Testbericht aus FMT
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94 SEGELFLUG <strong>FMT</strong> 12 | 10 JoAcHIM ScHuMANN<br />
Während Nachbauten von modernen Segelflugzeugen den Markt in allen<br />
möglichen Größen, Materialien und Bauweisen bevölkern, muss bei der Suche nach<br />
Oldtimern oder Klassikern schon genauer hingesehen werden. Am ehesten<br />
finden sich da noch Modellnachbauten jenseits der 4-m-Marke, die in der Regel mit<br />
4-stelligen Anschaffungskosten und einem nicht ganz so einfachen Handling<br />
aufwarten. Im Format von 2 – 3 m Spannweite sah das Angebot bis vor kurzem noch<br />
recht dürftig <strong>aus</strong>, in letzter Zeit tauchen aber doch einige Exemplare auf.<br />
Minimoa, Rheinland, ASK 13 oder eben die Ka 7 von Pichler sind solche Beispiele,<br />
die auch in der Kompaktgröße schon wirkliche Hingucker sind.<br />
ARF-<br />
Klassiker<br />
Ka 7 Rhönadler<br />
von Pichler<br />
Die GFK-Rumpfnase soll<br />
laut Bauanleitung mit<br />
4 schwarzen Schrauben am<br />
Rumpf befestigt werden.<br />
Stilbruch hin oder her –<br />
ich habe mich für die Befestigung<br />
mit einer viel<br />
weniger auffallenden Zentralschraube<br />
entschieden.
ARF-Modelle in Ganzholzbauweise<br />
mit einem verblüffend guten<br />
Preis/Leistungsverhältnis sind<br />
nichts neues, waren aber bislang<br />
überwiegend der motorisierten<br />
Fraktion vorbehalten. Umso mehr<br />
fällt der Modellnachbau des Doppelsitzers<br />
<strong>aus</strong> der Rhön ins Auge.<br />
Durch die äußerst aufwändige<br />
Holzbauweise wird der Charakter<br />
des Vorbilds gewahrt, ohne auf die<br />
Vorteile der ARF-Vorfertigung zu<br />
verzichten.<br />
„k“ wie kaiser<br />
Das Vorbild ist ein doppelsitziges<br />
Segelflugzeug der Firma Schleicher<br />
<strong>aus</strong> Poppenh<strong>aus</strong>en/Rhön,<br />
das speziell für die Anfängerschulung<br />
konstruiert worden ist. Der in<br />
Gemischtbauweise <strong>aus</strong>geführte<br />
Schulterdecker hatte seinen Erstflug<br />
im Jahr 1957 und ist damit<br />
gen<strong>aus</strong>o jung oder alt wie der<br />
Tester des Modells. Von insgesamt<br />
511 gebauten Ka 7 sind allein in<br />
Deutschland zurzeit noch 140 Exemplare<br />
zugelassen. Der Oldtimer<br />
wird dank seiner gutmütigen Flugeigenschaften<br />
und der Robustheit<br />
noch immer gern von Segelflugschulen<br />
eingesetzt. Konstrukteur<br />
der Maschine ist Rudolf Kaiser,<br />
der sich auch für den direkten<br />
Vorgänger, die Ka 4 Rhönlerche<br />
sowie für die Nachfolgemuster<br />
ASK 13 und ASK 21 verantwortlich<br />
zeigte. Das „K“ steht also für den<br />
Konstrukteur Kaiser und die Zahl<br />
für die siebte Baureihe <strong>aus</strong> dem<br />
H<strong>aus</strong>e Schleicher. Inzwischen ist<br />
man beim Hersteller schon bei der<br />
„31“ (ASH 31) angekommen, und<br />
dem anfangs nur verwendeten<br />
Kürzel des Konstrukteurs wurden<br />
im Laufe der Zeit die Initialen des<br />
Herstellers (AS = Alexander Schleicher)<br />
vorangestellt. Markanteste<br />
Äußerlichkeiten des Doppelsitzers<br />
Ka 7 sind die negativ gepfeilten<br />
Flügel sowie der bespannte Gitterrumpf<br />
<strong>aus</strong> Stahlrohr. Beides wurde<br />
gekonnt aufs Modell übertragen,<br />
sodass man bei dem äußerst interessanten<br />
Preis von 199,- Euro<br />
kaum widerstehen kann.<br />
Wie geht`s in die luft?<br />
Na klar, am einfachsten per Handstart,<br />
was bei dieser Modellgröße<br />
und dem Abfluggewicht von nur<br />
1.480 Gramm völlig problemlos<br />
funktioniert. Damit wird auch klar,<br />
dass der überwiegende Einsatz am<br />
Hang stattfinden wird. Was aber,<br />
wenn dieser nicht zur Verfügung<br />
steht? Pichler bietet für die Ka 7<br />
ein Antriebsset, bestehend <strong>aus</strong><br />
Brushlessmotor und –Regler, an.<br />
Diesen Gedanken habe ich jedoch<br />
nie ernsthaft aufgegriffen. Ich bin<br />
viel zu sehr der Segelflug-Freak, als<br />
dass ich diesem wunderschönen<br />
Oldie eine Elektro-Nase verpassen<br />
würde. Es würde mir in der Seele<br />
wehtun, dem naturgetreuen Nach-<br />
ARF ist nun auch bei den Semi-Scale-Seglern angekommen –<br />
Pichlers Ka 7 Rhönadler kommt mit hoher Vorfertigung und schöner<br />
Detaillierung zum Kunden.<br />
bau, der zudem auch noch sehr<br />
gut gelungen ist, einen derartigen<br />
Stilbruch anzutun. Aber das muss<br />
jeder selbst entscheiden.<br />
Bei der Suche nach anderen<br />
Startmethoden stößt man unweigerlich<br />
auf den Flugzeugschlepp.<br />
Eine Kupplung ist zwar vom Hersteller<br />
nicht vorgesehen, lässt sich<br />
aber schnell nachrüsten. Das Servobrettchen<br />
hat spiegelbildlich<br />
zum Seitenruderservo einen ungenutzten<br />
Ausschnitt, den man für<br />
das Schleppkupplungsservo nutzen<br />
kann. Ein Bowdenzugröhrchen<br />
mit vorgebogenem 0,8 mm Stahldraht<br />
wird zum vorderen Rumpfbereich<br />
(Unterseite) geführt, wo<br />
dann ein Schlitz zum Einhängen<br />
des Schleppseils eingebracht wird.<br />
Damit wird das Einsatzspektrum<br />
des Modells deutlich erweitert,<br />
zumal an die Schleppmaschine<br />
keine besonderen Anforderungen<br />
zu stellen sind. Einfache Trainer<br />
(wie zum Beispiel der Big Easy von<br />
Höllein) genügen völlig, um den<br />
leichten Segler auf Ausgangshöhe<br />
zu bringen. Bei starken Schleppmaschinen<br />
sollte auf jeden Fall die<br />
Motorleistung zurückgenommen<br />
werden. Mit dem hohen Rumpf<br />
und dem Landerad bietet das Modell<br />
beste Vor<strong>aus</strong>setzungen für<br />
den F-Schlepp – und so können<br />
auch die Vereinskollegen, die nicht<br />
dem Hangflug frönen, einen schönen<br />
Segler in der Luft genießen.<br />
www.fmt-rc.de <strong>FMT</strong>-TEST 95<br />
Andere Start-Möglichkeiten sind<br />
Gummiflitsche oder Hochstart.<br />
Hierzu kann vor dem Landerad<br />
eine Verstärkung von innen angebracht<br />
und ein Hochstarthaken<br />
eingeschraubt werden. Diese Position<br />
ist ein guter Kompromiss für<br />
beide Startmethoden, wobei im<br />
normalen Hochstart etwas mehr<br />
als üblich gezogen werden muss.<br />
gemütlich<br />
Da wieder mal die Windrichtung<br />
für den Hang nicht stimmte, erfolgten<br />
die ersten Starts im F-<br />
Schlepp. Wie erwartet, war die Ka 7<br />
schon nach wenigen Metern in der<br />
Luft und es zeigt sich sofort, dass<br />
möglichst langsam geschleppt<br />
werden muss. Das Leichtgewicht<br />
entwickelt mit zunehmender<br />
Geschwindigkeit einen unweigerlichen<br />
Aufwärtsdrang, kein<br />
Wunder bei der geringen Flächenbelastung,<br />
der Flächenform und<br />
dem tragenden Profil. Nach dem<br />
Ausklinken geht es in diesem Stil<br />
weiter, ganz ruhig und langsam<br />
bewegt sich das Leichtgewicht in<br />
seinem Element und kommt damit<br />
der Charakteristik des Vorbilds<br />
sehr nahe. Das Steuerverhalten ist<br />
so unkritisch, dass man geneigt<br />
ist, Anfängertauglichkeit zu attestieren.<br />
Tatsächlich verbleibt<br />
immer genügend Zeit, die nächste<br />
Steuerbewegung zu überlegen.<br />
Insgesamt überwiegt bei diesem<br />
Bauaufwand<br />
entsteht bei der<br />
Ka 7 kaum,<br />
lediglich das<br />
Seitenleitwerk ist<br />
noch zu verkleben;<br />
das Höhenleitwerk<br />
wird verschraubt.
96 SEGELFLUG <strong>FMT</strong> 12 | 10<br />
Die Flächenservos werden… … an vorbereiteten Holzklötzchen<br />
am Servodeckel verschraubt.<br />
Datenblatt SeGelFlUG<br />
modellname: Ka 7 (Swiss)<br />
Verwendungszweck: Semi-Scale-Segler<br />
Hersteller/Vertrieb: Pichler<br />
Preis: 199,00 €<br />
modelltyp: ARF-Modell in Holzbauweise<br />
lieferumfang: Rumpf, Leitwerke und Flächenteile, Rumpfnase,<br />
Landerad mit Befestigung, Flächenverbinder, alle Anlenkungen und Ruderhörner,<br />
Deckel für Servoschächte, Kleinteile, Baubeschreibung<br />
bau- u. betriebsanleitung: Deutsch und Englisch, 7 Seiten,<br />
15 Bilder, Angaben für Ausschläge vorhanden<br />
aufbau:<br />
Rumpf: Holz teilbeplankt, mehrfarbig bebügelt mit Aufklebern<br />
Tragfläche: zweiteilig, Holz teilbeplankt, mehrfarbig bebügelt, Steckungsrohr GFK<br />
Leitwerk: abnehmbar, Holz teilbeplankt, einfarbig gebügelt<br />
Kabinenrahmen: Holz, fertig, mit Haube fertig verklebt<br />
Kabinenhaube: Transparent, abnehmbar<br />
technische daten:<br />
spannweite: 2.540 mm<br />
Länge: 1.300 mm<br />
spannweite HLW: 545 mm<br />
Flächentiefe an der Wurzel: 240 mm<br />
Flächentiefe am Randbogen: 130 mm<br />
Tragflächeninhalt: 47 dm²<br />
Flächenbelastung: 31,4 g/dm²<br />
Tragflächenprofil Wurzel: k. A.<br />
Tragflächenprofil Rand: k.A.<br />
Profil des HLW: k.A.<br />
Gewicht/Herstellerangabe: 1.200 g<br />
Rohbaugewicht Testmodell ohne RC: 950 g<br />
Fluggewicht Testmodell: 1.480 g<br />
rC-Funktionen und komponenten:<br />
Höhe: Pichler S 1513<br />
seite: Pichler S 1513<br />
Querruder: Pichler S 1513<br />
schleppkupplung: Graupner C 261<br />
verwendete Mischer: Butterfly<br />
Fernsteueranlage: Graupner MX 16<br />
empfänger: Graupner C 16<br />
empf.Akku: 2 × 4 Zellen 2.400 mAh (zweiter Akku <strong>aus</strong> Gewichtsgründen)<br />
Erforderl. zubehör: Servokabel, Stecker, Buchsen, 5-Min.-Epoxy<br />
bezug: direkt bei: Pichler Kunststofftechnik GmbH, Lauterbachstr. 19,<br />
84307 Eggenfelden, E-Mail: info@pichler.de, Internet: www.pichler.de<br />
Klasse gemacht – Kabinenhaube und Montagedeckel auf der Rumpfoberseite<br />
werden durch kleine Magnete gehalten.<br />
Eine hervorragende Startmethode, nämlich der F-Schlepp, eröffnet sich<br />
durch den zusätzlichen Einbau einer Schleppkupplung.
Modell das wunderschöne Flugbild,<br />
es sind keine spektakulären<br />
Flugmanöver oder Figuren, es<br />
ist vielmehr das entspannte und<br />
ruhige Segelfliegen, das in Verbindung<br />
mit der Scale-Optik großes<br />
Flugvergnügen <strong>aus</strong>macht. Klar,<br />
Looping, Turn oder Steilkurve sind<br />
drin, ansonsten aber ist Thermikfliegen<br />
angesagt. Das kann der<br />
kleine Doppelsitzer besonders<br />
gut. Schon schwache Aufwinde<br />
werden deutlich angenommen.<br />
Flache Thermikkreise werden am<br />
besten nur mit Seitenruder und<br />
wenig Querruder-Unterstützung<br />
gesetzt. Die Störklappen wie beim<br />
Original gibt es nicht, aber, kein<br />
Problem, zum einen können die<br />
Querruder zur Landung nach<br />
oben gestellt werden, zum anderen<br />
gelingt mit etwas Übung auch<br />
das Slippen zur Auftriebsreduzierung.<br />
Dabei wird zunächst mit<br />
Seitenruder eingeleitet und dann<br />
vorsichtig gegensinniger Querruder<strong>aus</strong>schlag<br />
dazu gegeben.<br />
Der überwiegende Einsatz der<br />
Ka 7 erfolgt am Hang. Bei schwachem<br />
bis mittleren Wind liegt man<br />
mit dem Modell genau richtig und<br />
es ist einfach ein optischer Genuss,<br />
in Augenhöhe an der Hangkante<br />
vorbeizufliegen. Während das Modell<br />
auch bei wenig Auftrieb noch<br />
oben bleibt, zeigen sich selbstverständlich<br />
bei starkem Wind deutliche<br />
Grenzen auf. Die Ka 7 ist kein<br />
Renner – und so ab Windstärke<br />
4 macht es dann einfach keinen<br />
Spaß mehr, dafür gibt es schließlich<br />
andere Modelle. Für <strong>aus</strong>reichende<br />
Sicherheitshöhe beim Start am<br />
Hang kann das Modell mit Gummikatapult<br />
in die Luft befördert<br />
werden. Hierbei ist lediglich zu beachten,<br />
dass der Gummizug nicht<br />
zu stramm ist.<br />
Die in der Bauanleitung vorgeschlagenen<br />
Ausschläge können<br />
übernommen werden, beim Querruder<br />
sollten die angegebenen 6<br />
mm jedoch um ca. 20% vergrößert<br />
und zusätzlich eine Differenzierung<br />
von ca. 35% eingestellt<br />
werden.<br />
der b<strong>aus</strong>atz<br />
Eigentlich ist es kein B<strong>aus</strong>atz, sondern<br />
eine Packung mit aufwändig<br />
und handwerklich hochwertig<br />
gefertigten Teilen. Rumpf, Flächen<br />
und Leitwerke sind komplett in<br />
Holz aufgebaut und mehrfarbig<br />
bespannt. Es sind die Ausführungen<br />
„Swiss“ und „Austria“ erhältlich.<br />
Lediglich die Rumpfspitze<br />
besteht <strong>aus</strong> einem GFK-Teil, das<br />
mit vier schwarzen Schrauben im<br />
Stile einer Motorhaube befestigt<br />
werden soll. Das stört meines Erachtens<br />
die ansonsten so ansehnliche<br />
Optik des Seglers. Ich habe<br />
deshalb die Spitze mit einer Zentralschraube<br />
von vorn befestigt.<br />
Die Restarbeiten beschränken<br />
sich auf Folgendes: Befestigung<br />
der Servos und Anbringen der<br />
Anlenkungen und Ruderhörner,<br />
Verkleben von Seitenruderflosse<br />
und Höhenleitwerksarretierung<br />
sowie der Scharniere für das Seitenruder,<br />
Befestigung von Landerad<br />
und Rumpfspitze, Erstellen der<br />
Verkabelung für die Querruderservos.<br />
Wie schon erwähnt wurden<br />
zusätzlich Schleppkupplung und<br />
Hochstarthaken vorgesehen. Die<br />
kurze Aufzählung verdeutlicht den<br />
hohen Vorfertigungsgrad dieses<br />
Modells. Besondere Schmankerl<br />
sind die fertigen Magnet-<br />
Verschlüsse von Kabinenhaube<br />
und ein Montagedeckel auf der<br />
Rumpfoberseite. Die Flächen<br />
werden durch Alu-Steckung miteinander<br />
und dem Rumpf verbunden.<br />
Das Höhenleitwerk ist<br />
abnehmbar und wird auf dem<br />
Rumpf verschraubt. Die negative<br />
Flächenpfeilung erfordert einiges<br />
an Gewicht in der Rumpfspitze –<br />
vielleicht doch ein E-Antrieb? Der<br />
Gedanke wurde schnell wieder<br />
verdrängt und statt dessen zwei<br />
dicke Akkus weit vorn platziert.<br />
Außer der üblichen RC-Ausrüstung<br />
mit vier Servos werden für die Fertigstellung<br />
nur ein wenig Servokabel<br />
und Verbindungsstecker/buchsen<br />
benötigt.<br />
Die Ka 7 von Pichler begeistert<br />
durch hohe Vorfertigung und saubere<br />
Detaillösungen. Das Modell<br />
ist sowohl am Boden als auch in<br />
der Luft ein optischer Leckerbissen<br />
und präsentiert sich dabei fliegerisch<br />
völlig harmlos. Die ARF-<br />
Modellklasse hat damit auch den<br />
Bereich von Segelflug-Klassikern<br />
erreicht. Zu einem unglaublich<br />
günstigen Preis erhält man ein<br />
nicht ganz alltägliches Modell, das<br />
sicher viele Liebhaber finden wird.<br />
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