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Tabuthema Armut Tabuthema Armut - Werbeagentur Lauf

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<strong>Armut</strong> hat viele Gesichter und<br />

„soziale <strong>Armut</strong>“ ist der<br />

Begriff, der immer mehr in<br />

den Medien zu lesen ist. Im<br />

Zusammenhang mit unserem<br />

Leitthema „<strong>Armut</strong>“ haben wir<br />

mit dem Landrat gesprochen.<br />

Herr Landrat Kroder, wie<br />

definieren Sie persönlich den<br />

Begriff <strong>Armut</strong>?<br />

Landrat Armin Kroder (LAK):<br />

<strong>Armut</strong> ist für mich nicht nur<br />

der Mangel an lebenswichtigen<br />

Gütern wie Essen, Obdach<br />

und Kleidung. <strong>Armut</strong> beginnt<br />

meines Erachtens bereits,<br />

wenn das Einkommen nicht<br />

mehr ausreicht, um in angemessener<br />

Weise am üblichen<br />

tagtäglichen Leben teilnehmen<br />

zu können. Wenn man sich<br />

also zum Beispiel wegen zu geringen<br />

Einkommens die Klassenfahrt<br />

für die Kinder nicht<br />

leisten kann. Bereits in solch<br />

einem – auf den ersten Blick<br />

relativ harmlos klingenden –<br />

Stadium spreche ich von <strong>Armut</strong>,<br />

die zu sozialer Benachteiligung<br />

führt, weil man an bestimmten<br />

sozialen Aktivitäten<br />

eben nicht mehr teilnehmen<br />

kann.<br />

Soweit ich weiß,<br />

sprechen Fachleute<br />

in diesem Zusammenhang<br />

von soziokulturellerVerarmung.<br />

Begegnet Ihnen in<br />

Ihrem Umfeld heutzutage<br />

mehr <strong>Armut</strong><br />

als noch vor drei bis<br />

fünf Jahren? Zum einen<br />

aus beruflicher<br />

Sicht, zum anderen<br />

im privaten Leben?<br />

LAK: Auf den ersten Blick<br />

nicht. <strong>Armut</strong> versteckt sich<br />

sehr oft – meist aus Scham. Da<br />

muss man schon genauer hinschauen.<br />

Oft trauen sich die<br />

Menschen ja nicht zuzugeben,<br />

dass sie sich einen Kino- oder<br />

Theaterbesuch, den Schul-<br />

landheimaufenthalt für die<br />

Kinder oder ähnliches nicht<br />

oder nicht mehr leisten können.<br />

Doch wenn man die<br />

Menschen näher kennt, tritt<br />

dies relativ rasch zu Tage. Bereits<br />

als Abteilungsleiter hier<br />

am Landratsamt, aber natürlich<br />

vor allem seit ich Landrat<br />

bin, werde ich immer mit –<br />

teilweise sehr harten – persönlichen<br />

Schicksalen konfrontiert,<br />

die auch das Thema <strong>Armut</strong><br />

zum Gegenstand haben.<br />

Ich versuche dann immer, so<br />

gut es geht zu helfen – beruflich<br />

wie privat.<br />

nach Ihren Wünschen<br />

in Deutschland gefertigt!<br />

Herbst-Interview<br />

Viele Menschen schämen sich<br />

ihrer <strong>Armut</strong>, selbst Freunde<br />

von Betroffenen bekommen<br />

oft nicht gleich mit, dass manche<br />

Kinder zum Beispiel aus<br />

finanziellen Gründen bei gemeinsamen<br />

Kinobesuchen<br />

und ähnlichem nicht dabei<br />

sein können oder Kleiderkammern<br />

und Suppenküchen<br />

genutzt werden müssen... Wie<br />

versuchen Sie "versteckter <strong>Armut</strong>"<br />

in ihrem Landkreis auf<br />

die Schliche zu kommen? Und<br />

welche (tatkräftige) Unterstützungsmöglichkeit<br />

bietet<br />

der Staat und vor allem die<br />

Kommune im Unterschied zu<br />

Kirchlichen Organisationen?<br />

LAK: Natürlich ist die Dunkelziffer<br />

der <strong>Armut</strong> ein Problem,<br />

das wir offen angehen. Wir appellieren<br />

an die betroffenen<br />

Bürgerinnen und Bürger, den<br />

Schritt zu unternehmen und<br />

auf uns zuzukommen. Denn<br />

mit den Sozialleistungen, die<br />

unter anderem auch das Landratsamt<br />

Nürnberger Land bietet<br />

(wie Sozialhilfe, Wohngeld,<br />

Grundsicherung, Arbeitslosengeld<br />

II), können wir meist<br />

recht gut helfen.<br />

Aber natürlich auch Einrichtungen<br />

wie die Nürnberger<br />

Land Tafel, Caritas, das Diakonische<br />

Werk oder ähnliche Institutionen<br />

helfen gerne weiter.<br />

Ebenso wichtig sind in diesem<br />

Zusammenhang Schulmaterialläden,<br />

Secondhandläden,<br />

Kindersachenflohmärkte,<br />

Tauschringe,<br />

aber selbstverständlich<br />

auch Nach-<br />

barschaftshilfe.<br />

Generell: Eine Konkurrenz<br />

zwischen staatlichen und<br />

kirchlichen Einrichtungen gibt<br />

es meines Erachtens nicht.<br />

Beide ergänzen sich und tragen<br />

so dazu bei, dass möglichst<br />

niemand völlig durch das soziale<br />

Netz fällt.<br />

Insbesondere auch durch die<br />

wachsende Arbeitslosigkeit<br />

verarmt die Gesellschaft in<br />

Deutschland immer mehr, die<br />

Kluft zwischen Arm und Reich<br />

wächst unaufhörlich. Wie ist<br />

diese Entwicklung Ihres Erachtens<br />

aufzuhalten?<br />

LAK: Ich bin davon überzeugt,<br />

dass wir in Deutschland mit<br />

unserem System der Sozialen<br />

Marktwirtschaft die besten<br />

Voraussetzungen dafür haben,<br />

dieser Entwicklung mit den<br />

richtigen Weichenstellungen<br />

entgegen<br />

zu wirken.<br />

Das Herbst-Interview<br />

mit Landrat Armin Kroder<br />

Heinrich-Diehl-Str. 2<br />

90552 Röthenbach/ Peg.<br />

Telefon: (0911) 50 29 08<br />

Do.-Fr. 10.00-18.00 Uhr<br />

Samstag 10.00-15.00 Uhr<br />

Ein überauswichtiger<br />

Punkt ist<br />

in diesem<br />

Zusammenhang<br />

für mich das Thema<br />

Bildung: Denn neben der Sicherung<br />

der Grundbedürfnisse<br />

und der Absicherung existenzieller<br />

Risiken durch funktionsfähigeSozialversicherungssysteme,<br />

gilt es insbesondere,<br />

den Zugang zu Arbeit über den<br />

Ausbau von Bildungs-, Ausbildungs-<br />

und Weiterbildungsmöglichkeiten<br />

zu erleichtern.<br />

Und dies gilt für alle Altersgruppen.<br />

Denn der Spruch<br />

„Was Hänschen nicht lernt,<br />

lernt Hans nimmermehr“ hat<br />

in unserer heutigen globalisierten<br />

Gesellschaft, die<br />

schnellem Wandel ausgesetzt<br />

ist, seine absolute Gültigkeit<br />

verloren. Gute Bildungs- und<br />

Qualifikationsmöglichkeiten<br />

für alle bleiben meiner Meinung<br />

nach die zentrale Voraussetzung<br />

für soziale Gerechtigkeit,<br />

für die Teilhabe am üblichen<br />

tagtäglichen Leben und<br />

damit auch für die Zukunftsfähigkeit<br />

unserer Gesellschaft.<br />

Danke sehr Herr Landrat.

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