biogas kann's - Fachverband Biogas e.V.
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BIOGAS KANN‘S
Informationen, Argumente und Potenziale
1
IMPRESSUM
www.biogas.org
Redaktion:
Andrea Horbelt,
Manuel Maciejczyk,
Bastian Olzem,
Stefan Rauh
Fachverband Biogas e. V.
V.i.S.d.P.: Claudius da Costa Gomez
Konzept/Gestaltung:
Gröschel_Geheeb_ Responsible Branding
GmbH, Berlin
Bilder:
Grafiken und Abbildungen soweit nicht anders
angegeben Fachverband Biogas e.V.
Druck:
DMZ Druckmedienzentrum, Moosburg
Fachverband Biogas e. V.
Hauptgeschäftsstelle
Angerbrunnenstr. 12
85356 Freising
Tel.: 08161 - 98 46-60
Fax: 08161 - 98 46-70
E-Mail: info@biogas.org
Hauptstadtbüro
Schumannstr. 17
10117 Berlin
Tel.: 030 - 27 58 179-0
Fax: 030 - 27 58 179-29
E-Mail: berlin@biogas.org
INHALT
Stand: Oktober 2011 Erläuterung der Farben im Text:
Graue Textpassagen erklären die Hintergründe,
schwarze beinhalten Basisinformationen
zur Biogasnutzung.
INHALTSVERZEICHNIS Seite 3
BIOGAS IN ZAHLEN Seite 4-5
WAS IST BIOGAS Seite 6-8
WAS KANN BIOGAS Seite 9-13
LANDWIRTSCHAFT, NATUR-
UND KLIMASCHUTZ Seite 14-21
FARBE INS FELD Seite 22-23
WIRTSCHAFTSMOTOR Seite 24-27
RAHMENBEDINGUNGEN Seite 28-31
POTENZIAL UND Seite 32-33
PERSPEKTIVEN
FAKTEN STATT VORURTEILE Seite 34-37
DAS 1X1 DES BIOGAS Seite 38
KONTAKT Seite 39
3
4
BIOGAS IN ZAHLEN
Biogas trägt zur Stromversorgung bei
Im Jahr 2011 werden rund 18 Milliarden Kilowattstunden
(kWh) Strom aus Biogas erzeugt.
Dies entspricht knapp 18 Prozent des Stroms aus
Erneuerbaren Energien und rund 3,5 Prozent
des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland.
Im Durchschnitt werden 2011 mehr als fünf Millionen
Haushalte mit Strom aus Biogas versorgt.
Biogas versorgt uns mit Wärme
Bei der Stromproduktion im Blockheizkraftwerk
(BHKW) entsteht als Koppelprodukt Wärme – im
Jahr 2011 sind es rund 18 Milliarden kWh. Damit
werden schon heute mehr als 530.000 Haushalte
CO 2 -neutral beheizt.
Biogas macht mobil
Zu Biomethan aufbereitetes Biogas kann wie Erdgas
als Kraftstoff genutzt werden. Der Einsatz von
Biomethan in Erdgasfahrzeugen ist ohne technische
Anpassungen möglich. Anfang 2011 waren
mehr als 90.000 mit Erdgas betriebene Kraftfahrzeuge
in Deutschland zugelassen. Knapp 200
der rund 900 hiesigen Erdgastankstellen bieten
bereits einen Biomethan-Anteil zwischen fünf
und 100 Prozent an.
Biogas als Erdgasersatz
Aufbereitetes Biogas kann problemlos ins Erdgasnetz
eingespeist werden. Damit lässt sich
einerseits der Ort der Gaserzeugung vom Ort
der Verwertung entkoppeln und andererseits
das Gasnetz als riesiges Speicher- und Transportmedium
nutzen. Ende 2011 speisen rund 60
Anlagen circa 260 Millionen Normkubikmeter
Biomethan ins deutsche Erdgasnetz.
Biogas ist gut für´s Klima
Mit der Substitution von Strom und Wärme aus
fossilen Energieträgern durch Biogas können im
Jahr 2011 knapp zwölf Millionen Tonnen klimaschädliches
CO 2 eingespart werden. Bei der Verwendung
von Gülle für die Biogasproduktion
werden zusätzlich die stark klimaschädlichen
Methanemissionen aus der Güllelagerung und
-ausbringung weitgehend vermieden.
Gärprodukte ersetzen industriell
hergestellten Mineraldünger
Beim Vergärungsprozess in Biogasanlagen bleiben
die mineralischen Nährstoffe erhalten und
werden als hochwertiger Dünger wieder auf den
Acker ausgebracht. Damit werden regionale Stoffkreisläufe
geschlossen. Durch den Ersatz eines
Kilogramms mineralischen Stickstoffdüngers können
mehr als sechs Kilogramm CO 2 eingespart
werden, die bei der Produktion des Mineraldüngers
entstanden wären.
Biogas ist ein Multitalent:
Aus Biogas lässt sich sowohl Strom
und Wärme als auch Kraftstoff
gewinnen. Ebenso kann es als Erdgasäquivalent
genutzt werden.
Biogas ist regionaler Mittelstand
Zwei Drittel des Branchenumsatzes fließen direkt
in die Region und unterstützen damit die regionale
Wertschöpfung. Der Branchenumsatz, der
durch Neubau, Reparaturen, Betrieb und Substratbereitstellung
im Jahr 2011 erwirtschaftet
wird, beträgt knapp sechs Milliarden Euro.
Sichere Arbeitsplätze durch Biogas
Im Jahr 2011 sind mehr als 40.000 Menschen
im Anlagenbau, im Service und Betrieb, bei der
Wartung der Biogasanlagen und im Anbau der
Energiepflanzen tätig. Diese Arbeitsplätze entstehen
vor allem regional und in der Landwirtschaft.
Für den Landwirt bedeutet der Betrieb
einer Biogasanlage eine sichere und langfristig
kalkulierbare Perspektive. Durch die im Erneuerbare-Energien-Gesetz
(EEG) festgeschriebene
garantierte Vergütung über 20 Jahre lassen
sich Agrarpreis-Schwankungen in der konventionellen
Landwirtschaft mit der Biogasanlage
ausgleichen.
Errichtung einer Biogasanlage
Deutsche Biogas-Unternehmen sind
weltweit führend
Biogas „Made in Germany“ ist gefragt. Als Weltmarktführer
in dieser zukunftsweisenden Technologie
sind deutsche Firmen in vielen Ländern
der Erde tätig. Im Jahr 2011 generieren sie rund
zehn Prozent ihres Umsatzes (500 Millionen
Euro) durch das Auslandsgeschäft.
5
6
WAS IST BIOGAS
SO ENTSTEHT BIOGAS:
Biogas entsteht in Biogasanlagen durch den
biologischen Abbau von Biomasse – vor allem
von landwirtschaftlichen Substraten wie Gülle
und Stallmist oder Energiepflanzen (Mais, Roggen,
Zuckerrüben, etc.). Neben den genannten
Stoffen kann Biogas auch aus organischen
Reststoffen aus Landkreisen, Städten und Gemeinden,
beispielsweise aus Rasenschnitt, Speiseresten
und Nebenprodukten aus der Lebensmittelherstellung
erzeugt werden.
In luftdicht abgeschlossenen Gärbehältern – den
sogenannten Fermentern – entsteht durch den
Vergärungsprozess mit Hilfe von Bakterien in
mehreren Abbaustufen das Biogas. Die Bakterien
gleichen denjenigen, die auch im Verdauungstrakt
einer Kuh vorhanden sind.
Gärprodukt
als Dünger
Gülle und Mist aus der
Viehhaltung sowie Futterreste,
Energiepflanzen und weitere
organische Substrate
Gärproduktlager
Fermenter
Blockheizkraftwerk
produziert Strom
und Wärme
Biogasaufbereitungsanlage
Gasnetzanschluss
Erdgasnetz
Privathaushalte werden
mit Strom und Wärme
versorgt
Industrie und Gewerbe
werden mit Strom und
Wärme versorgt
Tankstellen werden
mit Biomethan beliefert
7
8
WAS IST BIOGAS
BESTANDTEILE VON BIOGAS
Wesentlicher, Energie bestimmender Bestandteil
von Biogas ist wie beim fossilen Erdgas das
brennbare Gas Methan (CH 4 ). In Abhängigkeit von
den in einer Biogasanlage eingesetzten Gärsubstraten
schwankt der Methangehalt des Biogases
zwischen 50 und 65 Prozent. Der zweite Hauptbestandteil
von Biogas ist Kohlendioxid (CO 2 ) mit
einem Anteil von 35 bis 50 Prozent.
CHEMISCHE ANTEILE VON BIOGAS
38% Kohlenstoffdioxid
(CO 2 )
55% Methan (CH 4 )
Dabei handelt es sich um Klima neutrales CO 2 ,
das die Energiepflanzen zuvor bei ihrem Wachstum
der Atmosphäre entnommen haben. Weitere
Inhaltsstoffe von Biogas sind Wasser (H 2 O),
Sauerstoff (O 2 ) und Spuren von Schwefel (S 2 ) und
Schwefelwasserstoff (H 2 S). Wird das Biogas in einer
Biogasaufbereitungsanlage zu Biomethan mit
einem Methangehalt von ca. 98 Prozent aufbereitet,
so ist dieses Biomethan identisch mit den
Eigenschaften von Erdgas.
5% Wasser (H 2 O)
1% Sauerstoff (O 2 )
1% andere
WAS KANN BIOGAS
ANLAGENZAHL UND INSTALLIERTE ELEKTRISCHE LEISTUNG
6000
5000
4.000
3.000
2.000
1.000
274
450
850
1.300
1.750
2.680
4.984
7.000
1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2010 2011
STROM UND WÄRME
50
182
333
Biogas wird derzeit in Deutschland vor allem zur
gleichzeitigen Strom- und Wärmeproduktion in
Blockheizkraftwerken (BHKW), der so genannten
Kraft-Wärme-Kopplung, genutzt. Im Jahr 2011
liefern die rund 7.000 Biogasanlagen Strom
für mehr als fünf Millionen durchschnittliche
Haushalte, was einer Strommenge von knapp
18 Milliarden Kilowattstunden (kWh) entspricht.
Die bei der Stromerzeugung entstehende Wärme
wird entweder vor Ort zur Stall- und Wohnraumbeheizung
oder zur Holztrocknung genutzt oder
650
3.711
1.271
1.893
2.291
5.905
2.728
Prognose
2.200
2.000
1.800
1.600
1.400
1.200
1.000
800
600
400
200
Anzahl Biogasanlagen
installierte elektrische Leistung (MW)
über Nahwärmeleitungen an benachbarte Häuser
verteilt. Mit Hilfe von innovativen Nachverstromungseinrichtungen
wie Organic-Rankine-
Cycle(ORC)-Anlagen kann aus der entstehenden
Wärme zusätzlicher Strom gewonnen werden.
Bei größeren Entfernungen zwischen Wärmeabnehmer
und Biogasanlage kann das Biogas auch
über so genannte Mikrogasleitungen zum BHKW
geleitet werden. Diese „Satelliten-BHKW“ stellen
eine effiziente und zukunftsträchtige Option dar.
0
9
10
WAS KANN BIOGAS
Es bestehen vielfältige Verwendungsmöglichkeiten
für die Wärme, zum Beispiel
• Beheizen von:
– Wohnhäusern
– Schulen
– Industriegebäuden
– Schwimmbädern
– Gewächshäusern
• Nutzung in industriellen Prozessen
(Dampf, Trocknen, Kühlen)
• Düngerherstellung
• Nachverstromung
Schwimmbäder sind gute
Abnehmer für Biogas-Wärme
BIOMETHAN ALS ERDGASERSATZ
Statt vor Ort verstromt zu werden kann Biogas
auch durch CO 2 -Abscheidung und Reinigung
aufbereitet und als so genanntes Biomethan
direkt in das öffentliche Gasnetz eingespeist
werden.
Von dort wird es in der Regel auf Basis des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
(EEG) zur gekoppelten
Strom- und Wärmenutzung in externen BHKWs
eingesetzt. Die Entnahme des Biomethans aus
dem Gasnetz geschieht an Stellen, wo eine optimale
Wärmenutzung gewährleistet ist.
Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt,
bis zum Jahr 2020 jährlich sechs Milliarden Kubikmeter
Biomethan ins Gasnetz einzuspeisen.
Das entspricht knapp sieben Prozent des heutigen
Erdgasverbrauchs in Deutschland. Bis 2030
sollen es zehn Milliarden Kubikmeter sein.
Bislang kommen jedoch die Biomethaneinspeisung
und der Biomethanmarkt nur sehr schleppend
in Gang. In erster Linie hängt dies mit dem
unsicheren Investitionsrahmen für Biogaseinspeiseprojekte
zusammen. Um das Angebot an
und die Nachfrage nach Biomethan anzukurbeln
bedarf es eines Anschubinstruments, das die
bislang fehlende Investitionssicherheit schafft.
Die Biogasbranche hat in einem achtmonatigen
Entwicklungsprozess mit Unterstützung einer
der führenden Kanzleien im Energierecht und
unter Einbeziehung zahlreicher Marktakteure
das Konzept für ein solches Anschubinstrument
entwickelt.
Mit dem Erneuerbaren Gas Einspeise- und
Speichergesetz (EEGasG) würde über eine
Abnahmepflicht und effiziente Vergütung mit
Marktkomponente die für Investitionen in Biogaseinspeiseprojekte
notwendige Sicherheit
geschaffen. Dadurch käme es zu einer Marktbelebung,
die sowohl die Angebots- als auch die
Nachfrageseite in einem Wechselbeziehungsprozess
stärken wird. Ohne EEGasG würden
die Ziele der Bundesregierung bei der Biogaseinspeisung
nicht annähernd erreicht werden.
Aktuell sind etwa 60 Biogaseinspeiseprojekte in
Betrieb, weitere 20 befinden sich in Planung beziehungsweise
im Bau. Der Anteil von Biomethan
am Erdgasverbrauch liegt derzeit bei weniger als
einem Prozent.
GASNETZ ALS LANGZEITSPEICHER FÜR
ERNEUERBARE ENERGIE
Das gerade beschriebene Konzept des EEGasG
bezieht nicht nur Biomethan ein, sondern auch
Wasserstoff und Methan aus der Windstromelektrolyse
bzw. der nachgeschalteten Methanisierung
des „Windwasserstoffes“. Mit der Einspeisung
dieses Erneuerbaren Gases ins Gasnetz
kann die Energie über einen langen Zeitraum (ein
Jahr) gespeichert werden. Da das Gasnetz über
eine riesige Speicherkapazität verfügt, können so
jahreszeitliche Schwankungen der Windstromerzeugung
ausgeglichen werden.
Über das EEGasG würde erstmals das zweite
bereits vorhandene Energienetz – das Gasnetz
– als Transportsystem und als riesiger sofort verfügbarer
Langzeit-Speicher für Erneuerbare Energie
in großem Umfang nutzbar gemacht. Die
Kopplung von Strom- und Gasnetz wird helfen, die
Herausforderungen der Energiewende an Speicher
und Übertragungsnetzkapazitäten zu meistern.
11
12
WAS KANN BIOGAS
KRAFTSTOFF
Das aufbereitete Biomethan kann auch als
hocheffizienter und klimafreundlicher Kraftstoff
für Erdgas- beziehungsweise Biogasautos eingesetzt
werden. Die Nutzung erfolgt zum Beispiel
über die bestehenden Erdgastankstellen – Fahrzeugbesitzer
tanken ein „virtuelles“ Gemisch
aus Biomethan und Erdgas. Oder sie erhalten
reines Biogas an einer Tankstelle, die direkt an
eine Biogasanlage angeschlossen ist.
100 Prozent Biomethan an der Erdgastankstelle München Flughafen
Die erste reine Biogastankstelle Deutschlands
wurde 2006 im niedersächsischen Jameln eröffnet.
Mittlerweile bieten knapp 20 Erdgas-
Tankstellen 100 Prozent Biomethan an, rund
175 weitere mischen Biomethan zu einem Anteil
zwischen fünf und 50 Prozent zum Erdgas hinzu.
Mit dem Biogas aus einem Hektar Mais fährt ein
Erdgasauto rund 70.000 Kilometer.
Damit ist Biogas der effizienteste biogene Kraftstoff
mit einer nahezu CO 2 -neutralen Bilanz.
Im Vergleich zu Benzin- und Dieselfahrzeugen
reduziert Biomethan den Schadstoffaustausch
(Kohlenwasserstoffe, Kohlenmonoxid, Stickoxide,
etc.) um bis zu 80 Prozent und schont
gleichzeitig den Geldbeutel aufgrund geringerer
Betriebs- und Kraftstoffkosten im Vergleich zu
fossilen Kraftstoffen.
Rohbiogas entsteht im Fermenter Foto: FHgitarre (flickr.com)
STOFFLICHE VERWERTUNG
Nach der Trennung von Methan (CH 4 ) und Kohlendioxid
(CO 2 ) aus dem Rohbiogas können
beide Gasfraktionen stofflich verwertet werden.
Methan beispielsweise lässt sich über chemische
Synthesen zu Methanol, Wasserstoff oder anderen
Kohlenwasserstoffe umwandeln. CO 2 kann
als hochwertiger Pflanzendünger, Rohstoff für
die Trockeneisherstellung oder als Grundlage für
die Methanisierung von Wasserstoff aus Wind-
oder PV-Strom zum Einsatz kommen.
BIOGAS ALS SÄULE DER ENERGIEWENDE
Aus Biogas kann kontinuierlich Energie (Biomethan,
Strom und Wärme) erzeugt werden. Da
sich Biogas gut speichern lässt, kann die Stromproduktion
bei hohem Verbrauch im Stromnetz
gezielt erhöht bzw. bei geringem Verbrauch
gedrosselt werden. Die Strom- und Wärmeproduktion
aus Biogas ist also sowohl grund- wie
auch spitzenlastfähig.
Als wichtiger Bestandteil der Erneuerbaren
Energien ist Biogas eine entscheidende Regelgröße,
die das erneuerbare Stromangebot
komplettiert. Biogas kann Schwankungen der
Stromproduktion aus Wind- oder Solaranlagen
ausgleichen und trägt somit zu einer regenerativen
Energievollversorgung maßgeblich bei.
Dadurch reduziert Biogas die Abhängigkeit von
fossiler Energie erheblich.
13
14
LANDWIRTSCHAfT, NATUR-
UND KLIMASCHUTZ
BIOGAS ALS EINKOMMENSALTERNATIVE
IN DER LANDWIRTSCHAFT
Die Produktion von Biogas gewinnt nicht nur
als Zusatzeinkommen sondern auch als Haupteinkommensquelle
in der Landwirtschaft an
Bedeutung. Durch die im EEG festgelegten garantierten
Vergütungssätze für 20 Jahre können
landwirtschaftliche Betriebe eine Stabilisierung
ihres Einkommens sicherstellen.
Die regelmäßig eingehenden Stromerlöse bieten
die interessante Option, mit dem Betriebszweig
Biogas niedrige Erzeugerpreise (z. B. Milch, Getreide,
etc.) auszugleichen. Das EEG fördert dabei
im besonderen Maß Anlagenkonzepte, bei denen
die am Standort vorhandene Gülle sinnvoll in der
Biogasanlage genutzt wird.
Foto: pixelio zunami
NUTZEN FÜR DIE LANDWIRTSCHAFT
Die Verwendung von Energiepflanzen entlastet
die klassischen Nahrungsmittelmärkte. Aufgrund
der Überproduktion in der EU sanken
die Preise für Agrarprodukte seit Mitte der 80er
Jahre kontinuierlich. Mit dem Ausbau der Biogasnutzung
entwickelte sich ein neuer Absatzmarkt,
von dem eine positive Wirkung auf die
gesamte Landwirtschaft ausgeht.
Biogas bietet eine Reihe hervorragender Wechselwirkungen
gerade im Hinblick auf die Produktionsverfahren
der Tierhaltung. Insbesondere die
Viehhaltungsbetriebe mit Schweinen und Geflügel
haben einen erheblichen Wärmebedarf. Hier
kann die bei der Stromerzeugung in Biogasanlagen
als Koppelprodukt anfallende Wärme zur
Stallbeheizung genutzt werden. Das gilt nicht
nur für den landwirtschaftlichen Betrieb mit Biogasanlage,
sondern in besonderer Weise auch
für benachbarte Tierhaltungsbetriebe, die mit
Wärme aus der Biogasanlage versorgt werden,
z.B. über eine Wärme- oder Mikrogasleitung.
Seit dem EEG 2009 fördert der Gesetzgeber
besonders die Nutzung von Wirtschaftsdüngern
(Gülle, Mist). Dieser Anreiz unterstützt
eine enge Kooperation zwischen Biogasanlage
und Tier-haltung. Gleichzeitig werden die klimaschädlichen
Methanemissionen aus offenen Güllebehältern
durch die energetische Nutzung der
Gülle in Biogasanlagen weitgehend vermieden.
Aktuell werden etwa 15 bis 20 Prozent der in
Deutschland anfallenden Gülle in Biogasanlagen
vergoren.
BIOGAS IM EINKLANG MIT DER
LANDWIRTSCHAFT
In vielen landwirtschaftlichen Familienbetrieben
reichen die Kapazitäten häufig nicht aus,
um eine Biogasanlage als zusätzliches Standbein
zu betreiben: in Milchviehbetrieben sind
die Arbeitskapazitäten mehr als ausgelastet, in
Bullenmastbetrieben fehlen die Substratflächen
und in Veredelungsbetrieben wirkt besonders die
Kapitalverfügbarkeit begrenzend.
Aus diesen und ähnlichen Gründen stellt der
gemeinsamschaftliche Betrieb einer Biogasanlage
eine interessante Alternative dar. Beteiligte
Tierhaltungsbetriebe erreichen durch den
Vergärungsprozess eine Aufwertung ihrer Gülle
und können – bei zu starkem Tierbesatz und
damit Gülleaufkommen – die Biogasanlage als
„Börsenplatz“ für gülleverwertende Ackerbaubetriebe
nutzen.
15
16
LANDWIRTSCHAfT, NATUR-
UND KLIMASCHUTZ
ENERGIEPFLANZEN
In Biogasanlagen können vielfältigste Energiepflanzen
eingesetzt werden. Neben klassischen
Biogassubstraten wie Maissilage, Getreide-GPS
(Ganzpflanzensilage) oder Grassi lage werden
vermehrt auch alternative Kulturen angebaut.
Beispiele hierfür sind Rüben und Hirsen, aber
auch ganz neue Pflanzenarten wie die Durchwachsene
Silphie, Szarvasigras oder Wildpflanzen,
deren Anbau und Einsatz derzeit erprobt
werden. Häufig werden Energiepflanzen als
alleinige Hauptfrucht angebaut. In manchen
Regionen bietet sich aber auch der Anbau von
zwei Kulturen nacheinander an: Beispielsweise
kann nach der Ernte von Grünroggen im späten
Frühjahr noch Mais oder Hirse eingesät und im
Herbst geerntet werden. Entscheidend für einen
langfristig hohen Biomasseertrag ist die Zusammenstellung
einer sinnvollen Fruchtfolge, die
dafür sorgt, dass die Fruchtbarkeit des Bodens
erhalten bleibt.
Einen Baustein können dabei auch Zwischenfrüchte
und Untersaaten bilden, die im Winter
den Boden bedecken und damit die Erosion
verringern. Positiver Nebeneffekt ist, dass der
Aufwuchs ebenfalls in einer Biogasanlage energetisch
genutzt werden kann. Selbstverständlich
erfolgt auch der Anbau der Energiepflanzen nach
den Vorgaben der guten fachlichen Praxis sowie
den Vorgaben der EU (Cross Compliance).
MAISANBAU IN DEUTSCHLAND 2011
Futtermittel, Sonstiges
74% (1,85 Mio. Hektar)
Quellen: Statistisches Bundesamt, FNR e.V.
Biogas
26%
(0,65 Mio. Hektar)
BIOMASSEERTRÄGE IN TONNEN
TROCKENMASSE JE HEKTAR
30
25
20
15
10
5
0
30
13
Mais
15
8
Getreide-GPS
Hauptfrucht Neue Kulturen
(Versuchsergebnisse)
20
13
Rüben
16
10
25
18
Hirse
Grünroggen und Mais
Quelle: Fachverband Biogas e.V. – eigene Zusammenstellung
nach Conrad 2010; Conrad 2011; FNR 2010;
Geißendörfer 2011; Karpenstein-Machan 2005; LWG
2011; Vetter et al. 2009
Wildpflanzen
16 17
10
13
Szarvasigras
27
10
Durchwachsene Silphie
20
Grünland/Ackerfutter
6
gute Anbaubedingungen
durchschnittliche Anbaubedingungen
schlechte Anbaubedingungen
17
18
LANDWIRTSCHAfT, NATUR-
UND KLIMASCHUTZ
TELLER, TROG UND TANK
Weltweit besteht ein riesiges, ungenutztes Potenzial
an Flächen für die Produktion von Biomasse
zur Nahrungsmittel- oder Energieerzeugung.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche Agrarflächen,
deren Ertragspotenzial bei Weitem nicht ausgeschöpft
wird. Trotz allem werden Ackerflächen
aufgrund des Klimawandels, der steigenden
Weltbevölkerung und geänderter Konsumgewohnheiten
eine knappe Ressource bleiben.
Daher ist es wichtig, die Erzeugung so effizient
wie möglich zu gestalten. Es geht darum, Teller,
Trog und Tank zu füllen. Neue Energiepflanzen
und neue Anbausysteme leisten hierbei einen
entscheidenden Beitrag.
Die problematische Ernährungssituation in vielen
Entwicklungsländern ist nicht dem Anbau von
Energiepflanzen geschuldet. Vielmehr ist Hunger
auf eine Vielzahl von Ursachen zurückzuführen:
Fehlende Investitionen zur Weiterentwicklung der
Landwirtschaft, Preisspekulationen, fehlender
Marktzugang und Exportsubventionen. Darüber
hinaus hat die Überproduktion an Agrarerzeugnissen
in den 80er und 90er Jahren dazu geführt,
dass arme Länder zu Nahrungsmittelimporteuren
wurden.
Der Anbau von Nahrungsmitteln im eigenen
Land wurde unrentabel, was dazu geführt hat,
dass viele Flächen brach liegen. Deshalb gilt es in
erster Linie, dort die landwirtschaftlichen Strukturen
wieder aufzubauen und die Probleme bei
der Verteilung der Lebensmittel zu lösen. Zudem
wird die Biomasse zur Biogaserzeugung in aller
Regel in Deutschland angebaut und nicht aus
dem Ausland importiert.
Zunehmend wird die Biogaserzeugung auf Basis
von Reststoffen auch in Entwicklungsländern als
interessante Option zur dezentralen Bereitstellung
von Energie angewendet. Darüber kann ein
wichtiger Beitrag zu wirtschaftlichen Entwicklung
der Länder sowie zum Klimaschutz geleistet
werden.
Unabhängig davon existieren in Deutschland
nach wie vor Potenziale für eine Ausweitung des
Anbaus von Energiepflanzen. Derzeit werden
sie auf rund zwei Millionen Hektar angebaut.
Bis zum Jahr 2020 könnten aufgrund kontinuierlicher
Ertragssteigerung zwischen 2,7 und 3,9
Millionen Hektar für den Energiepflanzenanbau
zur Verfügung stehen, ohne die Nahrungsmittelproduktion
einzuschränken.
GESCHLOSSENE KREISLÄUFE
Durch die Vergärung von Gülle und Biomasse
in Biogasanlagen werden die in den Substraten
enthaltenen Nährstoffe in eine für Pflanzen besser
nutzbare Form umgewandelt. Darüber hinaus
sind die Geruchsemissionen von Gärprodukten
um ein Vielfaches geringer als die von unvergorener
Gülle. Das kommt besonders den Anwohnern
in Regionen mit hoher Viehdichte zu Gute.
Mit Hilfe von Biogasanlagen lassen sich zahlreiche
Kreisläufe schließen. Das in Biogasanlagen
entstehende Gärprodukt kann teure, industriell
hergestellte Düngemittel ersetzen. Das
Gärprodukt wird als wertvoller Dünger zurück
auf die landwirtschaftlichen Flächen gebracht.
Somit schließt sich der natürliche Nährstoffkreislauf
der Region.
Biogasanlagen sind zudem ideal für die energetische
Verwertung von organischen Reststoffen
und Bioabfällen (z. B. Rasenschnitt, Inhalte der
Biotonne oder Speisereste) geeignet. Auch hier
lässt sich das Gärprodukt als hochwertiger Dünger
einsetzen. Biogas verbindet Nahrungskreisläufe
und Energieproduktion miteinander.
Dabei spielt die standortangepasste Dimensionierung
der Biogasanlage eine entscheidende
Rolle. Deren Größe muss in die landwirtschaftlichen
und naturräumlichen Strukturen passen.
19
20
LANDWIRTSCHAfT, NATUR-
UND KLIMASCHUTZ
AKTIVER KLIMASCHUTZ
Das bei der energetischen Verwertung von Biogas
freigesetzte Kohlendioxid entspricht der CO 2 -
Menge, die die Pflanzen während ihres Wachstums
der Atmosphäre entzogen haben. Dadurch
wurden im Jahr 2010 mehr als elf Millionen Tonnen
klimaschädliche CO 2 -Emissionen vermieden.
Folgende Komponenten tragen hierzu bei:
• Ersatz fossiler Energieträger
• Substitution von mineralischen Düngemitteln
durch den Nährstoffkreislauf innerhalb von
Biogasbetrieben
• Reduktion der Methanemission
(23-mal klimaschädlicher als CO 2 ) aus der
Lagerung tierischer Exkremente durch deren
Einsatz in Biogasanlagen
• Vermeidung schädlicher Klimagase durch die
Vergärung kommunaler Abfälle
Die auf Seite 21 dargestellte 190-kW-Biogasanlage
erzeugt jährlich etwa 1,5 Millionen Kilowattstunden
Strom und 350.000 kWh Wärme.
Sie versorgt damit etwa 430 Haushalte mit Elektrizität
und 30 mit Heizenergie. Eingesetzt werden
knapp 7.000 Tonnen Substrate (davon 2.500
Tonnen Rindergülle).
Die bei der Bereitstellung der Substrate (Anbau,
Düngung, Transport) entstehenden Treibhausgasemissionen
summieren sich dabei auf 200
Tonnen. Hinzu kommen weitere Emissionen
beim Bau und Betrieb der Anlage, so dass insgesamt
455 Tonnen CO 2 anfallen.
Würde die gleiche Menge an Strom und Wärme
durch fossile Energieträger bereitgestellt, entstünden
1.100 Tonnen CO 2 . Damit ergibt sich
über die Nutzung von Biogas eine Netto-Einsparung
von 650 Tonnen CO 2 pro Jahr. Durch den
Einsatz von Gülle oder Rest- und Abfallstoffen
können sogar noch weitaus höhere Einsparpotenziale
generiert werden. Eine Ausweitung der
Wärmenutzung verbessert die Bilanz zusätzlich,
so dass Einsparpotenziale von nahezu 100 Prozent
möglich sind.
Neben der Klimabilanz ist auch die Energiebilanz
einer Biogasanlage in der Regel eindeutig positiv:
es wird bis zu fünfmal mehr Energie erzeugt
als verbraucht.
TREIBHAUSGASEMISSIONEN EINER
190-KW-BIOGASANLAGE
IM VERGLEICH ZU EINEM FOSSILEN KRAFTWERK
GLEICHER LEISTUNG
STROM UND WÄRME AUS BIOGAS STROM UND WÄRME AUS
fOSSILEN QUELLEN
Substratbereitstellung
Betriebsstoffe und
Energieeinsatz
Anlagentechnik
und Bau
Diffuse Emissionen
Methanschlupf
200 t CO 2
120 t CO 2
50 t CO 2
50 t CO 2
35 t CO 2
Gesamtemissionen: 455 t CO 2
Fossiler Strom
Fossile Wärme
1000 t CO 2
100 t CO 2
Gesamtemissionen: 1.100 t CO 2
21
22
fARBE INS fELD
BIOGAS SCHÜTZT DIE UMWELT
Biogas ist gut für die Umwelt. Nicht nur, weil
die endlichen Ressourcen unseres Planeten
geschont werden und gleichzeitig aktiver Klimaschutz
betrieben wird. Durch die Auswahl
verschiedener Energiepflanzen kann auch ein
abwechslungsreicher Bewuchs auf den Feldern
entstehen, der das Landschaftsbild bereichert
und verschiedensten Tierarten als Nahrungs- und
Rückzugsareal dient.
Besonders Winterzwischenfrüchte oder Wildpflanzenmischungen
sorgen dafür, dass auch in
der kalten Jahreszeit alternative Lebensräume für
Wildtiere zur Verfügung stehen. Darüber hinaus
bieten vor allem Wildpflanzen oder Blühstreifen
von Frühling bis Herbst zusätzliche Nahrungsquellen
für Bienen und andere Insekten.
Vor diesem Hintergrund hat der Fachverband
Biogas im Jahr 2010 das Projekt „Farbe ins
Feld“ (FiF) ins Leben gerufen, um den Anbau
von Blühstreifen und Wildpflanzen zu forcieren.
Neben den ökologisch wertvollen Auswirkungen
für die Tier- und Pflanzenwelt und der Vermeidung
von Bodenerosionen verbessern derartige
Maßnahmen den optischen Eindruck der Energiepflanzenfelder
und führen zu einer verbesserten
Kommunikation zwischen Passanten und
Anlagenbetreibern. Für die Jäger bedeuten Blühstreifen
zudem eine wertvolle Jagdschneise für
Wildschweine.
Durch die Mithilfe zahlreicher ideeller Unterstützer
konnte das Projekt in diesem Jahr weiter
vorangebracht und bekannter gemacht werden.
Fünf Saatguthersteller bieten für die Mitglieder
des Fachverbandes Biogas Sonderkonditionen
an und tragen damit zu einer zusätzlichen Erhöhung
der Anbaufläche bei.
Über den „Wettbewerb der Regionen und Biogasanlagenbetreiber“
wird das Projekt zusätzlich
gefördert. Hierbei wird die Region Deutschlands
gesucht, deren Anlagenbetreiber am meisten
Blühflächen angebaut haben sowie der Anlagenbetreiber,
der die artenreichsten und schönsten
Blühstreifen angelegt hat.
Ideelle Unterstützer:
Saatguthersteller:
Neben Blühstreifen und Wildpflanzen verbessert
das Anlegen sogenannter „Lerchenfenster“ die
Lebensqualität vieler bodenbrütender Vögel: Der
Landwirt lässt dabei innerhalb seiner Ackerfläche
ein „Fenster“ von wenigen Quadratmetern frei,
auf denen keine Kulturpflanzen ausgesät und
geerntet werden. In diesen Ruhezonen können
speziell Lerchen und andere Bodenbrüter ungestört
ihren Nachwuchs aufziehen.
www.farbe-ins-feld.de
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24
WIRTSCHAfTSMOTOR
BIOGAS
UMSATZ ANLAGENBAU PRO JAHR
2.500.000.000 €
2.000.000.000 €
1.500.000.000 €
ANZAHL BIOGASANLAGEN
GESAMT
1.000.000.000 €
1.750
2.050
910 TSD€
1.600
1.300
500.000.000 €
351 TSD€
231 TSD€
222 TSD€
199,5 TSD€
0 €
684 TSD€
424 TSD€
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
ERFOLGSGESCHICHTE BIOGAS
2.680
Die Biogasbranche zählt inzwischen zu
einem der wichtigsten Wirtschaftsmotoren
in Deutschland. Bis Ende 2011 werden etwa
7.000 Biogasanlagen in Betrieb sein und eine
elektrische Leistung von rund 2.700 Megawatt
(MW) zur Verfügung stellen. Die deutsche Biogasindustrie
ist bis heute unangefochtener
Weltmarktführer bei der Verbreitung und Entwicklung
der Biogastechnologie. Grundlage
dieser einzigartigen Erfolgsgeschichte ist eine
auf dem EEG basierende innovative klein- und
mittelständische Branche.
3.500
1.575 TSD€
3.711
3.891
ARBEITSPLÄTZE
4.984
5.906
2.064 TSD€
7.000
7000
6000
5000
ca.2.000 TSD€ 4000
1.673 TSD€
Prognose
3000
2000
1000
Allein im Jahr 2011 setzt die Biogasbranche in
Deutschland knapp sechs Milliarden Euro um
und sichert damit mehr als 40.000 Arbeitsplätze.
Von der ersten Idee bis zur fertigen Anlage und
deren professionellen Betrieb sind zahlreiche
Spezialisten nötig. Über 700 klein- und mittelständische
Firmen bieten Wartungs- und Servicearbeiten
an, sorgen für die Bereitstellung von
Substraten (z.B. Energiepflanzenanbau) und die
Verwertung des Outputs (Biogas, Strom, Gärprodukte).
Allein mit dem Betrieb der rund 7.000
Biogasanlagen sind circa 10.000 Personen beschäftigt.
Damit wird der heimische Mittelstand
in den ländlichen Regionen gestärkt.
0
EXPORTSCHLAGER BIOGAS
Die weltweite Technologieführerschaft der deutschen
Biogasunternehmen eröffnet äußerst
interessante Export- und Entwicklungsmöglichkeiten.
Zahlreiche andere Länder entdecken
die Vorteile der Biogastechnologie und bieten
nach dem Vorbild Deutschlands attraktive Vergütungsstrukturen,
z.B. Italien, Großbritannien,
Frankreich, Spanien, Österreich und die Slowakei.
REGIONALE EFFEKTE
Biogasanlagen sind dezentrale Anlagen, die gespeicherte
Sonnenenergie in Form von Biomasse
aus der Region für die Region bereitstellen.
Die Wertschöpfung durch den Bau und Betrieb
einer Biogasanlage kommt nicht nur dem Anlagenbetreiber
und dem Energieabnehmer zu
Gute, sondern der gesamten Region. In Zeiten
sinkender Gewerbesteuereinnahmen sorgen
Biogasanlagen für stabile und kalkulierbare Einkommen
in den Kommunen. Durch die Einbindung
regionaler Handwerker und Dienstleister
bei Planung, Bau und Betrieb der Biogasanlagen
bleibt Kapital, das andernfalls an die Exporteure
fossiler Energieerzeuger ins Ausland wandert, in
der Region und stärkt damit die Wirtschaft im
ländlichen Raum. Regionales Handwerk bedeutet
regionale Arbeitsplätze, Gewerbesteuern und
Kapital. Auf der Internetseite der Agentur für Erneuerbare
Energien können mit Hilfe des Online-
Wertschöpfungsrechners die monetären Einnahmeeffekte
für die Region ermittelt werden.
ENTWICKLUNG DER KOMMUNALEN
WERTSCHÖPfUNG DURCH
ERNEUERBARE ENERGIEN
MRD. €
6,8
5,5
10,5
9,2
8,9
7,5
2009 2010* 2011*
gesamte kommunale Wertschöpfung
davon Strom
* Berechnung auf Basis Zubauprognose des BEE
Quelle: IÖW; Stand 10/10
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26
WIRTSCHAfTSMOTOR
BIOGAS
VERLÄSSLICHE UND BEZAHLBARE ENERGIE
Energie aus Biogas ist eine verlässliche und über
das EEG kalkulierbare Energiequelle. Extreme
Preisaufschläge wie bei Rohöl oder Erdgas
und deren Folgeprodukten sind somit ausgeschlossen.
Die Energie stammt aus der Region
und unterliegt keinen Lieferschwankungen aus
Krisenregio-nen beziehungsweise Spekulationen.
Addiert man die positiven Effekte aus
der dezentralen Stromeinspeisung: vermiedene
Netznutzungsentgelte plus Grundlastfähigkeit
und eingesparte Treibhausgase, so liegen die
Vergütungen für Biogasstrom bereits heute nah
am durchschnittlichen Strompreis, den ein Haushalt
pro kWh in Deutschland bezahlt.
ENERGIE FÜR DIE REGION AUS DER REGION
Durch die dezentrale Einspeisung wird eine
zunehmende Erweiterung der Stromerzeugung
weg von zentralistischen Strukturen möglich.
Die Energie für die Region entsteht in standortangepassten
Biogasanlagen in der Region und
sorgt somit für ein stärkeres Identitätsgefühl der
ländlichen Räume.
BIOENERGIEDÖRFER
Anhand beispielhafter Bioenergiedörfer zeigt sich,
wie der regionale Gemeinschaftsgedanke konsequent
in die Praxis umgesetzt werden kann. Die
Bürger planen und betreiben ihre autarke Energieversorgung
aus Sonne, Wind und Biomasse selbst
und profitieren auf allen Ebenen davon. Weitere
Informationen hierzu auch unter:
www.deenet.org oder
www.kommunal-erneuerbar.de
WÄRMEABGABE AN NACHBARN
Idealerweise werden bei Biogasanlagen, die das
Gas vor Ort verstromen, frühzeitig alle potenziellen
Wärmeabnehmer ins Boot geholt und an
den vielfältigen positiven Effekten beteiligt. Mit
Hilfe von Nahwärmeleitungen – die auch von
den Anwohnern selbst betrieben werden können
– kann der Schulterschluss zwischen den
Anlagenbetreibern und deren Nachbarn realisiert
werden.
LANDSCHAFTSPFLEGE UND ERHALT
LÄNDLICHER STRUKTUR
Aufgrund extrem volatiler Agrarpreise sind viele
Flächen aus der wirtschaftlichen Nutzung gefallen.
In einigen Regionen sind Grünlandflächen
nur noch schwer zu verpachten und bleiben
häufig ungenutzt. Mit Biogasanlagen kann der
Aufwuchs dieser frei werdenden Flächen wieder
effizient und nachhaltig genutzt und gleichzeitig
die Landschaft gepflegt werden. Landwirte können
sich für derartige Gemeinschaftsaufgaben die
Kosten für die Pflegemaßnahmen bezahlen lassen.
ABNAHME VON GRÜNSCHNITT
In Gärten, Parks, Grünanlagen und auf Sportplätzen
fallen jährlich große Mengen an energiereicher
und vergärbarer Biomasse an. Durch die
verstärkte energetische Verwertung dieser bisher
kaum genutzten Energiequellen profitieren
neben den abgebenden Personen – Kommunen
und Privathaushalte – auch die Anlagenbetreiber
und die Umwelt. Hier schließt Biogas regionale
Kreisläufe.
27
28
RAHMENBEDINGUNGEN
ENERGIEWENDE IN DEUTSCHLAND
Nach den Ereignissen in Fukushima im März
2011 hat die deutsche Bundesregierung den mit
dem Energiekonzept vom September 2010 eingeschlagenen
Weg der Laufzeitverlängerung für
Atomkraftwerke (AKW) verlassen.
Im Juni 2011 wurde mit dem so genannten Energiewendepaket
ein Bündel an gesetzlichen
Regelungen verabschiedet, das den Umbau des
Energiesystems in Deutschland weg von der
Atomkraft und fossilen Brennstoffen, hin zu Erneuerbaren
Energien ermöglichen soll.
Der Fahrplan sieht vor, schrittweise alle Atomkraftwerke
spätestens bis zum Jahr 2022 stillzulegen.
Gleichzeitig soll der Ausbau der Erneuerbaren
Energien (EE) forciert werden. Ziel ist es,
den Anteil erneuerbaren Stroms am Bruttostromverbauch
bis 2020 auf 35 Prozent zu steigern.
Bis 2050 sind 80 Prozent EE-Strom anvisiert.
Gleichzeitig will die Bundesregierung die Treibhausgasemissionen
bis zum Jahr 2020 um 40
Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 senken.
Über weitere Zwischenziele soll die Reduktion
2050 80 bis 95 Prozent betragen.
DAS ERNEUERBARE-ENERGIEN-GESETZ (EEG)
Die externen Kosten der Stromerzeugung aus
fossilen Energieträgern und Uran werden in
den derzeitigen Strompreisen nicht abgebildet.
Auch im Wärme- und Kraftstoffmarkt spiegeln
die Marktpreise nicht die Aufwendungen wieder,
die nötig wären, um beispielsweise die
durch die Förderung und Verbrennung fossiler
Energieträger entstehenden Klima- und Umweltschäden
auszugleichen. Daher sind Strom,
Kraftstoff und Wärme aus Biogas heute noch
teurer als aus nicht erneuerbaren Quellen.
Um den Anteil von Biogas und anderer Erneuerbarer
Energien an der Versorgung in Deutschland
zu erhöhen braucht es daher effiziente
Fördersysteme. Das weltweit erfolgreichste
und (kosten-)effizienteste Fördersystem zum
Ausbau der Erneuerbaren Energien im Strombereich
ist das deutsche Erneuerbare-Energien-
Gesetz (EEG).
Im ersten Halbjahr 2011 betrug der Stromanteil
aus Erneuerbaren Energien in Deutschland 20,8
Prozent, gegenüber sechs Prozent im Jahr 2000.
Auch im Biogasbereich hat das EEG eine grandiose
Entwicklung ermöglicht. Bis zum In-Kraft-
Treten des Gesetzes im Jahr 2000 standen in
Deutschland gut 1.000 Biogasanlagen mit einer
Gesamtleistung von 65 Megawatt (MW). Ende
2011 erzeugen rund 7.000 Anlagen mit einer
Leistung von über 2.700 MW ca. 18 Milliarden
Kilowattstunden Biogasstrom im Jahr.
Damit können rund 13 Prozent der 40 Millionen
Privathaushalte in Deutschland zuverlässig
mit erneuerbarem Strom versorgt werden.
Entscheidende Faktoren dieses Gesetzes, das
mittlerweile 46 Länder der Welt kopiert haben,
sind die gesicherte Einspeisevergütung über 20
Jahre, die Pflicht des Stromnetzbetreibers zum
vorrangigen Anschluss von EE-Anlagen und der
Vorrang der Einspeisung Erneuerbarer Energien
vor den Konventionellen. Diese Rahmenbedingungen
schaffen eine Investitionssicherheit, die
zu einer einzigartigen Technologieentwicklung
in Deutschland geführt hat.
WÄRME- UND GÜLLENUTZUNG IM EEG
Die Verwertung der bei der Stromerzeugung im
Blockheizkraftwerk (BHKW) anfallenden Abwärme
wird über das EEG seit der ersten Gesetzesnovelle
im Jahr 2004 angereizt: sinnvolle
Wärmenutzungskonzepte erhielten bis zum EEG
2009 den so genannten KWK-Bonus für die
Kraft-Wärme-Kopplung (gleichzeitige Nutzung
von Strom und Wärme) in Höhe von zwei bzw.
drei Cent. Seitdem gehen in Deutschland kaum
noch Anlagen ohne sinnvolles Wärmekonzept in
Betrieb. Im EEG 2012 ist eine Pflicht zur Nutzung
von 60 Prozent der anfallenden Wärme enthalten,
die den bisherigen KWK-Bonus ablöst.
Die Vergärung von Gülle vermeidet nicht nur
Treibhausgasemissionen durch den Ersatz von
Strom und Wärme aus fossilen Energieträgern,
sie verhindert zudem die Methanausgasung aus
offenen Güllelagern. Die Güllevergärung ist daher
besonders Klima schonend und förderwürdig.
Der fehlerhaft ausgestaltete so genannte
„Güllebonus“ des EEG 2009 wurde im EEG 2012
korrigiert.
29
30
RAHMENBEDINGUNGEN
Eine Kumulation der Bonus-Vergütungen ist ab
2012 nicht mehr möglich. Somit dürften sich die
Diskussionen um Biogas vor allem in den Intensivviehhaltungsgebieten
Deutschlands entspannen.
Ende 2006 ging bei München die erste Biogas-
Einspeiseanlage ans Netz, die das zu Biomethan
aufbereitete Biogas direkt ins Erdgasnetz einspeist.
Seither sind knapp 60 Anlagen diesem
Beispiel gefolgt. Insgesamt strömen derzeit
(Herbst 2011) rund 260 Millionen Normkubikmeter
Biomethan durch das deutsche Erdgasnetz
– im Jahr 2020 sollen es nach den Zielen der
Bundesregierung sechs Milliarden sein.
Wie auf Seite 11 ausgeführt, ist nach Ansicht des
Fachverbandes Biogas zur Erreichung der gesetzten
Einspeiseziele die Implementierung des
Erneuerbaren Gas Einspeise- und Speichergesetz
(EEGasG) zwingend erforderlich.
Mit der Etablierung eines liquiden Biomethanmarktes
durch das EEGasG stünde dann Biomethan
sowohl zur Direktverstromung mit Wärmenutzung
vor Ort als auch zur KWK-Nutzung an
beliebiger Stelle, als Erdgas-Ersatz und als Kraftstoff
für Erdgasfahrzeuge zur Verfügung.
ERNEUERBARE ENERGIEN WÄRMEGESETZ
Das 2009 eingeführte Erneuerbare Energien
Wärmegesetz (EEWärmeG) verpflichtet Bauherren
dazu, einen bestimmten Anteil der Wärmebereitstellung
im Neubau über Erneuerbare
Energien zu realisieren. Ersatzweise kann die
Gebäudehülle auch besser gedämmt werden als
die Energieeinsparverordnung (EnEV) dies vorschreibt.
Im Biogasbereich hatte das Regelwerk
nach Einschätzung des Fachverbandes Biogas so
gut wie keinen Anschubeffekt. Um den mit rund
50 Prozent am Endenergieverbauch größten Energiesektor
wirkungsvoll auf EE umzustellen ist
ein neues Instrument erforderlich.
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE)
hat das „Wärme-Prämien-Modell“ erarbeitet,
das die unsteten Mittel des Marktanreizprogramms
(MAP) für die Bezuschussung von Investitionen
in EE-Wärmetechnik haushaltsunabhängig
und zuverlässig gestaltet. Mit der
Wärme-Prämie können bei entsprechender Ausgestaltung
auch leitungsgebundene Konzepte
mit Biogaswärme umgesetzt werden.
BIOKRAFTSTOFFQUOTENGESETZ
Über das Biokraftstoffquotengesetz kann Biomethan
im Kraftstoffmarkt auf die Quotenverpflichtungen
zum Einsatz von regenerativen Kraftstoffen
angerechnet werden. Diese Möglichkeit
gewinnt zunehmend an Bedeutung. Da jedoch
der Markt für Erdgasfahrzeuge mit 90.000 Kfz
in Deutschland (noch) sehr klein ist, sind die
Absatzmöglichkeiten für Biomethan beschränkt.
Um eine wirksame Beschleunigung des Biomethan-/Erdgas-Kraftstoffmarktes
zu erreichen,
fordert der Fachverband Biogas die Dienstwagenbesteuerung
zugunsten von Gasantrieben zu
ändern, den Biomethananteil im Erdgaskraftstoff
bis 2015 auf 50 und bis 2020 auf 100 Prozent
zu erhöhen, die Zahl der Gastankstellen bis 2015
um 50 pro Jahr aufzustocken sowie die Preisauszeichnung
an der Tankstelle so zu vereinheitlichen,
dass der Preisvorteil von Erdgas/Biomethan
gegenüber Otto-Kraftstoff direkt für den Verbraucher
sichtbar wird.
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32
POTENZIAL UND
PERSPEKTIVEN
BIOGASPOTENZIAL BIS 2030
Auf der Basis der Daten des KTBL (2010) für die
Potenziale bei den Abfall- und Reststoffen sowie
der Annahme eines Anbaus von Energiepflanzen
für die Biogasproduktion auf zwei Millionen
Hektar kommt der Fachverband Biogas e.V. auf
ein Potenzial von gut 7.800 MW installierbarer
elektrischer Leistung.
BIOGASPOTENZIAL BIS ZUM JAHR 2030
Quelle: eigene Berechnungen;
Datengrundlage: KTBL 2010
Bei einem Stromeigenbedarf von acht Prozent
sowie 8.000 Volllaststunden könnten somit
57,6 Terra-wattstunden Strom erzeugt werden,
was etwa elf Prozent des heutigen Stromverbrauchs
in Deutschland darstellt.
Produkte Potenzial
Installierbare Leistung [MW]
Energiepflanzen 3.750
Wirtschaftsdünger (Gülle, Mist, etc.) 1.545
Landwirtschaftliche Nebenprodukte
(Rübenblatt, Stroh, etc. 1.503
Rein pflanzliche Nebenprodukte (Rapskuchen, etc.) 562
Bioabfälle 337
Tier. Nebenprodukte (Tierblut, Fette, etc.) 126
Summe 7.823
Berechnung unter folgenden Annahmen:
Vier Millionen Hektar Ackerflächen stehen für
den Anbau von Energiepflanzen zur Verfügung,
davon zwei Millionen Hektar für Biogas; 8.000
Volllaststunden und acht Prozent Eigenstrombedarf.
BIOGASPERSPEKTIVEN
Biogas ist derzeit der einzige regenerative Energieträger,
der zu geringen Kosten über das Erdgasnetz
oder Folienspeicher bei Biogasanlagen
gespeichert werden kann. Um die Spitzen und
Täler der Stromproduktion aus Windkraft- und
Photovoltaikanlagen im künftigen Energiesystem
managen zu können, bedarf es einer steuerbaren
erneuerbaren Stromerzeugungsoption.
Zumindest teilweise kann Biogas diese Funktion
in den nächsten Jahren übernehmen. Daher wird
Biogas bei der Umsetzung der Energiewende
eine zentrale Rolle einnehmen.
Neben der bedarfsgerechten Stromproduktion
wird auch die Bedeutung von Biogas als Kraftstoff
in Erdgasfahrzeugen zunehmen. Biogas-
Kraftstoff reduziert die Treibhausgasemissionen
im Vergleich zum Benzin deutlich. So hilft Biogas
auch den Automobilherstellern ihre Flottenemissionen
zu senken.
Darüber hinaus wird Biogas zukünftig auch beim
Ersatz von Erdgas in der stofflichen Verwertung
eine zunehmend größere Rolle spielen. In vielen
industriellen Anwendung wird Erdgas benötigt,
das nach und nach durch eine erneuerbare Alternative
ersetzt werden muss.
33
34
fAKTEN STATT VORURTEILE
PACHTMÄRKTE UND -PREISE
Eine realistisch geplante und betriebene Biogasanlage
kann keine übertrieben hohen Pachtpreise
über einen längeren Zeitraum zahlen. Der
Betreiber ist für 20 Jahre an die im EEG festgeschriebenen
Entgelte für die Stromeinspeisung
gebunden und muss in Jahren mit niedrigen Biomassepreisen
Rücklagen für schlechtere Zeiten
bilden. Wenn es in manchen Regionen dennoch
zu Pachtpreisen von 800 Euro und mehr kommt,
liegen die Gründe hierfür nicht allein im Ausbau
der Biogasnutzung: Gestiegene Preise für Agrarprodukte
- vor allem für Marktfrüchte - und die
flächenabhängige Prämienzahlung seitens der
EU wirken sich ebenfalls auf die Pachtpreise aus.
In manchen Gegenden ist die Situation traditionell
angespannt. Vor allem in Regionen mit
einem hohen Viehbestand wie beispielsweise
dem Kammergebiet Weser-Ems, wo die Zahl der
Schweinemastplätze im Jahr 2010 noch zugenommen
hat. Um Konflikte um Flächen zu vermeiden,
rät der Fachverband Biogas, neue Biogasanlagen
standortangepasst zu planen und zu
bauen. Die Größe der Anlage sollte sich an der in
der Region vorhandenen Substratmenge orientieren.
Falls zusätzliche Energiepflanzen benötigt
werden ist ein Substratzukauf der Flächenpacht
vorzuziehen. Grundsätzlich bringt der Bau von
Gemeinschaftsanlagen viele positive Synergieeffekte
mit sich!
DER STROMPREIS
Die Vergütung für Strom aus Erneuerbaren
Energien wird über ein EEG-Umlageverfahren
auf den allgemeinen Strompreis und damit
verursachergerecht auf den Verbraucher
übertragen. Im Jahr 2011 liegen die durch
das EEG verursachten Mehrkosten bei 3,53
Cent je Kilowattstunde. Laut Studie sinken
diese Kosten bis zum Jahr 2030 auf 0,3 - 0,7
Cent. Trotz eines starken Zubaus von Biogas-
und Photovoltaikanlagen im Jahr 2011 steigt
die EEG-Umlage im Jahr 2012 nach Angaben
der Bundesnetzagentur nur um 0,062 Cent/
kWh auf 3,592 Cent/kWh.
Dabei sind die vermiedenen externen Kosten
noch gar nicht eingerechnet: Über die
Substitution fossiler Energieträger durch
regenerative Quellen konnten im Jahr 2010
rund 120 Millionen Tonnen CO 2 vermieden
werden. Das entspricht einer Einsparung von
mehr als acht Milliarden Euro an Klima- und
Umweltschäden.
PROGNOSE ZUR ENTWICKLUNG
DER EEG-UMLAGE
Cent pro Kilowattstunde
3,0 2,9-3,0
2,2-2,8
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
2,4
1,3-2,1
0,3-0,7
0
2010 2015 2020 2025 2030
Quelle: DLR/IWES/IfnE; Stand: 12/2010
Den Berechnungen liegt ein aktualisiertes Ausbauszenario
für die erneuerbaren Energien zugrunde., das
insbesondere das starke Wachstum der Photovoltaik ab
2009 berücksichtigt. Die Bandbreite der Umlage ergibt
sich aus unterschiedlichen Annahmen zur Entwicklung
der Stromgroßhandelspreise
Substratzufuhr
GERUCH UND GERÄUSCHE
Durch die Vergärungsprozesse im Fermenter
verringert sich die Geruchsintensität bei der
Ausbringung von Gülle und Mist erheblich. Geruchsemissionen
aus Biogasanlagen können nur
dann auftreten, wenn die Biomasse vor oder
nach dem Prozess nicht sachgerecht gelagert
wird, der biologische Prozess aus dem Gleichgewicht
kommt oder schlecht vergorenes Material
auf landwirtschaftliche Flächen ausgebracht
wird. Die korrekte Anlagenplanung und die kontrollierte
Betriebsführung rücken deshalb immer
mehr in den Vordergrund der Projektierung von
Biogasanlagen.
Analog zu den Geruchsemissionen ist auch der
Bereich der Lärmemissionen über entsprechende
rechtliche Vorgaben ausreichend geregelt. Biogasanlagen
müssen demnach die gesetzlichen
Grenzwerte einhalten. Durch erfahrene Planer
und die richtige Standortwahl, die Verwendung
geräuscharmer Komponenten (schallisolierte
BHKW-Räume oder Antriebe) und Schallschutzmaßnahmen
(Erdwall, Einhausung, Gebäudeanordnung,
etc.) lassen sich Lärmemissionen
vermeiden.
35
36
fAKTEN STATT VORURTEILE
VERKEHRSAUFKOMMEN
Biogasanlagen erfordern eine gewisse Logistik,
um die Biomasse zur Anlage zu transportieren
und die Gärprodukte anschließend auf die landwirtschaftlichen
Flächen auszubringen. Dieses
Verkehrsaufkommen ist mit dem in der klassischen
Landwirtschaft vergleichbar und wird von
Biogasanlagen nicht erhöht: Die Anbauflächen
würden auch ohne Biogasanlage bewirtschaftet
und Gülle fällt in der Viehhaltung ohnehin an.
Entsprechend der aktuell verfügbaren Transporttechnik
lässt sich der Lieferverkehr auf wenige
Fahrten und kleine Zeitfenster reduzieren.
Mit der Planung der Anlage sollte ein Logistikkonzept
(Anfahrt, Umgehungen, etc.) abgestimmt
werden. Betreiber und Anwohner können
sich über maximale Lenkzeiten in den Nächten,
angepasste Geschwindigkeiten und andere
freiwillige Maßnahmen zur Reduzierung des
Verkehrs abstimmen. Das vermeidet potenzielle
Verkehrsbelastungen und schafft Vertrauen und
Akzeptanz bei der Bevölkerung. Praktische Tipps
gibt der „Fahrerknigge” vom Biogasforum Bayern
(www.biogas-forum-bayern.de)
TELLER UND TANK
Aktuell werden in Deutschland rund 850.000 der
insgesamt 17 Millionen Hektar landwirtschaftlicher
Nutzfläche zum Energiepflanzenanbau für
Biogas genutzt. Das entspricht knapp fünf Prozent
der Fläche. Realistische Untersuchungen
gehen von einer potenziell nutzbaren Fläche von
zwei Millionen Hektar für Biogas aus – ohne die
Lebensmittelherstellung zu gefährden. In Zeiten
ruinöser Agrarpreise und Überkapazitäten am
Lebensmittelmarkt sorgt die Flächennutzung zu
energetischen Zwecken für eine Preisstabilisierung
in der Landwirtschaft. Damit ist eine gleichzeitige
Nutzung der Fläche für Teller und Tank
nicht nur unproblematisch – sie ermöglicht den
landwirtschaftlichen Betrieben langfristig eine
sichere Existenz und realistische Agrarpreise.
Dass es trotz ausreichender Flächenkapazitäten
zu Hungerkatastrophen kommt hat nichts mit
Biogas und dem Anbau von Energiepflanzen zu
tun. Es ist ein Problem der Massenproduktion in
einer globalisierten Ernährungsindustrie. In vielen
Entwicklungsländern wurde die Agrarstruktur
und damit die Eigenversorgung durch den
Import billiger, subventionierter Lebensmittel
systematisch über Jahrzehnte zerstört.
In den sogenannten entwickelten Ländern
scheint die Wertschätzung von Nahrungsmitteln
hingegen immer mehr zu sinken: Schätzungen
zufolge landet in Deutschland rund die Hälfte
aller angebauten und produzierten Lebensmittel
- bis zu 20 Millionen Tonnen im Jahr - im Müll.
Das meiste schon auf dem Weg vom Acker in den
Laden.
ANLAGENSICHERHEIT
Biogasanlagen werden nach geltenden gesetzlichen
Grundlagen gebaut und betrieben; sie
werden in regelmäßigen Abständen gewartet
und Instand gesetzt. Erst nach erfolgter Prüfung
durch eine befähigte Person oder eine zentrale
Genehmigungsbehörde geht eine Biogasanlage
in Betrieb. Dabei wird der ordnungsgemäße Zustand
der Biogasanlage unter anderem hinsichtlich
Montage, Installation und Aufstellungsbedingungen
sicher gestellt.
Werden diese gesetzlichen Rahmenbedingungen
eingehalten, besteht bei einer Biogasanlage keine
Verpuffungs- oder Explosionsgefahr. Da eine
Biogasanlage aufgrund der Verfahrensweise ein
geschlossenes System darstellt, ist die Bildung
eines explosionsfähigen Gemisches im Normalbetrieb
nahezu ausgeschlossen.
Um die Sicherheit der Biogasanlagen noch weiter
zu erhöhen bietet der Fachverband Biogas e.V.
regelmäßig Sicherheitsschulungen für Anlagenbetreiber
an, in denen vor allem das korrekte Verhalten
bei außergewöhnlichen Vorkommnissen
wie Fermenterreinigung oder Reparaturarbeiten
erklärt wird.
KlIMABILANZ
Biogasanlagen weisen eine eindeutig positive
Klimabilanz auf. Bei der Erzeugung einer Kilowattstunde
Strom entstehen nach Berechnungen
des Fachverbandes Biogas e.V. 290 g CO 2 . Im Vergleich
dazu werden für die gleiche Strommenge
durch einen fossilen Energiemix 720 g CO 2 freigesetzt.
Unterm Strich spart die Biogasanlage also pro
erzeugter Kilowattstunde 430 g CO 2 bzw. 60
Prozent des Klimagases ein. Kommen Abfall-
und Reststoffe zum Einsatz, verbessert sich
diese Bilanz noch weiter. Durch den Einsatz von
Rindergülle in Biogasanlagen werden zudem
Methan-Emissionen vermieden, die in der herkömmlichen
Lagerhaltung entstanden wären.
37
38
DAS 1X1 DES BIOGAS
GAS- UND STROMERTRÄGE:
1 Kubikmeter (m³) Biogas =
50 bis 75 Prozent Methan
30 bis 50 Prozent Kohlendioxid + Restgase
5,0 bis 7,5 kWhgesamt Energie
1 m³ Biogas =
1,5 bis 3 kWh Strom
1 Hektar Silomais =
7.800 bis 10.000 m³ Biogas =
16.000 bis 18.000 kWh Strom =
Strom für 4,5 bis 5 Haushalte
10 bis 20 m³ Faulraum
1 Tonne (t) Silomais = 0,8 t Gärprodukt
1 Rind =
20 m³ Gülleanfall pro Jahr =
650 m³ Biogas/Jahr=
0,15 kW elektrische Dauerleistung
(oder umgekehrt: für 100 kW wird die Gülle von
fast 700 Rindern benötigt)
Eine durchschnittliche 190 kW el. Biogasanlage
versorgt 450 Haushalte mit Strom und rund 30
Haushalte mit Wärme. Dabei werden pro Jahr
durchschnittlich 650 Tonnen CO 2 vermieden
und 20.000 Kilogramm mineralischer Dünger
ersetzt.
INVESTITIONSBEDARF:
Je nach Anlagengröße:
4.000 bis 7.000 Euro pro kWel. Investitionskosten einer 190-kW -Biogas-
el.
anlage im Durchschnitt: 900.000 Euro
TECHNISCHE DATEN:
Wirkungsgrade Blockheizkraftwerk
elektrisch: 35 bis 45 Prozent
thermisch: 35 bis 60 Prozent
gesamt: etwa 85 Prozent
Durchschnittliche Betriebsstunden
einer Biogasanlage
7.500 bis 8.500 Stunden pro Jahr
Strombedarf der Biogasanlage
5 bis 10 Prozent
Wärmebedarf der Biogasanlage
20 bis 35 Prozent
Durchschnittliche Anlagengröße
390 kWel. Arbeitszeitbedarf für den Betrieb
der Biogasanlage
3 bis 7 Arbeitskraftstunden pro kW pro Jahr
el.
KONTAKT
FACHVERBAND BIOGAS E. V.
www.biogas.org
www.biogastagung.org
www.farbe-ins-feld.de
www.biogas-kanns.de
Quellenangaben:
Eine ausführliche Liste mit allen
Quellenangaben finden Sie auf
der Seite www.biogas-kanns.de
Hauptgeschäftsstelle
Angerbrunnenstr. 12
85356 Freising
Tel.: 08161 - 98 46-60
Fax: 08161 - 98 46-70
E-Mail: info@biogas.org
Hauptstadtbüro
Schumannstr. 17
10117 Berlin
Tel.: 030 - 27 58 179-0
Fax: 030 - 27 58 179-29
E-Mail: berlin@biogas.org
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Der Fachverband Biogas e.V. ist die größte Interessenvertretung für Biogas in Europa.
Die hauptamtlichen Mitarbeiter in Freising, Berlin und in den Regionalbüros
werden von zahlreichen ehrenamtlich Aktiven in 23 Regionalgruppen uterstützt.
Das Ziel ist der weitere nachhaltige Ausbau der Biogasnutzung in Deutschland.