Macht, der Staat und die Institution des Eigentums ... - miprox.de
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Zahlreiche Untersuchungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Interaktionen von Dörfern untereinan<strong><strong>de</strong>r</strong> (Mexiko, Türkei, Sri<br />
Lanka, Negev), wobei auf das interaktivste Gut, nämlich <strong>die</strong> Braut, also <strong>die</strong> junge Frau aus<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Nachbarschaft abgehoben wird, belegen, dass <strong>die</strong> Interaktion bereits nach kurzer Distanz<br />
en<strong>de</strong>t (Bernbeck 1994, 45).<br />
Interaktion zwischen Dörfern <strong>und</strong> Dorfringen<br />
Es ist auch nicht zu verstehen, wie <strong>und</strong> womit sich jemand von einem Dorf aus aufmacht, um<br />
nach möglichst weiter Reise dann endlich <strong>de</strong>n gewünschten Tausch-Partner zu fin<strong>de</strong>n, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
auch genau das gesuchte Tauschgut seinerseits bereit hält. Wie sollten bei<strong>de</strong> voneinan<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
wissen? Wie von einem Gut erfahren, das weit entfernt auf einen Abnehmer wartet?<br />
Bei Herodot (4, 196) fin<strong>de</strong>n wir <strong>die</strong>se berühmte Stelle zum frühen Han<strong>de</strong>l <strong><strong>de</strong>r</strong> Phönizier: „Die<br />
Karthager (= Phönizier) erzählen auch von einem Ort <strong>und</strong> von Menschen, <strong>die</strong> außerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Säulen <strong><strong>de</strong>s</strong> Herakles (= Gibraltar) wohnen; wenn sie dahin kommen <strong>und</strong> ihre Waren<br />
herausbringen, legen sie <strong>die</strong>selben ans Ufer <strong>und</strong> gehen wie<strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong>die</strong> Schiffe, auf welchen sie<br />
Rauch machen. Wenn <strong>die</strong> Einwohner <strong>de</strong>n Rauch sehen, kommen sie ans Meer <strong>und</strong> legen Gold<br />
für <strong>die</strong> Waren hin, worauf sie von <strong>de</strong>n Waren wie<strong><strong>de</strong>r</strong> weggehen. Alsdann steigen <strong>die</strong><br />
Karthager wie<strong><strong>de</strong>r</strong> ans Land <strong>und</strong> sehen zu; scheinen <strong>die</strong> Waren mit <strong>de</strong>m Gold bezahlt, so<br />
nehmen sie es <strong>und</strong> fahren ab. Reicht das Gold aber nicht, so gehen sie wie<strong><strong>de</strong>r</strong> auf <strong>die</strong> Schiffe<br />
<strong>und</strong> warten. Jene kommen <strong>und</strong> legen so viel Gold zu, bis <strong>die</strong>se zufrie<strong>de</strong>n sind. Sie betrügen<br />
einan<strong><strong>de</strong>r</strong> nicht; <strong>de</strong>nn sie rühren das Gold nicht an, bis es <strong>de</strong>m Wert <strong><strong>de</strong>r</strong> Waren gleich ist; jene<br />
rühren <strong>die</strong> Waren nicht eher an, bis <strong>die</strong>se das Gold genommen haben.“<br />
Dies beschreibt nichts an<strong><strong>de</strong>r</strong>es als <strong>die</strong> Beschaffung <strong><strong>de</strong>s</strong> Abgabengutes Gold, das <strong>die</strong> Karthager<br />
zu Hause schuldig waren. Dabei han<strong>de</strong>lt es sich bei aller Friedfertigkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Ablaufs nicht<br />
etwa um <strong>die</strong> Vorform eines Marktes. Die das Abgabenmittel ertauschen<strong>de</strong> Partei ist sehr wohl<br />
durch ihre eigenen (<strong>de</strong>fensiven) <strong>Macht</strong>mittel geschützt, nämlich ihre Schiffe. Die an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />
Partei schützt das Hinterland.<br />
Die über weite Distanzen gehan<strong>de</strong>lten Güter sind also immer zuerst <strong>die</strong> Abgabengüter, <strong>die</strong><br />
beschafft wer<strong>de</strong>n müssen, um <strong><strong>de</strong>r</strong> Sanktion bei Nichtleistung <strong><strong>de</strong>r</strong> Abgabe zu entgehen. Im<br />
Hethiterfall war es Zinn, das ebenso wie das Gold <strong><strong>de</strong>r</strong> Karthager von weither beschafft<br />
wer<strong>de</strong>n musste, aller Wahrscheinlichkeit nach aus Zentralasien, wo inzwischen gewaltige<br />
Zinngruben mit kilometerlangen Gängen ent<strong>de</strong>ckt wur<strong>de</strong>n (Parzinger 2002, Weisgerber /<br />
Cierni 2002). Die Archäometallurgen sind allerdings noch nicht zu einem ein<strong>de</strong>utigen<br />
Ergebnis gekommen.<br />
Karte Muschiston<br />
Das Rätsel, wie <strong>de</strong>nn <strong>die</strong> Hethiter in Anatolien an Zinn gekommen sein mögen, da <strong>die</strong> Gruben<br />
von Göltepe <strong>und</strong> Kestel (Taurosgebirge) als zu wenig ertragreich <strong>und</strong> auch zu klein erforscht<br />
sind, könnte sich mit Hilfe neuester Forschungen auflösen. Offenbar hat es in Muschiston<br />
(3000 m. ü. Meer) tatsächlich „Naturbronze“ gegeben (Cierny 2003, 4):<br />
„Bei <strong>de</strong>m o.g., im Jahre 1992 geführten Besuch in Mittelasien, wur<strong>de</strong> von Geologen in<br />
Pendjikent Prof. Weisgerber <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Autor u.a. ein Handstück gezeigt, das Kupfer <strong>und</strong> Zinn<br />
enthalten sollte. Es bestand aus Stannit (Cu2FeSnS4) <strong>und</strong> aus zwei uns bis dahin unbekannten<br />
Mineralen, Varlamoffit (Sn,Fe)(O,OH)2 <strong>und</strong> Muschistonit (Cu,Zn,Fe)Sn(OH)6, das erst 1984<br />
auf <strong><strong>de</strong>r</strong> namensgeben<strong>de</strong>n Lagerstätte ent<strong>de</strong>ckt wor<strong>de</strong>n war.<br />
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