Interview mit Prof Erley_freigegeben von Prof. Erley
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<strong>Interview</strong> <strong>mit</strong> <strong>Prof</strong>. Dr. Christiane <strong>Erley</strong> zum 25. Berliner Dialyse Seminar<br />
<strong>Prof</strong>. Dr. Christiane <strong>Erley</strong><br />
bei der Eröffnung des Berliner Dialyseseminars im<br />
Vorjahr.<br />
<strong>Prof</strong>. Dr. med. Klaus Schaefer<br />
bei der Eröffnung des Berliner Dialyse Seminars im<br />
Jahr 1989.<br />
1. Wie hat sich das Berliner Dialyse Seminar in den letzten 25 Jahren im Hinblick<br />
auf Besucherzahlen und Reputation entwickelt und wo steht es heute?<br />
Das Berliner Dialyse Seminar wurde vor 25 Jahren als relativ kleine Veranstaltung für<br />
ein ausgewähltes Publikum initiiert. Sie sollte das bestehende Fortbildungsangebot,<br />
insbesondere die Jahrestagung der Gesellschaft für Nephrologie und das<br />
Nephrologische Seminar in Heidelberg ergänzen. Das Programm widmete sich<br />
speziellen Fragestellungen der Dialysemedizin und -technologie und füllte da<strong>mit</strong> eine<br />
thematische Nische im bestehenden Veranstaltungskanon. Die Anfänge waren ganz<br />
bescheiden: Location war zunächst ein Hörsaal an der TU Berlin und statt exklusivem<br />
Catering gab es belegte Brötchen. Wichtiges Anliegen war, auch nephrologischen<br />
Nachwuchskräften die Teilnahme zu ermöglichen, weshalb sich die Tagungsgebühr<br />
auf lediglich 75,- DM belief. Dieser Maxime ist man bis heute treu geblieben, die<br />
Teilnahmegebühren liegen auch 2012 noch unter 100 Euro. Um das zu ermöglichen,<br />
ist es „alte Tradition“, dass auch renommierte Referenten kein Honorar erhalten,<br />
lediglich die Reisekosten werden ihnen erstattet.<br />
Das Berliner Dialyse Seminar verzeichnet über die Jahre steigende<br />
Teilnehmerzahlen. Grund dafür ist vor allem das interessante<br />
Veranstaltungsprogramm <strong>mit</strong> aktuellen Themen und herausragenden, auch<br />
internationalen Referenten, außerdem tragen Hauptstadtflair und der<br />
Vorweihnachtstermin zur Beliebtheit bei. Im Laufe der Jahre musste der<br />
Veranstaltungsort mehrfach gewechselt werden, da die Raumkapazität für den<br />
Teilnehmerzuwachs nicht mehr ausreichte. 2011 nahmen 939 Nephrologinnen und<br />
Nephrologen teil, in diesem Jubiläumsjahr rechnen wir noch <strong>mit</strong> einem weiteren<br />
Besucherzuwachs.
2. Wie hat sich im Laufe der Zeit das Programm verändert? Welche neuen<br />
Themenschwerpunkte sind hinzugekommen und warum?<br />
Vergleicht man die Programme <strong>von</strong> damals und heute, merkt man, dass die<br />
Themenbereiche gar nicht so weit auseinander liegen. Noch immer diskutieren wir<br />
Fragen wie beispielsweise Mortalität an der Dialyse, Therapie der renalen<br />
Anämie/Osteopathie oder den richtigen Zeitpunkt für den Beginn der Dialysetherapie<br />
– Themen, die schon 1989 auf der Agenda standen. Im Laufe der Zeit ist das<br />
thematische Spektrum erweitert worden. Schon bald standen neben den reinen<br />
„Dialysethemen“ auch aktuelle Fragestellungen aus der Transplantationsmedizin und<br />
der klinischen Nephrologie auf dem Programm. Die rein fachlichen<br />
Rundtischgespräche der ersten Jahre wichen den ethischen Diskussionsrunden. Bei<br />
der „Premiere“ im Jahr 1996 wurde der Dialyseverzicht aus medizinischer, rechtlicher<br />
und ethischer Perspektive beleuchtet. Diskutanten unter der Moderation <strong>von</strong> Klaus<br />
Schaefer waren u.a. der bekannte Philosoph Jan Beckmann, der sich auch als<br />
Mitglied der „Zentralen Ethikkommission für Stammzellenforschung (ZES)“, einen<br />
Namen gemacht hat, der auf Recht und Medizin spezialisierte Jurist Hans-Georg<br />
Koch oder der damalige Vorsitzende der Deutschen Stiftung Organspende (DSO),<br />
Martin Molzahn. Diese ethischen Diskussionsrunden sind nach wie vor ein fester<br />
Programmpunkt.<br />
Neben solchen Programmerweiterungen gab es natürlich auch technische<br />
Fortschritte. 2008 haben wir ein TED-System integriert, wodurch die Zuhörer<br />
interaktiv eingebunden werden. Das hat sich in jedem Fall gelohnt, die Veranstaltung<br />
ist dadurch lebhafter geworden, es gibt deutlich mehr Diskussionen.<br />
3. Die ethischen Diskussionsrunden erfreuen sich großer Beliebtheit – worüber<br />
wird im Jahr 2012 debattiert?<br />
In diesem Jahr ist die Änderung des Transplantationsgesetzes Thema der<br />
Diskussionsrunde. Neben den Nephrologen <strong>Prof</strong>. Frei (Berlin), <strong>Prof</strong>. Keller (Freiburg)<br />
und dem „Gründungsvater“ des Berliner Dialyse Seminars, <strong>Prof</strong>. Klaus Schaefer<br />
(siehe Bild), diskutieren die stellv. Direktorin der Ev. Akademie Sachsen-Anhalt e.V.,<br />
Dr. Susanne Faby, der bereits oben erwähnte Jurist Hans-Georg Koch (Freiburg)<br />
sowie der Philosophieprofessor Jan Beckmann <strong>von</strong> der Fernuniversität Hagen dieses<br />
aktuelle Thema. Auf diesen Programmpunkt freue ich mich schon besonders!<br />
4. Apropos Transplantationsgesetz: Was sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen<br />
Innovationen, die die Novellierung <strong>mit</strong> sich bringt, und inwieweit werden sie<br />
durch den aktuellen Skandal in Göttingen/Regensburg überschattet?<br />
Die Überarbeitung des Gesetzes war wichtig. Neben einigen konkreten<br />
Verbesserungen – beispielsweise für Lebendspender – hat die Diskussion um die<br />
Änderung auch zu einem höheren Bewusstsein der Öffentlichkeit für diese<br />
Problematik geführt. Leider hat uns der Skandal nun wieder weit zurückgeworfen.<br />
Wichtigste Aufgabe bleibt nun, das Vertrauen der Bevölkerung in das System wieder<br />
herzustellen.<br />
5. Das Seminar trägt unverändert den Titel Berliner Dialyse Seminar, der<br />
Schwerpunkt liegt also nach wie vor auf der Dialysemedizin. Was hat sich da in
den letzten 25 Jahren getan – und schlägt sich der medizintechnische<br />
Fortschritt auch im Outcome der Patienten nieder?<br />
Natürlich hat sich sehr viel getan, auch wenn wir im Hauptanliegen – die Senkung der<br />
hohen Mortalität unserer Patienten – nur langsam vorankommen. Leider hat sich die<br />
Prognose <strong>von</strong> Dialysepatienten in den vergangenen 25 Jahren noch nicht<br />
bahnbrechend verbessert, wohl aber die Begleitumstände: Die Dialyse ist dank des<br />
technischen Fortschritts für die Patienten viel verträglicher geworden und auch<br />
medikamentöse Innovationen wie beispielsweise die Einführung <strong>von</strong> Epo haben die<br />
Lebensqualität der Betroffenen deutlich angehoben.<br />
6. Die Organisation einer solchen großen Fachtagung ist aufwendig und kostet<br />
nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Welche Partner stehen Ihnen zur Seite?<br />
Hervorheben möchte ich an dieser Stelle die Firma Gambro, die seit dem ersten<br />
Berliner Dialyse Seminar Veranstaltungspartner und -förderer ist. Seit 25 Jahren<br />
unterstützt sie das Berliner Dialyse Seminar ohne jegliche Einflussnahme auf<br />
Themen und Inhalte. Seit 2008 ist <strong>mit</strong> AMGEN ein weiterer Industriepartner aus der<br />
Nephrologie <strong>mit</strong> an Bord. Diese zuverlässige Kooperation ermöglicht es, bestimmte<br />
„Traditionen“ wie die relativ geringe Tagungsgebühr aufrechtzuerhalten, außerdem<br />
konnte auf wachsende Besucherzahlen, die größere Veranstaltungsorte fordern,<br />
reagiert werden.<br />
Dafür mein herzlichster Dank!<br />
7. Was erhoffen Sie sich als Tagungspräsidentin <strong>von</strong> diesem 25. Seminar – und<br />
wo sehen Sie das Seminar bei seinem 30. Jubiläum?<br />
Ich denke, dass die diesjährige Jubiläumsveranstaltung den Erfolg des Berliner<br />
Dialyse Seminars fortsetzen wird – dafür sorgt schon das interessante Programm<br />
(einzusehen unter http://www.berliner-dialyseseminar.de ). Perspektivisch wünsche<br />
ich mir eine stärkere Einbindung osteuropäischer Nephrologen, schließlich ist Berlin<br />
schon seit eh das „Tor zum Osten“. Raum für eine mögliche Expansion unserer<br />
Veranstaltung bietet die Stadt – und <strong>mit</strong> ein bisschen Glück ist in fünf Jahren auch der<br />
Großflughafen soweit!<br />
Wir danken für dieses Gespräch!<br />
Das <strong>Interview</strong> führte Frau Dr. Bettina Albers, Weimar