15.08.2012 Aufrufe

Was ist Ihnen die Natur wert?

Was ist Ihnen die Natur wert?

Was ist Ihnen die Natur wert?

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

KOSTEN<br />

<strong>Was</strong> <strong>ist</strong> <strong>Ihnen</strong> <strong>die</strong> <strong>Natur</strong> <strong>wert</strong>?<br />

Biolebensmittel gelten als teuer. Doch <strong>die</strong> Preise sind moderater geworden.<br />

Und mit der richtigen Kaufstrategie können sich auch Haushalte mit kleinerem Budget<br />

Bioprodukte le<strong>ist</strong>en.<br />

Gratulation. Wir sind Weltme<strong>ist</strong>er,<br />

was den Einkauf von Bioprodukten<br />

angeht. Im internationalen Vergleich<br />

gibt der hiesige Konsument für Lebensmittel<br />

aus biologischer Produktion am<br />

me<strong>ist</strong>en Geld aus.<br />

Der Stolz schwindet aber sogleich wieder<br />

angesichts des kleinen Betrags von 150<br />

Franken pro Kopf und Jahr. Zum Vergleich:<br />

Im Durchschnitt geben wir pro Jahr<br />

und Person 3300 Franken für Lebens mittel<br />

aus, was rund acht Prozent des gesamten<br />

Haushaltsbudgets entspricht. Hauptgrund<br />

für <strong>die</strong>se Zurückhaltung <strong>ist</strong> das Hochpreisimage,<br />

das Bio- und auch anderen naturnahen<br />

Produkten anhaftet.<br />

Das Biolabel beispielsweise suggeriert dem<br />

durchschnittlichen Konsumenten nach<br />

wie vor einen hohen Preis – unabhängig<br />

davon, was tatsächlich auf dem Preis etikett<br />

steht: Bei Migros und Coop wurde ein<br />

Versuch gemacht, bei dem ein Produkt in<br />

konventioneller und in Bio qualität zum<br />

gleichen Preis angeboten wurde. Instinktiv<br />

griffen <strong>die</strong> me<strong>ist</strong>en Konsumentinnen und<br />

Konsumenten trotz identischem Preis zum<br />

konventionellen Produkt.<br />

Steuern Sie Ihre Ausgaben: Dieses Hochpreisimage<br />

haben diverse Bio- und andere naturnah<br />

produzierte Produkte zu Unrecht.<br />

Natürlich sind sie im Vergleich zu konventionellen<br />

Produkten me<strong>ist</strong> teurer (siehe<br />

«Preise», Seite 32), aber in einem kleineren<br />

Ausmass als oft angenommen. Genaue<br />

Erhebungen gibt es für <strong>die</strong> Schweiz zwar<br />

nicht, doch gemäss dem Forschungsinstitut<br />

für biologischen Landbau (FiBL) liegen<br />

<strong>die</strong> Differenzen, je nach Produkt, bei rund<br />

10 bis 50 Prozent.<br />

Durch kluges Einkaufsverhalten können<br />

Sie zudem Ihre Ausgaben für Bioprodukte<br />

bewusst steuern. Das geht jedoch nicht<br />

ohne etwas Aufwand: Dazu gehört beispielsweise,<br />

dass Sie das Angebot in Ihrer<br />

Umgebung prüfen und <strong>die</strong> Preise von naturnah<br />

produzierten und konventionellen<br />

Produkten vergleichen. Dafür sollten Sie<br />

Bio oder nicht Bio? Eine Kaufanleitung<br />

KONSUM BEOBACHTER KOMPAKT 5/2007 31<br />

Bei welchen Produkten <strong>ist</strong> es sinnvoll, trotz kleinem Budget auf biologische<br />

Produktion zu achten – und in welchen Bereichen kann man<br />

auf konventionelle Produkte ausweichen und sich trotzdem naturnah<br />

ernähren? Wahl A steht für das kleine Budget, Wahl B für jene, <strong>die</strong> bereit<br />

sind, für <strong>die</strong> entsprechenden Produkte etwas mehr auszugeben.<br />

Fisch und Crevetten aus dem Ausland<br />

A und B: Wählen Sie in <strong>die</strong>sem Bereich immer Bioqualität. Bei Fisch und<br />

Crevetten aus dem Ausland besteht eine grosse Wahrscheinlichkeit,<br />

dass <strong>die</strong> Tiere aus nicht tiergerechter Haltung stammen und bei ihrer<br />

Aufzucht Antibiotika zum Einsatz kamen.<br />

Fleisch<br />

A: Sie können auf Fleisch aus Schweizer Produktion ausweichen. Die<br />

Richtlinien der Schweizer Tierschutzgesetzgebung gewähren bereits ein<br />

grosses Mass an naturnaher Produktion.<br />

B: Wenn möglich, wählen Sie Bio.<br />

Eier<br />

A: Sie können auf Eier aus Schweizer Produktion ausweichen. Die Richtlinien<br />

der Schweizer Tierschutzgesetzgebung erfordern bereits ein<br />

grosses Mass an naturnaher Produktion.<br />

B: Wählen Sie Bioeier aus der Schweiz.<br />

Milch und Milchprodukte<br />

A und B: Entscheiden Sie sich in <strong>die</strong>sem Bereich in jedem Fall für Bio.<br />

Kühe, <strong>die</strong> häufi g im Freien weiden – wie es in der Biotierhaltung vorgeschrieben<br />

<strong>ist</strong> –, nehmen über das Gras und <strong>die</strong> vielen Wiesenkräuter<br />

mehr Omega-3-Fettsäuren auf als jene, <strong>die</strong> im Stall mit Maissilage<br />

und Kraftfutter ernährt werden. Viele Stu<strong>die</strong>n haben gezeigt, dass <strong>die</strong>se<br />

Fettsäuren, <strong>die</strong> in der Milch und im Fleisch enthalten sind, für den<br />

Menschen sehr gesund sind.<br />

Gemüse, Früchte, Salat<br />

A: Wenn Sie saisongerecht einkaufen (siehe «Saisontabelle», Seite 37),<br />

sparen Sie viel graue Energie ein, da <strong>die</strong> Früchte und das Gemüse reifer<br />

geerntet werden und keine langen Transportwege zurückgelegt werden<br />

mussten.<br />

B: Kaufen Sie zum Beispiel Produkte mit dem Label Max Havelaar;<br />

Fair-Trade-Produkte enthalten me<strong>ist</strong> weniger Gifte als konventionelle<br />

Produkte. Wer es sich le<strong>ist</strong>en kann, kauft allerdings auch in <strong>die</strong>sem<br />

Bereich am besten Bio.<br />

Selbstverständlich gibt es zwischen konventionellen Produkten und<br />

Bioprodukten sinnvolle Zwischenstufen wie <strong>Natur</strong>aplan (ab Frühling<br />

<strong>Natur</strong>afarm) oder IP-Suisse. Auf deren Nennung wurde hier der<br />

Einfachheit halber verzichtet.


32 KONSUM BEOBACHTER KOMPAKT 5/2007<br />

sich mit folgenden Fragestellungen auseinander<br />

setzen:<br />

<strong>Was</strong> kostet welches Bioprodukt? Durch den<br />

Entscheid, welche Produkte Sie in Bioqualität<br />

kaufen, können Sie den Mehrpreis<br />

Ihres Einkaufs stark beeinflussen. Die Aufpreise<br />

für Bioprodukte variieren je nach<br />

Produktgruppe stark:<br />

w Biobrot <strong>ist</strong> nur rund zehn Prozent teurer<br />

als konventionelles Brot.<br />

w Bei der Milch und den Milchprodukten<br />

sind <strong>die</strong> Preise rund 20 Prozent höher.<br />

w Eier sind im Schnitt 35 Prozent teurer.<br />

w Eine grosse Preisdifferenz gibt es beim<br />

Gemüse sowie bei den Früchten aus Bioproduktion.<br />

Hier kann der Aufpreis bis zu<br />

80 Prozent betragen.<br />

w Beim Fleisch schlägt nur das Biopoulet<br />

mit einem Aufpreis gegen 100 Prozent<br />

stark nach oben aus. Biofleisch vom Rind,<br />

Kalb oder Lamm hingegen <strong>ist</strong> nur rund<br />

20 Prozent teurer als Fleisch aus konventioneller<br />

Produktion.<br />

Diese Prozentangaben basieren auf dem<br />

Vergleich mit Standardprodukten. Bei Billiglinien<br />

wie M-Budget von Migros oder<br />

Prix Garantie von Coop verändert sich das<br />

Verhältnis zuungunsten der Bioprodukte,<br />

im Vergleich mit den Edellinien wie Fine<br />

Food von Coop oder Excellence von Migros<br />

hingegen sind Bioprodukte teilweise<br />

sogar günstiger.<br />

Wo kaufen Sie ein? Wie überall in der Marktwirtschaft<br />

gilt auch hier: Je weniger Zwischenhändler,<br />

<strong>die</strong> eine Marge erheben,<br />

umso günstiger <strong>ist</strong> das Produkt. Wenn Sie<br />

einen Biobauern in der Nähe haben, sollten<br />

Sie dort einmal vorbeischauen. Viele<br />

verkaufen Obst, Gemüse oder Fleisch ab<br />

Hof. Fleisch zum Beispiel kann oft in<br />

Mischpaketen (Filet, Braten, Plätzli, Voressen,<br />

Gulasch, Hackfleisch) von mindestens<br />

10 bis 15 Kilogramm zu einem günstigen<br />

Kilo-Einheitspreis (zirka 25 Franken<br />

pro Kilo) eingekauft werden.<br />

Selbst wenn ein Hof nicht biozertifiziert<br />

<strong>ist</strong>, kann dort oft vergleichsweise naturnah<br />

Preise: Warum Bio teurer <strong>ist</strong><br />

w Produktion und Verarbeitung sind aufwändiger: Die Einhaltung der<br />

Richtlinien bringt Mehraufwendungen mit sich. So entstehen den<br />

Landwirten zum Beispiel höhere Saatgutkosten, auch das Bio futter<br />

<strong>ist</strong> teurer. Es dürfen zudem keine künstlichen Hilfsstoffe oder Aromen<br />

verwendet werden, und es muss auf chemisch-synthetische Spritzmittel<br />

und Kunstdünger verzichtet werden, was den Aufwand für das<br />

Jäten des Unkrauts erhöht.<br />

w Es wird auf Mengenmaximierung verzichtet: Diverse ertragssteigernde,<br />

aber umweltgefährdende Hilfsmittel werden nicht ein gesetzt, und<br />

mit dem Boden wird schonend umgegangen. Das hat vergleichsweise<br />

niedrige Erträge zur Folge.<br />

w Die Biotierhaltung <strong>ist</strong> aufwändiger, da auf den prophylaktischen<br />

Einsatz von Antibiotika verzichtet und den Tieren ein artgerechter<br />

Auslauf geboten wird.<br />

w Im Unterschied zur konventionellen Ware werden Bioprodukte nur<br />

in kleinen Mengen gehandelt.<br />

w Es müssen aufwändige Kontrollen durchgeführt werden, um<br />

sicherzustellen, dass keine gentechnisch veränderten Substanzen<br />

verwendet wurden und dass dort, wo Bio draufsteht, auch tatsächlich<br />

Bio drin <strong>ist</strong>.<br />

eingekauft werden: Ein Landwirt, der ökologisch<br />

produziert, wird <strong>Ihnen</strong> gegenüber<br />

transparent sein und zum Beispiel auch<br />

einen Blick in den Stall erlauben.<br />

Preisunterschiede gibt es auch zwischen<br />

dem Bioladen und den grossen Detailhändlern.<br />

Gemäss einer Erhebung des Forschungsinstituts<br />

für biologischen Landbau<br />

(FiBL) von 2004 liegen <strong>die</strong> Preise im Bioladen<br />

im Durchschnitt 20 Prozent über<br />

jenen der grossen Detailhändler. Dafür<br />

kann das Fachgeschäft mit einer Beratungskompetenz<br />

auftrumpfen, <strong>die</strong> zum<br />

Beispiel bei Migros oder Coop nicht zu<br />

finden <strong>ist</strong>.<br />

Ausserdem sind im Bioladen nicht alle<br />

Produkte teurer. Gerade etwa bei Gemüse<br />

und Früchten kann der Bioladen sogar<br />

günstiger sein. Ebenso bei Produkten aus<br />

dem Trockensortiment (zum Beispiel Pasta,<br />

Speiseöle, Essig, Schokolade).<br />

Vergleichen Sie: Kennen Sie den Kilopreis<br />

der günstigsten Äpfel bei Coop oder Mi-<br />

gros? Falls nicht, sind Sie in guter Gesellschaft:<br />

Für eine Stu<strong>die</strong> stellte <strong>die</strong> Schweizerische<br />

Hochschule für Landwirtschaft in<br />

Zollikofen Konsumentinnen und Konsumenten<br />

<strong>die</strong>se Frage. Nur zwei Drittel der<br />

Befragten konnten überhaupt einen Preis<br />

nennen und lagen im Schnitt 25 Prozent<br />

daneben. Wenn Sie naturnah, aber preis<strong>wert</strong><br />

einkaufen möchten, werden Sie nicht<br />

darum herumkommen, sich eingehender<br />

mit den Preisen zu beschäftigen – nur so<br />

finden Sie überhaupt heraus, was preis<strong>wert</strong><br />

und was teuer <strong>ist</strong>.<br />

Rechnen Sie: Überlegen Sie sich, welche<br />

Mehrausgaben Ihr Haushaltsbudget verträgt.<br />

So kann sich eine Familie mit beschränktem<br />

Budget etwa eine Einkaufsstrategie<br />

zurechtlegen und sagen: Wo <strong>die</strong><br />

Unterschiede zwischen Bio- und konventionellen<br />

Produkten klein sind – also etwa<br />

bei Brot und Milchprodukten –, le<strong>ist</strong>en wir<br />

uns Bio. Bei den anderen Produkten kaufen<br />

wir günstigere, aber doch naturnah


w Demeter-Fleischprodukte<br />

Tierhaltung, Transport und Schlachtung nach biologisch-dynamischen Grundsätzen: «Man muss sich bewusst machen,<br />

dass zu Beginn der Fleischverarbeitung der Tod eines beseelten Wesens steht» (Demeter-Richtlinien).<br />

Im Bild: <strong>Natur</strong>metzg Hans & Wurst, Rheinau


34 KONSUM BEOBACHTER KOMPAKT 5/2007<br />

produzierte Lebensmittel wie <strong>Natur</strong>aplan<br />

(ab Frühling 2007 <strong>Natur</strong>afarm), IP-Suisse,<br />

oder M-Engagement. Die Mehrausgaben<br />

sind schnell berechnet. Entscheiden Sie<br />

sich zum Beispiel, <strong>die</strong> Milch nur noch in<br />

Bioqualität zu kaufen, wird das für eine<br />

vierköpfige Familie, <strong>die</strong> rund einen Liter<br />

pro Tag verbraucht, einen Aufpreis von<br />

gerade einmal zehn Franken pro Monat<br />

ausmachen.<br />

Die Rechnerei kann natürlich auch auf <strong>die</strong><br />

Spitze getrieben werden. Etwa am Beispiel<br />

von Fleischprodukten: Tiere aus Biobetrieben<br />

werden artgerecht gehalten, wachsen<br />

langsamer heran – ohne Wachstumsförderer<br />

und Antibiotika – und lagern darum<br />

weniger <strong>Was</strong>ser ein. Dadurch schrumpft<br />

deren Fleisch beim Braten wesentlich weniger<br />

als konventionelles Fleisch. Setzt<br />

man jetzt den Schrumpffaktor ins Verhältnis<br />

zum prozentualen Aufpreis des Biofleisches,<br />

<strong>ist</strong> das Bioprodukt dann überhaupt<br />

noch teurer?<br />

Nutzen Sie Sonderangebote: Auch beim ökologischen<br />

Einkauf kann man Schnäppchen<br />

machen. Bei den Grossverteilern, aber<br />

auch im Bioladen gibt es immer wieder<br />

Michel setzt für seine Produkte nicht nur auf beste Qualität. Sondern auch auf beste<br />

Bedingungen für <strong>die</strong> Arbeiterinnen und Arbeiter auf den Orangen-Plantagen sowie<br />

den Schutz der Umwelt in den Anbaugebieten. Deshalb erfüllt Michel <strong>die</strong> strengen,<br />

langfr<strong>ist</strong>ig geltenden Standards von Max Havelaar. Für alle, <strong>die</strong> sich selbst und anderen<br />

etwas Gutes tun möchten. www.rivella.ch<br />

naturnahe Produkte, <strong>die</strong> im Sonderangebot<br />

sind. Können <strong>die</strong>se lange gelagert oder<br />

gut eingefroren werden, lohnt es sich,<br />

gleich grössere Mengen zu kaufen.<br />

Ausserdem können Sie Ihr Portemonnaie<br />

auch dadurch schonen, dass Sie teurere<br />

Bioqualität nur dann kaufen, wenn es<br />

wirklich sinnvoll <strong>ist</strong>. Für ein Apfelmus<br />

oder einen Apfelkuchen, für deren Herstellung<br />

<strong>die</strong> Äpfel geschält werden, <strong>ist</strong> ein<br />

Biokauf zumindest aus gesundheitlichen<br />

Überlegungen nicht unbedingt nötig, da<br />

sich allfällige Giftstoffe me<strong>ist</strong> auf der<br />

Schale der Früchte befinden. n


w Ökologische Stofffärbung<br />

Die <strong>Natur</strong>fasern werden mit Farbstoffen behandelt, <strong>die</strong> gut abbaubar sind und den Anforderungen des Textilmarkts genügen müssen.<br />

Färben <strong>ist</strong> ein energieintensiver Prozess – Solaranlagen, Wärmerückgewinnung und effiziente Färbeverfahren halten den Energieverbrauch<br />

möglichst gering. Die Abwasserreinigung erfolgt nach den strengen Schweizer Vorschriften (im Bild: Colora Seta AG, Huttwil).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!