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• Gericht: Bayerisches VG München vom 31.03.04<br />

• Aktenzeichen: M 20 P 04.910<br />

• Rechtsgrundlage: Art. 44 Abs. 1, Art. 46 Abs. 5 BayPVG<br />

• Orientierungssätze:<br />

1. Die Teilnahme eines Personalratsmitglieds an einer fünftägigen Grundschulung zum Bayerischen<br />

Personal<strong>ver</strong>tretungsrecht (Personalräte I) ist gem. Art. 46 Abs. 5 BayPVG erforderlich.<br />

2. Dem Personalrat steht hinsichtlich des Veranstalters ein Auswahlermessen zu, wobei er hierbei den<br />

Grundsatz der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel zu beachten hat.<br />

3. Dem Personalrat kann bei der Teilnahme an einer Grundschulung grundsätzlich nicht der Einwand<br />

entgegengehalten werden, es gebe keine ausreichenden Haushaltsmittel im Etat.<br />

• Der Rechtsstreit<br />

• Die Mitbestimmungspraxis<br />

Der Rechtsstreit<br />

Der antragstellende dreiköpfige Personalrat einer Straßenmeisterei in Bayern wurde im Jahr 2002 neu gewählt<br />

und entsandte nach ordnungsgemäßem Beschluss seinen Vorsitzenden zu einer Grundlagenschulung zum<br />

Bayerischen Landespersonal<strong>ver</strong>tretungsrecht, <strong>di</strong>e in der Zeit vom 5. bis 9. Mai 2003 stattfand. Veranstalter der<br />

Schulung war ein gewerkschaftsnaher Seminaranbieter, der der Dienststelle für <strong>di</strong>e gesamten Schulungskosten<br />

einschließlich Unterkunft und Verpflegung ca. Euro 780,- berechnete.<br />

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Die objektive Geeignetheit des Seminars und das subjektive Schulungsbedürfnis des Personalratsvorsitzenden<br />

war zwischen den Parteien nicht streitig, und es erfolgte eine Freistellung für <strong>di</strong>e Seminarteilnahme durch den<br />

Dienststellenleiter.<br />

Einzig <strong>di</strong>e gesamte Kostentragung für <strong>di</strong>e Schulung ist von der Dienststelle abgelehnt worden. Hierzu hatte der<br />

Leiter der Dienststelle dem Personalrat bereits vor dem Schulungsbesuch mitgeteilt, dass eine<br />

Kostenübernahme durch <strong>di</strong>e Dienststelle nicht erfolgen werde. Die Dienststelle hatte eingewandt, der<br />

Personalrat hätte wegen der Berücksichtigung des Grundsatzes der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel<br />

ein preiswerteres Seminar auswählen müssen. Hierzu hätte er z.B. <strong>di</strong>e ihm angebotene viel günstigere Schulung<br />

der Hans-Seidel-Stiftung wählen müssen und nicht <strong>di</strong>e gewählte Veranstaltung. Außerdem müsse berücksichtigt<br />

werden, dass im Bereich der Regierung von Oberbayern le<strong>di</strong>glich Euro 3.000,- für Schulungskosten in<br />

Personal<strong>ver</strong>tretungsrechtsangelegenheiten zur Verfügung stehen.<br />

Das Verwaltungsgericht hat in seinem Beschluss zunächst noch einmal darauf <strong>ver</strong>wiesen, dass eine<br />

Grundschulung zum Bayerischen Landespersonal<strong>ver</strong>tretungsrecht erforderliche Kenntnisse für <strong>di</strong>e Arbeit des<br />

Personalrats <strong>ver</strong>mittelt. Dies gelte besonders für ein neu gewähltes Mitglied der Personal<strong>ver</strong>tretung.<br />

Das Gericht spricht dem entsendenden Personalrat auch <strong>di</strong>e Kompetenz zu, das Seminar <strong>di</strong>eses Veranstalters<br />

zu besuchen, da ihm hinsichtlich <strong>di</strong>eser Frage ein Auswahlermessen zusteht. Dem Personalrat und nicht dem<br />

Leiter der Dienststelle steht das Recht zu, zu entscheiden, welche Schulung im Einzelnen von welchen<br />

Personalratsmitgliedern besucht werden soll. Hierbei hat der Personalrat zwar den Grundsatz der sparsamen<br />

Verwendung öffentlicher Mittel zu beachten. Er muss jedoch nicht den billigsten Veranstalter aussuchen. Da der<br />

Personalrat eine Schulung wählte, <strong>di</strong>e von den Kosten her im unteren Bereich des Üblichen lag, hat er sein<br />

Auswahlermessen sachgerecht ausgeübt. Auch kann dem Personalrat nicht angelastet werden, dass viel zu<br />

geringe Mittel im Etat bereitgestellt wurden.<br />

Außerdem hatte der Dienststellenleiter das Personalratsmitglied für <strong>di</strong>e Teilnahme an der Grundschulung selbst<br />

freigestellt, sodass nach Art. 46 Abs. 5 BayPVG auch eine Kostenübernahme erfolgen müsse.<br />

Nach oben<br />

Die Mitbestimmungspraxis<br />

Es ist erfreulich, dass das Verwaltungsgericht München klare Worte gefunden hat, den Dienststellenleiter zur<br />

Kostenübernahme zu <strong>ver</strong>pflichten.<br />

Das Gericht billigt dem Personalrat bei der Frage des Seminar<strong>ver</strong>anstalters ein Auswahlermessen zu und folgt<br />

damit der bestehenden <strong>Rechtsprechung</strong> des Bundes<strong>ver</strong>waltungsgerichtes (BVerwG v. 25.6.1992 - 6 P 29.90 -,<br />

PersR 92, 365) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. 15.5.1986, AP Nr. 53 zu § 37 BetrVG 72; 28.4.1988,<br />

NZA 89, 221), das für einen <strong>ver</strong>gleichbaren Schulungsbesuch eines Betriebsrats ebenso entschieden hatte.<br />

Der Personalrat sollte nach Ansicht des Dienststellenleiters an einem Seminar der CSU-nahen<br />

Hans-Seidel-Stiftung teilnehmen. Es <strong>ver</strong>wundert nicht, dass <strong>di</strong>e Stiftung aufgrund erheblicher staatlicher<br />

Zuschüsse solche Schulungen <strong>ver</strong>gleichsweise billig anbieten kann. Dies ist für das Verwaltungsgericht<br />

richtigerweise kein Argument, da nicht der Preis, sondern <strong>di</strong>e Inhalte und <strong>di</strong>e Qualität der Veranstaltung<br />

entscheidend sind. Hierzu gehört es auch, dass Personalräte sich bewusst für eine gewerkschaftliche Schulung<br />

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entscheiden können, da gerade <strong>di</strong>e Gewerkschaften mit ihrem praxisnahen Angebot und den fachlich gut<br />

ausgebildeten und erfahrenen Referenten in der Regel <strong>di</strong>e Gewähr für eine erfolgreiche Personalratsschulung<br />

bieten. Sonst könnte billig auch teuer werden, wenn ein billiges Seminar nicht den erwarteten Schulungserfolg<br />

bringt und eine Wiederholungsschulung notwen<strong>di</strong>g wird.<br />

Der Personalrat sollte jedoch Einwände des Dienststellenleiters ernsthaft prüfen und seine zuvor getroffene<br />

Entscheidung erneut im Gremium beraten. Dies war hier erfolgt, auch wenn der Personalrat seine Entscheidung<br />

letztlich nicht änderte.<br />

Das Gericht setzt sich auch über den Einwand der Dienststelle hinweg, es gebe keine entsprechenden<br />

Haushaltsmittel. Dies jedenfalls dann, wenn im Haushalt der gesamten Regierung von Oberbayern le<strong>di</strong>glich Euro<br />

3.000,- für Weiterbildungsmaßnahmen vorgesehen waren. Hiermit ließen sich le<strong>di</strong>glich vier<br />

Personalratsmitglieder schulen, wenn man den Preis des o.g. sehr preiswerten Seminars zugrunde legt.<br />

Entscheidet sich der Personalrat gar für einen privaten Anbieter, so können gerade einmal zwei<br />

Personalratsmitglieder ein Seminar besuchen. Bedenkt man, dass erst im Jahre 2002 Personalratswahlen<br />

stattgefunden haben, so kann mit <strong>di</strong>esem Etat nicht annähernd der Bildungsbedarf an Grundbildung für<br />

Personalratsmitglieder abgedeckt werden. Die bayerischen Behörden lassen hierdurch den Bildungsanspruch<br />

nach Art. 44 Abs. 1 BayPVG ins Leere laufen. Das Gericht hat folgerichtig unter Bezugnahme auf <strong>di</strong>e<br />

<strong>ver</strong>gleichbare Entscheidung des OVG Münster (Beschluss v. 3.5.2002 - 1A 1638/00 PVG) den Einwand<br />

fehlender Haushaltsmittel nicht gelten lassen.<br />

Die widersprüchliche Haltung der Dienststelle, einerseits das Personalratsmitglied für <strong>di</strong>e Schulung freizustellen<br />

und andererseits <strong>di</strong>e hierfür nach Art. 46 Abs. 5 BayPVG notwen<strong>di</strong>gen Kosten nicht zu übernehmen, hat das<br />

Gericht ebenfalls nicht gebilligt. In der Praxis kann <strong>di</strong>es aller<strong>di</strong>ngs dazu führen, dass <strong>di</strong>e Dienststelle zukünftig<br />

bereits <strong>di</strong>e Freistellung zu der Veranstaltung <strong>ver</strong>weigert und damit <strong>di</strong>e Personalratsarbeit zusätzlich erschwert. In<br />

<strong>di</strong>esen Fällen kann <strong>di</strong>e Interessen<strong>ver</strong>tretung nur <strong>ver</strong>suchen, eine schnelle Klärung vor dem Verwaltungsgericht<br />

im Eil<strong>ver</strong>fahren herbeizuführen. Bei einer Verweigerung von Grundschulungen durch <strong>di</strong>e Dienststelle für erstmals<br />

gewählte Personalratsmitglieder bestehen hier gute Erfolgsaussichten.<br />

Zusammengestellt und kommentiert von Gerhard Noll, Düsseldorf, 15.07.2004<br />

Nach oben<br />

Quelle: https://www.<strong>ver</strong><strong>di</strong>-bub.de/no_cache/urteil/44/<br />

<strong>ver</strong>.<strong>di</strong> Bildung + Beratung | Gemeinnützige GmbH | Mörsenbroicher Weg 200 | 40470 Düsseldorf<br />

20.02.2011<br />

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