4 Eine Minute UnsinnEine Minute Unsinn – Vergeben„Mein Leben ist ein Scherbenhaufen“, sagte der Besucher. „Meine Seele istmit Sünde befleckt. Gibt es noch Hoffnung für mich?“„Ja“, sagte der Meister. „Es gibt etwas, wodurch alles Zerbrochene wiederverbunden und jeder Makel weggewischt wird.“„Was?“ „Vergebung.“ „Wem vergebe ich?“ „Jedem: dem Leben, Gott, deinemNächsten – vor allem dir selbst.“ „Wie geschieht das?“„Durch Verstehen, dass niemand zu beschuldigen ist“, sagte der Meister.„NIEMAND.“Meist fühlen wir uns nicht so sehr mit Sünde befleckt. Und das ist auch ganzgesund. Aber oft genug merken wir, dass da vielleicht etwas „knirscht“ – in derBeziehung zu anderen, in der Beziehung mit Gott, in der Beziehung zu mir selbst.Dass ich zu vergeben habe kann mir erst bewusst werden, wenn ich merke, dassich verletzt worden bin. Wenn ich merke, dass ich insgeheim rechte – mit Gott,mit mir, mit anderen. Dass ich beschuldige – die „Anderen“, meine Vorgesetzten,meine Freunde, meine Frau, meinen Mann. Dass ich mir Vorwürfe mache, michin dem und dem Punkt nicht akzeptieren kann. Dass ich hadere – mit demSchicksal, mit meinem Leben, so wie es bisher verlaufen ist, mit Gott.Es ist nicht möglich, durch dieses Leben zu gehen, ohne Verletzungen zu erleidenoder Ungerechtigkeiten hinnehmen zu müssen. Wer einem Mitmenschennicht verzeihen kann, hegt auch Groll gegen Gott. Unsere Beziehungen zu denMenschen und zu Gott sind nicht voneinander zu trennen. Man kann es auch mitdem Vaterunser sagen: Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unserenSchuldigern. Das größte Hindernis auf dem Weg zu Gott ist, nicht verzeihen zukönnen. Jesus bittet ausdrücklich, dass wir aus ganzem Herzen verzeihen. Dasist nicht leicht. Hat mich jemand zum Beispiel um einen Großteil meines Erbesgebracht, grolle ich ihm selbstverständlich. Hundertmal kann ich mir sagen, dassich ihm verzeihe, der Groll wird andauern.Der erste Schritt ist jedoch, zumindest der Absicht nach zu verzeihen. VieleMenschen bringen nicht einmal diesen kleinen Satz über die Lippen. Die Absichtzu vergeben steht aber in unserer Freiheit, egal ob noch Groll da ist oder nicht.Der zweite Schritt ist dann, diesen zurückgebliebenen Groll zuzulassen. Ich habevergeben. Aber der Groll ist noch da. Kann ich ihn anschauen und stehen lassenund mich damit Gott zuwenden, dann kann das Gefühl dableiben. Aber ich beschäftigemich nicht ständig damit.In der Gegenwart Gottes können Groll, Zorn, Bitterkeit, Selbstmitleid undResignation heilen. Nicht durch die permanente Beschäftigung damit. Sondernindem ich mich mit meiner Mitte verbinde, mich Gott zuwende. Von dort kommtVersöhnung.
Ostergedicht5<strong>Ostern</strong>Der Winter ist vergangen,er dünkt uns wie ein Traum;die Schlüsselblumen prangen,schon knospen Busch und Baum.Verklungen sind die LiederDer heil’gen Weihnachtszeit,doch seht, schon ist uns wiederein neues Fest bereit.Man feiert’s nicht im Zimmer,nein, auf der grünen Au,nicht bei der Kerzen Schimmer,nein, unterm Himmelsblau,des Christbaums dunkle Ästesind hier mit samt der Frucht,nun wird im moos’gen Nestedas Osterei gesucht.Süß klang’s in unsere Ohrenzur Winternacht so kalt:Der Heiland ist geboren,des jauchze jung und alt!Nun tönt’s in allen Landenim Frühlingssonnenschein:Der Herr ist auferstanden,des freut sich groß und klein.Karl Gerok