27.11.2012 Aufrufe

Leseprobe (PDF)

Leseprobe (PDF)

Leseprobe (PDF)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

6. Juli 2000<br />

15 Uhr 25<br />

Tagebuch,<br />

ich sitzeim Halbdunkel meines mit Marlene-Dietrich-Postern<br />

und Farbdrucken von Gustav Klimt tapezierten Zimmers<br />

und schreibe; Marlene beobachtet mich mit ihrem<br />

schmachtenden, hochmütigen Blick, während ichdas weiße<br />

Blatt voll kritzle; einzelne Sonnenstrahlen sickerndurchdie<br />

Ritzen der Fensterläden.<br />

Es ist heiß,brütend heiß und trocken. Im angrenzenden<br />

Zimmer läuft der Fernseher, meine kleine Schwester trällert<br />

die Erkennungsmelodie eines Trickfilms mit. Draußen<br />

schmettert eine Grille ihre Fröhlichkeit hinaus, hier drin,<br />

in der Wohnung, ist es ruhig und friedlich. Ichkomme mir<br />

vor wie unter einer Glocke aus hauchdünnem Glas, die<br />

mich schützt und nach außen abschirmt; meine Bewegungen<br />

sind in der Hitze träge,aber in mir rumort es …es<br />

ist, als würde eine Maus an meiner Seele nagen, kaum<br />

merklich, fast schon zärtlich. Es geht mir nicht schlecht,<br />

aber richtig gut geht es mir auch nicht. Das Beunruhigende<br />

ist, dass es mir »überhaupt nicht geht«, fast so,als wäre<br />

ich mir selbst abhanden gekommen. Allerdings weiß ich,<br />

wie ich mich wieder finden kann, dazu brauche ich nur<br />

aufzuschauen und dem Bild im Spiegel in die Augen zu se-<br />

7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!