physiotherapie35Abb. 1 Motivierendes Wetttanzen. Das Computerprogramm Stepmania kann auch einEinzelner benutzen – aber zu zweit tanzen macht mehr Spaß. Die Übenden tanzen die an dieWand projizierten Schrittfolgen möglichst schnell nach. Zur Sicherheit können sie sich dabeian zwei Schlaufen festhalten.Abb. 2 Nur einer kann gewinnen. Schiedsrichtersind die Platten, auf denen die Senioren stehen.Über Sensoren erkennen sie das Tempo und dieFehltritte des Übenden.physiopraxis 10/11 Fotos: G. Pichierri, ETH Zürichren. Kognitive Ressourcen benötigen sie nach Ansicht der Forscherdafür nur wenig bis kaum [14]. Folglich nahm man lange Zeit an,dass ausschließlich orthopädische Krankheiten oder eine sinkendeSensorik eine erhöhte Gangvariabilität hervorrufen können.Untersuchungen mit älteren Menschen weisen jedoch daraufhin, dass das Sturzrisiko auch durch geminderte kognitive, alsopsychische und mentale Funktionen ansteigen kann [15]. Scheinbarsind für das Gehen neben motorischen und perzeptuellen zusätzlichkognitive Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit, Planung und Gedächtnisnötig [16]. Diese höheren kognitiven Prozesse, mit denen ein Menschsein Verhalten unter Berücksichtigung der Umweltbedingungensteuert, bezeichnet man als Exekutivfunktionen [17]. Erhalten dieExekutivfunktionen Informationen aus dem kortikalen sensorischenSystem, lösen sie eine angepasste Antwort aus. Dies tun sievor allem dann, wenn es nötig ist, eine automatische, routinierteBewegung zu korrigieren. Sie werden in dem Moment aktiv, wennsich die sensorischen Informationen verändern. Dies kann einplötzlich weicher statt harter Boden oder eine verminderte Perzeptionsein. Gerade bei altersbedingten Beeinträchtigungen sinddie Exekutivfunktionen wichtig, um die gelernten motorischenStrategien und dynamischen Programme anzupassen.Kognitiv-motorische Doppelaufgaben fördern die Gehirnleistung> Immer wenn der Mensch über Bewegung in und mit seinerUmwelt interagiert, nehmen seine Sensoren Reize auf und leitendiese zum Gehirn weiter, welches sie verarbeitet und beantwortet.Aus Tierexperimenten weiß man: Die Komplexität der Umgebung,in der man sich bewegt, bedingt, ob und in welchem Ausmaß sichNach dem Dual-Task-Training kann derÜbende seine Aufmerksamkeit mehr aufexterne Informationen lenken und schnellerauf Störeinflüsse reagieren.Nervenzellen im Gehirn entwickeln beziehungsweise anpassen [18](a „Taxonomie von Gentile“). Körperliche Aktivität – kardiovaskuläresund vor allem koordinatives Training – wirkt sich in jedemLebensalter positiv auf die kognitiven Gehirnfunktionen aus [6, 20].Sie verbessert die regionale Durchblutung und den biochemischenStoffwechsel im Gehirn. Bewegung in steigender Komplexität istwichtig für den plastischen, neuronalen Anpassungsprozess.Je nachdem, wie stark der Mensch sein Gehirn motorisch undkognitiv fordert, verbessert es sich funktionell-koordinativ undnimmt an strukturellem Volumen zu. Auch bis ins hohe Lebensalterkönnen sich neue Nervenzellen bilden [19]. In einer Studie verglichenBogdan Draganski und Kollegen die Gehirne von zwölfErwachsenen, die ein dreimonatiges Jongliertraining durchführten,mit einer Kontrollgruppe ohne Jongliertraining [10]. Mittels dreidimensionalerMagnetresonanztomografie stellten die Forscher fest,dass die graue Substanz im mittleren Temporallappen sowie im linkenposterioren, intraparietalen Sulcus der Probanden der erstenGruppe zugenommen hatte. Sie folgerten daraus, dass sensomotorischesTraining in Form von Doppelaufgaben die Hirnfunktionen