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Gesellschafts- politische Kommentare - Leo Schütze Gmbh

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gpk SONDERAUSGABE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 2/08 – März 2008 – Seite 32<br />

Wettbewerb ist nicht Anarchie<br />

Auch im Gesundheitswesen würde Wettbewerb zu besseren Ergebnissen führen<br />

Von Wulff-Erik von Borcke<br />

Fortsetzung von der vorigen Seite<br />

Wo in dieser Gemengelage mit dem Instrument „Wettbewerb“<br />

ansetzen? Wahrscheinlich würde diese Frage<br />

gar nicht auf der Agenda stehen, wenn der Konflikt<br />

zwischen Fiskalpolitik und (Gesundheits-)Marktdynamik<br />

nicht immer brisanter würde. So tritt „Wettbewerb“<br />

zwar als die Zukunftsformel schlechthin auf.<br />

Aber jeder Systemteilnehmer versucht gleichzeitig,<br />

die historisch gewachsene Struktur zu verteidigen.<br />

Der Status quo wird so festgeschrieben.<br />

Nicht jeder Einwand stimmt<br />

Bei genauem Hinsehen allerdings erledigen sich einige<br />

der zentralen Einwände von selbst: So ist der<br />

„ideale Wettbewerb“, in dem Nachfrage- und Angebotsseite<br />

z.B. über die gleiche Marktmacht, den gleichen<br />

Informationsstand, über in gleicher Zeit zu realisierende<br />

Alternativen verfügen, in kaum einem<br />

Marktsegment gegeben. Warum wird er dann im komplexen<br />

Gesundheitsmarkt zur Messlatte gemacht? So<br />

ist das Produkt, das Versicherungen anbieten, nahezu<br />

immer „ökonomische Sicherheit“. Warum machen<br />

wir die Krankenversicherungen immer mehr zu Serviceunternehmen<br />

für die Krankenbehandlung?<br />

So sind dezentrale Entscheidungen und ihr Ringen<br />

um die bessere Lösung die bewährtesten Triebkräfte<br />

für den Fortschritt. Warum meint man, das äußerst<br />

dynamische (und gewünschte) Innovationsgeschehen<br />

im Gesundheitsmarkt ausgerechnet in den Händen<br />

eines Zentralinstituts monopolisieren zu müssen,<br />

das eigens dafür geschaffen wurde, den budgetären<br />

Status quo zu sichern, und das deshalb dem Neuen<br />

mit gebührlicher Abwehrhaltung zu begegnen hat? So<br />

braucht man auch im Gesundheitsmarkt den kompetenten<br />

„Kunden“. Warum werden nicht die Positionen<br />

der Versicherten und Patienten wirklich gestärkt – und<br />

damit auch die Rollen von Ärzten und Krankenkassen<br />

besser justiert.<br />

Damit verlöre der Sozialstaat keineswegs seine Ansprüche.<br />

Diese können durchaus auch in einem wettbewerblich<br />

geprägten System zur Geltung kommen:<br />

z. B. durch generelle Versicherungspflicht, soziale<br />

Umverteilung über das Steuerbudget, staatlich geför-<br />

derte Sicherstellung usw. Sicherlich müssten auch<br />

Verantwortlichkeiten neu verteilt werden, müssten<br />

Leistungs- und Qualitätstransparenz geschaffen und<br />

institutionalisiert werden, müssten Kosten/Nutzen-<br />

Vergleiche ermöglicht werden.<br />

Wettbewerb braucht Alternativen auf Anbieter- und<br />

Nachfragerseite, braucht Freiheiten bei der Kaufentscheidung<br />

sowie bei der Produkt- und Preisgestaltung,<br />

braucht Transparenz und Kompetenz. Für den<br />

forschenden Arzneimittelhersteller ist der Wettbewerb<br />

um die bessere Innovation und mit dem preiswerten<br />

Generikum harter Alltag.<br />

Er hat auch nichts gegen einen Vertragswettbewerb<br />

gegenüber den Kassen – soweit diese keine Marktbeherrschung<br />

ausspielen können. Damit werden auch in<br />

den Unternehmen Überlegungen angestoßen, ihre<br />

Rolle im Gesundheitsmarkt zu überprüfen.<br />

Neues Selbstverständnis auch für Pharma<br />

Wenn z.B. Abbott sich dem Leitspruch „turning science<br />

into care“ verpflichtet, dann zeigt das die Abkehr<br />

vom klassischen Selbstverständnis der Pharma als<br />

bloßer Lieferant des (formulierten) Wirkstoffes hin zu<br />

einem Selbstverständnis des Unternehmens, das seine<br />

Leistung vom Forschungslabor bis in die besondere<br />

Bedürfniswelt des Patienten hinein definiert.<br />

Auch Abbott muss sich mit seiner Produktpalette aus<br />

Arzneimitteln, Diagnostika und medizinischer Nahrung<br />

permanent dem Wettbewerb stellen. Das ist richtig<br />

so, weil es erwiesenermaßen die besten Ergebnisse<br />

für den Patienten bringt.<br />

Umso unverständlicher ist, dass wir immer noch nicht<br />

bereit sind, auch andere Leistungsbereiche, Regeln<br />

und Prozesse konsequent auf den Prüfstand der<br />

Wettbewerbstauglichkeit zu stellen. Das ist auch der<br />

Grund, weshalb Abbott als traditionell eher zurückhaltendes<br />

Unternehmen, sich aktiv an der Diskussion zu<br />

diesem Thema beteiligt.<br />

Denn generell gilt: Wirklicher Wettbewerb ist nicht<br />

anarchisch, sondern dynamisch und er schafft das<br />

Bessere.<br />

© gpk

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