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Shiatsu in Europa – Besonderheiten und Entwicklungen Peter Itin ...

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<strong>Shiatsu</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> <strong>–</strong> <strong>Besonderheiten</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklungen</strong><strong>Peter</strong> It<strong>in</strong>, www.peterit<strong>in</strong>.chWas s<strong>in</strong>d die besonderen Stärken <strong>und</strong> Merkmale des <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> praktizierten <strong>und</strong>unterrichteten <strong>Shiatsu</strong> (im Unterschied zum <strong>Shiatsu</strong> wie es uns durch unserejapanischen Lehrer unterrichtet wurde oder wird)?Was s<strong>in</strong>d spezielle, wichtige Aspekte (Theorien, Philosophien, Techniken), die Dupersönlich <strong>in</strong> De<strong>in</strong>en Unterricht e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gst?Was wird im Europäischen <strong>Shiatsu</strong> im Jahre 2025 unterschiedlich se<strong>in</strong> im Vergleichzu heute? Was betrachtest Du als die hauptsächlichen <strong>Entwicklungen</strong>?16 Lehrpersonen aus Deutschland, Grossbritannien, Österreich <strong>und</strong> der Schweiz,welche am Dritten Europäischen <strong>Shiatsu</strong> Kongress im Kiental (CH) e<strong>in</strong>en Beitragleisteten, gaben Antwort zu obigen drei Fragen. Ihre Antworten wurden vom Autoranonymisiert <strong>und</strong> <strong>in</strong> 10 Punkten pro Frage zusammengefasst. Zu jedem der 30Punkte liegen Statements von m<strong>in</strong>destens zwei Lehrpersonen vor, zu e<strong>in</strong>em Punktsogar von 12 Personen (Masunaga als Basis <strong>und</strong> <strong>in</strong>nere Haltung bei Frage 2). DieZusammenfassung gibt e<strong>in</strong> gutes Gesamtbild der Antworten, wobei es natürlich nichtmöglich ist, allen Voten umfassend gerecht zu werden. Typische Stichwörter, dieaufgeführt wurden, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Klammern angefügt, um e<strong>in</strong>en Punkt mehr zukonkretisieren. 5 der 16 Lehrpersonen (ca. e<strong>in</strong> Drittel) haben auch gr<strong>und</strong>sätzlicheKritiken, Bedenken <strong>und</strong> Appelle e<strong>in</strong>gebracht, die separat aufgelistet s<strong>in</strong>d. DenAbschluss bildet e<strong>in</strong> persönliches Fazit des Autors <strong>in</strong> der Form von 5 Thesen. DieErgebnisse erheben nicht den Anspruch, für ganz <strong>Europa</strong> repräsentativ imstatistischen S<strong>in</strong>ne zu se<strong>in</strong>. Sie spiegeln jedoch gut die Tendenzen von <strong>Shiatsu</strong> <strong>in</strong>den vier vertretenen Ländern auf.Die an der Umfrage mitwirkenden Lehrpersonen, denen ich an dieser Stelle dafürdanken möchte, waren: Beatrice Bircher (CH), Werner Brünner (A), Ricarda Doneiser(A), Gabriele Falk (D), Tams<strong>in</strong> Gra<strong>in</strong><strong>in</strong>ger (UK), <strong>Peter</strong> It<strong>in</strong> (CH), Kar<strong>in</strong> Kalbantner-Wernicke (D), Lothar Löffler (A), Mike Mandl (A), Britta Ossenbrüggen (D), WilfriedRappenecker (D), Veronika Rüfenacht (CH), Jürg Schürpf (CH), Eduard Tripp (A),Mike Webster (UK), Susanne Yates (UK).E<strong>in</strong> besonderer Dank gebührt Wilfried Rappenecker, dem Organisator des <strong>Shiatsu</strong>-Kongresses, der dieses Vorhaben von Anfang an fachlich <strong>und</strong> organisatorischunterstützt hat.1


Frage 1: Was s<strong>in</strong>d die besonderen Stärken <strong>und</strong> Merkmale des <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>praktizierten <strong>und</strong> unterrichteten <strong>Shiatsu</strong> (im Unterschied zum <strong>Shiatsu</strong> wie esuns durch unsere japanischen Lehrer unterrichtet wurde oder wird)?1. <strong>Shiatsu</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> hat sich den kulturellen, sozialen <strong>und</strong> rechtlichen Bed<strong>in</strong>gungen<strong>und</strong> der modernen Lebensweise <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> angepasst. Es unterscheidet sichvom japanischen <strong>Shiatsu</strong>, das <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er anderen Zeit <strong>und</strong> Kultur entstand <strong>und</strong>heute wieder durch das europäische <strong>Shiatsu</strong> bee<strong>in</strong>flusst wird.2. <strong>Shiatsu</strong> wird <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> als Therapie e<strong>in</strong>gesetzt zur Unterstützung persönlicherEntwicklungsprozesse, <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em höherem Stellenwert der Gesprächsführung((“Komplementärtherapie”, “Psychotherapie über den Körper”, psychischeThemen, Psychosomatik).3. Im Vergleich zu Japan ist <strong>Shiatsu</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> e<strong>in</strong>e “sanfte” Behandlungsform(“emotional berührendes <strong>Shiatsu</strong>”).4. Es entstanden eigenständige, kreative Formen des <strong>Shiatsu</strong> alsWeiterentwicklungen <strong>und</strong> Differenzierungen der Arbeit von Masunaga durcherfahrene <strong>und</strong> <strong>in</strong>novative Lehrpersonen.5. Diese verwenden andere Worte <strong>und</strong> Metaphern als traditionell von japanischenLehrpersonen vermittelt, <strong>und</strong> sie <strong>in</strong>terpretieren die Energiearbeit neu.6. Sie nutzen Verknüpfungen der fernöstlichen Philosophie mit westlichem Wissen(Psychologie, Neurowissenschaft, Quantenphysik usw.).7. Sie stellen Bezüge zu anderen Formen der Körperarbeit her(Craniosakraltherapie, Qi Gong, Atemtherapie usw.).8. Es entstanden Spezialisierungen der Arbeit <strong>in</strong> verschiedenen Gebieten(Schwangerschaft, K<strong>in</strong>der, Stress, Psychosomatik, Trauma, Beh<strong>in</strong>derte usw.),auch <strong>in</strong> Kooperation mit der Schulmediz<strong>in</strong>.9. Erklären <strong>und</strong> Verstehen von Theorien <strong>und</strong> Techniken haben <strong>in</strong> der Ausbildung <strong>in</strong><strong>Europa</strong> e<strong>in</strong>en höheren Stellenwert als <strong>in</strong> Japan, wo Beobachten <strong>und</strong> Nachahmenim Vordergr<strong>und</strong> stehen.10. Das Lernen <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> umfasst mehr Selbstexploration, Selbsterfahrung,Supervision <strong>und</strong> selbstgesteuertes Lernen.2


Frage 2: Was s<strong>in</strong>d spezielle, wichtige Aspekte (Theorien, Philosophien,Techniken), die Du persönlich <strong>in</strong> De<strong>in</strong>en Unterricht e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gst?1. Philosophie, Theorien <strong>und</strong> Techniken von Masunaga bilden die Ausgangsbasis(z.B. energetische Evaluation, Druck, Fokus, Haltungen, Positionen, Rotationen).2. Es werden <strong>Shiatsu</strong>-Theorien <strong>und</strong> -Techniken vermittelt, welche durch dieAntwortenden selbst oder andere Lehrpersonen <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> bzw. ausserhalb vonJapan weiterentwickelt wurden, <strong>und</strong> es ergeben sich Verb<strong>in</strong>dungen zu anderenFachgebieten (z.B. zu Psychologie, anderen Formen der Körper- <strong>und</strong>Energiearbeit, zur spirituellen Arbeit), die als Inspirationsquelle des eigenen Stilswirken.3. E<strong>in</strong> besonderer Fokus liegt auf der bewussten <strong>in</strong>neren Ausrichtung <strong>und</strong> Haltungim therapeutischen Beziehungsfeld (Empathie, Ganzheitlichkeit des Denkens<strong>und</strong> Handelns, Gegenwärtigkeit, Stille, Langsamkeit, Achtsamkeit,Autotomie/Selbstwahrnehmung/Selbstverantwortung der KlientInnen, Vertrauenauf den Prozess, sich leiten lassen).4. Die Wandlungsphasen haben e<strong>in</strong>en besonderen Stellenwert(Meridianentwicklungskonzept, Meridianfamilien, Kontrollzyklus, mit ihrenBezügen zu Persönlichkeitsentwicklung, Lebensphasen, Emotionen <strong>und</strong>körperlich/energetischem Ausdruck), <strong>und</strong> die 8 ausserordentlichen Gefässe.5. Die Vernetzung West-Ost (Energetik-Anatomie) <strong>und</strong> der Bezug zur fernöstlichenPhilosophie <strong>und</strong> Lebensanschauung wird vermittelt (Zen <strong>und</strong> Shen).6. Es werden erweiterte Kompetenzen für spezielle Anforderungen (Arbeit mitPersonen im Rollstuhl, auf der Liege, bei Beh<strong>in</strong>derungen usw.) sowieVertiefungen <strong>und</strong> Spezialisierungen nach Themen oder Zielgruppen vermittelt(Schwangerschaftsbegleitung, prä- <strong>und</strong> per<strong>in</strong>atale Themen, Babies, K<strong>in</strong>der,Senioren, <strong>Shiatsu</strong> bei Sterbehilfe, Stress- <strong>und</strong> Traumafolgen, seelischenProbleme <strong>und</strong> Lebenskrisen).7. Ergänzend zur <strong>Shiatsu</strong>-Behandlung umfasst das Lehrangebot die professionelleKommunikation, die Kompetenz zur Ernährungs-Beratung <strong>und</strong> das Anleiten vonÜbungen (Dehnübungen, Qi Gong, Yoga, Entspannung).8. Die Kommunikationsfähigkeit <strong>und</strong> Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppendes Ges<strong>und</strong>heitswesens, zu denen man akzeptierte Partner se<strong>in</strong> möchte, wirdgeschult (mediz<strong>in</strong>ische Sprache, geme<strong>in</strong>same Basis).9. Die Selbstentwicklung, Selbsterfahrung, Selbst-Sorge wird betont (Meditation,Selbstexploration), das selbstgesteuerte Lernen unterstützt <strong>und</strong> der Mut zumeigenen Stil gestärkt.10. Die berufliche Professionalität wird als wichtig erachtet (Standortbestimmungen,Supervision, Protokollführung, eigene Grenzen erkennen usw.)3


Frage 3: Was wird im Europäischen <strong>Shiatsu</strong> im Jahre 2025 unterschiedlichse<strong>in</strong> im Vergleich zu heute? Was betrachtest Du als die hauptsächlichen<strong>Entwicklungen</strong>?1. <strong>Shiatsu</strong> wird sich kennzeichnen durch Spezialisierungen <strong>und</strong> Differenzierungen,mit besonderen/höheren Anforderungen für die kl<strong>in</strong>ische bzw. therapeutischeBerufstätigkeit (Sport, Schwangerschaft, Geburt, K<strong>in</strong>der, Senioren, Beh<strong>in</strong>derte,Stress, Trauma, Burnout, Psychiatrie, Psychosomatik, usw.).2. <strong>Shiatsu</strong> entwickelt sich weiter als “Energie-/Schw<strong>in</strong>gungsmediz<strong>in</strong>” (Verbesserungder energetischen Wahrnehmungsfähigkeit <strong>und</strong> Effektivität).3. Die externen Befruchtungen durch Quantenphysik, Neurologie, Schulmediz<strong>in</strong>,andere Körpertherapien usw. werden weitergehen.4. <strong>Shiatsu</strong> entwickelt sich weiter als “Beziehungs- <strong>und</strong> Begegnungsmediz<strong>in</strong>”.5. <strong>Shiatsu</strong> gibt bewusst Anstoss zur ges<strong>und</strong>heitlichen Selbstverantwortung <strong>und</strong> zurPersönlichkeitsentwicklung (“<strong>in</strong>neres Erwachen”).6. Die Ausbildungen werden sich weiterentwickeln <strong>und</strong> professionalisieren(Theorien, Techniken, Bezug zu Anwendungsfeldern, von der Methoden- zurBerufsausbildung).7. Es wird e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>samer Ausbildungs-Nenner <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Basis-Curriculum für die<strong>Shiatsu</strong>-Ausbildungen <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> entwickelt werden.8. Es wird mehr Forschung zu <strong>Shiatsu</strong> geben.9. Die Zusammenarbeit mit der Schulmediz<strong>in</strong> wird voranschreiten.10. <strong>Shiatsu</strong> entwickelt sich zu e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> der Bevölkerung verbreiteten Therapieform fürwichtige Probleme <strong>und</strong> Themen <strong>und</strong> zum bekannten <strong>und</strong> anerkanntenGes<strong>und</strong>heitsberuf.4


Kritiken, Bedenken <strong>und</strong> Appelle betreffen folgende Punkte1. Die Bedeutung der Arbeit an sich selbst wird heute unterschätzt.2. Gesprächsführung <strong>und</strong> Kontakt s<strong>in</strong>d zu oberflächlich, unbewusst <strong>und</strong>unprofessionell.3. Es besteht e<strong>in</strong>e Tendenz zur „Überpsychologisierung“.4. Geht das ursprüngliche <strong>Shiatsu</strong> mit dem Bezug zur Zen-Meditation verloren zuGunsten e<strong>in</strong>er technisch orientierten Ausbildung an halbstaatlichen Institutionenim Zuge e<strong>in</strong>er europaweiten Reglementierung der Komplementärtherapie?5. Bleibt man verhaftet an Traditionen, Techniken <strong>und</strong> Formen, statt sich an derEffektivitätsverbesserung (z.B. <strong>in</strong> der energetischen Wahrnehmung) zuorientieren?6. Verliert man sich <strong>in</strong> „modischen“ Themen, Theorien <strong>und</strong> Mutmassungen?7. Führt die Vielzahl persönlicher Stile zu e<strong>in</strong>er Verwässerung des <strong>Shiatsu</strong>, <strong>und</strong>kommt es zu e<strong>in</strong>er Marg<strong>in</strong>alisierung des <strong>Shiatsu</strong>, das sich selbst nicht ernstnimmt?8. Kann der „Kern des <strong>Shiatsu</strong>“ erhalten werden, auch wenn die Form sich wandelt?9. Es braucht e<strong>in</strong> Committement zum Erforschen der „Geheimnisse“ des <strong>Shiatsu</strong>.10. Schulen <strong>und</strong> Verbände sollten sich der grossen Verantwortung bewusst se<strong>in</strong>,Ausbildungen, Theorie <strong>und</strong> Techniken weiterzuentwickeln, die Stärken <strong>und</strong> denspeziellen Ansatz des <strong>Shiatsu</strong> zu erhalten <strong>und</strong> gegenläufigen Kräften von Seitenstaatlicher Regulierungs<strong>in</strong>stanzen <strong>und</strong> des „Mediz<strong>in</strong>bus<strong>in</strong>ess“ Stand zu halten.5


Persönliches Fazit des Autors zur Zukunft des <strong>Shiatsu</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>1. <strong>Shiatsu</strong> wird sich immer wandeln. Es s<strong>in</strong>d dieses Jahr genau 30 Jahre seitdem H<strong>in</strong>schied von Meister Masunaga vergangen. Die Umfrage zum Stand des<strong>Shiatsu</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> zeigt e<strong>in</strong> lebendiges, dynamisches Bild. <strong>Shiatsu</strong> hat hat sich <strong>in</strong><strong>Europa</strong> eigenständig weiterentwickelt, sich den Bedürfnissen der westlichenMenschen <strong>und</strong> Kulturen <strong>und</strong> an verschiedene rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungenangepasst <strong>und</strong> sich <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är vernetzt. Die berufliche Tätigkeit mit Shiatu hatsich ausdifferenziert <strong>und</strong> spezialisiert. Dieser Prozess wird weiter voranschreiten.Ich werte dies positiv, auch wenn Spannungen dabei nicht zu verh<strong>in</strong>dern s<strong>in</strong>d.<strong>Shiatsu</strong> kann sich <strong>in</strong> der Gesellschaft nur behaupten, wenn es nicht <strong>in</strong> Traditionenerstarrt sondern <strong>in</strong> der jeweiligen Gesellschaft <strong>und</strong> Kultur e<strong>in</strong>gebettet ist <strong>und</strong>e<strong>in</strong>en eigenständigen, wertvollen Beitrag leistet. Die <strong>Shiatsu</strong>-Techniken habensich stets gewandelt. Auch Masunaga hatte <strong>–</strong> aufbauend auf Bestehendem -Neues kreirt.2. Die “Essenz des <strong>Shiatsu</strong>” liegt <strong>in</strong> der <strong>in</strong>neren Haltung, nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erTechnik. Die Tatsache, dass <strong>Shiatsu</strong> als komplementärtherapeutische Methodebei vielen Menschen besonders beliebt ist <strong>und</strong> nachgefragt wird, hängt mit derganz besonderen Qualität des Sett<strong>in</strong>gs zusammen, die durch die Verankerung <strong>in</strong>der fernöstlichen Philosophie (Zen, Dao) gegeben ist. Die Essenz des <strong>Shiatsu</strong>bedeutet für mich im konkreten Berufsalltag, den Menschen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em tiefstenKern zu berühren, damit er mit se<strong>in</strong>em Potential <strong>in</strong> Kontakt kommen <strong>und</strong> esentfalten kann. Die Essenz des <strong>Shiatsu</strong> ist für mich somit zunächst nicht e<strong>in</strong>eTechnik, sondern e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nere Haltung <strong>und</strong> Ausrichtung. Ich will den Menschen alsGanzes <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er biopsychosozialen Situation <strong>und</strong> Entwicklung erfassen, ihm e<strong>in</strong>“heilendes therapeutisches Feld” bereiten (Empathie, Akeptanz, Stille usw.), <strong>und</strong>ihn mithilfe von energetischer Körperarbeit, Gespräch <strong>und</strong> Anleitung professionelldar<strong>in</strong> unterstützen, dass sich se<strong>in</strong>e Selbstregulation, se<strong>in</strong>e Selbstwahrnehmung<strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Selbstkompetenz verbessert, damit er se<strong>in</strong> Leben möglichst <strong>in</strong> Freude<strong>und</strong> Gelassenheit <strong>und</strong> mit möglichst wenig Beschwerden, ges<strong>und</strong>heitlichenStörungen <strong>und</strong> E<strong>in</strong>schränkungen führen kann.3. Berufsreglementierungen sollten auf dem aktuellen, europäischen <strong>Shiatsu</strong>aufbauen. Die <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> <strong>in</strong> Zukunft anstehenden Berufsreglementierungen imGes<strong>und</strong>heitswesen werden <strong>Shiatsu</strong> dazu zw<strong>in</strong>gen, die fachlichen Gr<strong>und</strong>lagen derBerufsausübung europaweit e<strong>in</strong>heitlich zu formulieren. Die Berufsverbändewerden auf gesamteuropäischer Ebene e<strong>in</strong> Set von Kompetenzen <strong>und</strong>Fähigkeiten, Theorien, Haltungen <strong>und</strong> Techniken bestimmen müssen, welche dasgr<strong>und</strong>legende “Handwerkszeug” für angehende <strong>Shiatsu</strong>-Praktizierende umfasst.Es wäre wünschenswert, wenn dies dann auf dem aktuellen Stand des Wissens<strong>und</strong> der Praxis <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> konsolidiert wird, nicht auf dem Stand des <strong>Shiatsu</strong> von1981 <strong>in</strong> Japan. Es ist selbstverständlich, dass dabei gerade jene Qualität erhaltenwird, welche den wesentlichen Unterschied zu e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong> technisch orientiertenAusbildung <strong>und</strong> Berufstätigkeit ausmacht: die wirkungsvolle Qualität vonMitgefühl, Achtsamkeit <strong>und</strong> Bewusstheit <strong>in</strong> der Begegnung mit sich selbst <strong>und</strong>dem Andern.6


4. <strong>Shiatsu</strong> muss sich von der Methoden- zur Berufsausbildungweiterentwickeln. Der <strong>Shiatsu</strong>-Unterricht muss sich fachlich <strong>und</strong> didaktisch soweiterentwickeln, dass Diplomierte den Anforderungen der beruflichen Praxisumfassend gerecht werden. Es muss bei den Verbänden <strong>und</strong> den Schulen aufbreiter Basis e<strong>in</strong>e Weiterentwicklung des Denkens von der Methoden-Ausbildungzur Berufs-Ausbildung stattf<strong>in</strong>den, wenn sich <strong>Shiatsu</strong> <strong>in</strong> die Berufslandschafte<strong>in</strong>fügen will. Ausgangspunkt bei der Def<strong>in</strong>ition jeder Berufsausbildung müssene<strong>in</strong> Berufsprofil <strong>und</strong> zu erreichende Kompetenzen se<strong>in</strong>. Diese müssen über dasre<strong>in</strong>e Praktizieren von <strong>Shiatsu</strong>-Techniken h<strong>in</strong>ausreichen <strong>und</strong> Professionalität <strong>in</strong>allen Belangen gewährleisten, da die Praktizierenden als Selbständigerwerbendeim Umfeld des Ges<strong>und</strong>heitswesens tätig s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> Menschen mit ges<strong>und</strong>heitlichenStörungen <strong>und</strong> Bee<strong>in</strong>trächtigungen behandeln.5. <strong>Shiatsu</strong> muss für breite Bevölkerungskreise zugänglich <strong>und</strong> f<strong>in</strong>anzierbarse<strong>in</strong>. Dies ist nur dann realistisch, wenn die rechtlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungendazu geschaffen werden <strong>und</strong> die Krankenversicherer namhafteF<strong>in</strong>anzierungsbeiträge an die Behandlungen leisten. Der Modellfall Schweiz kannggf. für andere Länder e<strong>in</strong>e wegbereitende Rolle e<strong>in</strong>nehmen. Ohne e<strong>in</strong> grossesEngagement der nationalen Berufsverbände ist dieses Ziel jedoch nicht zuerreichen. Es liegt im ureigenen Interesse der Praktizierenden, sich demnationalen Berufsverband anzuschliessen, um sich <strong>und</strong> dem Berufsstand alsGanzes e<strong>in</strong>e wirtschaftlich tragfähige Zukunft zu bereiten. Nur geme<strong>in</strong>sam s<strong>in</strong>dwir stark.7

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