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100 Jahre Evangelische Krankenhausseelsorge in Düsseldorf

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<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Evangelische</strong> <strong>Krankenhausseelsorge</strong> <strong>in</strong> Düsseldorf– das s<strong>in</strong>d <strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> und unzählige Momente und Begegnungenauf und an den Schwellen des Lebens.<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Evangelische</strong> <strong>Krankenhausseelsorge</strong> – dah<strong>in</strong>terverbirgt sich tausendfaches Klopfen, E<strong>in</strong>treten, Übertretene<strong>in</strong>er Türschwelle <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Krankenzimmer – E<strong>in</strong>treten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>durch Krankheit gezeichnetes, von Krankheit oder Unfallunterbrochenes Leben. Durchkreuzte Pläne und Hoffnungenauf Augenhöhe. Nach Gott fragen.<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Evangelische</strong> <strong>Krankenhausseelsorge</strong> <strong>in</strong> Düsseldorf– das bedeutet viele tausend Mal überschwängliches Glücknach e<strong>in</strong>er glücklichen Geburt, nach geglückter Operationoder erfolgreicher Therapie teilen und Gott danken dürfen.Viele tausend Mal Verzweiflung aushalten bei schleichenderVerschlechterung, nach plötzlichem Tod und jähem Endealler Hoffnung.<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Evangelische</strong> <strong>Krankenhausseelsorge</strong> – dah<strong>in</strong>terstehen hunderttausende Begegnungen, Gespräche undGebete mit Patienten und Patient<strong>in</strong>nen und Angehörigen,Ehrenamtlichen und Mitarbeitenden aus allen Berufsgruppene<strong>in</strong>er Kl<strong>in</strong>ik. Unzählige Gottesdienste und Fortbildungen.Ethikberatungen und Kuratoriumssitzungen.<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Evangelische</strong> <strong>Krankenhausseelsorge</strong> – das istwirklich e<strong>in</strong> guter Grund und e<strong>in</strong> gegebener Anlass, sich füre<strong>in</strong>en Augenblick unterbrechen zu lassen und über die Fülleund Dichte an Leben, Leiden, Begegnung, Trost und Freudenachzudenken, nachzublättern und sich dankbar zu er<strong>in</strong>nernund vorauszuschauen – im Vertrauen auf den Gott, der denLeidenden nahe ist und der Zukunft und Hoffnung schafft.Ich danke allen Düsseldorfer Seelsorger<strong>in</strong>nen und Seelsorgernfür ihre Beiträge zu diesem Heft und für ihre segensreicheund professionelle Arbeit <strong>in</strong> unseren Krankenhäusern.Und ich empfehle dieses Heft Ihrer aufmerksamen Lektüre.Super<strong>in</strong>tendent Ulrich Lilie<strong>Evangelische</strong>r Kirchenkreis Düsseldorf3


Wert wird auf hohe Qualifikation und kont<strong>in</strong>uierliche Fortbildungder Pfarrer und Pfarrer<strong>in</strong>nen für ihre besonderenAufgaben gelegt. Seelsorge und mediz<strong>in</strong>isch-pflegerischeDienste vernetzen sich, wo dies im Interesse von Patientenund deren Angehörigen ist. Seit e<strong>in</strong>igen <strong>Jahre</strong>n wollen auchzunehmend mehr Mitarbeitende aller Berufsgruppen <strong>in</strong> denKrankenhäusern seelsorglich begleitet und beraten werden.Die Krankenseelsorge <strong>in</strong> den Häusern hat sich zur <strong>Krankenhausseelsorge</strong>gewandelt.<strong>Evangelische</strong> <strong>Krankenhausseelsorge</strong> <strong>in</strong> Düsseldorf war undist vernetzt mit engagierten Ehrenamtlichen <strong>in</strong> den Krankenhäusern.Stellvertretend für viele sei hier die <strong>Evangelische</strong>Krankenhaushilfe (Grüne Damen und Herren) genannt, dieim <strong>Evangelische</strong>n Krankenhaus gegründet wurde und <strong>in</strong>diesem Jahr ihr 40jähriges Bestehen feiert.Heute stehen die <strong>Krankenhausseelsorge</strong>r und -seelsorger<strong>in</strong>nen<strong>in</strong> Düsseldorf aufgrund der Veränderungen imGesundheitssystem und den Entwicklungen <strong>in</strong> Mediz<strong>in</strong> undForschung vor neuen Aufgaben und Herausforderungen. DieVerkürzung der Verweildauer von Patienten, die Vere<strong>in</strong>samungvon Patienten ohne Bezugspersonen und die erhöhteNachfrage ethischer Beratung s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>ige Aspekte, diegegenwärtig die Arbeit <strong>in</strong> den Krankenhäusern prägen. E<strong>in</strong>enlebendigen E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die vielfältigen Aufgaben der <strong>Krankenhausseelsorge</strong><strong>in</strong> Düsseldorf geben die folgenden Textedieser Broschüre.Der Leitsatz der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Krankenhausseelsorge</strong> <strong>in</strong>Düsseldorf im Jahr 2009 lautet:<strong>Krankenhausseelsorge</strong> vermittelt Menschen im Krankenhausauf vielfältige Weise die befreiende und tröstende Kraft desEvangeliums und stärkt ihre Kraft zum Menschse<strong>in</strong>.Damit bietet sie Unterstützung an, um Lebenskrisen zu bewältigenund die dabei hilfreichen Ressourcen zu entdecken.In diesem S<strong>in</strong>ne lautet me<strong>in</strong> Wunsch zum Jubiläum: Mögedie <strong>Evangelische</strong> <strong>Krankenhausseelsorge</strong> <strong>in</strong> Düsseldorf mitihren vielen Gesichtern weiterh<strong>in</strong> segensreich für die Menschenunserer Stadt und unserer Region wirken.Pfarrer<strong>in</strong> Henrike TetzLeiter<strong>in</strong> der Abteilung Seelsorge des<strong>Evangelische</strong>n Kirchenkreises Düsseldorf* E<strong>in</strong>e paradigmatische Aufarbeitung der <strong>Krankenhausseelsorge</strong> jener Zeitsowie auch der <strong>Jahre</strong> nach 1933 f<strong>in</strong>det sich bei Helmut Ackermann: Ich b<strong>in</strong>krank gewesen… Das <strong>Evangelische</strong> Krankenhaus Düsseldorf, 1849 – 1999.Düsseldorf: Grupello, 1999.5


Ich biete den Eltern an, dass sie e<strong>in</strong>en Taufspruch für Marieaussuchen können. Das wollen sie gerne und entscheidensich für e<strong>in</strong>en Vers aus Psalm 91: „Denn er hat se<strong>in</strong>en Engelnbefohlen, dass sie dich behüten auf allen de<strong>in</strong>en Wegen.“Für die Tauffeier haben die Pflegenden schon alles vorbereitet.Der Tisch vor dem Inkubator ist zu e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Altargeworden: e<strong>in</strong>e weiße Tischdecke, e<strong>in</strong> Blumengesteck, e<strong>in</strong>eBibel, e<strong>in</strong> Kreuz und e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Bronzeengel – und natürlichdie kle<strong>in</strong>e Taufschale und e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Krug mit Wasser für dieTaufe.Inzwischen s<strong>in</strong>d auch die Großeltern und Paten gekommen.Während sie Marie mit Tränen <strong>in</strong> den Augen zum ersten Malansehen, schlüpfe ich im Stationszimmer <strong>in</strong> me<strong>in</strong>en Talar. DieTauffeier beg<strong>in</strong>nt. Marie wird getauft – im Namen des Vatersund des Sohnes und des Heiligen Geistes – mit ganz wenigWasser wird ihr kle<strong>in</strong>es Köpfchen ganz vorsichtig benetzt.Auch ihre Eltern berühren Marie vorsichtig und segnen sie –während ich den Taufspruch vorlese. Der alte Ritus der Taufegibt Halt und Trost. Mitten <strong>in</strong> den funktionellen Abläufen derK<strong>in</strong>der<strong>in</strong>tensivstation – e<strong>in</strong> heiliger Moment.Nach vielen Wochen des Hoffens und Bangens könnenMaries Eltern ihre Tochter endlich mit nach Hause nehmen.Nicht immer ist das möglich. Manche K<strong>in</strong>der sterben währendoder nach der Taufe. Manchmal bleibt nur ganz wenigZeit für die Taufe – dann taufen Ärzt<strong>in</strong>nen und Ärzte oderSchwestern und Pfleger.Pfarrer<strong>in</strong> Simone Bakus7


<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Evangelische</strong><strong>Krankenhausseelsorge</strong>Über Wahrheit am Krankenbett reden könnenSeelsorge und Bildungsarbeit im Krankenhaus„Gut, dass Sie wieder Ihre Veranstaltung zur ‚Wahrheit amKrankenbett‘ <strong>in</strong> der <strong>in</strong>nerbetrieblichen Fortbildung anbieten!“,sagt die Krankenschwester, die ich im E<strong>in</strong>gangsbereichder Mediz<strong>in</strong>isch-Neurologisch-Radiologischen (MNR)-Kl<strong>in</strong>ikder Unikl<strong>in</strong>ik treffe. „Beim letzen Mal habe ich das Sem<strong>in</strong>arverpasst, aber diesmal komme ich. Ich habe mich schonangemeldet.“„Schön!“, denke ich, „die Fortbildungen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e wichtigeSäule unserer Arbeit, mit der wir die Mitarbeitenden mitihren beruflichen Fragen direkt erreichen können.“Ich er<strong>in</strong>nere mich gerne an zahlreiche Mitarbeitende derUnikl<strong>in</strong>ik, die an unseren Sem<strong>in</strong>aren und Vorträgen, Workshopsund E<strong>in</strong>zeltra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs teilgenommen haben.8„Wissen Sie“, sagt die Schwester, „gestern gab es e<strong>in</strong>e kritischeSituation. Ich war ganz unsicher, wie ich mich verhaltensollte. Die Patient<strong>in</strong> hat e<strong>in</strong> schlimme Diagnose und e<strong>in</strong>ewirklich schlechte Prognose. Aber seit me<strong>in</strong>e Mutter imletzten Jahr gestorben ist, kann ich mit Patienten, die nicht


mehr lange leben werden, nicht mehr locker umgehen. Ichmöchte das aber wieder lernen. Und da kommt doch ihreFortbildung zur Wahrheit am Krankenbett wie gerufen.Schwester Melanie me<strong>in</strong>te jedenfalls, ihr hätte das Sem<strong>in</strong>arsehr geholfen.“In der Tat erlebe ich oft, dass unsere Fortbildungsveranstaltungenzu sehr konkreten Hilfen im Stationsalltag werden.Meist geht es um die Themen Sterben, Tod und Trauer, und essche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong> großes Bedürfnis zu geben, das eigene Handelnzu reflektieren, Erfahrungen mite<strong>in</strong>ander zu teilen und Neuesauszuprobieren. Ich arbeite meist erfahrungsbezogen, sodass sich die Mitarbeitenden ihrer eigenen Gefühle, Ängsteund Befürchtungen, aber auch ihrer Hoffnungen, Wünscheund Bedürfnisse <strong>in</strong> Bezug auf das eigene, aber auch dasfremde Sterben bewusst werden. Ich b<strong>in</strong> zutiefst davonüberzeugt: Wer sich selbst an diesem Punkt kennt und dieeigenen Gefühle e<strong>in</strong>zuschätzen vermag, kann besser auf se<strong>in</strong>Gegenüber e<strong>in</strong>gehen, kann eher eigene von fremden Ängstenund Hoffnungen unterscheiden und Patienten gerade <strong>in</strong>der Phase des Abschiednehmens e<strong>in</strong>fühlsam begleiten.Weil uns die patientenorientierte Arbeit e<strong>in</strong> wichtiges Anliegenist, arbeiten wir Kl<strong>in</strong>ikpfarrer<strong>in</strong>nen und -pfarrer an vielenStellen <strong>in</strong> der Aus- und Weiterbildung, unterrichten <strong>in</strong> derKrankenpflegeschule, halten Sem<strong>in</strong>are <strong>in</strong> der <strong>in</strong>nerbetrieblichenFortbildung, s<strong>in</strong>d Vortragende <strong>in</strong> der kl<strong>in</strong>ik<strong>in</strong>ternenÄrztefortbildung und den Stationsweiterbildungen, s<strong>in</strong>d<strong>in</strong>tegriert <strong>in</strong> die Onkologie-Ausbildung oder referieren amTag der Forschung.Pfarrer<strong>in</strong> Heike Schneidereit-Mauth9


<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Evangelische</strong><strong>Krankenhausseelsorge</strong>Über den Berg kommenSeelsorge <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>der- und Jugendpsychiatrie10„Vor mir lag das Leben wie e<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>bar unüberw<strong>in</strong>dbarerBerg. Zuhause gab es fast nur noch Streit. In der Schule b<strong>in</strong>ich ständig wegen me<strong>in</strong>es Aussehens gehänselt worden.Dann b<strong>in</strong> ich aus Frust und Angst weggelaufen und nichtmehr <strong>in</strong> die Schule gegangen“, erzählte mir die 16-jährige Sab<strong>in</strong>ebei unserem ersten Gespräch <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>der- und Jugendpsychiatriedes Kl<strong>in</strong>ikums Düsseldorf des LandschaftsverbandesRhe<strong>in</strong>land (LVR). Als sie sich mir anvertraute, konnte ichzunächst nur zuhören. Genau das brauchte Sab<strong>in</strong>e <strong>in</strong> dieserSituation. Sie war froh, dass sie <strong>in</strong> aller Ruhe und ohne Druckmit mir sprechen konnte. Bald erfuhr sie bei verschiedenenAnlässen, dass sie mit ihren Problemen nicht alle<strong>in</strong> war undandere Jugendliche Ähnliches erlebt hatten. Dadurch entstandbei ihr der Wunsch, sich mit anderen auszutauschen.Geme<strong>in</strong>sam entwickelten wir die Idee, ihre Fragen <strong>in</strong> den


Religionsunterricht <strong>in</strong> der Alfred-Adler-Schule e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen.Dort sprachen wir dann anhand ihres Bildes vom Berg übermögliche Wege, aus ausweglos ersche<strong>in</strong>enden Lebenssituationenherauszukommen: Was können wir aus eigenerKraft schaffen? Wann brauchen wir die Hilfe anderer? Wielassen sich tragfähige Netzwerke bilden? Wo s<strong>in</strong>d, um <strong>in</strong>der Sprache des Bergwanderns zu bleiben, die lebensrettendenSeilschaften, um sich gegenseitig zu unterstützen undgeme<strong>in</strong>sam über den Berg zu kommen? Kann uns dabei derGlaube helfen?Zeitlich fielen unsere Gespräche <strong>in</strong> die Adventszeit. So kamenwir auf die Idee, unsere Fragen als Wünsche und Bitten <strong>in</strong>den Weihnachtsgottesdienst der Alfred-Adler-Schule und derK<strong>in</strong>der- und Jugendpsychiatrie mit aufzunehmen. Für Sab<strong>in</strong>ewar es e<strong>in</strong> befreiender Schritt, e<strong>in</strong>e Fürbitte selbst zu gestalten.So konnte sie ihre Vorstellungen von e<strong>in</strong>em friedlichenMite<strong>in</strong>ander – auch über Weihnachten h<strong>in</strong>aus – zum Ausdruckbr<strong>in</strong>gen und mit anderen teilen.Als Kl<strong>in</strong>ikpfarrer begleite ich <strong>in</strong> der Kl<strong>in</strong>ik K<strong>in</strong>der und Jugendliche<strong>in</strong> ihrer Ause<strong>in</strong>andersetzung mit Lebens- und Glaubensfragen.Dies geschieht sowohl <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelgesprächen alsauch durch geme<strong>in</strong>schaftliche Aktivitäten. Denn K<strong>in</strong>der undJugendliche mit e<strong>in</strong>er seelischen Erkrankung fühlen sich <strong>in</strong>ihrem Lebensalltag oft unverstanden, leiden unter E<strong>in</strong>samkeitund sozialer Isolation. Hier kann die Seelsorge von kle<strong>in</strong>erenGruppenangeboten bis h<strong>in</strong> zu geme<strong>in</strong>sam gestaltetenGottesdiensten vielfältige Möglichkeiten zur Begegnung undkreativen Entfaltung anbieten. Damit gibt sie auch Anstößefür e<strong>in</strong> verständnisvolleres Mite<strong>in</strong>ander aller Beteiligten undbaut Brücken zum Umfeld der K<strong>in</strong>der und Jugendlichen.Pfarrer Claus Scheven11


<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Evangelische</strong><strong>Krankenhausseelsorge</strong>„Haben Sie mal e<strong>in</strong>en Augenblick Zeit für mich?“Mitarbeiterseelsorge im Krankenhaus„Haben Sie mal e<strong>in</strong>en Augenblick Zeit für mich?“, fragt derjunge Oberarzt der Uni-Kl<strong>in</strong>ik. „Ich würde gerne mit Ihnen reden.Mir ist es wichtig, Ihre Me<strong>in</strong>ung zu e<strong>in</strong>em persönlichenThema zu hören“, erzählt er weiter und berichtet von se<strong>in</strong>erberuflichen und dann auch von se<strong>in</strong>er privaten Situation.Irgendwie ist er – der sonst so ruhig und gelassen auchschwierigste mediz<strong>in</strong>ische Situationen meistert – aus demLot gekommen.12Da ist der Chef, der von ihm die Organisation e<strong>in</strong>es großenKongresses erwartet, da s<strong>in</strong>d die Vielzahl von schwer undschwerst erkrankten Patienten und Patient<strong>in</strong>nen, da ist derTod der jungen Frau, deren Leben er so gerne gerettet hätte


– und da ist e<strong>in</strong> Privatleben, e<strong>in</strong>e Frau, die nach all den <strong>Jahre</strong>nder Entbehrung und des Verzichtes ihren Ehemann e<strong>in</strong>fachmehr zu Hause haben möchte und da s<strong>in</strong>d zwei K<strong>in</strong>der – e<strong>in</strong>pubertierender Junge und e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Mädchen, die ihrenVater auf ihre ganz eigene Weise fordern.Das Leben ist aus den Fugen geraten, die Work-Life-Balancestimmt schon lange nicht mehr. Und zu allem Überflussgibt es jetzt auch noch e<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressantes Stellenangebot ause<strong>in</strong>er anderen Unikl<strong>in</strong>ik.„Ich weiß nicht, was ich will. Ich brauche mal jemanden, demich das alles ungeschm<strong>in</strong>kt, unvore<strong>in</strong>genommen erzählenkann, der mir hilft, me<strong>in</strong>e beruflichen und privaten Angelegenheitenzu sortieren, um wieder klarer zu sehen.“ Auch dafürist die Kl<strong>in</strong>ikseelsorge da. Denn <strong>in</strong> der Kl<strong>in</strong>ik gibt es nichtnur Patienten und deren Angehörige, sondern auch Ärzteund Ärzt<strong>in</strong>nen, Krankenschwestern, Pfleger und viele Mitarbeitende<strong>in</strong> Technik und Verwaltung. Auch da gibt es Überforderung,Unsicherheiten und Konflikte. Auch hier helfenwir oft, fast täglich, mit e<strong>in</strong>em Gespräch, e<strong>in</strong>em Erfahrungsaustausch,e<strong>in</strong>er Beratung oder e<strong>in</strong>er Krisen<strong>in</strong>tervention.„Danke. Sonst hätte ich jetzt ke<strong>in</strong>en gewusst, dem ich dasmal sagen kann.“Pfarrer<strong>in</strong> Heike Schneidereit-Mauth13


<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Evangelische</strong><strong>Krankenhausseelsorge</strong>„ ... mit Herzen, Mund und Händen ...“Gottesdienst im Krankenhaus„Darf ich den Gottesdienst auch so mitfeiern?“ Die Frau,die mich das fragt, als ich sie an der Türe zur Krankenhauskapelledes <strong>Evangelische</strong>n Krankenhauses begrüße, ist mitNachthemd, Morgenmantel und Hausschuhen bekleidet undschiebt e<strong>in</strong>en Infusionsständer neben sich her. „Selbstverständlichdürfen Sie“, antworte ich. „Herzlich willkommenim Gottesdienst!“ Sie nimmt auf e<strong>in</strong>em der Stühle Platz undblättert <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gesangbuch.14Allmählich f<strong>in</strong>det sich die Gottesdienstgeme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong>:versehrte und verletzte Menschen, gelegentlich auch im Rollstuhloder im Bett; geme<strong>in</strong>sam mit Angehörigen, anderenPatienten oder alle<strong>in</strong>; Menschen verschiedener Konfessionen;


Patienten, werden vorgestellt und auf die Besonderheitenh<strong>in</strong>gewiesen. Erst wenn alles bereit ist zum Essenreichen,übernehmen die Ehrenamtlichen.Die Menschen werden durch Aufrufe <strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>debriefen,durch direkte Ansprache auch durch die Ortsgeme<strong>in</strong>denund durch die Freiwilligenzentrale der Diakonie für dieseAufgaben angesprochen.Anders als vor 4o <strong>Jahre</strong>n, als erste Dienste im Krankenhausentstanden, wird heute offen darüber gesprochen, dass sichder E<strong>in</strong>satz auch für die Helfer und Helfer<strong>in</strong>nen lohnen soll,nicht f<strong>in</strong>anziell, sondern dadurch, dass der E<strong>in</strong>satz Freudemacht, neue Kräfte herausfordert, Geme<strong>in</strong>schaft mit neuenMenschen br<strong>in</strong>gt und anderen Menschen hilft.Als Seelsorger b<strong>in</strong> ich hier täglich gefragt. Viele der Ehrenamtlichenerzählen mir ihre eigene Geschichte. Viele erzählenvon bewegenden Begegnungen mit Patienten: „Gut, dassSie als Pfarrer dafür immer e<strong>in</strong> Ohr haben.“Pfarrer Paul-Joachim Schnapp17


<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Evangelische</strong><strong>Krankenhausseelsorge</strong>E<strong>in</strong> Unfall – und alles ist andersSeelsorge auf der Intensivstation18„Gut, dass Sie da s<strong>in</strong>d“, sagt e<strong>in</strong> Arzt auf der Intensivstationder Uni-Kl<strong>in</strong>ik zu mir. „Ich hätte sonst versucht, Sieüber den Rufdienst zu kriegen. Ich muss gleich zu e<strong>in</strong>erjungen Patient<strong>in</strong>, die mit ihrem Mann auf dem Motorradverunfallt ist und ihr mitteilen, dass ihr Mann verstorbenist. Sie selbst wird wieder fit. Die K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d bei denGroßeltern untergebracht. Können Sie sich für alle Fällebereit halten?“ E<strong>in</strong>ige Zeit später kommt e<strong>in</strong> Anruf überdas Handy: Die Patient<strong>in</strong> würde mich gern sehen. In derZwischenzeit hat die Kolleg<strong>in</strong> der Notfallseelsorge sichschon erkundigt, ob es <strong>in</strong> der Kl<strong>in</strong>ik e<strong>in</strong>en Kontakt gege-


en hat. Sie selbst war nach dem Unfall bei den K<strong>in</strong>dern imE<strong>in</strong>satz, nachdem diese die Nachricht gehört hatten. Ich betretedas E<strong>in</strong>zelzimmer, <strong>in</strong> dem die Patient<strong>in</strong> liegt. Zwischenmediz<strong>in</strong>ischen und pflegerischen Abläufen und der üblichenGeräuschkulisse sorgen der Arzt und die zuständige Schwesterdafür, dass wir Ruhe haben.Da se<strong>in</strong>, aushalten, Worte f<strong>in</strong>den für das, was unaussprechlichist, hören und wieder aushalten. Das ist jetzt dran. E<strong>in</strong>mehrwöchiger geme<strong>in</strong>samer Wegabschnitt <strong>in</strong> der Kl<strong>in</strong>ikbeg<strong>in</strong>nt. Die Frage nach der Schuld, ihre Wut und die Traurigkeit,auch die Angst vor dem, was kommt, und das R<strong>in</strong>gendarum, wo Gott <strong>in</strong> all dem zu f<strong>in</strong>den ist, äußern sich nachund nach. Die Zusammenarbeit mit der Psycholog<strong>in</strong> gehtHand <strong>in</strong> Hand. Der Geme<strong>in</strong>dekollege aus der kle<strong>in</strong>en Nachbarstadtist mit den K<strong>in</strong>dern <strong>in</strong> Kontakt. In K<strong>in</strong>dergarten undSchule hat er nach dem tragischen Unfall alle Hände voll zutun mit aufgeschreckten Erwachsenen, K<strong>in</strong>dern, Lehrer<strong>in</strong>nenund Erzieher<strong>in</strong>nen. Als die Patient<strong>in</strong> die Kl<strong>in</strong>ik verlässt, ist erste<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er, aber wichtiger Abschnitt geschafft.Pfarrer<strong>in</strong> Anke Krughöfer19


<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Evangelische</strong><strong>Krankenhausseelsorge</strong>Das hätte Mutter nie gewolltEthikberatung im Krankenhaus„Das hätte Mutter nie gewollt“, sagt mir der Sohn, den ichauf der Intensivstation im Marien-Hospital am Bett se<strong>in</strong>erMutter antreffe. Die Ärzte haben sie nach e<strong>in</strong>er Operation<strong>in</strong>s künstliche Koma versetzt. „Sie wollte nie so an Schläucheangeschlossen se<strong>in</strong>, die sie am Leben erhalten, auch wenn siegar nichts mehr davon mitbekommt. Das ist doch ke<strong>in</strong> Lebenmehr. Warum kann man die Geräte nicht e<strong>in</strong>fach ausschalten?“Wir kommen <strong>in</strong>s Gespräch über das Leben der Mutter, überihre Erkrankung und deren Verlauf, über die Prognosen derÄrzte und auch über se<strong>in</strong>e Hilflosigkeit angesichts der nune<strong>in</strong>getretenen Situation, dass er se<strong>in</strong>e Mutter zur Zeit nichtmehr fragen kann, was sie denn selbst gewollt hätte.20E<strong>in</strong>e Patientenverfügung, die Aufschluss darüber gebenkönnte, was sie denn für diese Situation selbst entscheidenwürde, hatte die Mutter nicht ausgefüllt. Sie hatte auchke<strong>in</strong>e Vorsorgevollmacht erteilt, die den Sohn berechtigenwürde mit den behandelnden Ärzten über ihren mutmaßlichenWillen <strong>in</strong>s Gespräch zu kommen.


Heutzutage könnte der Sohn das Ethikkomitee des Krankenhausesanrufen mit der Frage, ob die Mutter an e<strong>in</strong>er zumTode führenden Krankheit leidet, die so weit fortgeschrittenist, dass es gerechtfertigt ersche<strong>in</strong>t, von ärztlicher Seite nichtmehr alles zu tun, was man tun kann und damit gegebenenfallsauch e<strong>in</strong>en früheren Todeszeitpunkt <strong>in</strong> Kauf zu nehmen.Wenn ich mit Patienten oder ihren Angehörigen spreche,versuche ich, ihnen Mut zu machen, mite<strong>in</strong>ander darüberzu sprechen, was sie sich wünschen für den Fall, dass sieselbst nicht mehr entscheiden können. Ich bitte sie, e<strong>in</strong>enMenschen zu benennen, dem sie die Regelung ihrer Gesundheitsfürsorgeanvertrauen möchten und der dann auch <strong>in</strong>der Lage ist, dem Personal im Krankenhaus e<strong>in</strong> kompetenterGesprächspartner zu se<strong>in</strong>. Auch wenn das sehr schwer fällt.Im Gespräch mit Ärzten, Schwestern und Pflegern ermutigeich dazu, das Ethikkomitee anzurufen, um sich mit allenBerufsgruppen im Krankenhaus, die den Patienten kennenund ihn betreuen, pflegen oder behandeln, über die weitereBehandlung auszutauschen und um im Mite<strong>in</strong>ander zu e<strong>in</strong>erEntscheidung kommen zu können, die dem Wohl des Patientenzum Besten dient.„Me<strong>in</strong>e Zeit steht <strong>in</strong> de<strong>in</strong>en Händen“, sagt der Psalmbeterund er<strong>in</strong>nert uns daran, dass unser Leben e<strong>in</strong> GeschenkGottes ist. Gottes Geschenk ist kostbar und verlangt, dasswir verantwortlich damit umgehen. Umso wichtiger ist dasgeme<strong>in</strong>same Gespräch darüber, was Verantwortung <strong>in</strong> derjeweiligen Lebenssituation konkret bedeutet und wie wirim Glauben an Gottes Verheißung unserer Verantwortunggerecht werden.Pfarrer<strong>in</strong> Adelheid Vitenius21


<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Evangelische</strong><strong>Krankenhausseelsorge</strong>„Versöhnte Verschiedenheit“Ökumene <strong>in</strong> der Seelsorge im Krankenhaus„Ich b<strong>in</strong> aber katholisch!“ Mehrmals täglich höre ich alsevangelische Seelsorger<strong>in</strong> im katholischen St. Mart<strong>in</strong>us-Krankenhaus<strong>in</strong> Bilk und vormals auch im Heerdter Dom<strong>in</strong>ikus-Krankenhaus diesen Satz von Patient<strong>in</strong>nen oder Patienten,wenn ich e<strong>in</strong> Krankenzimmer betrete und mich vorstelle.Schnell kommen wir mite<strong>in</strong>ander <strong>in</strong>s Gespräch und merken,dass wir uns trotzdem ganz gut unterhalten können – überGott und die Welt, über die Erlebnisse und Erfahrungen imKrankenhaus, über Familie und Freunde und eben auch überunsere Kirchen.22Oft macht es ke<strong>in</strong>en großen Unterschied im Gespräch, ob wirnun evangelisch oder katholisch oder auch anderes s<strong>in</strong>d.Manchmal erzählen wir uns gegenseitig von unserem Glaubenund auch von dem, was wir <strong>in</strong> unseren Kirchen erleben.Und auch da: Es gibt meist mehr Geme<strong>in</strong>samkeiten als


Unterschiede! Das, was uns verb<strong>in</strong>det und im Leben trägt, istder Glaube an unseren Herrn Jesus Christus.Und doch! Manchmal ist da auch der Wunsch nach derKrankensalbung durch e<strong>in</strong>en Priester. Auch Abendmahl undEucharistie feiern wir unterschiedlich.Dann ist der Kontakt zu me<strong>in</strong>en katholischen Kolleg<strong>in</strong>nenund Kollegen schnell hergestellt. Geme<strong>in</strong>sam planen wirbeispielsweise auch ökumenische Mittagsgebete undAndachten oder Gottesdienste. Gerade auch <strong>in</strong> der <strong>Krankenhausseelsorge</strong>zeigt sich: „Versöhnte Verschiedenheit“ istmöglich! Schön, dass wir so vieles geme<strong>in</strong>sam haben!Pastor<strong>in</strong> Annette Hohnwald23


<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Evangelische</strong><strong>Krankenhausseelsorge</strong>„Ich wollte Sie gerade mal begrüßen.“Vom Rundgang der Seelsorge über die StationE<strong>in</strong>e Tür zum Krankenzimmer. In der Kaiserswerther Diakonie.Viele Male an jedem Tag drücke ich die Kl<strong>in</strong>ke, trete e<strong>in</strong>.Entweder als erbetener, gewissermaßen „bestellter“ Besuch.Oder, weitaus häufiger, gewissermaßen auf Visite: „Ich b<strong>in</strong>auf dem Rundgang über Station. Und ich wollte Sie malbegrüßen.“Gerade der unerwartete Besuch bietet Überraschungen:„Du liebe Güte! Ist es schon so weit!“. Manchmal auch: „ Pfarrer?Da kann ich nun gar nichts mit anfangen!“24Meistens aber freuen sich Menschen, wenn wir Seelsorger<strong>in</strong>nenund Seelsorger kommen, stellvertretend für die Kircheund die Kirchen, vor allem aber auch stellvertretend für denSchöpfer aller D<strong>in</strong>ge, der eben auch als heilend geglaubt underfahren wird. Bei uns, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em evangelischen Krankenhaus,


nicken Patient<strong>in</strong>nen und Patienten immer wieder vielsagendzum Kreuz an der Wand: „Der hilft jetzt am meisten!“Worüber wird eigentlich <strong>in</strong> all den Seelsorgegesprächengeredet? Um es kurz zu sagen: Über e<strong>in</strong>fach alles! Das gehtvom Wetter und Fußball, der Pflege und der Mediz<strong>in</strong> sowieder Krankenhausküche über die K<strong>in</strong>der und die Eltern, die Arbeitund die Politik und dann immer wieder sehr unmittelbarans E<strong>in</strong>gemachte. An die sehr persönlichen Fragen, Ängsteund Dankbarkeiten. Und auch an all die Fragen nach S<strong>in</strong>n,S<strong>in</strong>nlosigkeit, Lebenss<strong>in</strong>n.Wir Seelsorgende missionieren nicht. Und wir wissen, dassauch der Fußball vom lieben Gott ist, wie die Gartenpflege.Wir wissen über die Kraft von Gebet und Segen, gerade imKrankenhauszimmer. Und manchmal auch vom Schweigenoder auch vom erlösenden Humor.„Herr Pastor, zum Schluss noch e<strong>in</strong> Witz“, sagte der alteostpreußische Eisenbahner und erzählte mir jedes Mal e<strong>in</strong>eAnekdote vom Marielchen und dessen Schlagfertigkeit.Pfarrer Hans Bartosch25


<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Evangelische</strong><strong>Krankenhausseelsorge</strong>“If we couldn’t laugh, we would all go <strong>in</strong>sane”Jimmy Buffett, amerikanischer Songwriter und MusikerSeelsorge <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er psychiatrischen Kl<strong>in</strong>ikWenn ich als Seelsorger von Patienten und Patient<strong>in</strong>nen derpsychiatrischen Kl<strong>in</strong>ik <strong>in</strong> der Kaiserswerther Diakonie um e<strong>in</strong>Gespräch gebeten werde, geschieht das meist kurz nachdemsie aufgenommen wurden. Vielfach ist das erste Gesprächstark dadurch geprägt, dass dem Kl<strong>in</strong>ikaufenthalt e<strong>in</strong>e fürden Patienten oder die Patient<strong>in</strong> sehr aufreibende Phasevorausgegangen ist. Ganz ungeordnet wird mir erzählt. Unddann tauche ich e<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Welt, <strong>in</strong> der ich mich erst e<strong>in</strong>malnur mühsam zurechtf<strong>in</strong>den kann. Und mitten im Gespräch:„Ich muss Ihnen etwas aus der Bibel vorlesen! Können Sie mire<strong>in</strong>e Bibel besorgen?“26Direkt werde ich oft auf Gott oder den Teufel angesprochen.„Das stimmt doch, Herr Pfarrer, vor den Versuchungen


des Teufels muss man sich <strong>in</strong> acht nehmen. Aber vor Gotthabe ich noch mehr Angst.“ Ob me<strong>in</strong>e Versuche, von e<strong>in</strong>emgnädigen und liebenden Gott zu sprechen, ankommen? Wasgeschieht <strong>in</strong> der Begegnung?Ich werde gebeten <strong>in</strong> e<strong>in</strong> paar Tagen noch e<strong>in</strong>mal wiederzukommen.Bei dem zweiten Gespräch ist die Stimmung schonanders. „Ich glaube, da war vieles ganz durche<strong>in</strong>ander, wasich Ihnen letzte Woche erzählt habe – habe ich viel dummesZeug geredet?“ Ich gebe zu, dass ich nicht alles von demverstanden habe, was der Patient mir erzählt hatte. Aber dassdie Angst und Unsicherheit groß war, das habe ich gemerkt.„Heute geht es mir schon besser – wir lachen hier viel,besonders beim geme<strong>in</strong>samen Essen. Aber ich glaube ichmuss noch e<strong>in</strong>ige Zeit hierbleiben. Sie müssen noch e<strong>in</strong>malwiederkommen, wenn ich die Bibelstelle gefunden habe, dieich Ihnen vorlesen wollte.“Es ist schon erstaunlich, dass gerade auf e<strong>in</strong>er Depressionsstationso viel gelacht wird. Vielleicht liegt es an der heilendenGeme<strong>in</strong>schaft. Wenn man merkt, mir geht es nichtalle<strong>in</strong>e so – andere s<strong>in</strong>d schon e<strong>in</strong> Stück weiter. Und wennman anfängt, über sich selbst lachen zu können – dann istdas sicher auch e<strong>in</strong> Teil der Mediz<strong>in</strong>.Pfarrer Mart<strong>in</strong> Gebhardt27


<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Evangelische</strong><strong>Krankenhausseelsorge</strong>„Das ist ja schön, dass Sie kommen!“Wie Geme<strong>in</strong>den und Krankenhäuser zusammengehören28Mittwochs im Benrather Krankenhaus: Erst e<strong>in</strong>mal wahrnehmen,wer da ist und wie lange schon. Kurzes Innehalten, sichbes<strong>in</strong>nen, aus der Hektik des Alltags aussteigen, um Zeit zuhaben für die Menschen, die hier im Benrather Krankenhausliegen. „Das ist ja schön, dass Sie kommen. Ich habe schonlange ke<strong>in</strong>en Kontakt mehr zur Kirche gehabt.“ So oder ähnlichbeg<strong>in</strong>nen manche Gespräche. Oft haben sie e<strong>in</strong>e Richtung:das meist bange H<strong>in</strong>warten auf e<strong>in</strong>e Diagnose oderder verzweifelte Versuch, sich damit abzuf<strong>in</strong>den, hier se<strong>in</strong> zumüssen.


Für mich, die ich zu drei Viertel <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de, zu e<strong>in</strong>emViertel im Krankenhaus als Pfarrer<strong>in</strong> arbeite, ist das Krankenhauswie e<strong>in</strong> Boot, <strong>in</strong> dem viele Menschen sitzen. Ihr Lebenwird geprägt und bee<strong>in</strong>flusst von Krankheit, Leid und Tod, eskennt Wunden und Verletzungen, Mühsal und Traurigkeit.Es fällt schwer, die Niederlage menschlicher Möglichkeitene<strong>in</strong>zugestehen und die von der Natur gesetzten Grenzen zuakzeptieren.In der Begleitung von Kranken, Leidenden, Sterbenden undTrauernden liegt die Herausforderung, sensibel zu se<strong>in</strong> fürdie Spannungen, die Leid und Tod aufdecken und die ungeahnteVerbundenheit zwischen sich und dem Gott desGlaubens zu entdecken. Das leidvolle Leben, die Nöte undSorgen stehen <strong>in</strong> engem Zusammenhang mit dem eigenenLeid. Durch das ganzheitliche Menschenbild unseres Glaubensund <strong>in</strong> Nächstenliebe möchten wir im Krankenhaus dasJesuswort aus dem Matthäusevangelium (Kapitel 25, Vers 36)erfahrbar machen: „Ich b<strong>in</strong> krank gewesen und ihr habt michbesucht.“Pfarrer<strong>in</strong> Michaela Nieland-Schuller29


<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Evangelische</strong> <strong>Krankenhausseelsorge</strong>Düsseldorfer Krankenhäuser undihre evangelischen Seelsorger undSeelsorger<strong>in</strong>nenAugusta KrankenhausAmalienstraße 940472 DüsseldorfPfarrer Alfred GeibelTelefon: 0211/ 90 43-0Alfred.Geibel@evdus.deKrankenhaus BenrathUrdenbacher Allee 8340593 DüsseldorfDom<strong>in</strong>ikus-KrankenhausAm Heerdter Krankenhaus 240549 DüsseldorfPfarrer<strong>in</strong> Hannelore KuhlmannTelefon: 0211/ 567-0Hannelore.Kuhlmann@evdus.deKrankenhaus ElbroichAm Falder 640589 DüsseldorfPfarrer Christian SchmandtTelefon 0211/79 22 48Christian.Schmandt@evdus.deGerresheimer KrankenhausGräul<strong>in</strong>ger Straße 12040625 DüsseldorfPfarrer Paul SchnappTelefon: 0211/ 2800-3444schnapp@kl<strong>in</strong>iken-duesseldorf.deFlorence-Night<strong>in</strong>gale-Krankenhausder Kaiserswerther DiakonieKreuzbergstraße 7940489 DüsseldorfPfarrer Hans BartoschTelefon: 0211/ 409 23 08Lichtruf: 4 09 23 08bartosch@kaiserswerther-diakonie.dePfarrer<strong>in</strong> Michaela Nieland-SchullerTelefon: 0211/ 7 00 54 70Michaela.Nieland-Schuller@evdus.dePfarrer Matthias KöhlerTelefon 0211/ 997-02Matthias.Koehler@evdus.de<strong>Evangelische</strong>s KrankenhausKirchfeldstraße 4040217 DüsseldorfPfarrer<strong>in</strong> Eva GütherTelefon: 0211/ 919-17 54eva.guether@evk-duesseldorf.dePfarrer Mart<strong>in</strong> GebhardtTelefon: 0211/ 4 09 20 50Lichtruf: 4 09 24 31gebhardt@kaiserswerther-diakonie.deMarienhospitalRochusstraße 240479 Düsseldorf30


Pfarrer<strong>in</strong> Adelheid ViteniusTelefon: 0211/ 44 00-61 70Adelheid.Vitenius@evdus.deParacelsus Kl<strong>in</strong>ik GolzheimFriedrich-Lau-Straße 1140474 DüsseldorfPfarrer Jürgen HoffmannTelefon 0211/43 11 30Juergen.Hoffmann@evdus.dePfarrer<strong>in</strong> Felicitas Schulz-HoffmannTelefon 0211/43 11 30Felicitas.Schulz-Hoffmann@evdus.deRhe<strong>in</strong>ische Kl<strong>in</strong>ikenBergische Landstraße 240629 DüsseldorfPfarrer Claus SchevenTelefon: 0211/ 922-29 00claus.scheven@lvr.deSt.-Mart<strong>in</strong>us-KrankenhausGladbacher Straße 2640219 DüsseldorfPastor<strong>in</strong> Annette HohnwaldTelefon: 0211/ 917-0Annette.Hohnwald@evdus.deUniversitätskl<strong>in</strong>ikum DüsseldorfMoorenstraße 540215 DüsseldorfPfarrer<strong>in</strong> Simone BakusTelefon: 0211/ 81-1 71 23bakus@med.uni-duesseldorf.dePfarrer<strong>in</strong> Anke KrughöferTelefon: 0211/ 81-1 71 21krughoefer@med.uni-duesseldorf.dePfarrer<strong>in</strong> Heike Schneidereit-MauthTelefon: 0211/ 81-1 71 23schneidereit-mauth@med.uni-duesseldorf.deV<strong>in</strong>zenz-KrankenhausSchlossstraße 8540477 DüsseldorfPfarrer<strong>in</strong> Adelheid ViteniusTelefon 0211/ 958-80 11Adelheid.Vitenius@evdus.de31


Impressum<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Evangelische</strong> <strong>Krankenhausseelsorge</strong><strong>in</strong> DüsseldorfVerantwortlich: Pfarrer<strong>in</strong> Henrike TetzKonzeption und Redaktion: Dr. Ulrich Erker-Sonnabendevangelisch <strong>in</strong> DüsseldorfHausderKircheBastionstraße 640213 DüsseldorfTelefon 0800 081 82 83<strong>in</strong>fo@evdus.deFotos: Sergej Lepke; Uwe Kraft (Seite 3)Gestaltung: art work shop GmbH, DüsseldorfJuni 2009

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