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Juristisches Repetitorium hemmer

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<strong>Juristisches</strong> <strong>Repetitorium</strong><br />

<strong>hemmer</strong><br />

I. Allgemeine Gliederung<br />

Würzburg - Erlangen - Bayreuth - Regensburg - München - Passau - Augsburg Frankfurt/M.<br />

- Bochum - Konstanz - Heidelberg - Freiburg - Mainz - Berlin - Bonn - Köln Göttingen<br />

- Tübingen - Münster - Hamburg - Osnabrück - Gießen - Potsdam Hannover -<br />

Kiel - Dresden - Marburg - Trier - Jena - Leipzig - Saarbrücken - Bremen Halle - Rostock<br />

- Greifswald - Frankfurt/O. - Bielefeld - Mannheim - Düsseldorf<br />

_____________<br />

Täterschaft und Teilnahme, §§ 25, 26, 27 StGB<br />

Täterschaft Teilnahme<br />

Alleintäter mittelbarer T. Mittäter Nebentäter Anstiftung Beihilfe<br />

§ 25 I 1. Alt. § 25 I 2. Alt. § 25 II § 26 § 27<br />

Bei Vorsatzdelikten liegt ein dulistisches Beteiligungssystem vor, das zwischen Täterschaft und<br />

Teilnahme unterscheidet. Das Gegenteil hiervon ist das Prinzip der Einheitstäterschaft. Von<br />

diesem spricht man, wenn jeder Täter ist, der eine kausale und zurechenbare Ursache für den<br />

Erfolg gesetzt hat. Jeder Verursacher ist - unabhängig vom Gewicht seines Beitrags - Täter.<br />

Dies gilt im Bereich der Fahrlässigkeitsdelikte und bei Ordnungswidrigkeiten (vgl. § 14 OwiG).<br />

Von Nebentäterschaft spricht man, wenn mehrere Täter unabhängig voneinander (keine Mittäter!<br />

Es fehlt am bewussten und gewollten Zusammenwirken.) den gesetzl. TB verwirklichen.<br />

II. Abgrenzung Täterschaft – Teilnahme<br />

Entscheidendes Klausurproblem ist – gerade bei der Mittäterschaft – die Abgrenzung von Täterschaft<br />

zur Teilnahme. Die Abgrenzung ist umstritten.<br />

1. Formal-objektive Theorie<br />

Täter ist jeder, der die tb-liche Ausführungshandlung ganz oder teilweise selbst vornimmt.<br />

Kritik: Wegen § 25 I 2.Alt. StGB contra legem! Die Theorie kann weder die mittelbare T. noch<br />

die Täterschaft des aus dem Hintergrund lenkenden Bandenchefs erklären.<br />

2. Extrem subjektive Theorie<br />

Das RG vertrat eine extrem-subjektive Theorie, wonach es für die Abgrenzung nur auf den Willen<br />

des Handelnden ankam. Bei „animus auctoris“ („Täterwille“) gelangte das RG zur Täterschaft,<br />

während es bei „animus socii“ („Teilnehmerwille“) nur Teilnahme annahm.<br />

Kritik: Contra legem wg. § 25 I 1. Alt. StGB. Wer den gesetzl.TB selbst vollständig verwirkl., ist<br />

immer Täter. Ein Irrtum über den gesetzl.festgelegten Umstand wäre ein unbeachtl. RF-irrtum.<br />

3. Subjektive Theorie auf objektiv-tatbestandlicher Grundlage (BGH)<br />

Der BGH vertritt inzwischen eine subjektive Theorie auf objektiver Grundlage. Zur Ermittlung<br />

der subj. Einstellung zur Tat ist danach eine wertende Gesamtbetrachtung durchzuführen, bei<br />

der nicht nur der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, sondern auch der Umfang der<br />

Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft berücksichtigt<br />

werden müssen. Der „animus auctoris“ muss sich objektiv in einem Tatbeitrag (auch im Vorbereitungsstadium<br />

denkbar!) manifestiert haben. Bei § 216 StGB grenzt der BGH allerdings nicht<br />

nach der inneren Willensrichtung ab, sondern nach der Tatherrschaft (BGHSt 19, 135 (138 f.)).<br />

4. Tatherrschaftslehre (h.L.)<br />

Täter ist, wer die Tatherrschaft (TH) besitzt. TH ist das vom Vorsatz umfasste In-den-<br />

Händen-Halten des tb-mäßigen Geschehens-Ablaufes. Es handelt sich somit um eine obj.subj.<br />

Theorie. Nach der hL muss der Täter die Zentralgestalt des Geschehens sein und der Erfolg<br />

das Werk seines planvoll lenkenden Willens. Es gibt unterschiedl. Tatherrschaftsformen:<br />

• Handlungsherrschaft, § 25 I 1.Alt. StGB<br />

2008 © RA Dr. Philipp Hammerich


<strong>Juristisches</strong> <strong>Repetitorium</strong> Seite 2<br />

<strong>hemmer</strong><br />

• Willens- und Wissensherrschaft bei der mittelbaren Täterschaft, § 25 I 2.Alt. StGB<br />

• Funktionelle Tatherrschaft, § 25 II StGB<br />

5. Anmerkung zum Streitentscheid<br />

Die ersten zwei Ansichten sind veraltet und sollten höchstens angespr. werden, wenn die Abgr. ein<br />

zentrales Problem in der Klausur ist – und auch dann nur in der gebotenen Kürze. Ein Streitentscheid<br />

zw. BGH und hL Literatur ist häufig entbehrlich, weil beiden zum selben Ergebnis kommen.<br />

III. Mittäterschaft, § 25 II StGB<br />

1. Struktur<br />

Mittäterschaft ist das bewusste und gewollte Zus.wirken mehrerer Täter auf der Grundlage<br />

eines gemeinsamen Tatplanes. Identitätsstiftendes Strukturelement ist das arbeitsteilige Vorgehen<br />

der Mittäter. Als Konsequenz ordnet § 25 II StGB die wechselseitige Zurechnung der<br />

obj. Tatbeiträge an. Dabei ist es gerade typisch für eine Klausur, dass eine Person nicht alle<br />

TaBM selber verwirklicht hat. Dann stellt sich die Frage, ob die Tatbestandsmerkmale, welche<br />

nur von einem anderem verwirklicht wurden, der Person nach den Grundsätzen der Mittäterschaft<br />

zugerechnet werden können. Dies setzt eine Mittäterschaft voraus. Insofern ist die Problematik<br />

der Mittäterschaft überzeugenderweise bereits im obj. Tatbestand anzusprechen.<br />

Achtung: Gem.§ 29 StGB wird die Schuld trotz Mittäterschaft für jeden Täter gesondert geprüft.<br />

Gleiches gilt für Vorsatz oder bes.subj.Merkmale. Eine Zur. kann nur im obj.TB erfolgen.<br />

Der wesentliche Tatbeitrag kann dabei nach h.M. (insbesondere BGH, NStZ 2002, 201 f.) bereits<br />

im Vorbereitungs-Stadium geleistet werden (a.A. Roxin). Werden bei Tatplanung und Tatorganisation<br />

- also im Vorbereitungsstadium - wesentliche Beiträge geleistet, so gleicht dieser<br />

Umstand das Minus der Abwesenheit in der Ausführungsphase aus (vgl. L&L 2002, 823<br />

(825)). Insb. der planende und lenkende Hintermann bzw. abwesende Bandenchef kann auf<br />

diese Weise als Täter bestraft werden.<br />

Der Tatplan ist hingegen ein subj. Element und müsste daher unter rein dogmatischen Gesichtspunkten<br />

im subj. TB geprüft werden. Gleichwohl ist die wechselseitige Zurechnung nur<br />

auf der Grundlage und im Rahmen des gemeinsamen Tatplans möglich, so dass eine Prüfung<br />

aus praktischen Gesichtspunkten bereits im Rahmen des obj. Tatbestandes erfolgen muss.<br />

(P): Mittäterexzess und stillschweigende Planerweiterung bei der Ausführung<br />

Der Exzess eines Mittäters, mit dem dieser den Rahmen des gemeinsamen Tatplanes verlässt,<br />

wird den übrigen Mittätern nicht zugerechnet. Da der Tatplan idR recht allgemein gefasst ist,<br />

sind Handlungen gedeckt, , mit denen im Rahmen eines solchen allg. Plans zu rechnen sind.<br />

Das gleiche gilt, wenn den übrigen Mittätern die Handlungsweise des anderen Mittäters gleichgültig<br />

ist (BGH, L&L 2003, 33 (36)). Ferner ist die Möglichkeit einer konkludenten Erweiterung<br />

des Tatplans zu beachten. Die bloße stillschweigende Duldung reicht allerdings nicht aus.<br />

(P) Irrtümer<br />

Bei Irrtumsfällen gelten die allgemeinen Regeln (Prinzip der wechselseitigen Zurechnung). Ein<br />

error in persona ist auch für die Mittäter unbeachtlich, soweit der Tatplan nicht überschritten ist.<br />

2. Sukzessive Mittäterschaft<br />

Strittig ist, ob später Hinzutretenden frühere Tatteile (insb. bei mehraktigen Delikten; nicht jedoch<br />

bei bereits abgeschlossenen/beendeten Tatbeständen) zugerechnet werden können.<br />

Um Aufschluss über die Zulässigkeit zu erhalten, wird man zunächst zwischen zwei Konstellationen<br />

zu unterscheiden haben, nämlich der Beteiligung im Rahmen eines mehraktigen Deliktes<br />

bis zum Zeitpunkt der Vollendung und der Tatbeteiligung zw. Vollendung und Beendigung.<br />

2008 © RA Dr. Philipp Hammerich


<strong>Juristisches</strong> <strong>Repetitorium</strong> Seite 3<br />

<strong>hemmer</strong><br />

a) Tatbeteiligung bis zum Zeitpunkt der Vollendung<br />

• Die Rspr. bejaht die Zurechnung der bereits verwirklichten Umstände. Das nachträgliche<br />

Einverständnis des Hinzutretenden bezieht sich nach Auffassung des BGH auf den verbrecherischen<br />

Gesamtplan, so dass auch die einheitliche Gesamttat zurechenbar ist.<br />

• Die h.L. lehnt eine sukzessive Mittäterschaft ab. Tatherrschaft könne nicht nachträglich begründet<br />

werden. Der dolus subsequens sei nicht strafbar<br />

b) Tatbeteiligung zwischen Vollendung und Beendigung<br />

Erfolgt der hinreichend gewichtige Beitrag des Hinzutretenden einverständlich zwischen Vollendung<br />

und Beendigung, so rechnet die Rspr. diesem die bereits vollendete Tat zu. Auch in diesem<br />

Fall des nachträglichen vorsätzlichen Einstiegs in die Tatbegehung mache sich der Hinzutretende<br />

das bisherige Geschehen zu eigen.<br />

Die h.L. entgegnet, auch diese Vorsatzzurechnung verstoße gegen das Gesetzlichkeitsprinzip.<br />

Vorsatz muss zur Zeit der Tatbegehung vorgelegen haben, was hier nicht der Fall ist.<br />

Anmerkung: Bei Dauerdelikten (bspw. § 239 StGB) ist eine sukz. Mittäterschaft aber mögl., da<br />

deren TB idR auch das Andauern des herbeigeführten Zustandes (Vollendung!) umfasst.<br />

3. Fahrlässige Mittäterschaft (siehe Fahrlässigkeitsübersicht)<br />

4. Aufbau<br />

In der Klausur empfiehlt sich folgendes Vorgehen: Verwirklicht ein Mittäter alle TBM in seiner<br />

Person, so ist die Prüfung mit diesem Mittäters zu beginnen. Die übrigen Mittäter, die nicht alle<br />

TBM verwirklicht haben, folgen später, wobei ein Rückgriff iRd wechselseitigen Zurechnung des<br />

§ 25 II StGB auf die bereits vorgenommene Prüfung erfolgt. Dies empfiehlt sich insb. dann,<br />

wenn die Erfüllung der Vor. des § 25 II StGB durch die übrigen Beteiligten fraglich erscheint.<br />

Liegen die Merkmale des obj.TB nur bei einer Gesamtschau der einzelnen Tatbeiträge vor, so<br />

müssen alle Mittäter zus. geprüft werden, da man sonst keine Vollendung feststellen kann.<br />

Anmerkung: Keine vorweggenommenen allgemeinen Ausführungen zur Täterschaft! Die Frage<br />

der Täterschaft darf allein in Bezug auf das konkrete Tatbestandsmerkmal geprüft werden.<br />

5. Schema<br />

A. Mittäterschaft zusammen geprüft<br />

Mittäter werden zusammen geprüft, wenn sie nur zusammen alle TBM verwirklicht haben.<br />

I. Tatbestand<br />

1. Obj. TB<br />

a) Tatbestandsverwirklichung (Erfolg, kausaler Tatbeitrag, Zurechnung)<br />

Prüfung des Verhaltens des Erfolgsnächsten M1<br />

Prüfung des Verhaltens des anderen M2<br />

� Verhalten von M1 und M2 müssen alle TBM erfüllen<br />

b) Tatherrschaft vermittelnder Tatbeitrag im Rahmen des ...<br />

c) ... gemeinsamen Tatplans<br />

� hier Theorien problematisieren Folge: Wechselseitige Zurechnung, § 25 II StGB<br />

2. Subj. TB<br />

Vorsatz und besondere subjektive Merkmale für jeden Mittäter gesondert prüfen<br />

II. RW<br />

III. Schuld § 29 StGB<br />

Beachte: Mittäter können auch zus. geprüft werden, wenn jeder für sich alle TBM erfüllen.<br />

2008 © RA Dr. Philipp Hammerich


<strong>Juristisches</strong> <strong>Repetitorium</strong> Seite 4<br />

<strong>hemmer</strong><br />

B. Mittäterschaft getrennt geprüft<br />

Mittäter werden getrennt geprüft, wenn ein Beteiligter überwiegend die Tat alleine ausgeführt<br />

hat und alle TBM selber verwirkl., die anderen Mittäter hingegen nicht alle TBM selber verwirkl.<br />

���� zunächst der Tatnähere wie Alleintäter<br />

���� dann der Tatfernere:<br />

I. Tatbestand<br />

1. Obj. TB<br />

a) Tatbestandsverwirklichung (Erfolg, kausaler Tatbeitrag, Zurechnung)<br />

b) Tatherrschaft vermittelnder Tatbeitrag im Rahmen des ...<br />

c) ... gemeinsamen Tatplans<br />

� hier ggf. Theorien problematisieren (wahlweise auch im subj. TB)<br />

Folge: Wechselseitige Zurechnung, § 25 II StGB<br />

2. Subj. TB<br />

Vorsatz und besondere subjektive Merkmale für jeden Mittäter gesondert prüfen<br />

II. RW<br />

III. Schuld § 29 StGB<br />

Schema für die Prüfung der Mittäterschaft im Versuch<br />

I. Vorprüfung<br />

1. Nichtvollendung<br />

2. Strafbarkeit des Versuchs<br />

II. Subjektiver Tatbestand<br />

Tatentschluss Hinsichtlich der gemeinschaftlichen Verwirklichung aller obj. Tatbestandsmerkmale<br />

des Delikts beruhend auf einen gemeinsamen Tatplan<br />

Tatherrschaftslehre: Täter muss Bewusstsein eigener Tatherrschaft gehabt haben<br />

Animustheorie: Täter muss Tatbeitrag mit Täterwillen leisten wollen<br />

� Täterwille aufgrund wertenden Gesamtschau<br />

III. Objektiver TB: unmittelbares Ansetzen<br />

IV. RW<br />

V. Schuld § 29 StGB<br />

VI. Rücktritt § 24 II<br />

IV. Mittelbare Täterschaft, § 25 I 2. Alt StGB<br />

Täter ist nach § 25 I 2. Alt. StGB auch derjenige, der die Straftat „durch einen anderen“ begeht.<br />

Abstrakter Grundgedanke ist die Feststellung, dass es Konstellationen gibt, in denen jemand<br />

Herr des Geschehens ist, obwohl er die Tat nicht mit eigener Hand verwirklicht, sondern durch<br />

ein menschl. Werkzeug. Kennzeichnend für die mittelb. Täterschaft ist die aus tatsächl. oder<br />

rechtl. Gründen unterlegene Stellung des Tatmittlers und die überlegene, beherrschende Rolle<br />

des Hintermannes, der die Sachlage richtig erfasst und das Tatgeschehen kraft seines planvoll<br />

lenkenden Willens „in der Hand“ hat, so dass die Tat normativ als sein Werk erscheint.<br />

Dies ist typischerweise der Fall, wenn beim Tatmittler ein strafrechtlicher Defekt vorliegt und der<br />

Hintermann diesen maßgeblichen Umstand verursacht hat oder zumindest kennt und ausnützt.<br />

In Betracht kommt dies vor allem bei tatbestandslos handelndem Werkzeug (Handlung obj.<br />

nicht tb-mäßig oder ohne Vorsatz), bei rechtmäßig handelndem Werkzeug, schuldlos handelndem<br />

Werkzeug sowie bei der Instrumentalisierung des Opfers als Werkzeug gegen sich selbst.<br />

Aufgrund der limitierten Akzessorietät kommen bei einem schuldlos handelnden Tatmittler für<br />

den Hintermann auch Anstiftung oder Beihilfe in Betracht, denn diese erfordern nur eine vorsätzl.,<br />

rw, nicht notw. schuldhafte Haupttat. Es ist daher genau zu prüfen, ob der Hintermann<br />

2008 © RA Dr. Philipp Hammerich


<strong>Juristisches</strong> <strong>Repetitorium</strong> Seite 5<br />

<strong>hemmer</strong><br />

das Geschehen tatsächlich beherrscht, was zB bei (gerade noch) nicht strafmündigen Werkzeugen<br />

(§ 19 StGB) eher fraglich ist als beim Ausnutzen eines unvermeidb. Verbotsirrtums.<br />

Anmerkung: Bei Einbeziehung des Opfers als Werkzeug gegen sich selbst, kommt es entscheidend<br />

auf die Abgr. zur freiverantwortlichen Selbstgefährdung an. Der BGH differenziert im<br />

„Sirius-Fall“, in dem sich das Opfer weder in einem der von § 20 StGB erfassten Zustände<br />

noch in einer Notstandslage i.S. des § 35 StGB befindet, sondern durch Täuschung des Hintermannes<br />

zur Tat veranlasst wurde, nach „Art und Tragweite des Irrtums“ (BGHSt 32, 38/41f.).<br />

(P): Fälle des absichtslos und / oder qualifikationslos dolosen Werkzeugs<br />

Diskutiert wird eine normativ-psychologische Tatherrschaft, wenn eine Strafbarkeit des Werkzeugs<br />

am Fehlen einer besonderen Absicht oder einer strafbarkeitsbegründenden Qualifikation<br />

scheitert. Dies erscheint jedoch unzutreffend, da es nicht von den Besonderheiten einzelner<br />

BT-Tatbestände abhängen kann, ob jemand Täter ist oder nicht. Dies bestimmt sich allein nach<br />

den allgemeinen Grundsätzen zur Täterschaft. Gleichwohl entsteht damit gerade in den Fällen<br />

der echten Sonderdelikte eine Missbrauchs- und Umgehungsgefahr. Es drohen Strafbarkeitslücken,<br />

so dass insb. bei Amtsträgerdelikten eine solche Tatherrschaft bejaht wird.<br />

Anmerkung: Da die Drittzueignungsabsicht durch das 6. StrRG flächendeckend eingeführt<br />

wurde, ist die Figur des absichtslos (= keine Zueignungsabsicht) dolosen Werkzeugs kaum<br />

noch denkbar. Denkbar ist eine derartige Konstellation jedoch weiterhin bei § 288 StGB.<br />

1. Aufbau<br />

Dringend zu vermeiden sind abstrakte „Vorweg“-Erörterungen. Zu beginnen ist mit der Strafbarkeit<br />

Tatmittler. Meist verneint man diese aufgrund eines Defekts (Ausn.:volldeliktisch handelndes<br />

Werkzeug). Der Umstand der mittelb. T. ist dann in die Prüfung der TB-mäßigkeit des<br />

Hintermannes bei dem jeweiligen nicht eigenhändig verwirklichten Merkmal einzubauen.<br />

2. Schema<br />

A. Strafbarkeit des Tatmittlers ���� häufig (-) wg. Defekt<br />

B. Strafbarkeit des mittelbaren Täters<br />

I. Tatbestand<br />

1. obj. Tb.<br />

a) fehlende eigenhändige Verwirklichung<br />

b) Verwirklichung durch Tatmittler<br />

c) Willens- / Wissensherrschaft des Hintermannes<br />

Hervorrufen/Ausnutzen des Defekts beim Vordermann begr. die TH des Hintermannes.<br />

Dieser ist die Zentralgestalt, die das Geschehen obj. steuert. Bei volldeliktisch handelndem<br />

Werkzeug ist die psychisch-reale TH zu prüfen. Die TH begründet die Zurechnung<br />

2. Subj. Tb.<br />

a) Vorsatz bzgl. der Handlung des Tatmittlers<br />

b) Vorsatz bzgl. der eigenen Tatherrschaft<br />

�insb. Kenntnis des jew. Defekts bzw. der Umstände, die die überlegene Stellung des<br />

Hintermannes ggü dem Tatmittler begründen (bspw. bew. Herbeiführung e. Defekts)<br />

Tatherrschaftslehre: Bewusstsein der Tatherrschaft<br />

Animustheorie: Täterwille aufgrund einer Gesamtbewertung des Geschehens<br />

c) Vorliegen besonderer subjektiver Merkmale<br />

II. Rechtswidrigkeit, III. Schuld<br />

4. Error in persona beim Vordermann<br />

Die Behandlung dieser Irrtumsproblematik ist umstritten.<br />

2008 © RA Dr. Philipp Hammerich


<strong>Juristisches</strong> <strong>Repetitorium</strong> Seite 6<br />

<strong>hemmer</strong><br />

• Nach e.A. macht es keinen Unterschied, ob ein menschliches oder mechanisches Werkzeug<br />

fehlgeht. Der Vorsatz des Hintermannes sei in dem Moment, in dem die Tatherrschaft<br />

an den Tatmittler abgegeben wurde auf das gewünschte Opfer konkretisiert.<br />

� aberratio ictus (Strafbarkeit wegen Versuchs und Fahrlässigkeit)<br />

• Eine a. A. differenziert: Wurde die Individualisierung dem Tatmittler überlassen, sei der Irrtum<br />

unbeachtlich, da die Fehlerhaftigkeit der Opferauswahl das immanente Risiko der Verwendung<br />

eines menschlichen Werkzeugs sei. Fehlte hingegen eine Individualisierung, so<br />

sei die dann auftragswidrige Ausführung für den mittelbaren Täter eine aberratio ictus.<br />

5. Unmittelb.Ansetzen bei mittelbarer Täterschaft (���� s. Übersicht zum Versuch)<br />

6. Mittelbare Täterschaft bei volldeliktisch handelndem Werkzeug<br />

In Rspr./Lit. sind einige Fallgruppen entwickelt worden, bei deren Vorliegen eine mittelb.T. trotz<br />

volldeliktisch handelndem Werkzeug anerkannt wird. Man spricht insofern vom „Täter hinter<br />

dem Täter“. In diesen Fällen liegt kein strafrechtl. relevanter Mangel vor, so dass man eigentlich<br />

nicht von einem Defekt sprechen kann. Gleichwohl liegt auch in den unten aufgezählten<br />

Konstellationen ein Mangel im psychisch-realen Sinn vor, durch dessen Hervorrufen und/oder<br />

Ausnutzen beim Hintermann eine psychisch-reale Tatherrschaft über den gleichwohl volldeliktisch<br />

handelnden Vordermann begründet werden kann. Entscheidend ist wiederum, wer die<br />

Zentralgestalt des Geschehens ist. Als Fallgruppen sind zu nennen:<br />

• Ausnutzen eines graduellen Tatbestandsirrtums<br />

• Ausnutzen eines vermeidbaren Verbotsirrtums („Katzenkönig-Fall“, BGHSt 35, 347 ff.)<br />

Behandlung str., z.T. wird die Möglichkeit einer mittelbaren Täterschaft wegen der vollen<br />

deliktischen Verantwortung des Vordermannes stets verneint, da diese die Haftung des Hintermannes<br />

ausschließe (uneingeschränktes Verantwortungsprinzip). Dies überzeugt freilich<br />

nicht. Für die Möglichkeit mittelb. Täterschaft spricht aber, dass dem Tatmittler auch beim<br />

vermeidbaren Verbotsirrtum das Unrechtsbewusstsein fehlt. Ferner würde ansonsten die<br />

Strafbarkeit des Hintermanns von der Vermeidbarkeit des Irrtums beim Werkzeug abhängen.<br />

Wäre der Irrtum unvermeidbar, so wäre nämlich ein klassischer Defekt gegeben.<br />

• Hervorrufen und Ausnutzen eines error in persona („Opferfalle“)<br />

zT wird in dieser Fallgruppe nicht mittelb. T. angenommen, sondern Nebentäterschaft.<br />

• Ausnutzung hierarchischer Strukturen/organisierte Machtapparate<br />

Bei hierarchischen Strukturen mit strenger Über- und Unterordnung begründet das Ausnutzen<br />

der instrumentalisierten, regelhaften Abläufe mit ihrem In-Gang-Setzen die mittelbare<br />

Täterschaft der Hintermänner (sog. „Schreibtischtäter“). Die Struktur des Apparates garantiert<br />

den Vollzug des Befehls des Hintermannes. Der konkrete Befehlsausführer ist nur ein<br />

auswechselbares Rädchen im Getriebe, so dass bei seiner Weigerung ein anderer den Befehl<br />

ausführt. Diese Figur wird vom BGH bei der Bestrafung der Mitglieder des Politbüros<br />

des ZK der SED und des Nationalen Sicherheitsrates der DDR wegen der Todesschüsse<br />

an der Mauer verwendet (BGHSt 45, 270f. u. 40, 218f.; kritisch: Rotsch, NStZ 1998, 491f.).<br />

Eine Mittäterschaft kommt dagegen wegen der klaren Hierarchien nicht in Betracht. Es fehlt<br />

am gleichberechtigten Miteinander. Vielmehr beherrscht der Hintermann das Geschehen in<br />

diesen Fällen wesentlich stärker als in den anderen anerkannten Fällen.<br />

Anmerkung : zur mittelb. T. durch Unterlassen? (Politbüro II), BGHSt 48, 77<br />

In dieser Entscheidung hatte der BGH für die Tötungsfälle an der innerdeutschen Grenze eine<br />

mittelb. Täterschaft durch Unterlassen auch derjenigen Politbüromitglieder bejaht, welche erst<br />

2008 © RA Dr. Philipp Hammerich


<strong>Juristisches</strong> <strong>Repetitorium</strong> Seite 7<br />

<strong>hemmer</strong><br />

nach der Jahres-Beschlussfassung über die Fortgeltung des Grenzregimes („Schiessbefehl“)<br />

in das Gremium eintraten, aber während deren Mitgliedschaft die Tötungen erfolgten. Der BGH<br />

stützte sich dabei wie bei den Fällen des aktiven Tuns auf die „Verantwortungskette“, durch<br />

welche regelhafte Abläufe aufgrund der hierarchischen Organisationsstruktur in Gang gesetzt<br />

werden. Die Garantenstellung folgerte der BGH dabei aus der DDR-Verfassung und Internat.<br />

Erklärungen über die Menschenrechte. Von der hL wird eine solche mittelb. T.äterschaft durch<br />

Unterlassen abgelehnt, weil es an einem „Anstossen“ des Hintermanns und an der Steuerung<br />

des Vordermanns im Sinne einer Tatherrschaft fehlt. Der BGH hält dem entgegen, dass ein aktives<br />

Tun und eine entsprechende Kausalität bei der mittelbaren Täterschaft nicht zwingend zu<br />

fordern sei, vielmehr Unterlassen auch ausreichen könnte.<br />

Fraglich erscheint jedoch, ob diese Konstruktion der mittelb. T überhaupt erforderlich ist oder<br />

sich nicht ohnehin eine täterschaftliche Strafbarkeit aus Unterlassen ergibt. Ferner erscheint es<br />

problematisch, ob dem Einzelnen eine Erfolgsabwendung – etwa durch ein Hinwirken auf die<br />

Rücknahme des Beschlusses dem Einzelnen überhaupt möglich gewesen wäre. Der BGH beschränkte<br />

sich hier auf die Aussage, dass diese Mögl.keit zumind. nicht auszuschliessen sein.<br />

V. Teilnahme (Anstiftung und Teilnahme)<br />

Als nicht täterschaftliche Beteiligungsformen kommen Anstiftung oder Beihilfe in Betracht. Der<br />

Strafgrund der Teilnahme ist strittig. Dabei wird zum Teil eine reine Verursachungstheorie vertreten.<br />

Diese schafft ein selbständiges Teilnehmerdelikt, das seinen Unwertgehalt unmittelbar<br />

aus der verursachten Rechtsgutsverletzung bezieht.<br />

Die h.M. (Unrechtsteilnahmetheorie) sieht den Strafgrund der Teilnahme im Beitrag des Anstifters<br />

oder Gehilfen zur Verwirklichung des Unrechts der Haupttat.<br />

Bzgl. der Schuld ist jeder Beteiligte gem. § 29 StGB isoliert zu prüfen. Wesensmerkmal der<br />

Teilnahme ist damit nach hM der Grundsatz der limitierten Akzessorietät: Anstiftung und Beihilfe<br />

setzen eine vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat iSd § 11 Nr. 5 StGB voraus, jedoch keine schuldhafte.<br />

Anmerkung: Nicht mehr vertreten wird die SchuldteilnahmeT., nach der dem Teiln. vorgeworfen<br />

wird, den Täter in Schuld/Strafe zu führen. Sie widerspricht dem Gesetz, vgl.§ 29 StGB!<br />

Akzessorietätslockerungen/-durchbrechungen erfolgen ü/ § 28 StGB bei bes.pers.Merkmalen:<br />

§ 28 I bewirkt eine obligatorische Strafmilderung für den Teilnehmer, bei dem ein besonderes<br />

persönliches Merkmal gem. § 14 StGB fehlt, das die Strafbarkeit begründet<br />

� grundsätzlich wird der Teilnehmer aber wie der Täter bestraft<br />

§ 28 II besondere pers. Merkmale, die strafschärfend oder strafmildernd wirken, gelten nur für<br />

denjenigen, bei dem sie vorliegen. Es kommt zu einer „Tatbestandsverschiebung“<br />

���� Teilnehmer wird nach seinen „eigenen“ besonderen persönlichen Merkmalen bestraft<br />

Anmerkung: Dies ist äußerst problematisch bei den täterbezogenen Mordmerkmalen. Die<br />

Einordnung bei Abs. 1 bzw. Abs. 2 ist zwischen Rspr. und Lit. umstritten.<br />

Eine vors., rw Haupttat als Anknüpfungspunkt ist jedoch stets erf.. Die Haupttat muss deshalb<br />

das Stadium des strafb. Versuchs erreicht haben (Anstiftung zum Versuch). Teilnahme an<br />

fremder Fahrlässigkeit ist nicht möglich.<br />

Fehlt es an einer vorsätzlichen, rw Haupttat, so kommt die versuchte Anstiftung in Betracht. Die<br />

versuchte Anstiftung zu einem Verbrechen gem. § 30 I StGB ist streng zu trennen von der Anstiftung<br />

zum Versuch, welche nach § 26 StGB behandelt wird. Die versuchte Anstiftung zu einem<br />

Vergehen ist straflos (Ausn: §§ 111, 159 StGB). Versuchte Anstiftung zu einem Verbrechen<br />

gem. § 30 I StGB liegt immer dann vor, wenn die Anstiftung misslingt, also der Anzustiftende<br />

gar nicht ein Delikt begeht bzw. zu begehen versucht, wobei sich ein möglicher Rücktritt<br />

nach § 31 StGB regelt. Bei der Anstiftung zum Versuch gelingt hingegen die Anstiftung, jedoch<br />

bleibt die Haupttat im Stadium des strafbaren Versuchs stecken. In diesem Fall greift § 26<br />

StGB, da auch eine Versuchte Straftat eine vorsätzliche und rechtswidrige Straftat ist.<br />

2008 © RA Dr. Philipp Hammerich


<strong>Juristisches</strong> <strong>Repetitorium</strong> Seite 8<br />

<strong>hemmer</strong><br />

Die (vollendete) Beihilfe zu einer vers. Straftat ist gem. § 27 I StGB strafbar. Mangels eines §<br />

30 StGB entspr.TB ist die vers.Beihilfe stets straflos. Daraus lässt sich folgern, dass für § 30 II<br />

(„Verabredung zu einem Verbrechen“) ein täterschaftliche Beteiligung erforderlich ist. Beihilfe<br />

reicht gerade nicht aus, für eine Anstiftungshandlung gilt § 30 II.Sowohl bei der Anstiftung zum<br />

Vers., als auch bei der Beihilfe zum Vers. gelten die allg. Rücktrittsregeln des § 24 StGB.<br />

1. Anstiftung, § 26 StGB<br />

Die Anstiftung ist nun dadurch gekennzeichnet, dass der Teilnehmer den Haupttäter zu seiner<br />

Tat bestimmt. Der Teilnehmer weckt erst den Tatentschluss. Anstiftung zur Anstiftung ist nach<br />

h.M. (mittelbare) Anstiftung zur Haupttat. Beihilfe zur Anstiftung oder Anstiftung zur Beihilfe sind<br />

hingegen lediglich als Beihilfe zur Haupttat strafbar.<br />

Aufbau, § 26 StGB<br />

a) Tatbestand<br />

(1) obj. Tb.<br />

(a) Vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat<br />

(b) Bestimmen zur Haupttat (Anstifterhandlung): Hervorrufen des Tatentschlusses beim<br />

Haupttäter. Hieran fehlt es beim sog. omnimodo facturus, dem bereits zur Tat Entschlossenen.<br />

In Betracht kommt dann allein eine psychische Beihilfe.<br />

(2) subj. Tb.<br />

(a) Vorsatz bzgl. der Haupttat: muss gerichtet sein auf Ausführung und Vollendung einer in<br />

ihren wesentl. Grundzügen konkretisierten Tat durch einen bestimmten Täter oder einen individuell<br />

bestimmbaren Personenkreis.<br />

(b) Vorsatz bzgl. der Anstifterhandlung<br />

(c) ggf. § 28 I oder II<br />

b) Rechtswidrigkeit<br />

c) Schuld<br />

(P) Anstiftung durch agent provocateur (Lockspitzel der Polizei)<br />

Beim Lockspitzel als Anstifter entfällt idR die Strafbarkeit, da er kein Vorsatz auf Vollendung der<br />

Haupttat hat bzw. weil er keinen auf materielle Beendigung der Tat gerichteten Vorsatz hat.<br />

Zudem ist an Rechtfertigungsgründe wie Einwilligung oder mutmaßl. Einwilligung zu denken.<br />

Schwieriger zu beurteilen ist die Strafbarkeit des vom Lockspitzel Angestifteten. Seine Strafbarkeit<br />

bleibt durch den Lockspitzeleinsatz unbeeinflusst, wenn der Angestiftete in einem den<br />

§§ 152 II, 160 StPO vergleichbaren Grad verdächtig ist, an einer bereits begangenen Straftat<br />

beteiligt gewesen zu sein oder zu einer zukünftigen Straftat bereit zu sein. Anderenfalls liegt ein<br />

Verstoß gegen Art. 6 I EMRK vor, der zu einem schuldunabhängigen Strafmilderungsgrund von<br />

bes. Gewicht führt („Strafzumessungslösung“, BGHSt 45, 321,339). In der Lit. wird dem BGH<br />

z.T. gefolgt. Im Übrigen besteht Uneinigkeit (e.A.: Verfahrenshindernis wegen Verwirkung des<br />

staatlichen Strafanspruches, a.A.: Strafausschließungsgrund, a.A.: Beweisverwertungsverbot ).<br />

d) Anstiftung eines zur Grundtat Entschlossenen zur Qualifikation („Aufstiftung“)<br />

Nach Rspr. mögl. wegen des Entschluss zur Verwirkl. eines höheren Unrechtsgehalt, den der<br />

Anstifter durch seine Bestimmungshandlung hervorgerufen hat. Ferner kommt der Gedanke<br />

der erhöhten RG-gefährdung zum Tragen. Insofern ist Anstiftung mögl. Die h.L. bejaht eine<br />

Anstifterhandlung nur dann, wenn ein selbst. Strafrechtl.Unrecht geschaffen wird, da ansonsten<br />

kein aliud, sondern nur ein Mehr an Unrecht vorliegt und damit nur (psychische) Beihilfe.<br />

e)Error in persona beim Angestifteten(„Rose-Rosahl-Fall“)����Auswirkung auf Anstifter str.:<br />

• Preußische Obertribunal: error in persona auch beim Anstifter für unbeachtlich („Rose-<br />

Rosahl-Urteil“). Gemäß § 26 StGB wird der Anstifter „gleich einem Täter bestraft“.<br />

2008 © RA Dr. Philipp Hammerich


<strong>Juristisches</strong> <strong>Repetitorium</strong> Seite 9<br />

<strong>hemmer</strong><br />

• e.A.: aberratio ictus des Anstifters, da der Anstiftervorsatz auf eine bestimmte Tat gerichtet<br />

ist, welche der Haupttäter wegen seines Irrtums gerade nicht verwirklicht. Gegen den error<br />

in persona wird insb. das sog. „Gemetzelargument“ angeführt. Umstritten, ob der Anstifter –<br />

ggf. in Tateinheit mit fahrlässiger Tat – wegen Anstiftung zum Versuch (so die wohl hM oder<br />

wegen versuchter Anstiftung (§ 30 I StGB, nur bei Verbrechen!) bestraft wird.<br />

• vermittelnde Ansicht: es ist darauf abzustellen, ob der Anstifter dem Haupttäter die Individualisierung<br />

des Opfers überlassen hat (dann unbeachtl. error in persona, da sich dann das<br />

vom Anstifter zu verantwortende Irrtumsrisiko verwirklicht) oder nicht (dann aberratio ictus)<br />

• Nach der Rspr. des BGH (St 37, 214 ff. „Hoferbenfall“; NStZ 1998, 294 (295)) ist der Irrtum<br />

hingegen grds. unbeachtlich. Das Rechtsgut „Leben“ wird bereits mit der Einwirkung auf<br />

den Haupttäter unmittelbar angegriffen. Dies ist gerade das Wesen der Anstiftung. Auf einen<br />

späteren Irrtum bei der Ausführung kommt es nicht mehr an. Bei Verwechslung außerhalb<br />

jeder Lebenserfahrung kann aber ein beachtl. Irrtum über den Kausalverlauf vorliegen<br />

2. Beihilfe, § 27 StGB<br />

Der Gehilfe fördert lediglich die fremde Haupttat. Dabei kommt iRd § 27 StGB erfasst dabei<br />

jedwede Unterstützungshandlung in Betracht. Auch eine rein psychische Beihilfe durch Bestärkung<br />

des fremden Tatentschlusses ist ausreichend (dazu BGH, NStZ 2002, 139 f.). Hierauf ist<br />

insb. zu achten, wenn ein bereits zur Tat Entschlossener angestiftet werden soll.<br />

(P): Sukzessive Beteiligung und § 257 StGB<br />

Nach Rspr. ist eine Beihilfe auch sukzessiv zw. Vollendung und Beendigung mögl.. Die Abgr.<br />

zu § 257 StGB erfolgt danach, ob der Gehilfe mit der Absicht handelt, den Täter die Vorteile der<br />

Tat zu sichern (dann § 257, sonst sukz. Beihilfe). Dieser Auffassung begegnen dieselben Bedenken<br />

wie der sukz. Mittäterschaft. Ferner spricht dagegen die Existenz des § 257 StGB.<br />

(P): Kausalität der Beihilfehandlung<br />

Strittig ist ebenfalls, ob die Beihilfehandlung kausal für den Erfolg der Haupttat sein muss.<br />

Nach der Rspr. ist dies nicht erforderlich. Dadurch könnte § 27 StGB jedoch zu einem reinen<br />

Gefährdungsdelikt umfunktioniert werden. Deshalb wird teilw.zumind. eine Mitursächlichkeit gefordert.<br />

Auch nach Rspr. reicht aber eine bloße Unterstützungsabsicht des Gehilfen nicht aus.<br />

b) Aufbau § 27 StGB<br />

a) Tatbestand<br />

(1) obj. Tb.<br />

(a) Vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat<br />

(b) Beihilfehandlung: Jegliche Unterstützung der fremden Haupttat!<br />

(2) subj. Tb.<br />

(a) Vorsatz bzgl. Haupttat � gerichtet auf Ausführung und Vollendung der Haupttat. Opfer,<br />

Tatzeit oder nähere Details der konkr.Begehungsweise müssen dem Gehilfen nicht bekannt<br />

sein; ausr. ist, dass sein Vorstellungsbild den wesentl. Unrechtsgehalt der Haupttat erfasst.<br />

(b) Vorsatz bzgl. Beihilfehandlung<br />

(c) ggf. § 28 I oder II<br />

b) Rechtswidrigkeit, Schuld<br />

(P) Beihilfe durch neutrale bzw. sozialadäquate Handlungen<br />

Nach BGH verliert berufstypisches Verhalten seinen Alltagscharakter und bedeutet eine Solidarisierung<br />

mit dem Täter, wenn dessen Handeln nur auf das Begehen einer strafb.Handlung abzielt und der<br />

Fördernde dies weiß. Zur Begr. der Strafbarkeit wird Sozialadäquanz, erl.Risiko und der Grds. des<br />

Vertrauensschutzes gehandelt. IdR lassen sich diese Fälle schon über den nicht vorl. Vorsatz lösen.<br />

2008 © RA Dr. Philipp Hammerich

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