitdem führt der Club den<br />
Titel in seinem Briefkopf.<br />
Wenn es damals schon eine Nationalmannschaft<br />
gegeben hätte, der BSC<br />
hätte den Stamm gestellt. Spielerinnen<br />
wie Anne Haarbach-Trabant, Christa<br />
Nüsser, Erika Neuenfeld oder Helga<br />
Bastubbe gehörten zur Spitzenklassevon<br />
der trickreichen Jamaikanerin<br />
Beverly Ranger ganz zu schweigen. Erst<br />
1982 gab es eine Frauennationalmannschaft.<br />
Haarbach-Trabant hatte den<br />
BSC längst verlassen und war Mannschaftsführerin<br />
des Auswahlteams.<br />
Bereits 1957 war auf einer Mitgliederversammlung<br />
von Tura <strong>Bonn</strong> die Gründung<br />
einer Frauenfußballabteilung in<br />
die Wege geleitet worden. Aber der<br />
Ein Hoch der erfolgreichen Trainerin: Nach dem Gewinn der deutschen Meisterschaft<br />
lassen die BSC-Damen Anne Trabant hochleben. Foto: Ronald Friese<br />
Eine Ehrenrunde mit dem Meisterpokal laufen die BSC-Fußballerinnen im Pennenfeld. Von links: Beverly Ranger, Charlotte<br />
Nüsser, Monika Bädorf, Christa Nüsser, Helga Neuenfeldt. Foto: Ronald Friese
Deutsche Fußball-Bund wollte vom<br />
Gekicke des anderen Geschlechts<br />
nichts wissen. Auf einem Verbandstag<br />
verbot der DFB 1955, den ihm angeschlossenen<br />
Vereinen Frauenabteilungen<br />
zu gründen. Begründung: „Im<br />
Kampf um den Ball verschwindet die<br />
weibliche Anmut, Körper und Seele<br />
erleiden unweigerlich Schaden, und<br />
das Zurschaustellen des Körpers verletzt<br />
Schicklichkeit und Anstand.“<br />
Erst 1970 wurde das Verbot aufgehoben,<br />
1973 die Austragung einer deutschen<br />
Fußballmeisterschaft der<br />
„Damen“ beschlossen. Der erste<br />
Anlauf des BSC auf die deutsche Meisterschaft<br />
scheiterte 1974. Die Damen<br />
vom Mittelrhein überstanden die Vorrunde<br />
und unterlagen erst im Halbfi-<br />
nale dem späteren Meister TuS Wörrstadt<br />
mit 1:3. Ein Jahr später gelang<br />
der Titelgewinn. Dann war schnell<br />
Schluss mit der Herrlichkeit. Ab 1981<br />
spielte Frauenfußball im BSC keine<br />
Rolle mehr.<br />
Wie sehr sich die Zeiten in der Szene<br />
geändert haben, konnte man über die<br />
Jahre in der <strong>Bonn</strong>er Hardtberghalle<br />
beim DFB-Hallenpokal der Frauen<br />
beobachten.<br />
Der Top-Event des Frauenfußballs<br />
wurde eine Erfolgsgeschichte mit<br />
erheblichen Fernsehzeiten. Aber der<br />
Wegzug drohte nicht zuletzt, weil die<br />
Hardtberghalle wegen des großen<br />
Zuschauerandrangs zu klein geworden<br />
war. Auch Verhandlungen über<br />
FUSSBALL<br />
Das Ende eines Top-Events: In diesem Jahr fand der DFB-Hallenpokal der Frauen zum letzten Mal in der Hardtberghalle<br />
statt. Foto: Ronald Friese<br />
die Bereitstellung des neuen Telekom-<br />
Dome der <strong>Bonn</strong>er Baskets brachten<br />
keinen Erfolg, obwohl die Deutsche<br />
Telekom als Titelsponsor eingestiegen<br />
ist. Der <strong>Bonn</strong>er Konzern wird den<br />
Pokal in den kommenden drei Jahren<br />
unterstützen.<br />
Die letzte Auflage des DFB-Pokals in<br />
<strong>Bonn</strong> gewann im Januar 2008 Turbine<br />
Potsdam. Im Januar 2009 wird der Frauenpokal<br />
in Magdeburg ausgetragen.<br />
GA<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
55
FUSSBALL<br />
Der lange Weg zur Fusion: BFV und TuRa<br />
geben ihr Eigenleben auf<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx xxxxxxxxxx<br />
Es war der Kracher über Jahrzehnte.<br />
<strong>Bonn</strong>er Fußball Verein gegen Tura.<br />
Beim <strong>Bonn</strong>er Fußball-Klassiker flogen<br />
die Fetzen, pilgerten bis zu 12000<br />
Zuschauer ins Stadion. Vom „Hass-<br />
Derby“ zwischen Akademikern (BFV)<br />
und Arbeitern wurde reißerisch<br />
berichtet. Heute kaum vorstellbar. Wo<br />
sind die Arbeiter? Die Trennungslinie<br />
zwischen den gegensätzlichen Fangemeinden<br />
soll an <strong>Bonn</strong>er Talweg/Bornheimer<br />
Straße verlaufen sein. Angefangen<br />
hat das alles im Juli 1908, im<br />
Gründungsjahr des Stadtsport-Bundes,<br />
als Tura noch Borussia war, Geld<br />
im Fußball eine untergeordnete Rolle<br />
spielte. Schluss mit Stadt-Derby war<br />
im April 1965, als BFVäuzer und Tura-<br />
56 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
ner ihr Eigenleben aufgaben. Die beiden<br />
Clubs fusionierten zum <strong>Bonn</strong>er SC<br />
(BSC). Übrigens: Von den 68 Lokalkämpfen<br />
der traditionsreichen Auseinandersetzung<br />
gewann der <strong>Bonn</strong>er<br />
Fußball-Verein 33, Tura <strong>Bonn</strong> 28, sieben<br />
Spiele endeten remis.<br />
Die Anfänge des Fußballs in <strong>Bonn</strong> reichen<br />
weiter zurück. Heimlich und still,<br />
da belächelt und verspottet, kickten<br />
vor allem Jugendliche auf dem Platz<br />
vor dem Arndt-Haus, auf dem Venusberg,<br />
an der Reuterstraße oder am<br />
Kessenicher Feld (heutige Elisabethkirche).<br />
Aus einer 1899 gegründeten<br />
„Combinierten <strong>Bonn</strong>er Fußballmannschaft“<br />
wurde 1901 der <strong>Bonn</strong>er Fuß-<br />
ball-Verein. „Als später das Universitätskuratorium<br />
gelegentlich die Hofgartenwiese<br />
für Wettspiele freigab, tat<br />
der Fußballsport in <strong>Bonn</strong> den entscheidenden<br />
Schritt an die Öffentlichkeit,“<br />
wusste der General-Anzeiger damals<br />
zu berichten.<br />
Berühmt war in der Zeit bis zum Ausbruch<br />
des Ersten Weltkrieges die vom<br />
Westdeutschen Spielverband gegründete<br />
Zehnerliga, eine illustre Gesellschaft,<br />
vergleichbar angeblich mit der<br />
heutigen Bundesliga: Kölner SC 99,<br />
Alemannia Aachen, SC Mönchengladbach,<br />
Preußen Duisburg oder Essener<br />
Turnerbund gehörten dazu. Die erste<br />
Saison 1902/1903 sah den <strong>Bonn</strong>er FV
ungeschlagen. Erst im letzten Spiel<br />
unterlagen die <strong>Bonn</strong>er 0:1 in Köln, was<br />
Köln 99 erstmals die „Westdeutsche“<br />
bescherte.<br />
Längst war der BFV auch international<br />
ins Geschehen eingestiegen. Ende<br />
April 1908 ist beispielsweise ein Team<br />
aus der heutigen Partnerstadt Oxford<br />
zu Gast an der Richard-Wagner-<br />
Straße. „Vor den Augen Ihrer Königlichen<br />
Hoheit Prinzessin Viktoria zu<br />
Schaumburg-Lippe wurde auf beiden<br />
Seiten mit Ernst und Eifer gekämpft,“<br />
urteilte der General-Anzeiger. Die<br />
Engländer siegten mit 6:0 Von der<br />
damaligen Pilgerstätte <strong>Bonn</strong>er Fans<br />
ist nichts geblieben. Autobahn und<br />
„Endenicher Ei“ haben sich ihren Weg<br />
gebahnt.<br />
1904 wird der FC Borussia <strong>Bonn</strong><br />
gegründet, der 1921 mit der Fußballabteilung<br />
des <strong>Bonn</strong>er Turnvereins von<br />
1860 zusammengeht. Man nannte<br />
sich nun „Turn-und Rasenspiele im<br />
<strong>Bonn</strong>er TV, kurz Tura. Unter großen<br />
Opfern aller Vereinsmitglieder wurde<br />
bis 1927 das „Schmidt-Schneiders-<br />
Stadion“ am Lievelingsweg gebaut.<br />
Finanziell schon damals nicht ohne<br />
Risiko. Als man die Zinsen für das<br />
Baudarlehen nicht mehr zahlen konnte,<br />
versteigerte die Stadt <strong>Bonn</strong> das<br />
Stadion für 85000 Mark an die Post.<br />
Den meisten <strong>Bonn</strong>ern ist die heute<br />
noch brach liegende Anlage als Poststadion<br />
bekannt.<br />
Hier gab es nach dem Krieg am<br />
9. September 1945 das erste Freundschaftsspiel<br />
gegen die Elf der in <strong>Bonn</strong><br />
stationierten 5th Guard Brigade, das<br />
die Engländer 6:1 gewannen. Überragend<br />
Mittelstürmer Gallacher vom FC<br />
Chelsea. Die Briten waren auch<br />
dabei, als im November 1945 die<br />
erste Meisterschaftssaison begann.<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx xxxxxxxxxx<br />
FUSSBALL<br />
Am 1. Dezember erlebten im Poststadion<br />
12000 Zuschauer das Gastspiel<br />
von Schalke 04. Die Knappen, noch<br />
einmal mit Szepan und Kuzorra,<br />
gewannen 1:0 gegen eine an diesem<br />
Tag groß aufspielende Tura. Das<br />
Poststadion war am 6. Mai 1948 auch<br />
Schauplatz vom möglicherweise<br />
größten lokalen Fußballereignis. Vor<br />
16000 Zuschauern besiegte der 1. FC<br />
Kaiserlautern mit dem Kern der späteren<br />
Weltmeistermannschaft die<br />
Turaner 12:3. Fußball war in den Jahren<br />
der Wiedergeburt des <strong>Bonn</strong>er<br />
Sports ein Lebenselexier auch am<br />
Rhein.<br />
Ihr schönstes Jahr erlebte „die Tura“<br />
1962, erst Mittelrheinmeister und<br />
Westdeutscher Meister. Dann der<br />
Höhepunkt der Vereinsgeschichte:<br />
Im Endspiel um die „Deutsche“ verloren<br />
die Turaner vor 12000 Zuschauern<br />
in Wuppertal unglücklich gegen<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
57
FUSSBALL<br />
Tegel mit 0:1. Allein in <strong>Bonn</strong> waren<br />
4500 Karten verkauft worden. Bis<br />
zum Vizemeister hat es bisher<br />
keine andere <strong>Bonn</strong>er Mannschaft<br />
geschafft.<br />
Das Eigenleben der Traditionsvereine<br />
hatte 1965 ein Ende, finanzielle<br />
Ressourcen spielten eine immer<br />
größer werdende Rolle. Am 18. Juni<br />
gründeten BFV und Tura den <strong>Bonn</strong>er<br />
SC. „Ein Zusammenschluß ist ein<br />
Gebot der Stunde. Die Entwicklung<br />
des Fußballs in Deutschland<br />
zwingt uns dazu, für die Zukunft<br />
zu planen, dabei kann nur Einigkeit<br />
von Nutzen sein“, so Dr. Hubert Claessen,<br />
erster Nachkriegsvorsitzende des<br />
SSB und Schatzmeister des DFB auf<br />
der Gründungsversammlung.<br />
Hiesige Fußballfreunde fragen sich<br />
immer noch, wenn sie sich interessieren,<br />
ob das, was damals als Gebot der<br />
Stunde bezeichnet wurde, nicht eine<br />
Fehlentscheidung war.<br />
Das sportliche Auf und Ab des BSC<br />
zu schildern sprengt den Rahmen<br />
der Chronik Ende der 60er Jahre pilgerten<br />
noch durchschnittlich 5000<br />
Zuschauer in die Gronau, um<br />
„ihrem“ BSC die Traue zu halten.<br />
Lange vorbei. Bundesweite Schlagzeilen<br />
gab es 1977, als der Verein<br />
pleite war und der Deutsche Fußball-<br />
Bund (DFB) dem damaligen Zweitligisten<br />
die Lizenz entzog. „BSC-Spieler<br />
kassierten wie Minister“, so der<br />
GA am 22. Juni 1977. Beispielsweise<br />
bekam der Ex-Gladbacher Uli Surau<br />
13000 Mark monatlich dafür, dass er<br />
im Nordpark auf der Bank saß.<br />
Schlagzeilen auch, als die komplette<br />
Nationalmannschaft von Kuba verpflichtet<br />
wurde. Ihre Teilnahme am<br />
Spielbetrieb verhinderte letztlich der<br />
Kölner Regierungspräsident.<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx xxxxxxxxxx<br />
58 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
2008 ist das Aushängeschild des<br />
<strong>Bonn</strong>er Fußball in der Bedeutungslosigkeit<br />
versunken. Seit Jahren finanziell<br />
abhängig von einem einzigen<br />
Geldgeber dümpelt der Club in der<br />
Oberliga. Er droht sechstklassig zu<br />
werden, wenn er die Qualifikation für<br />
die neue die neue NRW-Liga nicht<br />
schafft.<br />
Immerhin: Die Nachwuchsarbeit des<br />
Vereins mit dem Stadtwappen auf<br />
dem Trikot ist immer vorbildlich gewesen.<br />
So schafften die A-Junioren 1999<br />
den Aufstieg in die damalige Regionalliga<br />
– heute Bundesliga West. Mit<br />
Unterbrechungen gehörten sie bis<br />
2007 zu den 42 besten deutschen<br />
Nachwuchsmannschaften. In dieser<br />
Saison spielt die B-Jugend des BSC in<br />
der Bundesliga, ist allerdings von<br />
Abstiegssorgen geplagt.<br />
GA
FUSSBALL<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
59
FUSSBALL<br />
60 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.
FUSSBALL<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
61
FUSSBALL<br />
62 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.
FUSSBALL<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
63
RINGEN<br />
Geldnot zwingt den TKSV zum Rückzug<br />
Unter „kaiserlicher Protektion“ standen<br />
in <strong>Bonn</strong> die Ringer. Prinzessin<br />
Victoria von Schaumburg-Lippe, die<br />
Schwester Kaiser Wilhelms II., war<br />
dem <strong>Bonn</strong>er Schwerathletik-Sport<br />
ausgesprochen zugetan und übernahm<br />
bei großen Ringerturnieren oft<br />
die Schirmherrschaft. So hatte sie<br />
auch den „Fürstenpreis“, einen silbernen<br />
Becher mit Gravur, ausgesetzt. Er<br />
wurde alljährlich anlässlich der „Vaterländischen<br />
Festspiele“ in der Gronau<br />
ausgerungen, deren Endkämpfen<br />
neben der Prinzessin auch viele Offiziere<br />
der <strong>Bonn</strong>er Königshusaren beiwohnten.<br />
Und diese Endkämpfe waren stets<br />
interessant, gab es doch keine<br />
Gewichtsklassen. Das gefiel den<br />
behäbigen Schwergewichtlern gar<br />
nicht, machten ihnen doch die Leichtgewichte<br />
schwer zu schaffen. Von<br />
besonderer Rasanz war der Endkampf<br />
1913, als der Leichtgewichtler Heinrich<br />
Zander auf den gut 80 Pfund schwereren<br />
<strong>Bonn</strong>er Gastwirt Fritz Vidua traf<br />
und ihn auf die Schultern legte.<br />
Ringer-Turniere in <strong>Bonn</strong>, das waren<br />
auch nach Ende des Ersten Weltkrieges<br />
gesellschaftliche Ereignisse. Bei internationalen<br />
Turnieren in der Beethovenhalle<br />
und im Dreikaisersaal mussten<br />
die Räumlichkeiten häufig wegen Überfüllung<br />
polizeilich geschlossen werden.<br />
Ein neuer Start wurde nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg bereits im Dezember<br />
1945 versucht. Zwischen „Eiche <strong>Bonn</strong>“<br />
und „Siegfried 02 <strong>Bonn</strong>-Süd“ kam es<br />
zu interessanten Lokalbegegnungen<br />
auf dem Reuterplatz oder in den zu<br />
dieser Zeit oft in <strong>Bonn</strong> weilenden Zirkussen<br />
auf dem Frankenplatz. Den<br />
Stellenwert des Ringens in <strong>Bonn</strong> verdeutlichen<br />
auch die zahlreichen deutschen<br />
Meisterschaften und Länderkämpfe<br />
im Metropoltheater am Markt,<br />
im Festsaal Kemp, in der Hans-Riegel-<br />
Halle in Kessenich und in der Duisdorfer<br />
Sporthalle an der Schmittstraße.<br />
64 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
2000 Zuschauer sahen im Januar 1959<br />
die deutsche 4:5-Niederlage gegen<br />
die Türkei.<br />
Das weitere Ringer-Geschehen in<br />
<strong>Bonn</strong> ist eng mit dem Duisdorfer Peter<br />
Nettekoven verknüpft. Der Weltergewichtler<br />
setzte Anfang der 50-er Jahre<br />
seine ersten Griffe beim Turn- und<br />
Kraftsportverein (TKSV) Duisdorf.<br />
Heute trainiert er mit großem Erfolg<br />
die Duisdorfer Bundesligamannschaft.<br />
Dazwischen liegen elf deutsche<br />
Meistertitel, die Teilnahme an<br />
sechs Weltmeisterschaften, den Olympischen<br />
Spielen in Mexiko und an drei<br />
Europameisterschaften sowie zahllose<br />
Länderkämpfe. Nettekoven, der<br />
in dieser Zeit für den Rekordmeister<br />
Heros Dortmund auf die Matte ging,<br />
war in den 60-er Jahren einer der<br />
bekanntesten deutschen Ringer.<br />
Als er 1967 das Training bei seinem Heimatverein<br />
übernahm, stiegen die Duisdorfer<br />
in kurzer Folge von der Bezirksklasse<br />
bis in die Bundesliga auf. Namen<br />
wie Peter Diefenthal, Rolf Monschau,
Wolfgang Gentzen und neuerdings Jörg<br />
Helmdach stehen seitdem für nationale<br />
wie internationale Erfolge.<br />
Insgesamt 15 Jahre hielten sich die Ringer<br />
des TKSV Duisdorf in der 1. Bundesliga,<br />
1986 wurde sogar die Endrunde<br />
um die deutsche Mannschaftsmeisterschaft<br />
erreicht. Viele Duisdorfer wurden<br />
zum Teil mehrfach deutscher Meister -<br />
beispielsweise Rolf Monschau, Peter<br />
Diefenthal, Wolfgang Gentzen oder Jörg<br />
Helmdach. 1990 wurde in der Hardtberghalle<br />
ein modernes Trainingszen-<br />
trum eingerichtet, das seitdem vom Verein<br />
sowie von Bundes- und Landeskaderathleten<br />
genutzt wird.<br />
1993 reichen dann dennoch die finanziellen<br />
Mittel des Vereins nicht mehr<br />
aus: Er muss sich aus der 1. Bundesliga<br />
zurückziehen und in die Oberliga<br />
absteigen. Das sehen die Regeln des<br />
Ringer-Verbandes vor. Nach einigem<br />
sportlichem Auf und Ab gehören die<br />
Duisdorfer heute jedoch wieder zu den<br />
Spitzenteams in der 2. Bundesliga;<br />
LIFESTYLE RINGEN<br />
xxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx xxxxxxxxxx<br />
mittelfristig wollen sie zurück in die 1.<br />
Liga.<br />
2006 feierte der TKSV sein 100-jähriges<br />
Bestehen, 2008 richtete er aus diesem<br />
Anlass in der Hardtberghalle die deutschen<br />
Meisterschaften im griechischrömischen<br />
Stil aus. GA<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
65
BADMINTON<br />
Die Geburtsstätte liegt in <strong>Bonn</strong><br />
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde<br />
Badminton in unserem Land populär.<br />
Ohne Übertreibung kann man <strong>Bonn</strong> als<br />
die Geburtsstätte bezeichnen. Federführend<br />
waren die sportbegeisterten<br />
Gebrüder Riegel. Paul und Hans hatten<br />
das Federball-Spiel in Dänemark kennen<br />
und schätzen gelernt. Zwei Jahre<br />
spielte und trainierte man, ehe 1951 die<br />
Gründung des ersten Deutschen Badminton-Clubs<br />
(1. DBC) <strong>Bonn</strong> in der Bergstraße<br />
anstand. Alle Impulse für diesen<br />
Sport in Deutschland sollten in Zukunft<br />
aus <strong>Bonn</strong> kommen.<br />
In der Gründungsversammlung am<br />
14. September 1951 waren gleich so<br />
66 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
viele Badminton-Freunde anwesend,<br />
dass sofort eine Damen- und eine Herrenmannschaft<br />
aufgestellt werden<br />
konnten. Und schon 14 Tage später<br />
trat der 1. DBC <strong>Bonn</strong> mit großem<br />
Erfolg an die Öffentlichkeit. In Clausthal-Zellerfeld<br />
wurde eine deutschenglische<br />
Kombination „an die Wand<br />
gespielt“ Die Herren gewannen 10:0,<br />
die Damen 5:0.<br />
Neben der Turnhalle der Clara-Schumann-Schule<br />
war vor allem der neu<br />
erbaute Festsaal Kemp Austragungsort<br />
vieler Turniere. Doch mit der Zeit<br />
waren die Bedingungen nicht mehr<br />
zeitgemäß. Die rettende Idee, und<br />
eine revolutionierende zugleich, hatte<br />
Dr. Hans Riegel: Auf eigenem Grund<br />
und Boden baute er eine Sporthalle,<br />
die erste reine Badminton-Halle<br />
Deutschlands. Am Langwartweg entstand<br />
die 540 Quadratmeter große<br />
Sportstätte.<br />
Mit dem Gewinn der deutschen Einzelmeisterschaft<br />
begann Hans Walbrück<br />
die tolle Serie <strong>Bonn</strong>er Titelträger. Als in<br />
der Spielzeit 1956/57 erstmals eine<br />
Deutsche Mannschaftsmeisterschaft<br />
ausgetragen wurde, schmückte sich<br />
der 1. DBC auch mit diesem Titel. Die<br />
Überlegenheit der <strong>Bonn</strong>er Spieler<br />
drückt am besten die Tatsche aus, dass<br />
Die erste Sportstätte, die ausschließlich für Badminton errichtet wurde, steht heute immer noch in Kessenich auf dem<br />
Haribo-Gelände. Foto: Ronald Friese
Der junge Dr. Hans Riegel in seiner<br />
aktiven Zeit. Foto: Ronald Friese<br />
beim Thomas-Pokal-Spiel Deutschland<br />
– England im November 1954 ausschließlich<br />
Aktive des 1. DBC <strong>Bonn</strong> die<br />
deutschen Farben vertraten.<br />
Eigentlich waren es Betriebssportler,<br />
die den Badminton-Sport auf der<br />
rechten Rheinseite hoffähig machten.<br />
Angestellte der Firma Marquardt<br />
betrieben ihren Ausgleichssport derart<br />
intensiv, dass sie sich entschlossen,<br />
einen selbstständigen Badminton-Club<br />
zu gründen. Fast 50 Interessierte<br />
trafen sich am 20. September<br />
1955 im Musikraum der Realschule<br />
und gründeten den 1. BC Beuel. Schon<br />
im Folgejahr wurde die erstmalige<br />
Teilnahme am Verbandsspielbetrieb<br />
mit dem Aufstieg in die Landesliga<br />
gekrönt, ein Jahr später spielte man<br />
schon in der Oberliga.<br />
Den ersten ganz großen Erfolg schaffte<br />
die 1. Seniorenmannschaft 1964<br />
mit dem Gewinn der Westdeutschen<br />
Mannschaftsmeisterschaft. 1969,<br />
1970, und 1971 wurde in der Oberliga<br />
West jeweils der zweite Platz erreicht.<br />
Mit dem Gewinn der Landes-Vizemeisterschaft<br />
1971 qualifizierte man sich<br />
gleichzeitig für die neue Bundesliga.<br />
Aus der Oberligamannschaft blieben<br />
für die Bundesliga nur noch drei<br />
Aktive erhalten: Marieluise Zizmann-<br />
Wackerow, Roland Maywald und<br />
Alfred Kreuzberg. Doch „Alt und<br />
Jung“ harmonierten prächtig. Fünfmal<br />
(1972-1976) wurden die Rechtsrheinischen<br />
Deutscher Vizemeister. Die gute<br />
Jugendarbeit dokumentieren 13 Deutsche<br />
Meisterschaften in vier Jahren.<br />
Marieluise Zizmann-Wackerow war<br />
ein Aushängeschild der Beueler:<br />
1968, 1970 und 1972 wurde sie jeweils<br />
Vize-Europameisterin. Ganz oben auf<br />
dem Treppchen stand auch Roland<br />
Maywald. Zusammen mit Willi Braun<br />
wurde er 1972 und 1974 Europameister<br />
im Doppel, im Mixed fügte er<br />
zusammen mit Brigitte Steden 1975<br />
sogar die Vize-Weltmeisterschaft hinzu.<br />
So kurios es klingen mag, wahr ist es<br />
doch: Für zwei Deutsche Mannschaftstitel<br />
ist eigentlich das Finanzamt<br />
verantwortlich. Als angesichts<br />
der Körperschaftssteuerprüfung die<br />
Gefahr bestand, dass die sorgsam<br />
gehütete Rücklagenbildung der Beueler<br />
als steuerschädlich angesehen<br />
und die Gemeinnützigkeit in Frage<br />
gestellt werden könnte, musste der<br />
Club auf den Markt gehen. Man<br />
sicherte sich die Dienste des britischen<br />
Ranglistenspielers Garry Scott,<br />
BADMINTON<br />
und dessen Fahrt- und Aufenthaltskosten<br />
reduzierten die Rücklagen<br />
„angemessen“. Die Folge: 1981 und<br />
1982 ging die Deutsche Meisterschaft<br />
wieder ins Rechtsrheinische.<br />
Beuel blieb bis in das neue Jahrtausend<br />
einer der erfolgreichsten Clubs<br />
in der Bundesrepublik. Im Mai 2008<br />
stand der Verein erneut im Finale um<br />
die deutsche Meisterschaft. Nach<br />
einer 2:6-Niederlage im Hinspiel in<br />
Saarbrücken büßte der 1. BC Beuel<br />
auch vor heimischem Publikum drei<br />
Punkte ein und musste damit den<br />
Meistertitel dem 1. BC Bischmisheim<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
67
BADMINTON<br />
überlassen. Trainer Marc Hennes gab<br />
sich gefasst: „Natürlich ist es enttäuschend,<br />
nach einer Saison, in der man<br />
Tabellenerster wird, ein Finale so zu<br />
verlieren. Unseren Spielern stecken<br />
die lange Saison und die Olympia-<br />
Qualifikation in den Knochen, das hat<br />
man jetzt deutlich gesehen.“ Mit Birgit<br />
Overzier, Marc Zwiebler und dem<br />
Finnen Ville Lang haben sich gleich<br />
drei Teammitglieder für die Olympischen<br />
Spiele in Peking qualifiziert,<br />
was in Beuel dann doch noch Freudentaumel<br />
auslöste. GA<br />
Foto: Ronald Friese<br />
Foto: Ronald Friese<br />
68 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.
DHB wurde im Königshof gegründet<br />
<strong>Bonn</strong>er Sportler waren Pioniere des<br />
deutschen Hockeysportes. 1901<br />
wurde in Hamburg der erste deutsche<br />
Hockeyclub gegründet, zwei Jahre<br />
später nahm der <strong>Bonn</strong>er Hockeyclub<br />
den Spielbetrieb auf. Im Januar 1909<br />
fand in <strong>Bonn</strong> das erste internationale<br />
Hockeyturnier statt, bei dem nicht nur<br />
der <strong>Bonn</strong>er HC, sondern auch die<br />
deutsche Nationalmannschaft mit<br />
den <strong>Bonn</strong>ern Albert Brewer, F.<br />
Schmitz und Marx antrat. Der 1884 in<br />
<strong>Bonn</strong> geborene Brewer war in den<br />
ersten Jahren dieses Jahrhunderts<br />
vielleicht der beste deutsche Torhüter.<br />
1909 wurde im Hotel Royal, dem<br />
heutigen Königshof, auch der Deutsche<br />
Hockey-Bund (DHB) aus der<br />
Taufe gehoben. Es war vor allem ein<br />
Verdienst des <strong>Bonn</strong>ers Brewer, der<br />
HOCKEY<br />
die Anregung zur Verbandsgründung<br />
gegeben hatte und in den Vorstand<br />
gewählt wurde.<br />
Zu diesem Zeitpunkt wurde in <strong>Bonn</strong><br />
auch schon Damenhockey gespielt.<br />
Einige sportbegeisterte Töchter verständnisvoller<br />
Eltern trainierten eifrig<br />
auf dem Venusberg und traten in<br />
einem mit Herren gemischten Team<br />
Rassige Spielszenen gab es 1994 beim Länderspiel zwischen Frankreich und Deutschland im Rahmen der Europameisterschaft<br />
in der Hardtberghalle. Foto: Ronald Friese xxxxxxxxxxxxxx<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
69
HOCKEY<br />
Gewinner des Silberschildes war der <strong>Bonn</strong>er HC 1911 und 1913. Hier die siegreiche Mannschaft von 1911. Fotos: Archiv des<br />
General-Anzeigers<br />
zu Wettspielen auf der Hofgartenwiese<br />
an (1902). Wenn auch der Damenhockey-Sport<br />
vor dem Ersten Weltkrieg<br />
mehr ein geselliges denn ein<br />
sportliches Ereignis war, so brachte<br />
es der <strong>Bonn</strong>er HC immerhin fertig, mit<br />
zwei Damenmannschaften in den Jahren<br />
von 1906 bis zum Kriegsausbruch<br />
aufzuwarten, die Clubkämpfe gegen<br />
Kölner und Düsseldorfer Damenmannschaften<br />
austrugen.<br />
Durch die Gründung des DHB erlebte<br />
der deutsche Hockeysport einen starken<br />
Aufschwung. Frankfurt 1880 stiftete<br />
den „Silberschild“, die wertvollste<br />
Trophäe des deutschen Hockeysports,<br />
die bis 1913 von Vereinsmannschaften<br />
als Wanderpreis ausgespielt<br />
wurde. 1911 und 1913 eroberte der<br />
<strong>Bonn</strong>er HC den Silberschild.<br />
Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges<br />
hatten die <strong>Bonn</strong>er Hockey-<br />
70 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
spieler ihre erste Glanzzeit. 1914 war<br />
der <strong>Bonn</strong>er HC Trainingspartner der<br />
Nationalmannschaft, die auf dem<br />
Weg nach England war und dort<br />
bemerkenswerte Erfolge feierte. Das<br />
6:0 der <strong>Bonn</strong>er unterstreicht die<br />
Spielstärke des damaligen BHC.<br />
Die Fusion zwischen dem <strong>Bonn</strong>er HC<br />
und dem <strong>Bonn</strong>er Lawn-Tennis-Club –<br />
man nannte sich nun <strong>Bonn</strong>er Tennisund<br />
Hockey-Verein – brachte nach<br />
dem Ersten Weltkrieg die zweite<br />
Glanzphase im <strong>Bonn</strong>er Hockey. Zwischen<br />
1924 und 1926 war der BTHV<br />
ununterbrochen Rheinischer Meister<br />
und neben Etuf Essen, HC Düsseldorf<br />
und Rot-Weiß Köln führend in<br />
Deutschland.<br />
Und der BTHV bekam Konkurrenz in<br />
der eigenen Stadt. 1920 wurde die<br />
Hockey-Abteilung des „akademischen<br />
Sportklubs im <strong>Bonn</strong>er FV“ gegründet.<br />
Da man später auch Nichtakademiker<br />
aufnahm, änderte man den Namen in<br />
Hockey-Abteilung im BFV.<br />
Auch hier entstand bereits 1921 eine<br />
Damen-Abteilung. Als sich Ende Juli<br />
1949 die Fußball-Elf des BFV dem Vertragsspielertum<br />
zuwandte, trat die<br />
Abteilung geschlossen aus. Unter<br />
dem Namen „HTC Schwarz-Weiß<br />
<strong>Bonn</strong>“ machte man sich am 1 August<br />
1949 selbstständig.<br />
Leistungsstärker blieb jedoch der<br />
<strong>Bonn</strong>er THV, dessen Entwicklung eng<br />
mit seinem langjährigen Präsidenten<br />
Eberhard Nöller verbunden ist. Er war<br />
beteiligt, als sich der Club 1946 nach<br />
Wiederherstellung der zerstörten Tennis-<br />
und Hockeyplätze neu konstituierte,<br />
und in seine Amtszeit fiel der<br />
Umzug vom Sträßchensweg ins Wasserland.<br />
GA
Der Siegeszug war nicht zu stoppen<br />
Ausgerechnet vom <strong>Bonn</strong>er Eisclub<br />
wurde um die Jahrhundertwende das<br />
„Internationale“, eines der bekanntesten<br />
Tennis-Turniere in Deutschland,<br />
ausgerichtet. Das Engagement<br />
von Bankier Oskar Simon und der in<br />
<strong>Bonn</strong> lebenden Kaiser-Schwester<br />
Prinzessin Victoria zu Schaumburg-<br />
Lippe hatten den Eisclub mit über<br />
20 Plätzen an der Reuterstraße zur<br />
rheinischen Tennishochburg werden<br />
lassen. Als die Meisterschaften 1914<br />
zum letzten Mal ausgetragen wurden,<br />
waren 400 Aktive am Start. Im<br />
Herren-Finale besiegte der Frankfurter<br />
Oskar Kreuzer Lokalmatador Otto<br />
Froitzheim. Als Student der Rechte<br />
hatte sich der gebürtige Straßburger<br />
im Wintersemester 1903 an der<br />
<strong>Bonn</strong>er Uni eingeschrieben und sich<br />
wie sein Vater dem Corps Teutonia<br />
angeschlossen. 1904 gewann er in<br />
Wiesbaden sein erstes großes internationales<br />
Turnier. Er entwickelte<br />
sich zu einem der besten deutschen<br />
Spieler, sicherte sich elf Meisterschaften,<br />
kam beim Daviscup zum<br />
Einsatz und gewann 1908 die Silbermedaille<br />
bei den Olympischen Spielen<br />
in London.<br />
Wurden die „Internationalen“ zunächst<br />
vom <strong>Bonn</strong>er Eisclub durchgeführt,<br />
übernahm der <strong>Bonn</strong>er Lawn-<br />
Tennis-Verein bald die Organisation.<br />
Der 1905 gegründete Club verband<br />
sich 1919 mit dem <strong>Bonn</strong>er Hockey-<br />
Club zum <strong>Bonn</strong>er Tennis-und Hockeyverein<br />
(BTHV).<br />
TENNIS<br />
Ein Jahr später wurde der Grundstein<br />
zum zweiten Großverein gelegt. Im<br />
<strong>Bonn</strong>er Fußball-Verein bildete sich<br />
eine eigene Tennis-Abteilung. Als<br />
die Kicker sich 1949 dem damals<br />
verteufelten Profifußball zuwendeten,<br />
kam es zur Absplitterung und<br />
Neugründung als HTC Schwarz-Weiß<br />
<strong>Bonn</strong>.<br />
Ihre erfolgreichste Zeit hatten die<br />
Schwarz-Weißen in den 60er Jahren.<br />
Höhepunkt war der Titelgewinn der<br />
Herren um Daviscup Spieler Bernd<br />
Weinmann, die sich 1966 überraschend<br />
die Deutsche Meisterschaft<br />
sicherten. Die Vorentscheidung<br />
gelang dem HTC im ersten Spiel der<br />
Endrunde in Berlin. Mit 6:3, 6:8, 6:4<br />
bezwangen die <strong>Bonn</strong>er den als<br />
Sonderklasse im Tennisverband Rheinbezirk war der HTC Schwarz-Weiß <strong>Bonn</strong> 1971. Von links: Walter Rhode, Max Huenges,<br />
Alex Kurucz, Jürgen Faßbender, Rolli Kaiser, Dr. Rainer Janson, Axel Geuer und Walter Klee. Foto: Ronald Friese<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
71
72<br />
BOXEN<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
unschlagbar eingeschätzten Abonnementgewinner<br />
RW Berlin. Der DTC<br />
Hannover konnte den Siegeszug<br />
dann auch nicht mehr aufhalten und<br />
unterlag mit 4:5. Im folgenden Jahr<br />
richtete Schwarz-Weiß auf der Anlage<br />
an der Reuterstraße die Endrunde<br />
der Deutschen Meisterschaft aus,<br />
musste sich aber mit dem vierten<br />
Platz begnügen.<br />
1972 war der HTC erneut Ausrichter<br />
der Endrunde. Die <strong>Bonn</strong>er, die in<br />
Gruppe B der neu gegründeten<br />
Bundesliga den 1. Platz belegt hatten,<br />
erreichten auf ihrer neuen Anlage in<br />
Ippendorf zwar das Endspiel, waren<br />
vor 1000 Zuschauern gegen RW Berlin<br />
beim 2 :7 allerdings chancenlos. Den<br />
einzigen Einzelpunkt sicherte sich Jürgen<br />
Fassbender, der Christian Kuhnke<br />
mit 5:7, 6:3, 6:1 bezwang. Mit dem<br />
Weggang des Daviscup-Spielers und<br />
mehrmaligen Deutschen Meisters<br />
Fassbender endete auch die erfolgreiche<br />
Ära des HTC. Nach dem Bundesliga-Abstieg<br />
1975 spielte er noch<br />
einige Jahre in der Regionalliga, ehe er<br />
wie auch der BTHV in der Drittklassigkeit<br />
versank.<br />
GA<br />
Elf deutsche Meisterschaften und als<br />
Höhepunkt olympisches Silber in<br />
London: Otto Froitzheim
BOXEN<br />
Die rheinische Bulldogge aus Buschdorf<br />
Im Katholischen Vereinshaus an der<br />
Josefstraße hatten <strong>Bonn</strong>er Boxer ihre<br />
erste Heimstatt. Dort kam es 1910 zu<br />
„boxerischen Auseinandersetzungen“,<br />
wohl mehr Kirmes-Gaudi als harter<br />
Schlagabtausch. Boxen war verpönt.<br />
Igittigitt. Bei den Olympischen Spielen<br />
in London nahmen 1908 ausschließlich<br />
britische Boxer teil. Erst 1919 konstituierte<br />
sich der Deutsche Amateur-Boxverband<br />
in Berlin. 1921 wurde der <strong>Bonn</strong>er<br />
Box- und Fecht-Club (ab 1930 BBC)<br />
aus der Taufe gehoben. Im heutigen<br />
Westfälischen Hof an der Theaterstraße<br />
gegenüber der Beethovenhalle gab<br />
es den ersten richtigen Kampftag<br />
gegen eine Stadtauswahl aus Koblenz.<br />
Die geladene <strong>Bonn</strong>er Prominenz saß in<br />
schwarzem Anzug mit Fliege am Ring.<br />
„Es war einfach feierlich“, beschreibt<br />
GA-Chronist Josef Holthausen das<br />
gesellschaftliche Ereignis.<br />
<strong>Bonn</strong>s bekanntester Boxer war Adolf<br />
Heuser aus Buschdorf. 30 Amateurkämpfe<br />
absolvierte er für den BBC im<br />
Halbschwergewicht. Vier Jahre blieb<br />
die „rheinische Bulldogge“ als Profi<br />
ungeschlagen. Sein unerbittlicher<br />
Kampfstil machte Heuser schnell für<br />
den amerikanischen Markt interessant.<br />
1931 wurde der Sprung über den großen<br />
Teich gewagt. Reihenweise knockte<br />
Heuser seine Gegner aus. Im April<br />
Adolf Heuser erlitt seinen ersten klassischen<br />
K. o. gegen den großen Max<br />
Schmeling. Bild: Archiv des General-<br />
Anzeigers<br />
1933 dann endlich der WM-Kampf<br />
gegen Maxie Rosenbloom. Nach<br />
14 schweren Kämpfen in 15 Monaten<br />
hatte Heuser viel Substanz verloren. Im<br />
New Yorker Madison Square Garden<br />
gab es nach 15 Runden die erste Punktniederlage.<br />
Es folgten Europatitel und<br />
1937 der Welttitel der nicht anerkannten<br />
Internationalen Boxing Union im<br />
Schwergewicht. Im Juli 1939 kam die<br />
Chance gegen den großen Max Schmeling.<br />
Nach nur hundert Sekunden lag<br />
Heuser am Boden. Es war für ihn sein<br />
erster klassischer K.o. 1949 war<br />
Schluss nach 125 Profikämpfen. Adolf<br />
Heuser verstarb am 5. September 1988<br />
im <strong>Bonn</strong>er Landeskrankenhaus.<br />
1928 erhielt der BBC mit der Boxabteilung<br />
des Post SV <strong>Bonn</strong> einen großen<br />
Konkurrenten mit einer der kampfstärksten<br />
Staffeln Deutschlands. Gotthard<br />
Stein wurde 1935 Deutscher<br />
Meister im Mittelgewicht und Peter<br />
Vosen Vizemeister im Schwergewicht.<br />
Mit der Betriebssportgemeinschaft<br />
der Leichtmetall-Werke gab es Anfang<br />
der dreißiger Jahre drei Boxclubs in<br />
<strong>Bonn</strong>, deren Lokalkämpfe sportliche<br />
Delikatessen waren.<br />
Den Zweiten Weltkrieg überlebte allerdings<br />
nur der BBC. Im Metropol-Kino<br />
und in Zirkusarenen wurden die ersten<br />
Kämpfe ausgetragen. International<br />
war der BBC damals stark gefragt.<br />
1952 boxte eine Londoner Stadtauswahl<br />
in <strong>Bonn</strong>. 1953 kam eine Mannschaft<br />
aus der DDR in die Bundeshauptstadt.<br />
Heute kaum zu glauben,<br />
dass die <strong>Bonn</strong>er 18:2 gewannen. 1954<br />
folgten ein Kampf gegen eine US-Auswahl<br />
und ein 11:9 gegen Amsterdam.<br />
Das Fernsehen war live dabei. Es<br />
waren die goldenen Jahrzehnte des<br />
Vorsitzenden Theo Wenz. GA<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
73
FECHTEN<br />
Der OFC <strong>Bonn</strong> begann im Untergrund<br />
Wird man nach dem international<br />
bekanntesten <strong>Bonn</strong>er Sportverein<br />
gefragt, kann es eigentlich nur eine<br />
Antwort geben: Olympischer Fecht-<br />
Club (OFC) <strong>Bonn</strong>. Seine Fechter wurden<br />
Olympiasieger und Weltmeister,<br />
errangen bei Weltcupturnieren Siege<br />
und hervorragende Platzierungen und<br />
sammelten weit über 200 deutsche<br />
Meistertitel.<br />
Die Gründungsgeschichte des 1949<br />
entstandenen Vereins begann mit der<br />
Verurteilung von drei fechtbegeisterten<br />
Schülern durch das Militärgericht.<br />
Trotz des Fechtverbots durch die Alliierten<br />
war in <strong>Bonn</strong> nämlich heimlich<br />
gefochten worden, hatte es seit 1947<br />
eine „Fechtsportgemeinschaft <strong>Bonn</strong><br />
gegeben. Im heutigen Bundeshaus,<br />
damals Pädagogische Akademie, wurden<br />
vor Zuschauern die Clubmeister-<br />
74 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
schaften ausgetragen. Jene „Untergrundfechter“,<br />
unter ihnen der langjährige<br />
OFC- und Fechterbund-Präsident<br />
Dr. Elmar Waterloh, transportierten<br />
ihre zerlegten Waffen versteckt in<br />
Jackenärmeln und Hosentaschen.<br />
Dennoch wurden drei erwischt und<br />
von dem britischen Militärgericht zu<br />
20 Mark Geldstrafe verurteilt.<br />
„Fechten“, so Staatsanwalt Captain<br />
Cavell in seinem Plädoyer, „hat immer<br />
zum Universitätsleben in Deutschland<br />
gehört. Es ist jedoch nicht mehr angebracht,<br />
diesen Sport auszuüben. Ein<br />
warnendes Beispiel muss zeigen, dass<br />
selbst Sportfechten zu den verbotenen<br />
Sportarten in Deutschland gehört!“<br />
Die Verurteilten und ihre „Mitverschwörer“<br />
störte die Verurteilung<br />
jedoch wenig. Sie gründeten am<br />
12. November 1949 den OFC <strong>Bonn</strong>. Erst<br />
am 27. November wurde im Kleinen<br />
Plenarsaal des Bundesrates der Deutsche<br />
Fechterbund wiedergegründet.<br />
157 Clubs hatten ihre Delegierten entsandt.<br />
Nach dem Festakt am Vormittag<br />
fand nachmittags im Studentenhaus<br />
das erste öffentliche Fest-Schau-<br />
Turnier nach dem Kriege statt, das in<br />
der Begegnung zwischen dem Deutschen<br />
Meister Erwin Casmir und dem<br />
italienischen Titelträger Perno seinen<br />
Höhepunkt hatte. Wohlgemerkt: In<br />
dieser Zeit war das Fechten noch<br />
immer offiziell verboten. Erst ein halbes<br />
Jahr später hob die Alliierte Hohe<br />
Kommission das Fechtverbot auf.<br />
Wie beliebt das Fechten schon vor<br />
dem Zweiten Weltkrieg war, zeigen die<br />
Kämpfe zwischen den Universitäten<br />
von <strong>Bonn</strong> und Oxford. Der letzte vor<br />
Das Mekka der Fechter war in den ersten Nachkriegsjahren die Mensa an der Nassestraße. Foto: Archiv des General-<br />
Anzeigers
FECHTEN<br />
Spalier für einen Florett-Weltmeister: Alexander Koch auf dem Weg zum Eintrag ins Goldene Buch. Foto: Ronald Friese<br />
Grenzenloser Jubel bei der Florett-DM 1986 im Sportpark Nord: Klaus Reichert und Thomas Theuerkauff im Finale gegen<br />
Tauberbischofsheim. Foto: Ronald Friese<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
75
FECHTEN<br />
dem Weltkrieg wurde am 9. Dezember<br />
1936 in der völlig überfüllten Mensa<br />
vor 1200 Zuschauern ausgetragen.<br />
Der Aufstieg des OFC <strong>Bonn</strong> nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg vollzog sich rasch<br />
und führte nach einer kurzen Aufbauphase<br />
bereits 1951 zur ersten Deutschen<br />
Juniorenmeisterschaft. Vier<br />
Jahre später gelang der Durchbruch<br />
auch bei den Senioren: Die Florettund<br />
Säbelmannschaften entthronten<br />
die alten Meister und dominierten<br />
fünf Jahre lang.<br />
<strong>Bonn</strong> war die Hochburg des deutschen<br />
Fechtsports geworden. Sportler wie<br />
Gudrun und Jürgen Theuerkauff, Dr.<br />
Elmar Waterloh und Eberhard Mehl<br />
stehen für diese Zeit. Länderkämpfe in<br />
<strong>Bonn</strong> vor über 1000 Zuschauern gegen<br />
Ungarn, Frankreich, Italien und England<br />
waren keine Seltenheit. Bei den<br />
Olympischen Spielen 1960 gewannen<br />
Jürgen Theuerkauff und Eberhard Mehl<br />
mit der Florettmannschaft die Silbermedaille,<br />
Gudrun Theuerkauff wurde<br />
mit dem Florett-Team Vierte.<br />
Die sportliche Krönung erlebte der<br />
Club am 17. November 1961. Bundespräsident<br />
Wilhelm Lübke verlieh dem<br />
OFC <strong>Bonn</strong> als erstem deutschem Verein<br />
das Silberne Lorbeerblatt.<br />
Nach dem wenig erfolgreichen<br />
Abschneiden des deutschen Sports<br />
bei den Olympischen Spielen in Sydney<br />
reduzierte das Bundesinnenministerium<br />
die Anzahl der Bundesleistungszentren<br />
– und, weil Fechten mit<br />
dem Olympiastützpunkt Tauberbischofsheim<br />
überproportional gefördert<br />
wurde, wurde das <strong>Bonn</strong>er Zentrum<br />
zum Bundesstützpunkt zurückgestuft.<br />
Den Leistungen tat dies in <strong>Bonn</strong> keinen<br />
Abbruch. Weiterhin kommen die<br />
besten deutschen Degenfechterinnen<br />
und Florettfechter aus dem Nordpark<br />
– nicht zuletzt ein Verdienst der beiden<br />
Bundestrainer Manfred Kaspar<br />
und Uli Schreck.<br />
So wird Claudia Bokel vom OFC <strong>Bonn</strong><br />
2001 in Nimes (Frankreich) Einzel-<br />
76 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
Weltmeisterin, 2003 wechselt sie<br />
nach Tauberbischofsheim. Dafür<br />
kommt 2004 Imke Duplitzer aus Heidenheim<br />
zum OFC. Sie steht bis heute<br />
für zahllose Weltcupsiege und regelmäßige<br />
Silber- und Bronzemedaillen<br />
auf Weltmeisterschaften und bei den<br />
Olympischen Spielen 2004 in Athen.<br />
Ohnehin trainiert heute mit Duplitzer,<br />
Britta Heidemann und Marijana Markovic<br />
(beide Leverkusen) die komplette<br />
Nationalmannschaft in der Bundesstadt.<br />
Gleiches gilt für das Florettteam, in<br />
dem mit dem für Koblenz fechtenden<br />
Peter Joppich (Einzel-Weltmeister<br />
2003, 2006 und 2007) und dem <strong>Bonn</strong>er<br />
Benjamin Kleibrink zwei Ausnahmefechter<br />
stehen. Mit seinen 22 Jahren<br />
sollte Kleibrink in den kommenden<br />
Jahren dafür sorgen können, dass<br />
beim OFC Florettfechten auf höchstem<br />
Niveau garantiert ist – sofern der<br />
finanziell stets klamme OFC <strong>Bonn</strong> sein<br />
Aushängeschild halten kann.<br />
GA<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx
TURNEN<br />
BTV: Der Ahnherr der Sportbewegung<br />
„Wenn alle deutschen Turner so treu<br />
zum Kaiser stehn, wie wir am Rheinesstrande.<br />
Wird Deutschland nie vergehen.“<br />
Das posaunte der Präsident<br />
des Turnerbundes <strong>Bonn</strong>-West beim<br />
Stiftungsfest am 10. Mai 1908 in den<br />
Saal. Sieben andere Vereine beteiligten<br />
sich an Parademarsch, Preisturnen,<br />
Ringen und Stemmen. Den Verein<br />
gibt es nicht mehr und die alten Treueschwüre<br />
auch nicht. Die Turnvereine<br />
als Vorreiter des heutigen Sports<br />
haben wohl die radikalsten Veränderungen<br />
im Verlauf der letzten 100<br />
Jahre bewältigt, auch in <strong>Bonn</strong>.<br />
Ahnherr der hiesigen Sportbewegung<br />
ist der <strong>Bonn</strong>er Turn-Verein, der am<br />
7. Mai 1860 gegründet wurde. Vereine<br />
wie ATV, BFV oder Tura sind aus ihm<br />
hervorgegangen. Auch bei der Gründung<br />
des Siegburger TV, des TV Eitorf<br />
oder des TV Euskirchen stand er Pate.<br />
Die Freiwillige Feuerwehr <strong>Bonn</strong>s hat<br />
im BTV ihren Ursprung, die Turner-<br />
Feuerwehr war der Vorreiter.<br />
Geturnt wurde in den Sälen der unterschiedlichsten<br />
Kneipen, mit heutigen<br />
Standards nicht im geringsten vergleichbar.<br />
„Wiesengelände oder<br />
Lehmboden waren gang und gäbe,<br />
wie an der Kölnstraße (heute Bildungsanstalten),<br />
im Mohrengräbchen<br />
(gegenüber dem Bahnhof) und der<br />
Wiese an der Ecke Poppelsdorfer<br />
Allee/Kronprinzenstraße“, so Josef<br />
Holthausen in seiner <strong>Bonn</strong>er Sportgeschichte.<br />
1880 bezog der BTV seine<br />
erste Turnhalle an der Kapuzinerstraße.<br />
1899 entstand die Doppelturnhalle<br />
an der Hundsgasse.<br />
Vor dem BTV war 1848 schon der Akademische<br />
Turnverein gegründet worden,<br />
nachdem 1844 an der Universität<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx xxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
77
TURNEN<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
eine Turnanstalt eingerichtet und ein<br />
Turnlehrer angestellt worden war. Der<br />
Akademische Turnverein existierte<br />
allerdings nur zehn Jahre.<br />
Auf eine lange Geschichte kann der<br />
Godesberger Turnverein zurückblicken.<br />
Am 21. Januar 1988 fanden sich<br />
im heutigen „Aennchen“, damals<br />
noch Gastwirtschaft Schumacher,<br />
etwa 20 Godesberger zusammen und<br />
gründeten den GTV, der heute immer<br />
noch einer größten Vereine der<br />
Bundesstadt ist. Auch der GTV hatte<br />
einen in den 60er Jahren gegründeten<br />
Vorgänger, der aber mit Ende des Krieges<br />
1871 erlosch.. Erster Vereinshöhepunkt<br />
für den GTV war 1895 das Gauturnfest,<br />
das rund 1000 Turner nach<br />
Godesberg führte. Noch bedeutender<br />
sollte das zweite Gauturnfest werden,<br />
an dem sich im Jahr 1906 nicht weniger<br />
als 3000 Turner beteiligten.<br />
1894 war in <strong>Bonn</strong> mit dem Allgemeinen<br />
Turnverein ein zweiter Stadtverein<br />
gegründet worden, vorwiegend von<br />
„Abtrünnigen“ des BTV. Als Übungsstätte<br />
diente zunächst ein Raum in der<br />
Gaststätte „Zur Reichshalle“ in der<br />
Maxstraße, dort, wo heute das Stadt-<br />
78 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
haus steht. 65 ATV-er nahmen bereits<br />
ein Jahr später am Gauturnfest in Bad<br />
Godesberg teil. 1896 wurde der<br />
Übungsbetrieb in die neue Halle der<br />
Stiftsschule verlegt. Zum Vereinslokal<br />
wurde die Gaststätte „Im Bären“ in<br />
der Acherstraße auserkoren, die es<br />
heute nicht mehr gibt.<br />
Die turnerische Entwicklung nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg wurde von Fritz<br />
Schellmann geprägt, der auch im<br />
Turngau und im Zweckverband für Leibesübungen<br />
Verantwortung übernahm.<br />
Seine Ära brachte bis 1956 die<br />
Wiederaufnahme des Ringtennisspiels,<br />
die Gründung der ersten Hausfrauen-Abteilung,<br />
den Übertritt des<br />
Kanu-Clubs Wiking und die Geburt<br />
einer Badminton-Abteilung. Prellball,<br />
für viele Zeitgenossen sicher ziemlich<br />
exotisch, wird heute noch im ATV<br />
gespielt. Ein Jugendteam konnte sich<br />
erst kürzlich als westdeutscher Meister<br />
für die Qualifikation zur deutschen<br />
Meisterschaft durchsetzen.<br />
Heute ist sportlich gesehen Bescheidenheit<br />
bei den Turnern eine Zier. „Mit<br />
über fünf Millionen Mitgliedern in über<br />
20000 Vereinen gehört der Deutsche<br />
Turnerbund (DTB) zu den größten<br />
Sportverbänden Deutschlands. Dennoch<br />
nehmen immer weniger Turnvereine<br />
am Ligabetrieb für Gerätturnen<br />
teil. Anders beim BTV“, heißt es auf<br />
der Homepage des ältesten noch existierenden<br />
<strong>Bonn</strong>er Sportvereins. Die<br />
Gründe für das Desinteresse an einer<br />
traditionellen olympischen Sportart<br />
sind vielfältig. Dass „Turnen und Sport<br />
nicht nur in der Kaiserzeit, sondern<br />
noch bis 1933 streng getrennte Sparten<br />
waren“ (<strong>Bonn</strong>s ehemaliger Stadtarchivar<br />
Dietrich Höroldt), weiß heute<br />
kaum noch jemand.<br />
Anfang 2008 berichtet der GA über<br />
eine knappe Niederlage des BTV<br />
gegen den KTV Ruhr-West. Dennoch:<br />
„Ein tolles Ergebnis für die <strong>Bonn</strong>er,<br />
die erstmals gegen einen der Großen<br />
der Rheinlandliga drei Gerätewertungen<br />
gewinnen konnten.“ Gerätturnen<br />
hat im neuen Jahrtausend in normalen<br />
Sportvereinen kaum noch Zukunft. Ein<br />
gewisser Stolz ist geblieben: „Mit den<br />
heutigen Anforderungen in der Rheinlandliga<br />
hätte man früher problemlos<br />
bei deutschen Meisterschaften turnen<br />
können“, so BTV-Trainer Manfred<br />
Thumser. GA
BASKETBALL<br />
Ameisenstaat der Baskets funktioniert<br />
Als am 14. Mai 1999 7.000 <strong>Bonn</strong>er auf<br />
dem Münsterplatz die zweite deutsche<br />
Vizemeisterschaft mit viel Musik<br />
und einem prächtigen Feuerwerk<br />
feiern, steht <strong>Bonn</strong>s Oberbürgermeisterin<br />
Bärbel Dieckmann vor einer<br />
neuen, großen Halle als Eistorte. Sie<br />
verspricht an diesem emotionsgeladenen<br />
Abend keine neue Halle, aber<br />
die Prüfung aller Wege, wie man<br />
dahin kommen könnte. Denn im Mai<br />
1999 standen die Basketballfans in<br />
einer 800 Meter langen Schlange, um<br />
eine der 3.500 Eintrittskarten für die<br />
Hardtberghalle zu ergattern. Das<br />
symbolisierte besser als alles andere<br />
die Bedürfnislage des Telekom Baskets<br />
<strong>Bonn</strong> e.V. und seiner vielen<br />
Anhänger. Dass die Baskets in einer<br />
spannenden Finalserie Alba Berlin<br />
mit 2:3 unterlegen waren, hatte auch<br />
sein Gutes: Denn die Meisterschaft<br />
hätte Europaliga bedeutet, und dann<br />
hätte man dem „Global player“ und<br />
Hauptsponsor Deutsche Telekom AG<br />
erklären müssen, dass Basketball-<br />
Europaliga mangels ausreichend großer<br />
Halle in der Sportstadt <strong>Bonn</strong> gar<br />
keine Zulassung bekommen hätte.<br />
Heute, im Sommer 2008, sieht die<br />
neue Telekom-Baskets-Halle ihrer Fertigstellung<br />
entgegen. Bis dahin war es<br />
seit 1999 ein langer, steiniger Weg.<br />
Aber er war kürzer als jener von den<br />
ersten Basketballteams in <strong>Bonn</strong> bis zu<br />
dem geschilderten Zwischengipfel am<br />
14. Mai 1999: Wer hätte es 1979 für<br />
möglich gehalten, dass einmal eine<br />
Randsportart wie Basketball in <strong>Bonn</strong><br />
den Münsterplatz füllen würde?<br />
Die Gründung des Basketballkreises<br />
<strong>Bonn</strong> datiert aus dem Jahre 1970. Ein<br />
Unikum, denn er reicht von Bad Münstereifel<br />
in der Eifel über Bad Honnef<br />
Groß war der Jubel auf dem Münsterplatz<br />
nach dem Gewinn der zweiten<br />
deutschen Vizemeisterschaft. Ein Bad<br />
in der Menge nehmen Derek Phelps<br />
und Arvid Kramer. Foto: Ronald Friese<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
79
BASKETBALL<br />
bis Eitorf oder<br />
Neunkirchen. So<br />
wurde er einer der<br />
größten Deutschlands.<br />
Aber es sind<br />
die Vereine, die<br />
eine Sportart in<br />
der Öffentlichkeit<br />
pushen – oder<br />
nicht. Im Basketballkreis<br />
<strong>Bonn</strong><br />
waren das<br />
zunächst der<br />
Godesberger TV<br />
(GTV), der Rhöndorfer<br />
TV und seit<br />
1973 auch der SC<br />
Fortuna <strong>Bonn</strong>.<br />
Im unmittelbaren<br />
<strong>Bonn</strong>er Stadtgebiet<br />
ist zunächst<br />
der GTV der unangefochtenePlatzhirsch.<br />
Unter Trainer<br />
Werner Otto, Studiendirektor an<br />
der Otto-Kühne-Schule, marschiert<br />
der GTV von der Bezirksliga bis in die<br />
Regionalliga (1980). Ottos Stab übernehmen<br />
Klaus Molkenthin und später<br />
Anton Feier, Lehrer am Aloisiuskolleg.<br />
Letzterer schafft 1986/87 den Aufstieg<br />
in die 2. Bundesliga und 1990 im<br />
Nachrückverfahren sogar den Erstliga-Aufstieg.<br />
1.500 Fans pilgern<br />
xxxxxxxxx xxxxxxxxxxx xxxxxxxxx xxxxxxxxx xxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxx xxxxxxxxxxxxx<br />
80 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
damals zum Basketball in den Sportpark<br />
Pennenfeld. Ein sportliches und,<br />
wie sich später herausstellt, wirtschaftliches<br />
Abenteuer. Der Basketball<br />
in der Universitätsstadt <strong>Bonn</strong> hat<br />
damals eine schwache wirtschaftliche<br />
Basis: eine Mischung aus Kleinsponsoren,<br />
Weihnachtsbaum- und Tankstellen-Blumen-Verkauf.<br />
Doch die<br />
eigentliche Basis sind Herzblut und<br />
Talent des Lebenskünstlers Feier, der<br />
dem Toyota-Werbespruch „Nichts ist<br />
unmöglich“ eine neue Dimension gibt.<br />
1991 ist der GTV wieder zweitklassig.<br />
Gleichzeitig ist in <strong>Bonn</strong>-Kessenich mit<br />
der Fortuna ein neuer Platzhirsch herangewachsen.<br />
Der Student Wolfgang<br />
Wiedlich hatte dort 1979 mit acht<br />
Schülern neu angefangen und 12 Jahre<br />
später gemeinsam mit Bernd Schulte<br />
zur Wißen einen Club mit 164 Aktiven<br />
reifen lassen. Das Herrenteam war in<br />
der 2. Kreisliga gestartet und inzwischen<br />
– „Mit Karacho durch die Klassen“<br />
(Basketball-Zeitung) – in der<br />
Regionalliga angekommen. Nachdem<br />
GTV und Fortuna 1989 das erste Basketball-Länderspiel<br />
(Deutschland –<br />
Israel) in <strong>Bonn</strong> veranstaltet hatten und<br />
sich näher kamen, meldete der General-Anzeiger<br />
1992 eine „Elefanten-<br />
Hochzeit“: Die Basketball-Abteilungen<br />
GTV und Fortuna fusionierten unter<br />
der Präsidentschaft des bisher vereinslosen<br />
Dr. Hans Braun zum BG <strong>Bonn</strong> 92<br />
e.V. – sportlich eine Macht, aber wirtschaftlich<br />
weiter schwächelnd.<br />
Erst der Einstieg der Deutschen Telekom<br />
weckte den schlummernden Riesen<br />
„Basketball“ in der Universitäts
stadt <strong>Bonn</strong>. Am 27. April 1995<br />
wurde der Telekom Baskets<br />
<strong>Bonn</strong> e.V. gegründet, in dem<br />
sich der männliche Leistungsbasketball<br />
konzentrierte.<br />
Bereits am 27. April 1996 war<br />
unter Cheftrainer Bruno Soce<br />
und Sport-Manager Arvid Kramer<br />
der Erstliga-Aufstieg perfekt.<br />
Es folgte der von Skeptikern<br />
als „Größenwahnsinn“<br />
kritisierte Umzug in den „Eiskeller“<br />
Hardtberghalle. Doch<br />
der ist schnell aufgetaut.<br />
Bereits in ihrer 1. Erstliga-Saison<br />
stürmen die Telekom Baskets<br />
1997 ins Finale und schreiben<br />
damit als Aufsteiger deutsche<br />
Basketballgeschichte. Die<br />
Begeisterung in <strong>Bonn</strong> kennt<br />
keine Grenzen. Gestern noch<br />
gegen Salzkotten, heute gegen<br />
Sevilla: Zwischen 1997 und<br />
2005 legen die Baskets mehr<br />
als 130.000 km kreuz und quer<br />
durch Europa zurück, darunter<br />
auch zu Zielen in Israel und in<br />
Russland hinter dem Ural.<br />
Als Baskets-Präsident Braun 1998<br />
überraschend im Alter von 58 Jahren<br />
stirbt, übernehmen Arvid Kramer und<br />
Wolfgang Wiedlich die Führung des<br />
Clubs. Kramer als Geschäftsführer der<br />
Baskets GmbH, die als wirtschaftlicher<br />
Träger für den Bundesliga-Spielbetrieb<br />
verantwortlich ist, und Wiedlich<br />
als Präsident des e.V., der heute<br />
rund 500 Kinder und Jugendliche in<br />
Sachen Basketball trimmt.<br />
Die Basketball-Begeisterung in <strong>Bonn</strong><br />
hat seit 1999 nicht nachgelassen. Und<br />
im Hintergrund gärt weiter das Hallenprojekt.<br />
Wiedlich hält es in dieser<br />
Angelegenheit mit Feier: Nichts ist<br />
unmöglich, aber 2004 verlässt Kramer,<br />
der Ex-NBA-Spieler (Denver Nuggets)<br />
und Sport-Manager, <strong>Bonn</strong> und kehrt in<br />
seine US-Heimat zurück. Das Team um<br />
Hans-Günter Roesberg (1. Vorsitzender),<br />
Michael Mager (Marketing/<br />
Medien) und Wiedlich bastelt unterdessen<br />
weiter am Zukunftsprojekt<br />
„Halle“. Der Baskets-Präsident hat sich<br />
in den Kopf gesetzt, seinen Club und<br />
die Fans nicht der „Knute eines Hallen-<br />
xxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx xxxxxxxxxx<br />
betreibers“ auszusetzen. Und er findet<br />
im Architekten Jan van Dorp einen<br />
visionären Mitstreiter. Im Stillen sammelt<br />
Wiedlich von 2000 bis 2006 rund<br />
zehn Millionen Euro Sponsorengelder<br />
und Zuschüsse. Als Medien, Fans und<br />
die Öffentlichkeit glauben, das Projekt<br />
sei still und leise ad acta gelegt worden,<br />
beginnen im Herbst 2006 auf dem<br />
Grundstück an der Autobahnausfahrt<br />
<strong>Bonn</strong>-Hardtberg die Bagger zu rollen,<br />
und alle reiben sich die Augen.<br />
20 Monate später ist aus der mutigen<br />
Vision eine Realität aus Stahl und<br />
Beton geworden: eine Haupthalle für<br />
6.100 Zuschauer, dazu ein Ausbildungszentrum<br />
für die 500 Kinder und<br />
Jugendlichen der Baskets. Der Telekom-Dome<br />
ist bundesweit das erste<br />
Hallenprojekt dieser Dimension in<br />
einer Randsportart. Als es in der Bauphase<br />
eng wird mit dem Geld, packen<br />
alle mit an. Bei strömendem Regen<br />
schieben die Fans Schubkarren übers<br />
Gelände, gefüllt mit Pflastersteinen,<br />
Sand und Schotter. Der so genannte<br />
Ameisenstaat der Baskets funktioniert<br />
. GA<br />
BASKETBALL<br />
Highlights<br />
1997, 1999 und 2001:<br />
Deutscher Vize-Meister<br />
2001 und 2002:<br />
Viertelfinale im Saporta-Cup<br />
(2001: Bologna/2002: Valencia)<br />
7. April 2000:<br />
Zuschauer-Europarekord (18.506)<br />
im Vereins-Basketball<br />
(Telekom Baskets <strong>Bonn</strong> –<br />
Alba Berlin)<br />
Januar 2007:<br />
Baubeginn der neuen Halle<br />
für 6.100 Zuschauer<br />
mit Ausbildungszentrum<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
81
BASKETBALL<br />
„Geschlechtertrennung“ unter dem Korb<br />
Mit der Gründung der Telekom Baskets<br />
1992 vollzog sich im <strong>Bonn</strong>er Basketball<br />
eine „Geschlechtertrennung“<br />
– die Männer spielten künftig bei den<br />
Baskets, die Damen gründeten die BG<br />
<strong>Bonn</strong> `92. In der Saison 1994/95<br />
begann die Zusammenarbeit mit dem<br />
in Bad Godesberg ansässigen Norman-Rentrop-Verlag<br />
(heute Verlag für<br />
die deutsche Wirtschaft). Und diese<br />
Unterstützung war von Erfolg gekrönt:<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
82 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
Der Weg führte aus der Regionalliga<br />
auf (fast) direktem Weg in die 1.<br />
Bundesliga. Höhepunkte der bisherigen<br />
BG-Geschichte: Die deutsche<br />
Vizemeisterschaft 2001/2002 und<br />
Platz drei im Deutschen Basketball-<br />
Pokal 2003.<br />
Untrennbar verbunden mit den Erfolgen<br />
sind zwei Spielerinnen. Die über<br />
400 fache kanadische Nationalspiele-<br />
rin Anna Stammberger, die ein Jahrzehnt<br />
lang die Geschicke des Vereins<br />
als Spielerin und Trainerin mitgestaltet<br />
hat, und Irina Minch, Olympiasiegerin<br />
und Vizeweltmeisterin mit Russlands<br />
Nationalteam, die zwischen<br />
1999 und 2004 in Bad Godesberg<br />
spielte. In der Saison 2004/2005<br />
konnte sich die BG Rentrop nicht mehr<br />
in der 1. Bundesliga halten und stieg<br />
in die 2. Liga ab. GA
Oben: xxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx<br />
Unten: xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx<br />
BASKETBALL<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
83
VOLLEYBALL<br />
In der Blütezeit europäische Spitze<br />
Den Weckruf der Sportart Volleyball<br />
erlebte die Bundesrepublik Deutschland<br />
während der Olympischen Spiele<br />
1972 in München. Zehntausende Deutsche<br />
konnten live oder am Bildschirm<br />
anschauen, wie attraktiv das Treiben<br />
am Netz ist und wollten es auch ausprobieren.<br />
Zu dem Zeitpunkt, als der<br />
Volleyball-Boom begann, war das Pritschen<br />
und Baggern in <strong>Bonn</strong> schon<br />
recht etabliert. 1963 hatte Magda Settegast<br />
mit Schülerinnen des Clara-<br />
Schumann-Gymnasiums die erste<br />
Frauenmannschaft gegründet, ein Jahr<br />
später folgte Eberhard Müller, der mit<br />
Leichtathleten die Volleyball-Abteilung<br />
des KTV Südstern <strong>Bonn</strong> eröffnete, der<br />
sich rasch an die nationale Spitze<br />
schmetterte: 1970 Meisterschaftsdritter<br />
hinter dem USC Münster und 1860<br />
München, 1972 Vizemeister in der so<br />
genannten Olympialiga.<br />
Der große Wurf gelang 1974. <strong>Bonn</strong>s<br />
beste Volleyballer waren mittlerweile<br />
zu den SSF <strong>Bonn</strong> übergetreten und<br />
gewannen vor heimischer Kulisse die<br />
deutsche Meisterschaft. Angeführt<br />
wurde das Team von einem Ausnahmekönner:<br />
Anton Mozr, genannt<br />
„Tonda“, hatte 216 Länderspiele für<br />
die damalige CSSR bestritten, bevor<br />
er sich vom <strong>Bonn</strong>er Coach Peter Zietlow<br />
überreden ließ, seine Zelte am<br />
Rhein aufzuschlagen und die Volleyballer<br />
dort in den Feinheiten seines<br />
Sports zu unterweisen. Mozr war ein<br />
fantastischer Zuspieler mit begnadeten<br />
Händen und großem strategischem<br />
Geschick, der Volleyball auf<br />
einem Niveau darbot, wie man es in<br />
dieser Stadt noch nicht gesehen<br />
hatte. Um sich herum scharte er ein<br />
ambitioniertes Team, das sich im<br />
Meisterschaftsfinale gegen 1860 München<br />
mit 3:1 die Krone aufsetzte.<br />
Neben Mozr ließen sich Otfried von<br />
Lüdinghausen, Sprungwunder Jack<br />
Hein, der angehende Apotheker mit<br />
der linken Klebe, Toni Rimrod, Dieter<br />
Markus, Bernd Wehrenberg, Dieter<br />
Naber, Udo Teichert und Ralph Martens<br />
feiern. „Wir hatten eine Ausnahmemannschaft<br />
zusammen“, erinnert<br />
sich Dieter Markus, „mit dieser Besetzung<br />
waren wir europäische Spitze.“<br />
Doch die frühe Blütezeit war schon<br />
bald beendet. Als der Hamburger SV<br />
mit dem Scheckbuch wedelte, packten<br />
Mozr, Hein und Wehrenberg ihre Koffer<br />
und zogen in die Hansestadt. Die Meis-<br />
xxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx<br />
84 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
termannschaft war gesprengt, es<br />
begann eine Zeit des Aufbaus, die sieben<br />
Jahre dauerte. 1981 schafften es<br />
die SSF ein zweites und letztes Mal,<br />
sich die nationale Krone aufzusetzen.<br />
Angeführt von Dieter Markus, der das<br />
Team als Spielertrainer übernommen<br />
hatte, gelang den <strong>Bonn</strong>ern eine Sensation.<br />
Obwohl sie in der Liga bereits weit<br />
abgeschlagen waren, ließen sie in der<br />
zweiten Saisonhälfte alle Konkurrenten<br />
hinter sich. Dieses Mal keine Ausnahmemannschaft,<br />
sondern ein Kollektiv,<br />
das wie Pech und Schwefel zusammenhielt,<br />
schlugen die SSF die weit höher<br />
eingestufte Konkurrenz aus Paderborn,<br />
Gießen, München und Leverkusen.<br />
Unvergesslich das letzte Saisonspiel im<br />
Sportpark Nord, als die SSF gegen<br />
Leverkusen unbedingt gewinnen mussten,<br />
im fünften Satz jedoch bereits mit<br />
8:14 zurücklagen, bevor sie die wundersame<br />
Wende schafften. Ein Krimi, den<br />
niemand vergessen wird, der dabei war.<br />
Am Telefon (Handys oder Internet gab<br />
es noch nicht) erlebten die Spieler aus<br />
Paderborn mit, wie das Ensemble um<br />
die Routiniers Dieter Markus, „Robby“<br />
Effler und Ernst Schäfer sowie die<br />
Youngster Robert Schöll, Norbert Sund<br />
und Volker Plinke, das von Coach Karl-<br />
Heinz Brandt von der Bank aus geführt<br />
wurde, die Sensation perfekt machte.<br />
Das Fachblatt „deutsche volleyballzeitschrift“<br />
berichtete seinerzeit, Abteilungsleiter<br />
Fritz Hacke sei „beim nächtlichen<br />
Umzug durch die <strong>Bonn</strong>er<br />
Gemeinde bereits aus der ersten Kneipe<br />
herausgetragen worden“.<br />
Die 80-er Jahre waren die Blütezeit<br />
des <strong>Bonn</strong>er Volleyballs. Mit den SSF<br />
und dem TSV, dessen Volleyballer<br />
später zur <strong>Bonn</strong>er Fortuna wechselten,<br />
spielten zwei Klubs in der Männer-Bundesliga.<br />
Dazu kamen die Frauen<br />
des Godesberger TV, die ebenfalls<br />
erstklassig agierten. Auf Zweitliga-<br />
Niveau schmetterten die SSF-Zweitvertretung<br />
und die Godesberger<br />
Reserve sowie aus dem Umland der
TV Menden und der TV Troisdorf. Nicht<br />
alle zur gleichen Zeit, doch es gab im<br />
<strong>Bonn</strong>er Volleyball zeitweise drei Erstund<br />
zwei Zweitligisten in einer Saison.<br />
Eine solche Leistungsdichte war und<br />
ist im deutschen Vereinsvolleyball einzigartig.<br />
Genau das war allerdings auch das Problem,<br />
das später zum Niedergang beitragen<br />
sollte. Weil die Vereinsfürsten<br />
nie über den Tellerrand ihres Clubs hinausblicken<br />
wollten, gelang die im Wettbewerb<br />
so dringend benötigte Bündelung<br />
der Kräfte nicht. Erst als die <strong>Bonn</strong>er<br />
Volleyballer in der Drittklassigkeit<br />
verschwunden waren, taten sich SSF<br />
und Fortuna zusammen.<br />
Doch zuvor gab es noch einen letzten<br />
großen Titel: 1987 hatte sich wieder<br />
eine Mannschaft zusammengefunden,<br />
die zu Großem berufen war. Der koreanische<br />
Ausnahmezuspieler Hee Wan<br />
Lee und der spektakuläre Angreifer<br />
Frank Winkler bildeten bei Fortuna <strong>Bonn</strong><br />
ein Duo, das seinesgleichen suchte.<br />
Ergänzt wurde dieses Team durch<br />
Akteure wie Manfred Kaiser, Olaf<br />
Becker, Jörg Postma und Norbert Sund.<br />
Die Fortuna gewann den deutschen<br />
Pokal und scheiterte in der Meisterschaft<br />
knapp am Hamburger SV. Spiele<br />
der Mannschaft aus der Südstadt waren<br />
so angesagt, dass sich beim Europapokal-Auftritt<br />
gegen Animo Sneek sogar<br />
Bundespräsident Richard von Weizsäcker<br />
im Sportpark Nord die Ehre gab.<br />
Doch als der Denker und Lenker Hee<br />
Wan Lee nach Leverkusen ging, war es<br />
mit der Herrlichkeit vorbei. Zudem<br />
drehte Hauptsponsor Klöckner-Moeller<br />
den Geldhahn zu, der Niedergang<br />
begann. Erst stiegen die SSF, später<br />
die Fortuna aus der 1. Liga ab. Sie<br />
kehrten nie mehr zurück.<br />
Volleyball auf Weltklasseniveau mit<br />
<strong>Bonn</strong>er Beteiligung gibt es jedoch<br />
VOLLEYBALL<br />
Beachvolleyball am Beethoven-Denkmal lockt in jedem Sommer zahlreiche Zuschauer in die Innenstadt. Foto: Ronald<br />
Friese<br />
immer noch. Auf Sand. In der Sportart<br />
Beachvolleyball, die seit 1996 olympisch<br />
ist, haben die Zwillingsbrüder<br />
Christoph und Markus Dieckmann eine<br />
beeindruckende Karriere hingelegt. Die<br />
Söhne der <strong>Bonn</strong>er Oberbürgermeisterin<br />
Bärbel Dieckmann begannen ihre<br />
Karriere unter dem Hallendach bei der<br />
Fortuna, bis sie sich entschieden, als<br />
Zweierteam im Sand durchzustarten.<br />
Sie schafften es bis in die nationale<br />
Spitze, doch als sie die Qualifikation zu<br />
den Olympischen Spielen 2000 in Sydney<br />
verpassten, trennten sie sich. Mit<br />
neuen Partnern begann ihre erfolgreichste<br />
Zeit: Markus wurde mit Jonas<br />
Reckermann zweimal Europameister<br />
und Olympianeunter 2004 in Athen.<br />
Inzwischen hat er seine Karriere verletzungsbedingt<br />
beendet. Christoph<br />
sicherte sich 2004 in Athen mit Andreas<br />
Scheuerpflug Rang fünf, mit Julius<br />
Brink holte er sich 2006 in Den Haag<br />
den Titel als Europameister.<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
85
SCHWIMMEN<br />
SSF waren einmalig in den Rekordlisten<br />
Die Schwimm- und Sportfreunde<br />
<strong>Bonn</strong>, mit rund 5000 Mitgliedern einer<br />
der größten Sportvereine der Bundesrepublik,<br />
haben nicht nur <strong>Bonn</strong>er<br />
Sportgeschichte geschrieben, sondern<br />
das Schwimmsportgeschehen in<br />
Deutschland entscheidend mitgeprägt.<br />
Besonders erfolgreich waren<br />
die Jahre von 1963 bis 1986. Waren<br />
vorher exakt 51 Deutsche Meisterschaften<br />
errungen worden, so wurde<br />
die Erfolgsbilanz bis zum März 1986<br />
um 102 Meisterschaften vergrößert,<br />
86 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
so dass die SSF jetzt mit 153 Einzel-,<br />
Staffel- oder Mannschaftsmeisterschaften<br />
der erfolgreichste deutsche<br />
Schwimmverein sind. In den Rekordlisten<br />
für Einzel- oder Staffelrennen ist<br />
der Namen von Aktiven der SSF 181<br />
mal vermerkt.<br />
Keimzelle der ungewöhnlichen Erfolge<br />
ist das Frankenbad, dessen Bau 1958<br />
vom Stadtrat beschlossen wurde. Der<br />
damalige SSF-Vorsitzende Hermann<br />
Henze und Sportamtsleiter Franz<br />
Hermann Nettersheim (rechts)<br />
schreibt über ein erfolgreiches Kapitel<br />
<strong>Bonn</strong>er Schwimmgeschichte. Foto:<br />
Ronald Friese<br />
Pfennings führten daraufhin das<br />
Kleinkinderschwimmen ein. Damit<br />
und mit dem obligatorischen Schulschwimmunterricht<br />
für alle 4. Schuljahre<br />
gab sich SSF-Boss Henze aber<br />
keineswegs zufrieden. Er war es, der<br />
als Erster für den Bereich des Deutschen<br />
Schwimm-Verbandes eine Trennung<br />
zwischen der notwendigen<br />
sportlichen Trainings- und Wettkampfarbeit<br />
im Becken und der organisatorischen<br />
Arbeit außerhalb des Beckens<br />
schuf. So gewann er Hermann Nettersheim,<br />
Mitarbeiter des Sportamtes<br />
der Stadt <strong>Bonn</strong>, für die Position des<br />
Technischen Leiters. Gemeinsam mit<br />
den Trainern wurde nun die sportliche<br />
Aufbauarbeit forciert, und so konnten<br />
1968 bei den deutschen Jugendmeisterschaften<br />
in Hamburg sechs <strong>Bonn</strong>er<br />
Jugendmannschaften im Endkampf an<br />
den Start gehen. Sie krönten diese<br />
sportliche Arbeit mit zwei zweiten<br />
Plätzen, drei dritten Plätzen und<br />
einem vierten Platz.<br />
Auch als Ausrichter großer Veranstaltungen<br />
machten sich die SSF bald<br />
einen Namen. 1968 gab es in <strong>Bonn</strong> die<br />
ersten Internationalen Deutschen Hallenmeisterschaften<br />
auf der 25-Meter-<br />
Bahn. Hans Fassnacht schwamm als<br />
erster Mensch die 400 Meter unter<br />
vier Minuten. Ab Oktober 1968 wurde<br />
Weltrekordler Gerhard Hetz Cheftrainer<br />
bei den SSF. Und als 1969 der<br />
Sportpark Nord fertiggestellt wurde,<br />
konnten die SSF als erster deutscher<br />
Schwimmverein eine 50-Meter Trainingsbahn<br />
ihr eigen nennen. <strong>Bonn</strong><br />
wurde zur Schwimmhochburg.<br />
Aus diesen Jahren bis 1972 sind<br />
Namen zu nennen wie Hans Lampe,<br />
der 1970 in einem einmaligen Rennen<br />
über 100 m Schmetterling Europameister<br />
wurde. Sein Bruder, Werner
Lampe, wurde Europameister ebenfalls<br />
1970 in Barcelona, und<br />
erschwamm bei den Olympischen<br />
Spielen eine Silber- und eine Bronzemedaille.<br />
Immer mehr deutsche Spitzenschwimmer<br />
erkannten die Gunst<br />
der Stunde und wechselten zu den SSF<br />
<strong>Bonn</strong>. Der Club blieb jedoch seinem<br />
Grundsatz treu, die eigene Jugendarbeit<br />
nicht zu vernachlässigen. Helga<br />
Niemann, Walter Mack, Norbert Verweyen,<br />
Rainer Jacob, Werner Lampe<br />
und Hans Lampe schwammen für den<br />
Deutschen Schwimmverband bei den<br />
Olympischen Spielen in München.<br />
So hat der verstorbene Hermann Nettersheim<br />
1988 in einer Jubiläumsbeilage<br />
des General-Anzeigers ein überaus<br />
erfolgreiches Kapitel <strong>Bonn</strong>er<br />
Schwimmgeschichte beschrieben. Er<br />
selber war bei Olympia 1972 in München<br />
Leiter des Wettkampfbüros für<br />
Schwimmen, Springen und Wasserball.<br />
Aber in erster Linie war Nettersheim<br />
eine der bekanntesten Persönlichkeiten<br />
des <strong>Bonn</strong>er Sports. Dem „Hans<br />
Dampf in allen Gassen“ bescheinigte<br />
Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann<br />
bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes,<br />
dass er „das Leben<br />
in <strong>Bonn</strong> mitgeprägt“ hat: Über 30 Jahre<br />
Verdienste um den <strong>Bonn</strong>er Vereinssport<br />
als stellvertretender Leiter des<br />
Sportamtes, als Vorstandsmitglied im<br />
<strong>Stadtsportbund</strong>, als quirliger Organisator<br />
unterschiedlichster Sportereignisse<br />
und nicht zuletzt als Schwimmwart der<br />
SSF. Dass 1989 Schwimm-Europameisterschaften<br />
in den städtischen Bädern<br />
stattfanden, ist dem nimmermüden<br />
Einsatz Nettersheims zu verdanken.<br />
SCHWIMMEN<br />
Gäste aus der früheren DDR bei der Europameisterschaft im Römerbad in guter Stimmung: „Die DDR ist zwar nicvht groß,<br />
doch uns’re Schwimmer sind famos.“ Foto: Ronald Friese<br />
Die Entwicklung bei den SSF ist weitergegangen.<br />
2005 feierte <strong>Bonn</strong>s größter<br />
Verein mit mehr als 7500 Mitgliedern<br />
das 100jährige Bestehen. Die Liste der<br />
sportlichen Erfolge der unterschiedlichen<br />
Abteilungen ist viel zu lang für<br />
diese Chronik. Bei den Olympischen<br />
Spielen in Peking schickt <strong>Bonn</strong>s größter<br />
Verein im August zwei Damen ins<br />
Rennen um die Medaillen: Lena Schöneborn<br />
hat sich durch ihren vierten<br />
Platz bei den Europameisterschaften<br />
der Modernen Fünfkämpfer in Riga als<br />
erste Deutsche das Ticket nach Peking<br />
gesichert. Nina Schiffer muss sich für<br />
die Norm des Deutschen Schwimmverbandes<br />
um zwei Sekunden verbessern.<br />
Im Juni in Mexico kann sie es durchaus<br />
noch schaffen.<br />
GA<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
87
SCHWIMMEN<br />
xxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx xxxxxxxxxx<br />
88 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
xxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx xxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx xxxxxxxxxx
RUDERN<br />
Als Regattaplatz nur bedingt geeignet<br />
Das schwimmende Bootshaus an der Ersten Fährgasse, das von 1909 bis 1922 benutzt wurde. Foto: Archiv des General-<br />
Anzeigers<br />
Gerudert worden ist auf dem Rhein<br />
wohl seit Menschengedenken. Rudersport<br />
ist für <strong>Bonn</strong> und Umgebung seit<br />
1865 nachgewiesen. Damals gab es in<br />
Beuel einen ersten Ruderclub mit<br />
einem schwimmenden Bootshaus auf<br />
schwankenden Petroleumfässern. Die<br />
Auflösung dieses an beiden Ufern<br />
beheimateten Vereins, aus welchen<br />
Gründen auch immer, führte 1882 zur<br />
Gründung des <strong>Bonn</strong>er Ruder-Vereins.<br />
Kommerzienrat Louis Wessel trat als<br />
einziges Mitglied des aufgelösten<br />
Clubs in den neuen Verein über. „Von<br />
Beginn an legte der Verein auf den<br />
geselligen und freundschaftlichen Verkehr<br />
der Mitglieder untereinander<br />
besonderen Wert und sorgte durch<br />
seine Statuten dafür, dass dem Verein<br />
durch strenge Aufnahmebedingungen<br />
ein hohes gesellschaftliches Ansehen<br />
90 100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
gesichert wurde“, schreibt Karl Gutzmer<br />
1982 in seiner Vereinschronik, die<br />
in den <strong>Bonn</strong>er Geschichtsblättern veröffentlicht<br />
wurde. Schon früh gab es<br />
enge Kontakte zum Düsseldorfer<br />
Ruderverein und zum Krefelder Ruderclub,<br />
die sich zum Mittelrheinischen<br />
Regattaverband zusammenschlossen.<br />
Bis 1914 wurde gemeinsam und reihum<br />
jedes Jahr eine Regatta ausgerichtet.<br />
Dann kam der Erste Weltkrieg. Das<br />
Bootshaus wurde in einem Siegarm<br />
bei Mondorf vertäut, 1919 dennoch<br />
von der britischen Besatzungsmacht<br />
entdeckt und nach Köln abgeschleppt.<br />
In einer Nacht- und Nebel-Aktion<br />
konnten acht Boote vor der Beschlagnahme<br />
gerettet werden. Dennoch:<br />
„Der gelegentlich aufflackernde Wille<br />
zum Wiederaufbau erlahmte schnell<br />
an der allgemeinen Hoffnungslosigkeit“<br />
(Gutzmer).<br />
Erst nach der Inflation wurde 1925 der<br />
Ruderbetrieb wieder aufgenommen. Bis<br />
1928 wurden sechs neue Boote angeschafft,<br />
über 600 Fahrten mit fast 14000<br />
Kilometern wurden in diesem Jahr registriert.<br />
Bemerkenswert: 1928 durften<br />
erstmals Frauen ins Vereinsboot, allerdings<br />
nur Angehörige von Mitgliedern.<br />
Der Chronist: „Rudern in gemischter<br />
Mannschaft war damals erst recht verpönt.“<br />
1930 feiert der Verein nach Überwindung<br />
zahlreicher Widrigkeiten die Einweihung<br />
seines neuen Bootshauses<br />
am Wilhelm-Spiritus-Ufer als Mittelpunkt<br />
des sportlichen und geselligen<br />
Lebens. Aber es dauerte bis 1938 bis
erstmals seit 1914 wieder eine Trainingsmannschaften<br />
verpflichtet wurde.<br />
Ein Jahr später erfolgte der erste siegreiche<br />
Start im Achter in Koblenz. Der<br />
Ausbruch des Zweiten Weltkrieges<br />
unterbrach die sportliche Entwicklung<br />
zunächst nicht. Erst 1943, als auch die<br />
17-Jährigen schon eingezogen wurden,<br />
endete der Trainingsbetrieb.<br />
Das Kriegsende ist bitter. Nach der<br />
Sprengung der <strong>Bonn</strong>er Rheinbrücke<br />
im März 1945 hat die abziehende<br />
Wehrmacht sogar in Ruderbooten den<br />
Strom überquert, die damit für das<br />
Vereinsleben verloren sind.<br />
Dennoch: Am 10.April 1947 fand eine<br />
erste Mitgliederversammlung statt,<br />
obwohl einige Pessimisten eine Weiterführung<br />
des Vereins für sinnlos hielten.<br />
Der Mut wird belohnt, hält Gutzmer<br />
fest: „Nach dem Abzug der Besatzungstruppen<br />
erhielt der Verein eine ansehnliche<br />
Entschädigungssumme, mit der<br />
die restliche Hypothek vom Neubau<br />
1932 getilgt und die Anschaffung neuer<br />
Boote finanziert werden konnte“.<br />
Nach einer ganzen Reihe von sportlichen<br />
Erfolgen wurde in den 50er Jahren<br />
immer deutlicher, dass Vereine<br />
ohne festen Trainer kaum noch Siegchancen<br />
bei Regatten haben. Hinzu<br />
kam, dass der zunehmende Schiffsverkehr<br />
das Training immer stärker<br />
behinderte. So verlagerte der Verein<br />
den Sportbetrieb von der Rennruderei<br />
auf das Wanderrudern.<br />
<strong>Bonn</strong> hatte als Regattaplatz ohnehin<br />
nie eine nennenswerte Rolle gespielt.<br />
RUDERN<br />
Die bereits weit gediehenen Planungen<br />
für eine Regattastrecke in der<br />
Rheinaue wurden nicht verwirklicht.<br />
Nach internen Wettfahrten des Westdeutschen<br />
Regatta-Verbandes fand<br />
1949 eine offene Herbst-Regatta statt,<br />
an der sich 14 Vereine beteiligten.<br />
1950 wurde eine „Regatta der Bundeshauptstadt“<br />
mit 26 Vereinen ausgerichtet.<br />
Ein Jahr später gab es die<br />
letzte offene Regatta. Wegen Strömung<br />
und Rheinbogen „war ein Sieg<br />
in <strong>Bonn</strong> nur der Gunst des Zufalls,<br />
aber nicht sportlicher Leistung zu dan-<br />
Hoher Besuch: Bundeskanzler Helmut<br />
Kohl tauft beim BRV zusammen mit<br />
<strong>Bonn</strong>er Ruderern 1992 einen<br />
Deutschland-Achter. Foto: Ronald<br />
Friese<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
91
G U T I N F O R M I E R T .<br />
Vom Zeitungsverlag zum Medienhaus.<br />
119 Jahre und<br />
nur eine Falte.<br />
www.ga-bonn.de