Das Prinzip Bart Simpson Fotografisches Um- und Weiterdenken ...
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Jens Ertelt / Jonathan Monk<br />
Welchen Weg sind wir<br />
gegangen?<br />
Die sechs Schritte des<br />
Unterrichtsprojektes<br />
Erster Schritt<br />
Benennen <strong>und</strong> diskutieren von Körperlichkeit:<br />
der Körper als Medium in der Kunst<br />
Als Einstieg wählte ich einige Arbeiten aus der frühen Phase der Konzeptkunst,<br />
die sich mit der Bedeutung des Körpers befassten. 10 Der erste Schritt<br />
war wiederum in zwei Experimente unterteilt.<br />
<strong>Das</strong> erste Experiment [M1] bestand aus einer einfachen Übung zur Körperwahrnehmung,<br />
in welcher zeichnerische Mittel zur Formulierung <strong>und</strong><br />
Benennung von körperlichen Sinneseindrücken erprobt wurden. Diese<br />
sollten in späteren Phasen als ergänzende Diskussionsgr<strong>und</strong>lage bei<br />
der Erforschung der Körpersprache von Stars dienen. Skizzen sollten die<br />
Formulierung <strong>und</strong> Präzisierung der gemachten Erfahrungen ermöglichen:<br />
Erfahrungen blieben nicht immateriell, sondern wurden in sichtbare Spuren<br />
<strong>und</strong> Ergebnisse übersetzt <strong>und</strong> waren mit konkreten Fragestellungen <strong>und</strong><br />
Problemen – hier mit der Frage nach der Zeichnung von Körperwahrnehmungen<br />
– verb<strong>und</strong>en. 11 Es war wichtig, zu erörtern, was eine Zeichnung<br />
in diesem Zusammenhang leisten kann <strong>und</strong> soll. Es ging nicht um eine<br />
exakte Darstellung des Körpers, sondern um eine möglichst spontane<br />
Schülerinnen der Offenen Schule Waldau im<br />
Unterricht von Jens Ertelt<br />
Formulierung. Nicht die Gegenstands-, sondern die<br />
Ausdrucksform sollte visualisiert werden. Viele Teilnehmerinnen<br />
hatten bereits aus dem Kunstunterricht<br />
an der Offenen Schule Waldau Erfahrungen<br />
mit dieser Form der Zeichnung. In der Praxis<br />
setzte ich Zeichenkohle <strong>und</strong> Bleistifte ein <strong>und</strong> gab<br />
einfache Anweisungen (schnelles, spontanes Erfassen<br />
von Sinneseindrücken, Radieren verboten! etc.).<br />
Im zweiten Experiment [M2] bedienten wir uns einer<br />
Schlüsselstrategie Jonathan Monks: Wir nutzten<br />
künstlerische Positionen zur Diskussion eigener Fragestellungen.<br />
In diesem Zusammenhang erprobten<br />
die Schülerinnen zwei Körperperformances von Bruce<br />
Nauman: Body Pressure (1974) <strong>und</strong> Untitled (Performance<br />
Project for Leverkusen) (1969). Die Performances<br />
standen den Gruppen als schriftliche, jedoch<br />
gekürzte <strong>und</strong> übersetzte Handlungsanweisungen zur<br />
Verfügung. Die Schülerinnen hatten die Aufgabe,<br />
ihre eigenen körperlichen Eindrücke während der<br />
Durchführung der Performances, ähnlich wie im<br />
ersten Experiment, zeichnerisch festzuhalten.<br />
Zweiter Schritt<br />
Erprobung der Fotografi e als Medium<br />
für die Behauptung von Realität<br />
In einem zweiten Schritt sollte das ›Täuschungspotenzial‹ von Fotografie<br />
genauer untersucht werden. Welche Möglichkeiten der Selbstinszenierung<br />
bietet uns das Medium? Die Auseinandersetzung mit medialen Inszenierungen<br />
von Stars im Vorfeld des Projektes hatte den Bef<strong>und</strong> ergeben, dass<br />
ein Großteil des vorgef<strong>und</strong>enen Materials fotografischer Natur ist. Seien<br />
es bewusste Inszenierungen (produzierte Wirklichkeiten), scheinbar ›zufällige‹<br />
Schnappschüsse (vorgef<strong>und</strong>ene Wirklichkeiten) oder kompromittierende<br />
Aufnahmen. 12 <strong>Das</strong> Medium Fotografie bot für die praktische<br />
Erprobung dieser Themen im Unterrichtsprojekt sowohl experimentellen<br />
Freiraum als auch Halt: Sie gab uns Gelegenheit, (Zwischen-) Resultate<br />
gemeinsam zu diskutieren.<br />
Zunächst untersuchten wir die Fotografie im Hinblick auf den Anspruch,<br />
die so genannte Realität im weitesten Sinne abzubilden. Die zentrale Frage,<br />
die uns im weiteren Verlauf dieses Schrittes leitete, war: Was muss ein<br />
Foto leisten, damit wir ihm glauben?<br />
»Die Fotografie ist der Ort, den ein Sender <strong>und</strong> Produzent, ein<br />
Fotograf <strong>und</strong> Macher benutzt, um sich selbst, einem Anderen,<br />
einer Zielgruppe oder Masse – als Empfänger etwas mitzuteilen.<br />
Der Sender hat mit seiner Botschaft dem Empfänger gegenüber<br />
immer eine bestimmte Intention, die seine Mitteilung jeweils<br />
einfärbt. Die fotografische Botschaft erfüllt mit ihrer Aussage,<br />
Wirkung <strong>und</strong> Bedeutung eine Funktion.« 13<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieser gemeinsam diskutierten Gedanken wurde ein<br />
drittes Experiment [M3] durchgeführt, in welchem die Schülerinnen<br />
aufgefordert waren, ›Beweisfotos‹ von verschiedenen Situationen, die sich<br />
an Naumans ›mentalen Übungen‹ orientierten, zu erstellen. Wir machten<br />
uns in der Gruppe Gedanken über die fotografischen Möglichkeiten, die<br />
uns die Kamera bietet. Die Tendenz zur inflationären Produktion von<br />
digitalem Bildmaterial sollte in diesem Experiment eingedämmt werden.<br />
10 Vgl. Fritzsche, Bettina: »Performative Annäherungen an<br />
Identität in der Fan-Kultur«, a.a.O., S. 208f.<br />
11 Vgl. Pazzini, Karl-Josef: »Kunst existiert nicht. Es sei denn<br />
als angewandte«, in: Thesis. Tatort Kunsterziehung, Nr. 2,<br />
2000, S. 8–17.<br />
12 Vgl. hierzu Balkenhol, Bernhard: Fotografie <strong>und</strong><br />
Wirklichkeit. Unveröffentlichtes Seminarskript,<br />
1990/2009, S. 1–4.<br />
13 Ebd., S. 2.<br />
Steckbrief Schule<br />
Schule<br />
Hessen, Offene Schule Waldau,<br />
Integrierte Gesamtschule der Sek<strong>und</strong>arstufe I<br />
Größe der Schule<br />
875 Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />
Klassenstufe<br />
8. Jahrgangsstufe<br />
Besonderheiten der Schule<br />
Versuchsschule des Landes Hessen<br />
Steckbrief Unterrichtseinheit<br />
Zeitlicher Rahmen<br />
Projektwoche Medien vom 22.–26. Juni 2009<br />
Gruppengröße<br />
12 Mädchen<br />
Thema<br />
Nutzung des Mediums Fotografie zur Diskussion<br />
von Idolen <strong>und</strong> Stars<br />
Orte<br />
Schule & Schulgelände