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Deutschtürkische Frozzeleien Kraftvoll und dynamisch Bremer ...

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2 MAGAZIN DIABOLO WOCHENZEITUNG | Ausgabe 3/12<br />

<strong>Deutschtürkische</strong> <strong>Frozzeleien</strong><br />

Kerim Pamuk im Kulturzentrum Ofenerdiek<br />

Alltagstaugliche <strong>Frozzeleien</strong><br />

TEXT | HORST E. WEGENER<br />

Wer könnte unserer Nation besser den<br />

Spiegel vorhalten, als jemand, der die Sitten<br />

<strong>und</strong> Gepflogenheiten hierzulande<br />

sowohl mit dem Kennerblick des Ausländers<br />

zu betrachten gewohnt ist, <strong>und</strong> der<br />

zudem lange genug vor Ort lebt, um sich<br />

deutscher ausdrücken zu können, als mancher<br />

Deutsche? Uns schwant, wohin das<br />

führen kann, wenn ein Kabarettist Bücher<br />

schreibt, die Titel tragen wie „Allah verzeiht,<br />

der Hausmeister nicht“.<br />

Solch w<strong>und</strong>erbar beobachtete deutschtürkische<br />

<strong>Frozzeleien</strong> fallen dem schriftstellernden<br />

Kabarettisten Kerim Pamuk<br />

ein, der mit neun Jahren nach Hamburg<br />

kam, <strong>und</strong> sich seitdem hier sauwohl fühlt.<br />

1970 in einem türkischen Nest irgend-<br />

TEXT | LISA WENZEL<br />

Vorstellbar oder nicht. Wir befinden uns<br />

in der Demokratischen Republik Kongo <strong>und</strong><br />

begegnen einem Kleinbauern namens Chizungu<br />

Ntavuna. Was er berichtet, ist<br />

erschreckend. Er wurde vertrieben von dem<br />

Land, auf dem er lebte <strong>und</strong> arbeitete. Er<br />

ist verzweifelt, weil er gehen musste <strong>und</strong><br />

kein neues Land bekommen hat. Nun ist<br />

er nicht mehr in der Lage, Nahrungsmittel<br />

anzubauen <strong>und</strong> seine Familie zu versorgen.<br />

Im Film zur der Ausstellung „Landraub!<br />

wo an der Schwarzmeerküste geboren,<br />

holten seine Eltern ihn im Kindesalter zu<br />

sich. Die neue Heimat wurde dem Neunjährigen<br />

im Schnellkurs vermittelt: Innerhalb<br />

von zwei Jahren lernte Kerim<br />

Deutsch mit Hamburger Einschlag. Und<br />

das Bürschlein absolvierte Realschule,<br />

Aufbaugymnasium, Abitur. Zu jener Zeit<br />

schlugen schon zwei Seelen in Kerims<br />

Brust, begann der Deutschtürke diese einzigartige<br />

Persönlichkeitsspaltung für sich<br />

nutzbar zu machen. Als Kreativer, der mit<br />

Comedyshows à la „Mann <strong>und</strong> Mäuschen“<br />

oder „Maximo Luder“ durch die<br />

Republik tingelte. Als Drehbuchautor<br />

(<strong>und</strong> Nebendarsteller) mit der Telefonsex-Kinokomödie<br />

„Süperseks“. Und als<br />

Autor, dessen mittlerweile drittes Buch<br />

Kritiker <strong>und</strong> Publikum gleichermaßen<br />

Profit. Macht. Hunger.“ des Verbands<br />

Entwicklungspolitik Niedersachen e.V.<br />

(VEN) wird den Besuchern gekonnt die<br />

Lage eines Kleinbauern aus Afrika vor<br />

Augen geführt, der durch das sogenannte<br />

„Land Grabbing“ seine Existenz,<br />

Sicherheit <strong>und</strong> Lebensgr<strong>und</strong>lage verloren<br />

hat. Die Auftaktveranstaltung am Montag<br />

ließ erste Einblicke in eine tiefgreifende<br />

Thematik zu.<br />

Kongo, Kenia <strong>und</strong> Mosambik. Derzeit<br />

sind das beliebte Namen bei den unterschiedlichsten<br />

Investoren. Ein Wettlauf<br />

um Land <strong>und</strong> die Konkurrenz um Acker-<br />

zum Lachen anregt. Worin sich Kerim<br />

Pamuks <strong>Frozzeleien</strong> von all den anderen<br />

deutschtürkischen Comedy-Kollegen<br />

unterscheidet? Einem Welt-Portrait<br />

zufolge sind des 42-Jährigen Scherze „selten<br />

platt, nie böse, <strong>und</strong>: ausgeglichen“.<br />

Liebend gern zieht er mal gegen deutsche<br />

Kleinbürgermentalitäten vom Leder, karikiert<br />

hernach die allseits bekannten Goldkettchen-Türken.<br />

Alle kriegen sie dabei<br />

ihr Fett weg. In seinem aktuellen Kabarettprogramm<br />

seziert Pamuk Auswüchse<br />

der Multikulti-Gesellschaft, seufzt er: „Wir<br />

sind Papst, haben Hotlinehilfe, Onlinesupport,<br />

eine Navi im Auto <strong>und</strong> die Latte<br />

im Kaffee – trotzdem ist heutzutage<br />

nichts leicht <strong>und</strong> alles Wissenschaft.“<br />

Besonders der deutsche Bedenkenträger<br />

habe es allzeit mordsschwer – oder, so<br />

Pamuk, „musste sich je ein Sudanese fragen,<br />

welcher Wellnesstyp er ist?“<br />

Den Stoff für seine Gags findet Kerim<br />

Pamuk im Alltag. Rattert der Hamburger<br />

im Deutschlandradio-Interview ein<br />

paar Beispiele herunter: „Sei es an der<br />

Supermarktkasse, sei es, dass du ´nen<br />

Rentner triffst, der sich fleißig Autokennzeichen<br />

notiert, die er dann der Polizei<br />

durchgibt. Oder seien es Omas, seien es<br />

einfach die Gespräche, die sie führen, das<br />

ist eine Quelle.“ Zugegebenermaßen lassen<br />

sich auch im eigenen Familienkreis<br />

Beobachtungen anstellen – bei drei kleinen<br />

Rackern, <strong>und</strong> einer Islamwissenschaftlerin<br />

als Göttergattin überkommt<br />

Pamuk selten Panik, dass ihm nichts mehr<br />

einfallen könnte. Eher kommen die Hobbys<br />

zu kurz, fehlt Zeit zum Fußballspielen<br />

oder um ins Kino zu gehen. Und jünger<br />

werden wir alle nicht. Wann immer<br />

dem älter werdenden Workoholic solch<br />

frustrierende Zukunftsaussichten zusetzen,<br />

fällt ihm ein Bonmot des Schriftstellers<br />

<strong>und</strong> Schauspielers Curt Goetz in den<br />

Sinn, der gern sagte: „Wer in einem gewissen<br />

Alter nicht merkt, dass er hauptsächlich<br />

von Idioten umgeben ist, merkt es<br />

Der Wettlauf um Land <strong>und</strong> Ackerflächen<br />

Ausstellung „Landraub! Profit. Macht. Hunger.“ in der Carl-von-Ossietzky-Universität<br />

flächen: In Entwicklungsländern hat ein<br />

Run auf Ackerboden begonnen <strong>und</strong> ausländische<br />

Investoren kaufen oder pachten<br />

dort vermehrt große Landflächen.<br />

Was aber sind die Gründe dafür? Und<br />

noch wichtiger: Hat das Folgen?<br />

Eine Studie der Weltbank aus dem Jahr<br />

2010 zeigt, dass allein 2008 weltweit 48<br />

Millionen Hektar Ackerlandflächen in<br />

Entwicklungsländern durch ausländische<br />

Investoren erworben wurden. Private<br />

Investoren – das sind Industrie- <strong>und</strong><br />

Schwellenländer, die die gekauften Landflächen<br />

für den eigenen Bedarf nutzen.<br />

LIEBE LESERIN,<br />

LIEBER LESER!<br />

Wie groß das Interesse inzwischen<br />

an Stadtgeschichte <strong>und</strong> Stadtentwikklung<br />

ist, zeigt die Pekol-Sammlung,<br />

die Film- <strong>und</strong> Archivarbeit von Werkstattfilm,<br />

entsprechende Ausstellungen<br />

im Stadtmuseum, aber auch die<br />

Aktivitäten auf dem ehemaligen<br />

Kasernengelände in Donnerschwee.<br />

Dort wurde am letzten Wochenende<br />

eine Ausstellung eröffnet, die nach<br />

Aussage der Veranstalter 500 Besucher<br />

in das ehemalige Soldatenkino<br />

Globe lockte. Wenn auf diesem<br />

Gelände „etwas los ist“, dann kommen<br />

die Oldenburger, die Donnerschweer.<br />

Sicher nicht nur, um sich<br />

eine Ausstellung anzusehen, sicher<br />

auch deshalb, weil sie neugierig auf<br />

das Gelände, die Gebäude <strong>und</strong> Anlagen<br />

sind <strong>und</strong> was man damit anfangen<br />

könnte. Am vergangenen Wochenende<br />

begann im „Globe“ die Ausstellung<br />

„Hoch hinaus! Oldenburg in<br />

den 50er <strong>und</strong> 60er Jahren“, die einiges<br />

zeigt, was es inzwischen nicht<br />

mehr gibt. Viele Ehrenamtliche der<br />

Gruppe Globus haben sie ermöglicht<br />

<strong>und</strong> sorgen auch dafür, dass Gäste<br />

sie sonntäglich von 11 bis 15 Uhr<br />

sehen können <strong>und</strong> sich ein Bild vom<br />

Gelände <strong>und</strong> Globus machen können.<br />

Die Gruppe ist besonders stolz<br />

darauf, mit wieviel kreativem Potential,<br />

aber geringen finanziellen Mitteln<br />

eine solche Ausstellung auf die<br />

Beine gestellt werden konnte. Was<br />

diese Gruppe aber auch in Abständen<br />

zeigt, ist das große Engagement,<br />

das Globe zu einem Kulturzentrum<br />

für Donnerschwee zu machen.<br />

Die Redaktion<br />

aus einem gewissen Gr<strong>und</strong>e nicht.“ In<br />

diesem Sinn: Hoch die Tassen!<br />

Kerim Pamuk<br />

Frei 20.1., 19:30 Uhr, Kulturzentrum<br />

Ofenerdieki, OL<br />

Darunter fallen beispielsweise der eigene<br />

Nahrungsmittelanbau, Holzplantagen,<br />

Anbau von Futtermitteln oder einfach<br />

die Geldanlage. Viele Regierungen von<br />

Entwicklungsländern möchten die exportorientierte<br />

Agrarproduktion im eigenen<br />

Land stärken, hoffen also auf Industrialisierung<br />

<strong>und</strong> die Verbesserung der

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