Fellfarben
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Fellfarben
Tüpfelung gibt es nicht nur beim Hund, auch andere Haustierarten
zeigen diese aparte Fellzeichnung: Bekannt sind etwa Apaloosa-
Pferde, aber auch Knabstruper und Noriker sowie das Vogesenrind
und das Zwergzebu.
Von Dr. med. vet.
Anna Laukner
Tupfen, Sprenkel & Co
Getupfte und geschimmelte Haarkleider
sind beim Hund weit verbreitet
und treten in allen möglichen Variationen
auf. Eines haben diese Zeichnungsmuster
gemeinsam: Sie sind nur
auf weissem Untergrund sichtbar. Das
heisst, ein Hund mit sichtbarer Tüpfelung
muss auch eine Weissscheckung
haben (mehr zur Weissscheckung im
SHM 9/09). In den unpigmentierten
(weissen) Bereichen zeigen sich dann
die farbigen Tupfen oder Sprenkel.
Natürlich kann auch ein voll pigmentierter
Hund den genetischen Faktor
für Tüpfelung oder Schimmelung (der
sich dominant vererbt) haben (und
weitervererben); nur wird man es einem
solchen Hund nicht ansehen, da
er sozusagen farbige Tupfen auf farbigem
Untergrund hat.
Zur Autorin
Dr. Anna Laukner studierte bis 1989 in München
Tiermedizin und promovierte über die Fellfarben
beim Hund – ein Thema, das sie bis heute
fasziniert und mit dem sie sich viel und gerne
auseinandersetzt.
Als praktizierende Tierärztin arbeitete sie schon
in Bayern, Stuttgart und auf Ibiza. Bereits während
des Studiums schrieb sie Beiträge für diverse Hundezeitschriften.
Mittlerweile hat sie viele Artikel und einige Fachbücher rund um Hunde
und Katzen verfasst. Sie arbeitet Teilzeit als Tierärztin und kastriert für
den Tierschutz streunende Katzen. Privat pendelt sie mit ihrer Familie
zwischen Deutschland und Ibiza. Für ihre andere Leidenschaft, das
Zeichnen, bleibt momentan leider kaum Zeit.
Das Tüpfelungsgen (T-Serie) Teil 11
Seine Fellzeichnung verlieh dem Luzerner
Laufhund den Beinamen «Blausprenkel».
Die Farbe der Tupfen entspricht immer
der genetischen «Grundfarbe»
des jeweiligen Hundes. Ein genetisch
schwarzer Hund hat also schwarze
Tupfen auf weissem Grund, ein
genetischer Black-and-Tan farbener
Hund hat am Rumpf schwarze Tupfen
und an Läufen, Brust, Fang, Kehle
und über den Augen rote oder gelbliche
Tupfen (besonders gut sieht man
dies etwa beim Tricolor English Setter).
Am ausgeprägtesten kommt die
Tüpfelung natürlich bei Hunden zur
Geltung, die eine sehr ausgedehnte
Weissscheckung haben. Beispiele
hierfür sind viele Englische Setter,
aber auch der Dalmatiner. Je weniger
ausgedehnt die Weissscheckung
ist, desto entsprechend weniger sieht
man von der Tüpfelung. Bei manchen
Foto: Jolanda Giger
Deutschen Vorstehhunden etwa kann
man nur an einem kleinen Brustfleck
des ansonsten einfarbigen Hundes
eine Schimmelung erkennen. Die
meisten getupften oder geschimmelten
Hunde haben neben ihren Tupfen
auch solide Farbplatten, sie sind
also Platten- oder Mantelschecken mit
einer zusätzlichen Tüpfelung (typisch
beim Cocker Spaniel, vielen Deutschen
Vorstehhunden und auch dem
Luzerner Laufhund und Niederlaufhund).
Besonders interessant ist, dass getüpfelte
und geschimmelte Hunde ohne
Tupfen geboren werden – sie sehen
in den ersten Lebenstagen aus wie
weiss gescheckte Hunde; die Tupfen
«erscheinen» erst im Laufe der ersten
Lebenswochen. Erfahrene Züchter
wissen, dass sie anhand der Ballen-
Foto: Pia Koster
Australian Cattle Dogs gehören zu den wenigen
geschimmelten Nicht- Jagdhunderassen.
Foto: Pia Koster
farbe erkennen, ob die Hunde weiss
gescheckt bleiben oder ob sie Tüpfelung
beziehungsweise Schimmelung
entwickeln: Gescheckte Welpen
haben rosa (also unpigmentierte)
Ballen, Welpen mit dem Tüpfelungsfaktor
haben dunkle (also voll oder
zumindest teilpigmentierte) Ballen.
Besonders bei Rassen, in denen sowohl
Schecken als auch Schimmel
auftreten, ist dies von Bedeutung
(etwa beim Cocker Spaniel oder beim
Deutsch Kurzhaar).
Vorkommen
Foto: Simone Zollinger
Kurz nach der Geburt sind die später getüpfelten
Bereiche noch weiss.
Foto: Simone Zollinger
Mit wenigen Wochen erscheinen die ersten
Tupfen.
Getupfte und gesprenkelte Haarkleider
sind vor allem bei Jagdhunderassen
verbreitet. Fast alle Britischen und
Kontinentalen Vorstehhunde gibt es
mit dieser Fellzeichnung, als besonders
typisches Beispiel möchte ich die
französische Braque du Bourbonnais
nennen. Auch Bracken und Laufhunde
sind häufig geschimmelt. Der französische
Bleu de Gascogne trägt die
Fellfarbe sogar im Namen, denn die
eng gemischten schwarzen und weissen
Haare erwecken tatsächlich den
Eindruck einer blauen Färbung. Auch
der Luzerner Laufhund wird als «Blausprenkel»
bezeichnet. Beim amerikanischen
Bluetick Coonhound ist der
Name ebenfalls Programm.
Neben den Jagdhunden gibt es nur
wenige Rassen, die eine ausgeprägte
Tüpfelung oder Schimmelung zeigen.
Ein Beispiel ist der Australian Cattle
Dog. Interessant ist, dass man den
Dalmatiner unter seinen Ahnen vermutet
– dies könnte ein Hinweis darauf
sein, woher der Cattle Dog seine
für Treibhunde so untypische Zeichnung
hat.
Bei manchen Rassen treten immer
wieder Tupfen oder Sprenkel in den
weissen Körperbereichen auf, die in
der Regel unerwünscht sind und laut
Rassestandard als Fehler angesehen
oder herausgezüchtet werden sollen,
wie etwa beim Bernhardiner und
Landseer.
Genetik
Die molekulargenetischen Grundlagen
für Tüpfelung und Schimmelung
sind bislang noch nicht eindeutig
geklärt, obwohl derzeit mehrere Forscherteams
daran arbeiten. Man weiss,
dass die Tüpfelung dominant über die
Nicht-Tüpfelung ist – recht viel mehr
aber nicht. Die grosse Variation innerhalb
der Tüpfelung und der Schimmelung
legte schon früher die Vermutung
nahe, dass mehr als ein Faktor
dafür zuständig sein muss. So vermutet
man zumindest einen Faktor T für
Tüpfelung (und den entsprechenden
Faktor t für Nicht-Tüpfelung) sowie
einen Faktor R für Schimmelung (mit
dem Faktor r für Nicht-Schimmelung).
Unter Tüpfelung versteht man mehr
oder weniger eindeutig voneinander
abgegrenzte Tupfen, bei der Schimmelung
überzieht ein feines Muster
aus kleinsten Sprenkeln das Fell des
Hundes. Es erweckt mitunter den
Eindruck, als seien pigmentierte und
unpigmentierte Haare miteinander
vermischt. Der Felltyp des Hundes
spielt übrigens für den optischen Eindruck
eine grosse Rolle: Beim langhaarigen
Cocker und English Setter
handelt es sich um eine Tüpfelung,
nicht um eine Schimmelung (obwohl
man beim Cocker offiziell von Blauschimmel,
Orangeschimmel, Braunschimmel
spricht). Durch die langen
Haare wirken die Tupfen verwischt
und es entsteht mitunter der optische
Eindruck einer tatsächlichen Schimmelung
(daher wahrscheinlich auch
die Bezeichnung).
Die Übergänge sind durchaus fliessend,
es gibt Tupfen und Sprenkel
in jeglicher Grösse und Dichte, man
sieht oft auch Tupfen und Sprenkel
auf dem gleichen Hund. Es gibt
Deutsch Kurzhaar mit vereinzelten,
deutlich voneinander abgegrenzten
Sprenkeln (die man rein optisch eher
als getüpfelt ansprechen würde) und
es gibt Dalmatiner mit sehr kleinen,
dicht gesetzten Tupfen. Wahrscheinlich
wird man auf die Ergebnisse der
Molekulargenetiker warten müssen,
um die Beziehung zwischen Tüpfelung
und Schimmelung endgültig klären
zu können.
Fellfarben
Dieser Deutsch
Kurzhaar zeigt eine
für seine Rasse eher
seltene Tüpfelzeichnung.
So könnte
der «fliessende
Übergang» zwischen
Tüpfelung und
Schimmelung aussehen
(«Drago vom
Werratal»).
Foto: Julia Weber
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Ein seltener Anblick:
Dieser Dalmatiner-
Mix hat gestromte
Tupfen.
Viele Vorstehhundrassen
zeigen eine dichte
Sprenkelung, die
so genannte Schimmelung
(Deutsch
Kurzhaar-Welpen).
Je ausgedehnter die
zugrunde liegende
Weissscheckung,
desto deutlicher
erkennbar ist auch
die Tüpfelung/Schimmelung.
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Foto: Martina Czolgoszewski
Verwechslungs-
möglichkeiten
Verwechslungsmöglichkeiten bestehen
unter Umständen zu bestimmten
Merle-Zeichnungen (mehr zu Merle
im SHM 7/09). Vor allem bei der Deutschen
Dogge gibt es den Harlekin-
Farbschlag mit schwarzen Flecken auf
weissem Grund. Früher dachte man,
diese Zeichnung sei identisch mit der
Fellzeichnung des Dalmatiners – heute
weiss man, dass dem nicht so ist.
Eine sehr dichte Schimmelung kann
unter Umständen mit einem graumelierten
Fell verwechselt werden (wie
es etwa die Pfeffer-Salz-Schnauzer
zeigen). Vor allem bei rau- oder langhaarigen
Hunden besteht diese Verwechslungsmöglichkeit,
da hierdurch
die Zeichnung nicht klar zu sehen ist,
sondern durch die Fellstruktur gewissermassen
verwischt.
Historisches
Beschrieben wurde die Tüpfelung
beim Hund bereits recht früh, und
zwar ab 1914 von verschiedenen
Wissenschaftlern. Bald begann man,
die Tüpfelung (englisch ticking) von
der Schimmelung (engllisch roaning)
zu unterscheiden. Dabei stellt die
Tüpfelung voneinander abgegrenzte
Tupfen oder Tüpfelchen dar (wie
man sie etwa beim Englischen Setter
sieht, besonders gut am Kopf und an
den Läufen zu erkennen); die Schimmelung
hingegen besteht aus ganz
dicht gesetzten feinen Sprenkeln (typisch
etwa beim Deutsch Kurzhaar).
Von vielen Forschern wurden zwei
verschiedene Genorte postuliert: einer
für Tüpfelung (mit T wie Ticking bezeichnet;
eine frühere Benennung mit
S wie Speckled (englisch für gefleckt)
konnte sich nicht durchsetzen) und
ein anderer für Schimmelung (mit R
wie Roaning bezeichnet).
Clarence C. Little, der Autor eines
Standardwerks über die Fellfarben
beim Hund aus dem Jahr 1957, wies
schon vor über 50 Jahren darauf hin,
dass die Übergänge zwischen dem
«Ticking» der Setter, Pointer und Spani-
Foto: Jolanda Giger
el und dem «Roaning» der Deutschen
Vorstehhunde fliessend sind, ausserdem
wies er nach, dass auch die Dalmatiner-Tupfen
durch den Ticking-
Faktor bedingt werden.
Dalmatiner
Der Dalmatiner nimmt eine Sonderstellung
innerhalb der getüpfelten Hunde
ein. Keine andere Rasse hat diese
grossen, runden und klar voneinander
abgegrenzten Tupfen (man nennt das
Dalmatiner-Muster auch Pardelung).
Man geht davon aus, dass diese Zeichnung
durch gezielte Selektion aus der
«Durchschnitts»-Tüpfelung entstanden
ist. Bei zahlreichen Jagdhunden erkennt
man bereits einen Ansatz zu
einzelnen, klar abgegrenzten Tupfen
und es erscheint gut vorstellbar, dass
aus solchen Hunden mittels gezielter
Zuchtwahl sich das Dalmatiner-Muster
entwickeln konnte.
Zu diesen Thema bereits im,
SHM erschienen:
Fellfarben – Fehlfarben,
Teil 1, SHM 9/06
Fellfarben – Fehlfarben,
Teil 2, SHM 1/07
Fellfarben – Fehlfarben,
Teil 3, SHM 2/07
Fellfarben – Fehlfarben,
Zusammenfassung, SHM 8/08
Fellfarben beim Hund,
Grundlagen Teil 1, SHM 9/08
Die Wildfarbigkeitsserie, SHM
1/09
Der Braun-Locus, SHM 2/09
Der C-Lokus, SHM 3/09
Der D-Lokus, SHM 4/09
Der E-Lokus, SHM 5/09
Der K-Lokus, SHM 6/09
Der M-Lokus, SHM 7/09
Der G-Lokus, SHM 8/09
Das Scheckungsgen, SHM 9/09
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