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Chronik 100 Jahre - Schützengilde Kuppenheim 1863 e.V.

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<strong>Chronik</strong> der <strong>Schützengilde</strong>von 1865 - 1965_______________________________________Schützen werft nicht gleich die Flinten,nach dem ersten Schuss ins Korn.Ging der erste Schuss nach hinten,liegt der zweite wieder vorn.von Eugen RothDie liebevolle Mahnung des Dichters EugenRoth, der hinter allem Menschlichen auch dasAllzu menschliche mit Humor aufgespürt, passtnur wenig zum Jubelverein der hiesigenSchützen; denn gerade sie blicken zäh nachvorn, wenn in der Geschichte alles, aber auchalles, nach hinten in den Kot geworfen wurde.Wie wäre es sonst gelungen, nach der Austilgungvorhandener Schützenvereinigungeneinen aus dem Volke empor gereiften jungenSchützenverein vorzustellen und anstelle einesabgerissenen Schützenhauses eine stattlicheNeuanlage durch die praktische Mitarbeit jungerLeute zu schaffen?Jetzt ist dort droben auf dem Mergelberg allesWünschenswerte vorhanden:Schießbahnen für Luft- und Kleinkalibergewehre,elektrische Zugstände, ein vielbesuchterWirtschaftsraum, sowie ein Kinderspielplatz.Alles harmonisch Zusammenspielende liegtsozusagen unter einem Dach, und es istlobenswert, gerade heute, davon zu sagen, dasshier ein sonst kaum vorhandenerGemeinschaftsgeist stark spürbar wird: dieGemeinschaft der jungen Schützenfamilie.Während zeitraubender und anstrengenderZusammenarbeit verketten sie sich so, dass esihnen unmöglich war, nach dem Schlusspfiff inalle Winde zu eilen. Sie blieben beisammen, dieMänner zogen Frauen und Kinder zu sich alsneue Familien in einer Zeit, in der die gedankenlosgemachte Masse fortschreitet mit dem Ziel,alles Gewachsene und Eigene brutal zu verflachen.Doch all das ruht schon im Schützentumselbst, weil hier der Einzelne noch für sichstehen muss, sich ständig üben, sich inkörperlicher und seelischer Ruhe fassen,bedachtsam atmen und über gut gelagertesKorn ins Ziel gehen muss, um im Gleichklangmit sich und seinen Anlagen feuern zu können.Selbsterziehung ist hier so hervorstechend wiedie Erziehung durch Erfahrene, etwas was beiden heutigen Feuerwaffen nicht immer begriffen,beim urtümlichen Bogenschießen der Japaneraber in jahrelangen Vorbereitungen und in fastreligiösen Zeremonien fest ins Wesen eingeprägtwird. Dort schnellt der Pfeil von der Sehneund trifft ins Schwarze, ohne dass nacheuropäischer Art starr anvisiert worden wäre,rein nur durch Zusammenspiel von Körper undSeele oder wie der Japaner so schön sagt:„Aus der Mitte des Menschen, aus Hara.“Ein solches Zusammensein lässt sich nicht ohneNot zerreißen, weswegen die Bogenschützen,von innen her gezwungen, geraume Zeit in der7


Schussstellung verharren. Überhaupt scheintsich beim Bogen- und Armbrustschiessen zuoffenbaren, was das Schützentum bewegt: DiePflege des Volkstümlichen, die Hinwendung zuüberliefertem Brauchtum und ganz besondersdie phrasenlose Liebe zur Heimat.Dieser Grundlage wegen rühmen sich dieSchützenvereinigungen eines frühen erstenAuftrittes. In der zeitlichen Reihenfolge wird dasalte kaiserliche Aachen zuerst genannt, woraufmittelalterliche Städte vornehmlich am Rheinund in Süddeutschland, Reutlingen ab 1220 undFreiburg im Breisgau ab 1293, urkundlich alsHorte der <strong>Schützengilde</strong>n erscheinen.Das war die Zeit, in der sich die Markgrafen vonBaden durch Erbschaft und Ausgleichszahlungdie Burg Eberstein aneigneten und sich umgreifendanschickten, das neuerworbene<strong>Kuppenheim</strong> mit dicken Festungsmauern zuumringen. Die alte Wasserburg mit ihrem nochals Hexenturm erhaltenen Bergfried musste wohlnoch als Trümmerstätte mit einbezogen werden,denn kurz zuvor hatte ein Nachfahr der Ebersteiner,Simon von Zweibrücken, sein Castellumgenannt <strong>Kuppenheim</strong> in der Fehde mit demMarkgraf Rudolf eigenhändig in Brand gesteckt.Wir gehen sicher in der Annahme nicht fehl,wenn wir auch für diese Burg eine primitiveVerteidigung voraussetzen, eine Einrichtung, diefür die Festung nur erweitert und modernisiertwerden musst. Wohl aus diesem Grundeverfügten die Markgrafen nach dem altenLagerbuch:8Die Bürger von <strong>Kuppenheim</strong> sind reißbar, d. h.wehrpflichtig. Wenn der Gegner mit Schleudermaschinenanrücken konnte, mussten die<strong>Kuppenheim</strong>er, wie es damals üblich war, mitArmbrüsten aus den Schießscharten antworten.Es mag sogar mancher Bürger versuchtgewesen sein, auf dem hölzernen Wehrgangentlang zu schleichen und die Bolzen überGraben und Wall hinauszujagen auf einenverirrten Raben oder ein vorwitziges Häslein.Das alles ging ohne eine organisierte Schützenvereinigung,aber angebahnt war eine solchedoch. In den größeren Städten entsprang eine<strong>Schützengilde</strong>, wie sie damals genannt wurde,den Handwerkerzünften und der frommenVereinigung der so volkstümlichen Franziskanermönche.Sie führten die schießlustige Mannschaftzusammen, versammelten sie vor einembesonders geweihten Sebastiansaltar undbildeten aus der Sebastiansbruderschaftallmählich die <strong>Schützengilde</strong>, die jeweils am 20.Januar das Patrozinium des pfeildurchbohrtenHeiligen festlich beging. Merkwürdigerweisefeiert auch <strong>Kuppenheim</strong> den Sebastianstag voreinem Sebastiansaltar, aber dies entsprangeiner Stiftung des Markgrafen Jakob 1446, dievon seinen Söhnen (1454) Karl, Bernhard (derSelige) und Georg ausdrücklich wiederholt undbestätigt wurde. Es wurden dabei Zehnteinkünftevom Giersberg zu Ehren des MärtyrersSt. Sebastian an die Kaplanei verschrieben undangeordnet, dass wöchentlich vor demSebastiansaltar drei Messen gelesen werden.Allein schon die Ankündigung von drei Messendürfte auf eine Versöhnung mit Gott hinweisen,dessen Zorn die Menschen seit 1384 immerwieder bei der abscheulichen Seuche verspürthatten. Der hl. Sebastian, der auch als Helfergegen die Pest angerufen wurde, mag erstdamals in die Reihe der Kirchenheiligen von<strong>Kuppenheim</strong> eingerückt sein, denn niemandkann sagen, seit wann er hier verehrt wurde.


Endlich könnte jemand darauf hinweisen, dasseine Bruderschaft seit 1456 in <strong>Kuppenheim</strong>bestand. Diese Bruderschaft zu St. Nikolaus undSt. Katharinenaltar wurde unter dem SchultheißenContzlin Hauwer aus den Gerichts- undRatsherren gebildet, die die Zinsen etlicherGüter zur Besoldung eines weiteren Frühmessers(Kaplan) stifteten. Der ausgesprocheneZweck der Stiftung zeigt deutlich, dass dieBruderschaft (vielleicht der Vorläufer der Bruderschaft„vom guten Tod“ °Katharina°) so wenigmit einer <strong>Schützengilde</strong> zu tun hatte, wie derSebastianiwald und die Sebastianspfründe.Der Nachweis einer <strong>Kuppenheim</strong>er <strong>Schützengilde</strong>im Mittelalter dürfte demnach außerordentlichschwer sein, wie bei einer mittelalterlichenBevölkerung von 500 bis 700Menschen nicht verwunderlich wäre. Auch umdie Zeit des Stadtbrandes 1689, als dieMusketen der französischen Armee denmodernen Feuersteingewehren oder Flintengewichen waren, wurde eine Gegenwehr vonFeuerwaffen und also ein Schützenverein nichterwähnt. Auch für Baden-Baden nicht, obwohlfür dort eine sehr eingehende Beschreibung derVorfälle durch einen Jesuiten hinterlassenwurde.Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts erscheinenGroßvereinigungen der Schützen, diesmalnicht aus Gründen der veränderten Waffentechnik,sondern aus politischen Gründen. DieWut gegen die reaktionäre Politik Metternichsund die Sehnsucht nach einem einigen, demokratischen,deutschen Volk führte die sog.liberalen Gesinnungsgenossen zusammen, diein der Landmitte, in Offenburg, sich zu entscheidendenVersammlungen trafen. VonOffenburg aus ermunterte schon 1846 ein Aufrufzur Gründung eines Schützenvereins, der wohloder übel etwas von einer Tarnung militärischerKampvorbereitungen an sich tragen musste.Solches lässt sich erschließen aus der Zeit nachder Gründung des „Schützenvereins GroßherzogtumBaden“ 1847, wo gesagt wurde, dasssich der Schützenverein Großherzogtum Badenin seinem stürmischen Drang nach demokratischerFreiheit zu weit vorgewagt habe, dasser alsbald aufgelöst wurde. Die nachfolgendeDemokratenjagd hat viele Belege aus jener Zeitverwischen lassen und selbst in den beteiligtenFamilien ist, namentlich unweit von Karlsruhe,sogar die Erinnerung an die 48/49er Erhebungausgetilgt worden. Letzteres gilt in besonderemMaße von <strong>Kuppenheim</strong>, von den in den amtlichenVerfolgungslisten nur erwähnt werden:der Müller Karl Bernhard, wohl ein Abkömmlingemigrierter Franzosen, der Benefiziat JakobStein und ein gewisser Lang. Von allen anderenwurde nichts hinterlassen, wie zu erfahren war,deswegen, weil etliche <strong>Kuppenheim</strong>er an einflussreicherStelle in Karlsruhe Verwandte undBekannte hatten. Ein Plus, das sich auch nach1945 in entscheidender Weise bewährte. Zudiesen anderen gehörte auch Franz LorenzRammelmayer, der Sohn und Erbe des Posthaltersund Ochsenwirts Anton Rammelmayerund der Tochter des ehemaligen OchsenwirtsFidel Berton.Dieser Mann, dessen Bild in der Schießhalle zusehen ist, verdient eine Würdigung und sie warmöglich, weil der Enkel dieses Franz Lorenz,Herr Dipl.-Ing. Alex Rammelmeyer, noch heutein Heidelberg wohnt und bei der Vorlage seinesStammbaumes aus der Familienüberlieferungschön zu erzählen wusste.9


10Franz Lorenz Rammelmayer gehörte als Majorder revolutionären Armee an und floh kurz vordem Zusammenbruch in die Schweiz. Er sollhier in <strong>Kuppenheim</strong> eine besondere Abteilungvon Revolutionären – es wird angenommen, dieSchützenabteilung – ausgebildet und bis zumEinmarsch der drei preußischen Divisionengeführt haben. In <strong>Kuppenheim</strong> verlor derEmigrant sein Hab und Gut. Er kam aber durchdie Erbschaft seiner ersten Frau, einer Emiliegeb. Götz aus Lichtenau, wieder zu einembeachtlichen Vermögen, aus der Hinterlassenschafteines amerikanischen Waffenlieferanten.Da Rammelmayer im <strong>Jahre</strong> 1854gegenüber vom Ochsen eine Gartenwirtschafteröffnete, dürfte er zu diesem Zeitpunkt wiederbei Mitteln gewesen sein. Franz LorenzRammelmayer, der aus einer Tiroler Familiestammte, erscheint im <strong>Jahre</strong> 1862 als Vorstanddes <strong>Kuppenheim</strong>er Schützenvereins. Er gab imWochenblatt für Rastatt, Ettlingen undGernsbach die Eröffnung einer Schießstätte bei<strong>Kuppenheim</strong> bekannt. Die Freude an Waffenund am Waffenhandwerk dürfte den Rammelmayern,seit ihrem Vorfahr, dem OberstRammelmayer unter Montecuccoli 1675, imBlute gelegen und mag selbst die Ehefrauen derRammelmayer in ihren Bann gezogen haben. Sowurde die zweite Frau des strammen 48er,Franziska geb. Oberföll aus Achern, als flotteJägerin mit Flinte, Pulvertasche und Pulverhornfotografiert, als ob sie nachträglich hättebestätigen sollen, dass Franz Lorenz Rammelmayerdoch schon um 1848 in <strong>Kuppenheim</strong>einen Schützenverein aufgezogen hatte. Belegtist dies leider nicht, sicher aber, dass es 1862schon einen gut eingerichteten Schützenstand in<strong>Kuppenheim</strong> gab und dass 12 <strong>Kuppenheim</strong>erSchützenbundmitglieder im <strong>Jahre</strong> <strong>1863</strong> beimersten badischen Landesschießen in Mannheimteilnahmen und dorthin eine Ehrengabebrachten. Die Zeitung meldete überdies, dass<strong>Kuppenheim</strong> dem Schützenbunde erst beigetretensei, auf eine Umfrage zur Gründung desOberrheinischen Schützenbundes, sich abernicht wie Emmendingen, Kehl, Rastatt, Freiburgund Durlach habe verlauten lassen. Durch dieEisenbahnfahrt nach Mannheim erschloss sichden <strong>Kuppenheim</strong>er Schützen eine noch unbekannteWelt und die Freude an einem Schützenwettkampf.Besser werden als durch diese Fahrtmit dem Teufelsfuhrwerk Eisenbahn konnte


auch ein Rammelmayer nicht, wenn er rein allesseinen Schützen bezahlt hätte.Lustig knallt es auf dem Schießstandvon Pistole und Gewehr,und so rasch fort, wie vom Fließbandpurzeln die Rekorde her.So musste man <strong>1863</strong> schon sagen, denn seit1862 war aus dem gut eingerichteten Schießstandbis zum 19. April <strong>1863</strong> ein Schießstättebei der Geißenweid (hinter dem AnwesenRobert Wetzel an der Stadtwaldstraße)geworden. An Sonn- und Feiertagen und an denMittwochstagen warnten dort eine rote und gelbeSignalflagge vor dem Betreten des Geländesund der vorbeiführenden Straße. Lustig knalltendie jungen Schützen drauflos und feierten ihreFeste wie sie gerade fielen. Zunächst lud dieSchützengesellschaft <strong>Kuppenheim</strong> zur„Verherrlichung des Geburtstagsfestes seinerköniglichen Hoheit des Großherzogs“ am 6., 7.,8. und 9. September <strong>1863</strong> und verkündete dazuein Festschießen um 30 Gaben im Werte von300 Gulden und außerdem für Schüsse aufStandkehrscheiben in 500 Fuß Entfernung 15Gaben im Werte von 150 Gulden. Das warbedeutend mehr als der frühere Hauptpreis voneinem Ochsen oder einer Geiß, die im Mittelalterein Schützenkönig heimführen konnte, denn für1200 Pfund Mastochsenfleisch oder 600 PfundKohlen oder ein kleines Bauernhaus erhielt manden Wert von 300 Gulden. Dass zu diesenhohen Auslagen der neue Verein nicht starkgenug war und nur ein großherziger Mannhelfen konnte, leuchtet bei der sprichwörtlichenArmut der damaligen Bauernbevölkerung jedemein. Darum besaß nicht jeder, der am SchießsportInteresse hatte, ein feldtüchtiges Gewehrund erhielt gegen ein geringes Entgeld Gewehrund Munition in der Schießhalle geliehen.Die nächste Großveranstaltung war aufSonntag, den 18. Oktober 1865 festgesetzt, weilsich an diesem Tage die Völkerschlacht beiLeipzig zum 50. Male jährte (1815). Auch diesesFest verstand man ganz imposant zu gestalten.Es begann mit einem Festgottesdienst und legteden öffentlichen Höhepunkt in einen Festzug,der durch berittene Zugführer und die Musikeröffnet wurde. Drei Fahnenträger mit einerösterreichischen Fahne rechts, einerpreußischen links und einer deutschen Fahne inder Mitte, marschierten vor den Schützenvereinenvon Rastatt und <strong>Kuppenheim</strong>.Veteranen, meist aus Rastatt, ein Zug berittenerBürger und etliche Gesangvereine vervollständigtenden Aufmarsch zu diesem nationalenSchauspiel. Seltsamerweise war auch dieseeinprägsame Feier, genauso wie die Feier zumGeburtstag des Großherzogs, in der Zeitung nurmit der anonymen Unterschrift „das Comitee“,statt mit der des SchützenvorstandesRammelmayer ausgeschrieben. Deshalb wirdvermutet, dass Rammelmayer aus Verärgerungüber die Behandlung nach der Revolution sichbei nationalen Anlässen unkenntlich machte,denn sonst schwelgten die <strong>Kuppenheim</strong>er,besonders in den Straßennamen, in Namen ausder großherzoglichen Familie. Das schienRammelmayer jedoch nicht zu hindern, denSchützenverein finanziell zu stützen und zufördern. In den folgenden <strong>Jahre</strong>n wurden dieAusschreibungen des Schützenvereinsspärlicher und begnügten sich fast nur mit derAnkündigung:„Der <strong>Kuppenheim</strong>er Schießplatz wirderöffnet“11


So letztmals zum April 1867. In der Zeitungverdrängten Werbungen für zweifelhafte HeilundSchönheitsmittel die Vereinsausschreibungen,die sehr wahrscheinlich auch zu teuerwaren. Zudem herrschte jetzt nach dem Bruderkriegvon 1866 und vor dem deutschfranzösischenKrieg von 1870/71 eine politischeSpannung, die zur Vergrößerung der Leitartikelzwang. Es scheint jedoch, dass der <strong>Kuppenheim</strong>erSchützenverein auch jene Zeit überlebteund erst lahm wurde, als Franz LorenzRammelmayer nach dem frühen Tode seinerzweiten Frau nach Karlsruhe übersiedelte umdort am 30.1.1878 zu sterben. Da seine Nachkommen,wie viele der so hart bedrücktenRevolutionärsfamilien, leider auswanderten (dieRammelmayer als gesuchte Ingenieure nachRußland), ist auch das Tagebuch der Familieverlorengegangen. In <strong>Kuppenheim</strong> lebte abernoch ein Schmied, der im <strong>Jahre</strong> 1875 geborenwurde und einige Personen und Vorgänge nochpersönlich kannte oder durch die Elternunterrichtet wurde. Vom alten Rammelmayerkonnte er nur erzählen, dass der die Postkutschevon <strong>Kuppenheim</strong> nach Forbach geführtund schon an den Reisenden in der Wirtschaftgut verdient habe. Ein Schützenverein bestandfür ihn in den 40-iger <strong>Jahre</strong>n, womit unserefrühere Vermutung nach einem demokratischenSchützenverein erneut gestützt wäre. Ausspäterer Zeit wurde ihm nichts von einemSchützenverein überliefert. Der Lehrer – sagteer ausdrücklich – erzählte nichts von früher undden Eltern schien es unwesentlich. Demnachmag der Schützenverein um 1870 eingegangensein.Viele <strong>Jahre</strong>, nämlich bis 1933, besteht Ungewissheit,ob ein Schützenverein bestand. Erst12am 29. Juli 1933, fand wieder eine Gründungsversammlungstatt. Als treibende Kraft undGründer des Vereins war der damalige BürgermeisterGustav Grathwohl anzusprechen. Zum1. Vorsitzenden wurde der Fabrikant EmilSchaeuble gewählt.Vordringliche Arbeit sollte die Erstellung einesSchützenstandes sein. Bereits am 26.8.1933wurde der erste Spatenstich vollzogen. Jedesder Mitglieder stellte was er geben konnte in denDienst der Sache. Wer nicht gerade reich war,half mit Schippe und Hacke. Andere stelltenMaterial zur Verfügung oder spendeten Geld.Sämtliche Arbeiten wurden auf dem Wege derOpferwilligkeit geleistet. Die Parole war:„Alles für den Verein zur Ehre unsererHeimatstadt <strong>Kuppenheim</strong>“Am 6.5.1934 war Stand-Eröffnungs-Gau- undPreisschießen, verbunden mit Fahnenweihe. AmVortage stand in der Zeitung zu lesen:„Am Sonntag auf zum Schützenhaus, zeigtwessen Auge noch klar und wessen Handnoch nicht zittert.“Der Festtag wurde frühmorgens um 5 Uhr mitBöllerschüssen und Trompetensignal vomKirchturm aus angekündigt. Und es wurde eingroßer Tag für den Verein. Sämtliche<strong>Kuppenheim</strong>er Vereine waren beimgemeinsamen Kirchgang anwesend und derFestaltar war zu Ehren der Schützen in grünweißgeschmückt. Anschließend ging es zumneuen Schützenhaus und hier konnte nachmehreren Reden Bürgermeister Grathwohl dengemeindeeigenen Platz seiner Bestimmungübergeben. Pünktlich um 9 Uhr begann das


Schießen an 10 Ständen unter Beteiligung von22 Vereinen aus nah und fern. Im Verlauf desTages war der ganze Platz von Besuchern vollund auch in den Bierzelten war Hochbetrieb.Aber auch in schießsportlicher Hinsicht stelltedie <strong>Schützengilde</strong> in den folgenden <strong>Jahre</strong>n ihrenMann. Davon zeigen einige schöne Preise, dieheute noch vorhanden sind. Leider sind nähereEinzelheiten nicht mehr bekannt.Nach dem Kriege, also ab 1945, wollte naturgemäßkein Mensch mehr etwas vom Schießenwissen. Natürlich auch nicht vom Schießsport.Viele Schützenhäuser und Schießstände imganzen Kreis waren abgerissen worden, so jaauch das <strong>Kuppenheim</strong>er.Jedoch bereits einige <strong>Jahre</strong> später fanden imKreisgebiet die ersten Vereinsgründungen statt.Auch in <strong>Kuppenheim</strong> fanden sich ehemaligeSchützen und junge Männer, die diesen Wunschverspürten. Die Vorgespräche wurden zum Teilan den Preisschießständen bei Festen örtlicherVereine geführt und so kam es am 19.9.1953zur Neugründungsversammlung. Die 30erschienen Besucher wählten Paul Warth zum1.Vorsitzenden der neuen „<strong>Schützengilde</strong>“.Bereits vier Wochen später konnte der Schießbetriebmit Luftgewehren an den selbsterbautenStänden aufgenommen werden. Die Begeisterungwar so groß, dass nach Abschluss von vierKreisschießen im <strong>Jahre</strong> 1954 die <strong>Kuppenheim</strong>erSchützen Kreismeister in der Mannschaftswertungwurden. Die folgenden zwei <strong>Jahre</strong>1955/56 erbrachten für den Verein unter demneuen 1. Vorsitzenden Franz Hasel immergrößere und schönere schießsportliche Erfolge.Aber bereits hier hatte man sich mit demGedanken befasst, wieder ein neues Schützenhauszu erstellen. Ein Fachmann des süddeutschenSchützenbundes wurde zu Rategezogen und er befand den jetzigen Standort alsgünstig. Der Stadtrat unter Vorsitz von BürgermeisterWalz kam den Wünschen des Vereinsentgegen und hatte keinen Einwand.Im Januar 1957 wurde von der GeneralversammlungIgnaz Ell zum 1. Vorsitzendengewählt. Hauptthema dieses Abends warnatürlich der Bau des Schützenhauses. Eswurde zunächst ein Bauausschuss gebildet unddas Anlegen einer Spendenliste beschlossen. Inder folgenden Zeit liefen die Vorbereitungenunter Ignaz Ell auf vollen Touren. Am 6.7.1957begann die Arbeit. Die Planierraupe eineramerikanischen Einheit errichtete die hohenDämme rund um die Anlage und was nun in denfolgenden Monaten von den Schützen in freiwilligerArbeit geleistet wurde, kann man nurermessen, wenn man bedenkt, dass bereits fünfMonate später das Richtfest stattfand. Nebenbeiwurde natürlich nicht das Wettkampfschießenvernachlässigt, was so manch schöner Erfolgbezeugte.Die Generalversammlung am 18.1.1958erbrachte eine einstimmige Wiederwahl deralten Vorstandschaft. Die Vereinssatzungenwurden für gut befunden und von derVersammlung angenommen. Im April des<strong>Jahre</strong>s konnte die <strong>Schützengilde</strong> ins Vereinsregistereingetragen werden. Während dieserZeit wurde die Arbeit am Schützenhaus eifrigvorangetrieben, denn die Eröffnung stand jabevor.13


Am 10. Mai 1958 war es dann soweit. Alsgeladene Gäste erschienen Hw. Herr StadtpfarrerEnderle, Herr Bürgermeister Walz unddie Stadträte, sowie Freunde und Gönner desVereins. Der 1. Vorsitzende Ignaz Ell begrüßtedie Anwesenden und bedankte sich aufrichtigbei all denen, die zum Gelingen beigetragenhatten. Allgemein wurde bei den folgendenReden mit Erstaunen und Überraschung diegroße Leistung des Vereins gewürdigt.Am 11. Mai fand dann durch Hw. H StadtpfarrerEnderle unter Mitwirkung der Stadtkapelle, desGesangvereins und einer Bläsergruppe dieEinweihung statt. Die Anteilnahme derBevölkerung war bei herrlichem Wetter so groß,dass kaum für alle Platz geboten war. Nachgenau einem Jahr, nämlich am 24.5.1959,konnte, nachdem die „Spezialisten“ unter denSchützen die Kleinkaliber-Schießanlagefertiggestellt hatten, erstmalig nach dem Kriegewieder ein KK-Schießen im Kreise Rastattstattfinden. Die reibungslos abgewickeltenWettkämpfe waren für die <strong>Schützengilde</strong> auchein sportlicher Erfolg, denn Ludwig Baumstarkwurde im Einzel, genauso wie die Mannschaft,14Kreismeister. In den folgenden <strong>Jahre</strong>n bis 1963konnten sich die Schützen unter ihrem VorstandIgnaz Ell nun mit etwas mehr Ruhe ganz demSchießsport widmen. Und sie taten es mit gutemErfolg. Ob bei Freundschafts-, Kreis-, oderLandesschießen, immer waren sie in geachteterja manchmal sogar ein gefürcheter Gegner. Manfreute sich über Erfolge und man nahm sichnach Niederlagen gegen bessere Gegner vor, esbeim nächsten Mal noch besser zu machen.Ausflüge mit Frauen und Bräute, sowie die sichjährlich wiederholenden Königsfeiern bildetenmit der Zeit eine richtige Schützenfamilie.In all dieser Zeit wurden natürlich immer wiederBau- und Erdarbeiten bewältigt, um dieSchießanlage zu verbessern und zu verschönern.Und so war man sich auch seit einiger Zeit klar,dass die Luftgewehr-Schießanlage den Erfordernissennicht mehr entsprach. Nach bewährterManier beriet sich der 1. Vorsitzende Ignaz Ellmit der Vorstandschaft und in Verbindung mitallen Schützen wurde beschlossen, eine neueSchießhalle zu erstellen. Dies ging natürlichnicht alles von einem Tag zum anderen. Es gabzu planen und zu rechnen und viele Wegemussten gegangen werden um dieses Ziel zuerreichen.Für die Schützen wurde das Jahr 1964 somitnochmals zu einem Jahr der Arbeit und derBewährung. Aber es hatte sich gelohnt, denn alsdie neue Schießhalle im Januar 1965 eingeweihtwurde, bot sich den Besuchern ein großartigesBild. Den musikalischen Rahmen der Feiergestalteten die Stadtkapelle, der Gesangverein„Treue“ und der Handharmonika-Spielring.Bereits am Nachmittag hatte StadtpfarrerEnderle die kirchliche Weihe vorgenommen.


Der 1. Vorsitzende begrüßte alle anwesendenGäste und ganz besonders Bürgermeister Walz,Kreisschützenmeister Schneider, Dirigent Sauer,sowie die Vertretungen der auswärtigen undörtlichen Vereine. Er brachte seinen Dank analle seine Schützen zum Ausdruck für diegeleistete Arbeit. Er dankte auch derStadtverwaltung, ohne deren Zusage diesesWerk nicht hätte durchgeführt werden können.Und nicht zuletzt all den Stellen, die diesesVorhaben unterstützen. Bürgermeister Walzdankte für die Einladung und überbrachte GlückundSegenswünsche des Gemeindeparlaments.Die Grüße des Schützenkreises Rastatt, sowiedes Landeschützenmeisters übermittelteKreisschützenmeister Schneider. Der gesamteAbend wurde zu einer schönen Feier.Die neue Schießhalle, die mit 14 Luftgewehrständenjedes größere Schießen möglich macht,bildet zusammen mit der schon bestehendenKK-Anlage ein harmonisches Ganzes ohnegegenseitige Beeinträchtigung.Nach diesem geleisteten Werk kann die<strong>Schützengilde</strong> <strong>Kuppenheim</strong> mit berechtigtemStolz zurück-blicken auf die letzten <strong>Jahre</strong> undauch voraus auf das kommende <strong>100</strong>jährigeJubiläum. Und ihr Wunsch soll sein, dass auchdie kommenden <strong>Jahre</strong> ein harmonischesVereinsleben und eine gute Kameradschaftbringen werden.Die Vorstandschaft im Jubeljahr 19651. Vorstand Ignaz Ell2. Vorstand Bernhard StrolzSchriftführerErich PhilippSchatzmeister Peter Walz1. Schießleiter Willi Hirtreiter2. Schießleiter Bruno HerrmannBeisitzerFranz HaselPaul WarthJosef WalzWinfried KriegEdi PistelJugendbetreuer Ludwig BaumstarkVereinskassier Peter HatzWenn in der <strong>Kuppenheim</strong>er <strong>Schützengilde</strong> einaktiver Schütze einen besonderen Platzeinnimmt, so ist dies der heutige AltersschützeKarl Hettich. Ein Schütze, wie ihn sich die ganzeGilde als Vorbild hingestellt hat. Ihm nachzueifernist einer ihrer großen Grundsätze. Seinruhiges Wesen, seine wohlüberlegten Rat-15


schläge den jungen Schützen gegenüber, sowieseine in allen Phasen saubere Haltung habenihm weit über den eigenen Verein hinaus hohesAnsehen gebracht. Dass auf seinem Weg alsSchütze auch große sportliche Erfolge liegen,sollte nicht unerwähnt bleiben. In den <strong>Jahre</strong>n bis1939 war er stets in den vordersten Reihen derSpitzenschützen des Kreises zu finden. Als dann1953 die Gilde wieder aus der Taufe gehobenwurde, war er natürlich sofort wieder dabei undunterstützte mit Rat und Tat das Aufstreben desVereins.Seine Mannschaftskameraden aus den dreißiger<strong>Jahre</strong>n sollen ebenfalls nicht unerwähnt bleiben.Mit ihnen zusammen konnte er manchen Erfolgzur Ehre des Vereins erringen. Es waren dies:Fritz Weiler, Gutmann, Konrad Warth, EmilKöhler, Karl Holfelder, Franz Hasel, StefanWarth, Postmeiser Wulf, Wilhelm Utz, u.a.Es versteht sich von selbst, dass die Geselligkeitauch damals einen breiten Rahmen im Vereinsgescheheneinnahm. So berichtet die „RastatterZeitung“ vom 8. Mai 1934 über einen gutenVerlauf des Eröffnungsschießens im Fichtentalund den Ausklang des Festes, in dessen Verlaufsich ein „Jüngling namens Pius“ durch seine mitHumor gewürzten Stegreifreden besondershervortat. Jäger-, Schützen- und Volksliederschallten durch den Wald, zu denen ForstwartSebastian Frosch immer wieder Anregung gab.Inhalt:Festschrift zum <strong>100</strong>. Jubiläum„<strong>Schützengilde</strong> <strong>Kuppenheim</strong> <strong>1863</strong> e.V.“mit Fahnenweihe und Kreisschießenvom 18. Juli und vom 24. – 26. Juli 1965* Ende der <strong>100</strong>-jährigen <strong>Chronik</strong> *Gott sei Dank blieb diese vorbildliche Harmonieinnerhalb der Gilde bis auf den heutigen Tagerhalten, und es ist eine der vornehmstenAufgaben der heutigen Vorstandschaft, dieseHarmonie auch für die Zukunft zu sichern, zumWohle des Vereins und zur Ehre unserer Stadt.16

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