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Lebe Moten un Frünnen - Quickborn. Vereinigung für ...

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SCHÜPPEN – Die beiden Idyllen von Sophie Dethleffs<br />

Schleswig <strong>un</strong>d Holstein 1850 eine Sensation sein. Und sie gibt ganz <strong>un</strong>befangen<br />

darin ein <strong>Lebe</strong>nsbild aus einem Dorf in dessen eigener Sprache:<br />

Hans harr sin Fru en Lusttour verspraken. Wo eer Fründschap, Klaas-<br />

Ohm wahn, g<strong>un</strong>g voröwer de Isenbahn. Se wulln den Spektakel sülvst<br />

sehn.<br />

Das alles erfährt man – anders als bei Voss, der griechische Hexameter<br />

verwendet – in paarweise reimenden Versen von <strong>un</strong>gleicher Länge, ”Knittelversen”,<br />

wie sie Goethe am Anfang des ”Faust” benutzt. Nach der Einleit<strong>un</strong>g<br />

von acht Versen wird bei Sophie Dethleffs Plan<strong>un</strong>g <strong>un</strong>d Vorbereit<strong>un</strong>g<br />

des Ausflugs in über 170 Versen genau beschrieben, wie es die Form<br />

des Idylls fordert: Bei gutem Wetter Samstags sitzt man auf der Bank vor<br />

der Tür <strong>un</strong>d überlegt, dass man Sonntag z<strong>un</strong>ächst zur rechten Zeit an der<br />

Kirche vorbeifährt. Die Mücken vertreibt der Tabak, der H<strong>un</strong>d träumt<br />

vom Auslauf mit den Pferden. Das trocknende Heu duftet. Die Autorin<br />

kennt solche Dorfabende mit Fröschen, Linden, singenden j<strong>un</strong>gen Leuten<br />

<strong>un</strong>d dem Blick aufs Bauholz, das wohl wegen seiner Zuk<strong>un</strong>ftsorientiertheit<br />

positiv genommen wird. ”Un lustig f<strong>un</strong>kel de Abendstern.” (V.44)<br />

Der Mond, der Apfelbaum, die Nachtigall können erwähnt werden, aber<br />

da soll man sich nicht täuschen: ”Doch da geev Hans-Ohm nu gar nicks<br />

ob, ...” (V.50) Ein gängiges Versatzstück romantischer Gedichte sagt dem<br />

Bauern der Sophie Dethleffs nichts. Bauer <strong>un</strong>d Bäuerin leben <strong>un</strong>ter anderem<br />

Vorzeichen als romantische Poeten <strong>un</strong>d ihre Poesie. Selbstverständlich<br />

ist <strong>für</strong> die Poetin in einem solchen <strong>Lebe</strong>nsbild die zugehörige plattdeutsche<br />

Sprache. Der neu gestrichene Kutsch-Wagen erlaubt die Ausfahrt:<br />

”Mak denn Di mit <strong>un</strong>se veer Kinner bereit, / Wenn´t morgen to<br />

Hauptpredigt klingeln deit!” (V.60f.) Als zuverlässigen Halt hat man eine<br />

feste <strong>Lebe</strong>ns- <strong>un</strong>d Zeitordn<strong>un</strong>g.<br />

Die Umständlichkeit der Beschreib<strong>un</strong>g gehört zur literarischen Gatt<strong>un</strong>g.<br />

Man vergewissert sich, wie man wirklich lebt. Es gilt nicht, Bedeutsames<br />

herauszuheben <strong>un</strong>d zu belehren. Die Schilder<strong>un</strong>g zählt <strong>un</strong>d ihre Einzelzüge,<br />

<strong>un</strong>d Sophie Dethleffs ist <strong>für</strong> ihre Wiedergabe eine Naturbegab<strong>un</strong>g.<br />

Nur selten wird zusammengefasst <strong>un</strong>d Einzelnem im Ganzen ein besonderer<br />

Rang gegeben.<br />

Seit der Antike spiegeln Idyllen einen Alltag, in dem eine zugehörige Liebesgeschichte<br />

selten zentral steht. Land- <strong>un</strong>d Schäferdicht<strong>un</strong>g war damit<br />

eine Vorform <strong>un</strong>serer Sonntagsfilme in Kino <strong>un</strong>d Fernsehen, aber moderne<br />

Zuschauer stellen bei massenhaftem Konsum – dem man die zwei<br />

Idyllen der Sophie Dethleffs kaum gegenüberstellen kann – Ansprüche<br />

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