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30 Erfassen und Bewerten von visuellen Organbefunden in der Otorhinolaryngologie Von der Entstehungsweise, Art, Dauer und Ausmaß der Pilzinfektion hängt das klinische Erscheinungsbild ab: Stadium 1 Die ersten Pilzplaques sind sehr oft im Bereich des hinteren oberen Trommelfellrahmens zu beobachten. Hier entstehen die häufigen Epithelläsionen durch allzu drastisches Selbstreinigen. Der Pilz siedelt sich in Form von umschriebenen Drüsen an. Otoskopisch findet sich das Bild einer Myringitis granularis (Abb. 1.45a). Stadium 2 Trockene, weißlich-graue, manchmal auch braune Pilzbeläge breiten sich vom Trommelfellrahmen fahnenartig auf den oberen Gehörgang meatuswärts aus. Watteähnliche Auflagerungen mit deutlich sichtbaren Hyphen bedecken bei einem weiteren Wachstum die vorher noch flachen Pilzbeläge (Abb. 1.45b). Abb. 1.45a Stadium 1 Abb. 1.45c Stadium 3 Breitet sich die Infektion mehr in Richtung Trommelfell aus, so kommt es hier zu Epithelläsionen mit Granulations- und Polypenbildung (granulierende Myringitis). Auch das Übergreifen der Pilzinfektion auf die Ohrmuschelhaut ist in seltenen Fällen möglich. Stadium 3 Feuchte, grau-bräunliche Myzelmatten führen zu einer Mazerierung der Epidermis, die Gehörgangshaut erscheint verschwollen (Abb. 1.45c). Abb. 1.45b Stadium 2 Abb. 1.45d Stadium 4 Stadium 4 Pilzmatten, bestehend aus dichten Massen von Hyphen und Sporen, obturieren den Gehörgang. Es beginnt eine seröse, manchmal auch blutig-eitrige Sekretion (Abb. 1.45d). Die Leitsymptome einer Ohrmykose sind typischerweise: ■ Juckreiz mit einem überlagerten „Kratzbedürfnis“ ■ Sekretion ■ „Watte“gefühl besonders beim Bewegen des Unterkiefers, Hörstörung ■ Ohrensausen durch Obstruktion ■ Schmerzen sind eher selten und deuten dabei auf eine bakterielle Superinfektion hin.
Erfassen und Bewerten von visuellen Organbefunden in der Otorhinolaryngologie 31 Einleitung: Heiko Birke Bei akuten und chronischen Entzündungen weisen die typischen Leitsymptome den Weg zur Diagnose. Der diagnostische Blick wird durch häufige Krankheitsbilder schnell geschult, während seltene Befunde leicht übersehen oder fehlgedeutet werden können. Deshalb ist es für den wenig erfahrenen Kollegen, der sich am Anfang seiner Ausbildung befindet, zunächst wichtig, sich die Bandbreite der Normalbefunde einzuprägen. Nur so wird er durch dezente Abweichungen vom Normalbefund, welche bei der traditionellen Spiegeluntersuchung auffallen, sensibilisiert und hat nun die Möglichkeit durch den Einsatz von starren und flexiblen Endoskopen sowie dem Mikroskop eine weitere Differenzierung vorzunehmen. Dieser erste Schritt, die Sensibilisierung des Untersuchers für einen pathologischen Befund, ist entscheidend, weil er das weitere Schicksal des Patienten bestimmt. Der zweite Schritt, die Zuordnung des klinischen Bildes zu einer Diagnose, wird dem Anfänger gerade bei seltenen Befunden Schwierigkeiten bereiten, er hat jedoch die Möglichkeit, eine zweite Meinung bei einem erfahrenen Kollegen einzuholen. Abb. 1.46 Felsenbein-CT nach Gabe von 50 ml Kontrastmittel iv. Es lässt sich eine ca. 5 x 6 mm große Raumforderung in der rechten Paukenhöhle zwischen Trommelfell und Promontorium darstellen (Markierung), welche ein ähnliches KM-Enhancement wie das der A. carotis interna aufweist (� Promontorium). 1.5 Der otoskopische Trommelfellbefund H. Birke Fallbeispiel Eine Patientin stellt sich zur geplanten operativen Behandlung einer chronischen Sinusitis vor. Bei der Erhebung des HNO-Status fällt ein pathologischer Trommelfellbefund rechts auf. Es zeigt sich ein reizloses, transparentes, intaktes Trommelfell mit Lichtreflex an typischer Stelle. Im Bereich der unteren Quadranten sieht man eine rötlich-durchscheinende Raumforderung, welche teilweise in Kontakt mit der tympanalen Trommelfellfläche steht und leicht pulsiert. Verdachtsdiagnose: Glomus-tympanicum-Tumor Synonyma: nicht chromaffines Paragangliom, Chemodektom. Anamnese Die 50-jährige Patientin A. F. gab an, seit dem frühen Schulkindalter eine hochgradige Schwerhörigkeit rechts bewußt wahrgenommen zu haben. An entzündliche Ohrerkrankungen konnte sie sich nicht erinnern. Befunde und klinische Symptomatik Bis auf die rechtsseitige Schwerhörigkeit, an die sie sich gewöhnt hatte, und einen seit etwa 3 Monaten bestehenden pulssynchronen Tinnitus links, war die Patientin beschwerdefrei. Die Assoziation zwischen seltenen Befunden und korrekter Diagnose muß nicht immer kompliziert sein, vor allem dann nicht, wenn der Befund pathognomonisch für ein bestimmtes Krankheitsbild ist. Symptome: hochgradige Schwerhörigkeit rechts, pulssynchroner Tinnitus links.
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