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Fatma lernt Lesen und Schreiben - Biss

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BÜRGER IN SOZIALEN SCHWIERIGKEITEN 1,80 O, davon 0,90 O für den Verkäufer Juni 2009<br />

Sagenhaft<br />

Der Zauber<br />

des Zuhörens<br />

Stark<br />

<strong>Fatma</strong> <strong>lernt</strong> <strong>Lesen</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Schreiben</strong><br />

Schlau<br />

Obdachlose<br />

an einer US-Uni<br />

Sei gscheit!<br />

ISSN 0948-3470


intern<br />

Das A <strong>und</strong> O<br />

„Seit heute halte ich meine Prüfungsergebnisse in den Händen <strong>und</strong> sende<br />

sie Ihnen wie versprochen zu. Ich danke Ihnen vielmals für all die Unterstützung,<br />

die BISS mir in den Jahren meiner Ausbildung zuteilwerden hat<br />

lassen. Ich wohne nun seit Anfang des Jahres in Paris <strong>und</strong> arbeite für ...<br />

Ich habe eine Stelle als Tages-Rezeptionistin, für den Anfang bin ich damit<br />

sehr zufrieden! ... Ich kann mit Glück sagen, trotz Krise nicht einen<br />

Tag arbeitslos gewesen zu sein zwischen Ausbildung <strong>und</strong> Berufseinstieg ...<br />

Und dazu kommt, dass ich in der Branche aufgestiegen bin, unser Haus befi<br />

ndet sich nicht weit von den Champs-Elysées, auf dem Boulevard Haussmann<br />

...“ Das schrieb uns die Tochter unseres Verkäufers, Herrn Z., die<br />

Anfang 2009 ihre Prüfung als Hotelfachfrau erfolgreich ablegte <strong>und</strong> nun in<br />

einem erstklassigen Hotel, in dem sie ein Praktikum gemacht hat, fest angestellt<br />

ist.<br />

Wenn wir solche Post bekommen, herrscht im BISS-Büro immer ausgelassene<br />

Freude, <strong>und</strong> Ihnen, liebe Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Gönner, klingen wahrscheinlich<br />

die Ohren, so werden Sie von uns gepriesen! Denn all die kleinen <strong>und</strong><br />

größeren Scheine, die den jungen Auszubildenden zugehen, stammen aus<br />

Ihren Spenden: die Fünfziger <strong>und</strong> H<strong>und</strong>erter für die Zeugnisse, der Zuschuss<br />

zum Führerschein genauso wie die 250 Euro, die wir Melissa für das<br />

gute Abschlusszeugnis gegeben haben. Ich habe ihr am Telefon gesagt, dass<br />

nicht nur der Papa vor Stolz fast platzt, sondern auch ihre vielen BISS-Onkeln<br />

<strong>und</strong> -Tanten. Wenn jemand sich dann so herzlich bedankt wie Melissa,<br />

bin ich doppelt gerührt. Denn es zeigt, dass sie nicht nur berufl ich weiß,<br />

was sich gehört.<br />

Ist es nicht w<strong>und</strong>erbar, liebe Fre<strong>und</strong>e, dass wir wieder einmal einem jungen<br />

Menschen Hilfestellung dabei geben durften, seinen Weg zu machen?<br />

Ich danke Ihnen! Denn Bildung ist das A <strong>und</strong> 0. An uns, den Alten, ist es,<br />

sie den Jungen zu ermöglichen. Der Staat muss dafür sorgen, dass auch benachteiligte<br />

junge Menschen Chancen auf eine gute Schul- <strong>und</strong> Berufsausbildung<br />

<strong>und</strong> darüber Teilhabe an der Gesellschaft bekommen. Wenn der<br />

Staat das nicht tut, müssen ihm die Bürger auf die Sprünge helfen. Bayern<br />

kann sich glücklich schätzen, dass in seiner Landeshauptstadt das Sozialunternehmen<br />

Hotel BISS entstehen soll, das viele erstklassige Ausbildungsplätze<br />

für benachteiligte junge Menschen schafft (siehe S. 23). Denn alles, was<br />

das Land dazu tun muss, ist, der Stiftung BISS das Gefängnis Am Neudeck<br />

zu einem angemessenen Preis zu verkaufen. Das ist das A wie Anfang. Für<br />

ein glückliches Ende sorgen wir dann schon.<br />

Es grüßt Sie ganz herzlich<br />

Foto: Barbara Donaubauer<br />

3


4<br />

Intro<br />

BISS ist ein Zeitungsprojekt, das seit<br />

1993 Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürgern in sozialen<br />

Schwierigkeiten hilft, sich selbst zu helfen.<br />

Das Blatt wird professionell gemacht <strong>und</strong><br />

hauptsächlich von Menschen verkauft,<br />

die obdachlos sind oder waren. Die Verkäufer<br />

kommen in der Schreibwerkstatt<br />

(SWS) auf den Seiten 4, 16, 17 <strong>und</strong> 30<br />

selbst zu Wort.<br />

Vom Verkaufspreis, 1,80 Euro pro Exemplar,<br />

behalten die Verkäufer 90 Cent.<br />

BISS hat die Anstellung von Verkäufern,<br />

die auf dem Arbeitsmarkt keine Chance<br />

haben, zum Ziel. Zurzeit sind 32 von r<strong>und</strong><br />

100 Verkäufern fest angestellt.<br />

BISS fi nanziert sich durch den Verkauf<br />

der Zeitschrift sowie durch Anzeigen <strong>und</strong><br />

Bußgelder, die BISS von Richtern <strong>und</strong><br />

Staatsanwälten sporadisch zugesprochen<br />

werden. Mit diesen Einnahmen werden<br />

die Herstellungskosten der Zeitschrift<br />

inklusive Honoraren sowie die Betriebskos<br />

ten <strong>und</strong> die Fachpersonal-Gehälter<br />

bezahlt.<br />

Der gemeinnützige Verein BISS e.V.<br />

unterstützt Qualifi zierungsmaßnahmen<br />

für Betroffene. Um sozial benachteiligten<br />

jungen Menschen zu einer erstklassigen<br />

Berufsausbildung zu verhelfen, hat der<br />

Verein die Stiftung BISS gegründet, die<br />

die Trägerschaft beim geplanten Projekt<br />

Hotel BISS (Seite 23) übernehmen soll.<br />

Alle Spenden werden für Bürgerinnen<br />

<strong>und</strong> Bürger in sozialen Schwierigkeiten<br />

eingesetzt.<br />

Spendenkonto bei der<br />

LIGA Bank München<br />

Konto-Nr. 22186 66<br />

BLZ 750 903 00<br />

Bitte kaufen Sie BISS nur bei Verkäufern,<br />

die ihren Ausweis deutlich sichtbar<br />

tragen. BISS wird nur auf der Straße,<br />

nicht an der Haustür verkauft.<br />

BISS ist Mitglied im Internationalen Netz<br />

der Straßenzeitungen.<br />

www.street-papers.org<br />

Titel-Foto: Kathrin Harms<br />

Foto Intro: Benjamin Ganzenmüller<br />

Foto Inhalt (v.o.): Hartz-IV-Orchester,<br />

Volker Schmitt<br />

BISS-Verkäufer Jaroslav Zlucka im U-Bahn-Zwischengeschoss<br />

Mein Standplatz<br />

Münchner Freiheit<br />

Da ich 18 Jahre lang am Bonner Platz gewohnt habe, ist<br />

Schwabing für mich eine zweite Heimat. Umso mehr freut<br />

es mich, dass ich meinen Verkaufsplatz an der Münchner<br />

Freiheit habe. Es ist ziemlich viel los hier, hauptsächlich am<br />

Wochenende. Leider gibt es auch viel Aggression <strong>und</strong> Schlägereien.<br />

Deshalb bin ich froh um die starke Präsenz der U-<br />

Bahn-Wache <strong>und</strong> der Polizei. Wenn sie anwesend sind, fühle<br />

ich mich sicherer. Vor drei Jahren wurde ich nämlich von<br />

Jugendlichen provoziert <strong>und</strong> angegriffen. Die meisten K<strong>und</strong>en<br />

sind aber sehr nett. Ich bin seit 2002 bei BISS <strong>und</strong> seit<br />

2003 fest angestellt. In der ersten Hälfte des Monats arbeite<br />

ich täglich, außer sonntags, von 11 bis 21.30 Uhr. Danach,<br />

wenn viele Leute das aktuelle Heft schon haben, gönne ich<br />

mir einen etwas früheren Feierabend um 20 Uhr. Leider<br />

wurden im März 2008 die Bushaltestellen an der Münchner<br />

Freiheit verlegt, so dass nicht mehr so viele Leute an mir vorbeikommen.<br />

Dadurch habe ich mindestens 20 bis 40 potenzielle<br />

Käufer pro St<strong>und</strong>e verloren. Die Krönung ist nun aber<br />

der Umbau der ganzen U-Bahn-Station. Seit Januar 2009<br />

sind alle Geschäfte im Zwischengeschoss geschlossen, was<br />

für mich bedeutet, dass der Umsatz noch mehr zurückgegangen<br />

ist. Das beste Geschäft mache ich zwischen 17 <strong>und</strong><br />

20 Uhr, wenn die Leute von der Arbeit nach Hause kommen<br />

oder zum Karstadt einkaufen gehen. Dass wenigstens<br />

der unterirdische Eingang zum Karstadt noch offen ist, ist<br />

meine Rettung.<br />

Jaroslav Zlucka/SWS


Inhalt<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

sind Sie gscheit? Also intelligent, gebildet,<br />

klug, schlau oder gar ausgefuchst? Ganz<br />

schön schwierig, die Begriffe auseinanderzuhalten.<br />

Wir sagen: Jeder ist gescheit, jeder auf<br />

seine Art. BISS hat Münchner besucht, die<br />

sich (weiter-)bilden. Und solche, die Bildung<br />

vermitteln. Dabei zeigt sich: Manchmal wird<br />

man spielerisch leicht <strong>und</strong> mit viel Spaß<br />

gscheit, <strong>und</strong> manchmal ist es eine große<br />

Anstrengung. Wir haben viele Wege zum Ziel<br />

gef<strong>und</strong>en – bilden Sie sich am besten Ihre<br />

eigene Meinung.<br />

Günter Keil, Andreas Unger / Chefredaktion<br />

8 Gut gebrüllt: Manfred Hampel leitet das<br />

Hartz-IV-Orchester <strong>und</strong> singt selbst mit<br />

18 Nach dem Unterricht beginnt der Spaß:<br />

Schülerinnen einer berufsvorbereitenden Schule<br />

Sei gscheit!<br />

8 Dabei sein statt danebenstehen<br />

Das Münchner Hartz-IV-Orchester gibt arbeitslosen<br />

Künstlern <strong>und</strong> Technikern eine neue Chance<br />

12 Die Zauberkraft des Lauschens<br />

Kinder, die zu den Vorlesest<strong>und</strong>en der Lesefüchse kommen,<br />

werden richtig gscheit<br />

14 „Verstehen gut, sprechen nix gut“<br />

Wie eine türkische Analphabetin in einem Kurs die deutsche<br />

Sprache <strong>lernt</strong> <strong>und</strong> im Alltag besser zurechtkommt<br />

18 Der tägliche Kampf um Aufmerksamkeit<br />

Der Unterricht an einer berufsvorbereitenden Schule ist eine<br />

große Herausforderung – für Lehrer <strong>und</strong> Schüler<br />

20 Philosophen der Straße<br />

Eine US-Universität bietet Literaturkurse für Obdachlose an.<br />

22 Lebenslänglich Hausaufgaben<br />

Jeder muss sich dauernd weiterbilden, heißt es überall.<br />

So ein Schmarrn!<br />

G’schichten<br />

16 Schreibwerkstatt<br />

Unsere Verkäufer erzählen<br />

24 Die Bilderbuchfamilie<br />

Lulu will Sängerin werden <strong>und</strong> macht bei einem Wettbewerb<br />

mit, während Victor um eine Medaille schwimmt<br />

28 Um die Ecke<br />

Anatol Regnier über Bogenhausener Straßennamen<br />

30 Jana scheffelt Geld<br />

Die Kolumne aus der Schreibwerkstatt<br />

Rubriken<br />

6 Lob & Tadel<br />

7 BISSchen<br />

23 Hotel BISS<br />

26 Patenuhren<br />

27 Fre<strong>und</strong>e & Gönner<br />

30 Impressum<br />

31 Adressen<br />

5


6<br />

Lob &Tadel<br />

Lob<br />

Ein wilder Fluss, mitten in der Stadt – wo gibts denn so was?<br />

In München: unsere schöne, fast fertig renaturierte Isar<br />

„Flüsse, die wo mäandern, san a Sauerei<br />

der Natur“, so persifl ierte Gerhard Polt<br />

einst die geplante Kanalisierung der Altmühl.<br />

In München dachte man früher<br />

im Ernst so. Als Kind fuhr man mit der<br />

Straßenbahn zum Sechzgerstadion oder<br />

zur Auer Dult, vielleicht zum Klassentag<br />

ins Volksbad. Dabei fuhr man über,<br />

aber kaum jemals an die Isar. Ein grauer<br />

Strom in starrer Betonrinne, kaum Badeplätze,<br />

so sah sie aus, fl oss fad geradeaus.<br />

Idylle am Fluss suchte man am Flaucher<br />

oder in der Pupplinger Au. Seit 1999 aber<br />

kehrt die Natur in die Stadt zurück, dank<br />

Stadtrat, Freistaat, Wasserwirtschaftsamt,<br />

Landschaftsarchitekt Winfried Jeney <strong>und</strong><br />

dank Münchner Bürgerwillen. Jetzt hat<br />

das „Projekt Isarplan“, die Renaturierung<br />

unseres wilden, gletschergrünen Gebirgsfl<br />

usses auf zehn Kilometern Länge zwischen<br />

Großhesseloher <strong>und</strong> Wittelsbacher<br />

Brücke, endgültig die Innenstadt erreicht.<br />

Mitte Juni säen die Gärtner im Abschnitt<br />

Tadel<br />

Sie stehen an Straßenecken, meist nicht<br />

lange. Sie verkaufen eine Zeitung mit dem<br />

Titel „Straßenträumer“. Sie sagen, der<br />

Verkaufserlös gehe an eine Darmstädter<br />

Suppenküche, von der man nicht erfährt,<br />

wann es sie geben wird. Welcher Teil des<br />

Verkaufserlöses in welchen Taschen landet,<br />

ist unklar. In den letzten Jahren wurden<br />

Straßenzeitungen wie „StraMax“<br />

oder „Streetworker“ in deutschen Städten<br />

verkauft. Die Journalistin Kathrin Geltinger<br />

hat für die „Landshuter Zeitung“<br />

recherchiert: Wegen unklarer Vertriebswege<br />

sind sie gerichtlich verboten worden.<br />

Unter derselben Adresse wie damals<br />

residiert jetzt „Straßenträumer“. Der Verdacht:<br />

Verkäufer werden losgeschickt,<br />

um Leuten Geld aus der Tasche zu ziehen.<br />

Geltinger hat mit einem angeblichen<br />

Chefredakteur namens Gino telefoniert.<br />

Seinen Nachnamen wollte er nicht verraten.<br />

Sie schreibt: „Schließlich beendet<br />

er das Telefonat abrupt – nicht ohne vor-<br />

„Weideninsel“ Kräutersamen, im Sommer<br />

2010 wird das unterirdische Praterkraftwerk<br />

an der Maximiliansbrücke eröffnet,<br />

der Tunnel dort wird Schmutz- <strong>und</strong><br />

Regenwasser sammeln, die Wasserqualität<br />

der Isar weiter verbessern <strong>und</strong> Strom<br />

für 6000 Haushalte liefern. 2011 soll das<br />

Corneliuswehr fertig renaturiert sein.<br />

Schon heute dürfen sich alle freuen: Die<br />

Münchner haben ihren Heimatfl uss wieder.<br />

Einheimische wie Zuagroaste, Anrainer<br />

wie Ausfl ügler, Hüllenlose, Obdachlose,<br />

Griller, Gaffer, Grantler, Radlfahrer,<br />

Zamperl sowie ihre Herr- <strong>und</strong> Frauchen<br />

freuen sich über Biotope, über Nebenfl<br />

üsse mit Kiesinseln <strong>und</strong> Auenwald mit<br />

Baumstämmen, die liegen bleiben, über<br />

Wasserrampen in Wasserfällen, damit Forellen,<br />

Eschen, Barben <strong>und</strong> Nasen auch<br />

wieder stromaufwärts wandern. Ein<br />

wildes Gewässer wird es sein, eine Flusslandschaft<br />

wie vor fast 150 Jahren.<br />

Dieter Wachholz<br />

In München werden dubiose Straßenzeitungen verkauft. Mit BISS haben<br />

sie nichts zu tun – <strong>und</strong> wohl auch nichts mit sozialem Engagement<br />

her seine Gesprächspartnerin wüst zu beschimpfen.“<br />

Wohlgemerkt: Es sind nicht<br />

die Verkäuferinnen <strong>und</strong> Verkäufer, die<br />

getadelt gehören. Wir glauben, dass ihre<br />

wirtschaftliche Not ausgenützt wird. Sie<br />

verdienen Respekt. Respekt, der ihnen<br />

von Gino ohne Nachnamen <strong>und</strong> seinen<br />

Mitarbeitern verwehrt wird. Denn unabhängig,<br />

ob „Straßenträumer“ legal oder<br />

illegal vertrieben wird: Entscheidend ist<br />

die Haltung. Die erkennt man am Blatt<br />

selbst. Das ist nämlich schlecht gemacht.<br />

Die Redaktion von BISS will ihren Verkäuferinnen<br />

<strong>und</strong> Verkäufern ein sorgfältig<br />

recherchiertes, formuliertes, fotografi<br />

ertes <strong>und</strong> produziertes Magazin in die<br />

Hände geben, das sie gerne verkaufen <strong>und</strong><br />

das Sie, liebe Leserinnen <strong>und</strong> Leser, gerne<br />

kaufen. Und zwar aus Interesse, nicht aus<br />

Mitleid. BISS hat den „Straßenträumer“<br />

wegen illegalen Vertriebs einer Straßenzeitung<br />

angezeigt.<br />

Andreas Unger


chen<br />

Sind die im<br />

Heim daheim?<br />

In München gibt es viele Altenheime.<br />

Obwohl ihre Türen offen<br />

sind, geht nur selten jemand hinein,<br />

der dort nicht wohnt oder<br />

arbeitet. Die Klasse 4c der Grandlschule<br />

besuchte das Seniorenwohnheim<br />

Pasing-Westkreuz des<br />

Roten Kreuzes. Dort sprachen die<br />

Schüler mit der Einrichtungsleiterin<br />

Ines Nöbel <strong>und</strong> der Krankenschwester<br />

Barbara Brunner<br />

Dürfen Menschen, die hier wohnen, auch<br />

mal rausgehen?<br />

Ines Nöbel: Seniorenheime sind keine Gefängnisse,<br />

sondern Lebensräume für alte<br />

Menschen, die im Alltag Unterstützung<br />

benötigen. Alle, die hier wohnen, führen<br />

ihr Leben genau so, wie sie es wollen.<br />

Das heißt, sie können, wie jeder andere,<br />

Spaziergänge oder einen Stadtbummel<br />

machen. Wenn sie sich nicht allein außerhalb<br />

des Hauses bewegen können, bieten<br />

wir Hilfen an.<br />

Ist ein Altenheim so etwas Ähnliches wie<br />

ein Krankenhaus?<br />

Ines Nöbel: Wenn man durch die Wohnbereiche<br />

geht, wirkt es vielleicht ein bisschen<br />

so, aber es gibt einen ganz wichtigen<br />

Unterschied. Ins Krankenhaus geht man,<br />

wenn man eine Behandlung braucht. Man<br />

bleibt eine bestimmte Zeit dort <strong>und</strong> kehrt<br />

anschließend nach Hause zurück. Unsere<br />

Bewohner sind hier jedoch daheim. Sie<br />

haben beim Einzug einen Teil ihrer Sachen<br />

mitgebracht, um sich ihr Zimmer<br />

gemütlich einzurichten.<br />

Warum darf man keine Haustiere haben,<br />

wenn man im Altenheim wohnt?<br />

Barbara Brunner: Gr<strong>und</strong>sätzlich ist es<br />

erlaubt, dass in unseren Einrichtungen<br />

Haustiere gehalten werden. Jedoch muss<br />

beim Einzug geregelt sein, dass sich jemand<br />

des Tieres annimmt, wenn der Besitzer<br />

dazu nicht mehr in der Lage ist. Im<br />

Rahmen unseres Betreuungskonzepts haben<br />

wir auch hauseigene Tiere.<br />

Feiern Sie auch Feste?<br />

Ines Nöbel: Feste sind in Seniorenheimen<br />

eine sehr gute Möglichkeit der Freizeitbeschäftigung<br />

<strong>und</strong> bilden Höhepunkte<br />

im Jahresablauf. Wir richten zu Neujahr,<br />

zum Fasching, zu Ostern, im Sommer<br />

<strong>und</strong> zu Weihnachten jeweils Festlichkeiten<br />

aus, zu denen alle Bewohner kommen,<br />

die dazu in der Lage sind. An den<br />

kirchlichen Festtagen begleiten uns ein<br />

katholischer <strong>und</strong> ein evangelischer Geistlicher,<br />

die im Haus auch regelmäßig Gottesdienste<br />

abhalten. Und außerdem feiern<br />

wir einmal im Monat ganz groß Geburtstag:<br />

Da erhalten alle Bewohner, die in den<br />

vorhergegangenen vier Wochen Geburtstag<br />

hatten, ein Geschenk.<br />

Dürfen Enkelkinder zu Besuch kommen?<br />

Ines Nöbel: Selbstverständlich! Immer<br />

wenn junge Leute zu Besuch sind, wirkt<br />

das auf einen ganzen Wohnbereich wie<br />

pure Lebensfreude. Dann geht es den Besuchten<br />

sofort viel besser. Wir bieten Familien,<br />

die von weit her kommen, sogar<br />

Zimmer zur Übernachtung an, weil wir<br />

die Besuche für so wichtig halten.<br />

Wie alt ist der älteste Bewohner?<br />

Barbara Brunner: Bei uns wohnt eine Dame,<br />

die wird demnächst 104 Jahre alt.<br />

Und sie ist noch sehr rüstig.<br />

Und der Jüngste?<br />

Barbara Brunner: Der junge Mann ist gerade<br />

39 Jahre alt geworden. Er ist als 24-<br />

Jähriger zu uns gekommen. Nach einem<br />

schweren Unfall befi ndet er sich in einem<br />

Wachkoma. Das heißt, er kann ohne Hilfe<br />

sein Bett nicht verlassen <strong>und</strong> braucht<br />

auch für alle anderen Dinge viel Unterstützung.<br />

Protokoll: Bernd Hein<br />

Foto: Barbara Donaubauer<br />

7


8<br />

Sei gscheit!<br />

Mitglieder <strong>und</strong> Macher des<br />

Hartz-IV-Orchesters von links<br />

oben nach rechts unten:<br />

Student Martin Geissler am<br />

Bass unterstützt das Orchester.<br />

Schwester Bernadette<br />

Brommer am Schlagzeug ist<br />

auch als Sängerin toll. Josef<br />

Holler gibt den Zauberer <strong>und</strong><br />

Clown. Romeo Yakub am<br />

Tenorsaxophon ist Hausmeister<br />

der Pasinger Fabrik. Heidi<br />

Langelahn fördert Kinder mit<br />

Hartz-IV-Hintergr<strong>und</strong>. Markus<br />

Wolfseher alias Jimmy Black<br />

ist Schauspieler, Sänger,<br />

Imitator <strong>und</strong> hat gerade einen<br />

Berufsaufbaukurs als Kassierer<br />

absolviert. Igor Gordeev,<br />

russischstämmiger Schlagzeuger,<br />

unterhält eine Schlagzeugschule.<br />

Orchestergründer<br />

Manfred Josef Hampel alias<br />

Manfredo ist Keyboarder,<br />

Trompeter, Sänger, Unternehmer<br />

<strong>und</strong> Erfi nder. Stefan<br />

Strauß ist Percussionist <strong>und</strong><br />

drechselt Schlagzeugstöcke<br />

für Profi s. Caroline Pettig aus<br />

den USA, Opernsängerin mit<br />

weltweitem Erfolg, war zwischendurch<br />

obdachlos – <strong>und</strong><br />

ist nun wieder eine echte Diva


Mit<br />

Musik<br />

zurück<br />

ins<br />

Spiel<br />

Text: Annette Leyssner<br />

Foto: Jean-Patrick Morarescu,<br />

Roland Weegen<br />

In einem einzigartigen Projekt bekommen arbeitslose<br />

Münchner eine neue Chance, sich auf oder hinter<br />

der Bühne zu beweisen. Vorhang auf <strong>und</strong> Applaus<br />

für das Hartz-IV-Orchester!<br />

Die Opernsängerin, die obdachlos war; der verarmte Jazzpianist,<br />

der mangels Klavier auf Computertastaturen klimpert; das brasilianisch-russische<br />

Trommlerduo <strong>und</strong> noch etwa 40 Leute mehr:<br />

Das ist das Hartz-IV-Orchester. „Die größte Band der Stadt wollen<br />

wir werden!“, sagt der Initiator Manfred Hampel. Seit November<br />

rekrutiert er, den hier alle Manfredo nennen, eine bunte<br />

Truppe von Sängern, Musikern <strong>und</strong> Komödianten. Ihr Ziel:<br />

Sie wollen ein abendfüllendes Programm auf die Bühne bringen.<br />

Das Münchner Sozialreferat <strong>und</strong> ein paar Sponsoren unterstützen<br />

sie dabei. Manfredo singt am liebsten Jazzklassiker,<br />

beherrscht Trompete <strong>und</strong> Keyboard. Gern zeigt sich der 53-Jährige<br />

auch im Frack, mit blütenweißem Hemd <strong>und</strong> Einstecktuch.<br />

Für ihn war Musik in schwierigen Lebenssituationen immer „ein<br />

Heilmittel“; diese Erfahrung habe ihn zur Gründung des Orchesters<br />

motiviert, sagt er. Der Vater von sechs Kindern hatte eine<br />

Produktionsfi rma für Holzfenster mit 40 Mitarbeitern, bis er<br />

das Unternehmen 2001 schließen musste. „Ich habe am eigenen<br />

Leib erfahren, was es bedeutet, von heute auf morgen nicht mehr<br />

gebraucht zu werden.“ Mittlerweile hat der Innenarchitekt eine<br />

neue Firma gegründet, die die Existenz seiner Familie sichert.<br />

Die Erfahrung, wie schnell man eine sicher geglaubte Einkommensbasis<br />

verlieren kann, motivierte ihn, das „H4O“, wie er sein<br />

Projekt nennt, ins Leben zu rufen. „Ich wollte oft unverschuldet<br />

in Not geratenen Menschen eine Chance bieten, ihr Potenzial zu<br />

beweisen.“ Einige H4O-Mitglieder sind arbeitslose Profi musiker,<br />

andere bringen sich hinter der Bühne als Techniker oder Helfer<br />

ein. Willkommen seien alle, sagt Manfredo. „Glücklich zu sein<br />

<strong>und</strong> Spaß zu haben“, so lautet die Maxime des Teams. „Applaus<br />

ist das Brot des Künstlers. Hartz-IV-Bezieher bekommen aber<br />

keinen Applaus“, schildert Orchester-Gründer Hampel das Problem.<br />

Die Mitglieder sollen sich zurück ins Spiel bringen.<br />

Zum Beispiel Entertainer Josef Holler. Der 59-jährige<br />

Münchner verlor 2003 seinen Job, als sein Arbeitgeber mit einer<br />

anderen Firma fusionierte. „Nach 28 durchgearbeiteten Jahren“<br />

im Servicebereich einer Computerfi rma wurde Holler mit einem<br />

„golden handshake“ verabschiedet. Von seiner Abfi ndung kann<br />

er leben, aber unbegrenzt freie Zeit könne eine Herausforderung<br />

werden, erzählt er. Die Reaktion der Menschen auf seinen Ausstieg<br />

aus dem geregelten Arbeitsalltag schwanke zwischen Neid<br />

<strong>und</strong> Mitleid. Nach seinem Abschied von der Firma beschloss<br />

der EDV-Experte, einen lange gehegten Traum wahr zu machen<br />

<strong>und</strong> selbstständiger Unterhalter zu werden. Ein halbes Jahr lang<br />

fi nanzierte ihm ein Existenzgründer-Zuschuss einen „Fools’<br />

Workshop“. Parallel zur Ausbildung an der Clownschule sammelte<br />

er als Übungsleiter der Zirkusgruppe an der Schule seiner<br />

Kinder Erfahrungen. Engagements hat er nur unregelmäßig,<br />

wenn etwa Sketche für einen r<strong>und</strong>en Geburtstag einstudiert<br />

werden sollen. Beim H4O will er bei dem geplanten Abendprogramm<br />

den Zuschauern zum Beispiel im Schnellkurs beibringen,<br />

mit Bällen zu jonglieren. Interessanter als der Auftritt im<br />

9


10<br />

Sei gscheit!<br />

Clown Josef Holler lehrt die französische Sängerin <strong>und</strong> Erzählerin Laura Daitch das Jonglieren<br />

Rampenlicht sei für ihn der regelmäßige Austausch mit anderen<br />

Menschen: „Das mit dem Orchester ist für mich auch wichtig,<br />

um in eine Gleichmäßigkeit hineinzukommen“, sagt er. Die<br />

H4O-Probe jeden Mittwoch ist nun ein Fixpunkt in seinem Terminkalender.<br />

Gerade ist die Truppe bei einem Casting in der Pasinger Fabrik<br />

auf Talentsuche. Manfredo steht hinter dem Mischpult am<br />

Eingang des abgedunkelten Raumes mit Blick auf die Bühne. Er<br />

ist fast so aufgeregt wie diejenigen, die vorsingen oder vorspielen.<br />

Regisseur Johannes Braukmann sitzt in der ersten Reihe, er<br />

wird entscheiden, wie sich die Männer <strong>und</strong> Frauen am besten in<br />

das Programm einbringen können. Arbeitstitel: „Chicago in der<br />

Swing-Ära: Wirtschaftskrise, Alkoholverbot … <strong>und</strong> wir feiern<br />

trotzdem“. Zwischen Musikstücke aus dieser Zeit sollen Theaterszenen<br />

eingefl ochten werden. „Eventuell bieten wir Essen an,<br />

bauen ein Casino auf – es gibt viele Möglichkeiten“, sagt Braukmann.<br />

Längerfristig sind weitere Programme geplant: „Die Freddie<br />

Mercury Rockoper“ <strong>und</strong> „Eine Italienische Nacht“.<br />

Als Erstes präsentiert sich Laura Daitch. Die arbeitslose Englischlehrerin<br />

lebt seit zehn Jahren in München, ihre Heimat ist<br />

das Elsass. Ihre Zweisprachigkeit ausspielend, versucht sie sich<br />

an „La vie en rose“ von Edith Piaf. „Gib mir Bewegung! Das<br />

war ein bisschen zu statisch“, ermuntert Braukmann sie. In ihrer<br />

Heimat sei sie als Kabarettistin aufgetreten, aber die Bayern<br />

verstünden diesen Humor nicht, bedauert Daitch. „Daher bin<br />

ich seit Jahren nicht mehr auf der Bühne“, so entschuldigt sie<br />

kleine Unsicherheiten im Vortrag. Als Nächster ist der Pianist<br />

Alex Fisch an der Reihe. Er setzt sich ans Klavier, <strong>und</strong> nachdem<br />

er zwei Boogie-Woogie-Stücke gespielt hat, nähert sich Stefan<br />

Strauß, auf einer Djembé trommelnd. „Das ist ein Instrument<br />

aus dem Senegal“, erklärt er. Seit 25 Jahren macht Strauß Musik;<br />

Rock’n’Roll, Jimi Hendrix-Songs <strong>und</strong> Samba liebt er gleichermaßen.<br />

Der ge<strong>lernt</strong>e Banker ist seit zwei Jahren arbeitslos.<br />

„Ganz in Weeeiiiß, mit einem Blumenstrauß“, trällert Schlager-Fan<br />

<strong>und</strong> Komiker Markus Wolfseher. Der 35-Jährige strahlt<br />

über das ganze Gesicht, versprüht Charme wie das Idol in seinen<br />

besten Zeiten. Abseits der Bühne wirkt Wolfseher eher deprimiert:<br />

Seit neun Jahren ist er arbeitslos. Eine Lehre als Kfz-<br />

Mechaniker scheiterte an ges<strong>und</strong>heitlichen Problemen. Das<br />

Arbeitsamt riet zu einer Umschulung zum Verkäufer, ein Beruf,<br />

in dem er sich nie richtig wohlfühlte. Ende der 90er-Jahre<br />

war Markus einmal auf den Fernsehschirmen in der ganzen Republik<br />

zu sehen. „Für die Talksendung ‚Andrea‘ wurden Gäste<br />

zum Thema Schlager gesucht. Ich habe mich beworben <strong>und</strong><br />

dann den Schlagerstar Bernd Clüver gegeben, den ‚Jungen mit<br />

der M<strong>und</strong>harmonika‘. Der Saal hat getobt!“, erinnert er sich.<br />

„Dann war klar: Mein Traum, mein Ziel ist es, auf der Bühne<br />

zu stehen.“ Eine Filmagentur vermittelt ihm gelegentlich kleine<br />

Rollen. Bei einer Comedy-Sendung war er kürzlich wieder auf<br />

dem Bildschirm zu sehen, allerdings nur als Komparse. „Es ging<br />

um die Mafi a. Ich war ein Typ, der, an einen Betonklotz geb<strong>und</strong>en,<br />

in den Hafen geworfen wird.“ Im Idealfall möchte Wolfseher<br />

in der Unterhaltungsbranche seinen Lebensunterhalt verdienen,<br />

aber zunächst will er Erfahrungen sammeln. Eine neue<br />

Perspektive hat sich durch sein Engagement beim H4O bereits<br />

ergeben. Ein Reporter des Bayerischen R<strong>und</strong>funks hat Markus<br />

für einen Beitrag interviewt <strong>und</strong> ihm spontan ein Praktikum in<br />

Aussicht gestellt.<br />

Zurück im Spiel ist auch Opernsängerin Caroline Petrig. Die<br />

zierliche 58-Jährige wirkt fast schüchtern, als sie die Bühne beim<br />

Casting in der Pasinger Fabrik betritt. Früher sang die Deutschamerikanerin<br />

unter anderem an der Bayerischen Staatsoper,<br />

doch irgendwann blieben die Engagements aus, <strong>und</strong> Carolines<br />

Abstieg begann. Sie wurde Hartz-IV-Empfängerin, verlor ihre<br />

Wohnung <strong>und</strong> ihr Selbstvertrauen. „Ich bin alleinerziehend <strong>und</strong><br />

wollte arbeiten. Aber ist man über 50, will einen keiner mehr.


Dort, wo sie hingehört: Opernsängerin Caroline Petrig auf der Bühne, zusammen mit Pianist Alex Fisch<br />

Ich war erledigt“, so schildert die zierliche Frau ihr Lebensgefühl.<br />

Der Kontrast zu der Frau, die sich nun auf der Bühne in<br />

Position bringt, könnte nicht größer sein: Sobald Petrig anfängt<br />

zu singen, weicht die Schüchternheit der Souveränität. Kaum<br />

sind die letzten Töne einer Szene aus der Oper „Madame Butterfl<br />

y“ verklungen, applaudieren alle im Raum, Caroline strahlt<br />

<strong>und</strong> deutet eine Verbeugung an. „Caroline verzückt uns alle“,<br />

sagt Regisseur Braukmann. „Sie braucht die Bühne, <strong>und</strong> die<br />

Bühne braucht Caroline.“ Als er Petrig im November kennen ge<strong>lernt</strong><br />

hat, „war sie ganz am Boden. Ihre Schultern hingen richtig<br />

runter“, erinnert sich Braukmann. Durch das Hartz-IV-Orchester<br />

kann Caroline wieder regelmäßig das machen, was ihr am<br />

besten gefällt, nämlich vor Publikum singen. „Sehen Sie, nun<br />

schwebt sie fast über dem Boden, ist wieder eine Diva. Das ist<br />

toll!“, freut sich der Regisseur.<br />

So unterschiedlich die Lebensläufe, Talente <strong>und</strong> Hoffnungen<br />

der Künstler <strong>und</strong> Techniker auch sind – eines eint sie: der<br />

Wunsch, sich nicht aufzugeben. Neue Wege zu gehen. Es sieht<br />

ganz so aus, als ob sie beim Hartz-IV-Orchester am richtigen<br />

Platz gelandet seien.<br />

Das H4O-Ensemble hat bisher bei Vernissagen <strong>und</strong> Empfängen in<br />

Sozialbürgerhäusern aufgespielt. Am 25. Juli steht ein Auftritt am<br />

Marienplatz im Rahmen des Münchener Selbsthilfetages auf dem<br />

Programm. Wer selbst aktiv werden will, kann jeden Mittwoch um<br />

15 Uhr zu den Proben in der Pasinger Fabrik am Pasinger Bahnhof<br />

kommen. Damit die Arbeitslosigkeit kein Dauerzustand wird, macht<br />

ein Fotograf von allen Teilnehmern des Castings professionelle Fotos,<br />

zusätzlich werden Profi le mit ihren Begabungen angelegt. Über<br />

die Web-Seite des H4O können Mitglieder Engagements vermittelt<br />

bekommen. Neben neuen Mitarbeitern sind Geld- <strong>und</strong> Sachspenden<br />

willkommen. Mehr Informationen unter www.h4or.ch<br />

11


12<br />

Sei gscheit!<br />

Der Zauber<br />

des Zuhörens<br />

Ein Münchner Verein organisiert<br />

Vorlesest<strong>und</strong>en für Kinder – die sind<br />

so begeistert, dass sie gar nicht<br />

merken, wie viel sie dabei lernen<br />

„Gleich donnert es!“, ruft Dusan aufgeregt<br />

<strong>und</strong> springt von seinem Stuhl hoch.<br />

„Stimmt doch, oder?“, fragt der Siebenjährige<br />

in die R<strong>und</strong>e. Vier Kinder <strong>und</strong> eine<br />

Frau nicken. Sie alle wissen: Am Donnerstag<br />

donnert es. Am Freitag ist frei.<br />

Und am Samstag kommt das Sams. So<br />

steht es in dem Buch, aus dem Christine<br />

Ackermann soeben vorliest. „Am Samstag<br />

kam das Sams zurück“ heißt der<br />

Klassiker, der auch heute noch Kinder<br />

wie Dusan mitreißt. Vier weitere Erstklässler<br />

aus der Gr<strong>und</strong>schule an der Implerstraße<br />

lauschen gebannt: Sophie, Sejla,<br />

Elmedina <strong>und</strong> Tomiko wollen wissen, wie<br />

es weitergeht mit dem Sams, einem Fabelwesen<br />

mit Rüsselnase <strong>und</strong> blauen Punk-<br />

Erst zuhören, dann selber<br />

lesen: Kinder nach<br />

einer Vorlesest<strong>und</strong>e<br />

Text: Günter Keil<br />

Foto: Stiftung <strong>Lesen</strong><br />

ten im Gesicht. Jeden Donnerstag um 15<br />

Uhr treffen sie sich in einem Klassenzimmer<br />

zum Zuhören. Freiwillig. Denn die<br />

Dreiviertelst<strong>und</strong>e zählt nicht zum üblichen<br />

Schulangebot – sie wird organisiert<br />

vom Münchner Verein Lesefüchse. Und<br />

der baut seine Arbeit auf drei scheinbar<br />

einfachen Säulen auf: spannende Lektüre,<br />

aufmerksame Kinder <strong>und</strong> gute Vorleser.<br />

Doch hinter den netten Nachmittagen<br />

stecken viele Verbündete, eine aufwendige<br />

Organisation <strong>und</strong> großes Engagement.<br />

255 Lesefüchse-Vorleser sind regelmäßig<br />

im Einsatz. An 15 Gr<strong>und</strong>schulen, in<br />

18 Stadtteilbibliotheken sowie in einem<br />

sonderpädagogischen Förderzentrum, einer<br />

Kindertagesstätte, einer Realschule<br />

<strong>und</strong> einer Orientierungsstufe. Jede Woche<br />

kommen mehr als tausend Kinder in<br />

die St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> machen die Aktion damit<br />

zur größten regionalen Vorleseinitiative<br />

Deutschlands.<br />

„Es gibt nichts Schöneres als das Kinderlachen<br />

als Reaktion auf besonders komische<br />

Textstellen oder Stimmimitationen“,<br />

sagt Christine Ackermann. Die<br />

31-jährige Theaterwissenschaftlerin liest<br />

seit vier Jahren vor <strong>und</strong> leitet die Geschäftsstelle<br />

des Vereins. Zu Beginn der<br />

Vorlesest<strong>und</strong>e kommen die Kinder strahlend<br />

auf sie zugerannt, einige umarmen<br />

sie kurz. Das wirkt fast so, als ob sie zu<br />

einer Fre<strong>und</strong>in geworden ist. Stimmt das?<br />

„Eigentlich bin ich eher die Lehrerin, das<br />

haben zumindest die Kinder gesagt. Dabei<br />

will ich gar nicht so autoritär auftreten,<br />

sondern eher wie eine große Schwester“,<br />

meint Ackermann. Vor Kurzem<br />

habe sie mit einem Jungen über das Videospiel<br />

„Lego Star Wars“ gesprochen.<br />

Woraufhin dieser meinte: „Sie sind ja<br />

selbst noch ein Kind, wenn Sie das spielen!“<br />

„Da musste ich sehr lachen“, erinnert<br />

sich die Vorleserin. Gelacht wird viel<br />

in den Vorlesest<strong>und</strong>en, aber auch nachgefragt,<br />

erklärt, mitgefi ebert, diskutiert.<br />

Freizeitspaß ist nur ein Effekt. Und<br />

nicht einmal der wichtigste. Wenn die<br />

Kinder zuhören, passiert viel mehr, als<br />

auf den ersten Blick zu erkennen ist. „Das<br />

Vorlesen hat für die Bildung einen sehr<br />

hohen Stellenwert. Aus der Gedächtnisforschung<br />

wissen wir, dass es Lernkom-


petenz, Konzentration <strong>und</strong> Kommunikationsfähigkeit<br />

fördert sowie soziale<br />

Empathie <strong>und</strong> Einfühlungsvermögen“,<br />

sagt Timo Reuter vom Institut für Lese-<br />

<strong>und</strong> Medienforschung der Stiftung <strong>Lesen</strong>.<br />

Reuter hat maßgeblich an den Studien<br />

„<strong>Lesen</strong> in Deutschland 2008“ für das<br />

B<strong>und</strong>esministerium für Bildung <strong>und</strong> Forschung<br />

<strong>und</strong> „Vorlesen im Kinderalltag<br />

2008“ von Deutscher Bahn, Die Zeit <strong>und</strong><br />

Stiftung <strong>Lesen</strong> mitgewirkt. Diese brachten<br />

unter anderem die erschreckende Erkenntnis,<br />

dass 37 Prozent der befragten<br />

Vier- bis Elfjährigen nie vorgelesen bekommen.<br />

Was fatal ist, denn man weiß:<br />

„Kinder, denen vorgelesen wird, werden<br />

später mit einer viel höheren Wahrscheinlichkeit<br />

selbst zu Lesern. Zwar <strong>lernt</strong> man<br />

das auch in Institutionen wie Kindergarten<br />

<strong>und</strong> Schule, aber davor steht das Elternhaus.“<br />

Die Vorbildfunktion sei entscheidend<br />

– wer erlebe, wie gelesen <strong>und</strong><br />

vor allem: vorgelesen wird, greife selbst<br />

viel eher zu Lesemedien. Doch warum ist<br />

das <strong>Lesen</strong> gr<strong>und</strong>sätzlich von so herausragender<br />

Bedeutung für die Bildung? „Ganz<br />

einfach: Lesekompetenz zu erwerben bedeutet<br />

bessere Voraussetzungen für alle<br />

anderen Lernformen <strong>und</strong> für den lebenslangen<br />

Lernprozess“, so der Leseforscher.<br />

Die W<strong>und</strong>erwirkung des Vorlesens erinnert<br />

fast schon an so manches Märchen,<br />

dem die Kinder fasziniert zuhören.<br />

Es gibt also gute Gründe fürs Vor-<br />

<strong>Lesen</strong>. Folgerichtig unterstützt das Jugendamt<br />

die Lesefüchse mit 19 000 Euro<br />

jährlich. Förderer aus der Wirtschaft sowie<br />

Privatspenden sorgen für die keineswegs<br />

auf Dauer gesicherte Finanzierung.<br />

Fabian Riedl vom Sozialreferat lobt: „Die<br />

Lesefüchse sind ein ganz w<strong>und</strong>erbares<br />

Projekt. Die Kinder sind begeistert bei<br />

der Sache, fangen selbst an zu lesen <strong>und</strong><br />

lesen ihrerseits wieder anderen Kindern<br />

vor. Über das <strong>Lesen</strong> wird Bildung vermittelt,<br />

<strong>und</strong> die Lesefüchse stoßen hier einen<br />

Dominoeffekt an.“<br />

Ohne Helga Wolf wäre es nie so weit<br />

gekommen. Die Sozialwissenschaftlerin<br />

wollte im Ruhestand keineswegs ruhen<br />

<strong>und</strong> begann im Februar 2003 mit ersten<br />

Vorlesest<strong>und</strong>en in der Gr<strong>und</strong>schule<br />

an der Paulckestraße im Hasenbergl. Die<br />

Gründerin <strong>und</strong> Vorsitzende der Lesefüchse<br />

tat sich leicht, denn sie tritt bereits seit<br />

1992 als Märchenerzählerin auf – Wolf<br />

weiß, wie man Zuhörer fesselt. „Bei den<br />

Kindern singe ich zu Beginn ein Lied mit<br />

allen, lese ein Gedicht vor, lasse kurz ein<br />

Glockenspiel erklingen, <strong>und</strong> dann geht<br />

es los“, sagt die 67-Jährige. Ihr Tipp zur<br />

Konzentrationssteigerung: „Immer kurze<br />

Einheiten lesen, dazwischen reden <strong>und</strong><br />

nachfragen <strong>und</strong> somit die Kinder einbeziehen.“<br />

Wolf bezeichnet sich selbst als<br />

„liebevoll <strong>und</strong> gleichzeitig streng“ beim<br />

Vorlesen. Eine bewährte Mischung –<br />

dennoch stellt sie fest: „Es wird seit Jahren<br />

immer schwieriger. Viele Kinder sind<br />

unruhiger als früher.“ Die oberste Lesefüchsin<br />

muss es wissen: Bis jetzt hat Wolf<br />

mehr als 300 St<strong>und</strong>en in Schulen <strong>und</strong> Bibliotheken<br />

vorgelesen.<br />

Computerspiele, DVDs, Internet,<br />

Multifunktions-Handys – keine leichten<br />

Zeiten für das (Vor-)<strong>Lesen</strong>. „Man kann<br />

vermuten, dass früher mehr vorgelesen<br />

wurde, weil das Medienangebot kleiner<br />

war. Aber es bleibt beliebt trotz des vielfältigen<br />

Konkurrenzangebots“, sagt Timo<br />

Reuter. Seine Studien haben ergeben,<br />

dass sich nicht nur kleinere Kinder wünschen,<br />

Geschichten erzählt zu bekommen.<br />

97 Prozent der befragten Schulkinder<br />

sagten, dass sie auch vorgelesen bekommen<br />

möchten. „Interessanterweise gibt es<br />

ab dem sechsten, siebten Lebensjahr einen<br />

Vorleseknick bei den Eltern, wohingegen<br />

der Wunsch bei den Kindern zunimmt.<br />

Denn Vorlesen bedeutet in diesem Alter<br />

komplexere, spannendere <strong>und</strong> anspruchsvollere<br />

Geschichten, als wenn man selbst<br />

Spannende Lektüre, aufmerksame<br />

Kinder, gute<br />

Vorleser – so entstehen<br />

zauberhafte Momente<br />

liest“, sagt der Leseforscher. Und tatsächlich:<br />

Wer Kinder während einer Vorlesest<strong>und</strong>e<br />

beobachtet, wird Zeuge geradezu<br />

magischer Momente. Stille, Spannung<br />

<strong>und</strong> Spaß sorgen bei vielen Zuhörern darüber<br />

hinaus für Veränderungen. „Sie entwickeln<br />

sich im Laufe eines Schuljahres<br />

ohnehin, auch unabhängig vom Vorlesen.<br />

Sie werden reifer. Vor allem die Erstklässler<br />

machen einen enormen Entwicklungsschub.<br />

Aber je häufi ger Kinder unsere<br />

Vorleser<strong>und</strong>en besuchen, desto schneller<br />

erkennen sie die Regeln an, hören immer<br />

besser <strong>und</strong> ruhiger zu <strong>und</strong> formulieren<br />

ihre Kommentare <strong>und</strong> Fragen nuancenreicher“,<br />

hat Christine Ackermann beobachtet.<br />

Sams-Fan Dusan weiß inzwischen,<br />

was im Rest der Woche passiert: Am<br />

Sonntag scheint die Sonne, am Montag<br />

kommt Herr Mon zu Besuch, am Dienstag<br />

ist Dienst <strong>und</strong> Mittwoch bedeutet<br />

Wochenmitte. „Das Sams ist sooo lustig!“,<br />

schwärmt der Junge, der daheim<br />

nicht vorgelesen bekommt. Die Kinderbücher<br />

von Paul Maar führten ihn letztlich<br />

auch zu anderem Lesestoff: „Am liebsten<br />

lese ich mittlerweile Dinosaurier-Bücher.<br />

Ich will später nämlich mal Dinosaurier-Forscher<br />

werden!“ Und das alles nur,<br />

weil in Dusans Schule das Zaubermittel<br />

gegen Bildungsmangel verabreicht wird:<br />

ein Buch <strong>und</strong> eine Stimme.<br />

13


14<br />

Sei gscheit!<br />

„Verstehen gut,<br />

sprechen nix gut“<br />

Wie eine türkische Analphabetin in<br />

München <strong>Lesen</strong> <strong>und</strong> <strong>Schreiben</strong> <strong>lernt</strong><br />

<strong>Fatma</strong> <strong>und</strong> Mahmuriye lüpfen plötzlich ihre Pullis <strong>und</strong> Strickwesten.<br />

Sie zerren fast gleichzeitig ihre weißen Unterhemden<br />

hervor <strong>und</strong> prusten los wie zwei 15-Jährige – „Was ist ein<br />

Hemd?“, wollte die Lehrerin gerade wissen. Derart konkret fallen<br />

die Antworten im Alphabetisierungskurs des Münchner Integrationsprojekts<br />

Initiativgruppe (IG) nicht jedes Mal aus. Aber<br />

Ruth R., eine Gymnasiallehrerin im Ruhestand, die ehrenamtlich<br />

für die IG arbeitet, sorgt dafür, dass es anschaulich zugeht.<br />

Und manchmal wird es eben auch ein klein bisschen albern –<br />

dafür sorgen die Schülerinnen.<br />

Kein W<strong>und</strong>er: Wenn eine gute Handvoll gestandener Frauen<br />

gemeinsam die Schulbank drücken, sind pennälerhafte Verhaltensweisen<br />

inklusive Kichern, Spicken <strong>und</strong> Vorsagen schnell<br />

mit von der Partie – auch wenn die meisten der insgesamt sieben<br />

Frauen aus der Türkei, Togo <strong>und</strong> Albanien nie zuvor eine<br />

Schule besucht haben. <strong>Fatma</strong> zum Beispiel, die wie die meisten<br />

hier nur ihren Vornamen genannt haben möchte. Sie kam<br />

vor fünf Jahren aus der türkischen Provinz Sakarya nach München,<br />

<strong>Lesen</strong> <strong>und</strong> <strong>Schreiben</strong> hatte sie nie ge<strong>lernt</strong>. Irgendwie ging<br />

es als Analphabetin auch hierzulande – genauso, wie ohne größere<br />

Deutschkenntnisse hier zu leben. Dort, wo sie wohnt, im<br />

Münchner Norden, sind fast all ihre Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Nachbarn türkischer<br />

Herkunft.<br />

Heißt es: Mein Mann<br />

„ist” Salat? Oder<br />

„isst“? <strong>Fatma</strong> beim<br />

Einkaufen (l.) <strong>und</strong> mit<br />

ihrer Kurskameradin<br />

Mahmuriye (r.)<br />

Text: Katharina Zeckau<br />

Foto: Irmgard Geelen<br />

Trotzdem: Als auch der jüngste ihrer fünf Söhne volljährig<br />

wurde, schafften es Bekannte, die Frau mit den roten Bäckchen<br />

<strong>und</strong> dem offenen Blick zu einem Kurs in der Karlstraße zu überreden.<br />

Dort sitzt sie nun auch zwei Jahre später noch, in orangefarbenem<br />

Pulli, brauner Wollweste <strong>und</strong> blau-beige geblümtem<br />

Kopftuch. Und liest: „Eine Krast-Steh-Te“, kommt es schleppend,<br />

<strong>und</strong>, nachdem die Lehrerin sie verbessert hat, dann plötzlich<br />

sehr fl üssig: „Eine Gaststätte“. Dreimal die Woche besucht<br />

<strong>Fatma</strong> das Projekt, das sich speziell an Frauen richtet <strong>und</strong> Alphabetisierungs-<br />

<strong>und</strong> Deutschkurs in einem ist. Und obwohl der<br />

Türkin mit ihren 46 Jahren das Lernen leichter fällt als den älteren<br />

Damen in der R<strong>und</strong>e, ist doch auch ihr die Mühsal anzumerken,<br />

die es bereitet, als längst Erwachsene die Muskeln des<br />

Sprechapparats immer wieder erneut vor die Herausforderungen<br />

unbekannter Laute zu stellen, sich das Gesprochene <strong>und</strong> Geschriebene<br />

zu merken <strong>und</strong> darüber auch noch die Bedeutung in<br />

Erinnerung zu behalten.<br />

Etwa vier Millionen Menschen in Deutschland gelten trotz<br />

absolvierter Schulpfl icht als „funktionale Analphabeten“: Sie<br />

können einzelne Buchstaben erkennen <strong>und</strong> vielleicht auch den<br />

eigenen Namen schreiben, längere Texte jedoch nicht verstehen<br />

– etwa 60 000 von ihnen leben in München. Wie viele Analphabeten<br />

mit Migrationshintergr<strong>und</strong> es hierzulande gibt, dazu fehlt


Kezidan, vertieft in<br />

deutsche Grammatik<br />

es an verlässlichen Zahlen. Bekannt ist nur, wie viele von ihnen<br />

Alphabetisierungskurse besuchen: Im Jahr 2007 waren das nach<br />

Angaben des B<strong>und</strong>esverbands Alphabetisierung 2070 Migrantinnen<br />

<strong>und</strong> Migranten in Bayern.<br />

Das B<strong>und</strong>esamt für Migration <strong>und</strong> Flüchtlinge (BAMF) fördert<br />

jeweils 900 St<strong>und</strong>en Unterricht – das klingt nach viel. Wenn<br />

aber, wie bei <strong>Fatma</strong>, das gesamte soziale Umfeld ausschließlich<br />

in der eigenen Muttersprache kommuniziert, ist es schwer, das in<br />

der neuen Sprache Ge<strong>lernt</strong>e auch einzuüben. Dann vergehen die<br />

900 St<strong>und</strong>en, die die Türkin bis zu diesem Sommer absolviert<br />

haben wird, schnell. Tatsächlich fällt es der Frau mit den fre<strong>und</strong>lichen<br />

braunen Augen nach wie vor nicht leicht, sich auf Deutsch<br />

zu verständigen. „Verstehen gut – sprechen nix gut“, fasst es <strong>Fatma</strong><br />

selbst in weichem Singsang zusammen. Für Behördengänge<br />

ist sie noch immer auf Mann oder Sohn angewiesen.<br />

Dennoch hat sie Fortschritte gemacht. Eindeutig zu erkennen:<br />

ihre geübte, gleichmäßige Druckbuchstabenschrift <strong>und</strong> die<br />

Tatsache, dass sie mittlerweile couragiert deutsche Sätze bildet,<br />

auch wenn es mit der Grammatik noch hapert. Lange Zeit, erzählt<br />

ihre Lehrerin, habe <strong>Fatma</strong> überhaupt nicht gesprochen.<br />

Nun ist sie eine der Eifrigsten darin, ihren Kurskolleginnen quer<br />

über die Tische hinweg die Lösungen zuzuzischen, wenn die mal<br />

gerade nicht weiterwissen, ob es nun „ein“ oder „eine Mütze“<br />

heißt. Oder ob man das Verb in dem Satz „Mein Mann isst Salat“<br />

mit einem oder zwei s schreibt – groß ist das Gelächter, als<br />

Ruth R. den Unterschied zwischen beiden Versionen erklärt.<br />

<strong>Fatma</strong> hofft, dass sie auch nach dem Sommer <strong>und</strong> über die<br />

vom BAMF festgelegte St<strong>und</strong>enzahl hinaus weiterlernen kann.<br />

Nicht zuletzt, weil das Wichtigste, das bei dem Kurs in der Karlstraße<br />

vermittelt wird, über reine Sprach-, Schreib- <strong>und</strong> Lesekenntnisse<br />

hinausgeht. Davon erzählt das beständige Murmeln,<br />

Plauschen, Kichern <strong>und</strong> Witzeln, das den kleinen Unterrichtsraum<br />

füllt: vom Spaß <strong>und</strong> dem Selbstvertrauen, das gemeinsames<br />

Lernen zu geben vermag. Und von der Unbefangenheit,<br />

mit der sich auch mal ein kleiner Striptease integrieren lässt, um<br />

das Wort Hemd zu erklären.<br />

Anzeige<br />

Judith Kowalski<br />

15


16<br />

Schreibwerkstatt<br />

Abnehmen ohne Stress (II)<br />

Im Frühjahr 2008 wog ich noch 137,5 Kilo.<br />

Mittlerweile bin ich bei 104 Kilo. 90<br />

Kilo sind mein Ziel – wenn ich das schaffe,<br />

bin ich sehr glücklich. Ich habe bereits<br />

1000 Kilometer auf meinem Heimtrainer<br />

abgestrampelt, <strong>und</strong> seit Ende Januar<br />

nehme ich an einem Aqua-Fit-Kurs teil.<br />

Mit einem Kumpel, der auch abnehmen<br />

möchte, gehe ich außerdem jeden Freitag<br />

ins Nordbad schwimmen. Ich merke, dass<br />

ich fi tter <strong>und</strong> fi tter werde. Alles geht jetzt<br />

komplett einfacher <strong>und</strong> macht viel mehr<br />

Spaß. Heute traue ich mir Dinge zu, die<br />

ich vorher nicht gemacht habe, zum Beispiel<br />

Langlaufen. Ich möchte auch wieder<br />

Fußball spielen, <strong>und</strong> zwar als Torwart,<br />

so wie früher, als ich noch nicht so dick<br />

war. Ich schaue jetzt lieber in den Spiegel,<br />

<strong>und</strong> es motiviert mich, wenn die Leute sagen,<br />

dass ich super aussehe. Es ist auch<br />

ein tolles Gefühl, sich neue Klamotten<br />

zu kaufen, in normaler Größe <strong>und</strong> nicht<br />

in Übergrößen. Früher fi el es mir schwer,<br />

In der Schreibwerkstatt bringen BISS-<br />

Verkäufer unter Anleitung einer Journalistin<br />

ihre Gefühle <strong>und</strong> Gedanken zu<br />

Papier. Die Beiträge geben die persönliche<br />

Meinung der Autoren, nicht die<br />

der Redaktion wieder.<br />

morgens aus dem Bett zu kommen, weil<br />

ich müde <strong>und</strong> schlapp war, keine Motivation<br />

hatte. Jetzt macht es mir wieder<br />

Spaß, früh aufzustehen, so habe ich auch<br />

mehr Zeit für meinen H<strong>und</strong>. Wir können<br />

mehr rausgehen <strong>und</strong> erledigen mehr Dinge.<br />

Ab Mittag, wenn ich zum BISS-Verkaufen<br />

fahre, kann ich mich dann auf die<br />

Arbeit konzentrieren. Ich bin auch lustiger<br />

geworden <strong>und</strong> viel lockerer, weil ich<br />

mich einfach wohler fühle <strong>und</strong> aufgedrehter<br />

bin. Irgendwie bin ich ein neuer<br />

Mensch, worüber ich selbst erstaunt bin.<br />

Ich steige gerne auf die Waage <strong>und</strong> freue<br />

mich über meinen Erfolg.<br />

André Schmitt/SWS<br />

Drahtseilakt<br />

Heute möchte ich mal über jene Personen<br />

schreiben, die unsere Zeitung nicht lesen,<br />

uns Verkäufer aber, wo immer sie<br />

uns antreffen, in jeder nur möglichen<br />

Form belästigen. Ich stehe am Stachus<br />

im Zwischengeschoss, am Aufgang zum<br />

Brunnen. Täglich kommen Tausende<br />

Menschen aller Gesellschaftsschichten an<br />

mir vorbei: Rentner, Arbeitslose, Jugendliche,<br />

Handwerker, Geschäftsleute. Viele<br />

begrüßen mich mit einem fre<strong>und</strong>lichen<br />

„Hallo!“ oder mit einem netten Lächeln.<br />

Leider gibt es aber auch jene Anderen!<br />

Ich erlebe es fast täglich, dass ich übel<br />

beschimpft werde. Da fallen Sätze wie:<br />

„Du Penner, dich sollte man zur Arbeit<br />

prügeln!“ oder „... ins Arbeitslager schicken“,<br />

„du faules Schwein“ usw. Solche<br />

Sachen gehen bei mir meistens ins linke<br />

Ohr rein <strong>und</strong> aus dem rechten Ohr raus.<br />

Schlimmer wird es, wenn man vor mir<br />

ausspuckt, was leider auch des Öfteren<br />

vorkommt. Am schlimmsten aber sind die<br />

Leute (meistens Jugendliche), die der Meinung<br />

sind, sie könnten mich oder meinen<br />

Koffer als Mülleimer benutzen, indem<br />

sie ihren Abfall einfach auf meinem Koffer<br />

ablegen oder versuchen, mich mit irgendwelchem<br />

Kram zu beschießen oder<br />

zu bewerfen. Dazu kommt noch, dass<br />

viele Passanten auch in anderer Hinsicht<br />

wenig Rücksicht auf mich nehmen. Häufi<br />

g werde ich beiseitegestoßen, angerempelt,<br />

oder mein Koffer, den ich immer an<br />

einem Pfeiler ankette, wird herumgerissen.<br />

Ich habe zwar Nerven wie Stahlseile,<br />

aber selbst die sind irgendwann zum Zerreißen<br />

gespannt, so dass ich auch schon<br />

laut geworden bin. Trotz der fast täglichen<br />

Vorkommnisse bemühe ich mich<br />

aber, in Zukunft gefasster zu bleiben <strong>und</strong><br />

diese Leute einfach zu ignorieren.<br />

Dirk Schuchardt/SWS<br />

Mein Weg in die Obdachlosigkeit<br />

Ich wurde 1963 in München in der Maistraße<br />

geboren <strong>und</strong> lebte bis 1970 mit<br />

meinen Eltern in Ramersdorf. Nach deren<br />

Scheidung kam ich zunächst in eine<br />

Einrichtung für schwer erziehbare Kinder<br />

in der damaligen Heckscher-Klinik <strong>und</strong><br />

anschließend in eine Heimschule. Nach<br />

dem Hauptschulabschluss wurde ich<br />

von 1977 bis 1982 im SOS-Jugendhaus<br />

Weilheim untergebracht. Da habe ich eine<br />

Lehre bei der Post gemacht, wo meine<br />

Alkoholabhängigkeit anfi ng. Zunächst<br />

trafen wir uns einmal wöchentlich, dann<br />

drei- bis viermal zu sogenannten „Gewerkschaftstreffen“.<br />

Nach bestandener<br />

Lehre wurde ich 1982 ins Bahnpostamt<br />

München versetzt, das bedeutete nächtliches<br />

Arbeiten in fahrenden Zügen. Es<br />

war eine sehr schöne Zeit, doch nach ein-


einhalb Jahren haben sie rationalisiert,<br />

<strong>und</strong> alle, die noch keine drei Jahre dabei<br />

waren, mussten in den Innendienst in<br />

die Hopfenstraße. Dort haben alle gesoffen,<br />

Frauen wie Männer, auf allen Hierarchieebenen.<br />

1990 wurde mir im beiderseitigen<br />

Einvernehmen gekündigt. Somit<br />

musste ich auch aus dem Postwohnheim<br />

ausziehen. Ich wohnte dann meist wochenweise<br />

bei Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Bekannten,<br />

bevor ich 1992 endgültig auf der Straße<br />

landete. Bis 1996 machte ich Platte <strong>und</strong><br />

schlug mich mit Gelegenheitsarbeiten<br />

von der Jobbörse oder dem sogenannten<br />

Schnelldienst durch.<br />

Ernst Köppel/SWS<br />

Hätte, wäre, wenn . . .<br />

Ich mache mir des Öfteren Gedanken<br />

darüber, was gewesen wäre, wenn ich<br />

bei der einen oder anderen Sache anders<br />

entschieden oder anders gehandelt hätte.<br />

Wie beispielsweise beim Übertritt aufs<br />

Gymnasium. Obwohl meine Noten ausreichten,<br />

rieten die Lehrer, die mich <strong>und</strong><br />

meinen mangelnden häuslichen Eifer<br />

kannten, vom Übertritt ab. Ich aber habe<br />

mich daran festgeklammert: Gymnasium,<br />

Gymnasium, Abitur, Abitur. Heute, 32<br />

Jahre später, meine ich, es war vielleicht<br />

eine Fehlentscheidung. Hätte ich nicht<br />

lieber die Hauptschule besucht <strong>und</strong> etwas<br />

Bodenständiges ge<strong>lernt</strong>? Ich war letztlich<br />

bis zur Mittleren Reife auf dem Gymnasium,<br />

meine Leistungen ließen aber<br />

zur 10. Klasse hin kontinuierlich nach,<br />

<strong>und</strong> ich befürchtete, das Abitur nicht zu<br />

schaffen. Da kam mir die Eröffnung einer<br />

Gesamtschule in Istanbul gelegen, wo<br />

ich die Schullaufbahn in nur einem restlichen<br />

Schuljahr beenden konnte. Wäre ich<br />

doch in München geblieben! Zwar ließen<br />

sich die ersten Monate in der Türkei<br />

gut an, aber gegen Ende des Schuljahrs<br />

kam ich mehrmals in die dortige Psychiatrie.<br />

Das waren die ersten Kontakte mit<br />

der Psychiatrie <strong>und</strong> die schlimmsten. Vermutlich<br />

kam ich ohne die elterliche Obhut<br />

nicht klar <strong>und</strong> erkrankte deshalb. In<br />

Istanbul geblieben, hätte ich nach der<br />

Mittleren Reife wohl notgedrungen eine<br />

Ausbildung begonnen. Nach dem dritten<br />

Aufenthalt in der türkischen Nervenheilanstalt<br />

holte mich mein Vater wieder zurück<br />

nach München. Um mit meinem türkischen<br />

Abitur hier studieren zu können,<br />

hätte ich zuerst ein Semester in der Türkei<br />

absolvieren müssen. So büffelte ich fl eißig<br />

<strong>und</strong> schaffte die Zulassung zum Germanistik-Studium<br />

an der Marmara-Universität<br />

in Istanbul. Aber dann wollte ich<br />

mich doch auf kein neues Istanbul-Abenteuer<br />

einlassen <strong>und</strong> begann eine Ausbildung<br />

in einem Münchner Supermarkt;<br />

eine Banklehre war mir zu bieder. Aber<br />

auch im Supermarkt kam ich nicht recht<br />

klar, <strong>und</strong> ich strebte an, das Fachabitur<br />

auf der Fachoberschule zu erweben. Allerdings<br />

kamen mehrere Psychiatrieaufenthalte<br />

dazwischen, sodass ich jahrelang in<br />

der Schwebe war. 1992 fi ng ich als Wachmann<br />

zu arbeiten an <strong>und</strong> machte derweil<br />

erfolgreich den Abschluss zur IHK-Werkschutzfachkraft.<br />

Aber wieder kam ein<br />

Schub, der mich in die Psychiatrie führte.<br />

Bei der Arbeit als Pförtner <strong>lernt</strong>e ich meine<br />

heutige Frau kennen, <strong>und</strong> wir heirateten<br />

bald. Das ist auch so eine Sache, wo<br />

ich überlege: Hättest du das besser nicht<br />

getan? Oder zumindest nicht vier Kinder<br />

in die Welt gesetzt? Meine erste längere<br />

Beschäftigung verlor ich wieder wegen<br />

meiner Krankheit, die sich wie ein roter<br />

Faden durch mein Leben zieht. Auch den<br />

Hausmeister- <strong>und</strong> Reinigungsservice, den<br />

ich nach der Heirat aufbaute, gab ich wegen<br />

einer Krankheitsepisode auf. Hätte<br />

ich es nicht besser gleich sein lassen sollen?<br />

Hätte, wäre, wenn . . .<br />

Ercan Uzun/SWS<br />

Memento mori<br />

Der BISS-Verkäufer<br />

Carl-Wilhelm Sachse<br />

machte dieses Foto<br />

vom BISS-Grab auf<br />

dem Ostfriedhof<br />

Dreizehn Uhr zwanzig am Rosenheimer<br />

Platz, im S-Bahn-Untergeschoss vor der<br />

Bäckerei. 25 BISS-Verkäufer/innen <strong>und</strong><br />

die Büromannschaft haben sich hier versammelt.<br />

Die Stimmung ist gedämpft,<br />

<strong>und</strong> auch wenn keiner der Verkäufer einen<br />

schwarzen Anzug trägt: Es geht zu<br />

einer Beerdigung. Ein BISS-Verkäufer ist<br />

gestorben. Ein-, zweimal im Jahr muss<br />

die BISS-Gemeinschaft von einem der ihren<br />

Abschied nehmen. Viele der Verkäuferinnen<br />

<strong>und</strong> Verkäufer haben eine wechselhafte<br />

Lebensgeschichte hinter sich,<br />

manche haben keine Verbindungen zu<br />

ihren Familien mehr. BISS lässt sie aber<br />

auch in ihren Problemen nicht allein. Auf<br />

dem Ostfriedhof hat BISS eine Begräbnisstelle<br />

erworben, auf drei Marmorstelen<br />

sind die Namen der sechs Verkäufer eingraviert,<br />

die in den letzten vier Jahren<br />

verstorben sind <strong>und</strong> hier begraben liegen.<br />

Und jedes Mal war es ein würdiger Abschied.<br />

Manfred Karsunke, langjähriger<br />

BISS-Verkäufer am Ostbahnhof, starb im<br />

März 2009 mit 69 Jahren an Krebs. Er<br />

war ein Kumpel <strong>und</strong> guter Kollege, den<br />

wir nicht vergessen werden. Auch seine<br />

Stammk<strong>und</strong>en werden sich sicher noch<br />

an ihn erinnern.<br />

C.W. Sachse/SWS<br />

17


18<br />

Sei gscheit!<br />

Blick in eine ungewisse<br />

Zukunft: vermutlich<br />

nur knapp die Hälfte<br />

der Schüler bekommt<br />

einen Ausbildungsplatz<br />

Berufsziel:<br />

Hip-Hop-Star<br />

oder Busfahrer<br />

Text: Daniela Walther<br />

Foto: Volker Schmitt<br />

Wer die Hauptschule abbricht oder noch keinen<br />

Ausbildungsplatz hat, muss auf die Städtische Berufsschule<br />

zur Berufsvorbereitung. Lust darauf hat<br />

fast kein Schüler – doch irgendwie funktioniert der<br />

Unterricht trotzdem<br />

Zum Beispiel Abdi. „Ein begnadeter Hip-Hopper“, erzählt sein<br />

Lehrer Siegfried Hummelsberger begeistert, bedauert jedoch<br />

gleichzeitig: „Aber was zählt das da draußen schon?“ Dabei hat<br />

sich schon manch ehemaliger Dauerschwänzer <strong>und</strong> Leistungsverweigerer<br />

im richtigen Umfeld <strong>und</strong> mit ein wenig Unterstützung<br />

doch als guter Schüler oder zuverlässiger Mitarbeiter entpuppt.<br />

Was also spricht dagegen, einem begnadeten Hip-Hopper<br />

eine Chance zu geben? Abdi aber hat noch keinen Ausbildungsplatz<br />

gef<strong>und</strong>en. Herr Hummelsberger meint dennoch: „Man<br />

muss den Schatz nur heben.“


Oder Olcay. Der hat aufs Bewerbungen-<strong>Schreiben</strong> so gar keinen<br />

Bock mehr. „Das hat doch eh keinen Sinn“, weicht er aus,<br />

als der Lehrer ihn fragt, ob er noch Bewerbungen verschickt<br />

oder bei der Arbeitsagentur nach weiteren Lehrstellenangeboten<br />

gefragt habe. Aber: Olcay hat ein Ziel. Er will den Quali. Und<br />

dann will er unbedingt Trambahn- oder Busfahrer werden.<br />

Ob es Hip-Hop ist oder das feste Ziel, Trambahnfahrer zu<br />

werden: Das Gute im Schüler suchen, vielleicht scheitern, weitersuchen,<br />

darum geht es Hummelsberger. Dabei sind die Bedingungen,<br />

unter denen Lehrer <strong>und</strong> Schüler in der Städtischen Berufsschule<br />

zur Berufsvorbereitung am Bogenhausener Kirchplatz<br />

arbeiten, schwierig. Hier müssen – zumindest theoretisch – all<br />

jene Jugendlichen aus dem Großraum München, die die Hauptschule<br />

ohne Abschluss verlassen beziehungsweise noch keinen<br />

Ausbildungsplatz gef<strong>und</strong>en haben, ein Berufsvorbereitungsjahr<br />

(BVJ) absolvieren. Sofern sie auftauchen. Viele Jugendliche, die<br />

eigentlich noch schul- bzw. berufsschulpfl ichtig wären, erscheinen<br />

erst gar nicht zur Einschreibung. Andere brechen die Schule<br />

nach ein paar Tagen oder Wochen ab. Einige kommen zwar immer<br />

mal wieder, aber unregelmäßig. Zwei von den vier Sekretärinnen<br />

am BVJ sind deshalb ausschließlich mit der Abwesenheit<br />

von Schülern <strong>und</strong> Schülerinnen beschäftigt: Sie telefonieren hinter<br />

den Jugendlichen <strong>und</strong> nicht selten auch hinter deren Erziehungsberechtigten<br />

her, fordern telefonisch <strong>und</strong> schriftlich zum<br />

Schulbesuch auf, verwalten Fehlzeiten <strong>und</strong> dokumentieren schuldisziplinarische<br />

Maßnahmen, denen irgendwann Bußgeldbescheide<br />

folgen. „Aber es gibt eben auch die, die regelmäßig teilnehmen,<br />

die sich engagieren <strong>und</strong> das Ruder noch mal rumreißen<br />

wollen“, sagt Schulleiter Klaus Seiler. „Und diesen Jugendlichen<br />

wollen wir einen erfolgreichen Einstieg in die Berufsausbildung<br />

ermöglichen.“ Neben den Fachklassen, deren theoretischer wie<br />

praktischer Unterricht sich an acht Berufsfeldern aus dem Handwerk<br />

<strong>und</strong> dem Dienstleistungssektor orientiert, erhalten Jugendliche<br />

mit nichtdeutscher Muttersprache Unterricht in Deutsch<br />

als Zweitsprache. Außerdem stehen EDV, Sport <strong>und</strong> Arbeiten in<br />

der Produktionsschule auf dem St<strong>und</strong>enplan. Bei der Suche nach<br />

Betriebspraktika arbeitet die Schule eng mit Partnern aus Wirtschaft,<br />

Industrie <strong>und</strong> Handwerk zusammen.<br />

„Fakt ist trotzdem“, konstatiert Georg Prahl, Fachbetreuer<br />

Metall, Computerlehrer am BVJ <strong>und</strong> seit 33 Jahren im Schuldienst,<br />

„dass unsere Schüler da draußen kaum Chancen haben.<br />

Um wirklich jeden Schüler <strong>und</strong> jede Schülerin dort abzuholen,<br />

wo er oder sie gerade steht, bräuchten wir kleinere Klassen <strong>und</strong><br />

wieder mehr Praxisst<strong>und</strong>en. Da erleben sie die größten Erfolge<br />

<strong>und</strong> erwerben außerdem handwerkliche Gr<strong>und</strong>fertigkeiten. Ausbildungsbetriebe<br />

wissen das zu schätzen.“ 2008 bekamen 46<br />

Prozent des Jahrgangs einen Ausbildungsplatz. Die restlichen<br />

54 Prozent landeten in Maßnahmen der Arbeitsagentur, bekamen<br />

Aushilfsjobs oder Hartz IV. Doch Schulleiter Klaus Seiler<br />

will den Erfolg seiner Schule nicht an schnöden Zahlen messen.<br />

Zahlen spiegelten nichts von den Leistungen <strong>und</strong> Erfolgen wider,<br />

die hier täglich von Schülern, Lehrkräften <strong>und</strong> Sozialarbeitern<br />

errungen würden.<br />

Bis auf Johannes, der im Anschluss an ein Praktikum bei<br />

einem Lebensmitteldiscounter auf 400-Euro-Basis übernommen<br />

wurde <strong>und</strong> den vom ersehnten Ausbildungsvertrag nur noch eine<br />

bestandene Qualiprüfung trennt, hat noch keiner etwas Konkretes<br />

in Aussicht. Adelina hat zwar einen Job als Aushilfe bei<br />

einer Drogeriekette, ausgezeichnete Noten <strong>und</strong> den Quali qua-<br />

si schon in der Tasche – eine Lehrstelle hat aber auch sie noch<br />

nicht. Michael will nach bestandenem Quali weiter zur Schule<br />

gehen <strong>und</strong> den Realschulabschluss versuchen. So kann er den<br />

Bewerbungsmarathon noch ein oder zwei Jahre aufschieben.<br />

Ein Erfolgserlebnis – das könnten sie alle brauchen: Dognay <strong>und</strong><br />

Elif, die am liebsten Friseurinnen werden wollen, aber auch in<br />

den Verkauf gehen würden; Nadine <strong>und</strong> Vanessa, die beide von<br />

einer Ausbildung zur Kinderpfl egerin träumen.<br />

Noch eine Viertelst<strong>und</strong>e bis Schulschluss. Die zehnte Klasse<br />

setzt sich zum Stuhlkreis. Wie der Stand der Dinge so ist,<br />

will Hummelsberger wissen. Langsam wird’s ernst. Nach den<br />

Pfi ngstferien steht für einen Teil der Klasse der Quali an. Für die<br />

anderen heißt es weiterhin: Bewerbungen schreiben, sich – wenn<br />

möglich – persönlich in Ausbildungsbetrieben nach einer Lehrstelle<br />

erk<strong>und</strong>igen, bei der Arbeitsagentur nachfragen. Das ganze<br />

Programm eben. Andernfalls landen sie in irgendeiner Maßnahme<br />

der Arbeitsagentur – nicht selten der Beginn einer Karriere<br />

im sogenannten Übergangssystem. Das will keiner von ihnen:<br />

sich jahrelang von Maßnahme zu Maßnahme hangeln, immer<br />

nur pendeln zwischen unbezahlten Praktika, Bewerbungstrainings<br />

<strong>und</strong> Unterrichtseinheiten, an deren Ende – so sehr sich die<br />

zahlreichen Träger auch mühen mögen – selten wirkliche berufliche<br />

Perspektiven, sondern meist nur ein weiteres Praktikum<br />

oder eine weitere Maßnahme stehen.<br />

Diese Gefahr besteht vor allem für die Migranten unter den<br />

Schülern. Sabine Heckelmann ist Oberstudienrätin <strong>und</strong> hat<br />

früher an einer Berufsschule unterrichtet. Am Bogenhausener<br />

Kirchplatz ist sie in einer speziellen Migrantenklasse Lehrerin<br />

für Deutsch als Zweitsprache: „Hier zählen nicht kleine, sondern<br />

kleinste Erfolge“, sagt sie – <strong>und</strong> wirkt dabei keine Spur<br />

verbittert oder resigniert. Im Gegenteil: Sie ist richtig fröhlich,<br />

wenn sie von ihren Schülern erzählt. Und das, obwohl sie die banalsten<br />

Dinge immer wieder erklären, kontrollieren <strong>und</strong> einfordern<br />

muss: wie Arbeitsblätter in eine Mappe einzuordnen <strong>und</strong><br />

dass sie zur nächsten St<strong>und</strong>e wieder mitzubringen sind; dass die<br />

Hausaufgabe richtig von der Tafel ins Heft übertragen <strong>und</strong> dann<br />

auch gemacht wird; dass Wörter <strong>und</strong> Sätze nicht irgendwie aufs<br />

Papier geschmiert, sondern auf eine Zeile geschrieben werden.<br />

Ihre Schüler gehören den unterschiedlichsten Nationen an. Manche<br />

sind allein <strong>und</strong> ohne Eltern als Flüchtlinge nach Deutschland<br />

gekommen <strong>und</strong> leben in Gemeinschaftsunterkünften. Andere<br />

wurden von ihren Familien im Rahmen des Familiennachzugs<br />

nachgeholt. So unterschiedlich der kulturelle Hintergr<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> das soziale Umfeld der Jugendlichen auch sein mögen, allen<br />

gemeinsam sei, erklärt Heckelmann, eine gewisse Entwurzelung<br />

<strong>und</strong> eine sich durch alle Lebensbereiche ziehende Perspektiv-<br />

<strong>und</strong> Strukturlosigkeit. „Mit reiner Wissensvermittlung ist es<br />

nicht getan, wir müssen hier vor allem Erziehungs- <strong>und</strong> Elternarbeit<br />

leisten, sprich: Gr<strong>und</strong>regeln, Werte <strong>und</strong> Schlüsselqualifi<br />

kationen wie Pünktlichkeit <strong>und</strong> Aufmerksamkeit, Leistungsbereitschaft<br />

<strong>und</strong> Respekt einüben <strong>und</strong> einfordern. Wir müssen<br />

streng sein, aber auch verständnisvoll; Grenzen setzen, aber Regeln<br />

auch fl exibel handhaben können. Viele machen hier zum<br />

ersten Mal die Erfahrung, dass ihnen jemand zuhört <strong>und</strong> sich<br />

für sie interessiert. Die Schule gibt ihnen Halt <strong>und</strong> ihrem Tag<br />

Struktur“, sagt sie. „Sie kommen zwar zu spät, aber sie kommen.“<br />

Und irgendwann kommen sie dann pünktlich <strong>und</strong> haben<br />

sogar ihr komplettes Arbeitsmaterial dabei. Sabine Heckelmann<br />

muss sich über sehr kleine Erfolge freuen – <strong>und</strong> sie kann es.<br />

19


20<br />

Sei gscheit!<br />

Philosophen<br />

der Straße<br />

Die University of Notre Dame im US-B<strong>und</strong>esstaat Indiana bietet<br />

Literaturkurse für ganz besondere Studenten an: Obdachlose<br />

Normalerweise leben sie eher am Rande<br />

der Gesellschaft <strong>und</strong> beobachten das<br />

Treiben von außen. Nun sind sie für eine<br />

Weile inmitten des Geschehens. Zehn<br />

Männer hocken im neogotischen Gebäude<br />

der Notre-Dame-Universität in<br />

South Bend im US-B<strong>und</strong>esstaat Indiana.<br />

Sie sind keine normalen Studenten,<br />

auch wenn vor ihnen auf den Tischen anspruchsvolle<br />

Texte ausgebreitet liegen. Einer<br />

ist von Platon: „Apologie. Des Sokrates<br />

Verteidigung“.<br />

Irgendwann, auf den nächtlichen Straßen<br />

von Amerika, hat sich die Seele dieser<br />

zehn Männer gekrümmt. Stephen Fallon,<br />

renommierter Literaturprofessor der Universität,<br />

will sie wieder aufrichten. Zehn<br />

Jahre ist es her, dass der 54-Jährige die<br />

Literaturseminare für Obdachlose ins Leben<br />

gerufen hat. „Mich hat der Umstand<br />

gestört, dass ich an einer reichen US-Elite-Uni<br />

unterrichte“, erzählt er. Die wählt<br />

ihre Studenten, wie die meisten amerikanischen<br />

Colleges, überproportional häufi<br />

g aus Familien mit höherem Einkommen.<br />

Da stieß Stephen Fallon eines Tages<br />

auf eine Geschichte in „Harper’s“, dem<br />

ältesten Magazin der USA: Darin beschrieb<br />

der Autor Earl Shorris Literaturseminare<br />

für benachteiligte Erwachsene,<br />

die er in Manhattan gehalten hatte.<br />

Er glaubte, es würde armen, ungebildeten<br />

Menschen „mehr helfen, die Worte von<br />

Sokrates <strong>und</strong> Platon zu verstehen, als die<br />

Kniffe eines technischen Jobs zu lernen“.<br />

Stephen Fallon war von der Idee begeistert.<br />

„Ich dachte sofort an unser Obdachlosen-Zentrum<br />

in South Bend“, sagt<br />

er mit weicher Stimme <strong>und</strong> in die Worte<br />

verschluckendem amerikanischem Slang.<br />

„Ich musste handeln.“<br />

Gemeinsam mit dem damaligen Direktor<br />

der Obdachlosen-Herberge von South<br />

Bend gründete er ein Studienprogramm<br />

für Straßenbewohner. Indem sie Bücher<br />

lasen, sollten sie lernen, „autonomer zu<br />

denken <strong>und</strong> aktive Bürger zu werden“.<br />

Obdachlose, die von manchen, romantisch<br />

verklärend, „Philosophen der Straße“<br />

genannt werden – ausgerechnet sie<br />

sollten nun das Wesen des Menschen,<br />

Gottes <strong>und</strong> der Welt erfassen. Nur, welche<br />

Fragen stellen sich für diese außergewöhnlichen<br />

Studenten? Haben sie überhaupt<br />

welche?<br />

Fallon sucht den Dialog mit den Leuten<br />

der Straße. „Ich bin der Sokrates von<br />

heute“, kokettiert er. Ob es nun um moralische<br />

Kategorien oder um die Irrwege<br />

der Protagonisten im Laufe eines Stückes<br />

geht: „Wir suchen nach Fragen, die nicht<br />

schwarz-weiß sind <strong>und</strong> auf die es keine<br />

richtigen oder falschen Antworten gibt.“<br />

Etwas anderes wäre zu simpel.<br />

Welcher Mensch vermag zu erklären,<br />

warum er mit einem Male gestrandet ist<br />

<strong>und</strong> das Leben seither nur noch von draußen<br />

verfolgt? „Gerade diese klassischen<br />

Texte überleben, weil sie die Komplexität<br />

unseres Lebens <strong>und</strong> die moralischen Herausforderungen,<br />

die es an uns stellt, refl<br />

ektieren“, sagt Fallon.<br />

„Wir nutzen die Zeit, um über unser<br />

Leben nachzudenken“, sagt Michael<br />

A. Newton. Er ist Mitte fünfzig <strong>und</strong><br />

stammt ursprünglich aus New York. Er<br />

war 16 Monate obdachlos <strong>und</strong> lebt jetzt<br />

im Zentrum für Obdachlose von South<br />

Bend. Durch die literarischen Diskurse<br />

an der Universität hat sich etwas in seiner<br />

Seele verändert: „Sokrates hat mir klargemacht,<br />

dass ich den Mut haben muss,<br />

mich zu bilden <strong>und</strong> mich für etwas einzusetzen“,<br />

sagt er energisch. „Die meisten<br />

meiner Fre<strong>und</strong>e haben zu lange ihre eigene<br />

Schwäche gerechtfertigt.“ Sie würden<br />

durch die Beschäftigung mit der Literatur<br />

erfahren, dass es möglich ist, wieder


dazuzugehören, „wenn man will“. Doch<br />

das gelingt nicht immer.<br />

„Der große Unterschied zwischen unseren<br />

obdachlosen <strong>und</strong> unseren übrigen<br />

Studenten liegt in ihren radikal unterschiedlichen<br />

Lebenserfahrungen“, sagt<br />

Stephen Fallon. Er weiß, seine Zuhörer<br />

stehen mit ihren Biografi en für die Fallhöhe<br />

<strong>und</strong> die Widersprüche der menschlichen<br />

Existenz. Tasten sie sich deshalb<br />

anders an bestimmte Themen heran als<br />

behütete, unerschütterte Bürgerskinder?<br />

Der Lehrplan der Kurse sei dem allgemeinen<br />

angepasst, doch die obdachlosen<br />

Studenten hätten ein anderes, weiteres<br />

Verständnis für manche Stücke. Sie würden<br />

beispielsweise mit dem Durcheinander<br />

<strong>und</strong> der Entfremdung in Shakespeares<br />

„Der Sturm“ mehr anfangen können.<br />

Und auch Augustinus’ Ringen mit der<br />

Entscheidung zwischen Sünde <strong>und</strong> Leidenschaft<br />

erspüren sie feinsinnig. „Sie suchen<br />

nach Parallelen zu den eigenen inneren<br />

Kämpfen, die ihnen vertraut sind“,<br />

erklärt Fallon. So vergleichen sie Augustinus’<br />

Konfl ikt mit dem eines Drogensüchtigen,<br />

den sie kennen <strong>und</strong> der auch<br />

gefangen sei zwischen Abhängigkeit <strong>und</strong><br />

Vernunft.<br />

„Fragen, die sich für ‚normale‘ Studenten<br />

nur rein theoretisch stellen, sind<br />

für die Obdachlosen teilweise physischexistenziell“,<br />

so Stephen Fallon.<br />

Manche von denen, die von der Straße<br />

hierherkommen, haben einen akademischen<br />

Abschluss, manche büffeln für<br />

ein Äquivalent zum Abitur. In den kostenfreien<br />

Kursen sehen sie die Chance,<br />

den Anschluss wiederzufi nden.<br />

An einem Abend in der Woche, 90 Minuten<br />

lang, tauchen sie in das bildungsbürgerliche<br />

Universum ein, seien es die<br />

Schriften von Machiavelli, Darwin <strong>und</strong><br />

Konfuzius, Texte von Virginia Woolf,<br />

Kurzgeschichten von Doris Lessing <strong>und</strong><br />

Salinger oder Martin Luther Kings Brief<br />

aus dem Gefängnis von Birmingham.<br />

Allerdings: Der schöngeistige Hafen<br />

bewahrt nicht alle vor neuerlichen Abstürzen.<br />

„Es ist unser Ziel, jeden von der<br />

Straße wegzuholen, ihm einen Job <strong>und</strong><br />

ein Apartement zu besorgen“, sagt Stephen<br />

Fallon. Der Verschleiß ist groß,<br />

bis zum Ende des Semesters hält meist<br />

nur die Hälfte der eingeschriebenen Studenten<br />

durch. Manche nehmen Jobs an,<br />

die mit den Kurszeiten kollidieren. Andere<br />

fi nden das Klassenzimmer nicht, das<br />

sie suchen. „Ab <strong>und</strong> zu verlieren wir ei-<br />

nen an die Drogen, einer starb zwischen<br />

zwei Kursen an einer Überdosis.“ In den<br />

zehn Jahren des Projekts hat er häufi g mit<br />

angesehen, wie seine Hobby-Philosophen<br />

auf die Straße zurückkehrten. Er weiß: Es<br />

gibt keine Erfolgsstatistiken.<br />

Ein letztlich zweckloses Unterfangen?<br />

Stephen Fallon behauptet, es gehe ihm<br />

nicht bloß um die Literatur, sondern darum,<br />

dass die Menschen für einen kurzen<br />

Moment spüren, wie es sein kann, wenn<br />

man einen Platz hat in der Welt. Daher<br />

gehören auch Ausfl üge in Konzerte,<br />

Opern, ins Baseball-Stadion oder in Museen<br />

zum Programm. „Der schönste Trip<br />

war eine Vorstellung von Mozarts ,Zauberfl<br />

öte‘ in der Oper von Chicago, 90<br />

Meilen von hier“, erinnert sich eine ehemalige<br />

Teilnehmerin, die ihren Namen<br />

nicht nennen will. Sie hat jetzt einen Job<br />

gef<strong>und</strong>en. Sie ist Verkäuferin.<br />

Bisher beteiligen sich mehr Männer als<br />

Frauen an den Kursen, doch das kostenfreie<br />

Angebot soll künftig auch für allein<br />

erziehende Mütter attraktiv werden. Die<br />

Kinder sollen dann von Studenten betreut<br />

werden.<br />

Fallons Projekt hat sich etabliert, <strong>und</strong><br />

doch kämpft er seit zehn Jahren um die<br />

Finanzierung. Trotz mancher Tiefschläge<br />

ging sein Idealismus nicht verloren. „Ich<br />

weiß zwar, dass Philosophen die Welt nur<br />

interpretieren, aber nicht verändern können“,<br />

sagt er, Marx zitierend. Aber vielleicht<br />

geht ja das Interpretieren dem Verändern<br />

des eigenen Lebens voraus.<br />

Text: Maxi Leinkauf<br />

Foto: Public Domain/Wikipedia<br />

Feine Adresse, auch für Obdachlose:<br />

die University of Notre Dame<br />

21


22<br />

Sei gscheit!<br />

Lebenslänglich<br />

Hausaufgaben<br />

Angeblich hat nur Erfolg, wer<br />

sich ständig weiterbildet. Doch<br />

wollen wir wirklich pausenlos<br />

lernen?<br />

Bildung gehört seit 1948 zu den Menschenrechten,<br />

neuerdings hierzulande<br />

auch zu den Bürgerpfl ichten, <strong>und</strong> zwar<br />

von der Wiege bis ins Grab. Senioren, die<br />

was auf sich halten, lösen keine Kreuzworträtsel<br />

mehr, sie betreiben Gehirnjogging<br />

auf Teufel komm raus, besuchen<br />

Kurse bei der VHS, frischen ihr Schulenglisch<br />

auf, surfen im Internet um die<br />

Wette. All das hilft gegen Gedächtnislücken<br />

<strong>und</strong> beugt dem vorzeitigen Schw<strong>und</strong><br />

der grauen Zellen vor – das behaupten zumindest<br />

Ges<strong>und</strong>heitsapostel <strong>und</strong> Medien.<br />

Früh übt sich. Kaum geboren, bekommt<br />

das Baby sein persönliches Trainingscenter<br />

vor die Nase gehängt: das<br />

Mobile. Wenn möglich, gibt es dazu ein<br />

chinesisches Au-pair; wenn nicht, meldet<br />

man den Sprössling unbedingt in einem<br />

zweisprachigen Kindergarten an. Ein paar<br />

Sätze Türkisch oder Griechisch könnte<br />

er locker von den Nachbarn mitnehmen,<br />

aber das würde die Karriereaussichten<br />

nicht verbessern. Englisch, Französisch<br />

<strong>und</strong> Mandarin schon eher. Der Nachwuchs<br />

muss von Anfang an gefördert<br />

werden, <strong>und</strong> das deutsche Schulsystem<br />

ist minderwertig – diese Botschaften haut<br />

man uns ständig um die Ohren. Die Pisa-<br />

Studie hat dem nationalen Selbstbewusstsein<br />

einen ziemlichen Schlag versetzt,<br />

die Wirtschaftskrise gibt ihm den Rest.<br />

Nachsitzen muss die ganze Bevölkerung.<br />

Wer sich, wie ich damals, auf den<br />

letzten Schultag irrsinnig gefreut hatte<br />

<strong>und</strong> felsenfest daran glaubte, endlich frei<br />

zu sein, wird eines Besseren belehrt: Es<br />

ist nie vorbei mit den Hausaufgaben. Wer<br />

nicht bereit ist, sich ständig wieder welche<br />

aufbrummen zu lassen, braucht nicht zu<br />

jammern, wenn er seine Arbeit verliert.<br />

Oder von vornherein keine fi ndet. Heimtückisch<br />

gibt man uns zu verstehen, dass<br />

in Zeiten globaler Katastrophen unsere<br />

Politiker ihr Bestes geben, um das System<br />

zu retten. Wenn es für einige von uns<br />

doch nicht klappt, sind wir selber schuld.<br />

Wir sind nicht gut genug, unterqualifi -<br />

ziert oder im falschen Beruf – wer wissen<br />

möchte, welcher richtig ist, fragt am<br />

besten einen Wahrsager. Oder geht zur<br />

Arbeitsagentur; hier werden Bildungsgutscheine<br />

verteilt. R<strong>und</strong> 14000 Bildungsanbieter<br />

servieren den Lernwilligen<br />

an die 400 000 zertifi zierte Maßnahmen.<br />

Damit kann man die berufl iche Biografi e<br />

für potenzielle Arbeitgeber schmackhafter<br />

machen, sein Hirn mit Informationen<br />

zustopfen <strong>und</strong> seine Freizeit dermaßen<br />

reduzieren, dass einem keine St<strong>und</strong>e für<br />

selbstständiges Denken übrig bleibt.<br />

Etwa 17 Millionen Bürger sollen angeblich<br />

„maßnahmenberechtigt“ sein.<br />

Das kann so aussehen: anderthalb Jahre<br />

wieder die Schulbank drücken, jeden<br />

Abend <strong>und</strong> jedes Wochenende pauken,<br />

ein schlechtes Gewissen haben,<br />

wenn man doch ein paar Tage nach Italien<br />

fährt. Sozialleben auf Eis gelegt. Am<br />

Schluss bleiben ein schönes Zeugnis, die<br />

Hoffnung auf eine sichere Stelle <strong>und</strong> die<br />

Frage, ob man nicht lieber die Zeit mit<br />

den Kindern verbracht oder etwas ge<strong>lernt</strong><br />

hätte, was einen wirklich interessiert.<br />

Wenn die Arbeit Mangelware wird,<br />

überzieht man das Land mit Bildungsterror,<br />

dann werden aus Erwachsenen handsame<br />

Schüler, die niemals auf dumme<br />

Gedanken kommen. Doch die Zahl der<br />

Renitenten wächst. Und von ihnen werden<br />

wir eines Tages hören. Hoffentlich.<br />

Text: Fabienne Pakleppa


Hotel BISS<br />

Hotel BISS, grüß Gott!<br />

Die gemeinnützige <strong>und</strong> mildtätige Stiftung BISS möchte das<br />

Münchner Frauen- <strong>und</strong> Jugendgefängnis Am Neudeck unter<br />

Einhaltung des Denkmalschutzes <strong>und</strong> Erhalt des alten Baumbestands<br />

in ein Hotel der gehobenen Klasse umbauen, um damit<br />

eine umfassende, erstklassige Ausbildung <strong>und</strong> Qualifi zierung<br />

von etwa 40 jungen Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten<br />

möglich zu machen. Hotel BISS wird 72 Zimmer haben.<br />

In einem separaten Gebäudeteil werden elf altengerechte<br />

Wohnungen im Rahmen eines Konzepts vermietet, das die „Zusammenführung<br />

der Lebenswelten“ zum Inhalt hat. Die Erfahrungen<br />

<strong>und</strong> die Professionalität der Älteren sollen aktiv für die<br />

zu qualifi zierenden Jüngeren genutzt werden. Das denkmalgeschützte<br />

Ensemble Am Neudeck wird erhalten, zur Freude<br />

aller Bürger.<br />

Um das Hotelprojekt realisieren zu können, ist es notwendig,<br />

bereits jetzt Spenden zu sammeln, obwohl wir noch nicht sicher<br />

wissen, ob wir das Gr<strong>und</strong>stück vom Freistaat Bayern bekommen.<br />

Die Bayerische Landesstiftung fördert das Projekt mit 2,5<br />

Millionen Euro. Dieser Betrag wird für den Kauf des Gefängnisgr<strong>und</strong>stücks<br />

Am Neudeck 10 eingesetzt, das der Freistaat voraussichtlich<br />

im Herbst veräußern wird.<br />

Ihre Spende trägt dazu bei, dass die Stiftung BISS das zusätzlich<br />

notwendige Eigenkapital von drei Millionen Euro für den Umbau<br />

aufbringen kann. Wir brauchen Ihre Spenden jetzt, denn<br />

das Hotel als Social Business trägt sich schon nach der Eröffnungsphase<br />

selbst! Für Ihre Spende gibt es zwei Möglichkeiten:<br />

1. Sie sind damit einverstanden, dass Ihre Spende von der Stiftung<br />

BISS für die Baukosten des Hotels verwendet wird. Die Stiftung<br />

wird das Hotel an die zu gründende Hotel BISS gemeinnützige<br />

GmbH günstig vermieten, die das Hotel betreibt. Falls das<br />

Projekt nicht realisiert werden kann, wird Ihre Spende für die<br />

Qualifi zierung <strong>und</strong> Ausbildung von schwer vermittelbaren jüngeren<br />

Menschen verwendet, die auch bei wirtschaftlichem Aufschwung<br />

keine Lehrstelle bekommen. In diesem Fall erhalten Sie<br />

sofort eine Spendenquittung.<br />

2. Sie wollen Ihre Spende nur für das Hotelprojekt zur Verfügung<br />

stellen. Dann schreiben Sie auf den Überweisungsträger:<br />

„Nur für Hotel“. In diesem Fall erhalten Sie eine Empfangsbestätigung<br />

von uns. Später, wenn die Stiftung BISS das Gr<strong>und</strong>stück<br />

erworben hat, erhalten Sie eine Spendenquittung. Falls das<br />

Hotelprojekt nicht realisiert werden kann, bekommen Sie Ihr<br />

Geld zurück.<br />

Hildegard Denninger<br />

Foto: a+p Architekten<br />

Der Spendenwürfel<br />

Den Hotel-BISS-Spendenwürfel (20 x 20<br />

x 20 cm) stellen wir Ihnen gern für Ihre<br />

Feiern <strong>und</strong> Veranstaltungen zur Verfügung.<br />

Auf Wunsch kommen wir bei größeren<br />

Veranstaltungen auch selbst vorbei, um<br />

über unser Projekt zu sprechen.<br />

Frauengefängnis Am Neudeck 10:<br />

An diesem Ort ist Platz für Zukunft<br />

Mit Ihnen zusammen schaffen wir es:<br />

• Knast wird Sternehotel • Ausgegrenzter wird Arbeitnehmer<br />

• Fremder wird Fre<strong>und</strong> • Vision wird Wirklichkeit.<br />

Spendenkonto: Stiftung BISS,<br />

Konto-Nr. 81 66, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 700 205 00<br />

Die Spenden werden ohne Abzug dem guten Zweck zugeführt.<br />

Alle Sach- <strong>und</strong> Verwaltungskosten trägt BISS e.V. Wir danken<br />

den großzügigen Spendern, die mit uns das Hotel BISS<br />

realisieren möchten. Sie können auch online spenden!<br />

Für nähere Informationen besuchen Sie bitte unsere Website:<br />

www.hotelbiss.de<br />

Spendenstand: 800.057,70 Euro<br />

Förderzusage der Landeshauptstadt<br />

München: 500.000,00 Euro<br />

ergibt insgesamt: 1.300.057,70 Euro<br />

Die Stiftung braucht für den Umbau ca. drei Mio. Euro Eigenkapital.<br />

Die vier meistgestellten Fragen<br />

Was hat die Zeitschrift BISS mit dem Hotel BISS zu tun?<br />

Wir nutzen unsere Zeitschrift als Medium, um Hotel BISS bekannt<br />

zu machen, über den Fortgang der Projekts zu informieren<br />

<strong>und</strong> Unterstützer <strong>und</strong> Förderer zu gewinnen. Herausgeber<br />

der Zeitschrift <strong>und</strong> Initiator des Projekts ist der gemeinnützige<br />

Verein BISS e.V. Das Hotel wird in eine Stiftung BISS eingehen.<br />

Zeitschrift <strong>und</strong> Hotel sind eigenständige Projekte, die eng<br />

kooperieren werden.<br />

Werden BISS-Verkäufer später im Hotel BISS arbeiten?<br />

Nein. Im Hotel BISS werden sozial benachteiligte Jugendliche<br />

<strong>und</strong> junge Erwachsene ausgebildet werden, die nach der<br />

Ausbildung in den ersten Arbeitsmarkt wechseln. Es werden<br />

junge Menschen sein, deren Lebenslauf Brüche aufweist<br />

(kein Schulabschluss, Abbruch der Lehre usw.), die jedoch<br />

ausbildungsfähig sind. Ausgebildet <strong>und</strong> angeleitet werden die<br />

Azubis von erstklassigen Fachleuten aus der Hotellerie <strong>und</strong><br />

Gastronomie. Die pädagogische Begleitung im Haus übernehmen<br />

qualifi zierte (Sozial-)Pädagogen.<br />

Wie kann man Hotel BISS unterstützen?<br />

Mit Geld <strong>und</strong> guten Worten! Mit kleinen, großen <strong>und</strong> sehr<br />

großen Spenden! Wir brauchen Geld von Privat- <strong>und</strong> Geschäftsleuten,<br />

Vereinen, Stiftungen <strong>und</strong> sonstigen Institutionen.<br />

Jeder Euro zählt! Bitte empfehlen Sie Hotel BISS weiter!<br />

Wann wird BISS das Gr<strong>und</strong>stück endlich bekommen?<br />

Die Entscheidung liegt beim Finanzministerium. Wir hoffen<br />

aber, dass bis Herbst 2009 die Entscheidung fällt.<br />

„Um das Projekt BISS zu unterstützen, übernehmen wir die Druckkosten für diese Seite.“<br />

kb-m, Planungsbüro für Ingenieurbauten, Filchnerstraße 104d, 81476 München, wiegard@kb-m.de<br />

23


24<br />

Bilderbuchfamilie<br />

2 Bewertet werden Präsenz <strong>und</strong> Ausdruck (l.). Hauptpreis: eine kostenlose<br />

Gesangsausbildung. Die Konkurrenz ist stark, Lulu wird das Geld<br />

für die St<strong>und</strong>en wie bisher durch Nachhilfeunterricht verdienen müssen.<br />

Singen, schäumen<br />

<strong>und</strong> schwimmen<br />

Familie Gottschalk, das sind Mutter Chris <strong>und</strong> ihre sechs<br />

Kinder. In Deutschland lebt jedes sechste Kind von<br />

Hartz IV. Dazu gehören die fünf jüngsten Gottschalks.<br />

Ihre Träume schränkt das nicht ein – sie glauben an eine<br />

Karriere in Hollywood oder Goldmedaillen. BISS begleitet<br />

die Familie diesmal im Kampf um richtige Töne <strong>und</strong><br />

entscheidende Sek<strong>und</strong>en im Pool<br />

Text: Annette Leyssner<br />

Foto: Kathrin Harms<br />

1 Lulu will Sängerin<br />

werden. Heute tritt die<br />

15-Jährige bei einem<br />

Wettbewerb an.<br />

Wird sie die Jury (r.)<br />

überzeugen?<br />

3 Victor hat andere Probleme. „Irgendwer“ hat Handwaschmittel in den<br />

Geschirrspüler gegeben. Sämtliche Handtücher sind nun im Einsatz,<br />

der Siebenjährige muss die Schüsseln voller Schaum ständig leeren.


4 Sport ist mehr nach Victors Geschmack. „Ich war jüngster Wettkampfschwimmer<br />

Deutschlands“, sagt das Mitglied des Männer-<br />

Schwimm-Vereins. Schon mit zwei Jahren holte er „viele Medaillen“.<br />

6 Sitzt die Kappe aerodynamisch optimal? Victor schwimmt<br />

lieber ohne Kopfbedeckung, auch wenn ihn das wertvolle<br />

Sek<strong>und</strong>en kosten könnte.<br />

8 Zunächst sind die Kinder an der Reihe, die mit Unterstützung von Styroporbrettern ihre Bahnen<br />

ziehen. Während deren Eltern letzte taktische Anweisungen geben, ist Victor schon abgetrocknet<br />

<strong>und</strong> spielt in der Turnhalle. Dort können die Kinder Luftballons bemalen.<br />

5 Mittlerweile ist die Konkurrenz größer, aber die Stimmung am Wettkampftag<br />

ist zuversichtlich. Durchhalten ist alles: Die Kinder feuern einander<br />

an; sie klatschen, bis auch der Langsamste die Strecke schafft.<br />

7 Nach dem Wettkampf ist vor dem Wettkampf: Reicht die Zeit für eine Medaille?<br />

Wenn nicht, ist das auch nicht schlimm: Victor startet gleich in drei Disziplinen. Mit<br />

Hilfe seiner Mutter fi ndet der junge Sportler heraus, wann sein nächster Einsatz im<br />

Becken sein wird.<br />

9 Heimfahrt: Chris liest die Vereinszeitung<br />

„Der Duscher“. Victor ist mit den Gedanken<br />

beim nächsten Tag: Dann ist Siegerehrung.<br />

25


26<br />

Fre<strong>und</strong>e & Gönner<br />

Patenschaften: Die Paten übernehmen<br />

den Teil des Gehaltes, den der Verkäufer<br />

nicht selbst durch den Zeitungsverkauf<br />

erwirtschaften kann. Das sind durchschnittlich<br />

5000 Euro pro Verkäufer <strong>und</strong><br />

Jahr. Auch eine Teilpatenschaft (für 1250<br />

Euro, 2500 Euro, 3750 Euro) ist möglich.<br />

Thomas Grabner<br />

Patenschaft:<br />

KPMG München 5 Partner<br />

bis Dezember 2009<br />

Hartmut Jacobs<br />

Patenschaft: R. Moshammer<br />

Verein Licht für Obdachlose e.V.<br />

bis Dezember 2009<br />

Christian Zimmermann<br />

Patin: Katrin Keller<br />

bis Dezember 2009<br />

Jürgen Hörl<br />

Patenschaft: Lions Hilfswerk<br />

Metropolitan e.V.<br />

bis November 2009<br />

Jaroslav Zlucka<br />

Patenschaft:<br />

SZ-Adventskalender<br />

bis Dezember 2009<br />

Hans Pütz<br />

Pate: Dr. Georg Freiherr<br />

von Waldenfels<br />

bis Dezember 2009<br />

André Schmitt<br />

Pate: anonym<br />

bis Dezember 2009<br />

Annegret Künkel<br />

Patin (April–Juni): anonym<br />

versorgt bis Dezember 2009<br />

Marco Veneruso<br />

Pate: anonym<br />

bis Dezember 2009<br />

Martin Berrabah<br />

Pate (Jan.–Juni): anonym<br />

versorgt bis Dezember 2009<br />

Ercan Uzun<br />

Pate: anonym<br />

bis Dezember 2009<br />

eine Patenuhr für…<br />

Katharina Gutewort<br />

Paten:<br />

Sabine <strong>und</strong> Franz Lutzenberger<br />

bis Dezember 2009<br />

Francesco Silvestri<br />

Patenschaft:<br />

Prof. Hermann Auer Stiftung<br />

bis Dezember 2009<br />

Frank Schmidt<br />

Pate: Rainer Koppitz<br />

bis Dezember 2009<br />

Veronika Lackenberger<br />

Patenschaft: Bunique GmbH<br />

bis Dezember 2009<br />

Maximilian Käufl<br />

Patenschaft:<br />

Rücker + Schindele GbR<br />

bis Dezember 2009<br />

Bernhard Gutewort<br />

Patenschaft: Bayerngas GmbH<br />

bis Dezember 2009<br />

Pietro Dorigo<br />

Patenschaft:<br />

Antonie-Zauner-Stiftung<br />

bis Dezember 2009<br />

Jana Förster<br />

Patenschaft: anonym<br />

bis Dezember 2009<br />

Joachim Seifert<br />

Patenschaft: anonym<br />

bis Dezember 2009<br />

Peter Schratz<br />

Patenschaft: anonym<br />

bis Dezember 2009<br />

Rainer Bernhöft<br />

Pate: anonym<br />

bis Dezember 2009<br />

Roman Hajek<br />

Pate: anonym<br />

bis Dezember 2009<br />

Christine Karsunke<br />

Pate: anonym<br />

bis Dezember 2009<br />

Wolfgang Urban<br />

Pate: Karl-Peter Schmitt<br />

bis Dezember 2009<br />

Edelfried Fili<br />

Pate: Christof Gabriel Maetze<br />

bis Dezember 2009<br />

Halina Massouras<br />

Pate (Jan. – Sept.):<br />

Marco Patzwahl<br />

versorgt bis Dezember 2009<br />

Ernst Köppel<br />

Pate (bis Juni): Stefan Schleibner<br />

versorgt bis Dezember 2009<br />

Ursula Graßl<br />

Patin (Juni– August): anonym<br />

versorgt bis November 2009<br />

Dirk Schuchardt<br />

Patin: anonym<br />

bis Dezember 2009<br />

Karl-Heinz Wendicke<br />

1. Patenschaft: Stefan Schleibner<br />

2. Patenschaft für Altersteilzeit:<br />

R. Moshammer Verein<br />

Licht für Obdachlose e.V.<br />

bis Dezember 2009<br />

Tibor Adamec<br />

1. Patenschaft:<br />

Martina <strong>und</strong> Robert<br />

2. Patenschaft für Altersteilzeit:<br />

R. Moshammer Verein<br />

Licht für Obdachlose e.V.<br />

bis Dezember 2009<br />

Peter Cwetko / Dynamo<br />

Fahrradservice BISS e.V.<br />

Pate (April–Juni):<br />

Christopher Gebray<br />

versorgt bis Dezember 2009<br />

„Um das Projekt BISS zu unterstützen, übernehmen wir die Druckkosten für diese Seite.“<br />

Drs. Marlies <strong>und</strong> Ulrich Brügmann, www.herzdoc.de


Herzlichen Dank!<br />

Eva <strong>und</strong> Alexander Knorr<br />

Jochen Hubach<br />

Günther Steinkirchner<br />

Dr. Marion Schick<br />

Helga <strong>und</strong> Hannes Nestler<br />

Ulrike Arand<br />

Pfarramt Erlöserkirche<br />

Gertrud Wernekke<br />

Johannes Gabel<br />

Berberich Papier Ottobrunn<br />

Ernst Burger<br />

kb-m, Planungsbüro für<br />

Ingenieurbauten<br />

PKF hotelexperts GmbH<br />

Sportfre<strong>und</strong>e Stiller<br />

Myllykoski<br />

BISS gratuliert <strong>und</strong> wünscht nachträglich<br />

alles Gute zum Geburtstag:<br />

Frau Ulrike Franz<br />

Herrn Siegfried Vogler<br />

Herrn Dr. Oeckinghaus<br />

Herrn Peter Kleinknecht<br />

<strong>und</strong> Herrn Volker von Tein zum 70. Geburtstag<br />

Wir bedanken uns herzlich bei den Geburtstagskindern<br />

für die großzügigen<br />

Spenden!<br />

H. Abfalter, P. Acton, G. Albert, J. Bader,<br />

I. Bauer, B. Baum, B. Baumann, W. Beck,<br />

I. Becke, F. + P. Bellingacci, A. Berger,<br />

F. Bergmann, R. Bernhardt, Dr. A. Bischoff,<br />

A. Block, W. Böhm, A. Böttger,<br />

BISS braucht auch weiterhin Fre<strong>und</strong>e<br />

Mit Ihrem Beitrag unterstützen Sie BISS <strong>und</strong> fi nanzieren Arbeitsplätze<br />

sowie unsere Projekte.<br />

Fre<strong>und</strong>schaftsabo: A 80,– pro Jahr (Spende A 40,–, Abo A 40,–)<br />

Normalabo: A 40,– pro Jahr (für Münchner nicht möglich)<br />

Fördermitgliedschaft: Der Betrag bleibt Ihnen überlassen. Ab einer<br />

Zuwendung von A 80,– erhalten Sie BISS auf Wunsch zugesandt.<br />

(In diesem Fall verringert sich der Spendenanteil in Ihrem Förderbeitrag<br />

um die Abokosten von A 40,–.)<br />

Ich möchte Fördermitglied werden.<br />

Bitte senden Sie mir BISS zu.<br />

Bitte senden Sie mir BISS nicht zu.<br />

Spende: Bitte betrachten Sie meine Zahlung als Spende.<br />

Ich habe den Betrag auf Konto-Nr. 221 86 66,<br />

Liga Bank, BLZ 750 903 00, überwiesen.<br />

Ich bitte Sie, meinen Namen nicht zu veröffentlichen.<br />

An BISS e.V., Metzstraße 29, 81667 München<br />

I. Braun, U. Breuel, D. Brixel, D. Buchner,<br />

E. Buerger, B. Bürk, Dr. R. Cabell,<br />

R. + G. Cecchini, S. + L. Ciacobbe, U. +<br />

Ch. Clemens, C. + F. Cordera-Alberti +<br />

Cordera, A. Deiring, K. Deisenhofer, U.<br />

Dentler, Th. Dirr, S. Dittmann-Stenger,<br />

E. + H. Edelmann, H. Ehmann, M. +<br />

S. Eisenried, Element 3, A. Elsasser, M.<br />

Emmerling, R. + G. Fazzi + Pellecchia, J.<br />

Fischer, E. Fuchssteiner, E. + J. Fußeder,<br />

M. Gabriel, R. Ganser, E.-M. Gehrle, D.<br />

Gerth, I. Gierster, M. Giezek, D. Golle,<br />

B. Golling, M. + A. Grassl, F. Gruber, M.<br />

von Gr<strong>und</strong>, S. Grüninger, V. Grünwald,<br />

R. Hackenberg, P. Haslacher, G. P. Hein,<br />

P.-D. Herbst, V. Hermann, H. Herrmann,<br />

M. Hidalgo, E. Hirt, B. Höfer, Ph.<br />

Hoffmann, A. Höfner, Dr. G. Huber, R.<br />

Irl, B. Ivanof-Klepzig, Jacobs Stiftung,<br />

R. Jaura, E. + G. Jekutsch, Ch. Juers, S.<br />

Kampmann, P. Kapser, Kath. Deutscher<br />

Frauenb<strong>und</strong> Dachau, Kath. Pfarrkirchenstiftung<br />

St. Peter, K. Keller, K. Kessler, A.<br />

Kienitz, R. Kilian, J. Kintzel, K. Kleiber,<br />

Dr. U. Klein, M. Klöppel, U. + W. Kohl,<br />

E. Kölbl, Th. + K.-R. König, H. Konrad,<br />

M. Kornfeld, I. + K. Krueger, M. + D.<br />

Kucera-Borst + Kucera, A. + W. Kugler,<br />

A. Kugler, M. + G. Kuhlo, Dr. R. Kurz,<br />

H. de Lana, J. Lang, G. Lange, U. Langer,<br />

M. Langstein, G. Lauffer, P. Lauro,<br />

F. Lechner, A. M. Lega, J. A. Lehr, I.<br />

Loncaric: Donuts and Candies, K. Löw,<br />

B. + Ch. Lunemann + Grabatz, F. Luzzato,<br />

A. Machnig, F. Mader, J. Maier,<br />

L. Mann, R. Mappes, K. Marefati, Ch.<br />

+ J. Martin, M. Mattheis, R. Meindl, S.<br />

Meining, S. + Th. Mende, Th. Metz, Dr.<br />

H. Michailov-Beger, M. Milch, E. + W.<br />

Minde, L. Mittermeier, K. + R. Mörl +<br />

Heid, A. + P. Müller, J. Muschik, Netzwerk<br />

Geburt <strong>und</strong> Familie e.V., B. Neuburger,<br />

E. Neudert, I. Neumaier, R. Niederberger,<br />

H. Obkirchner, R. Ossner,<br />

OTS Unternehmensberatung GmbH, G.<br />

Ott, Z. Parol, J.-S. Paty, M. Pausch, R.<br />

Peer, L. Plank, G. Pletschacher, I. Ponge,<br />

G. + A. Porak, Prem Amido, H. Pruegner,<br />

Dr. G. Pühler, R. Rauch, B. + L.<br />

Rauschecker, M. Rauschel, M. Regler, U.<br />

+ H. Rehm, K. Reindl, G. + L. Reitz, A.<br />

+ M. Rieken, RA Dr. H. Roithmaier, I.<br />

Rothenberger, K. Rothfritz, G. Rothfritz,<br />

B. Rothoerl, F. Rotzinger, G. + K. Rueckert,<br />

P. Rueck-Wallenberger, S. Salzberger,<br />

St. Sauer, G. Schaeffer-Lissmann, A.<br />

+ G. Scheffelmann, V. Scheuermann, M.<br />

+ V. + V. Schippers, A. Schlaak, U. Schlabach,<br />

St. Schlegel, D. Schlösser-Berster,<br />

B. Schmid-Burgk, Dres. I. + L. Schmidt,<br />

G. Schmidt, H. Schmitt, J. Schmitz, M.<br />

Schneller, W. Schnürch, Dr. M. Schoettler,<br />

U. Schroeder, R. Schuberth, B. Schürmann,<br />

S. Schwede, Dr. G. Schwertl, S. +<br />

B. Sensburg, I. + G. Siebert, M. Sieferling,<br />

C. Spachtholz, A. Springer-Tröster,<br />

E. Stadler, I. Staufenbiel, W. Stoeckl, L.<br />

Striegel, G. + Dr. Th. Strobl, E. Tandler,<br />

B. Tang, R. Thaler, R. Theisinger, I. + K.<br />

Thomas, Dr. E. Thumm, G. Tillinger, S.<br />

Trautmann, S. Trzeciok, M. Ulm, N. +<br />

A. Veeser, E. M. Vogelsberger, T. Vogt,<br />

H. Volz, A. Wagner, D. + K. Wegert, I. +<br />

G. Wenzel, St. Wiegard, Dr. M. von Wietersheim,<br />

K. Wolf, F. Wolf, G. W<strong>und</strong>erwald,<br />

G. Würdinger, P. Zangl, J. Zehrt,<br />

C. Zellinger<br />

Frei-Abos: Der Spiegel / Stern / Süddeutsche<br />

Zeitung<br />

Hiermit erteile ich dem Verein BISS e.V. bis auf Widerruf eine Einzugsermächtigung.<br />

Ich bin bereit, BISS mit jährlich EURO<br />

zu unterstützen, <strong>und</strong> entscheide mich für folgende Zahlungsweise:<br />

vierteljährlich halbjährlich jährlich<br />

ab Monat<br />

Konto-Nr.: BLZ<br />

Geldinstitut<br />

Datum/Unterschrift<br />

Name, Vorname<br />

Straße<br />

PLZ/Ort<br />

27


Große Namen<br />

für kleine Ecken<br />

28<br />

Um die Ecke<br />

Münchner Künstler <strong>und</strong> ihr Viertel:<br />

Anatol Regnier auf Spurensuche in Bogenhausen<br />

Als die Alpen ihre Verantwortung noch<br />

kannten, war es auf ihrer Südseite heiß<br />

<strong>und</strong> auf ihrer Nordseite kalt. Heute brät<br />

man in München <strong>und</strong> fröstelt in Rom.<br />

Letzten Sommer war es in München so<br />

unverschämt heiß, dabei so drückend<br />

schwül, dass ich beschloss, einen langen<br />

Gang zu tun. Mir fi el sowieso nichts ein –<br />

für einen Autor oder einen, der sich dafür<br />

hält, kein guter Zustand –, <strong>und</strong> ich fühlte<br />

mich alt <strong>und</strong> verbraucht. Und wenn ich<br />

mich so fühle, kann ich mir meist nicht<br />

vorstellen, dass es irgendwann wieder<br />

besser wird.<br />

Ich durchschritt die Straßen des Villenviertels<br />

Bogenhausen. Wer mag hier wohnen,<br />

in diesen Palästen, die dahinträumen<br />

unter altem Baumbestand? Neureiche aus<br />

der Computerbranche? Rechtsanwälte<br />

mit teuren, schönen Autos? Oder sind die<br />

alle schon wieder weg <strong>und</strong> nur die ver-<br />

Ob anonyme Graffi ti-Wand<br />

oder prominente Gassi-<br />

Strecke – Anatol Regnier<br />

löst Bogenhausener<br />

Straßennamen-Rätsel<br />

armten Erben sind geblieben, deren Vorfahren<br />

diese Häuser einst erbauten <strong>und</strong><br />

die jetzt, wie ich, vielleicht K<strong>und</strong>en beim<br />

Penny-Markt am Herkomerplatz sind?<br />

Apropos Herkomerplatz: Woher hat<br />

er seinen Namen? Ich wusste es nicht,<br />

bis mich ein Film auf BR-alpha aufklärte:<br />

Der Platz ist nach Hubert Herkomer benannt,<br />

einem Schreinerssohn aus Waal in<br />

Bayern, der als Kleinkind mit den Eltern<br />

in die USA ausgewandert ist <strong>und</strong> später<br />

ein berühmter Maler wurde, geadelt von<br />

Wilhelm II. <strong>und</strong> dem englischen König<br />

Edward VII. Im Nebenberuf war er Bildhauer,<br />

Musiker, Filmemacher, Schriftsteller<br />

<strong>und</strong> Pionier des Automobilsports – die<br />

Sieger seiner bis 1907 ausgetragenen Tourenwagen-Ralley„Herkomer-Konkurrenz“<br />

erhielten eine von ihm entworfene,<br />

vierzig Kilogramm schwere Trophäe aus<br />

reinem Sterlingsilber. 1914 ist er als Sir<br />

Hubert Ritter von Herkomer in Devonshire<br />

gestorben. Welch ein Talent, welch<br />

eine Karriere! Geblieben ist ein Platz mit<br />

einem obskuren Namen, einer Verkehrsinsel,<br />

verschiedenen Bus- <strong>und</strong> Tramlinien<br />

<strong>und</strong> einem Penny-Markt.<br />

Angeweht von Wüstenwind, ging<br />

ich „an der Kante entlang“ in Richtung<br />

Oberföhring <strong>und</strong> stieg über den Andersen-Weg<br />

in die Isarauen ab. Ist der Märchendichter<br />

Hans Christian gemeint? Die<br />

frei stehenden Riesenbäume, die düsteren<br />

Misteln, die auffl atternden <strong>und</strong> sich<br />

wieder niederlassenden Krähenschwärme<br />

hätten dem depressiven, an Verfolgungswahn<br />

<strong>und</strong> versteckter Homosexualität<br />

leidenden Dänen bestimmt<br />

gefallen, der kleine Steig, der möglicherweise<br />

an ihn erinnern soll, vielleicht weniger.<br />

Auch Max Halbe wird angesichts<br />

des etwa fünfzig Meter langen, ungepfl<br />

asterten Wegs, der die Mauerkircherstraße<br />

mit der Isar verbindet <strong>und</strong> seinen<br />

Namen trägt, nicht eben in Hurra-Rufe<br />

ausgebrochen sein. Denn Max Halbe war<br />

einer der meistgespielten Dramatiker seiner<br />

Zeit, dessen Stück „Jugend“ einer äußerst<br />

einfl ussreichen Zeitschrift den Namen<br />

lieh <strong>und</strong> dem berühmten Jugendstil<br />

als Anregung diente. Ein wenig mehr hätte<br />

es schon sein können.<br />

Verlegenheit auch an der Isar: Der<br />

Uferweg, ein Jogger-, Radfahrer-, Spaziergänger-<br />

<strong>und</strong> H<strong>und</strong>eausführparadies,<br />

heißt „Heinrich-Mann-Allee“ – eine Eh-


e fürwahr für einen hoch bedeutenden,<br />

von den Nazis vertriebenen Schriftsteller!<br />

Aber das Verhältnis der Deutschen zu<br />

Heinrich Mann war, von kurzen Perioden<br />

der Wertschätzung abgesehen, immer<br />

ein schwieriges – zu links, zu unerbittlich<br />

in seinen Analysen, zu international<br />

<strong>und</strong> sowieso immer im Schatten seines<br />

Bruders. Der wohnte einst eine kleine<br />

Wegstrecke weiter südlich in der Poschingerstraße<br />

(weshalb der südliche Teil des<br />

Uferwegs städtisch-folgerichtig „Thomas-<br />

Mann-Allee“ heißt) <strong>und</strong> hätte vielleicht<br />

mit Behagen zugeschaut, wie sein ungeliebter<br />

älterer Bruder Heinrich, der bei<br />

seinen sporadischen München-Aufenthalten<br />

immer in Schwabing wohnte, durch<br />

das Anhängsel der „Thomas-Mann-Allee“<br />

in einer ihm fremden Gegend posthum<br />

ein weiteres Mal gedemütigt <strong>und</strong> auf<br />

seinen Platz verwiesen wird. Oder vielleicht<br />

auch nicht. Denn der südliche Teil<br />

des Uferwegs unterscheidet sich in Aussehen<br />

<strong>und</strong> Funktion in keiner Weise vom<br />

nördlichen, <strong>und</strong> Thomas Mann, der, anders<br />

als die meisten seiner Kollegen, München<br />

bis 1933 die Treue hielt <strong>und</strong> hier<br />

weltberühmte Romane schrieb, wird in<br />

seiner ehemaligen Wahlheimat nirgendwo<br />

anders geehrt. Zwar ist sein Haus in<br />

der Poschingerstraße (so ungefähr) wieder<br />

aufgebaut, aber nicht, wie es sich gehört<br />

hätte, als städtisches Prestige- <strong>und</strong><br />

Wiedergutmachungsobjekt, als Kulturzentrum,<br />

Museum oder Archiv, sondern<br />

als Privathaus eines Reichen, der nun privat<br />

literarische Höhenluft atmen kann.<br />

München muss mit dieser Blamage leben.<br />

Den Leser aber, der vielleicht gerade eine<br />

Formulierung des Großschriftstellers im<br />

Ohr hat, mag angesichts des blau-weißen<br />

Emailleschilds eine Art heiliger Schauer<br />

anwehen. Hier ist er also gewandelt, der<br />

Herr der vernichtenden Schärfe <strong>und</strong> des<br />

kalten Blicks, <strong>und</strong> dort steht jenes in der<br />

Erzählung „Herr <strong>und</strong> H<strong>und</strong>“ beschriebene<br />

Fährhäuschen, dessen Bewohner,<br />

durch das elektrische Klingelsignal zum<br />

Dienst gerufen, so „gleichmäßig mit den<br />

Armen schlenkernd“ aus seiner Tür trat,<br />

als sei er „mechanisch unmittelbar durch<br />

den Druck auf den Knopf in Bewegung<br />

gesetzt“ worden.<br />

Auf der Thomas- oder Heinrich-Mann-<br />

Allee kam mir ein Jogger entgegen. „Anatol,<br />

es ist SOO heiß, aber wir MÜSSEN<br />

was tun!“, rief er. Es war der Kabarettist<br />

Bruno Jonas. Später, südlich der Tivolibrücke<br />

in der Steinbacherstraße, traf ich<br />

den Schriftsteller Joseph von Westphalen.<br />

„Ah, Joseph von Westphalen“, begrüßte<br />

ich ihn, „wo kommst du her?“ „Vom<br />

Dienst“, meinte er. „Vom Dienst? Du bist<br />

doch freischaffend!“, w<strong>und</strong>erte ich mich.<br />

„Keineswegs“, antwortete er. „Ich bin<br />

Pfl eger im Bogenhausener Krankenhaus<br />

<strong>und</strong> auch nicht Joseph von Westphalen.“<br />

Wie bitte? Hitzschlag oder beginnende<br />

Senilität? Ob Joseph von Westphalen<br />

oder nicht: Ich war einem fre<strong>und</strong>lichen<br />

Zeitgenossen begegnet. (Hoffentlich war<br />

wenigstens Bruno Jonas echt.)<br />

An der Friedhofsmauer von St. Georg<br />

gedachte ich derer, die drinnen liegen:<br />

Erich Kästner, Anette Kolb, Liesl Karlstadt,<br />

Rainer Werner Fassbinder <strong>und</strong> viele<br />

andere, die klein anfi ngen, berühmt wurden,<br />

mehr oder weniger glücklich lebten<br />

<strong>und</strong> starben. Für den Prominentenfriedhof<br />

wird es bei mir nicht reichen, <strong>und</strong><br />

wahrscheinlich wird weder Straße noch<br />

Weg nach mir benannt werden. Aber der<br />

Spaziergang war schön.<br />

Schweißüberströmt stieg ich die Treppe<br />

zu meiner Wohnung hinauf.<br />

Foto: Volker Derlath<br />

Das ist nicht Anatol Regnier, sondern ein<br />

Jogger beim Stretching am Ziel seiner Bogenhausener<br />

Laufroute: dem Oberföhringer Wehr<br />

Anatol Regnier wurde 1945 als zweites<br />

Kind von Pamela Wedekind <strong>und</strong> Charles<br />

Regnier geboren. Er studierte am Royal<br />

College of Music in London, reiste als<br />

Gitarrist durchs In- <strong>und</strong> Ausland, war<br />

Dozent am Münchner Konservatorium,<br />

wanderte nach Australien aus <strong>und</strong> kehrte<br />

nach München zurück. 1997 veröffentlichte<br />

er „Damals in Bolechow“, ein Buch<br />

über das Schicksal einer jüdischen Familie<br />

aus Galizien, 2003 die Familienbiographie<br />

„Du auf deinem höchsten Dach“ <strong>und</strong><br />

2008 „Frank Wedekind: eine Männertragödie“.<br />

Bei seinen Lesungen aus diesem<br />

Buch singt er Wedekind-Lieder, die er auf<br />

der Gitarre begleitet.<br />

Christine Grän, Jahrgang 52, lebt seit<br />

zehn Jahren in München. Nach dem<br />

Studium <strong>und</strong> einem Journalistik-Volontariat<br />

ging sie nach Afrika, um eine Lodge<br />

zu leiten, <strong>und</strong> schrieb dort ihren ersten<br />

Kriminalroman. Weitere folgten mit der<br />

Detektivin Anna Marx. Die Reihe war<br />

auch als TV-Serie erfolgreich. Weitere Romane:<br />

„Die Hochstaplerin“, „Hurenkind“<br />

<strong>und</strong> zuletzt „Heldensterben“. Grän wurde<br />

u.a. 2007 mit dem Ernst-Hofrichter-Preis<br />

ausgezeichnet.<br />

29


30<br />

Kolumne<br />

Impressum<br />

Herausgeber <strong>und</strong> Verleger:<br />

BISS e.V.<br />

Metzstraße 29, 81667 München<br />

(zugleich Anschrift aller Verantwortlichen)<br />

Geschäftsführung: Hildegard Denninger<br />

Chefredaktion: Günter Keil, Andreas<br />

Unger (beide verantwortlich im Sinne des<br />

Presserechts)<br />

Schlussredaktion: Helga Voit<br />

Gestaltung: Medienkeller<br />

(Anne Britt Keller, Sabine Klein)<br />

Mitarbeit:<br />

Text: Hildegard Denninger, Bernd Hein,<br />

Maxi Leinkauf, Annette Leyssner, Fabienne<br />

Pakleppa, Daniela Walther, Anatol Regnier,<br />

Dieter Wachholz, Katharina Zeckau <strong>und</strong><br />

die Schreibwerkstatt von BISS unter der<br />

Leitung von Simone Kayser<br />

Foto: Volker Derlath, Barbara Donaubauer,<br />

Benjamin Ganzenmüller (auch SWS),<br />

Irmgard Geelen, Kathrin Harms, Jean-<br />

Patrick Morarescu, Volker Schmitt,<br />

Stiftung <strong>Lesen</strong>, Anja Weingandt<br />

Comic: Papan<br />

Redaktionsschluss dieser Ausgabe:<br />

19.05.2009<br />

Anschrift der Redaktion:<br />

Metzstraße 29, 81667 München<br />

Tel. 089 / 33 20 33, Fax 089 / 33 20 34<br />

E-Mail info@biss-magazin.de<br />

Internet www.biss-magazin.de<br />

Anzeigenleitung:<br />

Hildegard Denninger (verantwortlich)<br />

Derzeit gilt Anzeigenpreisliste Nr. 8.<br />

Spendenkonto:<br />

LIGA Bank<br />

Konto-Nr. 221 86 66, BLZ 750 903 00<br />

Bitte geben Sie Ihre Adresse im Feld<br />

„Verwendungszweck“ an, damit wir Ihnen<br />

die Spendenquittung zusenden können.<br />

Verkaufspreis: A 1,80<br />

Nachdruck – auch in Auszügen – nur<br />

nach vorheriger Rücksprache mit der<br />

Redaktion.<br />

BISS erscheint monatlich,<br />

Juli/August in einer Doppelausgabe.<br />

Gesamtherstellung:<br />

Color-Offset GmbH<br />

Geretsrieder Str. 10, 81379 München<br />

Tel. 780 41-0, Fax 780 41-200<br />

Druckaufl age: 39000<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte<br />

übernehmen wir keine Gewähr. Die Rücksendung<br />

erfolgt nur gegen Rückporto.<br />

BISS wird gedruckt auf einem zweiseitig<br />

gestrichenen holzhaltigen Bogenoffsetpapier<br />

mit ökologischem Fasermix. Ein<br />

Produkt von Myllykoski, MD Albbruck<br />

ISSN 0948-3470<br />

Foto: Benjamin Ganzenmüller<br />

Jana Förster (54), Kolumnistin aus der Schreibwerkstatt, verkauft seit 2004 BISS. Sie wurde<br />

in Prag geboren, lebt seit 33 Jahren in München <strong>und</strong> hat zwei erwachsene Söhne.<br />

Die Kleinen leben vom Kleingeld: Das<br />

sind wir, die BISS-Verkäufer. Im Laufe<br />

eines Arbeitstages sammeln sich einige<br />

Münzen an, die ich daheim in eine<br />

Dose werfe. Wenn sie voll ist, rolle ich je<br />

25 oder 40 Münzen in bunte Papierchen.<br />

Die Rollen trage ich zur Bank, damit das<br />

Geld eingezahlt wird, sodass davon die<br />

Miete <strong>und</strong> andere Zahlungen überwiesen<br />

werden können. Vor einiger Zeit war es<br />

wieder mal so weit. Als ich zum Schalter<br />

ging, fi ng die Angestellte an, vor sich hinzuschimpfen:<br />

warum ich so viele Münzen<br />

sammle, warum ich nicht früher komme<br />

<strong>und</strong> was sie jetzt damit solle. Ich erklärte,<br />

dass ich mein Geld halt so verdiene<br />

<strong>und</strong> doch schließlich was aufs Konto<br />

... <strong>und</strong> so weiter. Widerwillig rechnete sie<br />

das Geld zusammen <strong>und</strong> gab mir den Beleg.<br />

Ich war froh, als die Tür hinter mir<br />

zufi el, aber die Frage, wo ich meine Münzen<br />

das nächste Mal hinbringen sollte,<br />

beschäftigte mich. Weil ich mich nicht<br />

mehr zu meiner Bank zu gehen traute,<br />

quoll meine Dose bald über. Nach<br />

ein paar Monaten war das Kleingeld zu<br />

einem riesigen Haufen angewachsen, der<br />

mein Wohnzimmer unbewohnbar machte.<br />

Da erfuhr ich, dass es in einer anderen<br />

Filiale, etwa eine halbe St<strong>und</strong>e Fußweg<br />

entfernt, eine Kleingeld-Zählmaschine<br />

gibt. Nur: Wie sollte ich den Berg dorthin<br />

schaffen? Auf dem Speicher fand ich eine<br />

Jana<br />

scheffelt<br />

Geld<br />

riesige alte Kraxe, so eine, mit der unsere<br />

Omas früher in den Wald gingen, um<br />

Kleinholz zu sammeln. Dahinein schippte<br />

ich mit einer Kehrschaufel die Münzen.<br />

Obendrauf legte ich eine alte Decke<br />

– muss ja nicht jeder sehen, was ich da<br />

herumtrage. Wie schwer war dieser Korb!<br />

Vier St<strong>und</strong>en Fußmarsch brauchte ich bis<br />

zur Bank, <strong>und</strong> als ich in der Schalterhalle<br />

endlich das Ungeheuer von meinem<br />

Rücken stemmte, konnte ich mich nicht<br />

mehr aufrichten. Ein Sicherheitsbediensteter,<br />

dem ich wohl verdächtig vorkam,<br />

tastete mich mit einem Metalldetektor ab,<br />

während ich einem hinzugekommenen<br />

Bankangestellten mein Anliegen vortrug.<br />

Er bot sich an, mir beim Beladen<br />

der Zählmaschine zu helfen, <strong>und</strong> brachte<br />

ein Schäufelchen. „Na, das kann lange<br />

dauern“, dachte ich. Und während ich<br />

in tief gebückter Haltung neben mir das<br />

Geld klingeln hörte, begann ich über meine<br />

Zukunft nachzudenken, nun, da mein<br />

Leben endlich richtig anfangen würde:<br />

Häusle bauen, Urlaub ... Da riss mich der<br />

nette junge Mann plötzlich aus meinen<br />

Träumen: „So, das hätten wir.“ – „Wie<br />

bitte? Sie sind aber schnell fertig mit dem<br />

Berg!“, entgegnete ich. „Ach, das bisschen,<br />

da kommen andere mit viel mehr!“,<br />

lachte er <strong>und</strong> gab mir das Körbchen zurück.<br />

„Hier, ihre Quittung, fast 40 Euro.<br />

Schönen Tag noch, bis demnächst!“<br />

„Um das Projekt BISS zu unterstützen, übernehme ich die Druckkosten für diese Seite.“<br />

Ernst Burger, Sintzenichstr. 9, 81479 München


Adressen<br />

Wohnungsverlust<br />

Amt für Wohnen <strong>und</strong> Migration<br />

Franziskanerstr. 6 <strong>und</strong> 8,<br />

zuständig für Unterbringung, Wohnen<br />

<strong>und</strong> Geld ist die Zentraleinheit<br />

Wohnungslosigkeit, Öffnungszeiten:<br />

Mo, Mi, Fr: 8.30 – 12 Uhr, Mi: 15 – 17<br />

Uhr (nur für Berufstätige)<br />

Städtisches Unterkunftsheim<br />

für Männer<br />

Pilgersheimer Str. 11, Tel. 62502-20,<br />

Bettenvergabe: Mo bis Fr: 14 – 19 Uhr,<br />

Sa, So u. Feiertage: 16 – 19 Uhr<br />

Karla 51 Frauenobdach,<br />

Karlstr. 51, Tel. 549151-0, Beratung<br />

<strong>und</strong> Aufnahme r<strong>und</strong> um die Uhr; Café:<br />

Di bis So: 12 – 17 Uhr, Fr: bis 20 Uhr<br />

Heilsarmee (nur für Männer),<br />

Pestalozzistr. 36, Tel. 267149,<br />

Aufnahme tägl. 5 – 22.30 Uhr<br />

Jugendschutzstelle für<br />

männliche Jugendliche von<br />

14 bis 18 Jahren<br />

Scapinellistr. 15a, Tel. 829903-14,<br />

Öffnungszeiten: r<strong>und</strong> um die Uhr<br />

Jugendschutzstelle für Mädchen<br />

von 13 bis 17 Jahren<br />

Oselstr. 31a, Tel. 82070047,<br />

Öffnungszeiten: r<strong>und</strong> um die Uhr<br />

Internationaler B<strong>und</strong><br />

Mädchenschutzstelle<br />

für Mädchen von 13½ bis 17 Jahren,<br />

Tel. 43908413<br />

JUP – Jugendpension<br />

Nockherstr. 60, Tel. 436629-11,<br />

Öffnungszeiten: tägl. 8 – 21 Uhr<br />

I.M.M.A.<br />

Zufl uchtsstelle für Mädchen <strong>und</strong> junge<br />

Frauen zwischen 14 <strong>und</strong> 20 Jahren,<br />

Tel. 183609, erreichbar r<strong>und</strong> um die<br />

Uhr<br />

Herzogsägmühle<br />

Von-Kahl-Str. 4, 86971 Peiting,<br />

Beratung <strong>und</strong> Aufnahme r<strong>und</strong> um die<br />

Uhr für Frauen, Männer <strong>und</strong> Paare,<br />

Tel. 08861/219-349<br />

H-TEAM e.V. Ambulante Wohnungshilfe/Ambulanter<br />

Pfl egedienst,<br />

Beratung <strong>und</strong> Hilfen bei Wohnproblemen<br />

durch Sammeln, Horten,<br />

„Verwahrlosung“, Pfl ege - <strong>und</strong> anderem<br />

Hilfebedarf. Plinganserstr. 19,<br />

Tel. 7473620, Fax: 7470663, Sprechzeiten:<br />

Mo, Mi <strong>und</strong> Fr: von 9 - 12 Uhr<br />

Beratung<br />

Teestube „komm“ Streetwork<br />

(für Männer <strong>und</strong> Frauen),<br />

Zenettistr. 32, Tel. 771084/-85,<br />

Öffnungszeiten: tägl. 14 – 20 Uhr<br />

Bürozeiten: Mo bis Fr: 9 – 13 Uhr<br />

Außenstelle Streetwork<br />

München-Nord, Trautenwolfstr. 9,<br />

Tel. 335574 oder Terminvereinbarung<br />

über die Teestube „komm“<br />

Streetwork-Büro<br />

Beratungsstelle für Jugendliche <strong>und</strong><br />

junge Erwachsene, Johannisplatz 12,<br />

Tel. 4891472, Öffnungszeiten:<br />

Mo: 10.30 – 12 Uhr, Di: 18 – 21 Uhr<br />

Sozialer Beratungsdienst<br />

(nur für Männer), Pilgersheimer Str.<br />

11, Tel. 62502-0, Sprechzeiten: Mo bis<br />

Fr: 8.30 – 12 Uhr <strong>und</strong> nach Vereinbarung;<br />

Notdienst: Mo bis Fr: 14 – 19<br />

Uhr, Sa, So u. Feiertage: 16 – 19 Uhr<br />

Evangelischer Beratungsdienst<br />

für Frauen (mit Wohnheim),<br />

Heßstr. 12, Tel. 288285/-86,<br />

Sprechzeiten: Mo bis Fr: 9 – 16 Uhr<br />

Beratungsstelle für Mädchen<br />

<strong>und</strong> Frauen (Sozialdienst katholischer<br />

Frauen), Dachauer Str. 48, Tel. 559810,<br />

Sprechzeiten: Mo bis Do: 9 – 12 Uhr,<br />

13 – 17 Uhr, Fr: 9 – 13 Uhr <strong>und</strong> nach<br />

Vereinbarung<br />

Initiative Münchner Mädchenarbeit<br />

(I.M.M.A.) Beratungsstelle für<br />

Mädchen <strong>und</strong> junge Frauen, An der<br />

Hauptfeuerwache 4, Tel. 2607531<br />

Frauenhilfe München<br />

Beratung <strong>und</strong> Wohnmöglichkeit für<br />

misshandelte Frauen <strong>und</strong> deren Kinder,<br />

ambulante Beratung, Tel. 35483-0<br />

Frauennotruf<br />

Fürstenrieder Str. 84, Tel. 763737, Beratungs-<br />

<strong>und</strong> Fachzentrum bei sexualisierter<br />

Gewalt: Mo bis Fr: 10 – 18 Uhr,<br />

Krisentelefon bei Gewalt: Mo bis Fr:<br />

18 – 24 Uhr, Sa <strong>und</strong> So: 18 – 2 Uhr<br />

Ausländerberatung im internationalen<br />

Beratungszentrum des BRK<br />

Goethestr. 53, Tel. 5328989, Öffnungszeiten:<br />

Mo, Mi, Fr: 9 – 12 Uhr, Di u. Mi:<br />

14 – 17 Uhr <strong>und</strong> nach Vereinbarung<br />

Krankheit<br />

Informationszentrum Referat für<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Umwelt<br />

zu Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit, zu<br />

stationären <strong>und</strong> ambulanten Einrichtungen,<br />

zu Selbsthilfegruppen <strong>und</strong><br />

Beratungsstellen, Dachauerstr. 90, Tel.<br />

233-37663<br />

Praxis Dr. Barbara Peters-<br />

Steinwachs, Pilgersheimer Str. 11,<br />

Tel. 6250240, Sprechzeiten: Mo bis Fr:<br />

9 – 12.30 Uhr, Obdachlosenmobil,<br />

Tel. 0172/8221173<br />

Praxis der Benediktinerabtei<br />

St. Bonifaz: Dr. Irene Frey-Mann,<br />

Dr. Mechthild Nowottnick, Karlstr. 34,<br />

Tel. 55171-310, Sprechzeiten:<br />

Mo bis Fr: 8.30 – 12 Uhr <strong>und</strong> nach tel.<br />

Vereinbarung; Di ab 13 Uhr in Karla<br />

51, Tel. 549151-0<br />

Landeshauptstadt München Referat<br />

für Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Umwelt<br />

– Anonyme Beratung zu Aids <strong>und</strong><br />

sexuell übertragbaren Krankheiten<br />

Bayerstraße 28a, 80335 München,<br />

Erdgeschoss, Zi. 0045. Beratung <strong>und</strong><br />

kostenlose Testmöglichkeit:<br />

Mi, Do: 8 – 11 Uhr, Di: 14 – 18 Uhr,<br />

Do: 14 – 15 Uhr, Tel. 233-2 3333<br />

Münchner AIDS-Hilfe e.V.<br />

Lindwurmstr. 71, Tel. 54333-0,<br />

Öffnungszeiten: Mo bis Do: 9 – 17<br />

Uhr, Fr: 9 – 14 Uhr<br />

Psychiatrischer Krisendienst<br />

Tel. 729 59 60<br />

Sucht<br />

Landeshauptstadt München Psychosoziale<br />

Beratungsstelle für Alkohol-<br />

u. Medikamentenprobleme<br />

Dachauer Str. 90/UG, Tel. 233-37563,<br />

Sprechzeiten: jeden Werktag.<br />

Tel. Terminvereinbarung sinnvoll<br />

SuchtHotline:<br />

Tel. 28 28 22 (r<strong>und</strong> um die Uhr)<br />

Tal 19 Beratungs- <strong>und</strong> Therapiezentrum<br />

für Suchtgefährdete <strong>und</strong> Abhängige,<br />

Tel. 242080-0, Fax 242080-11<br />

Frauenberatungsstelle TAL 19<br />

Tel. 242080-20, Fax 242080-21,<br />

Öffnungszeiten: Mo bis Do: 10 – 18<br />

Uhr, Fr: 10 – 15 Uhr<br />

Frauentherapie-Zentrum<br />

Beratung <strong>und</strong> Behandlung bei Alkoholoder<br />

Medikamentenabhängigkeit,<br />

Güllstr. 3, Tel. 747370-0, Fax 747370-<br />

80, Mo bis Do: 10 – 13 Uhr <strong>und</strong><br />

15 – 17 Uhr, Fr: 10 – 13 Uhr<br />

Städtische Drogenberatung<br />

Bayerstr. 28a, Beratung <strong>und</strong> Betreuung<br />

für Konsumenten illegaler Drogen<br />

<strong>und</strong> deren Angehörige, Tel. 233-<br />

47964, Sprechzeiten: Mo bis Fr: 10<br />

– 17 Uhr oder nach Vereinbarung<br />

extra Beratungs- <strong>und</strong> Kontaktzentrum<br />

für drogenabhängige <strong>und</strong><br />

gefährdete Frauen <strong>und</strong> Mädchen,<br />

Mütter <strong>und</strong> ihre Kinder, schwangere<br />

Frauen <strong>und</strong> Mädchen, Corneliusstr.<br />

2, 80469 München, Tel. 236063,<br />

Fax 236069, Öffnungszeiten: Mo bis<br />

Do: 9 – 17.30 Uhr, Fr: 9 – 16 Uhr <strong>und</strong><br />

nach Vereinbarung<br />

Condrobs Drogenberatung<br />

Beratung, Therapie, Prävention,<br />

Konradstr. 2, Tel. 3883766<br />

Anonyme Alkoholiker (AA)<br />

Tel. 19295, tel. Sprechzeiten:<br />

19 – 22 Uhr<br />

Al Anon Familiengruppen<br />

Anonyme Selbsthilfegruppen für Angehörige<br />

<strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e von Alkoholikern,<br />

Tel. 55029916<br />

Blaues Kreuz<br />

Psychosoziale Beratungs- <strong>und</strong> Behandlungsstelle<br />

für Suchtgefährdete<br />

(auch für Angehörige), Kurfürstenstr.<br />

34/I, Tel. 332020, Telefonsprechzeiten:<br />

Mo, Di, Do: 10 – 12 Uhr <strong>und</strong> 14 – 17<br />

Uhr, Mi: 14 – 17 Uhr, Fr: 10 – 13 Uhr,<br />

offene Angebote: Mo: 10 – 12, Di:<br />

9 – 11 Uhr<br />

Caritas Fachambulanz für<br />

Suchtkranke<br />

Erwachsene ab 30 Jahre: Schwanthalerstr.<br />

84/Rgb., Tel. 530991-0.<br />

Beratung für junge Erwachsene bis 30<br />

Jahre: Dachauer Str. 29, Tel. 5458320<br />

Drogennotdienst München „L43“<br />

prop e.V., 24 Std. Beratung – Kontaktladen<br />

– Notschlafstelle, Landwehrstr.<br />

43/Rgb., Tel. 54908630, Öffnungszeit<br />

Kontaktladen: So bis Mi: 11 – 21 Uhr<br />

u. Do bis Sa: 16 – 21 Uhr, Anmeldung<br />

Notschlafstelle: tägl. 18 – 20 Uhr<br />

Kontaktladen OFF<br />

Condrobs, Orleansstr. 60, Tel. 481425,<br />

Fax 44 71 88 70, Öffnungszeiten:<br />

Mo u. Di: 10.30 – 16.30 Uhr,<br />

Mi u. Do: 12.30 – 16.30 Uhr<br />

Hans-Scherer-Haus<br />

Träger: Katholischer Männerfürsorgeverein<br />

München e.V.,<br />

85764 Oberschleißheim,<br />

Tel. 3158250, Fax 31582599<br />

Kreuzb<strong>und</strong> Diözesanverband<br />

München <strong>und</strong> Freising e.V.<br />

Selbsthilfe-Helfergemeinschaft für<br />

Suchtkranke <strong>und</strong> deren Angehörige,<br />

Dachauerstr. 5, Tel. 59083777,<br />

Fax 59083776, Kontakttelefon, Gruppenverzeichnis,<br />

persönliche Beratung<br />

nach Vereinbarung<br />

Fährhaus – Anonyme<br />

Sucht-Selbsthilfe<br />

Zusammenkünfte:<br />

Mo: 20.15 Uhr, Westendstr. 68;<br />

Mi: 19.30 Uhr, Nußbaumstr. 7;<br />

Sa: 17.30 Uhr, Leonrodstr. 19<br />

Schulden<br />

Landeshauptstadt München<br />

Allgemeiner Sozialdienst (ASD)<br />

Schuldnerberatung<br />

Mathildenstr. 3a, Tel. 233-24353,<br />

Anmeldung über die zuständige<br />

Außenstelle des ASD<br />

Schuldnerberatung von AWO<br />

<strong>und</strong> DGB im Gewerkschaftshaus für<br />

Münchner Arbeitnehmer, Schwanthalerstr.<br />

64, 80336 München, Tel.<br />

532716<br />

Bayerisches Rotes Kreuz<br />

Schuldnerberatung, Kreisverband<br />

München, Seitzstr. 8, 80538<br />

München, Tel. 2373-0/-245/-264<br />

Schuldner- <strong>und</strong> Insolvenzberatung<br />

Evangelisches Hilfswerk München<br />

Bad-Schachener-Str. 2b,<br />

81671 München, Tel. 1890476-60,<br />

Fax 1890476-61<br />

Schuldnerberatungsstelle<br />

der Caritas, Landwehrstraße 26,<br />

80336 München, Tel. 23114930<br />

Weitere Hilfsangebote<br />

Münchner Arbeitsgemeinschaft<br />

Arbeitsförderungsinitiativen<br />

Jobbörse <strong>und</strong> Infos über Qualifi zierungsmöglichkeiten<br />

für schwervermittelbare<br />

Arbeits- bzw. Erwerbslose<br />

MAGAFI im Internet unter<br />

www.magafi .de<br />

Telefonseelsorge<br />

Beratung in allen Lebensfragen, r<strong>und</strong><br />

um die Uhr besetzt (gebührenfrei),<br />

Tel. 0800/1110111 (ev.),<br />

Tel. 0800/1110222 (kath.)<br />

Evangelische <strong>und</strong> katholische<br />

Bahnhofsmission<br />

Münchner Hauptbahnhof, Gleis 11,<br />

Tel. 594576/-77/-78, Öffnungszeiten:<br />

tägl. r<strong>und</strong> um die Uhr.<br />

Die Bahnhofsmission übernimmt<br />

in Notfällen Vertretungsfunktion für<br />

Sozial- <strong>und</strong> Wohnungsamt.<br />

Münchner Insel unter dem<br />

Marienplatz<br />

Ökumenisches Kriseninterventions<strong>und</strong><br />

Beratungszentrum (keine fi nanzielle<br />

Hilfe), U-Bahn-Hof Marienplatz,<br />

Untergeschoss, Tel. 220041,<br />

Öffnungszeiten: Mo, Di, Mi, Fr:<br />

9 – 18 Uhr, Do: 11 – 18 Uhr<br />

Münchner Zentralstelle für<br />

Strafentlassenenhilfe<br />

Haimhauser Str. 13 (Eingang<br />

Occamstr.), Tel. 380156-0,<br />

Sprechzeiten: Mo bis Fr: 8 – 12 Uhr<br />

<strong>und</strong> nach tel. Vereinbarung<br />

Alleinerziehende, VAMV – Verband<br />

alleinerziehender Mütter <strong>und</strong> Väter,<br />

Silberhornstr. 6, Tel. 6927060<br />

Väterinitiative für engagierte<br />

Elternschaft e.V.<br />

Ligsalzstr. 24, Väterbüro:<br />

Tel. 50009595, Fax 50009597<br />

BISS 07-08/2009 erscheint<br />

Anfang Juli mit dem Schwerpunkt:<br />

Servus, Minga!<br />

Anzeigenschluss:<br />

09.06.2009<br />

Druckunterlagenschluss:<br />

12.06.2009<br />

Informationen für Ihre Anzeige<br />

erhalten Sie bei:<br />

Hildegard Denninger<br />

Tel. 089 / 33 20 33<br />

Fax 089 / 33 20 34<br />

E-Mail: info@biss-magazin.de<br />

www.biss-magazin.de 31

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