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200 Jahre Beresaner Kolonien - Landsmannschaft der Deutschen ...

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~DIE VOLKSGRUPPEErinnerungsorle und Erinnerungskultur im Gebiet NikolajewD ie deutsche Siedlung im Schwarzmeergebiet nahm bekanntlich mit <strong>der</strong> Über Konferenzen, BuchpublikationenAnkunft <strong>der</strong> ersten Einwan<strong>der</strong>er aus dem deutschen Südwesten in Odessa und museale Sammlungen kann bei einerim Herbst 1803 ihren Anfang. Daran erinnerte die <strong>Landsmannschaft</strong> mit an<strong>der</strong>en Gelegenheit berichtet werden.einer Jubiiäumsfeier am 20. September <strong>200</strong>3 im Weißen Saal des Neuen Schlos- Hier soll nur auf die verdienstvolle Tätigsesin Stuttgart und mit einer Ausstellung. Die Ausstellung ,,<strong>200</strong> <strong>Jahre</strong> deutsche keit <strong>der</strong> Gesellschaft "Memorial" hinge-Geschichte und Kultur im Schwarzmeergebiet (1803-<strong>200</strong>3)" wurde in den Räu- wiesen werden.men <strong>der</strong> <strong>Landsmannschaft</strong> über ein Jahr lang gezeigt. Kleinere Teile davon kön- Das staatliche Programm zur Herausgabenen Besucher noch immer sehen. Die Broschüre wurde auf <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong> Lands- einer Bücherreihe mit dem Titel "Rehamannschaftins Internet gestellt. Zu haben ist auch noch <strong>der</strong> damals herausgege- bilitiert durch die Geschichte" wurde aufbene Katalog <strong>der</strong> Ausstellung.<strong>der</strong> Grundlage des Gesetzes <strong>der</strong> UkrainischenSowjetrepublik "Über die Rehabi<strong>der</strong>Die vom Nordost-Institut Lüneburg-Göttingenund <strong>der</strong> Universität Odessa aufwändigvorbereitete und durchgeführteUkraine lebenden Jugendfreunden, litierung <strong>der</strong> Opfer politischer Repressio-mit dem Lehrer <strong>der</strong> Dorfschule, mit dem nen" vom 17. April 1991 entwickelt. DieBmgermeister. Sie waren aufgeschlossen Fe<strong>der</strong>führwig übernahm das Institut fürwissenschaftliche Konferenz, auf <strong>der</strong> 41Wissenschaftler aus <strong>der</strong> Ukraine, ausDeutschland, Russland und <strong>der</strong> SchweizVorträge hielten, fand ihren Nie<strong>der</strong>schlagzum größen Bedauern nicht nur <strong>der</strong> Konferenzteilnehmernur in einigen wenigenBerichten. An <strong>der</strong> Historischen Fakultätin Odessa fand sich niemand, <strong>der</strong> die geliefertenBeiträge für die Veröffentlichungvorbereitet hätte.An<strong>der</strong>s das Heimatkundemuseum desGebietes Odessa. Dort wurde bis zumHerbst <strong>200</strong>3 die Son<strong>der</strong>ausstellung "Deutscheim Schwarzmeergebiet" aufgebautund ein Katalog herausgegeben, in dem447 Gegenstände wissenschaftlich beschrieben,einige auch abgebildet wurden.pen Druck des Katalogs hat übrigensdie <strong>Landsmannschaft</strong> mitgeför<strong>der</strong>t.Ein Teil <strong>der</strong> Ausstellung ging in die größerevolkskundliche Ausstellung "Steppen-Ukraine"ein und wird nun schon seit<strong>Jahre</strong>n gezeigt. So konnten die <strong>Deutschen</strong><strong>der</strong> Odessaer Region in das Bewusstsein<strong>der</strong> Bevölkerung zurückgeholt werden.In den Dörfern des Gebietes gab es zudieser Zeit zwar da und dort Wohßhäuser,Stallungen, Keller, Brunnen und Kirchen(meistens umgebaut o<strong>der</strong> Ruinen).Über das deutsche Erbe sprach man zudieser Zeit nicht, zumindest nicht öffentlich."Was wussten die schon von unsererGeschichte?", sagte mir in einemGespräch Eduard Mack, <strong>der</strong> bereits 1999seine "Erinnerungen an die deutschen<strong>Kolonien</strong> des Großliebentaler Rayons beiOdessa" im Eigenverlag in erster Auflage(<strong>der</strong> weitere folgten) veröffentlichte. Ersagte das nicht als Vorwurf, son<strong>der</strong>n JllitBedauern und Verständnis. Ein Großteil<strong>der</strong> Einwohne! <strong>der</strong> ehemals deutschen<strong>Kolonien</strong> sind ja selbst gegen ihren Willenaus westlichen Gebieten <strong>der</strong> Ukrainein diese <strong>Kolonien</strong> umgesiedelt worden.Weiter berichtete Eduard Mack über dieKorrespondenz mit den wenigen noch in8 VOLK AUF DEM WEG Nr.12/<strong>200</strong>9und dankbar für Informationen über die Geschichte <strong>der</strong> Ukraine <strong>der</strong> ukrainischenGeschichte ihres Dorfes.Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften. Das Prä-<strong>200</strong>7 wurde <strong>der</strong> <strong>200</strong>. Gründungstag <strong>der</strong> sidium des ukrainischen Parlaments, <strong>der</strong>Kolonie Freudental (Mirnoje) feierlich Werhowna Rada, hat per Beschluss vombegangen. Darüber wurde in Zeitungen 6. April 1992, das Ministerkabinett <strong>der</strong>berichtet, und die Geschichte des Dorfes Ukraine mit einem entsprechenden Behatin die Schule und das Bewusstsein schluss vom 1. September 1992 dem Pro<strong>der</strong>Kin<strong>der</strong> Einzug genommen. Zwei Jah- gramm den Rang eines Staatlichen Prorespäter wurde auch <strong>der</strong> <strong>200</strong>. <strong>Jahre</strong>stag gramms gegeben.<strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> ersten Schule in Freu- Was immer wie<strong>der</strong> fehlt, ist das liebedental mit einem Festakt begangen. Ei- Geld für die Durchführung <strong>der</strong> Rechergentlichist damit die Unterrichtung <strong>der</strong> chen in den Gebietsarchiven <strong>der</strong> Staats-Kin<strong>der</strong> durch die Kolonisten selbst ge- sicherheit. Dennoch sind bereits viermeint. Beide Ereignisse haben inzwis- Bände für das Gebiet Odessa, fünf Bändechen dank <strong>der</strong> IDitiative von Eduard für das Gebiet Dnjepropetrowsk, vierMack ihren festen Platz in <strong>der</strong> Geschichte Bände für das Gebiet Nikolajew, dreides Dorfes eingenommen (www.freuden- Bände für das GebietSaporoshje usw. ertal.narod.ru).schienen.In <strong>der</strong> wissenschaftlichen Öffentlichkeit Fm jedes Gebiet <strong>der</strong> Ukraine, für die<strong>der</strong> Ukraine hat die Geschichte unserer Städte Kijew und Sewastopol werdenLandsleute bereits vor den <strong>200</strong>-Jahr-Ju- solche Sammelbände mit Dokumentenbiläen ihren festen Platz bekommen. und Berichten über Gerichtsprozesse vor-Selz: Gottesdienst in <strong>der</strong> Kirchenruine.~- --Foto: A. Koehler, Odessa


DIE VOLKSGRUPPEbereitet und veröffentlicht. Darin finden'sich neben Kurzbiographien von Russen,Ukrainern, Juden, Polen usw. auch Angabenüber Deutsche, die <strong>der</strong> Verfolgungdurch den Staat Stalins ausgesetzt waren.Einschränkend muss gesagt werden, dasses sich um Personen handelt, die unschuldigwaren und bereits rehabilitiertwurden.So finden sich in Band 4 für das GebietDnjepropetrowsk 25 Mitglie<strong>der</strong> des FamilienverbandesEisfeld. Die meistenvon ihnen wurden 1938 verhaftet undzum Tode verurteilt. In Band 1 für dasGebiet Nikolajew findet sich 35-mal <strong>der</strong>Name Wanner. Die meisten von ihnenwurden nach ihrer Repatriierung 1945 inverschiedene Gebiete Sibiriens, Kasachstansund in die Komi ASSR in die Son<strong>der</strong>siedlungeingewiesen. Ebenso erginges den 16 Hartmanns, von denen diemeisten in Rastadt, Karlsruhe und Rohrbachin <strong>der</strong> Ukraine zur Welt kamen.In die Verzeichnisse für die an<strong>der</strong>en Gebietewurden die Repatriierten nichtaufgenommen. Der Grund mag darin bestehen,dass die Personalakten <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>siedlervon den Innenverwaltungenzahkeicher Gebiete und autonomer Republikenauch nach <strong>der</strong> Aufhebung <strong>der</strong>Son<strong>der</strong>siedlung nicht an das Innenministerium<strong>der</strong> Ukraine übergeben wurden.Sie befinden sich nach wie vor in den betreffendenVerbannungsgebieten.In <strong>der</strong> Reihe von Memorial "Rehabilitiertdurch die Geschichte" werden die Opfer,darunter auch die <strong>Deutschen</strong>, auf staatlichenBeschluss in das Bewusstsein <strong>der</strong>Bevölkerung zurückgeholt. Manch einenBand kann man aber nur unter größtenSchwierigkeiten in die Hand bekommen..So ist es bisher nicht gelungen, den 2.Band für das Gebiet Donezk aufzutreiben,obwohl er in einer Auflage von über<strong>200</strong>0 Exemplaren erschienen sein soll.Die Konferenz in Odessa im <strong>Jahre</strong> <strong>200</strong>3bildete indes den Anfang einer ganzenReihe von Veranstaltungen, mit denen anden Gründungstag einzelner <strong>Kolonien</strong>erinnert wurde. So feierte man im Oktober<strong>200</strong>4 in Simferopol den <strong>200</strong>. Gründungstag<strong>der</strong> ersten deutschen <strong>Kolonien</strong>auf <strong>der</strong> Krim. Peterstal bei Odessa feierteseinen Gründungstrig <strong>200</strong>5 und zwei<strong>Jahre</strong> später den <strong>200</strong>. Gründungstag <strong>der</strong>ersten Schule. Im <strong>Jahre</strong> <strong>200</strong>7 feierte manin Güldendorfund <strong>200</strong>8 in Selz.IDie Feierlichkeiten in Selz im September<strong>200</strong>8 fanden bei strö~endem Regen statt.Dorfbewqhner und ihre Gäste aus denNachbardörfem, aus Deutschland undÜbersee feierten einen Gottesdienst in<strong>der</strong> Kirchenruine. Anschließend gab esein mehrstündiges Konzert im Kulturhaus,das vorangegangene Störversuche<strong>der</strong> örtlichen Verwaltung vergessen ließ.Zu besichtigen war auch das von LuciaRissling in <strong>der</strong> Fachschule aufgebauteHeimatmuseum.In diesem Jahr jährte sich zum <strong>200</strong>. Maldie Gründung <strong>der</strong> ersten <strong>Beresaner</strong> <strong>Kolonien</strong>Landau, Speyer, Rohrbach und SulZ.Es wäre falsch zu denken, dass nur imZusammenhang mit runden Daten an dieGeschichte gedacht wird. Vor drei <strong>Jahre</strong>nwurde in VadW (Nr. 10/<strong>200</strong>6, S. 24-25)über ein von Nina Den:isjuk in Katharinentaleingerichtetes Heimatmuseum,über die misslungenen Renovierungsarbeitenan <strong>der</strong> Kirche in Karlsruhe und dieKirche in Speyer, die jetzt von <strong>der</strong> orthodoxenKirche genutzt wird, berichtet.Seit damals begann man an verschiedenen.Stellen mit <strong>der</strong> Vorbereitung auf dasJubiläum. Daran hat sich neben demNordost-Institut und dem Göttinger Arbeitskreisauch unsere <strong>Landsmannschaft</strong>beteiligt.Aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> <strong>Beresaner</strong> war es sicherkein alltäglicher Vorgang, als die Administrationdes Gebietes Nikolajew am 1.August <strong>200</strong>8 einen Beschluss über dieVorbereitung und Durchführung vonMaßnahmen anlässlich des <strong>200</strong>. Gründungstages<strong>der</strong> deutschen <strong>Kolonien</strong> imGebiet Nikolajew fasste und dem StellvertretendenGoü.vemeur D. M. Oboronkodie Verantwortung dafür übertrug.Zu dieser Zeit hatten das Nordost-Institutund die Staatliche V.O.Suchomlinskij-Universität Nikolajew bereits einen Kooperationsvertragabgeschlossen, und dasGebietsarchiv Nikolajew und <strong>der</strong> GöttingerArbeitskreis arbeiteten an <strong>der</strong> Sichtungvon Akten verschiedener Dorf-,Kreis-, Rayon- und Bezirksbehörden, indenen das Leben <strong>der</strong> deutschen Bevölkerungin den 1920er und 1930er <strong>Jahre</strong>ndokumentiert ist.Bemerkenswert an dem Beschluss <strong>der</strong>Gebietsverwaltung war, dass mehrereBehörden und die Verwaltungen. <strong>der</strong> Ra---~Empfang <strong>der</strong> Konferenzteilnehmer in Karlsruhe.yons Beresan, Weselinowo und Nikolajewin die Vorbereitungen mit jeweilskonkreten Aufgaben eingebunden wurden.In <strong>der</strong> Präambel des Beschlusseswurde das Ziel <strong>der</strong> MaBnahmen genannt:"Festigung <strong>der</strong> gesellschaftlichen Eintracht,Konsolidierung <strong>der</strong> Gesellschaftund zu Ehren des <strong>200</strong>-jährigen Gründungstages<strong>der</strong> deutschen <strong>Kolonien</strong> aufdem Territorium des gegenwärtigen GebletesNikolajew." Es wäre sicher geschönt,würde man von einer problemlosenVorbereitung sprechen. Doch waszählt, ist das Ergebnis.Am 29. September wurde eine Führungdurch Nikolajew angeboten. Eine kleineAusstellung im Heimatkundemuseum desGebietes bildete den Auftakt. Das MuseumbefIndet sich noch im Gebäude <strong>der</strong>ehemaligen Kirchenschule <strong>der</strong> katholischenGemeinde St. losef. Es wird eineigenes Gebäude bekommen. Darüberfreuen sich beide: Das Museum wird(hoffentlich) über geeignete Räumlichkeitenverfügen und die katholische Gemeindeihre karitative Tätigkeit ausweitenkönnen.Die Kirche St. Josef erfreut sich eines beson<strong>der</strong>enGeschenks: Sie bekam auf demUmweg über Donezk eine Orgel ausDeutschland. Ein Geschenk aus Bochum,das Weihnachten <strong>200</strong>8 erstmals wie<strong>der</strong>erklang. Am 28. März <strong>200</strong>9 wurde dieOrgel von Bischof Bronislaw Bemazkijmit einem Festgottesdienst eingeweiht.Der Dekan von St. Josef, Jaroslaw Gischitzkij,berichtete während <strong>der</strong> Führungin seiner Kirche mit sichtlichem Stolz darüber,welche Bedeutung dieser Orgel zukommt.Nein, Konzerte seien nicht Aufgabe<strong>der</strong> Kirche. Aber es waren schonmehrere in- und ausländische Musiker inNikolajew, und jedes Mal war die Kirchebis auf den letzten Platz gefüllt.Im Kircheninneren erinnert eine Gedenktafelan den früheren Organisten Leo9VOLK AUF DEM WEG Nr. 12/<strong>200</strong>9


DIE VOLKSGRUPPEGötte, <strong>der</strong> in den 1920er und 1930er <strong>Jahre</strong>nmehrfach brutalen Verfolgungen ausgesetztwar. Über die Kirche St. losefund über Leo Götte berichtet in russischerSprache ein dünnes Heftchen, dasvon Henriette Götte herausgegeben wurde.Ihren Namen kennen die Leser desletzten Heimatbuches bereits.Nach wenigen Minuten Fußweg erreichtenwir ein schönes einstöckiges Gebäude,in dem während des Krieges Emi1iaund Magda Duckert wohnten. Das Gebäudegehörte vor 1917 <strong>der</strong> Familie Duckert,doch darüber fiel kein Wort.Heute befindet sich in dem Gebäude eineAbteilung des Heimatkundemuseums, indem über die Untergrundbewegung während<strong>der</strong> deutschen Besetzung berichtetwird. In dem Gebäude wohnte während<strong>der</strong> Besatzung unter dem DecknamenKorenjew <strong>der</strong> Resident des NKWD V. A.Ljagin. In einer <strong>der</strong> Vitrinen sind einUmsiedlerausweis, <strong>der</strong> Ausweis einesAngehörigen des Selbstschutzes und an<strong>der</strong>eUrkunden aus <strong>der</strong> Besatzungszeit zusehen.Fragen nach dem Beginn <strong>der</strong> Zusammenarbeit<strong>der</strong> Tochter eines deutschen Gutsbesitzersund Witwe eines angesehenenArztes mit dem NKWD, dem Datum <strong>der</strong>Eheschließung ihrer Tochter mit demResidenten des NKWD (<strong>der</strong> eine Ehefrauin Moskau hatte) und dem Status vonKorenjew-Ljagin während <strong>der</strong> Besatzungszeit(als Ehemann einer Volksdeut'-schen auch Volksdeutscher?) blieben unbeantwortet.Die junge Museumsmitarbeiterinhatte sich damit noch nicht befasst.Wie<strong>der</strong>um wenige Minuten Fußweg entfernt,befindet sich die evangelisch-lutherischeErlöserkirche. Über <strong>der</strong>en wech.selvolle Geschichte berichtet eine vonOberkirchenrat Dr. Claus-Jürgen Roepke,München, herausgegebene Festschrift inrussischer und deutscher Sprache. Wirwaren auf diesem Rundgang wahrlichden Spuren <strong>der</strong> deutschen Geschichte inNikolajew gefolgt.Die Konferenz selbst wurde am 30. Septemberin <strong>der</strong> Aula <strong>der</strong> Universität feierlicheröffnet. Darauf folgte ein Konzert,das vom Nikplajewer regionalen deutschenInformationszentrum und dem<strong>Deutschen</strong> Kulturzentrum des GebietesNikolajew ausgerichtet wurde. Ein beeindruckendesKonzert! Schöne Stimmen!Studenten und junge Leute trugen mitBegeisterung ihr Können vor. Daruntermehrere modeme Stücke, auch solche,die sie selbst ins Deutsche übersetzt haben.Diese jungen Leute sollen Deutschlehrerwerden.Nach dem Konzert begann eine Reihevon insgesamt 33 Vorträgen von Wissenschaftlern,Archiv- und Museurnsmit-Die Konferenzteilnehmer in <strong>der</strong> Karlsruher Kirche.arbeitern aus <strong>der</strong> Ukraine, aus Russland,Deutschland und Usbekistan. Die Bandbreite<strong>der</strong> Themen reichte von <strong>der</strong> Geschichte<strong>der</strong> Ansiedlung <strong>der</strong> <strong>Beresaner</strong><strong>Kolonien</strong> (Olga Eisfeld, Göttingen) biszu einem Bericht über den Alltag <strong>der</strong> Arbeitsarmistenim Gebiet Donezk in den<strong>Jahre</strong>n 1941-<strong>200</strong>9 (Alexan<strong>der</strong> Dinges,Donezk). In 14 Vorträgen wurden Themenaus <strong>der</strong> Zeit von 1917 bis 1956 behandelt,darunter Ereignisse aus <strong>der</strong> Zeitdes Zweiten Weltkriegs. Die meistendavon sind es wert, auch in Deutsch veröffentlichtzu werden.Am Nachmittag des 2. Oktober und am3. Oktober wurde die Konferenz in den<strong>Beresaner</strong> <strong>Kolonien</strong> fortgesetzt. Alles,was Rang und Namen hatte, vom Landratüber den örtlichen Priester bis zum Generaldes Kosakeriheeres, war anwesend.Wie Staatsgäste wurden wir empfangenund bewirtet! Doch wer schon öfter indiesen <strong>Kolonien</strong> war, konnte leicht sehenund höten, wie die Stimmung war.Foto: M. BelikowaIn Karlsruhe (Stepowoje) war nicht nurdie abgedeckte Kirche besenrein und miteinem neucn Tor versehen, das jetzt dasEindringen in das Innere verhin<strong>der</strong>t. Dasganze Gelände und die Straßen warenblank geputzt, <strong>der</strong> Bordstein geweißt.Das Dorfmuseum macht einen guten Eindruck.In den letzten zwei <strong>Jahre</strong>n sindauch mehrere Gegenstände im deutschenTeil dazu gekommen. In <strong>der</strong> Hochglanzbroschüre,die dem <strong>200</strong>. Gründungstaggewidmet ist, gibt es natürlich einen Abschnittüber die Gründung <strong>der</strong> Kolonie,über <strong>der</strong>en Entwicklung und auch überdie Beziehungen zu ihren ehemaligenBewohnern.Priester Ioann erzählte über die Geschichte<strong>der</strong> katholischen Kirche undseine orthodoxe Kirche, die ini ehemaligenPastorat Aufnahme gefunden hat.Sein Wunsch und <strong>der</strong>jenige <strong>der</strong> Gemein,.de sei es, neben <strong>der</strong> Kirche ein Kreuz zurErinnerung an die Gründung <strong>der</strong> Kolonieaufzustellen. Und es sollte, wenn irgend-Wladimir G. Pogorelow, Direktor des landwirtschaftlichen Betriebes "Stepowoje", berichteteüber das Leben des Dorfes.10V6LK AUF DEM WEG Nr. 12/<strong>200</strong>9


~DIE VOLKSGRUPPEN. Rubljowa referierte über die katholischeGeistlichkeit in <strong>der</strong> Südukraine in den1920er und 1930er <strong>Jahre</strong>n.wie möglich, im November dieses <strong>Jahre</strong>sgeschehen.Warum in diesem Jahr? Karlsruhe wurdedoch 1810 gegründet. Stimmt, aber imSchwarzmeergebiet angekommen seiman doch 1809, war seine Antwort. Demkann man nicht wi<strong>der</strong>sprechen. Zumaldie Gemeinde alles daran setzen will, <strong>der</strong>Kirche wie<strong>der</strong> ein Dach zu geben.Wladimir Pogorelow hat die; Beteiligungdes landwirtschaftlichen Betriebs bereits~er zugesagt, doch alleine werde er esnicht stemmen können. Hoffnungsvollwurden die Blicke auf die wenigen Gästeaus Deutschland gerichtet. Kann Deutschlandhelfen? Bemühen wolle 'man sichnach Kräften, war die Antwort. Für dasGedenkkreuz gebe es schon jetzt die Unterstützungseitens <strong>der</strong> <strong>Landsmannschaft</strong>,des Historischen Forschungsvereins <strong>der</strong><strong>Deutschen</strong> aus Russland, <strong>der</strong> Seelsorg-Gedenkkreuz neben <strong>der</strong> Kirche in Speyer (Pistschanyj Brod).1...stelle für katholische Deutsche aus Russland,Kasachstan und an<strong>der</strong>en GUS-Staatenund einer Privatperson. Priester Ioannkonnte seine Freude nicht verbergen. EinWunsch ging in Erfiillung.Im Konferenzsaal des Kulturhauses, <strong>der</strong>sich auch irgendwo in Deutschland befindenkönnte, wurde die Konferenz mitVorträgen über die katholische Geistlichkeitin <strong>der</strong> Südukrainein den Zwischenkriegsjahren(N. Rubljowa, Kijew) undden Alltag <strong>der</strong> deutschen Bevölkerung<strong>der</strong> <strong>Beresaner</strong> <strong>Kolonien</strong> (V. Solodowa,Odessa) fortgesetzt. Man sollte die anwesendenLehrer und die Leiterin des Museumssehen: Jedes Wort wurde begierigaufgenommen. Schade, dass sie nichtschon ftüher zu uns stoßen konnten.In Speyer (Pistschanyj Brod) steht neben<strong>der</strong> ehemals katholischen Kirche einKreuz zur Erinnerung an die Gründung<strong>der</strong> Kolonie.. Es wurde von <strong>der</strong> FamilieElvira Wegner gestiftet und <strong>200</strong>7 vomorthodoxen Erzbischof Pitirim eingeweiht.In <strong>der</strong> Schule ist ein Teil des Flures<strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Kolonie Speyergewidmet. Diese kleine Ausstellung befindetsich dort seit längerem, nicht erstfür unseren Besuch.Wer an <strong>der</strong> Herzlichkeit <strong>der</strong> Menschennoch zweifeln mochte, wurde am Abendeines Besseren belehrt. Fast alle Konferenzteilnehmerübernachteten in Landau(Schirokolaniwka) in privaten Häusernund Wohnungen. Es wurde für alle einekurze Nacht.Die Besichtigung <strong>der</strong> übrig gebliebenenBauten am nächsten Morgen brachte allein die Gegenwart zurück. Die Kirche,lange Zeit als Lagerhalle o<strong>der</strong> Werkstättegenutzt, steht leer. Es gibt für sie keineVerwendung, da es keine Katholiken gi.bt--und <strong>der</strong> Ort eine orthodoxe Kirche hat.Vom Mädchenprogyrnnasium und <strong>der</strong>Zentralschule sind nur Ruinen übrig geblieben.Die Poststation wurde umgebautund ist kaum mehr zu erkennen. DasKrankenhaus benutzt nur noch das längs<strong>der</strong> Hauptsstraße stehende Gebäude.Auch da wurde mo<strong>der</strong>nisiert: Die im Flurl.aufgestellten Kanonenöfen, mit denen dieBehandlungsräume beheizt wurden, gibtes seit einem Jahr nicht mehr. In gutemZustand sind die Gebäude, in denen sichdie Kreisverwaltung und die Polizei befanden.Einzig das Gebäude des Theaterswurde mit Mitteln eines ortsansässigenGeschäftsmanns von Grund auf renoviert.Er hofft, seine Investition werdesich rentieren, denn auch auf dem Landemöchte man eine angenehme Umgebunggenießen können.In Katharinental (Katerinowka) gibt esinzwischen neben dem von Nina Denisjukseit <strong>Jahre</strong>n betreuten Museum ein"zweites, das im Haus des Pastors eingerichtetwurde. Sie hat es gekauft undvor <strong>der</strong> Zerstörung gerettet. Jetzt ist eswie<strong>der</strong> als Wohnhaus eingerichtet. Sowohlan <strong>der</strong> Inneneinrichtung als auch an<strong>der</strong> neuesten BroschÜre gäbe es einigesauszusetzen. Doch dann halte ich inneund denke mir: Ist es nicht bewun<strong>der</strong>nswert,wie viel wir doch noch von Spurendeutschen Lebens und Wirkens in denpaar Tagen gesehen haben! Wie vieleMenschen sich dafür interessieren! Manmöchte WÜnschen, die Nachkommen <strong>der</strong><strong>Beresaner</strong> in Deutschland und in Überseewürden sich auch so für ihre Geschichteinteressieren.Zeitungen und das F~rnsehen in Nikolajewhaben über die Konferenz und dieFahrt in die <strong>Beresaner</strong> KolQni~n mehrereBerichte gebracht. Fast zeitgleich feierteman auch in Worms und in Kassel den<strong>200</strong>. GTÜndungstag. Hier ohne Unterstützung<strong>der</strong> Gebietsverwaltung, ohne wissenschaftlicheKonferenz. Es waren ebenDorffeste, von den Dorfbewohnern, denGemeindeverwaltungen, Schulleitungenund <strong>der</strong> Gesellschaft "Wie<strong>der</strong>geburt" veranstaltet.Auch dort ging es herzlich undgefühlvoll zur Sache.Alfred Eisfeld, GöttingenP.S. Während <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schrift diesesBerichts rief ich in Stepowoje bei PriesterIoann an, um zu erfahren, wie man mitdem Gedenkkreuz vorankomme. Die Antwortwar überraschend. Man habe bereitsden Obelisk bestellt und das Fundamentdafiir betoniert. Obelisk? Ja, Pogorelowhabe den Betrag verdoppelt. Jetzt werdees nicht ein 2 m hohes Kreuz, son<strong>der</strong>neinen 6 m hohen Obelisk geben. Derobere Teil ähnle <strong>der</strong> katholischen Kirche.Die Spen<strong>der</strong> seien zur Einweihung am 9.November herzlich eingeladen.11VOLK AUF DEM WEG Nr.12/<strong>200</strong>9

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