11.07.2015 Aufrufe

Thema 1: Hedging, Spekulation und Risikomessung

Thema 1: Hedging, Spekulation und Risikomessung

Thema 1: Hedging, Spekulation und Risikomessung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Platzhalter für Bild, Bild auf Titelfolie hinter das Logo einsetzen<strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong>Prof. Dr. Marc Gürtler


Der RisikobegriffEine zentrale Aufgabe unternehmerischer Entscheidungsträger:Die zielgerichtete Gestaltung unternehmerischer Zahlungsströme Liegen alle unternehmerischen Zahlungskonsequenzen mit Sicherheit fest, so sindunternehmerische Entscheidungen derart zu treffen, dass der Netto-Kapitalwert derunternehmerischen Zahlungsströme maximal ist.(Fisher-Separation, vgl. Einführung in die Finanzwirtschaft)In der Realität:Sowohl die Prognose zukünftiger Umweltsituationen als auch die Schätzungzukünftiger unternehmerischer Zahlungsströme ist mit Unsicherheit behaftet, so dasskeine punktgenaue Zahlungsstromprognose ermittelt, sondern ausschließlich eineWahrscheinlichkeitsverteilung zukünftiger Zahlungskonsequenzen angegeben werdenkann. Neben der zu erwartenden Höhe der Zahlungskonsequenzen ist zusätzlich das mitden unsicheren Zahlungskonsequenzen einhergehende Risiko zu berücksichtigen.Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 2


Der RisikobegriffWas heißt „Risiko“?Allgemein:Unsicherheit der Realisation einer betrachteten Größe in Abhängigkeit des Eintrittsverschiedener, künftiger Umweltzustände. In Abgrenzung zur Ungewissheit sind dieEintrittswahrscheinlichkeiten der möglichen Zustände sicher <strong>und</strong> objektiv bekannt. Risiko einer betrachteten Größe kommt in der als bekannt vorausgesetztenWahrscheinlichkeitsverteilung dieser Größe zum Ausdruck.Wie ist Risiko zu beurteilen?Individuen, die Risiko• negativ beurteilen, verhalten sich risikoavers,• positiv beurteilen, verhalten sich risikofreudig,• in ihrer Entscheidungsfindung nicht berücksichtigen, verhalten sich risikoneutral.im Weiteren wird realiter zu beobachtendes risikoaverses Verhalten zugr<strong>und</strong>egelegt.Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 3


Bilanziell orientierte RisikenDamit gr<strong>und</strong>sätzliches unternehmerisches Ziel:Senkung unternehmerischer Risiken bei simultaner Erhöhung der erwartetenZahlungenUnterschiedliche Zahlungsgrößen führen zu differierendemRisikoverständnis:• Risiko auf Basis unsicherer BilanzpositionenProbleme:‣ bilanziell identifizierte Risiken sind häufig nicht liquiditätswirksam, so dass diesennur eine geringe ökonomische Bedeutung zukommt.‣ Erfolg vom gewählten Bilanzierungsverfahren abhängig, ohne dass eindeutiggeklärt werden könnte, welches Bilanzierungsverfahren das „richtige“ ist.‣ Absicherung von Bilanzrisiken mit Finanzinstrumenten wäre liquiditätswirksam,abzusicherndes Bilanzrisiko jedoch nicht in gleichem MaßeProf. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 4


Transaktionsorientierte Risiken• Risiko auf Basis unsicherer unternehmerischer (Teil-) Zahlungsströme, die sichaus einzelnen Transaktionen ergebenVorteile:‣ explizites Abstellen auf Zahlungsgrößen‣ leicht nutzbar als Gr<strong>und</strong>lage für SicherungsmaßnahmenNachteil:‣ Letzten Endes nur PartialbetrachtungErfordernis zur simultanen Betrachtung aller zukünftigenunternehmerischen Zahlungen.Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 5


Ökonomisches Risiko• Ökonomisches Risiko, das sich auf die Unsicherheit des Kapitalwerts allerProblem:theoretische Rechtfertigung für KW-Betrachtung‣ Kapitalwert als Schätzgröße für Marktwert?‣ Kapitalwert als diskontierter EndwertVorteil:‣ Gewährleistung gesamthafter BetrachtungNachteil: hier unzutreffend (wieso?)‣ Mangelnde Operationalität infolge enormen Prognoseaufwandszukünftigen unternehmerischen Einzahlungsüberschüsse bezieht.T zt t(1 r)t 1 sinnvolle Interpretation (wieso?)Was bleibt, ist die Analyse vereinfachter Entscheidungssituationen, wobei durchausder Endwert als Zielgröße gewählt werden kann. Vereinfachung bezieht sich hierbeiauf die Betrachtung nur ausgewählter zukünftiger Zahlungen.Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 6


RisikomanagementDamit vorliegendes Begriffsverständnis „Risikomanagement“:Messung <strong>und</strong> zielgerichtete Einflussnahme auf das unternehmerischeökonomische Risikozielgerichtete Einflussnahme auf die zugr<strong>und</strong>e gelegte Risikokomponentegr<strong>und</strong>sätzlich nur dann möglich, wenn einzelne Risikoquellen identifiziert wordensindHier: „Finanzwirtschaftliches Risikomanagement“:Einflussnahme auf das unternehmerische ökonomische Risiko durch denEinsatz von FinanzinstrumentenProf. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 7


RisikoquellenAllgemeineMarktentwicklungMarktrisikenAktienkurseAnleihekurseGüterpreiseIndexständeMarktzinssätzeWechselkurseKurs- <strong>und</strong> PreisrisikenZinsänderungsrisikenWechselkursrisikenUnternehmerischesRisikoRechtslagePolitische Lage„Mensch <strong>und</strong>Maschine“Rechtliche RisikenPolitische RisikenOperationelleRisikenEnteignungsrisikenTransferrisikeninsbesonderebei BankenKreditrisikenLiquiditätsrisikenProf. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 8


RisikoquellenVorlesung „Risikomanagement“AllgemeineMarktentwicklungMarktrisikenAktienkurseAnleihekurseGüterpreiseIndexständeMarktzinssätzeWechselkurseKurs- <strong>und</strong> PreisrisikenZinsänderungsrisikenWechselkursrisikenUnternehmerischesRisikoRechtslagePolitische Lage„Mensch <strong>und</strong>Maschine“Rechtliche RisikenPolitische RisikenOperationelleRisikenEnteignungsrisikenTransferrisikeninsbesonderebei BankenKreditrisikenLiquiditätsrisikenProf. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 9


RisikoquellenVorlesung „Portfoliomanagement“AllgemeineMarktentwicklungMarktrisikenAktienkurseAnleihekurseGüterpreiseIndexständeMarktzinssätzeWechselkurseKurs- <strong>und</strong> PreisrisikenZinsänderungsrisikenWechselkursrisikenUnternehmerischesRisikoRechtslagePolitische Lage„Mensch <strong>und</strong>Maschine“Rechtliche RisikenPolitische RisikenOperationelleRisikenEnteignungsrisikenTransferrisikeninsbesonderebei BankenKreditrisikenLiquiditätsrisikenProf. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 10


RisikoquellenVorlesung „Internationales Finanzmanagement“AllgemeineMarktentwicklungMarktrisikenAktienkurseAnleihekurseGüterpreiseIndexständeMarktzinssätzeWechselkurseKurs- <strong>und</strong> PreisrisikenZinsänderungsrisikenWechselkursrisikenUnternehmerischesRisikoRechtslagePolitische Lage„Mensch <strong>und</strong>Maschine“Rechtliche RisikenPolitische RisikenOperationelleRisikenEnteignungsrisikenTransferrisikeninsbesonderebei BankenKreditrisikenLiquiditätsrisikenProf. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 11


<strong>Hedging</strong> <strong>und</strong> <strong>Spekulation</strong>Risikomanagement hängt im starken Maße von den konkreten Präferenzen ab: zuverschiedenen Steuerungsmöglichkeiten gehört die Minimierung, die Reduktionaber auch die bewusste Inkaufnahme von Risiken.(warum letzteres denkbar?)<strong>Hedging</strong> <strong>und</strong> <strong>Spekulation</strong>:Ausgangspunkt:Erwartungsnutzenmaximierung oder Marktwertmaximierung<strong>Hedging</strong>:Einsatz von Risikomanagementmaßnahmen unter der Annahme, dass derErwartungswert der Einzahlungen nicht beeinflusst werden kann<strong>Spekulation</strong>:Jede Abweichung von der <strong>Hedging</strong>-StrategieAlso Motiv von <strong>Spekulation</strong>smaßnahmen: Steigerung der erwartetenEinzahlungen durch den Einsatz von RisikomanagementmaßnahmenProf. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 12


ErwartungsnutzenmaximierungErwartungsnutzenmaximierung als rationales Verhalten:Bei Gültigkeit der sogenannten Axiome rationalen Verhaltens entspricht das individuelleVerhalten dem bei Erwartungsnutzenmaximierung:Jeder ex-ante unsicheren Vermögensrealisation z wird ein individueller Nutzenwertu(z) zugeordnet. Eine Zahlungsposition z (1) wird einer Zahlungsposition z (2)(1) (2)vorgezogen, wenn E(u(z )) E(u(z )).Beispiel:Im Zeitpunkt T seien drei Konjunkturzustände s (1) , s (2) <strong>und</strong> s (3) denkbar. Die zu diesenZuständen zugehörigen Zahlungen der Wertpapiere 1, 2 <strong>und</strong> 3 haben die folgendeZahlungsstruktur:Zustand s (1) s (2) s (3)p (S) 0,25 0,25 0,5(WP1)z T(WP2)z T(WP3)z T100 200 300200 200 200300 200 100Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 13


ErwartungsnutzenmaximierungForts. Beispiel:u(z) 1exp( 0,01z)Zustand s (1) s (2) s (3)p (S) 0,25 0,25 0,5u(z )(WP1)Tu(z )(WP2)Tu(z )(WP3)T0,6321 0,8647 0,95020,8647 0,8647 0,86470,9502 0,8647 0,6321E[u(z )] 0,25 0,63210,25 0,8647 0,5 0,9502 0,8493.(WP 1)TAnalog:E[u(z )] 0,8647, E[u(z )] 0,7698.Somit:(WP 2) (WP 3)TTAnleger präferiert Wertpapier 2 gegenüber Wertpapier 1<strong>und</strong> Wertpapier 1 gegenüber Wertpapier 3.Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 14


Nutzenorientiertes RisikomanagementBetrachtete Entscheidungssituation:I = Menge möglicher Finanzinstrumente I,n I = gewählte Anzahl des Finanzinstruments I,z (I)T= Zahlungsstruktur des Finanzinstruments I im Zeitpunkt T,z T= Zahlungsstruktur des Unternehmens ohne Risikomanagementmaßnahmen,z (RM)T= Zahlungsstruktur des Unternehmens mit Risikomanagementmaßnahmen.Somit gilt:z z n z(RM)(I)T T I TII Nutzenorientiertes Risikomanagement:(RM)(I)E[u(z T)] E uz T nIzT max.!n,III I IFrage: Wie sollte eine sinnvolle Nutzenfunktion ausgestaltet sein?Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 15


ErwartungsnutzenmaximierungEigenschaften von Nutzenfunktionen:1)Zunächst wird angenommen, dass jeder Investor mehr Vermögen ceterisparibus weniger Vermögen vorzieht. u sollte streng monoton wachsend sein.2)falls u differenzierbar ist, gilt: u' 0Betrachtet werden zwei Vermögenspositionen, von denen Position 1 sicher <strong>und</strong> Position 2(1) (2)unsicher ist. Beide Positionen verfügen über Zahlungen gleicher erwarteter Höhe (z E(z )).„Chance“: Position 2 generiert möglicherweise eine höhere Einzahlung als Position 1.„Risiko“: Position 2 generiert möglicherweise einen Verlust gegenüber Position 1gleicher erwarteter Höhe.Ein risikoaverses Individuum bewertet potentiellen Verlust höher als potentiellen Gewinngleicher erwarteter Höhe, so dass Position 1 der Position 2 vorgezogen wird:(2) (1) (1) (2)(u(E(z )) ) u(z ) E(u(z )) E(u(z )) u'' 0Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 16


<strong>Hedging</strong> <strong>und</strong> <strong>Spekulation</strong><strong>Hedging</strong> <strong>und</strong> <strong>Spekulation</strong> aus nutzentheoretischer Sicht:Gemäß dem Satz von Taylor gilt für eine in x 0 hinreichend häufig differenzierbareFunktion f für alle x in einer Umgebung von x 0 (mit x < c x < x 0 bzw. x 0 < c x < x)f '(x ) f ''(x ) f '''(x ) f (c )f(x) f(x) (xx) (xx) (xx) ... (xx)1! 2! 3! n!(n)0 1 0 2 0 3 xn0 0 0 0 0Mit x = , x = z <strong>und</strong> f(x)=u(z) folgt unmittelbar:0 zE[u(z)] 1 2 13u( z) u'(z) E[zz] u''(z) E[(zz) ] u'''(z) E[(z z) ] ...2 61 2 13u( z) u''( z) z u'''( z) z ...2 6 max.!Bei Zugr<strong>und</strong>elegung einer quadratischen Nutzenfunktion (was heißt das?)resultiert das so genannte -Prinzip <strong>und</strong> <strong>Hedging</strong> entspricht dem Konzept derVarianzminimierungProf. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 17


<strong>Hedging</strong> <strong>und</strong> <strong>Spekulation</strong>Denn:2u(z) (z a) b u'(z) 2 (z a) u''(z) 2 0 u'''(z) u''''(z) .... 01 E[u(z)] u( ) u''( ) 20, falls za2z z z-PrinzipProf. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 18


Markwertmaximierung<strong>Hedging</strong> <strong>und</strong> <strong>Spekulation</strong> aus marktwertorientierter Sicht:Individuelle Nutzenmaximierung aufgr<strong>und</strong> der schwer oder nicht aggregierbarenPräferenzen für einen heterogenen Aktionärskreis nicht anwendbar. Unternehmerische Marktwertmaximierung als alternatives ZielkriteriumMarktwertmaximierung als notwendige Voraussetzung für individuelleNutzenmaximierung bei Erfüllung der folgenden beiden Eigenschaften:1) „competitivity“(unternehmerische Handlungen haben keinen Einfluss auf das amKapitalmarkt vorliegende Preisgefüge) bei Vorliegen eines vollkommenen Kapitalmarkts wegenMengenanpasserannahme erfüllt2) „spanning“(durch unternehmerische Handlungen erzeugte Zahlungsstrukturen könnenstets durch Portfolios gehandelter Wertpapiere nachgebildet werden) bei Vorliegen eines vollständigen Kapitalmarkts erfülltProf. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 19


MarkwertmaximierungDefinition: (Vollständigkeit)Der Kapitalmarkt heißt vollständig, wenn für einen beliebig gegebenen unsicherenEinzahlungsüberschuss z ein Wertpapierportfolio aus am Kapitalmarkt gehandeltenWertpapieren zusammengestellt werden kann, das in jedem Zustand zu den gleichenZahlungskonsequenzen führt wie z . Man bezeichnet dann das Wertpapierportfolio <strong>und</strong>den Einzahlungsüberschuss als äquivalent.Begründung für hinreichende Eigenschaft von „spanning“ <strong>und</strong>„competitivity“:Eine Abweichung von einer marktwertmaximierenden (<strong>und</strong> damit für die Aktionärevermögensmaximierenden) unternehmerischen Handlungsweise macht nur dann Sinn,wenn durch diesea) neue (von den Aktionären präferierte) Zahlungsstrukturen am Kapitalmarkt erzeugtwerden oderb) die Preise bestehender Zahlungsstrukturen verändert werden, so dass von denAktionären präferierte Strukturen günstiger als unter der marktwertmaximalenHandlungsweise zu erstehen sind.Möglichkeit a) kann wegen „spanning“ <strong>und</strong> Möglichkeit b) kann wegen „competitivity“nicht vorliegen.Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 20


MarkwertmaximierungBeispiel:Eine Luftfahrtgesellschaft steht vor der Entscheidung entweder die MarktwertmaximierendeProjektalternative A 1 oder die nicht Marktwert-maximierendeProjektalternative A 2 durchzuführen:A 1 : Flugzeugsegment erweitern;A 2 : Einstieg in den Weltraumflug (unsicher <strong>und</strong> hohe Anfangsauszahlungen)Falls 1) “spanning“ oder 2) „competitivity“ nicht erfüllt sind, gibt es für Anleger Gründevon der marktwertmaximierenden Alternative abzuweichen:1)Bei Durchführung des Projekts A 2 hängt die unternehmerische Zahlungsstrukturmöglicherweise von der Intensität der „Sonnenwinde“ ab. Ein Anleger könnte diesenoch nicht am Kapitalmarkt verfügbare Risikostruktur sehr attraktiv empfinden, weildadurch neue Risikostreuungsmöglichkeiten bestehen. ein Anleger könnte zur Durchführung des nicht Marktwert-maximierendenInvestitionsprojekts tendieren bei Vorliegen von „spanning“ werden solche Unternehmen gerade nicht betrachtetProf. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 21


Markwertmaximierung2)Falls bereits Air France in Weltraumflugzeuge investiert, könnte es mir egal sein, obmein Unternehmen dies auch macht, da die obigen Risikostreuungsüberlegungen überAktienkäufe von Air France ermöglicht werden. Aufgr<strong>und</strong> der dann vorliegendenmonopolistischen Position von Air France könnte deren Investitionsverhalten abererhebliche Preissteigerungen nach sich ziehen, so dass ein Einstieg bei Air France sehrteuer wäre. ein Anleger könnte daher wiederum zur Durchführung des nicht MarktwertmaximierendenInvestitionsprojekts A 2 tendieren, um die genanntenRisikostreuungsmöglichkeiten günstiger zu erhalten. bei Vorliegen von „competitivity“ werden solche Situationen gerade nicht betrachtet,da die Durchführung des Projekts A 2 dann eben nicht zur Preisbeeinflussung führenwürde.Also:Damit Marktwertmaximierung notwendiger Weise ein sinnvolles Ziel darstellt, dürfen nursolche Unternehmen betrachtet werden, für die „spanning“ <strong>und</strong> „competitivity“ erfülltsind.Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 22


Bewertung auf vollkommenen KapitalmärktenNun Erörterung des Ziels der Marktwertmaximierung:Exkurs: (Bewertung auf vollkommenen <strong>und</strong> vollständigen Kapitalmärkten)Definition: (elementares Wertpapier)Ein elementares Wertpapier E{s} zum Zustand s bezeichnet ein Wertpapier, das genaubei Eintritt des Zustands s eine Geldeinheit auszahlt <strong>und</strong> bei Eintritt aller anderenZustände zu Zahlungskonsequenzen der Höhe null führt. Man spricht auch von einemzustandsbedingten Zahlungsanspruch zum Zustand s.Beispiel:Im Zeitpunkt T seien drei Konjunkturzustände s (1) , s (2) <strong>und</strong> s (3) denkbar. Die zu diesenZuständen zugehörigen elementaren Wertpapiere haben die folgendeZahlungsstruktur:Zustand s (1) s (2) s (3)(E{1})z T(E{2})z T(E{3})z T1 0 00 1 00 0 1Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 23


Bewertung auf vollkommenen KapitalmärktenBeispiel aus der Praxis:Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 24


Bewertung auf vollkommenen KapitalmärktenOffensichtlich gilt:Falls zu jedem denkbaren Umweltzustand ein elementares Wertpapier existiert,ist der Kapitalmarkt vollständig.Beispiel:Betrachtet wird der obige Kapitalmarkt mit den drei denkbaren Konjunkturzuständen.Für das Wertpapier, das zu Zahlungskonsequenzen (7; 5; 3) führt, kann einäquivalentes Portfolio P aus den drei elementaren Wertpapieren gef<strong>und</strong>en werden:Zustand s (1) s (2) s (3)(E{1})7 zT(E{2})5 zT(E{3})3 zT(P)z T7 1 7 0 7 05 0 5 1 5 03 0 3 0 3 17 5 3 das Portfolio bestehend aus elementares Wertpapier 1 im Umfang 7,elementares Wertpapier 2 im Umfang 5 <strong>und</strong> elementares Wertpapier 3 imUmfang 3 ist äquivalent zum in Rede stehenden Wertpapier.Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 25


Bewertung auf vollkommenen KapitalmärktenAllgemeiner:Betrachtet wird ein Kapitalmarkt mit S denkbaren Konjunkturzuständen. Ein(j)Wertpapier, das zu Zahlungskonsequenzen im Zustand s (j) (j = 1, …, S) führt.Dann kann ein zu diesem Wertpapier äquivalentes Portfolio P aus den S elementarenWertpapieren wie folgt zusammengestellt werden:z TZustand s (1) s (2) … S (S)zz z(1) (E{1})T T z(2) (E{2})T T(1)zT1(2)zT 0(1)zT 0(2)zT1… … … … ………(1)zT 0(2)zT 0z(S)T z(E{S})T(S)zT 0(P)(1)zTz T(S)zT 0(2)z T……(S)zT1(S)z TS(WP) (1) (S) (s) (E{s})T T T T Ts1 z (z , ..., z ) z zProf. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 26


Bewertung auf vollkommenen KapitalmärktenArbitrage:Erzielung sicherer Gewinne ohne KapitaleinsatzArbitragefreiheit:Kein Vorliegen von Arbitragemöglichkeiten wird im Weiteren als erfüllt angesehenAus „Einführung in die Finanzwirtschaft“ ist bekannt:Bei Arbitragefreiheit haben zwei äquivalente Positionen gleiche Preise.(„Gesetz des Einheitspreises“)Ferner gilt bei Arbitragefreiheit:Der Wert der Summe zweier Zahlungspositionen entspricht der Summe der Einzelwerte:(1) (2) (1) (2)V(z z ) V(z ) V(z ) („Wertadditivität“) (warum?)Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 27


Bewertung auf vollkommenen KapitalmärktenAlso resultiert für den Wert des in Rede stehenden Wertpapiers:S(WP) (WP) (P) (s) (E{s})V V(z ) V(z ) z V (*)T T TGesetz desWerts1EinheitspreisesadditivitätForts. Beispiel:(WP) (E{1}) (E{2}) (E{3})V V((7; 5; 3)) 7 V 5 V 3 V(E{1}) (E{2}) (E{3})Annahme: V 0,3 GE, V 0,4 GE, V 0,2 GE.(WP) V 7 0,3 5 0,4 3 0,2 4,7GEProf. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 28


Bewertung auf vollkommenen KapitalmärktenExistenz eines sicheren Wertpapiers am vollständigen Kapitalmarkt:Bilde Portfolio P aus elementaren Wertpapieren zu allen denkbarenKonjunkturzuständen s Führt offensichtlich zu sicherem Wertpapier mit sicherer Zahlung in Höhe von 1 GEHierzu zu leistender Preis: V(P)S Vs1(E{s})Somit:1 1VVT(1r f,T) rSf,T 1S(E{s})(E{s})s1 s11TForts. Beispiel:V V(z 1) 1V 1V 1V 0,30,40,20,9GE(sicheres Portfolio) (E{1}) (E{2}) (E{3})T1Für T=1 Jahr ergibt sich: rf,1 111,1%.0,9Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 29


Bewertung auf vollkommenen KapitalmärktenIn einer risikoneutralen Welt gilt: (vgl. „Einführung in die Finanzwirtschaft“)V(z )S(s) (s)(q)q zTE (z T)s1T T T(1r f,T) (1r f,T)(q (s) = Wahrscheinlichkeitseinschätzung in der risikoneutralen Welt, E (q) zugehöriger Erwartungswert)Dann gilt insbesondere:S(s) (E{s}, ˆ s)(q)q zT(s) ˆ(E(s)) ˆ(E{s}) ˆ E (z T)s1q T T T T(1r f,T) (1r f,T) (1r f,T)V V(z ) q V (1r )(s) ˆ (E{s}) ˆTf,TDie Marktwerte elementarer Wertpapiere entsprechen den „risikolos diskontierten“Zustandswahrscheinlichkeiten in einer (fiktiven!!!) risikoneutralen Welt. Man sprichtauch von „Pseudo-Wahrscheinlichkeiten“.Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 30


Bewertung auf vollkommenen KapitalmärktenForts. Beispiel:Gemäß der vorangegangenen Beispiele gilt:(E{1}) (E{2}) (E{3})V 0,3 GE, V 0,4 GE, V 0,2GE <strong>und</strong> rf,111,1%.Mithin lauten die risikoneutralen Eintrittswahrscheinlichkeiten der dreiKonjunkturzustände: (1) (E{1})q V (1 rf,1) 0,3 1, 1 0,3, (2) (E{2})q V (1 rf,1) 0,4 1, 1 0,4, (3) (E{3})q V (1 rf,1) 0,2 1, 1 0,2.Offensichtlich erfüllen die Pseudo-Wahrscheinlichkeiten gr<strong>und</strong>legende Eigenschaftenvon Wahrscheinlichkeiten: Nicht-Negativität <strong>und</strong> Summation zu eins.Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 31


Bewertung auf vollkommenen KapitalmärktenGemäß (*) gilt dann sogar:S(s) (s)S q zT(q)(s) (E{s}) s 1E (z T)TT T Ts1 (1r f,T) (1r f,T)V(z ) z VEs gilt allgemeiner der F<strong>und</strong>amentalsatz der Wertpapierbewertung:Ein vollkommener Kapitalmarkt ist genau dann arbitragefrei, wenn für jedenZeitpunkt t ein risikoneutrales Wahrscheinlichkeitsmaß q = (q (1) , …, q (S) ) existiert,auf dessen Basis der Wert einer jeden gehandelten finanziellen Position P alsSumme risikolos diskontierter Erwartungswerte ermittelt werden kann:V(P)T (q) (P)E (zt)tt1(1rf,t)Der Kapitalmarkt ist genau dann vollständig, wenn das risikoneutraleWahrscheinlichkeitsmaß eindeutig vorliegt.Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 32


Bewertung auf vollkommenen KapitalmärktenAnmerkung:• Der F<strong>und</strong>amentalsatz besagt nicht, dass der Kapitalmarkt risikoneutral ist.• Es wird ausschließlich ausgesagt, dass bei Arbitragefreiheit die tatsächliche(risikoaverse) Bewertung zu dem gleichen Ergebnis gelangt wie dies in einer fiktivenrisikoneutralen Welt resultieren würde.• Die Wahrscheinlichkeitseinschätzungen p (1) , …, p (S) der tatsächlichen Welt für dieKonjunkturzustände werden üblicherweise von den Einschätzungen q (1) , …, q (S) einerfiktiven risikoneutralen differieren.Forts. Beispiel:Das Wertpapier mit der Zahlungsstruktur (7; 5; 3) besitzt den folgenden Wert(1) (2) (3)(WP) q 7 q 5 q 3 0,3 7 0,4 5 0,2 31 1(1rf,1) 1, 1V(z ) 4,7 GE. entspricht (natürlich) dem bereits oben ermittelten Wert.Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 33


Bewertung auf vollkommenen KapitalmärktenForts. Beispiel:Nimmt man an, dass die tatsächlichen Wahrscheinlichkeitseinschätzungen wie folgtvorliegen: p (1) = 0,4, p (2) = 0,4 <strong>und</strong> p (3) = 0,2.Gemäß „Gr<strong>und</strong>lagen der Finanzwirtschaft/BWL III“ entspricht der Marktwert einesFinanzierungstitels dem mit dem Kapitalkostensatz diskontierten erwartetenZahlungsstrom. Mithin gilt für den Kapitalkostensatz des Wertpapiers:(1) (2) (3)(WP) p 7 p 5 p 3 0,4 7 0,4 5 0,2 3 5,41 (WP) (WP) (WP)4,7 GE V(z ) 1r 1r 1r(WP) 5,4 r 114,89%.4,7 Der Kapitalkostensatz des Wertpapiers beläuft sich auf etwa 14,89 %. Exkurs Ende Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 34


MarktwertmaximierungZunächst:Betrachtung eines vollkommenen, vollständigen Kapitalmarkts im Gleichgewicht Ziel: Maximierung des unternehmerischen Marktwerts durch finanzwirtschaftlichesRisikomanagementProblem:Auf vollkommenen Märkten sind Kapitalmarkttransaktionen irrelevant für denMarktwert einer Unternehmung.Gr<strong>und</strong>:Kapitalmarkttransaktionen auf Unternehmensebene könnten auch von jedemKapitalgeber selbst durchgeführt werden. finanzwirtschaftliches Risikomanagement wird nicht durch höherenMarktwert „vergütet“.Genauer:Im Kapitalmarkt-GG besitzt jedes Finanzinstrument I einen Netto-Marktwert von null:T (q) (I) T (q) (I)(I, brutto) E (zt) (I, netto) (I, brutto) E (zt)V V V 0tt(1r ) (1r ) keine Marktwertsteigerungt1 f,tt1f,tProf. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 35


Insolvenzkosten <strong>und</strong> SteuernAufgr<strong>und</strong> dieser Marktwertneutralität von Finanzinstrumenten sind gewisse„Marktunvollkommenheiten“ erforderlich, die nicht „spanning“ <strong>und</strong> „competitivity“ betreffen, wiez.B.Insolvenzkosten oder Steuern Maximierung des Unternehmenswerts bedeutet hierbeiMinimierung des Marktwerts von Insolvenzkosten <strong>und</strong> SteuernIm Weiteren Betrachtung von Insolvenz„kosten“(Berücksichtigung von Steuern vgl. Übung)Direkte Insolvenz„kosten“:Alle Auszahlungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Abwicklung einerInsolvenz stehen. (Gerichtsgebühren, Gutachterhonorare u.ä.)Indirekte Insolvenz„kosten“:Einbußen an Einzahlungsüberschüssen, die durch Störung der BeziehungenUnternehmen Beschaffungsmarkt <strong>und</strong> Unternehmen Absatzmarkt entstehen.(Abbruch von Beziehungen, Vereinbarung ungünstigerer Konditionen)Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 36


InsolvenzkostenInsolvenz gemäß Insolvenzordnung:Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO):Ein Rechtsträger ist zahlungsunfähig, wenn er weniger als 90 % seiner Verbindlichkeitenzum Zeitpunkt der Fälligkeit begleichen kann.drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 Abs. 2 InsO ):Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, „wenn er voraussichtlich nicht in derLage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zuerfüllen.“Überschuldung (§ 19 Abs. 2 InsO):Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehendenVerbindlichkeiten nicht mehr deckt. Bei der Bewertung des Vermögens des Schuldners istjedoch die Fortführung des Unternehmens zugr<strong>und</strong>e zu legen, wenn diese nach denUmständen überwiegend wahrscheinlich ist. Für Außenstehende nicht immer eindeutig festzustellen, ob unternehmerischeInsolvenz droht.Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 37


InsolvenzkostenSomit Charakterisierung einer Insolvenz:Es existiert eine für den Markt unbeobachtbare Schwelle , deren Unterschreitung durchdie Differenz aus Marktwert V (U) des Unternehmens <strong>und</strong> Marktwert V (L) derZahlungsverpflichtungen („Liabilities“)bzw.die Differenz aus Einzahlungsüberschuss z (U) <strong>und</strong> Zahlungsverpflichtung Lvom Markt als potentielle Insolvenz gedeutet wird. (U) (L) (U)V TVT bzw. zT LT(marktwertorientierte)ÜberschuldungZahlungsunfähigkeitim Weiteren betrachtet (z (U) L ) (" Ausmaß der Insolvenz")TTInsolvenzkosten bei drohender Insolvenz:(U) (U) (U)( (z L )) mit '( (z L )) 0 <strong>und</strong> ''( (zL )) 0.T T T T T T(was heißt das?)Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 38


InsolvenzkostenIn t = 0 liegen Insolvenzkosten demnach wie folgt vor:(U) (U) (U) ( (zT L T)), falls zT L T;c( (zT L T)) (U)0, falls zTL T.c(Lz)Lz„Insolvenz“„Solvenz“Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 39


InsolvenzkostenIm Sinne der Marktwertmaximierung resultiert folgendes Ziel:(RM)(RM)V(zc( (zL ))) T T T(I) (I)Vz n z c z n zL II IIT I T T I T T (I) VzT czT nIzT LT max.!n,III I Ibzw. (I)Vc zn zL IIT I T TT I T Tf,T(q) (I)E c zn zL IIT(1r )min.!n,III(warum?)Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 40


InsolvenzkostenBeispiel:Betrachtet wird ein vollkommener, vollständiger Kapitalmarkt, auf demInsolvenzkosten existieren <strong>und</strong> im Zeitpunkt T drei Zustände denkbar sind.Die Preise der zugehörigen elementaren Wertpapiere belaufen sich auf(E{1}) (E{2}) (E{3})V 0,5827; V 0,1198; V 0,2065. T1 1(1 rf,T) 1 1 1 10 %(E{1}) (E{2}) (E{3})V V V 0,909 Die Insolvenzkosten des Unternehmens liegen bei drohender Insolvenz konstant inHöhe von 5 GE vor. Diese fallen an, wenn die unternehmerischenEinzahlungsüberschüsse die Fremdkapitalverpflichtungen von L = 5 GE unterschreiten(d.h. Insolvenzschwelle = 0). Es gelte:Zustand s (1) s (2) s (3)zT (I) z T (RM) z T80,04 9,96 (5) 0,02 (5)30,04 59,96 49,9850 50 50„ursprünglicher Zahlungsstrom“„Zahlungsstrom Finanzinstrument“„Zahlungsstrom nachRisikomanagement“Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 41


InsolvenzkostenForts. Beispiel:Wert des Finanzinstruments:3(I) (I,s) (E{s,T})V(z ) z V 30,04 0,5827 59,96 0,1198 49,98 0,2065 0 GETs1TWert des Unternehmens vor Risikomanagementmaßnahme:3(s) (E{s,T})V(z ) z V 80,04 0,5827 14,96 0,1198 4,98 0,2065 43,82 GETs1TWert des Unternehmens nach Risikomanagementmaßnahme:50V(z (RM)T) 45,45 GE1,1Ergebnis war zu erwarten, da der Wert der Insolvenzkosten beiV( c(5 z T)) 0 0,5827 5 0,1198 5 0,2065 1,63 GEliegt. Diese wurden durch den Einsatz des Finanzinstruments vermieden.Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 42


InsolvenzkostenZwei vereinfachte Sichtweisen:1)Falls die Differenz aus Einzahlungsüberschuss z <strong>und</strong> (sicherer) Zahlungsverpflichtung Ldie Ausfallschwelle unterschreitet, fallen konstante Insolvenzkosten an.cI, falls zTL ; 0, falls zTL .czL„Insolvenz“„Solvenz“Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 43


InsolvenzkostenIm Sinne der Marktwertmaximierung resultiert folgendes Ziel:V( c(z )) min.!TWegen(q)E ( c(z T))T(1rf,T)(q) (q) (q)E [ c(z )] prob (z L ) Iprob (zL ) 0T T Tliegt das Ziel in der Minimierung der Ausfallwahrscheinlichkeit.Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 44


Insolvenzkosten2) Falls die Differenz aus Einzahlungsüberschuss z <strong>und</strong> Zahlungsverpflichtung L dieAusfallschwelle unterschreitet, fallen in Lz linear steigende Insolvenzkosten an.cLz T, falls zTL ; 0, falls zTL .czL„Insolvenz“„Solvenz“Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 45


InsolvenzkostenIm Sinne der Marktwertmaximierung resultiert folgendes Ziel:V( c(z )) min.!TWegen(q)E ( c(z T))T(1rf,T)(q) (q) (q) (q)E [ c(z )] prob (z L ) E [ (z L)|z L ] prob (zL ) 0T T T T Tliegt das Ziel in der Minimierung der Ausfallerwartungbzw. des Lower Partial Moments erster Ordnung.Im Allgemeinen gilt folgende Begrifflichkeit:Lower Partial Moment i-ter Ordnung: i = 0: Ausfallwahrscheinlichkeit;i = 1: negative Ausfallerwartung;i = 2: Ausfallvarianz.(i) (q) (q) iLPM ( ) : prob (x ) E [( x) | x ]xProf. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 46


InsolvenzkostenResultierende <strong>Hedging</strong>maßnahmen bei Insolvenzkosten:Bei Kenntnis der Insolvenzschwelle :(i) (q) (RM) (q) (RM) i (RM)LPM ( ) prob (z L ) E [( (z L)) | zL ] min.!zL T T T„verallgemeinertes Roy-Kriterium“ (Roy-Kriterium entspricht Fall „i = 0“)n,IIIBei Unkenntnis der Insolvenzschwelle : max.!n,III(i)LPMzL( ) ("akzeptables Höchstmaß")„verallgemeinertes Kataoka-Kriterium“ (Kataoka-Kriterium entspricht Fall „i = 0“)Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 47


Kanalisierungsfunktion des RisikomanagementsMithin Relevanz von finanzwirtschaftlichem Risikomanagement:• Im Risikomanagement unter Berücksichtigung von Insolvenzkosten geht es um dieVerringerung von Zahlungen, die dem Unternehmen verloren gehen. Kanalisierungsfunktion des Risikomanagements• Beispielsweise können solche Finanzinstrumente marktwertneutraleingesetzt werden, die tendenziell dann zu positiven Einzahlungenführen, wenn das Unternehmen einer Insolvenzgefahr unterliegt.• Letzteres führt zur Marktwertsteigerung, da die Vermeidung vonInsolvenzzuständen nicht durch die Gesellschafter eines Unternehmenseigenständig übernommen werden kann.Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 48


Steuern <strong>und</strong> Insolvenzkosten• Analoge Ergebnisse resultieren bei der Vermeidung von Steuerzahlungenbei „konvexer“ Besteuerung (zL).(zL)„Steuerzahlung“L„Steuerrückzahlung“zMit k(z L) c( (z L)) (zL) ("konvexe Kostenfunktion") resultiert als Ziel:T T T (q)(I)E kzT nI zTLmin.!n,I I IIIProf. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 49


Steuern <strong>und</strong> Insolvenzkosten• Für quadratische konvexe Kostenfunktion k resultiert aufgr<strong>und</strong> fehlender<strong>Spekulation</strong>smotive das Ziel der Varianzminimierung: (q)(I)Var zT nIzTL min.!n,I I IIIOffensichtlich gilt:Der (risikoneutral ermittelte) Erwartungswert unternehmerischer Einzahlungsüberschüsselässt sich durch Risikomanagementmaßnahmen nicht beeinflussen. Insofern wirdfinanzwirtschaftliches Risikomanagement auf Unternehmensebene mit dem Ziel derMarktwertmaximierung nicht aus <strong>Spekulation</strong>s-Motiven, sondern ausschließlich aus<strong>Hedging</strong>-Motiven durchgeführt. (Anders als bei individueller Nutzenmaximierung.)Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 50


AusfallwahrscheinlichkeitZentral im Risikomanagement ist:Ermittlung <strong>und</strong> Steuerung der AusfallwahrscheinlichkeitHäufig gewählte Verteilungsannahme:Normalverteilung der ZahlungsströmeNormalverteilungsdichterelative Häufigkeit der DAX-Renditen (1977-1996)6%5%4%3%2%1%-13% -10% -6% -3% 0% 3% 6% 10% 13%r DAXProf. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 51


AusfallwahrscheinlichkeitKonkretisierung bei normalverteilten Zahlungen: zL zLprob z L prob z L N 1N zL zLdurch (Ceteris-paribus-)Steigerung von <strong>und</strong> (Ceteris-paribus-)Senkung vonergibt sich Reduzierung der Insolvenzwahrscheinlichkeit.Marktwertorientiert ausschließlich <strong>Hedging</strong> durch Senkung von möglich.Für Kataoka-Kriterium relevant:Der so genannte „Value-at-Risk“ (VaR)Frage bei Betrachtung der Ausfallwahrscheinlichkeit:Mit welcher Wahrscheinlichkeit wird ein gewünschtes, mindestens zuerreichendes Endvermögen verfehlt?Frage bei Ermittlung des VaR:Welche Vermögensminderung („Verlust“) wird mit einer vorgegebenen(Höchst-)Wahrscheinlichkeit überschritten?Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 52


Value-at-RiskAlso: VaRzLprob L z VaR prob z L VaR N zLVaRzL1 N ( )zL 1VaR (zLzLN ( ))„Verlustverteilungsdichte“VaRLzProf. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 53


RisikomaßeÜberblick zu denkbaren Risikomaßen:• Standardabweichung des unternehmerischen „Eigenkapitals“: • Ausfallwahrscheinlichkeit: (0)prob[z L ] ( LPM zL( ))• Ausfallerwartung: (1)prob(z L ) E[( (z L)) | z L ] ( LPM zL( ))• Ausfallvarianz: 2 (2)prob(z L ) E[( (z L)) | zL ] ( LPM zL( ))• Value-at-Risk: prob LzVaRFrage:Welche Instrumente existieren, um Risiken zielgerichtet zu beeinflussen? Kurssicherungsinstrumente (vgl. <strong>Thema</strong> 2)Prof. Dr. Marc Gürtler | <strong>Thema</strong> 1: <strong>Hedging</strong>, <strong>Spekulation</strong> <strong>und</strong> <strong>Risikomessung</strong> | Seite 54

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!