© Bilder: Dres Balmer, Bern Das Haus «Les Foisses» mit den Raben aus Holz die Höhe anzeigt: «Col des Mosses 1445 m». Potz Donner, denken wir Debütanten und Einsteigerinnen stolz. Das war der zweite Strei<strong>ch</strong>, und der ist ein Bier wert in der nahen Bar. Die Abfahrt dur<strong>ch</strong> das wilde, raue Hongrin- Tal ist ein guter Voraus-Kontrast zum Zauber des Pays-d’Enhaut kurze Zeit später. Die Lands<strong>ch</strong>aft, die Häuser, die Mens<strong>ch</strong>en sind ähnli<strong>ch</strong> wie im nahen Saanenland, do<strong>ch</strong> hier ist alles auf Französis<strong>ch</strong>, was die Faszination für Gäste aus der Deuts<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>weiz erhöht. Hier klingt alles in einer anderen Tonart. Das Li<strong>ch</strong>t ist heute wie gläsern, der Wind bringt den Duft der Wälder ringsum zu den Radlernasen. Da leu<strong>ch</strong>tet uns das Grand Chalet in Rossinière entgegen. In diesem angebli<strong>ch</strong> grössten Holzhaus der Alpen mit 113 Fenstern hat der Maler Balthus die letzten 25 Jahre seines Lebens verbra<strong>ch</strong>t, heute wohnt hier seine Witwe. Hundert Jahre Raben Das Pays-d’Enhaut ma<strong>ch</strong>t heute seinem Namen alle Ehre. Lei<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>webt es über der s<strong>ch</strong>weren Welt, und wir tanzen mit den Velos auf der Nebenstrasse von Dorf zu Dorf, über Château-d’Œx na<strong>ch</strong> Rougemont. Wir 6 Reka aktuell I Herbst 2012 lassen die Velos stehen, spazieren mit dem guten Leporello des Verkehrsbüros von einem ehrwürdigen Holzhaus zum anderen; ein paar von ihnen sind drei, vier Jahrhunderte alt. Uns fällt das Haus «Les Foisses» auf. Die grossen Raben aus Holz, wel<strong>ch</strong>e die beiden Aufgangstreppen s<strong>ch</strong>mücken, wollte ein amerikanis<strong>ch</strong>er Gast den Besitzern im Herbst 1911 abkaufen. Er zahlte glei<strong>ch</strong> bar und sagte, er werde die Pra<strong>ch</strong>tsstücke ein Jahr später abholen. Im April 1912 bestieg er in Southampton das S<strong>ch</strong>iff «Titanic» und kam bei dessen Untergang ums Leben. Darum zieren die Raben die Fassade heute no<strong>ch</strong>. Informationen Route Gstaad (1050 m ü.m.) – col du Pillon (1546) – Le Sépey (978) – col des mosses (1445) – montbovon (797) – <strong>ch</strong>âteau-d’Œx (958) – Gstaad (1050). Streckenlänge 84 km asphaltiert, Höhenmeter aufwärts 1216. Anfahrt Gstaad, das ganze Pays-d’Enhaut, au<strong>ch</strong> Le Sépey bis Les Diablerets sind dur<strong>ch</strong> Bahnen ers<strong>ch</strong>lossen – nur teilweise mit Velotransport. www.sbb.<strong>ch</strong> Kost und Logis Reka-Geld ist vielerorts <strong>willkommen</strong>. Hier ein paar Beispiele: Hotel Viktoria Pillonstrasse, 3785 Gsteig Tel. 033 755 10 34, hotel_viktoria@bluewin.<strong>ch</strong> www.gsteig.<strong>ch</strong>/263.html Hôtel des Diablerets, Rue des ormonts 1865 Les Diablerets, Tel. 024 492 09 09 hotel@diablerets.com, www.diablerets.com Auberge de Jeunesse Les Riaux 1660 <strong>ch</strong>âteau-d’Œx, Tel. 026 924 64 04 <strong>ch</strong>ateau.d.oex@youthhostel.<strong>ch</strong> www.youthhostel.<strong>ch</strong>/<strong>ch</strong>ateau.d.oex Weitere Betriebe unter www.<strong>reka</strong>guide.<strong>ch</strong> Dokumentation: Der Routenführer von Veloland S<strong>ch</strong>weiz, Band 9, Seen-Route, bes<strong>ch</strong>reibt die Strecke von La Lé<strong>ch</strong>erette bis Gstaad. Links: www.gstaad.<strong>ch</strong>, www.lesdiablerets.<strong>ch</strong> www.pays-denhaut.<strong>ch</strong> Dres Balmer Geboren 1949 in Grindelwald, war Spra<strong>ch</strong>lehrer, Übersetzer und iKRK-Delegierter, arbeitet seit vielen Jahren als Reisejournalist für vers<strong>ch</strong>iedene Publikationen und Radiosender, ausserdem publizierte er belletristis<strong>ch</strong>e Bü<strong>ch</strong>er wie «Kupferstunde, mitteilungen aus den Anden» und «Die letzten Abenteuer des Zwanzigsten Jahrhunderts» sowie vers<strong>ch</strong>iedene Reisebü<strong>ch</strong>er. Seine letzte Publikation, «Route 66, mit dem Fahrrad von <strong>ch</strong>icago na<strong>ch</strong> Los Angeles», ist im April 2012 beim Rotpunktverlag Züri<strong>ch</strong> ers<strong>ch</strong>ienen. Dres Balmer lebt in Bern. Zum Kiebitz und Kuckuck! Genuss mit Reka Wenn i<strong>ch</strong> im Herbst abtau<strong>ch</strong>en, auftanken und trotzdem Spannendes erleben und entdecken mö<strong>ch</strong>te, geht’s ab Ri<strong>ch</strong>tung murten- und Neuenburgersee. Dort ist mir – bu<strong>ch</strong>stäbli<strong>ch</strong> – vögeliwohl! Béatrice Käser Es gibt die «grossen» Orte und Destinationen mit grossen Namen und Verspre<strong>ch</strong>en. Wo jedermann hin will, hin muss, um dabei zu sein. Viellei<strong>ch</strong>t deshalb mag i<strong>ch</strong> die andern, nämli<strong>ch</strong> Gegenden abseits der Massen, wo das Auftanken und Entdecken lei<strong>ch</strong>ter fällt. Etwa die Region von Murten, dieser <strong>ch</strong>armanten Symbiose aus Deuts<strong>ch</strong>- und Wests<strong>ch</strong>weiz. Und so wohltuend «normal», dass sie keine markts<strong>ch</strong>reieris<strong>ch</strong>en Tourismusverspre<strong>ch</strong>en benötigt, um zu begeistern. Jahr für Jahr reise i<strong>ch</strong> hin. Für einen Tag oder zwei, au<strong>ch</strong> mal für eine ganze Wo<strong>ch</strong>e. «Pendle» zu Fuss, per S<strong>ch</strong>iff oder Velo zwis<strong>ch</strong>en Murten- und Neuenburgersee und entdecke jedes Mal Neues. Immer mit dabei: Mein alter Teddybär aus Kindertagen – Maskott<strong>ch</strong>en, Bes<strong>ch</strong>ützer und symbolis<strong>ch</strong>er Reiseleiter in einem. «Teddy B» lässt mi<strong>ch</strong> auf Fotos no<strong>ch</strong> Monate na<strong>ch</strong> einem Ausflug von s<strong>ch</strong>önen Erlebnissen träumen. Weil i<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t nur Bären mag, sondern au<strong>ch</strong> eine Passion für Vögel habe, führt eine meiner liebsten Exkursionen ins Naturs<strong>ch</strong>utzzentrum La Sauge in Cudrefin am Neuen- 1 2 © Béatrice Käser Bild: ASPO/BirdLife Suisse Bild: François Turrian burgersee. Hier darf man getrost und ohne kits<strong>ch</strong>ig zu werden von «Lustwandeln» spre<strong>ch</strong>en. Denn wer diesen 2001 eröffneten weitläufigen Naturpark betritt, tau<strong>ch</strong>t ein in ein wahres Meer aus Farben, Düften und Geräus<strong>ch</strong>en. Ni<strong>ch</strong>t nur, dass man mit etwas Glück den ebenso seltenen wie s<strong>ch</strong>illernden Eisvogel entdecken kann, auf Ufers<strong>ch</strong>walbe, Watvögel, Kiebitz und Kuckuck trifft. Au<strong>ch</strong> andere Tiere sind spannend zu beoba<strong>ch</strong>ten. Etwa Sumpfs<strong>ch</strong>ildkröten, die in der S<strong>ch</strong>weiz fast ausgestorben sind und hier wieder angesiedelt werden. Und – gruselig und interessant zuglei<strong>ch</strong> – eine über 40-jährige Geiers<strong>ch</strong>ildkröte, die an eine lebende Mumie erinnert. Zusammen gewa<strong>ch</strong>sen, was zusammen gehört Das Staunen verfolgt einen in La Sauge auf S<strong>ch</strong>ritt und Tritt: Die Natur-Lands<strong>ch</strong>aft in Cudrefin mit ihren Tümpeln, Weihern und vielfältiger Flora s<strong>ch</strong>eint wie zufällig miteinander und ineinander verwa<strong>ch</strong>sen. Do<strong>ch</strong> ist hier zusammengekommen, was zusammengehört; mit viel Sorgfalt in Szene gesetzt 3 4 1 Auf der Lauer na<strong>ch</strong> Besu<strong>ch</strong>erinnen und Besu<strong>ch</strong>ern des grossen Tei<strong>ch</strong>s, im SVS-Naturs<strong>ch</strong>utzzentrum La Sauge. 2 SVS-Naturs<strong>ch</strong>utzzentrum La Sauge, BirdLife S<strong>ch</strong>weiz. 3 Im SVS-Naturs<strong>ch</strong>utzzentrum La Sauge lässt si<strong>ch</strong> das Leben in seinen vielfältigen Formen entdecken. 4 Die Sumpfs<strong>ch</strong>ildkröte, unsere einzige einheimis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>ildkrötenart, erwärmt si<strong>ch</strong> gerne an der Sonne. von Birdlife S<strong>ch</strong>weiz, dem nationalen Da<strong>ch</strong>verband der Natur- und Vogels<strong>ch</strong>utzvereine. I<strong>ch</strong> finde es jedes Mal faszinierend, Vögel von Beoba<strong>ch</strong>tungshütten aus bestaunen, auf samtenen Pfaden dur<strong>ch</strong> das Grün zu spazieren, den Blick über glänzende Wasser s<strong>ch</strong>weifen zu lassen, jegli<strong>ch</strong>e Zeit vergessend. Wer essen will, kann das im angrenzenden Hotel-Restaurant tun. Und sollte der Himmel weinen, bieten Dauer- und Sonderausstellungen im Haupttrakt von La Sauge spannenden Unters<strong>ch</strong>lupf. Wasser spielt für mi<strong>ch</strong> als im Zei<strong>ch</strong>en der Fis<strong>ch</strong>e Geborene ohnehin eine wi<strong>ch</strong>tige Rolle; wo immer mögli<strong>ch</strong> baue i<strong>ch</strong> deshalb Flüsse, Reka aktuell I Herbst 2012 7 Bild: ASPO/BirdLife Suisse