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GEIST und GLAUBEN, Juni 2008

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TITELGESCHICHTEFortsetzung von Seite 3ersten, sondern vielleicht auch erstauf den zweiten Blick als erhaltenswürdigequalitätsvolle Beständeerkannt werden. Über theoretischeGr<strong>und</strong>lagen hinaus gehend ergreifter ganz konkret für einzelne Objektedas Wort, kümmert sich um die fachgerechteErhaltung, bemüht sich aberauch um übergeordnete Zusammenhänge<strong>und</strong> Einbindung in gegenwärtigeStrukturen.In Österreich wurden erste staatlicheEinrichtungen der Denkmalpflegebereits vor mehr als h<strong>und</strong>ertfünfzigJahren geschaffen, heuteist dafür das B<strong>und</strong>esdenkmalamtzuständig. Zentral organisiert, dochmit Landeskonservatoraten auchregional aktiv, kümmert sich dieseBehörde um alle Belange des Denkmalschutzes,wobei ihre MitarbeiterInnen durch die intensiveBeschäftigung mit historischen Bauten <strong>und</strong> Kunstwerken,Techniken <strong>und</strong> Materialien einen reichen Erfahrungsschatz imfachgerechten Umgang mit dem Altbestand aufweisen <strong>und</strong>diesen nicht nur im denkmalgeschützten Bereich weitergeben.In dem sehr komplexen Themenbereich ist ein wesentlicherAspekt die in jahrzehntelanger Praxis gewonnene Erkenntnis,dass das Beibehalten ursprünglicher Bautechniken, Materialienoder Systeme bei Konservierungen, Restaurierungen<strong>und</strong> Sanierungen nicht nur ideell, sondern auch im Hinblick aufNachhaltigkeit meist die beste Lösung darstellt. Ein weitererwichtiger Punkt ist das angestrebte Erscheinungsbild. Nicht dievollständige Erneuerung ist das Ziel, kein Facelifting, sondernder Respekt vor dem Alter.Schon vor h<strong>und</strong>ert Jahren wurde unter anderem der Begriff desAlterswertes in der Denkmalpflege geprägt, der besagt, dassein Denkmal das Recht auf seine Geschichte hat. Wie sich indas Antlitz eines Menschen die Jahre seines Lebens mit allerLebenserfahrung <strong>und</strong> Reife einschneiden, sind es auch die Spurender Vergangenheit eines Denkmals, in denen sein Charakterbeheimatet ist <strong>und</strong> die seinen Reiz ausmachen. Nichts ist so»seelenlos« wie ein »neuer« Altbau.Allein, die Umsetzung dieses Anspruches ist nicht immerleicht. Erhaltungszustände, Modernisierungsstreben,Sicherheitsdenken in Normen, spezifische Vorstellungsmuster<strong>und</strong> dergleichen üben gehörigen Druck auf die Entscheidungsträgeraus, unterschiedliche fachliche Sichtweisen4tragen das ihre dazu bei. Theoretischlässt sich dies gar nicht in gebotenerKürze darstellen, man kann es ambesten an einem konkreten Beispielillustrieren.Die Leobener StadtpfarrkircheHl. Franz Xaver überragt dieAltstadt schon seit bald dreieinhalbJahrh<strong>und</strong>erten. Für die Jesuitenals Manifestation gegen denProtestantismus erbaut <strong>und</strong> wohlüber den Architekten Carlone italienischbeeinflusst, ist sie unverzichtbarer<strong>und</strong> prägender Bestandteil derStadt, dient den Bürgern als religiöseStätte <strong>und</strong> städtisches Identifikationsmerkmal,Kulturtouristen besuchensie als attraktives <strong>und</strong> seltengut erhaltenes Beispiel frühbarockersteirischer Kunst. Innen wurde sievor wenigen Jahren restauriert, außen blieb sie rostrot <strong>und</strong>braun. Sicherlich für viele in ihrer Sehgewohnheit richtig, unumstößlich<strong>und</strong> nicht zu hinterfragen - <strong>und</strong> doch nur Ergebnishistorischer Entwicklung. Denn die Kirche war nicht immerso, Untersuchungen <strong>und</strong> alte Ansichten belegen, dass sie dielängste Zeit hell, fast weiß <strong>und</strong> damit strahlend, nicht dunkel<strong>und</strong> eher abweisend war. Erst spätere Umstände wie industriellhervorgerufene Umweltbedingungen haben zum heutigenErscheinungsbild geführt.Nach dem oben Gesagten müsste dieser Anblick beibehalten,die Düsternis weiter tradiert <strong>und</strong> die Kirchenach Sanierung von Putz <strong>und</strong> Steinteilen in Brauntönengefärbelt werden. Aber hier ist dies nicht mit der Beibehaltungdes Alterswertes gemeint, sondern das Aufgreifen derursprünglichen Erscheinung. Doch besteht nicht die Gefahr,dass die Kirche danach »wie neu« aussieht? Nein, wenn dieMaßnahmen fachgerecht gesetzt werden. Dazu gehören derrichtige Farbton, das passende Farbmaterial <strong>und</strong> die richtigeAbstimmung mit der Umgebung.Gr<strong>und</strong>sätzlich gilt, dass ein Gebäude am besten mitden Farbtönen restauriert wird, die der bedeutendstenPhase seiner Entwicklung, die sich wesentlich an derArchitektursprache außen abzeichnet, entspricht. Man denkedaran, dass wie in der Vergangenheit auch heute niemandeinen Neubau ohne Farbvorstellung plant, denn Farben sindwesentliche Elemente der Architektursprache. Dem wird entgegengehalten, dass früher immer wieder unterschiedliche

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