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Der stoische Weise – ein Materialist - Asclepios Edition Lothar Baus

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sondern von höchster Mannigfaltigkeit, so dass es k<strong>ein</strong> Ding gibt, das <strong>ein</strong>em<br />

anderen völlig gliche, jedes Weizenkorn z. B. von jedem anderen verschieden ist. 29<br />

Es gibt also unzählige bestimmte Formen, die entstehen, wachsen und vergehen.<br />

Sie sind die samenartige Vernunftinhalte (logoi spermaticoi), von denen in der<br />

Stoa abwechselnd mit der <strong>ein</strong>en Weltvernunft die Rede ist. So heisst es von dem<br />

schöpferischen Feuer, dass es „methodisch zu den Schöpfungen der Welt<br />

schreitet, nachdem es alle samenartigen Vernunftinhalte nach denen jegliches in<br />

gesetzmäßiger Notwendigkeit wird, in sich aufgenommen hat“. Diese Mehrzahl<br />

wird der Einzahl so sehr gleichgesetzt, dass Marc Aurel, von dem wir oben sahen,<br />

dass er die <strong>ein</strong>zelne Seele in die samenartige Vernunft zurückgehen lässt, an <strong>ein</strong>er<br />

anderen Stelle sie nach dem Tode in die samenartige Vernunftinhalte <strong>ein</strong>gehen<br />

lässt. 30 Es ist also diese Weltvernunft <strong>ein</strong>e <strong>ein</strong>zige große Kraft, und doch, ohne <strong>ein</strong><br />

Chaos zu werden, in unendlich viele Einzelkräfte geteilt. Es spiegelt sich darin die<br />

erkenntnistheoretische Tatsache, dass das Einheitsstreben der Vernunft uns treibt,<br />

die Mannigfaltigkeit auf <strong>ein</strong>ige wenige, zuletzt nur auf <strong>ein</strong> Prinzip zurückzuführen,<br />

damit aber nur die Hälfte der Erkenntnis erreicht ist, die andere Hälfte darin<br />

besteht, aus der Einheit die Vielheit als logisch notwendig abzuleiten.<br />

Es gibt nur <strong>ein</strong>e Vernunft, <strong>ein</strong>e Wahrheit, <strong>ein</strong>e Logik. [...]<br />

Wenn wir von der Annahme ausgehen, dass die Stoiker <strong>Materialist</strong>en waren,<br />

so wird die Sache plausibel: Wenn Gott, alias der Aether-Logos, identisch ist mit<br />

dem Naturgesetz, dann gehört er logischerweise in die Naturlehre, in die Physik.<br />

Neben dem Logos, der Vernunftkraft des Aethers, ersch<strong>ein</strong>t noch <strong>ein</strong><br />

zweiter Begriff für die Weltvernunft in der <strong>stoische</strong>n Physiktheorie: das Pneuma.<br />

Wie das aetherische Feuer, alias der Logos, die ganze Materie durchdringt, so<br />

durchdringt das Pneuma, <strong>ein</strong> warmer belebender Vernunft-Hauch, die Lebewesen.<br />

Das Urfeuer, der Aether, ist zugleich Vernunftkraft, der Logos zugleich Pneuma.<br />

Offensichtlich wurde mit „logos“ die Vernunftkraft der Materie benannt, mit<br />

„pneuma“ (verdichteter Atem) die Vernunftkraft der Lebewesen.<br />

Dazu lesen wir bei Max H<strong>ein</strong>ze, >Die Lehre vom Logos in der griechischen<br />

PhilosophieDie Lehre vom Logos in der griechischen PhilosophieGeschichte der Logosidee in der griechischen Philosophie

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