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Richter final

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Dabei wurde nun allerhand gemunkelt, was mit der Angelegenheit<br />

wenig oder nichts zu tun hatte. So wurde von einigen Lehrern,<br />

unter denen sich schon damals eine erbitterte Stimmung gegen<br />

Schleinitz zu regen begann, die dann etwa fünf oder sechs Jahre<br />

später zu vollem Ausbruch kam, behauptet, daß Schleinitz die Stellung<br />

als Direktor des Konservatoriums usurpiert habe und daß diese<br />

eigent lich statutengemäß Reinecke als dem Kapellmeister der Gewandhauskonzerte<br />

zukäme. Dies ist insofern nicht recht einzusehen,<br />

als es auch später einen eigentlichen artistischen Direktor des Instituts<br />

nie gegeben hat. Nikisch war zwar eine Zeitlang sogenannter<br />

Studienleiter, hat aber das Amt bald aufgegeben. Doch ist es möglich,<br />

daß man die Statuten nach Schleinitz ’ Tode geändert hat, wozu ja die<br />

Herren nur zusammenzutreten und ihre Entschlüsse dem König oder<br />

dem Ministerium vorzulegen brauchten, deren Zustimmung wohl<br />

kaum verweigert worden wäre, zumal ein besonderes Interesse an<br />

dem Institut, trotzdem es sich später »königlich« nannte, von Seiten<br />

des Ministeriums, damals wenigstens, soviel ich weiß, nie bekundet<br />

worden ist.<br />

Es ist schade, daß der Konflikt damals nicht beigelegt worden ist.<br />

Das Konservatorium verlor an Röntgen eine tüchtige pädagogische<br />

Kraft, was um so mehr ins Gewicht fiel, als Schradieck zwar ein bedeutender<br />

Virtuose war, von dessen Leistungen auf dem Gebiet des<br />

Unterrichts man jedoch noch nichts wußte. Im Orchester, und zwar<br />

sowohl im Theater als im Gewandhaus – vom Quartettspiel hatte er<br />

sich schließlich zurückgezogen – ist aber Röntgen auch weiter unermüdlich<br />

bis zu seinem Tode tätig gewesen, und noch ganz kurz<br />

vor demselben, nachdem er eben scheinbar von schwerer Krankheit<br />

genesen, spielte er das Solo im Benedictus der Missa solemnis von<br />

Beethoven – die in Orchester- und Chorwerken vorkommenden Soli<br />

ließ er sich ebensowenig wie David nehmen – mit sehr schwachem<br />

Ton allerdings, ein ermüdeter Mann, dessen nahes Ende vorauszusehen<br />

war. Der treffliche Mann hätte sich längst pensionieren lassen<br />

können, zumal er als sehr wohlhabend galt, aber es scheint, daß die<br />

Musik es ihm angetan hatte und er wie manch anderer sich nicht<br />

von ihr zu trennen vermochte. Der Beamte oder der sonst im bürgerlichen<br />

Leben Angestellte ist sonst meist froh, wenn er dies Ziel erreicht<br />

hat, der wahre Künstler bleibt Künstler bis zum letzten Hauch.<br />

Ein Mann wie Rossini , der nach beispiellosen Erfolgen im kräftigsten<br />

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