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1985 - Gen-ethischer Informationsdienst

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GEN-ETHISCHER INFORMATIONSDIENST<br />

Gesamtausgabe Nr. 0<br />

00.09<br />

Standpunkt<br />

Lesetip<br />

Eugenik weiterführt. Mit diesen Reproduktionstechniken werden Frauen noch mehr als bis-<br />

her der Kontrolle über ihren Körper beraubt: Ärzte als Reproduktionsingenieure werden ent-<br />

scheiden, welche Frauen überhaupt Kinder empfangen dürfen (nämlich weiße, heterosexuelle<br />

in den Industrieländern) und welche Frauen nicht. Und welche Kinder wir haben dürfen (,,ge-<br />

sunde", weiße, angepaßte Knaben) und welche nicht. Nach vorheriger Fruchtwasseranalyse<br />

(Amniozentese) werden heute schon in Indien und China weibliche Föten systematisch abge-<br />

trieben. Werden diese Reproduktionstechniken in der Dritten Welt bevölkerungspolitisch legi-<br />

timiert, so werden sie bei uns mit dem Recht ,,unfruchtbarer" Frauen auf ihr ,,eigenes" Kind<br />

gerechtfertigt. Bei all diesen Methoden geht es um eine umfassende Abwertung des weibli-<br />

chen Lebens überhaupt.<br />

Bereits heute werden bei weiblichen Nutztieren Reproduktionstechniken angewendet. Eine<br />

Welt, in der das Patriarchat diese Techniken zur Profitmaximierung auch bei Frauen einsetzt,<br />

ist greifbar nahe. Ebenso die Vision einer Welt, in der das Lebendige in seinem Wildwuchs<br />

nicht mehr geben wird - verwandelt in katastrophenanfällige lebende Maschinen der <strong>Gen</strong>-In-<br />

genieure. Nicht- menschliche Lebewesen wären zu Produktionsmaschinen, Frauen zu Gebär-<br />

rnaschinen abgewertet. Und sollten die Reproduktionsingenieure die künstliche Gebärmutter<br />

entwickeln, wären Frauen sogar völlig ersetzbar. Dann wäre der uralteTraum der Männer vom<br />

„Selbstgebären" Wirklichkeit, (00.0s)<br />

idd<br />

Der ehemalige Verfassungsrichter Professor Dr. Ernst Benda kann nach Analyse der Rechts-<br />

lage zu der Auffassung kommen, das Kindeswohl sei über alles zu stellen. Wenn ein Kind auf-<br />

grund fest definierter Unfähigkeiten der Mutter nicht ausgetragen werden kann, dürfen wohl-<br />

wollende Mietmütter helfen. Gynäkologen sind gerne bereit, mit einer biologistischen Argu-<br />

mentation Hilfestellung zu leisten. Äußerung von Professor Dr. Kurt Semm, Leiter der gynä-<br />

kologischen Abteilung der Kieler Universitäts-Frauenklinik: „Es ist letztlich die ureigenste<br />

Aufgabe einer Frau, ein Kind zu kriegen. Deswegen lebt eigentlich jede Frau, um die Rasse,<br />

die Art, jedenfalls den homo sapiens oder homo erectus zu bewahren. Das ist ihre ureigenste<br />

Aufgabe, alles andere was dazu kommt - Beruf oder sonst was - das ist sekundär. Die Urauf-<br />

gabe des Weibes ist schlichthin die Erhaltung der Rasse und Art. Wenn eine Frau dazu nicht fa-<br />

hig ist, dann ist eigentlich ihr ganzer Lebenszweck - vom biologischen her gesehen - unerfüllt.<br />

Demzufolge ist diese Nichtproduktion des Weibes pathologisch, und was pathologisch ist, ist<br />

gleichzeitig krankhaft. Ganz klare Definition." (Die Zeit 30.3.1983) (00.09)<br />

Im Februar erscheint bei rororo in der Reihe frau aktuell der Band „Retortenmütter, Frauen<br />

in den Labors der Menschenzüchter", herausgegeben von Rita Arditti, Renate Duelli Klein<br />

und Shelley Minden. In diesem Buch ist ein Beitrag von Susan Ince aufgenommen, der alsvor-<br />

abdruck am 25.1.85 in der Frankfurter Rundschau veröffentlicht wurde.<br />

Susan Ince hat sich in den USA als Mietmutter bei einer angeblich etablierten Agentur bewor-<br />

ben. Ihr Fazit: Eine Frau kann froh sein, unverletzt und lebend am Schluß ihr Geld zu bekom-<br />

men -bei einem Stundenlohn, der weniger als einen Dollar betragen kann.<br />

Schon die medizinischen und psychologischen Voruntersuchungen sind nach Susans Erfahrun-<br />

gen unzureichend. Wichtige Fragen werden nicht angesprochen, vor allem soll die Fügsamkeit<br />

der Frau gewährleistet sein. Mit Vertragsabschluß gibt sie ihre Selbstbestimmung auf und muß<br />

für Inseminationstermine, medizinische Kontrollen, psychologische Durchhaltetherapien und<br />

für nicht ungefährliche medizinische Eingriffe verfügbar sein. Wichtige Bereiche ihrer Lebens-<br />

äußerungen unterliegen der Kontrolle von Ärzten bis hin zu einer möglichen Aufgabe ihres<br />

Berufs. Die vorgeschriebene Amniozentese kann im Einzelfall eine Abtreibung aufzwingen,<br />

deren Kriterien sie nicht mitbestimmt. Die zugesicherte Anonymität erweist sich als ungewiß.<br />

Das Kind wird für den Vater hergestellt. Sein Bedürfnis, die patriarchalische Linie und Erb-

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