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Bewegung - Kunstlabor

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_ Colmar Schulte-Goltz<br />

<strong>Bewegung</strong>sabläufe –<br />

zu den Arbeiten von Dagmar Schenk-Güllich<br />

Dagmar Schenk-Güllich ist eine Künstlerin mit beeindruckendem Aktionsradius. Ihr Hauptaktionsfeld ist die<br />

bildende Kunst. Das Fundament ihrer Kunst ist breit angelegt. Aus der Stadt Albrecht Dürers stammend,<br />

hat Dagmar Schenk-Güllich viel Energie in die Zeichnung gesteckt. Schon mit 16 Jahren hatte sie sich<br />

technisch ein beeindruckendes Fundament erworben. In ihren Studienjahren hat die Künstlerin sich wissenschaftlich<br />

mit Kunstgeschichte, Musikwissenschaft und Philosophie auseinandergesetzt. Die künstlerische<br />

Praxis hat sie sich an der Folkwangschule und an der Universität Essen vervollkommnet.<br />

Das vielschichtige Schaffen von Dagmar Schenk-Güllich ist von beständiger Neugierde auf den Menschen<br />

und seine Ausdrucksformen getrieben. Der bewegte Mensch ist deshalb das Hauptmotiv ihrer Malerei,<br />

seine Erscheinung ist ihr Hauptmotiv. Dazu hat Schenk-Güllich eine sehr eigene visuelle Sprache entwickelt.<br />

Ihre Arbeit bezieht deshalb mehrere Künste ein. Sowohl die Bildkünste als auch die Zeitkunst der Musik<br />

haben darin einen festen Platz. Durch ihre Neigung und akademische Ausbildung hat sie nicht nur in der<br />

ernsten klassischen Musik, sondern auch in der neuen Musik tiefe Kenntnisse und ein großes Panorama<br />

von Komponisten, zu denen sie in teils engem persönlichen Austausch steht. Die Versenkung in Musik<br />

bringt bei Dagmar Schenk-Güllich Assoziationsketten in Gang und lässt innere Bilder entstehen, die sie zu<br />

Malerei inspirieren.<br />

Die Raumkunst Tanz schließlich ist die biografische Schnittstelle, die die kreativen Spuren bündelt. Zum<br />

Tanz, zu dem Schenk-Güllich durch ihre aktive Zeit als Ballettschülerin eine persönliche Vorgeschichte hat,<br />

lebt die Künstlerin ein besonderes Verhältnis. Gerade in ihrer Wahlheimat, dem Ruhrgebiet, ist das Spektrum<br />

der Tanzkunst vielfältig und erstklassig präsent. Die Künstlerin versäumt auch durch ihre Tätigkeit als<br />

Journalistin und Kritikerin kaum eine Premiere und ist aktuell stets auf dem Laufenden.<br />

Die Aufführungen hat Dagmar Schenk-Güllich früher mit Papier und Zeichenstift mitverfolgt, wie einst die<br />

deutschen Expressionisten. Danach entstanden mit dem frischen Eindruck im Atelier eigene Interpretationen<br />

des Gesehenen. Inzwischen verzichtet die Künstlerin auf das erste Notieren mit dem Stift und schöpft aus<br />

der Kraft des frischen Eindrucks. Dagmar Schenk-Güllich hat sich parallel zu den Abläufen der Tanzdarbietungen<br />

eine serielle Arbeitsweise zu Eigen gemacht und beständig weiterentwickelt. Ihre Arbeiten bilden<br />

nicht einfach tanzende Menschen ab, wie viele Maler früherer Epochen. Weder geht es in ihrer Malerei um<br />

nachgeschaffene Momente, noch geht es um schwärmerische Romantik für die „Bühne“.<br />

Von der kleinen schnell skizzierten Zeichnung ist Schenk-Güllich längst bei großen Formaten angekommen.<br />

Ihre Tanzszenen haben Format. Nicht irgendeins, sondern den Radius ihrer eigenen <strong>Bewegung</strong>sabläufe.<br />

Die Malerin bevorzugt ein Format, das ihrer Körperlänge entgegenkommt. Ihrer Armspanne folgt<br />

die Breite der authentischen Bildfindungen. Bevorzugt arbeitet die Künstlerin auf Leinwand, die nicht immer<br />

konventionell auf einen Keilrahmen aufgespannt sein muss, sondern auch wie ein asiatisches Rollbild frei<br />

an der Wand hängen darf. Die technische Gemachtheit ihrer Arbeiten ist innovativ. Statt mit herkömmlicher<br />

Ölfarbe, arbeitet die Künstlerin oft mit dünnflüssigem Lack, den sie nicht mit dem Pinsel, sondern – scheinbar<br />

unmöglich –, mit dem Spachtel aufträgt. Der Lack hat seine eigenen Gesetze und verlangt eine konzentrierte<br />

Herausforderung – nichts lässt sich korrigieren, alles muss sofort stimmig sein. Schenk-Güllich<br />

liebt die Herausforderung dieser Technik. Sie erlaubt und zwingt zugleich zu einer gestischen Handschrift<br />

eine <strong>Bewegung</strong>. Die Farbe wird weniger aufgetragen, als denn gestisch mit dem Werkzeug auf ihren Malgrund<br />

geschleudert. Die Leinwand zeigt so eigentlich keine Pinselstriche im herkömmlichen Sinn, hier ist<br />

der direkte Farbauftrag eigentlich eher eine Art „Niederschlag“, meist feinnervig, lang gezogen strukturiert,<br />

mal verflochten, dann wieder ist das Gespinst verdickt und gekleckst. Ihre eigenen <strong>Bewegung</strong>en zerdehnen<br />

die Figuren ihrer Bilder, zerdehnen Fläche, Raum und Zeit.<br />

Tanz ist eine flüchtige, beweglich schnelle Angelegenheit, der die Künstlerin ihren Respekt in einer kongenialen,<br />

selbst entwickelten Methode Tribut zollt, die nicht vorrangig eine materielle Welt schaffen will. Wie<br />

die Akteure ihres Sujets ist die Künstlerin selbst gleichfalls mit <strong>Bewegung</strong> des Körpers im Einsatz, dahinein<br />

legt sie intensive Kraft und Emotion.

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