Gesellschafts- politische Kommentare - Leo Schütze Gmbh
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gpk SONDERAUSGABE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 2/08 – März 2008 – Seite 28<br />
Stephan F. Kraft,<br />
NAV-Wirchow-Bund<br />
Die Referate der Veranstaltung und die Diskussionen<br />
haben gezeigt, wie vielschichtig und komplex das<br />
Thema „Wettbewerb im Gesundheitswesen“ ist, und<br />
dabei verschiedene Ansätze zur Gestaltung des Gesundheitsmarktes<br />
vorgestellt.<br />
Dabei wurde klar, dass insbesondere Transparenz<br />
und der ehrliche Wille zu Reformen – auch gegenüber<br />
den Versicherten – zur Überwindung des gegenwärtigen<br />
Dilemmas im deutschen Gesundheitswesen beitragen<br />
können und müssen. Wettbewerb hat es aus<br />
meiner Sicht im Gesundheitswesen schon immer ge-<br />
Dr. Thomas Kriedel,<br />
Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe<br />
Der Wettbewerb im Gesundheitswesen kann nicht wie<br />
auf einem (idealen) Gütermarkt funktionieren, weil<br />
der Patient<br />
● nicht den Behandlungspreis zahlt (Versicherung)<br />
und<br />
● nicht das „Behandlungsgut“ auswählt, sondern der<br />
Arzt.<br />
Andererseits wird der Gesunde nur auf den Versicherungspreis<br />
achten und damit qualitativ bessere Angebote<br />
im Markt verhindern. Wettbewerb ist damit allenfalls<br />
auf engen Teilmärkten möglich. Dadurch entsteht<br />
die Gefahr einer Suboptimierung. In der GKV beschränkt<br />
sich der Wettbewerbsparameter des Versi-<br />
Harald Kuhne,<br />
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWT)<br />
Wettbewerb im Gesundheitswesen wird im <strong>politische</strong>n<br />
Raum von fast allen Seiten für sinnvoll erachtet. Die<br />
Unterschiede in den Positionen verschiedener Akteure<br />
lassen sich vielfach darauf zurückführen, ob Wettbewerb<br />
als Mittel oder als Ziel betrachtet wird.<br />
Das Gesundheitssystem hat sich in den letzten zehn<br />
Jahren deutlich in Richtung Wettbewerb entwickelt.<br />
● Startschuss war 1996 das Ende des Zuweisungssystems<br />
bei den Krankenkassen verbunden mit<br />
der Freiheit der Versicherten zur Wahl ihrer Krankenkasse.<br />
● Herausragend war ferner die Einführung des Fallpauschalensystems<br />
bei den stationären Leistungen.<br />
Dieser Schritt hat enorme Kräfte freigesetzt.<br />
Die bundesweite konsequente Anwendung des<br />
geben und sollte es auch weiter geben. Eine rein<br />
marktwirtschaftliche Orientierung dieses Wettbewerbes<br />
kann aber aus den besonderen ethischen und<br />
sozialen Anspekten, denen dieser Markt unterliegt,<br />
nicht verantwortet werden.<br />
Daher ist eine Regulierung zwingend erforderlich. Insbesondere<br />
aus ärztlicher Sicht ist jedoch zu betonen,<br />
dass die Instrumente der Regulierung keine der am<br />
Wettbewerb beteiligten Gruppen einseitig benachteiligen<br />
darf. Denn so würde aus einem regulierten Wettbewerb<br />
– Staatsmedizin!<br />
cherten auf die Auswahl einer Krankenkasse mit einer<br />
günstigen Prämie. Die Leistungsfähigkeit spielt kaum<br />
eine Rolle. Warum soll der Gesunde z.B. teure Diabetiker-Programme<br />
mitfinanzieren?<br />
Erst wenn wirkliche Leistungsunterschiede bei den<br />
Krankenkassen mit höherer Eigenverantwortung<br />
sichtbar werden, kann diese Auswahl rational erfolgen.<br />
Damit wird Wettbewerb aber allein zum Leistungs-<br />
und Qualitätswettbewerb bei fixen Preisen.<br />
Der Versicherte/Patient kann sonst rational nur ein<br />
besseres Leistungsangebot bei fixen Prämien oder<br />
bei fixen Leistungen (GKV-Vorgabe) den günstigsten<br />
Preis wählen. Damit bleibt Wettbewerb rudimentär.<br />
Systems (Ende der Konvergenzphase) wird die<br />
Entwicklung in diesem Bereich beschleunigen.<br />
● Das Festhalten an der Investitionsfinanzierung<br />
durch die Bundesländer verhindert eine freie wirtschaftliche<br />
Entwicklung. Aber die duale Finanzierung<br />
im Krankenhausbereich erodiert unaufhaltsam.<br />
● Elemente für mehr Eigenverantwortung der Patienten<br />
wie die Praxisgebühr waren und sind psychologisch<br />
wichtig; ihre Steuerungswirkung verblasst<br />
allerdings.<br />
● Die entsprechende Anwendung des Wettbewerbsund<br />
Kartellrechts im Gesundheitswesen ist noch<br />
stockend. Die Erfahrung aus anderen Wirtschaftsbereichen<br />
sollte genutzt werden.