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Richter final

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Vorgänger Campagnoli , Matthäi , David verwiesen. Als Orchestergeiger<br />

aber war Röntgen in der Schulung Davids aufgewachsen; er<br />

hatte immer mit diesem und Dreyschock zusammen am ersten Pult<br />

gespielt, und sosehr er sich auch seinem alten Lehrer untergeordnet<br />

hatte, sosehr verstand er es doch, als er an der Spitze des Orchesters<br />

stand, einen hohen Grad von Selbständigkeit und Energie zu entwikkeln,<br />

ohne dabei jemals mit dem Dirigenten in Konflikt zu kommen,<br />

dem er sich jederzeit bescheiden unterordnete. Seine Autorität dem<br />

Orchester gegenüber, das seine musikalischen Fähigkeiten während<br />

seiner langen Wirksamkeit an Davids Seite kennengelernt hatte, war<br />

unbestritten, und das trotz seines schroffen Wesens, das sich indessen<br />

nur äußerlich kundgab, denn im Grunde seines Herzens war er ein<br />

braver Mann. Die Welt indessen urteilt nur nach Äußerlichkeiten:<br />

Ihr ist eine Persönlichkeit, die fortwährend lächelt und für jeden ein<br />

freundliches Wort hat, lieber als eine, die es mit ihren Pflichten ernst<br />

nimmt und dabei, was der Welt besonders mißfällt, ernst oder gar<br />

finster dreinschaut.<br />

Ordneten sich somit die Verhältnisse nach dieser Seite hin friedlich,<br />

so führten sie leider am Konservatorium mit dem Direktor<br />

Schleinitz zum Konflikt und damit zum Abgang Röntgens vom<br />

Institut, an dem er seit 1857 gewirkt hatte. Indessen, mag auch<br />

Rönt gen sachlich vollkommen im Recht gewesen sein, er befolgte in<br />

seinen Verhandlungen mit Schleinitz nur die erste Hälfte der alten<br />

Römischen Weisheitsregel: fortiter in re, suaviter in modo. 73 Das war<br />

einem Diplomaten wie Schleinitz gegenüber nicht das richtige Verfahren.<br />

Worum es sich eigentlich handelte, ist mir nie ganz klar geworden.<br />

Es scheint, daß Röntgen in bezug auf den Violinunterricht<br />

andere Ansichten hatte als der 1874 als zweiter Konzertmeister und<br />

zugleich als Lehrer am Konservatorium angestellte Schradieck , der<br />

seinen Äußerungen zufolge kein Bewunderer der Methode Davids ,<br />

dessen Schüler er doch übrigens auch gewesen war, gewesen zu sein<br />

scheint. Röntgen bestand daher darauf, daß in Zukunft nicht mehr<br />

zwei Lehrer denselben Schüler in demselben Fache unterrichten, ein<br />

an sich gewiß ganz vernünftiges Verlangen. Das Zweilehrersystem<br />

war aber eine Lieblingsidee von Schleinitz , von der er niemals abzubringen<br />

gewesen ist. Die Verhandlungen resp. Besänftigungsversuche<br />

scheinen sich lange hingezogen zu haben, bis eben, wie angedeutet,<br />

Röntgen schroffe Saiten aufzog, die dann zum Bruche führten.<br />

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