Apropos … - Gouvernement du Grand-Duché de Luxembourg
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Großherzogtum<br />
Luxemburg<br />
Hauptstadt:<br />
Luxemburg<br />
Staatsform:<br />
Konstitutionelle<br />
Monarchie<br />
Nachbarlän<strong>de</strong>r:<br />
Deutschland,<br />
Belgien,<br />
Frankreich<br />
Fläche:<br />
2 586 km 2<br />
Bevölkerung:<br />
483 800 Einwohner,<br />
davon<br />
205 900 Auslän<strong>de</strong>r<br />
Bevölkerungsdichte:<br />
184 Einw./km 2<br />
(2007)<br />
© Noriko Cooper<br />
<strong>Apropos</strong> <strong>…</strong><br />
Sprachen in Luxemburg<br />
Län<strong>de</strong>r wie Luxemburg, in <strong>de</strong>nen die Bevölkerung auf <strong>de</strong>m gesamten<br />
Staatsgebiet und in verschie<strong>de</strong>nen Bereichen – im privaten,<br />
beruflichen, gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben –<br />
mehrere Sprachen schreibt und spricht, sind äußerst selten. Der<br />
Multilingualismus ist seit 1984 gesetzlich verankert: Luxemburgisch<br />
ist Lan<strong>de</strong>ssprache und Französisch Gesetzgebungssprache, wobei<br />
Französisch, Deutsch und Luxemburgisch alle drei als Verwaltungs-<br />
und Gerichtssprachen gelten. Diese Dreisprachigkeit betrifft vor<br />
allem die einheimischen Luxemburger, d.h. 277 900 Menschen.<br />
Bedingt <strong>du</strong>rch ein beachtliches Wirtschaftswachstum und eine<br />
Politik zur För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s sozialen Aufstiegs kamen im Laufe <strong>de</strong>r<br />
vergangenen Jahrzehnte die Muttersprachen <strong>de</strong>r 205 900 Auslän<strong>de</strong>r<br />
hinzu, die <strong>de</strong>rzeit in Luxemburg leben.<br />
GESELLSCHAFT<br />
Enge Verbin<strong>du</strong>ng<br />
zwischen Sprachen und<br />
Geschichte<br />
Die beson<strong>de</strong>ren sprachlichen Verhältnisse<br />
in Luxemburg gehen zurück auf das Mittelalter.<br />
Um die gegenwärtige Situation verstehen<br />
zu können, ist es unerlässlich, näher<br />
auf einige zentrale Etappen <strong>de</strong>r Geschichte<br />
<strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s einzugehen, das jahrhun<strong>de</strong>rtelang<br />
<strong>du</strong>rch Fremdherrschaft geprägt war.
963<br />
Der Name „Lützelburg“ („Luxemburg“ ab <strong>de</strong>m 19. Jahr-<br />
hun<strong>de</strong>rt) geht zurück auf eine kleine Burg, die von<br />
Graf Siegfried erbaut wur<strong>de</strong> und <strong>de</strong>ren Überreste<br />
heute noch auf <strong>de</strong>m Bockfelsen zu sehen sind. Ihr altgermanischer<br />
Name „Lucilinburhuc“ be<strong>de</strong>utet „kleine<br />
Burg“. Das Gebiet gehörte damals zum Heiligen Deutschen<br />
Reich; gesprochen wur<strong>de</strong> hoch<strong>de</strong>utsch.<br />
1364<br />
Die Expansionspolitik <strong>de</strong>r Luxemburger Grafen sowie<br />
eine Reihe von Eroberungen im Nor<strong>de</strong>n und Westen<br />
führten dazu, dass sich das Gebiet aus zwei großen<br />
Teilen zusammensetzte, in <strong>de</strong>nen Dialekte gesprochen<br />
wur<strong>de</strong>n: Wallonisch im französischsprachigen und die<br />
Luxemburger Mundart im <strong>de</strong>utschsprachigen Teil. Die<br />
jeweiligen Schrift- und Verwaltungssprachen waren<br />
Französisch und Deutsch, bei<strong>de</strong> in ihrer alten Form.<br />
Während dieser Zeit bestand im Land also eine territorialgebun<strong>de</strong>ne<br />
Zweisprachigkeit (<strong>de</strong>r Historiker<br />
Gilbert Trausch spricht von „bilinguisme juxtaposé“),<br />
d.h., dass nicht dieselben Menschen zugleich bei<strong>de</strong><br />
Sprachen sprechen. Obwohl die Stadt Luxemburg sich<br />
im <strong>de</strong>utschsprachigen Teil befand, entzog sie sich doch<br />
<strong>de</strong>r unerbittlichen Logik <strong>de</strong>r territorialen Sprachauf-<br />
teilung, da die Verwaltung sich für die Verwen<strong>du</strong>ng <strong>de</strong>s<br />
Französischen entschied.<br />
Manuskript <strong>de</strong>s Volksmärchens „Dem Grow Siegfried seï Gold“,<br />
das <strong>de</strong>r Luxemburger Autor Michel Rodange 1872 verfasste<br />
© Bibliothèque nationale <strong>de</strong> <strong>Luxembourg</strong><br />
1684<br />
Die erste französische Besetzung <strong>du</strong>rch König<br />
Ludwig XIV. be<strong>de</strong>utete fast das En<strong>de</strong> für die Verwen<strong>du</strong>ng<br />
<strong>de</strong>s Deutschen. Zu<strong>de</strong>m fand die französische<br />
Sprache ein Jahrhun<strong>de</strong>rt später unter <strong>de</strong>m Einfluss<br />
<strong>de</strong>r Französischen Revolution Eingang in die Lokal-<br />
verwaltungen <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschsprachigen Gebietes und<br />
konnte so dauerhaft an Bo<strong>de</strong>n gewinnen. Im Jahr 1804<br />
wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r „Co<strong>de</strong> Napoléon“ (französisches bürger-<br />
liches Gesetzbuch) eingeführt. Die Alltagssprache<br />
blieb für alle Einwohner Luxemburgisch.<br />
1839<br />
Auf <strong>de</strong>r Londoner Konferenz erkannten die Großmächte<br />
die Unabhängigkeit <strong>de</strong>s Großherzogtums an<br />
und teilten das Staatsgebiet auf. Das auf seine gegenwärtige<br />
Fläche (2 586 km 2 ) beschränkte neue Territorium<br />
befand sich vollständig im <strong>de</strong>utschsprachigen<br />
Raum. Die <strong>de</strong>utsche Sprache hätte somit das <strong>de</strong>finitive<br />
En<strong>de</strong> für die Vorherrschaft <strong>de</strong>s Französischen be<strong>de</strong>uten<br />
können. Da die <strong>de</strong>utschen Beamten jedoch vom König<br />
<strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong> und Großherzog von Luxemburg<br />
Wilhelm II. hierbei nicht unterstützt wur<strong>de</strong>n, konnten<br />
einflussreiche und angesehene Luxemburger Persönlichkeiten<br />
die französische Sprache in Verwaltung,<br />
Justiz und Politik <strong>du</strong>rchsetzen.<br />
1843<br />
Die In<strong>du</strong>strialisierung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s führte zu tiefgreifen<strong>de</strong>n<br />
Verän<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>r Bevölkerung: Deutsche<br />
und Italiener wan<strong>de</strong>rten in großer Zahl ein, während<br />
gleichzeitig viele Luxemburger nach Frankreich<br />
o<strong>de</strong>r in die USA übersie<strong>de</strong>lten. Die sprachliche Positionierung<br />
wur<strong>de</strong> zum Politikum. Um sich vom Deutschen<br />
Bund abzugrenzen und sich vor Germanisierungsversuchen<br />
<strong>de</strong>r Nationalisten zu schützen, wur<strong>de</strong><br />
ein entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Gesetz verabschie<strong>de</strong>t, das die<br />
französische Sprache ebenso wie das Deutsche zum<br />
Pflichtfach machte. Der Französischunterricht wur<strong>de</strong><br />
ab <strong>de</strong>r Grundschule eingeführt, wobei <strong>de</strong>r Sprach-<br />
lehrplan im Rahmen <strong>de</strong>r Schulreform von 1912 endgültig<br />
beschlossen wur<strong>de</strong>.<br />
<strong>Apropos</strong> <strong>…</strong> Sprachen in Luxemburg / Presse- und Informationsamt <strong>de</strong>r Luxemburger Regierung / www.gouvernement.lu
Diese Briefmarke illustriert die internationale Entwicklung<br />
Luxemburgs<br />
© P&T<strong>Luxembourg</strong><br />
1941<br />
Wie sehr sich die Nation über die Sprache i<strong>de</strong>ntifizierte,<br />
wur<strong>de</strong> erneut <strong>de</strong>utlich, als die luxemburgische<br />
Bevölkerung eine von <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Besatzungsmacht<br />
veranstaltete Volkszählung zu einem Referen<strong>du</strong>m<br />
machte, bei <strong>de</strong>m sie sich u.a. – mutig und unmissverständlich<br />
– zur luxemburgischen Sprache als alleiniger<br />
Muttersprache bekannte. Nach <strong>de</strong>m Krieg war die Stellung<br />
<strong>de</strong>s Luxemburgischen, gestärkt <strong>du</strong>rch seine Rolle<br />
als Sprache <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rstands, nicht mehr gefähr<strong>de</strong>t.<br />
Als Reaktion auf das I<strong>de</strong>ntitäts- und Sprachtrauma im<br />
Anschluss an die <strong>de</strong>utschen Militärbesetzungen während<br />
<strong>de</strong>s Ersten und Zweiten Weltkriegs, wur<strong>de</strong> das<br />
Luxemburgische auf lexikalischer Ebene nach und nach<br />
<strong>du</strong>rch französische Wörter angereichert. Schließlich<br />
wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r geän<strong>de</strong>rten Verfassung von 1948, die<br />
weiter ging als die von 1848, festgelegt, die Verwen<strong>du</strong>ng<br />
<strong>de</strong>r Sprachen im Verwaltungs- und Justizbereich<br />
gesetzlich zu regeln.<br />
1960<br />
Ab <strong>de</strong>n 1960er Jahren (Öffnung <strong>de</strong>r Grenzen <strong>du</strong>rch<br />
die Römischen Verträge von 1957) leiteten neue Einwan<strong>de</strong>rungswellen<br />
nach Luxemburg eine Verän<strong>de</strong>rung<br />
bei <strong>de</strong>r Sprachenverwen<strong>du</strong>ng ein. Die neuen Einwan<strong>de</strong>rer<br />
stammten zu drei Vierteln aus romanischen<br />
Län<strong>de</strong>rn: Um sich mit <strong>de</strong>n Luxemburgern zu verständigen,<br />
griffen sie auf das Französische zurück. Die<br />
Verwen<strong>du</strong>ng <strong>de</strong>s Französischen, weiterhin Symbol<br />
<strong>de</strong>s alten Bürgertums, konnte somit alle Bevölkerungsschichten<br />
<strong>du</strong>rchdringen, während gleichzeitig<br />
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das Luxemburgische, bedingt <strong>du</strong>rch die Integration <strong>de</strong>r<br />
jungen Generation in das nationale Bil<strong>du</strong>ngssystem,<br />
zu neuer Geltung gelangte.<br />
1984<br />
Das Gesetz über die Sprachenregelung erhob das<br />
Luxemburgische zur Lan<strong>de</strong>ssprache <strong>de</strong>s Großher-<br />
zogtums und sah erstmals vor, dass im Falle eines<br />
Antrags in luxemburgischer, französischer o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utscher<br />
Sprache die Verwaltung nach Maßgabe <strong>de</strong>s<br />
Möglichen in ihrer Antwort die vom Antragsteller<br />
gewählte Sprache benutzen müsse. Obwohl die hier<br />
gemachte Einschränkung ganz offensichtlich das Lu-<br />
xemburgische betraf, fand die luxemburgische Sprache<br />
<strong>du</strong>rch das Gesetz von 1984 doch Eingang in <strong>de</strong>n Verwaltungsbereich.<br />
Eine weitere Aufwertung be<strong>de</strong>utete<br />
1989 die Anerkennung <strong>de</strong>s Luxemburgischen auf<br />
europäischer Ebene <strong>du</strong>rch das Programm „Lingua“. Sie<br />
bestätigte das seit <strong>de</strong>n 1970er Jahren zu beobachten<strong>de</strong><br />
soziokulturelle Wie<strong>de</strong>raufleben <strong>de</strong>s Luxemburgischen<br />
im Verhältnis zum Französischen und Deutschen.<br />
Derzeit stellen ausländische Einwohner und Grenzgänger<br />
70 % <strong>de</strong>r Arbeitnehmer: Mehrere Sprach-<br />
schulen für Erwachsene sowie zahlreiche Initiativen<br />
unterschiedlicher Akteure versuchen <strong>de</strong>r wachsen-<br />
<strong>de</strong>n Nachfrage nach Luxemburgischkursen gerecht<br />
zu wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r Abgeordnetenkammer wur<strong>de</strong><br />
ein Gesetzentwurf eingebracht, <strong>de</strong>r die Schaffung<br />
eines Institut national <strong>de</strong>s langues (Nationales Institut<br />
für Sprachen) sowie, u.a., die Einführung <strong>de</strong>s<br />
„Diplom Lëtzebuerger Sprooch a Kultur“ (Diplom<br />
Luxemburger Sprache und Kultur) vorsieht. Dieses<br />
Zeugnis soll es Luxemburgischlehrern ermöglichen,<br />
sämtliche Aspekte <strong>de</strong>r Sprache (Rechtschreibung,<br />
Linguistik, Literatur usw.) professionell zu vertiefen.<br />
Der Gesetzentwurf regelt ebenfalls die Stellung <strong>de</strong>s<br />
Luxemburgischlehrers und sieht das Lehramt für<br />
Luxemburgisch vor.<br />
Darüber hinaus führt <strong>de</strong>r Gesetzentwurf über die<br />
doppelte Staatsbürgerschaft künftig zu einer noch<br />
größeren Nachfrage im Bereich Bescheinigung von<br />
Luxemburgischkenntnissen. Das neue Nationale Insti-<br />
tut für Sprachen wird mit <strong>de</strong>n Tests zur Erlangung<br />
<strong>de</strong>r doppelten Staatsbürgerschaft beauftragt.
Sprachenverwen<strong>du</strong>ng:<br />
anerkannte Praktiken<br />
ohne offizielle Sprache<br />
Staat, Schule und Kirche sind drei Institutionen,<br />
<strong>de</strong>ren sprachliche Praktiken interessante<br />
Analysen erlauben. Da es nämlich<br />
im Großherzogtum keine offizielle<br />
Sprache gibt, sind Französisch, Deutsch<br />
und Luxemburgisch (Lëtzebuergesch) über-<br />
all in unterschiedlichem Maße präsent<br />
und teilen sich ihre formellen und infor-<br />
mellen Rollen als Arbeits-, Schrift- und<br />
Verständigungssprache.<br />
Welche Sprachen für <strong>de</strong>n Staat?<br />
Die Gesetze wer<strong>de</strong>n auf Französisch verfasst mit <strong>de</strong>r<br />
wichtigen Folge, dass, rechtlich gesehen, auf allen<br />
Ebenen <strong>de</strong>r öffentlichen Verwaltung allein das Französische<br />
maßgebend ist.<br />
Die Abgeordnetenkammer<br />
© Jeanine Unsen/SIP<br />
Im Gegenzug ist das gesprochene Französisch allmählich<br />
aus <strong>de</strong>m Parlament (Abgeordnetenkammer)<br />
verschwun<strong>de</strong>n, auch wenn die Minister es in seltenen<br />
Fällen noch bei wichtigen Regierungserklärungen <strong>de</strong>m<br />
Luxemburgischen vorziehen. Die Sprachenverwen<strong>du</strong>ng<br />
ist an diesem sehr offiziellen Ort nicht ausdrücklich<br />
geregelt, so dass die Politiker und Politikerinnen sich<br />
hier bis zu einem gewissen Grad an ihren persönlichen<br />
Vorlieben orientieren können.<br />
Tatsächlich wer<strong>de</strong>n die regulären Debatten heute auf<br />
Luxemburgisch abgehalten. So entsteht ein reibungsloses<br />
Nebeneinan<strong>de</strong>r von Sprachen, das sich auch im<br />
„Compte ren<strong>du</strong> <strong>de</strong>s séances publiques“, <strong>de</strong>m sogenannten<br />
„Kammerbericht“, <strong>de</strong>r als Beilage <strong>de</strong>r Luxemburger<br />
Tageszeitungen veröffentlicht wird, nie<strong>de</strong>rschlägt:<br />
Während die schriftliche Wie<strong>de</strong>rgabe <strong>de</strong>r<br />
Debatten auf Luxemburgisch erfolgt (es han<strong>de</strong>lt sich<br />
hierbei um die umfangreichste regelmäßig erfolgen<strong>de</strong><br />
Textpro<strong>du</strong>ktion in dieser Sprache), wer<strong>de</strong>n die Fragen<br />
an die Regierung üblicherweise auf Französisch verfasst.<br />
Die Gesetzestexte ihrerseits wer<strong>de</strong>n stets auf<br />
Französisch abgefasst.<br />
Um dies zu verstehen, muss man wissen, dass laut Ge-<br />
setz vom Februar 1984 im Verwaltungs- und Justiz-<br />
bereich Französisch, Deutsch o<strong>de</strong>r Luxemburgisch<br />
verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n können. Die gleiche Auswahlmöglichkeit<br />
hat <strong>de</strong>r Bürger bei Gesuchen an Verwaltungen,<br />
wobei diese aber nicht unbedingt verpflichtet sind,<br />
seiner jeweiligen Vorliebe Rechnung zu tragen.<br />
Ist das Deutsche im öffentlichen Leben auf nationaler<br />
Ebene insgesamt eher schwach vertreten, so stellt<br />
doch die kommunale Ebene, sowohl im mündlichen<br />
als auch im schriftlichen Bereich, ein gewisses Gegengewicht<br />
dar (Veröffentlichungen <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>räte).<br />
Beim Luxemburger Staat beruht die Arbeitsweise <strong>de</strong>r<br />
Verwaltung auf einem stabilen Gleichgewicht: Französisch<br />
wird als Schriftsprache, Luxemburgisch hingegen<br />
als gesprochene Sprache (für Arbeit und Kommunikation)<br />
bevorzugt.<br />
Dies hat sich auf höchster Ebene eingebürgert: So hielt<br />
Premierminister Jean-Clau<strong>de</strong> Juncker 1996 zum ersten<br />
Mal die jährliche Regierungserklärung zur wirtschaftlichen,<br />
sozialen und finanziellen Lage <strong>de</strong>r Nation auf<br />
Lëtzebuergesch.<br />
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© Christof Weber/SIP<br />
Welche Sprachen für die Schule?<br />
Seit <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r Masseneinwan<strong>de</strong>rung beginnt die<br />
Schulpflicht mit vier und nicht mehr wie zuvor mit fünf<br />
Jahren. Diese Initiative, die vor allem Kin<strong>de</strong>r aus Einwan<strong>de</strong>rerfamilien<br />
so früh wie möglich mit <strong>de</strong>r luxemburgischen<br />
Sprache vertraut machen soll, wur<strong>de</strong> <strong>du</strong>rch<br />
die fakultative Früherziehung für Kin<strong>de</strong>r ab drei Jahren<br />
ergänzt.<br />
Sowohl während <strong>de</strong>r Früherziehung als auch während<br />
<strong>de</strong>s sich über zwei Jahre erstrecken<strong>de</strong>n obligatorischen<br />
Vorschulunterrichts sprechen die Lehrer so viel<br />
wie möglich luxemburgisch mit ihren kleinen Schülern.<br />
Hauptziel ist dabei die Entwicklung <strong>de</strong>r Sprachfähigkeiten<br />
aller Kin<strong>de</strong>r und beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r ausländischer<br />
Herkunft, bei <strong>de</strong>nen die Schule oft <strong>de</strong>r erste<br />
Begegnungsort mit <strong>de</strong>r luxemburgischen Sprache ist.<br />
In <strong>de</strong>n Grundschulklassen kommen die an<strong>de</strong>ren Sprachen<br />
hinzu. Mit sechs Jahren lernen die Kin<strong>de</strong>r lesen<br />
und schreiben, und zwar auf Deutsch; ein Jahr später<br />
steht ebenfalls Französisch auf <strong>de</strong>m Lehrplan. Verkehrssprache<br />
im Grundschulunterricht ist Deutsch. Je<br />
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nach Zusammensetzung <strong>de</strong>r Klassen – d.h. abhängig<br />
vom Anteil <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r mit Migrationshintergrund –<br />
benutzen die Lehrer manchmal abwechselnd Deutsch<br />
und Luxemburgisch bzw. Französisch.<br />
1991 wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>schulen Kurse auf Portugiesisch<br />
und Italienisch eingeführt. Inzwischen wur<strong>de</strong>n<br />
diese parallel zum offiziellen Lehrplan angebotenen<br />
Kurse jedoch <strong>du</strong>rch Unterrichtsstun<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r jeweiligen<br />
Muttersprache ersetzt, die in <strong>de</strong>n Grundschulunterricht<br />
integriert sind. Auf diese Weise können<br />
Kin<strong>de</strong>r ihre muttersprachlichen Kenntnisse vertiefen<br />
und ihrer Herkunftskultur verbun<strong>de</strong>n bleiben. Es han<strong>de</strong>lt<br />
sich hierbei um Fächer, die Teil <strong>de</strong>s offiziellen Lehrplans<br />
sind und auf Italienisch o<strong>de</strong>r Portugiesisch unterrichtet<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
In <strong>de</strong>n unteren Klassen <strong>de</strong>r Sekundarstufe wer<strong>de</strong>n<br />
die meisten Fächer auf Deutsch unterrichtet. In <strong>de</strong>n<br />
oberen Klassen hingegen wer<strong>de</strong>n im klassischen Se-<br />
kundarunterricht mit Ausnahme <strong>de</strong>r Sprachen alle<br />
Fächer auf Französisch unterrichtet, während im<br />
technischen Sekundarunterricht weiterhin das Deutsche<br />
dominiert.
Die <strong>du</strong>rch das Gesetz vom 12. August 2003 gegrün-<br />
<strong>de</strong>te Universität Luxemburg, die einige postsekundäre<br />
Einrichtungen wie das Centre universitaire ersetzt,<br />
steht ebenfalls im Zeichen <strong>de</strong>r Vielsprachigkeit: Eines<br />
ihrer Grundprinzipien besteht in <strong>de</strong>r Mehrsprachigkeit<br />
<strong>de</strong>r Lehrveranstaltungen. Trotz<strong>de</strong>m studieren immer<br />
noch viele Luxemburger an ausländischen Hochschulen,<br />
sei es in <strong>de</strong>utsch-, in französisch- o<strong>de</strong>r in englischsprachigen<br />
Län<strong>de</strong>rn: Theoretisch kann keine Sprachgrenze<br />
sie aufhalten!<br />
Daneben besuchen rund 7 % <strong>de</strong>r Schüler in Luxemburg<br />
ausländische – französische, britische, internationale –<br />
Schulen. In diesen privaten Einrichtungen, die aufgrund<br />
<strong>de</strong>s Schulgel<strong>de</strong>s hauptsächlich von Kin<strong>de</strong>rn aus wohlhaben<strong>de</strong>n<br />
Verhältnissen besucht wer<strong>de</strong>n, dominieren<br />
Französisch und Englisch; gleichwohl spielen aber auch<br />
<strong>de</strong>r Deutsch- und sogar <strong>de</strong>r Luxemburgischunterricht<br />
immer eine gewisse Rolle.<br />
Interessant ist, nebenbei vermerkt, dass die erste<br />
internationale Konferenz über die Frage <strong>de</strong>r Zweisprachigkeit<br />
im Unterricht 1928 im Großherzogtum<br />
stattfand. Heute macht <strong>de</strong>r Sprachunterricht während<br />
<strong>de</strong>r gesamten Schulpflicht (Primar- und Sekundar-<br />
unterricht zusammen) im Durchschnitt 38 % <strong>de</strong>r Un-<br />
© Christof Weber/SIP<br />
terrichtsstun<strong>de</strong>n aller Fächer aus. Zu <strong>de</strong>n Einschränkungen,<br />
die sich aus dieser Sprachsituation für das<br />
Bil<strong>du</strong>ngssystem ergeben, gehören einerseits <strong>de</strong>r eventuelle<br />
schulische Misserfolg aufgrund <strong>de</strong>r Ausrichtung<br />
<strong>de</strong>r Lehrpläne und an<strong>de</strong>rerseits die in Europa einzigartige<br />
Vorschrift, dass künftige Sprach- und Literaturlehrer<br />
in <strong>de</strong>m Land studieren müssen, <strong>de</strong>ssen Sprache<br />
und Kultur sie später vermitteln wer<strong>de</strong>n.<br />
Für Schüler, die im luxemburgischen Bil<strong>du</strong>ngssystem<br />
erfolgreich sind, ist die Mehrsprachigkeit sicherlich ein<br />
be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r Vorteil. An<strong>de</strong>rerseits ist die Vielsprachigkeit<br />
aber auch eine Hür<strong>de</strong>, an <strong>de</strong>r manche Jugendliche<br />
scheitern: Zeigen sie in einer <strong>de</strong>r Sprachen <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s<br />
Schwächen, verschlechtern sich ihre Ausbil<strong>du</strong>ngs- und<br />
Zukunftsperspektiven. Kin<strong>de</strong>r aus Zuwan<strong>de</strong>rerfamilien<br />
sind von diesem Problem am härtesten betroffen. Seit<br />
Jahren schon wird hierüber heftig diskutiert, wobei die<br />
Einführung eines Bil<strong>du</strong>ngssystems für mehr Chancengleichheit<br />
auch auf sprachlicher Ebene eine <strong>de</strong>r größten<br />
Herausfor<strong>de</strong>rungen für die Bil<strong>du</strong>ngspolitik darstellt.<br />
Welche Sprachen für die Kirche?<br />
Die große Mehrheit <strong>de</strong>r Luxemburger gehört <strong>de</strong>r<br />
katholischen Kirche an. Ihre Mitteilungen wer<strong>de</strong>n<br />
auf Deutsch veröffentlicht. In Predigten und Gottesdiensten,<br />
einschließlich Taufen, Trauungen und Trauerfeiern,<br />
wird jedoch in <strong>de</strong>r Regel Lëtzebuergesch gesprochen.<br />
Abhängig vom Einwan<strong>de</strong>reranteil <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong><br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n persönlichen Vorlieben <strong>de</strong>r Priester wen<strong>de</strong>n<br />
sich manche auch auf Französisch o<strong>de</strong>r Deutsch an die<br />
Gläubigen. In einigen Kirchen fin<strong>de</strong>n zu<strong>de</strong>m wöchentlich<br />
Gottesdienste für Einwan<strong>de</strong>rer in portugiesischer,<br />
italienischer und spanischer Sprache statt.<br />
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Sprachliche Vielfalt<br />
im Alltag<br />
Für einen Luxemburger wäre ein vollkommen einsprachiger<br />
Tag zweifelsohne eine Leistung! Ebenso kann<br />
man sich fragen, wie viele Auslän<strong>de</strong>r, ganz gleich welcher<br />
Generation, allein mit ihrer Muttersprache überleben<br />
könnten. Im Reich <strong>de</strong>r Mischehen liefern uns die<br />
folgen<strong>de</strong>n Zahlen eine teilweise Antwort:<br />
- 17 % <strong>de</strong>r Einwohner sprechen mit ihren Kin<strong>de</strong>rn<br />
mehr als eine Sprache,<br />
- 53 % sprechen mit ihren Freun<strong>de</strong>n mehr<br />
als eine Sprache,<br />
- 56 % sprechen mehr als eine Sprache<br />
am Arbeitsplatz.<br />
(Quelle: SESOPI – Centre intercommunautaire, Sondage<br />
Baleine, 1998)<br />
Unbestreitbar führt die geringste Handlung <strong>de</strong>s alltäglichen<br />
Lebens je<strong>de</strong>n Einzelnen auf unterschiedliche<br />
sprachliche Wege. Heutzutage vermischen und überlagern<br />
sich die bunten Wegweiser: Man spricht immer<br />
mehr Sprachen an immer unterschiedlicheren Orten.<br />
Die ehemalige territorialgebun<strong>de</strong>ne Zweisprachigkeit<br />
ist einer personengebun<strong>de</strong>nen Mehrsprachigkeit gewichen:<br />
Dieselbe Person jongliert je nach Tageszeit<br />
und Situation mit verschie<strong>de</strong>nen Sprachen.<br />
Regionale Unterschie<strong>de</strong> spielen ebenfalls eine Rolle.<br />
Geografisch gesehen ist das Luxemburgische im<br />
Nor<strong>de</strong>n (85 %) und Osten (81 %) <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s am<br />
stärksten vertreten. Zu Hause ist Luxemburgisch<br />
die am meisten gesprochene Sprache (74 %), gefolgt<br />
von Französisch (32 %) und Portugiesisch (15 %). Am<br />
Arbeitsplatz hingegen benutzen 84 % hauptsächlich<br />
Französisch, 73 % Luxemburgisch, 51 % Deutsch und<br />
37 % Englisch. Im gesellschaftlichen Leben liegt Französisch<br />
(81 %) knapp vor Luxemburgisch (77 %). Letzteres<br />
ist die mehrheitlich bevorzugte Sprache bei<br />
jungen Menschen zwischen 15 und 24 Jahren (92 %)<br />
und bei <strong>de</strong>n ab 65-jährigen (80 %) im Rahmen ihrer<br />
Freizeitaktivitäten.<br />
© Marcel Schmitz/SIP<br />
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Die verschie<strong>de</strong>nen Sprachen bestehen nebeneinan<strong>de</strong>r<br />
in gegenseitiger Toleranz und ohne Rivalität und übernehmen<br />
ohne falsche Beschei<strong>de</strong>nheit Wörter und<br />
Ausdrücke voneinan<strong>de</strong>r. Dies zeigt sich beson<strong>de</strong>rs<br />
im Wechsel von einer Sprache in die an<strong>de</strong>re, einer<br />
Kunst, welche die Luxemburger hervorragend beherrschen:<br />
Bald übernehmen sie einen Gedanken aus einer<br />
Sprache, bald einen Ausdruck aus einer an<strong>de</strong>ren. Eine<br />
Kommunikationstechnik für sich!
Sprachenverwen<strong>du</strong>ng<br />
im Alltag<br />
„Sag mir, welche Sprachen <strong>du</strong> sprichst, und<br />
ich sage dir, wer <strong>du</strong> bist!“ In diesem kleinen<br />
kosmopolitischen Land offenbart sich je<strong>de</strong>r<br />
auch <strong>du</strong>rch seine Sprachkenntnisse und die<br />
Art, wie er die einzelnen Sprachen benutzt.<br />
Auf Luxemburgisch ist es beispielsweise fast unmöglich<br />
sich zu äußern, ohne irgen<strong>de</strong>twas über sich preiszugeben!<br />
In <strong>de</strong>r Tat kann man es je nach Haushalt vorziehen,<br />
entwe<strong>de</strong>r „Fernseh“ o<strong>de</strong>r „télé“ zu schauen, die<br />
„Fernbedienung“ o<strong>de</strong>r die „télécomman<strong>de</strong>“ zu benutzen.<br />
Diese Unterschie<strong>de</strong> sagen etwas über die soziale Zu-<br />
gehörigkeit o<strong>de</strong>r die geografische Herkunft aus. Ähn-<br />
liches gilt auch für die seit langem im Land leben<strong>de</strong>n<br />
Einwan<strong>de</strong>rerfamilien. Die verschie<strong>de</strong>nen Generatio-<br />
nen zeigen hier unterschiedliche Verhaltensweisen:<br />
Je nach Alter lässt man Portugiesisch ins Luxembur-<br />
gische einfließen, Italienisch ins Französische usw.<br />
© Jeanine Unsen/SIP<br />
Über die zwischen Auslän<strong>de</strong>rn und Luxemburgern<br />
am häufigsten verwen<strong>de</strong>ten Sprachen liefert folgen<strong>de</strong><br />
Tabelle einige aufschlussreiche Zahlen:<br />
Printmedien<br />
Benutzte Sprachen zwischen: Luxemburgern und<br />
Auslän<strong>de</strong>rn<br />
Luxemburgisch<br />
Französisch<br />
Deutsch<br />
Englisch<br />
15 %<br />
79 %<br />
2 %<br />
2 %<br />
Die Sprachsituation<br />
in <strong>de</strong>n Medien<br />
Während das Deutsche seit jeher die Sprache <strong>de</strong>r<br />
Presse schlechthin gewesen ist, hat das Französische<br />
in <strong>de</strong>n großen Tageszeitungen <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s, so <strong>de</strong>m 1848<br />
gegrün<strong>de</strong>ten „Luxemburger Wort“ und <strong>de</strong>m 1913 entstan<strong>de</strong>nen<br />
„Tageblatt“, doch nach und nach an Bo<strong>de</strong>n<br />
gewonnen, so dass <strong>de</strong>r redaktionelle Teil heute zu<br />
20 bis 30 % in dieser Sprache verfasst ist. Während ab<br />
<strong>de</strong>n 1960er Jahren einerseits neue <strong>de</strong>utschsprachige<br />
Wochenzeitungen auf <strong>de</strong>n Markt kamen, entstan<strong>de</strong>n<br />
an<strong>de</strong>rerseits Zeitungen, die neue Wege einschlugen<br />
und auf Portugiesisch (z.B. die Wochenzeitungen<br />
„Contacto“ seit 1970 und „Correio“ seit 1999), aber<br />
auch auf Englisch bzw. Französisch erscheinen. So wur-<br />
<strong>de</strong> die luxemburgische Medienlandschaft 2001 um<br />
zwei neue französischsprachige Zeitungen bereichert:<br />
„La Voix <strong>du</strong> <strong>Luxembourg</strong>“ und „Le Quotidien“. Die<br />
Wochenzeitung „Le Jeudi“ ihrerseits wur<strong>de</strong> 1997 ins<br />
Leben gerufen. Wenngleich also Deutsch insgesamt an<br />
erster Stelle steht, „machen“ neuerdings doch auch<br />
die an<strong>de</strong>ren Sprachen ihre eigenen „Schlagzeilen“.<br />
Man kann also behaupten, dass die Luxemburger<br />
Presse immer schon polyglott gewesen ist. Auch wenn<br />
im Allgemeinen das Deutsche vorherrscht, wird kein<br />
Journalist ein Problem darin sehen, in einen <strong>de</strong>utschen<br />
Artikel einen Auszug eines Gesetzentwurfs<br />
in französischer Sprache einzufügen – und <strong>de</strong>r Leser<br />
wird sich nicht daran stören. Will ein ausländischer<br />
Leser also sämtliche Tageszeitungen auch nur <strong>du</strong>rchsehen,<br />
so tut er gut daran, min<strong>de</strong>stens diese zwei<br />
Sprachen zu beherrschen. Es kann sein, dass Artikel<br />
über Antiterrormaßnahmen <strong>de</strong>r USA o<strong>de</strong>r ein Gip-<br />
Auslän<strong>de</strong>rn und<br />
Luxemburgern<br />
Quelle: Philippe Magère, Bernard Esmein und Max Poty, La situation <strong>de</strong> la langue française parmi les autres langues en usage au <strong>Grand</strong>-<strong>Duché</strong><br />
<strong>de</strong> <strong>Luxembourg</strong>, 1998<br />
33 %<br />
5 8 %<br />
<strong>Apropos</strong> <strong>…</strong> Sprachen in Luxemburg / Presse- und Informationsamt <strong>de</strong>r Luxemburger Regierung / www.gouvernement.lu<br />
8 %<br />
1 %
feltreffen <strong>de</strong>r europäischen Staatsoberhäupter heute<br />
in <strong>de</strong>r einen und morgen in <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Sprache er-<br />
scheinen – keine Regel schreibt die Sprachwahl vor.<br />
Gleiches gilt ebenfalls für die Wahl <strong>de</strong>r Sprache, in<br />
<strong>de</strong>r die Journalisten ihre eigenen Beiträge verfassen.<br />
Manche – jedoch nur eine Min<strong>de</strong>rheit – greifen auf<br />
mehr als eine Sprache zurück. Ausschlaggebend für<br />
die Wahl ist manchmal das Land, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Autor<br />
ausgebil<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>, manchmal aber auch das Thema:<br />
Während Journalisten, die sich mit Innenpolitik und<br />
Lokalberichterstattung befassen, im Allgemeinen auf<br />
Deutsch schreiben, entschei<strong>de</strong>n sich ihre Kollegen<br />
aus <strong>de</strong>n Bereichen Wirtschaft und Kultur meistens für<br />
das Französische. Die Zielgruppe spielt ebenfalls eine<br />
Rolle bei <strong>de</strong>r Wahl <strong>de</strong>r Sprache: Da die Wochenillustrierten<br />
„Revue“ und „Télécran“ sich an ein vorwiegend<br />
luxemburgisches Familienpublikum wen<strong>de</strong>n, ist<br />
hier Deutsch als Sprache angebracht. Trotz alle<strong>de</strong>m<br />
ist die Sprachenverwen<strong>du</strong>ng in stetem Wan<strong>de</strong>l be-<br />
griffen, im täglichen Leben ebenso wie in <strong>de</strong>r Presse.<br />
Fernsehen<br />
Im Fernsehen kommt das Luxemburgische seit 1991 zu<br />
Ehren, als RTL Télé Lëtzebuerg zum ersten Mal eine<br />
tägliche Nachrichtensen<strong>du</strong>ng ausstrahlte. Seit 2007<br />
bietet <strong>de</strong>r Sen<strong>de</strong>r ebenfalls französische und <strong>de</strong>utsche<br />
Untertitel, um <strong>de</strong>r wachsen<strong>de</strong>n Nachfrage <strong>de</strong>r in<br />
Luxemburg leben<strong>de</strong>n Auslän<strong>de</strong>r gerecht zu wer<strong>de</strong>n.<br />
Hörfunk<br />
In diesem Medium ist das Programmangebot in luxemburgischer<br />
Sprache am reichhaltigsten. Selbstverständlich<br />
erzielen die luxemburgischen Rundfunk-<br />
Die meistgehörten Sprachen<br />
im Fernsehen: Luxemburger Alle Einwohner<br />
Luxemburgisch<br />
Französisch<br />
Deutsch<br />
Sonstige<br />
24 %<br />
24 %<br />
50 %<br />
<strong>Apropos</strong> <strong>…</strong> Sprachen in Luxemburg / Presse- und Informationsamt <strong>de</strong>r Luxemburger Regierung / www.gouvernement.lu<br />
1 %<br />
© Bizart/SIP<br />
sen<strong>de</strong>r auf nationaler und lokaler Ebene die höchsten<br />
Einschaltquoten, was zusammen mit <strong>de</strong>m Erfolg <strong>de</strong>r<br />
Fernsehnachrichten <strong>de</strong>utlich macht, wie eng sich die<br />
Luxemburger ihrer Sprache verbun<strong>de</strong>n fühlen.<br />
Abgesehen davon, dass Staatsangehörige <strong>de</strong>r Nachbarlän<strong>de</strong>r<br />
die großen Radiostationen ihrer Heimatstaaten<br />
in Luxemburg empfangen können, sind die romanischen<br />
Sprachen und Englisch seit einigen Jahren auch<br />
täglich bei Sen<strong>de</strong>rn zu hören, die sich an hier leben<strong>de</strong><br />
Auslän<strong>de</strong>r wen<strong>de</strong>n.<br />
Quelle: SESOPI – Centre intercommunautaire, Sondage Baleine, une étu<strong>de</strong> sociologique sur les trajectoires migratoires, les langues et la vie associative<br />
au <strong>Luxembourg</strong>, 1998<br />
18 %<br />
3 4 %<br />
4 0 %<br />
8 %
Die Sprachsituation<br />
im Kulturbereich<br />
Luxemburg profitiert selbstverständlich<br />
von seinen historischen Trümpfen, um<br />
sich in <strong>de</strong>r europäischen Kulturszene zu<br />
profilieren.<br />
In <strong>de</strong>n Kinosälen können Filmliebhaber systematisch<br />
Filme in Originalfassung mit französischen und nie<strong>de</strong>rländischen<br />
o<strong>de</strong>r aber <strong>de</strong>utschen Untertiteln genießen.<br />
Sprachlichen Freiraum für das Luxemburgische bieten<br />
die Werbespots.<br />
© CLAE – 8 e Salon <strong>du</strong> livre et <strong>de</strong>s cultures, 2008 – lola<br />
Theaterstücke sind auf Luxemburgisch, aber auch<br />
auf Französisch, Deutsch o<strong>de</strong>r Englisch zu sehen, was<br />
eine wertvolle und geschätzte Beson<strong>de</strong>rheit darstellt.<br />
Neben <strong>de</strong>n Luxemburger Theatertruppen bieten die<br />
größten <strong>de</strong>utschen, französischen und belgischen<br />
Ensembles einem internationalen Publikum ein Re-<br />
pertoire, das, natürlich relativ gesehen, in seiner Vielfalt<br />
und Qualität <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r großen europäischen<br />
Hauptstädte ebenbürtig ist.<br />
Eine Beson<strong>de</strong>rheit mancher Buchhandlungen und Bi-<br />
bliotheken besteht darin, dass sie Veröffentlichun-<br />
gen in französischer und <strong>de</strong>utscher, aber auch in eng-<br />
lischer sowie manchmal in vielen an<strong>de</strong>ren Sprachen in<br />
großer Zahl verbreiten. An<strong>de</strong>re Buchhandlungen hingegen<br />
haben in ihren Regalen ausschließlich französische,<br />
<strong>de</strong>utsche, englische, italienische o<strong>de</strong>r portugiesische<br />
Veröffentlichungen.<br />
Im Großherzogtum gibt es etwa 20 Verlagshäuser.<br />
Immer mehr will das literarische Luxemburg seine<br />
sprachliche Vielfalt zu einem echten Trumpf für vielseitigere<br />
Verbreitungsformen machen: Veröffentli-<br />
chungen mit Partnerverlagen aus <strong>de</strong>m Ausland, Überset-<br />
zungen (z.B. luxemburgisch-russische Übersetzung <strong>de</strong>r<br />
Gedichte Anise Koltz’ o<strong>de</strong>r luxemburgisch-<strong>de</strong>utsche<br />
Übersetzung <strong>de</strong>r Romane Roger Man<strong>de</strong>rscheids) und<br />
Adaptationen, all dies ermöglicht es luxemburgischen<br />
Werken und Autoren, Sprachgrenzen zu überwin<strong>de</strong>n.<br />
Seit <strong>de</strong>n 1980er Jahren hat die literarische Pro<strong>du</strong>ktion<br />
in luxemburgischer Sprache einen beispiellosen Aufschwung<br />
zu verzeichnen. Dennoch erreichen viele<br />
dieser Werke allzu oft nur eine begrenzte Leserschaft.<br />
Dies hängt wohl damit zusammen, dass die Autoren,<br />
die in <strong>de</strong>r luxemburgischen Sprache am pro<strong>du</strong>ktivsten<br />
sind, wie<strong>de</strong>r immer mehr Texte und Romane auf<br />
Deutsch und Französisch veröffentlichen.<br />
<strong>Apropos</strong> <strong>…</strong> Sprachen in Luxemburg / Presse- und Informationsamt <strong>de</strong>r Luxemburger Regierung / www.gouvernement.lu
Offenheit für neue<br />
sprachliche Einflüsse<br />
Luxemburg, ein mit Sprachen übersättigtes<br />
Land? Ganz im Gegenteil, auf Luxemburger<br />
Bo<strong>de</strong>n konnten noch viele weitere Sprachen<br />
– Englisch, Italienisch, Portugiesisch –<br />
beachtliche Be<strong>de</strong>utung erlangen.<br />
Im Bankensektor, aber auch in Han<strong>de</strong>l und In<strong>du</strong>strie<br />
ist das Englische ein verbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Element zwischen<br />
<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen, Seite an Seite arbeiten<strong>de</strong>n Nationalitäten<br />
– und dies, obwohl einerseits viele Banken<br />
mit Sitz in <strong>de</strong>r Hauptstadt aus Deutschland stammen<br />
und an<strong>de</strong>rerseits die französischsprachigen Grenzgänger<br />
bereits seit mehreren Jahren <strong>de</strong>n luxembur-<br />
gischen Arbeitsmarkt prägen.<br />
Englisch im Nachtleben? Durchaus keine Seltenheit<br />
angesichts <strong>de</strong>r großen ausländischen Gemeinschaft,<br />
die in <strong>de</strong>n nächtlichen Vergnügungsstätten <strong>de</strong>r Hauptstadt<br />
verkehrt. Ob am Arbeitsplatz o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Freizeit,<br />
Englisch ist immer noch die bevorzugte Verkehrssprache<br />
dieser Bevölkerungsgruppe.<br />
Pass <strong>de</strong>r luxemburgischen Sprache<br />
Familienname<br />
Westmoselfränkischer Dialekt<br />
Vorname<br />
Lëtzebuergesch<br />
Visa<br />
- Deutschland (saarländisches Platt)<br />
- Frankreich (Die<strong>de</strong>nhofener Platt)<br />
- Belgien (Mundarten <strong>de</strong>r Grenzregion)<br />
Beson<strong>de</strong>re Kennzeichen<br />
Zahlreiche Fremd- und Lehnwörter<br />
- aus <strong>de</strong>m Deutschen: Wirtschaft, Kino usw.<br />
- aus <strong>de</strong>m Englischen: „weekend“, „back office“ usw.<br />
- aus <strong>de</strong>m Französischen: „plus ou moins“, „à peu près“ usw.<br />
<strong>Apropos</strong> <strong>…</strong> Sprachen in Luxemburg / Presse- und Informationsamt <strong>de</strong>r Luxemburger Regierung / www.gouvernement.lu<br />
Bei <strong>de</strong>n großen Zuwan<strong>de</strong>rungsgemeinschaften – Portugiesen,<br />
Franzosen, Italiener – fallen die zahlreichen<br />
Begegnungsstätten auf (Vereine, Lokale und Restaurants<br />
usw.) sowie <strong>de</strong>r häufige Gebrauch ihrer jeweiligen<br />
Muttersprache am Arbeitsplatz (beson<strong>de</strong>rs im<br />
Hotel- und Gaststättengewerbe sowie in <strong>de</strong>r Bau-<br />
und Reinigungsbranche).<br />
Das Französische seinerseits weist einige Beson<strong>de</strong>rheiten<br />
auf. Mit <strong>de</strong>r in Frankreich gesprochenen Spra-<br />
che ist es mitunter nicht vollkommen i<strong>de</strong>ntisch aufgrund<br />
<strong>de</strong>r Einflüsse <strong>de</strong>s Französischen aus Wallonien<br />
(Belgien), die allerdings nicht immer leicht auszumachen<br />
sind. Müssen sich Luxemburger auf Französisch<br />
ausdrücken, sind sie – geprägt <strong>du</strong>rch die Erinnerung<br />
an <strong>de</strong>n strengen Schulunterricht – sehr auf gramma-<br />
tische Korrektheit bedacht. Sie sprechen ein von Vorsicht<br />
und Förmlichkeit, ja sogar manchmal von Überkorrektheit<br />
gekennzeichnetes Französisch, das nur<br />
unter <strong>de</strong>r Fe<strong>de</strong>r von Dichtern und Schriftstellern o<strong>de</strong>r<br />
in <strong>de</strong>r mündlichen Ausdrucksweise <strong>de</strong>r jungen Generation<br />
freier gehandhabt wird.
Herausgeber<br />
Presse- und Informationsamt<br />
<strong>de</strong>r Luxemburger Regierung,<br />
Verlagsabteilung<br />
Layout<br />
Bizart<br />
Literaturhinweise<br />
CHRISTOPHORY, Jul. English-<strong>Luxembourg</strong>ish dictionary, Éditions Schortgen, 1995.<br />
HILGERT, Romain. „Thron, Altar und Tripartite“, in d’Lëtzebuerger Land, 12.3.2004<br />
(über das Gesetz von 1984).<br />
KLEIN, Carlo. „La valorisation <strong>de</strong>s compétences linguistiques sur le marché <strong>du</strong> travail luxembourgeois“,<br />
in Cahier PSELL, Nr. 139, CEPS/INSTEAD, November 2003.<br />
MAGÈRE, Philippe, Bernard ESMEIN und Max POTY. La situation <strong>de</strong> la langue française parmi les autres langues<br />
en usage au <strong>Grand</strong>-<strong>Duché</strong> <strong>de</strong> <strong>Luxembourg</strong>, Centre culturel français, 1998.<br />
NEWTON, Gerald. <strong>Luxembourg</strong> and Lëtzebuergesch: Language and Communication at the Crossroads of Europe,<br />
Clarendon Press, 1996.<br />
Protokolle <strong>de</strong>s Vortragszyklus „Lëtzebuergesch : quo vadis ?“, April 2004.<br />
TRAUSCH, Gilbert. Histoire <strong>du</strong> <strong>Luxembourg</strong>. Le <strong>de</strong>stin européen d’un « petit pays », Éditions Privat, 2002.<br />
Primärquellen<br />
KARTHEISER, Josiane. „Mir schwätze Lëtzebuergesch, Däitsch a Franséisch“, in Kaléidoscope <strong>Luxembourg</strong>,<br />
Éditions Saint-Paul, 2002.<br />
KOHN, Romain. „Une nation <strong>de</strong> lecteurs <strong>de</strong> journaux“, in Kaléidoscope <strong>Luxembourg</strong>, Éditions Saint-Paul, 2002.<br />
SESOPI – CENTRE INTERCOMMUNAUTAIRE. Sondage Baleine, une étu<strong>de</strong> sociologique sur les trajectoires<br />
migratoires, les langues et la vie associative au <strong>Luxembourg</strong>, Collection RED, hors série n° 1, November 1998.<br />
STATEC, Luxemburg in Zahlen 2008, September 2008.<br />
TNS ILRES. Umfrage „Usage et enseignement <strong>de</strong>s langues au <strong>Luxembourg</strong>“, 3.5.2007.<br />
Impressum<br />
Druck<br />
Imprimerie Fr. Faber<br />
ISBN 978-2-87999-175-7 September 2008<br />
33, bd Roosevelt L-2450 <strong>Luxembourg</strong><br />
Tél. : (+352) 247-82181 / Fax : (+352) 47 02 85<br />
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