Fatma lernt Lesen und Schreiben - Biss
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BÜRGER IN SOZIALEN SCHWIERIGKEITEN 1,80 O, davon 0,90 O für den Verkäufer Juni 2009<br />
Sagenhaft<br />
Der Zauber<br />
des Zuhörens<br />
Stark<br />
<strong>Fatma</strong> <strong>lernt</strong> <strong>Lesen</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Schreiben</strong><br />
Schlau<br />
Obdachlose<br />
an einer US-Uni<br />
Sei gscheit!<br />
ISSN 0948-3470
intern<br />
Das A <strong>und</strong> O<br />
„Seit heute halte ich meine Prüfungsergebnisse in den Händen <strong>und</strong> sende<br />
sie Ihnen wie versprochen zu. Ich danke Ihnen vielmals für all die Unterstützung,<br />
die BISS mir in den Jahren meiner Ausbildung zuteilwerden hat<br />
lassen. Ich wohne nun seit Anfang des Jahres in Paris <strong>und</strong> arbeite für ...<br />
Ich habe eine Stelle als Tages-Rezeptionistin, für den Anfang bin ich damit<br />
sehr zufrieden! ... Ich kann mit Glück sagen, trotz Krise nicht einen<br />
Tag arbeitslos gewesen zu sein zwischen Ausbildung <strong>und</strong> Berufseinstieg ...<br />
Und dazu kommt, dass ich in der Branche aufgestiegen bin, unser Haus befi<br />
ndet sich nicht weit von den Champs-Elysées, auf dem Boulevard Haussmann<br />
...“ Das schrieb uns die Tochter unseres Verkäufers, Herrn Z., die<br />
Anfang 2009 ihre Prüfung als Hotelfachfrau erfolgreich ablegte <strong>und</strong> nun in<br />
einem erstklassigen Hotel, in dem sie ein Praktikum gemacht hat, fest angestellt<br />
ist.<br />
Wenn wir solche Post bekommen, herrscht im BISS-Büro immer ausgelassene<br />
Freude, <strong>und</strong> Ihnen, liebe Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Gönner, klingen wahrscheinlich<br />
die Ohren, so werden Sie von uns gepriesen! Denn all die kleinen <strong>und</strong><br />
größeren Scheine, die den jungen Auszubildenden zugehen, stammen aus<br />
Ihren Spenden: die Fünfziger <strong>und</strong> H<strong>und</strong>erter für die Zeugnisse, der Zuschuss<br />
zum Führerschein genauso wie die 250 Euro, die wir Melissa für das<br />
gute Abschlusszeugnis gegeben haben. Ich habe ihr am Telefon gesagt, dass<br />
nicht nur der Papa vor Stolz fast platzt, sondern auch ihre vielen BISS-Onkeln<br />
<strong>und</strong> -Tanten. Wenn jemand sich dann so herzlich bedankt wie Melissa,<br />
bin ich doppelt gerührt. Denn es zeigt, dass sie nicht nur berufl ich weiß,<br />
was sich gehört.<br />
Ist es nicht w<strong>und</strong>erbar, liebe Fre<strong>und</strong>e, dass wir wieder einmal einem jungen<br />
Menschen Hilfestellung dabei geben durften, seinen Weg zu machen?<br />
Ich danke Ihnen! Denn Bildung ist das A <strong>und</strong> 0. An uns, den Alten, ist es,<br />
sie den Jungen zu ermöglichen. Der Staat muss dafür sorgen, dass auch benachteiligte<br />
junge Menschen Chancen auf eine gute Schul- <strong>und</strong> Berufsausbildung<br />
<strong>und</strong> darüber Teilhabe an der Gesellschaft bekommen. Wenn der<br />
Staat das nicht tut, müssen ihm die Bürger auf die Sprünge helfen. Bayern<br />
kann sich glücklich schätzen, dass in seiner Landeshauptstadt das Sozialunternehmen<br />
Hotel BISS entstehen soll, das viele erstklassige Ausbildungsplätze<br />
für benachteiligte junge Menschen schafft (siehe S. 23). Denn alles, was<br />
das Land dazu tun muss, ist, der Stiftung BISS das Gefängnis Am Neudeck<br />
zu einem angemessenen Preis zu verkaufen. Das ist das A wie Anfang. Für<br />
ein glückliches Ende sorgen wir dann schon.<br />
Es grüßt Sie ganz herzlich<br />
Foto: Barbara Donaubauer<br />
3
4<br />
Intro<br />
BISS ist ein Zeitungsprojekt, das seit<br />
1993 Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürgern in sozialen<br />
Schwierigkeiten hilft, sich selbst zu helfen.<br />
Das Blatt wird professionell gemacht <strong>und</strong><br />
hauptsächlich von Menschen verkauft,<br />
die obdachlos sind oder waren. Die Verkäufer<br />
kommen in der Schreibwerkstatt<br />
(SWS) auf den Seiten 4, 16, 17 <strong>und</strong> 30<br />
selbst zu Wort.<br />
Vom Verkaufspreis, 1,80 Euro pro Exemplar,<br />
behalten die Verkäufer 90 Cent.<br />
BISS hat die Anstellung von Verkäufern,<br />
die auf dem Arbeitsmarkt keine Chance<br />
haben, zum Ziel. Zurzeit sind 32 von r<strong>und</strong><br />
100 Verkäufern fest angestellt.<br />
BISS fi nanziert sich durch den Verkauf<br />
der Zeitschrift sowie durch Anzeigen <strong>und</strong><br />
Bußgelder, die BISS von Richtern <strong>und</strong><br />
Staatsanwälten sporadisch zugesprochen<br />
werden. Mit diesen Einnahmen werden<br />
die Herstellungskosten der Zeitschrift<br />
inklusive Honoraren sowie die Betriebskos<br />
ten <strong>und</strong> die Fachpersonal-Gehälter<br />
bezahlt.<br />
Der gemeinnützige Verein BISS e.V.<br />
unterstützt Qualifi zierungsmaßnahmen<br />
für Betroffene. Um sozial benachteiligten<br />
jungen Menschen zu einer erstklassigen<br />
Berufsausbildung zu verhelfen, hat der<br />
Verein die Stiftung BISS gegründet, die<br />
die Trägerschaft beim geplanten Projekt<br />
Hotel BISS (Seite 23) übernehmen soll.<br />
Alle Spenden werden für Bürgerinnen<br />
<strong>und</strong> Bürger in sozialen Schwierigkeiten<br />
eingesetzt.<br />
Spendenkonto bei der<br />
LIGA Bank München<br />
Konto-Nr. 22186 66<br />
BLZ 750 903 00<br />
Bitte kaufen Sie BISS nur bei Verkäufern,<br />
die ihren Ausweis deutlich sichtbar<br />
tragen. BISS wird nur auf der Straße,<br />
nicht an der Haustür verkauft.<br />
BISS ist Mitglied im Internationalen Netz<br />
der Straßenzeitungen.<br />
www.street-papers.org<br />
Titel-Foto: Kathrin Harms<br />
Foto Intro: Benjamin Ganzenmüller<br />
Foto Inhalt (v.o.): Hartz-IV-Orchester,<br />
Volker Schmitt<br />
BISS-Verkäufer Jaroslav Zlucka im U-Bahn-Zwischengeschoss<br />
Mein Standplatz<br />
Münchner Freiheit<br />
Da ich 18 Jahre lang am Bonner Platz gewohnt habe, ist<br />
Schwabing für mich eine zweite Heimat. Umso mehr freut<br />
es mich, dass ich meinen Verkaufsplatz an der Münchner<br />
Freiheit habe. Es ist ziemlich viel los hier, hauptsächlich am<br />
Wochenende. Leider gibt es auch viel Aggression <strong>und</strong> Schlägereien.<br />
Deshalb bin ich froh um die starke Präsenz der U-<br />
Bahn-Wache <strong>und</strong> der Polizei. Wenn sie anwesend sind, fühle<br />
ich mich sicherer. Vor drei Jahren wurde ich nämlich von<br />
Jugendlichen provoziert <strong>und</strong> angegriffen. Die meisten K<strong>und</strong>en<br />
sind aber sehr nett. Ich bin seit 2002 bei BISS <strong>und</strong> seit<br />
2003 fest angestellt. In der ersten Hälfte des Monats arbeite<br />
ich täglich, außer sonntags, von 11 bis 21.30 Uhr. Danach,<br />
wenn viele Leute das aktuelle Heft schon haben, gönne ich<br />
mir einen etwas früheren Feierabend um 20 Uhr. Leider<br />
wurden im März 2008 die Bushaltestellen an der Münchner<br />
Freiheit verlegt, so dass nicht mehr so viele Leute an mir vorbeikommen.<br />
Dadurch habe ich mindestens 20 bis 40 potenzielle<br />
Käufer pro St<strong>und</strong>e verloren. Die Krönung ist nun aber<br />
der Umbau der ganzen U-Bahn-Station. Seit Januar 2009<br />
sind alle Geschäfte im Zwischengeschoss geschlossen, was<br />
für mich bedeutet, dass der Umsatz noch mehr zurückgegangen<br />
ist. Das beste Geschäft mache ich zwischen 17 <strong>und</strong><br />
20 Uhr, wenn die Leute von der Arbeit nach Hause kommen<br />
oder zum Karstadt einkaufen gehen. Dass wenigstens<br />
der unterirdische Eingang zum Karstadt noch offen ist, ist<br />
meine Rettung.<br />
Jaroslav Zlucka/SWS
Inhalt<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
sind Sie gscheit? Also intelligent, gebildet,<br />
klug, schlau oder gar ausgefuchst? Ganz<br />
schön schwierig, die Begriffe auseinanderzuhalten.<br />
Wir sagen: Jeder ist gescheit, jeder auf<br />
seine Art. BISS hat Münchner besucht, die<br />
sich (weiter-)bilden. Und solche, die Bildung<br />
vermitteln. Dabei zeigt sich: Manchmal wird<br />
man spielerisch leicht <strong>und</strong> mit viel Spaß<br />
gscheit, <strong>und</strong> manchmal ist es eine große<br />
Anstrengung. Wir haben viele Wege zum Ziel<br />
gef<strong>und</strong>en – bilden Sie sich am besten Ihre<br />
eigene Meinung.<br />
Günter Keil, Andreas Unger / Chefredaktion<br />
8 Gut gebrüllt: Manfred Hampel leitet das<br />
Hartz-IV-Orchester <strong>und</strong> singt selbst mit<br />
18 Nach dem Unterricht beginnt der Spaß:<br />
Schülerinnen einer berufsvorbereitenden Schule<br />
Sei gscheit!<br />
8 Dabei sein statt danebenstehen<br />
Das Münchner Hartz-IV-Orchester gibt arbeitslosen<br />
Künstlern <strong>und</strong> Technikern eine neue Chance<br />
12 Die Zauberkraft des Lauschens<br />
Kinder, die zu den Vorlesest<strong>und</strong>en der Lesefüchse kommen,<br />
werden richtig gscheit<br />
14 „Verstehen gut, sprechen nix gut“<br />
Wie eine türkische Analphabetin in einem Kurs die deutsche<br />
Sprache <strong>lernt</strong> <strong>und</strong> im Alltag besser zurechtkommt<br />
18 Der tägliche Kampf um Aufmerksamkeit<br />
Der Unterricht an einer berufsvorbereitenden Schule ist eine<br />
große Herausforderung – für Lehrer <strong>und</strong> Schüler<br />
20 Philosophen der Straße<br />
Eine US-Universität bietet Literaturkurse für Obdachlose an.<br />
22 Lebenslänglich Hausaufgaben<br />
Jeder muss sich dauernd weiterbilden, heißt es überall.<br />
So ein Schmarrn!<br />
G’schichten<br />
16 Schreibwerkstatt<br />
Unsere Verkäufer erzählen<br />
24 Die Bilderbuchfamilie<br />
Lulu will Sängerin werden <strong>und</strong> macht bei einem Wettbewerb<br />
mit, während Victor um eine Medaille schwimmt<br />
28 Um die Ecke<br />
Anatol Regnier über Bogenhausener Straßennamen<br />
30 Jana scheffelt Geld<br />
Die Kolumne aus der Schreibwerkstatt<br />
Rubriken<br />
6 Lob & Tadel<br />
7 BISSchen<br />
23 Hotel BISS<br />
26 Patenuhren<br />
27 Fre<strong>und</strong>e & Gönner<br />
30 Impressum<br />
31 Adressen<br />
5
6<br />
Lob &Tadel<br />
Lob<br />
Ein wilder Fluss, mitten in der Stadt – wo gibts denn so was?<br />
In München: unsere schöne, fast fertig renaturierte Isar<br />
„Flüsse, die wo mäandern, san a Sauerei<br />
der Natur“, so persifl ierte Gerhard Polt<br />
einst die geplante Kanalisierung der Altmühl.<br />
In München dachte man früher<br />
im Ernst so. Als Kind fuhr man mit der<br />
Straßenbahn zum Sechzgerstadion oder<br />
zur Auer Dult, vielleicht zum Klassentag<br />
ins Volksbad. Dabei fuhr man über,<br />
aber kaum jemals an die Isar. Ein grauer<br />
Strom in starrer Betonrinne, kaum Badeplätze,<br />
so sah sie aus, fl oss fad geradeaus.<br />
Idylle am Fluss suchte man am Flaucher<br />
oder in der Pupplinger Au. Seit 1999 aber<br />
kehrt die Natur in die Stadt zurück, dank<br />
Stadtrat, Freistaat, Wasserwirtschaftsamt,<br />
Landschaftsarchitekt Winfried Jeney <strong>und</strong><br />
dank Münchner Bürgerwillen. Jetzt hat<br />
das „Projekt Isarplan“, die Renaturierung<br />
unseres wilden, gletschergrünen Gebirgsfl<br />
usses auf zehn Kilometern Länge zwischen<br />
Großhesseloher <strong>und</strong> Wittelsbacher<br />
Brücke, endgültig die Innenstadt erreicht.<br />
Mitte Juni säen die Gärtner im Abschnitt<br />
Tadel<br />
Sie stehen an Straßenecken, meist nicht<br />
lange. Sie verkaufen eine Zeitung mit dem<br />
Titel „Straßenträumer“. Sie sagen, der<br />
Verkaufserlös gehe an eine Darmstädter<br />
Suppenküche, von der man nicht erfährt,<br />
wann es sie geben wird. Welcher Teil des<br />
Verkaufserlöses in welchen Taschen landet,<br />
ist unklar. In den letzten Jahren wurden<br />
Straßenzeitungen wie „StraMax“<br />
oder „Streetworker“ in deutschen Städten<br />
verkauft. Die Journalistin Kathrin Geltinger<br />
hat für die „Landshuter Zeitung“<br />
recherchiert: Wegen unklarer Vertriebswege<br />
sind sie gerichtlich verboten worden.<br />
Unter derselben Adresse wie damals<br />
residiert jetzt „Straßenträumer“. Der Verdacht:<br />
Verkäufer werden losgeschickt,<br />
um Leuten Geld aus der Tasche zu ziehen.<br />
Geltinger hat mit einem angeblichen<br />
Chefredakteur namens Gino telefoniert.<br />
Seinen Nachnamen wollte er nicht verraten.<br />
Sie schreibt: „Schließlich beendet<br />
er das Telefonat abrupt – nicht ohne vor-<br />
„Weideninsel“ Kräutersamen, im Sommer<br />
2010 wird das unterirdische Praterkraftwerk<br />
an der Maximiliansbrücke eröffnet,<br />
der Tunnel dort wird Schmutz- <strong>und</strong><br />
Regenwasser sammeln, die Wasserqualität<br />
der Isar weiter verbessern <strong>und</strong> Strom<br />
für 6000 Haushalte liefern. 2011 soll das<br />
Corneliuswehr fertig renaturiert sein.<br />
Schon heute dürfen sich alle freuen: Die<br />
Münchner haben ihren Heimatfl uss wieder.<br />
Einheimische wie Zuagroaste, Anrainer<br />
wie Ausfl ügler, Hüllenlose, Obdachlose,<br />
Griller, Gaffer, Grantler, Radlfahrer,<br />
Zamperl sowie ihre Herr- <strong>und</strong> Frauchen<br />
freuen sich über Biotope, über Nebenfl<br />
üsse mit Kiesinseln <strong>und</strong> Auenwald mit<br />
Baumstämmen, die liegen bleiben, über<br />
Wasserrampen in Wasserfällen, damit Forellen,<br />
Eschen, Barben <strong>und</strong> Nasen auch<br />
wieder stromaufwärts wandern. Ein<br />
wildes Gewässer wird es sein, eine Flusslandschaft<br />
wie vor fast 150 Jahren.<br />
Dieter Wachholz<br />
In München werden dubiose Straßenzeitungen verkauft. Mit BISS haben<br />
sie nichts zu tun – <strong>und</strong> wohl auch nichts mit sozialem Engagement<br />
her seine Gesprächspartnerin wüst zu beschimpfen.“<br />
Wohlgemerkt: Es sind nicht<br />
die Verkäuferinnen <strong>und</strong> Verkäufer, die<br />
getadelt gehören. Wir glauben, dass ihre<br />
wirtschaftliche Not ausgenützt wird. Sie<br />
verdienen Respekt. Respekt, der ihnen<br />
von Gino ohne Nachnamen <strong>und</strong> seinen<br />
Mitarbeitern verwehrt wird. Denn unabhängig,<br />
ob „Straßenträumer“ legal oder<br />
illegal vertrieben wird: Entscheidend ist<br />
die Haltung. Die erkennt man am Blatt<br />
selbst. Das ist nämlich schlecht gemacht.<br />
Die Redaktion von BISS will ihren Verkäuferinnen<br />
<strong>und</strong> Verkäufern ein sorgfältig<br />
recherchiertes, formuliertes, fotografi<br />
ertes <strong>und</strong> produziertes Magazin in die<br />
Hände geben, das sie gerne verkaufen <strong>und</strong><br />
das Sie, liebe Leserinnen <strong>und</strong> Leser, gerne<br />
kaufen. Und zwar aus Interesse, nicht aus<br />
Mitleid. BISS hat den „Straßenträumer“<br />
wegen illegalen Vertriebs einer Straßenzeitung<br />
angezeigt.<br />
Andreas Unger
chen<br />
Sind die im<br />
Heim daheim?<br />
In München gibt es viele Altenheime.<br />
Obwohl ihre Türen offen<br />
sind, geht nur selten jemand hinein,<br />
der dort nicht wohnt oder<br />
arbeitet. Die Klasse 4c der Grandlschule<br />
besuchte das Seniorenwohnheim<br />
Pasing-Westkreuz des<br />
Roten Kreuzes. Dort sprachen die<br />
Schüler mit der Einrichtungsleiterin<br />
Ines Nöbel <strong>und</strong> der Krankenschwester<br />
Barbara Brunner<br />
Dürfen Menschen, die hier wohnen, auch<br />
mal rausgehen?<br />
Ines Nöbel: Seniorenheime sind keine Gefängnisse,<br />
sondern Lebensräume für alte<br />
Menschen, die im Alltag Unterstützung<br />
benötigen. Alle, die hier wohnen, führen<br />
ihr Leben genau so, wie sie es wollen.<br />
Das heißt, sie können, wie jeder andere,<br />
Spaziergänge oder einen Stadtbummel<br />
machen. Wenn sie sich nicht allein außerhalb<br />
des Hauses bewegen können, bieten<br />
wir Hilfen an.<br />
Ist ein Altenheim so etwas Ähnliches wie<br />
ein Krankenhaus?<br />
Ines Nöbel: Wenn man durch die Wohnbereiche<br />
geht, wirkt es vielleicht ein bisschen<br />
so, aber es gibt einen ganz wichtigen<br />
Unterschied. Ins Krankenhaus geht man,<br />
wenn man eine Behandlung braucht. Man<br />
bleibt eine bestimmte Zeit dort <strong>und</strong> kehrt<br />
anschließend nach Hause zurück. Unsere<br />
Bewohner sind hier jedoch daheim. Sie<br />
haben beim Einzug einen Teil ihrer Sachen<br />
mitgebracht, um sich ihr Zimmer<br />
gemütlich einzurichten.<br />
Warum darf man keine Haustiere haben,<br />
wenn man im Altenheim wohnt?<br />
Barbara Brunner: Gr<strong>und</strong>sätzlich ist es<br />
erlaubt, dass in unseren Einrichtungen<br />
Haustiere gehalten werden. Jedoch muss<br />
beim Einzug geregelt sein, dass sich jemand<br />
des Tieres annimmt, wenn der Besitzer<br />
dazu nicht mehr in der Lage ist. Im<br />
Rahmen unseres Betreuungskonzepts haben<br />
wir auch hauseigene Tiere.<br />
Feiern Sie auch Feste?<br />
Ines Nöbel: Feste sind in Seniorenheimen<br />
eine sehr gute Möglichkeit der Freizeitbeschäftigung<br />
<strong>und</strong> bilden Höhepunkte<br />
im Jahresablauf. Wir richten zu Neujahr,<br />
zum Fasching, zu Ostern, im Sommer<br />
<strong>und</strong> zu Weihnachten jeweils Festlichkeiten<br />
aus, zu denen alle Bewohner kommen,<br />
die dazu in der Lage sind. An den<br />
kirchlichen Festtagen begleiten uns ein<br />
katholischer <strong>und</strong> ein evangelischer Geistlicher,<br />
die im Haus auch regelmäßig Gottesdienste<br />
abhalten. Und außerdem feiern<br />
wir einmal im Monat ganz groß Geburtstag:<br />
Da erhalten alle Bewohner, die in den<br />
vorhergegangenen vier Wochen Geburtstag<br />
hatten, ein Geschenk.<br />
Dürfen Enkelkinder zu Besuch kommen?<br />
Ines Nöbel: Selbstverständlich! Immer<br />
wenn junge Leute zu Besuch sind, wirkt<br />
das auf einen ganzen Wohnbereich wie<br />
pure Lebensfreude. Dann geht es den Besuchten<br />
sofort viel besser. Wir bieten Familien,<br />
die von weit her kommen, sogar<br />
Zimmer zur Übernachtung an, weil wir<br />
die Besuche für so wichtig halten.<br />
Wie alt ist der älteste Bewohner?<br />
Barbara Brunner: Bei uns wohnt eine Dame,<br />
die wird demnächst 104 Jahre alt.<br />
Und sie ist noch sehr rüstig.<br />
Und der Jüngste?<br />
Barbara Brunner: Der junge Mann ist gerade<br />
39 Jahre alt geworden. Er ist als 24-<br />
Jähriger zu uns gekommen. Nach einem<br />
schweren Unfall befi ndet er sich in einem<br />
Wachkoma. Das heißt, er kann ohne Hilfe<br />
sein Bett nicht verlassen <strong>und</strong> braucht<br />
auch für alle anderen Dinge viel Unterstützung.<br />
Protokoll: Bernd Hein<br />
Foto: Barbara Donaubauer<br />
7
8<br />
Sei gscheit!<br />
Mitglieder <strong>und</strong> Macher des<br />
Hartz-IV-Orchesters von links<br />
oben nach rechts unten:<br />
Student Martin Geissler am<br />
Bass unterstützt das Orchester.<br />
Schwester Bernadette<br />
Brommer am Schlagzeug ist<br />
auch als Sängerin toll. Josef<br />
Holler gibt den Zauberer <strong>und</strong><br />
Clown. Romeo Yakub am<br />
Tenorsaxophon ist Hausmeister<br />
der Pasinger Fabrik. Heidi<br />
Langelahn fördert Kinder mit<br />
Hartz-IV-Hintergr<strong>und</strong>. Markus<br />
Wolfseher alias Jimmy Black<br />
ist Schauspieler, Sänger,<br />
Imitator <strong>und</strong> hat gerade einen<br />
Berufsaufbaukurs als Kassierer<br />
absolviert. Igor Gordeev,<br />
russischstämmiger Schlagzeuger,<br />
unterhält eine Schlagzeugschule.<br />
Orchestergründer<br />
Manfred Josef Hampel alias<br />
Manfredo ist Keyboarder,<br />
Trompeter, Sänger, Unternehmer<br />
<strong>und</strong> Erfi nder. Stefan<br />
Strauß ist Percussionist <strong>und</strong><br />
drechselt Schlagzeugstöcke<br />
für Profi s. Caroline Pettig aus<br />
den USA, Opernsängerin mit<br />
weltweitem Erfolg, war zwischendurch<br />
obdachlos – <strong>und</strong><br />
ist nun wieder eine echte Diva
Mit<br />
Musik<br />
zurück<br />
ins<br />
Spiel<br />
Text: Annette Leyssner<br />
Foto: Jean-Patrick Morarescu,<br />
Roland Weegen<br />
In einem einzigartigen Projekt bekommen arbeitslose<br />
Münchner eine neue Chance, sich auf oder hinter<br />
der Bühne zu beweisen. Vorhang auf <strong>und</strong> Applaus<br />
für das Hartz-IV-Orchester!<br />
Die Opernsängerin, die obdachlos war; der verarmte Jazzpianist,<br />
der mangels Klavier auf Computertastaturen klimpert; das brasilianisch-russische<br />
Trommlerduo <strong>und</strong> noch etwa 40 Leute mehr:<br />
Das ist das Hartz-IV-Orchester. „Die größte Band der Stadt wollen<br />
wir werden!“, sagt der Initiator Manfred Hampel. Seit November<br />
rekrutiert er, den hier alle Manfredo nennen, eine bunte<br />
Truppe von Sängern, Musikern <strong>und</strong> Komödianten. Ihr Ziel:<br />
Sie wollen ein abendfüllendes Programm auf die Bühne bringen.<br />
Das Münchner Sozialreferat <strong>und</strong> ein paar Sponsoren unterstützen<br />
sie dabei. Manfredo singt am liebsten Jazzklassiker,<br />
beherrscht Trompete <strong>und</strong> Keyboard. Gern zeigt sich der 53-Jährige<br />
auch im Frack, mit blütenweißem Hemd <strong>und</strong> Einstecktuch.<br />
Für ihn war Musik in schwierigen Lebenssituationen immer „ein<br />
Heilmittel“; diese Erfahrung habe ihn zur Gründung des Orchesters<br />
motiviert, sagt er. Der Vater von sechs Kindern hatte eine<br />
Produktionsfi rma für Holzfenster mit 40 Mitarbeitern, bis er<br />
das Unternehmen 2001 schließen musste. „Ich habe am eigenen<br />
Leib erfahren, was es bedeutet, von heute auf morgen nicht mehr<br />
gebraucht zu werden.“ Mittlerweile hat der Innenarchitekt eine<br />
neue Firma gegründet, die die Existenz seiner Familie sichert.<br />
Die Erfahrung, wie schnell man eine sicher geglaubte Einkommensbasis<br />
verlieren kann, motivierte ihn, das „H4O“, wie er sein<br />
Projekt nennt, ins Leben zu rufen. „Ich wollte oft unverschuldet<br />
in Not geratenen Menschen eine Chance bieten, ihr Potenzial zu<br />
beweisen.“ Einige H4O-Mitglieder sind arbeitslose Profi musiker,<br />
andere bringen sich hinter der Bühne als Techniker oder Helfer<br />
ein. Willkommen seien alle, sagt Manfredo. „Glücklich zu sein<br />
<strong>und</strong> Spaß zu haben“, so lautet die Maxime des Teams. „Applaus<br />
ist das Brot des Künstlers. Hartz-IV-Bezieher bekommen aber<br />
keinen Applaus“, schildert Orchester-Gründer Hampel das Problem.<br />
Die Mitglieder sollen sich zurück ins Spiel bringen.<br />
Zum Beispiel Entertainer Josef Holler. Der 59-jährige<br />
Münchner verlor 2003 seinen Job, als sein Arbeitgeber mit einer<br />
anderen Firma fusionierte. „Nach 28 durchgearbeiteten Jahren“<br />
im Servicebereich einer Computerfi rma wurde Holler mit einem<br />
„golden handshake“ verabschiedet. Von seiner Abfi ndung kann<br />
er leben, aber unbegrenzt freie Zeit könne eine Herausforderung<br />
werden, erzählt er. Die Reaktion der Menschen auf seinen Ausstieg<br />
aus dem geregelten Arbeitsalltag schwanke zwischen Neid<br />
<strong>und</strong> Mitleid. Nach seinem Abschied von der Firma beschloss<br />
der EDV-Experte, einen lange gehegten Traum wahr zu machen<br />
<strong>und</strong> selbstständiger Unterhalter zu werden. Ein halbes Jahr lang<br />
fi nanzierte ihm ein Existenzgründer-Zuschuss einen „Fools’<br />
Workshop“. Parallel zur Ausbildung an der Clownschule sammelte<br />
er als Übungsleiter der Zirkusgruppe an der Schule seiner<br />
Kinder Erfahrungen. Engagements hat er nur unregelmäßig,<br />
wenn etwa Sketche für einen r<strong>und</strong>en Geburtstag einstudiert<br />
werden sollen. Beim H4O will er bei dem geplanten Abendprogramm<br />
den Zuschauern zum Beispiel im Schnellkurs beibringen,<br />
mit Bällen zu jonglieren. Interessanter als der Auftritt im<br />
9
10<br />
Sei gscheit!<br />
Clown Josef Holler lehrt die französische Sängerin <strong>und</strong> Erzählerin Laura Daitch das Jonglieren<br />
Rampenlicht sei für ihn der regelmäßige Austausch mit anderen<br />
Menschen: „Das mit dem Orchester ist für mich auch wichtig,<br />
um in eine Gleichmäßigkeit hineinzukommen“, sagt er. Die<br />
H4O-Probe jeden Mittwoch ist nun ein Fixpunkt in seinem Terminkalender.<br />
Gerade ist die Truppe bei einem Casting in der Pasinger Fabrik<br />
auf Talentsuche. Manfredo steht hinter dem Mischpult am<br />
Eingang des abgedunkelten Raumes mit Blick auf die Bühne. Er<br />
ist fast so aufgeregt wie diejenigen, die vorsingen oder vorspielen.<br />
Regisseur Johannes Braukmann sitzt in der ersten Reihe, er<br />
wird entscheiden, wie sich die Männer <strong>und</strong> Frauen am besten in<br />
das Programm einbringen können. Arbeitstitel: „Chicago in der<br />
Swing-Ära: Wirtschaftskrise, Alkoholverbot … <strong>und</strong> wir feiern<br />
trotzdem“. Zwischen Musikstücke aus dieser Zeit sollen Theaterszenen<br />
eingefl ochten werden. „Eventuell bieten wir Essen an,<br />
bauen ein Casino auf – es gibt viele Möglichkeiten“, sagt Braukmann.<br />
Längerfristig sind weitere Programme geplant: „Die Freddie<br />
Mercury Rockoper“ <strong>und</strong> „Eine Italienische Nacht“.<br />
Als Erstes präsentiert sich Laura Daitch. Die arbeitslose Englischlehrerin<br />
lebt seit zehn Jahren in München, ihre Heimat ist<br />
das Elsass. Ihre Zweisprachigkeit ausspielend, versucht sie sich<br />
an „La vie en rose“ von Edith Piaf. „Gib mir Bewegung! Das<br />
war ein bisschen zu statisch“, ermuntert Braukmann sie. In ihrer<br />
Heimat sei sie als Kabarettistin aufgetreten, aber die Bayern<br />
verstünden diesen Humor nicht, bedauert Daitch. „Daher bin<br />
ich seit Jahren nicht mehr auf der Bühne“, so entschuldigt sie<br />
kleine Unsicherheiten im Vortrag. Als Nächster ist der Pianist<br />
Alex Fisch an der Reihe. Er setzt sich ans Klavier, <strong>und</strong> nachdem<br />
er zwei Boogie-Woogie-Stücke gespielt hat, nähert sich Stefan<br />
Strauß, auf einer Djembé trommelnd. „Das ist ein Instrument<br />
aus dem Senegal“, erklärt er. Seit 25 Jahren macht Strauß Musik;<br />
Rock’n’Roll, Jimi Hendrix-Songs <strong>und</strong> Samba liebt er gleichermaßen.<br />
Der ge<strong>lernt</strong>e Banker ist seit zwei Jahren arbeitslos.<br />
„Ganz in Weeeiiiß, mit einem Blumenstrauß“, trällert Schlager-Fan<br />
<strong>und</strong> Komiker Markus Wolfseher. Der 35-Jährige strahlt<br />
über das ganze Gesicht, versprüht Charme wie das Idol in seinen<br />
besten Zeiten. Abseits der Bühne wirkt Wolfseher eher deprimiert:<br />
Seit neun Jahren ist er arbeitslos. Eine Lehre als Kfz-<br />
Mechaniker scheiterte an ges<strong>und</strong>heitlichen Problemen. Das<br />
Arbeitsamt riet zu einer Umschulung zum Verkäufer, ein Beruf,<br />
in dem er sich nie richtig wohlfühlte. Ende der 90er-Jahre<br />
war Markus einmal auf den Fernsehschirmen in der ganzen Republik<br />
zu sehen. „Für die Talksendung ‚Andrea‘ wurden Gäste<br />
zum Thema Schlager gesucht. Ich habe mich beworben <strong>und</strong><br />
dann den Schlagerstar Bernd Clüver gegeben, den ‚Jungen mit<br />
der M<strong>und</strong>harmonika‘. Der Saal hat getobt!“, erinnert er sich.<br />
„Dann war klar: Mein Traum, mein Ziel ist es, auf der Bühne<br />
zu stehen.“ Eine Filmagentur vermittelt ihm gelegentlich kleine<br />
Rollen. Bei einer Comedy-Sendung war er kürzlich wieder auf<br />
dem Bildschirm zu sehen, allerdings nur als Komparse. „Es ging<br />
um die Mafi a. Ich war ein Typ, der, an einen Betonklotz geb<strong>und</strong>en,<br />
in den Hafen geworfen wird.“ Im Idealfall möchte Wolfseher<br />
in der Unterhaltungsbranche seinen Lebensunterhalt verdienen,<br />
aber zunächst will er Erfahrungen sammeln. Eine neue<br />
Perspektive hat sich durch sein Engagement beim H4O bereits<br />
ergeben. Ein Reporter des Bayerischen R<strong>und</strong>funks hat Markus<br />
für einen Beitrag interviewt <strong>und</strong> ihm spontan ein Praktikum in<br />
Aussicht gestellt.<br />
Zurück im Spiel ist auch Opernsängerin Caroline Petrig. Die<br />
zierliche 58-Jährige wirkt fast schüchtern, als sie die Bühne beim<br />
Casting in der Pasinger Fabrik betritt. Früher sang die Deutschamerikanerin<br />
unter anderem an der Bayerischen Staatsoper,<br />
doch irgendwann blieben die Engagements aus, <strong>und</strong> Carolines<br />
Abstieg begann. Sie wurde Hartz-IV-Empfängerin, verlor ihre<br />
Wohnung <strong>und</strong> ihr Selbstvertrauen. „Ich bin alleinerziehend <strong>und</strong><br />
wollte arbeiten. Aber ist man über 50, will einen keiner mehr.
Dort, wo sie hingehört: Opernsängerin Caroline Petrig auf der Bühne, zusammen mit Pianist Alex Fisch<br />
Ich war erledigt“, so schildert die zierliche Frau ihr Lebensgefühl.<br />
Der Kontrast zu der Frau, die sich nun auf der Bühne in<br />
Position bringt, könnte nicht größer sein: Sobald Petrig anfängt<br />
zu singen, weicht die Schüchternheit der Souveränität. Kaum<br />
sind die letzten Töne einer Szene aus der Oper „Madame Butterfl<br />
y“ verklungen, applaudieren alle im Raum, Caroline strahlt<br />
<strong>und</strong> deutet eine Verbeugung an. „Caroline verzückt uns alle“,<br />
sagt Regisseur Braukmann. „Sie braucht die Bühne, <strong>und</strong> die<br />
Bühne braucht Caroline.“ Als er Petrig im November kennen ge<strong>lernt</strong><br />
hat, „war sie ganz am Boden. Ihre Schultern hingen richtig<br />
runter“, erinnert sich Braukmann. Durch das Hartz-IV-Orchester<br />
kann Caroline wieder regelmäßig das machen, was ihr am<br />
besten gefällt, nämlich vor Publikum singen. „Sehen Sie, nun<br />
schwebt sie fast über dem Boden, ist wieder eine Diva. Das ist<br />
toll!“, freut sich der Regisseur.<br />
So unterschiedlich die Lebensläufe, Talente <strong>und</strong> Hoffnungen<br />
der Künstler <strong>und</strong> Techniker auch sind – eines eint sie: der<br />
Wunsch, sich nicht aufzugeben. Neue Wege zu gehen. Es sieht<br />
ganz so aus, als ob sie beim Hartz-IV-Orchester am richtigen<br />
Platz gelandet seien.<br />
Das H4O-Ensemble hat bisher bei Vernissagen <strong>und</strong> Empfängen in<br />
Sozialbürgerhäusern aufgespielt. Am 25. Juli steht ein Auftritt am<br />
Marienplatz im Rahmen des Münchener Selbsthilfetages auf dem<br />
Programm. Wer selbst aktiv werden will, kann jeden Mittwoch um<br />
15 Uhr zu den Proben in der Pasinger Fabrik am Pasinger Bahnhof<br />
kommen. Damit die Arbeitslosigkeit kein Dauerzustand wird, macht<br />
ein Fotograf von allen Teilnehmern des Castings professionelle Fotos,<br />
zusätzlich werden Profi le mit ihren Begabungen angelegt. Über<br />
die Web-Seite des H4O können Mitglieder Engagements vermittelt<br />
bekommen. Neben neuen Mitarbeitern sind Geld- <strong>und</strong> Sachspenden<br />
willkommen. Mehr Informationen unter www.h4or.ch<br />
11
12<br />
Sei gscheit!<br />
Der Zauber<br />
des Zuhörens<br />
Ein Münchner Verein organisiert<br />
Vorlesest<strong>und</strong>en für Kinder – die sind<br />
so begeistert, dass sie gar nicht<br />
merken, wie viel sie dabei lernen<br />
„Gleich donnert es!“, ruft Dusan aufgeregt<br />
<strong>und</strong> springt von seinem Stuhl hoch.<br />
„Stimmt doch, oder?“, fragt der Siebenjährige<br />
in die R<strong>und</strong>e. Vier Kinder <strong>und</strong> eine<br />
Frau nicken. Sie alle wissen: Am Donnerstag<br />
donnert es. Am Freitag ist frei.<br />
Und am Samstag kommt das Sams. So<br />
steht es in dem Buch, aus dem Christine<br />
Ackermann soeben vorliest. „Am Samstag<br />
kam das Sams zurück“ heißt der<br />
Klassiker, der auch heute noch Kinder<br />
wie Dusan mitreißt. Vier weitere Erstklässler<br />
aus der Gr<strong>und</strong>schule an der Implerstraße<br />
lauschen gebannt: Sophie, Sejla,<br />
Elmedina <strong>und</strong> Tomiko wollen wissen, wie<br />
es weitergeht mit dem Sams, einem Fabelwesen<br />
mit Rüsselnase <strong>und</strong> blauen Punk-<br />
Erst zuhören, dann selber<br />
lesen: Kinder nach<br />
einer Vorlesest<strong>und</strong>e<br />
Text: Günter Keil<br />
Foto: Stiftung <strong>Lesen</strong><br />
ten im Gesicht. Jeden Donnerstag um 15<br />
Uhr treffen sie sich in einem Klassenzimmer<br />
zum Zuhören. Freiwillig. Denn die<br />
Dreiviertelst<strong>und</strong>e zählt nicht zum üblichen<br />
Schulangebot – sie wird organisiert<br />
vom Münchner Verein Lesefüchse. Und<br />
der baut seine Arbeit auf drei scheinbar<br />
einfachen Säulen auf: spannende Lektüre,<br />
aufmerksame Kinder <strong>und</strong> gute Vorleser.<br />
Doch hinter den netten Nachmittagen<br />
stecken viele Verbündete, eine aufwendige<br />
Organisation <strong>und</strong> großes Engagement.<br />
255 Lesefüchse-Vorleser sind regelmäßig<br />
im Einsatz. An 15 Gr<strong>und</strong>schulen, in<br />
18 Stadtteilbibliotheken sowie in einem<br />
sonderpädagogischen Förderzentrum, einer<br />
Kindertagesstätte, einer Realschule<br />
<strong>und</strong> einer Orientierungsstufe. Jede Woche<br />
kommen mehr als tausend Kinder in<br />
die St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> machen die Aktion damit<br />
zur größten regionalen Vorleseinitiative<br />
Deutschlands.<br />
„Es gibt nichts Schöneres als das Kinderlachen<br />
als Reaktion auf besonders komische<br />
Textstellen oder Stimmimitationen“,<br />
sagt Christine Ackermann. Die<br />
31-jährige Theaterwissenschaftlerin liest<br />
seit vier Jahren vor <strong>und</strong> leitet die Geschäftsstelle<br />
des Vereins. Zu Beginn der<br />
Vorlesest<strong>und</strong>e kommen die Kinder strahlend<br />
auf sie zugerannt, einige umarmen<br />
sie kurz. Das wirkt fast so, als ob sie zu<br />
einer Fre<strong>und</strong>in geworden ist. Stimmt das?<br />
„Eigentlich bin ich eher die Lehrerin, das<br />
haben zumindest die Kinder gesagt. Dabei<br />
will ich gar nicht so autoritär auftreten,<br />
sondern eher wie eine große Schwester“,<br />
meint Ackermann. Vor Kurzem<br />
habe sie mit einem Jungen über das Videospiel<br />
„Lego Star Wars“ gesprochen.<br />
Woraufhin dieser meinte: „Sie sind ja<br />
selbst noch ein Kind, wenn Sie das spielen!“<br />
„Da musste ich sehr lachen“, erinnert<br />
sich die Vorleserin. Gelacht wird viel<br />
in den Vorlesest<strong>und</strong>en, aber auch nachgefragt,<br />
erklärt, mitgefi ebert, diskutiert.<br />
Freizeitspaß ist nur ein Effekt. Und<br />
nicht einmal der wichtigste. Wenn die<br />
Kinder zuhören, passiert viel mehr, als<br />
auf den ersten Blick zu erkennen ist. „Das<br />
Vorlesen hat für die Bildung einen sehr<br />
hohen Stellenwert. Aus der Gedächtnisforschung<br />
wissen wir, dass es Lernkom-
petenz, Konzentration <strong>und</strong> Kommunikationsfähigkeit<br />
fördert sowie soziale<br />
Empathie <strong>und</strong> Einfühlungsvermögen“,<br />
sagt Timo Reuter vom Institut für Lese-<br />
<strong>und</strong> Medienforschung der Stiftung <strong>Lesen</strong>.<br />
Reuter hat maßgeblich an den Studien<br />
„<strong>Lesen</strong> in Deutschland 2008“ für das<br />
B<strong>und</strong>esministerium für Bildung <strong>und</strong> Forschung<br />
<strong>und</strong> „Vorlesen im Kinderalltag<br />
2008“ von Deutscher Bahn, Die Zeit <strong>und</strong><br />
Stiftung <strong>Lesen</strong> mitgewirkt. Diese brachten<br />
unter anderem die erschreckende Erkenntnis,<br />
dass 37 Prozent der befragten<br />
Vier- bis Elfjährigen nie vorgelesen bekommen.<br />
Was fatal ist, denn man weiß:<br />
„Kinder, denen vorgelesen wird, werden<br />
später mit einer viel höheren Wahrscheinlichkeit<br />
selbst zu Lesern. Zwar <strong>lernt</strong> man<br />
das auch in Institutionen wie Kindergarten<br />
<strong>und</strong> Schule, aber davor steht das Elternhaus.“<br />
Die Vorbildfunktion sei entscheidend<br />
– wer erlebe, wie gelesen <strong>und</strong><br />
vor allem: vorgelesen wird, greife selbst<br />
viel eher zu Lesemedien. Doch warum ist<br />
das <strong>Lesen</strong> gr<strong>und</strong>sätzlich von so herausragender<br />
Bedeutung für die Bildung? „Ganz<br />
einfach: Lesekompetenz zu erwerben bedeutet<br />
bessere Voraussetzungen für alle<br />
anderen Lernformen <strong>und</strong> für den lebenslangen<br />
Lernprozess“, so der Leseforscher.<br />
Die W<strong>und</strong>erwirkung des Vorlesens erinnert<br />
fast schon an so manches Märchen,<br />
dem die Kinder fasziniert zuhören.<br />
Es gibt also gute Gründe fürs Vor-<br />
<strong>Lesen</strong>. Folgerichtig unterstützt das Jugendamt<br />
die Lesefüchse mit 19 000 Euro<br />
jährlich. Förderer aus der Wirtschaft sowie<br />
Privatspenden sorgen für die keineswegs<br />
auf Dauer gesicherte Finanzierung.<br />
Fabian Riedl vom Sozialreferat lobt: „Die<br />
Lesefüchse sind ein ganz w<strong>und</strong>erbares<br />
Projekt. Die Kinder sind begeistert bei<br />
der Sache, fangen selbst an zu lesen <strong>und</strong><br />
lesen ihrerseits wieder anderen Kindern<br />
vor. Über das <strong>Lesen</strong> wird Bildung vermittelt,<br />
<strong>und</strong> die Lesefüchse stoßen hier einen<br />
Dominoeffekt an.“<br />
Ohne Helga Wolf wäre es nie so weit<br />
gekommen. Die Sozialwissenschaftlerin<br />
wollte im Ruhestand keineswegs ruhen<br />
<strong>und</strong> begann im Februar 2003 mit ersten<br />
Vorlesest<strong>und</strong>en in der Gr<strong>und</strong>schule<br />
an der Paulckestraße im Hasenbergl. Die<br />
Gründerin <strong>und</strong> Vorsitzende der Lesefüchse<br />
tat sich leicht, denn sie tritt bereits seit<br />
1992 als Märchenerzählerin auf – Wolf<br />
weiß, wie man Zuhörer fesselt. „Bei den<br />
Kindern singe ich zu Beginn ein Lied mit<br />
allen, lese ein Gedicht vor, lasse kurz ein<br />
Glockenspiel erklingen, <strong>und</strong> dann geht<br />
es los“, sagt die 67-Jährige. Ihr Tipp zur<br />
Konzentrationssteigerung: „Immer kurze<br />
Einheiten lesen, dazwischen reden <strong>und</strong><br />
nachfragen <strong>und</strong> somit die Kinder einbeziehen.“<br />
Wolf bezeichnet sich selbst als<br />
„liebevoll <strong>und</strong> gleichzeitig streng“ beim<br />
Vorlesen. Eine bewährte Mischung –<br />
dennoch stellt sie fest: „Es wird seit Jahren<br />
immer schwieriger. Viele Kinder sind<br />
unruhiger als früher.“ Die oberste Lesefüchsin<br />
muss es wissen: Bis jetzt hat Wolf<br />
mehr als 300 St<strong>und</strong>en in Schulen <strong>und</strong> Bibliotheken<br />
vorgelesen.<br />
Computerspiele, DVDs, Internet,<br />
Multifunktions-Handys – keine leichten<br />
Zeiten für das (Vor-)<strong>Lesen</strong>. „Man kann<br />
vermuten, dass früher mehr vorgelesen<br />
wurde, weil das Medienangebot kleiner<br />
war. Aber es bleibt beliebt trotz des vielfältigen<br />
Konkurrenzangebots“, sagt Timo<br />
Reuter. Seine Studien haben ergeben,<br />
dass sich nicht nur kleinere Kinder wünschen,<br />
Geschichten erzählt zu bekommen.<br />
97 Prozent der befragten Schulkinder<br />
sagten, dass sie auch vorgelesen bekommen<br />
möchten. „Interessanterweise gibt es<br />
ab dem sechsten, siebten Lebensjahr einen<br />
Vorleseknick bei den Eltern, wohingegen<br />
der Wunsch bei den Kindern zunimmt.<br />
Denn Vorlesen bedeutet in diesem Alter<br />
komplexere, spannendere <strong>und</strong> anspruchsvollere<br />
Geschichten, als wenn man selbst<br />
Spannende Lektüre, aufmerksame<br />
Kinder, gute<br />
Vorleser – so entstehen<br />
zauberhafte Momente<br />
liest“, sagt der Leseforscher. Und tatsächlich:<br />
Wer Kinder während einer Vorlesest<strong>und</strong>e<br />
beobachtet, wird Zeuge geradezu<br />
magischer Momente. Stille, Spannung<br />
<strong>und</strong> Spaß sorgen bei vielen Zuhörern darüber<br />
hinaus für Veränderungen. „Sie entwickeln<br />
sich im Laufe eines Schuljahres<br />
ohnehin, auch unabhängig vom Vorlesen.<br />
Sie werden reifer. Vor allem die Erstklässler<br />
machen einen enormen Entwicklungsschub.<br />
Aber je häufi ger Kinder unsere<br />
Vorleser<strong>und</strong>en besuchen, desto schneller<br />
erkennen sie die Regeln an, hören immer<br />
besser <strong>und</strong> ruhiger zu <strong>und</strong> formulieren<br />
ihre Kommentare <strong>und</strong> Fragen nuancenreicher“,<br />
hat Christine Ackermann beobachtet.<br />
Sams-Fan Dusan weiß inzwischen,<br />
was im Rest der Woche passiert: Am<br />
Sonntag scheint die Sonne, am Montag<br />
kommt Herr Mon zu Besuch, am Dienstag<br />
ist Dienst <strong>und</strong> Mittwoch bedeutet<br />
Wochenmitte. „Das Sams ist sooo lustig!“,<br />
schwärmt der Junge, der daheim<br />
nicht vorgelesen bekommt. Die Kinderbücher<br />
von Paul Maar führten ihn letztlich<br />
auch zu anderem Lesestoff: „Am liebsten<br />
lese ich mittlerweile Dinosaurier-Bücher.<br />
Ich will später nämlich mal Dinosaurier-Forscher<br />
werden!“ Und das alles nur,<br />
weil in Dusans Schule das Zaubermittel<br />
gegen Bildungsmangel verabreicht wird:<br />
ein Buch <strong>und</strong> eine Stimme.<br />
13
14<br />
Sei gscheit!<br />
„Verstehen gut,<br />
sprechen nix gut“<br />
Wie eine türkische Analphabetin in<br />
München <strong>Lesen</strong> <strong>und</strong> <strong>Schreiben</strong> <strong>lernt</strong><br />
<strong>Fatma</strong> <strong>und</strong> Mahmuriye lüpfen plötzlich ihre Pullis <strong>und</strong> Strickwesten.<br />
Sie zerren fast gleichzeitig ihre weißen Unterhemden<br />
hervor <strong>und</strong> prusten los wie zwei 15-Jährige – „Was ist ein<br />
Hemd?“, wollte die Lehrerin gerade wissen. Derart konkret fallen<br />
die Antworten im Alphabetisierungskurs des Münchner Integrationsprojekts<br />
Initiativgruppe (IG) nicht jedes Mal aus. Aber<br />
Ruth R., eine Gymnasiallehrerin im Ruhestand, die ehrenamtlich<br />
für die IG arbeitet, sorgt dafür, dass es anschaulich zugeht.<br />
Und manchmal wird es eben auch ein klein bisschen albern –<br />
dafür sorgen die Schülerinnen.<br />
Kein W<strong>und</strong>er: Wenn eine gute Handvoll gestandener Frauen<br />
gemeinsam die Schulbank drücken, sind pennälerhafte Verhaltensweisen<br />
inklusive Kichern, Spicken <strong>und</strong> Vorsagen schnell<br />
mit von der Partie – auch wenn die meisten der insgesamt sieben<br />
Frauen aus der Türkei, Togo <strong>und</strong> Albanien nie zuvor eine<br />
Schule besucht haben. <strong>Fatma</strong> zum Beispiel, die wie die meisten<br />
hier nur ihren Vornamen genannt haben möchte. Sie kam<br />
vor fünf Jahren aus der türkischen Provinz Sakarya nach München,<br />
<strong>Lesen</strong> <strong>und</strong> <strong>Schreiben</strong> hatte sie nie ge<strong>lernt</strong>. Irgendwie ging<br />
es als Analphabetin auch hierzulande – genauso, wie ohne größere<br />
Deutschkenntnisse hier zu leben. Dort, wo sie wohnt, im<br />
Münchner Norden, sind fast all ihre Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Nachbarn türkischer<br />
Herkunft.<br />
Heißt es: Mein Mann<br />
„ist” Salat? Oder<br />
„isst“? <strong>Fatma</strong> beim<br />
Einkaufen (l.) <strong>und</strong> mit<br />
ihrer Kurskameradin<br />
Mahmuriye (r.)<br />
Text: Katharina Zeckau<br />
Foto: Irmgard Geelen<br />
Trotzdem: Als auch der jüngste ihrer fünf Söhne volljährig<br />
wurde, schafften es Bekannte, die Frau mit den roten Bäckchen<br />
<strong>und</strong> dem offenen Blick zu einem Kurs in der Karlstraße zu überreden.<br />
Dort sitzt sie nun auch zwei Jahre später noch, in orangefarbenem<br />
Pulli, brauner Wollweste <strong>und</strong> blau-beige geblümtem<br />
Kopftuch. Und liest: „Eine Krast-Steh-Te“, kommt es schleppend,<br />
<strong>und</strong>, nachdem die Lehrerin sie verbessert hat, dann plötzlich<br />
sehr fl üssig: „Eine Gaststätte“. Dreimal die Woche besucht<br />
<strong>Fatma</strong> das Projekt, das sich speziell an Frauen richtet <strong>und</strong> Alphabetisierungs-<br />
<strong>und</strong> Deutschkurs in einem ist. Und obwohl der<br />
Türkin mit ihren 46 Jahren das Lernen leichter fällt als den älteren<br />
Damen in der R<strong>und</strong>e, ist doch auch ihr die Mühsal anzumerken,<br />
die es bereitet, als längst Erwachsene die Muskeln des<br />
Sprechapparats immer wieder erneut vor die Herausforderungen<br />
unbekannter Laute zu stellen, sich das Gesprochene <strong>und</strong> Geschriebene<br />
zu merken <strong>und</strong> darüber auch noch die Bedeutung in<br />
Erinnerung zu behalten.<br />
Etwa vier Millionen Menschen in Deutschland gelten trotz<br />
absolvierter Schulpfl icht als „funktionale Analphabeten“: Sie<br />
können einzelne Buchstaben erkennen <strong>und</strong> vielleicht auch den<br />
eigenen Namen schreiben, längere Texte jedoch nicht verstehen<br />
– etwa 60 000 von ihnen leben in München. Wie viele Analphabeten<br />
mit Migrationshintergr<strong>und</strong> es hierzulande gibt, dazu fehlt
Kezidan, vertieft in<br />
deutsche Grammatik<br />
es an verlässlichen Zahlen. Bekannt ist nur, wie viele von ihnen<br />
Alphabetisierungskurse besuchen: Im Jahr 2007 waren das nach<br />
Angaben des B<strong>und</strong>esverbands Alphabetisierung 2070 Migrantinnen<br />
<strong>und</strong> Migranten in Bayern.<br />
Das B<strong>und</strong>esamt für Migration <strong>und</strong> Flüchtlinge (BAMF) fördert<br />
jeweils 900 St<strong>und</strong>en Unterricht – das klingt nach viel. Wenn<br />
aber, wie bei <strong>Fatma</strong>, das gesamte soziale Umfeld ausschließlich<br />
in der eigenen Muttersprache kommuniziert, ist es schwer, das in<br />
der neuen Sprache Ge<strong>lernt</strong>e auch einzuüben. Dann vergehen die<br />
900 St<strong>und</strong>en, die die Türkin bis zu diesem Sommer absolviert<br />
haben wird, schnell. Tatsächlich fällt es der Frau mit den fre<strong>und</strong>lichen<br />
braunen Augen nach wie vor nicht leicht, sich auf Deutsch<br />
zu verständigen. „Verstehen gut – sprechen nix gut“, fasst es <strong>Fatma</strong><br />
selbst in weichem Singsang zusammen. Für Behördengänge<br />
ist sie noch immer auf Mann oder Sohn angewiesen.<br />
Dennoch hat sie Fortschritte gemacht. Eindeutig zu erkennen:<br />
ihre geübte, gleichmäßige Druckbuchstabenschrift <strong>und</strong> die<br />
Tatsache, dass sie mittlerweile couragiert deutsche Sätze bildet,<br />
auch wenn es mit der Grammatik noch hapert. Lange Zeit, erzählt<br />
ihre Lehrerin, habe <strong>Fatma</strong> überhaupt nicht gesprochen.<br />
Nun ist sie eine der Eifrigsten darin, ihren Kurskolleginnen quer<br />
über die Tische hinweg die Lösungen zuzuzischen, wenn die mal<br />
gerade nicht weiterwissen, ob es nun „ein“ oder „eine Mütze“<br />
heißt. Oder ob man das Verb in dem Satz „Mein Mann isst Salat“<br />
mit einem oder zwei s schreibt – groß ist das Gelächter, als<br />
Ruth R. den Unterschied zwischen beiden Versionen erklärt.<br />
<strong>Fatma</strong> hofft, dass sie auch nach dem Sommer <strong>und</strong> über die<br />
vom BAMF festgelegte St<strong>und</strong>enzahl hinaus weiterlernen kann.<br />
Nicht zuletzt, weil das Wichtigste, das bei dem Kurs in der Karlstraße<br />
vermittelt wird, über reine Sprach-, Schreib- <strong>und</strong> Lesekenntnisse<br />
hinausgeht. Davon erzählt das beständige Murmeln,<br />
Plauschen, Kichern <strong>und</strong> Witzeln, das den kleinen Unterrichtsraum<br />
füllt: vom Spaß <strong>und</strong> dem Selbstvertrauen, das gemeinsames<br />
Lernen zu geben vermag. Und von der Unbefangenheit,<br />
mit der sich auch mal ein kleiner Striptease integrieren lässt, um<br />
das Wort Hemd zu erklären.<br />
Anzeige<br />
Judith Kowalski<br />
15
16<br />
Schreibwerkstatt<br />
Abnehmen ohne Stress (II)<br />
Im Frühjahr 2008 wog ich noch 137,5 Kilo.<br />
Mittlerweile bin ich bei 104 Kilo. 90<br />
Kilo sind mein Ziel – wenn ich das schaffe,<br />
bin ich sehr glücklich. Ich habe bereits<br />
1000 Kilometer auf meinem Heimtrainer<br />
abgestrampelt, <strong>und</strong> seit Ende Januar<br />
nehme ich an einem Aqua-Fit-Kurs teil.<br />
Mit einem Kumpel, der auch abnehmen<br />
möchte, gehe ich außerdem jeden Freitag<br />
ins Nordbad schwimmen. Ich merke, dass<br />
ich fi tter <strong>und</strong> fi tter werde. Alles geht jetzt<br />
komplett einfacher <strong>und</strong> macht viel mehr<br />
Spaß. Heute traue ich mir Dinge zu, die<br />
ich vorher nicht gemacht habe, zum Beispiel<br />
Langlaufen. Ich möchte auch wieder<br />
Fußball spielen, <strong>und</strong> zwar als Torwart,<br />
so wie früher, als ich noch nicht so dick<br />
war. Ich schaue jetzt lieber in den Spiegel,<br />
<strong>und</strong> es motiviert mich, wenn die Leute sagen,<br />
dass ich super aussehe. Es ist auch<br />
ein tolles Gefühl, sich neue Klamotten<br />
zu kaufen, in normaler Größe <strong>und</strong> nicht<br />
in Übergrößen. Früher fi el es mir schwer,<br />
In der Schreibwerkstatt bringen BISS-<br />
Verkäufer unter Anleitung einer Journalistin<br />
ihre Gefühle <strong>und</strong> Gedanken zu<br />
Papier. Die Beiträge geben die persönliche<br />
Meinung der Autoren, nicht die<br />
der Redaktion wieder.<br />
morgens aus dem Bett zu kommen, weil<br />
ich müde <strong>und</strong> schlapp war, keine Motivation<br />
hatte. Jetzt macht es mir wieder<br />
Spaß, früh aufzustehen, so habe ich auch<br />
mehr Zeit für meinen H<strong>und</strong>. Wir können<br />
mehr rausgehen <strong>und</strong> erledigen mehr Dinge.<br />
Ab Mittag, wenn ich zum BISS-Verkaufen<br />
fahre, kann ich mich dann auf die<br />
Arbeit konzentrieren. Ich bin auch lustiger<br />
geworden <strong>und</strong> viel lockerer, weil ich<br />
mich einfach wohler fühle <strong>und</strong> aufgedrehter<br />
bin. Irgendwie bin ich ein neuer<br />
Mensch, worüber ich selbst erstaunt bin.<br />
Ich steige gerne auf die Waage <strong>und</strong> freue<br />
mich über meinen Erfolg.<br />
André Schmitt/SWS<br />
Drahtseilakt<br />
Heute möchte ich mal über jene Personen<br />
schreiben, die unsere Zeitung nicht lesen,<br />
uns Verkäufer aber, wo immer sie<br />
uns antreffen, in jeder nur möglichen<br />
Form belästigen. Ich stehe am Stachus<br />
im Zwischengeschoss, am Aufgang zum<br />
Brunnen. Täglich kommen Tausende<br />
Menschen aller Gesellschaftsschichten an<br />
mir vorbei: Rentner, Arbeitslose, Jugendliche,<br />
Handwerker, Geschäftsleute. Viele<br />
begrüßen mich mit einem fre<strong>und</strong>lichen<br />
„Hallo!“ oder mit einem netten Lächeln.<br />
Leider gibt es aber auch jene Anderen!<br />
Ich erlebe es fast täglich, dass ich übel<br />
beschimpft werde. Da fallen Sätze wie:<br />
„Du Penner, dich sollte man zur Arbeit<br />
prügeln!“ oder „... ins Arbeitslager schicken“,<br />
„du faules Schwein“ usw. Solche<br />
Sachen gehen bei mir meistens ins linke<br />
Ohr rein <strong>und</strong> aus dem rechten Ohr raus.<br />
Schlimmer wird es, wenn man vor mir<br />
ausspuckt, was leider auch des Öfteren<br />
vorkommt. Am schlimmsten aber sind die<br />
Leute (meistens Jugendliche), die der Meinung<br />
sind, sie könnten mich oder meinen<br />
Koffer als Mülleimer benutzen, indem<br />
sie ihren Abfall einfach auf meinem Koffer<br />
ablegen oder versuchen, mich mit irgendwelchem<br />
Kram zu beschießen oder<br />
zu bewerfen. Dazu kommt noch, dass<br />
viele Passanten auch in anderer Hinsicht<br />
wenig Rücksicht auf mich nehmen. Häufi<br />
g werde ich beiseitegestoßen, angerempelt,<br />
oder mein Koffer, den ich immer an<br />
einem Pfeiler ankette, wird herumgerissen.<br />
Ich habe zwar Nerven wie Stahlseile,<br />
aber selbst die sind irgendwann zum Zerreißen<br />
gespannt, so dass ich auch schon<br />
laut geworden bin. Trotz der fast täglichen<br />
Vorkommnisse bemühe ich mich<br />
aber, in Zukunft gefasster zu bleiben <strong>und</strong><br />
diese Leute einfach zu ignorieren.<br />
Dirk Schuchardt/SWS<br />
Mein Weg in die Obdachlosigkeit<br />
Ich wurde 1963 in München in der Maistraße<br />
geboren <strong>und</strong> lebte bis 1970 mit<br />
meinen Eltern in Ramersdorf. Nach deren<br />
Scheidung kam ich zunächst in eine<br />
Einrichtung für schwer erziehbare Kinder<br />
in der damaligen Heckscher-Klinik <strong>und</strong><br />
anschließend in eine Heimschule. Nach<br />
dem Hauptschulabschluss wurde ich<br />
von 1977 bis 1982 im SOS-Jugendhaus<br />
Weilheim untergebracht. Da habe ich eine<br />
Lehre bei der Post gemacht, wo meine<br />
Alkoholabhängigkeit anfi ng. Zunächst<br />
trafen wir uns einmal wöchentlich, dann<br />
drei- bis viermal zu sogenannten „Gewerkschaftstreffen“.<br />
Nach bestandener<br />
Lehre wurde ich 1982 ins Bahnpostamt<br />
München versetzt, das bedeutete nächtliches<br />
Arbeiten in fahrenden Zügen. Es<br />
war eine sehr schöne Zeit, doch nach ein-
einhalb Jahren haben sie rationalisiert,<br />
<strong>und</strong> alle, die noch keine drei Jahre dabei<br />
waren, mussten in den Innendienst in<br />
die Hopfenstraße. Dort haben alle gesoffen,<br />
Frauen wie Männer, auf allen Hierarchieebenen.<br />
1990 wurde mir im beiderseitigen<br />
Einvernehmen gekündigt. Somit<br />
musste ich auch aus dem Postwohnheim<br />
ausziehen. Ich wohnte dann meist wochenweise<br />
bei Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Bekannten,<br />
bevor ich 1992 endgültig auf der Straße<br />
landete. Bis 1996 machte ich Platte <strong>und</strong><br />
schlug mich mit Gelegenheitsarbeiten<br />
von der Jobbörse oder dem sogenannten<br />
Schnelldienst durch.<br />
Ernst Köppel/SWS<br />
Hätte, wäre, wenn . . .<br />
Ich mache mir des Öfteren Gedanken<br />
darüber, was gewesen wäre, wenn ich<br />
bei der einen oder anderen Sache anders<br />
entschieden oder anders gehandelt hätte.<br />
Wie beispielsweise beim Übertritt aufs<br />
Gymnasium. Obwohl meine Noten ausreichten,<br />
rieten die Lehrer, die mich <strong>und</strong><br />
meinen mangelnden häuslichen Eifer<br />
kannten, vom Übertritt ab. Ich aber habe<br />
mich daran festgeklammert: Gymnasium,<br />
Gymnasium, Abitur, Abitur. Heute, 32<br />
Jahre später, meine ich, es war vielleicht<br />
eine Fehlentscheidung. Hätte ich nicht<br />
lieber die Hauptschule besucht <strong>und</strong> etwas<br />
Bodenständiges ge<strong>lernt</strong>? Ich war letztlich<br />
bis zur Mittleren Reife auf dem Gymnasium,<br />
meine Leistungen ließen aber<br />
zur 10. Klasse hin kontinuierlich nach,<br />
<strong>und</strong> ich befürchtete, das Abitur nicht zu<br />
schaffen. Da kam mir die Eröffnung einer<br />
Gesamtschule in Istanbul gelegen, wo<br />
ich die Schullaufbahn in nur einem restlichen<br />
Schuljahr beenden konnte. Wäre ich<br />
doch in München geblieben! Zwar ließen<br />
sich die ersten Monate in der Türkei<br />
gut an, aber gegen Ende des Schuljahrs<br />
kam ich mehrmals in die dortige Psychiatrie.<br />
Das waren die ersten Kontakte mit<br />
der Psychiatrie <strong>und</strong> die schlimmsten. Vermutlich<br />
kam ich ohne die elterliche Obhut<br />
nicht klar <strong>und</strong> erkrankte deshalb. In<br />
Istanbul geblieben, hätte ich nach der<br />
Mittleren Reife wohl notgedrungen eine<br />
Ausbildung begonnen. Nach dem dritten<br />
Aufenthalt in der türkischen Nervenheilanstalt<br />
holte mich mein Vater wieder zurück<br />
nach München. Um mit meinem türkischen<br />
Abitur hier studieren zu können,<br />
hätte ich zuerst ein Semester in der Türkei<br />
absolvieren müssen. So büffelte ich fl eißig<br />
<strong>und</strong> schaffte die Zulassung zum Germanistik-Studium<br />
an der Marmara-Universität<br />
in Istanbul. Aber dann wollte ich<br />
mich doch auf kein neues Istanbul-Abenteuer<br />
einlassen <strong>und</strong> begann eine Ausbildung<br />
in einem Münchner Supermarkt;<br />
eine Banklehre war mir zu bieder. Aber<br />
auch im Supermarkt kam ich nicht recht<br />
klar, <strong>und</strong> ich strebte an, das Fachabitur<br />
auf der Fachoberschule zu erweben. Allerdings<br />
kamen mehrere Psychiatrieaufenthalte<br />
dazwischen, sodass ich jahrelang in<br />
der Schwebe war. 1992 fi ng ich als Wachmann<br />
zu arbeiten an <strong>und</strong> machte derweil<br />
erfolgreich den Abschluss zur IHK-Werkschutzfachkraft.<br />
Aber wieder kam ein<br />
Schub, der mich in die Psychiatrie führte.<br />
Bei der Arbeit als Pförtner <strong>lernt</strong>e ich meine<br />
heutige Frau kennen, <strong>und</strong> wir heirateten<br />
bald. Das ist auch so eine Sache, wo<br />
ich überlege: Hättest du das besser nicht<br />
getan? Oder zumindest nicht vier Kinder<br />
in die Welt gesetzt? Meine erste längere<br />
Beschäftigung verlor ich wieder wegen<br />
meiner Krankheit, die sich wie ein roter<br />
Faden durch mein Leben zieht. Auch den<br />
Hausmeister- <strong>und</strong> Reinigungsservice, den<br />
ich nach der Heirat aufbaute, gab ich wegen<br />
einer Krankheitsepisode auf. Hätte<br />
ich es nicht besser gleich sein lassen sollen?<br />
Hätte, wäre, wenn . . .<br />
Ercan Uzun/SWS<br />
Memento mori<br />
Der BISS-Verkäufer<br />
Carl-Wilhelm Sachse<br />
machte dieses Foto<br />
vom BISS-Grab auf<br />
dem Ostfriedhof<br />
Dreizehn Uhr zwanzig am Rosenheimer<br />
Platz, im S-Bahn-Untergeschoss vor der<br />
Bäckerei. 25 BISS-Verkäufer/innen <strong>und</strong><br />
die Büromannschaft haben sich hier versammelt.<br />
Die Stimmung ist gedämpft,<br />
<strong>und</strong> auch wenn keiner der Verkäufer einen<br />
schwarzen Anzug trägt: Es geht zu<br />
einer Beerdigung. Ein BISS-Verkäufer ist<br />
gestorben. Ein-, zweimal im Jahr muss<br />
die BISS-Gemeinschaft von einem der ihren<br />
Abschied nehmen. Viele der Verkäuferinnen<br />
<strong>und</strong> Verkäufer haben eine wechselhafte<br />
Lebensgeschichte hinter sich,<br />
manche haben keine Verbindungen zu<br />
ihren Familien mehr. BISS lässt sie aber<br />
auch in ihren Problemen nicht allein. Auf<br />
dem Ostfriedhof hat BISS eine Begräbnisstelle<br />
erworben, auf drei Marmorstelen<br />
sind die Namen der sechs Verkäufer eingraviert,<br />
die in den letzten vier Jahren<br />
verstorben sind <strong>und</strong> hier begraben liegen.<br />
Und jedes Mal war es ein würdiger Abschied.<br />
Manfred Karsunke, langjähriger<br />
BISS-Verkäufer am Ostbahnhof, starb im<br />
März 2009 mit 69 Jahren an Krebs. Er<br />
war ein Kumpel <strong>und</strong> guter Kollege, den<br />
wir nicht vergessen werden. Auch seine<br />
Stammk<strong>und</strong>en werden sich sicher noch<br />
an ihn erinnern.<br />
C.W. Sachse/SWS<br />
17
18<br />
Sei gscheit!<br />
Blick in eine ungewisse<br />
Zukunft: vermutlich<br />
nur knapp die Hälfte<br />
der Schüler bekommt<br />
einen Ausbildungsplatz<br />
Berufsziel:<br />
Hip-Hop-Star<br />
oder Busfahrer<br />
Text: Daniela Walther<br />
Foto: Volker Schmitt<br />
Wer die Hauptschule abbricht oder noch keinen<br />
Ausbildungsplatz hat, muss auf die Städtische Berufsschule<br />
zur Berufsvorbereitung. Lust darauf hat<br />
fast kein Schüler – doch irgendwie funktioniert der<br />
Unterricht trotzdem<br />
Zum Beispiel Abdi. „Ein begnadeter Hip-Hopper“, erzählt sein<br />
Lehrer Siegfried Hummelsberger begeistert, bedauert jedoch<br />
gleichzeitig: „Aber was zählt das da draußen schon?“ Dabei hat<br />
sich schon manch ehemaliger Dauerschwänzer <strong>und</strong> Leistungsverweigerer<br />
im richtigen Umfeld <strong>und</strong> mit ein wenig Unterstützung<br />
doch als guter Schüler oder zuverlässiger Mitarbeiter entpuppt.<br />
Was also spricht dagegen, einem begnadeten Hip-Hopper<br />
eine Chance zu geben? Abdi aber hat noch keinen Ausbildungsplatz<br />
gef<strong>und</strong>en. Herr Hummelsberger meint dennoch: „Man<br />
muss den Schatz nur heben.“
Oder Olcay. Der hat aufs Bewerbungen-<strong>Schreiben</strong> so gar keinen<br />
Bock mehr. „Das hat doch eh keinen Sinn“, weicht er aus,<br />
als der Lehrer ihn fragt, ob er noch Bewerbungen verschickt<br />
oder bei der Arbeitsagentur nach weiteren Lehrstellenangeboten<br />
gefragt habe. Aber: Olcay hat ein Ziel. Er will den Quali. Und<br />
dann will er unbedingt Trambahn- oder Busfahrer werden.<br />
Ob es Hip-Hop ist oder das feste Ziel, Trambahnfahrer zu<br />
werden: Das Gute im Schüler suchen, vielleicht scheitern, weitersuchen,<br />
darum geht es Hummelsberger. Dabei sind die Bedingungen,<br />
unter denen Lehrer <strong>und</strong> Schüler in der Städtischen Berufsschule<br />
zur Berufsvorbereitung am Bogenhausener Kirchplatz<br />
arbeiten, schwierig. Hier müssen – zumindest theoretisch – all<br />
jene Jugendlichen aus dem Großraum München, die die Hauptschule<br />
ohne Abschluss verlassen beziehungsweise noch keinen<br />
Ausbildungsplatz gef<strong>und</strong>en haben, ein Berufsvorbereitungsjahr<br />
(BVJ) absolvieren. Sofern sie auftauchen. Viele Jugendliche, die<br />
eigentlich noch schul- bzw. berufsschulpfl ichtig wären, erscheinen<br />
erst gar nicht zur Einschreibung. Andere brechen die Schule<br />
nach ein paar Tagen oder Wochen ab. Einige kommen zwar immer<br />
mal wieder, aber unregelmäßig. Zwei von den vier Sekretärinnen<br />
am BVJ sind deshalb ausschließlich mit der Abwesenheit<br />
von Schülern <strong>und</strong> Schülerinnen beschäftigt: Sie telefonieren hinter<br />
den Jugendlichen <strong>und</strong> nicht selten auch hinter deren Erziehungsberechtigten<br />
her, fordern telefonisch <strong>und</strong> schriftlich zum<br />
Schulbesuch auf, verwalten Fehlzeiten <strong>und</strong> dokumentieren schuldisziplinarische<br />
Maßnahmen, denen irgendwann Bußgeldbescheide<br />
folgen. „Aber es gibt eben auch die, die regelmäßig teilnehmen,<br />
die sich engagieren <strong>und</strong> das Ruder noch mal rumreißen<br />
wollen“, sagt Schulleiter Klaus Seiler. „Und diesen Jugendlichen<br />
wollen wir einen erfolgreichen Einstieg in die Berufsausbildung<br />
ermöglichen.“ Neben den Fachklassen, deren theoretischer wie<br />
praktischer Unterricht sich an acht Berufsfeldern aus dem Handwerk<br />
<strong>und</strong> dem Dienstleistungssektor orientiert, erhalten Jugendliche<br />
mit nichtdeutscher Muttersprache Unterricht in Deutsch<br />
als Zweitsprache. Außerdem stehen EDV, Sport <strong>und</strong> Arbeiten in<br />
der Produktionsschule auf dem St<strong>und</strong>enplan. Bei der Suche nach<br />
Betriebspraktika arbeitet die Schule eng mit Partnern aus Wirtschaft,<br />
Industrie <strong>und</strong> Handwerk zusammen.<br />
„Fakt ist trotzdem“, konstatiert Georg Prahl, Fachbetreuer<br />
Metall, Computerlehrer am BVJ <strong>und</strong> seit 33 Jahren im Schuldienst,<br />
„dass unsere Schüler da draußen kaum Chancen haben.<br />
Um wirklich jeden Schüler <strong>und</strong> jede Schülerin dort abzuholen,<br />
wo er oder sie gerade steht, bräuchten wir kleinere Klassen <strong>und</strong><br />
wieder mehr Praxisst<strong>und</strong>en. Da erleben sie die größten Erfolge<br />
<strong>und</strong> erwerben außerdem handwerkliche Gr<strong>und</strong>fertigkeiten. Ausbildungsbetriebe<br />
wissen das zu schätzen.“ 2008 bekamen 46<br />
Prozent des Jahrgangs einen Ausbildungsplatz. Die restlichen<br />
54 Prozent landeten in Maßnahmen der Arbeitsagentur, bekamen<br />
Aushilfsjobs oder Hartz IV. Doch Schulleiter Klaus Seiler<br />
will den Erfolg seiner Schule nicht an schnöden Zahlen messen.<br />
Zahlen spiegelten nichts von den Leistungen <strong>und</strong> Erfolgen wider,<br />
die hier täglich von Schülern, Lehrkräften <strong>und</strong> Sozialarbeitern<br />
errungen würden.<br />
Bis auf Johannes, der im Anschluss an ein Praktikum bei<br />
einem Lebensmitteldiscounter auf 400-Euro-Basis übernommen<br />
wurde <strong>und</strong> den vom ersehnten Ausbildungsvertrag nur noch eine<br />
bestandene Qualiprüfung trennt, hat noch keiner etwas Konkretes<br />
in Aussicht. Adelina hat zwar einen Job als Aushilfe bei<br />
einer Drogeriekette, ausgezeichnete Noten <strong>und</strong> den Quali qua-<br />
si schon in der Tasche – eine Lehrstelle hat aber auch sie noch<br />
nicht. Michael will nach bestandenem Quali weiter zur Schule<br />
gehen <strong>und</strong> den Realschulabschluss versuchen. So kann er den<br />
Bewerbungsmarathon noch ein oder zwei Jahre aufschieben.<br />
Ein Erfolgserlebnis – das könnten sie alle brauchen: Dognay <strong>und</strong><br />
Elif, die am liebsten Friseurinnen werden wollen, aber auch in<br />
den Verkauf gehen würden; Nadine <strong>und</strong> Vanessa, die beide von<br />
einer Ausbildung zur Kinderpfl egerin träumen.<br />
Noch eine Viertelst<strong>und</strong>e bis Schulschluss. Die zehnte Klasse<br />
setzt sich zum Stuhlkreis. Wie der Stand der Dinge so ist,<br />
will Hummelsberger wissen. Langsam wird’s ernst. Nach den<br />
Pfi ngstferien steht für einen Teil der Klasse der Quali an. Für die<br />
anderen heißt es weiterhin: Bewerbungen schreiben, sich – wenn<br />
möglich – persönlich in Ausbildungsbetrieben nach einer Lehrstelle<br />
erk<strong>und</strong>igen, bei der Arbeitsagentur nachfragen. Das ganze<br />
Programm eben. Andernfalls landen sie in irgendeiner Maßnahme<br />
der Arbeitsagentur – nicht selten der Beginn einer Karriere<br />
im sogenannten Übergangssystem. Das will keiner von ihnen:<br />
sich jahrelang von Maßnahme zu Maßnahme hangeln, immer<br />
nur pendeln zwischen unbezahlten Praktika, Bewerbungstrainings<br />
<strong>und</strong> Unterrichtseinheiten, an deren Ende – so sehr sich die<br />
zahlreichen Träger auch mühen mögen – selten wirkliche berufliche<br />
Perspektiven, sondern meist nur ein weiteres Praktikum<br />
oder eine weitere Maßnahme stehen.<br />
Diese Gefahr besteht vor allem für die Migranten unter den<br />
Schülern. Sabine Heckelmann ist Oberstudienrätin <strong>und</strong> hat<br />
früher an einer Berufsschule unterrichtet. Am Bogenhausener<br />
Kirchplatz ist sie in einer speziellen Migrantenklasse Lehrerin<br />
für Deutsch als Zweitsprache: „Hier zählen nicht kleine, sondern<br />
kleinste Erfolge“, sagt sie – <strong>und</strong> wirkt dabei keine Spur<br />
verbittert oder resigniert. Im Gegenteil: Sie ist richtig fröhlich,<br />
wenn sie von ihren Schülern erzählt. Und das, obwohl sie die banalsten<br />
Dinge immer wieder erklären, kontrollieren <strong>und</strong> einfordern<br />
muss: wie Arbeitsblätter in eine Mappe einzuordnen <strong>und</strong><br />
dass sie zur nächsten St<strong>und</strong>e wieder mitzubringen sind; dass die<br />
Hausaufgabe richtig von der Tafel ins Heft übertragen <strong>und</strong> dann<br />
auch gemacht wird; dass Wörter <strong>und</strong> Sätze nicht irgendwie aufs<br />
Papier geschmiert, sondern auf eine Zeile geschrieben werden.<br />
Ihre Schüler gehören den unterschiedlichsten Nationen an. Manche<br />
sind allein <strong>und</strong> ohne Eltern als Flüchtlinge nach Deutschland<br />
gekommen <strong>und</strong> leben in Gemeinschaftsunterkünften. Andere<br />
wurden von ihren Familien im Rahmen des Familiennachzugs<br />
nachgeholt. So unterschiedlich der kulturelle Hintergr<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> das soziale Umfeld der Jugendlichen auch sein mögen, allen<br />
gemeinsam sei, erklärt Heckelmann, eine gewisse Entwurzelung<br />
<strong>und</strong> eine sich durch alle Lebensbereiche ziehende Perspektiv-<br />
<strong>und</strong> Strukturlosigkeit. „Mit reiner Wissensvermittlung ist es<br />
nicht getan, wir müssen hier vor allem Erziehungs- <strong>und</strong> Elternarbeit<br />
leisten, sprich: Gr<strong>und</strong>regeln, Werte <strong>und</strong> Schlüsselqualifi<br />
kationen wie Pünktlichkeit <strong>und</strong> Aufmerksamkeit, Leistungsbereitschaft<br />
<strong>und</strong> Respekt einüben <strong>und</strong> einfordern. Wir müssen<br />
streng sein, aber auch verständnisvoll; Grenzen setzen, aber Regeln<br />
auch fl exibel handhaben können. Viele machen hier zum<br />
ersten Mal die Erfahrung, dass ihnen jemand zuhört <strong>und</strong> sich<br />
für sie interessiert. Die Schule gibt ihnen Halt <strong>und</strong> ihrem Tag<br />
Struktur“, sagt sie. „Sie kommen zwar zu spät, aber sie kommen.“<br />
Und irgendwann kommen sie dann pünktlich <strong>und</strong> haben<br />
sogar ihr komplettes Arbeitsmaterial dabei. Sabine Heckelmann<br />
muss sich über sehr kleine Erfolge freuen – <strong>und</strong> sie kann es.<br />
19
20<br />
Sei gscheit!<br />
Philosophen<br />
der Straße<br />
Die University of Notre Dame im US-B<strong>und</strong>esstaat Indiana bietet<br />
Literaturkurse für ganz besondere Studenten an: Obdachlose<br />
Normalerweise leben sie eher am Rande<br />
der Gesellschaft <strong>und</strong> beobachten das<br />
Treiben von außen. Nun sind sie für eine<br />
Weile inmitten des Geschehens. Zehn<br />
Männer hocken im neogotischen Gebäude<br />
der Notre-Dame-Universität in<br />
South Bend im US-B<strong>und</strong>esstaat Indiana.<br />
Sie sind keine normalen Studenten,<br />
auch wenn vor ihnen auf den Tischen anspruchsvolle<br />
Texte ausgebreitet liegen. Einer<br />
ist von Platon: „Apologie. Des Sokrates<br />
Verteidigung“.<br />
Irgendwann, auf den nächtlichen Straßen<br />
von Amerika, hat sich die Seele dieser<br />
zehn Männer gekrümmt. Stephen Fallon,<br />
renommierter Literaturprofessor der Universität,<br />
will sie wieder aufrichten. Zehn<br />
Jahre ist es her, dass der 54-Jährige die<br />
Literaturseminare für Obdachlose ins Leben<br />
gerufen hat. „Mich hat der Umstand<br />
gestört, dass ich an einer reichen US-Elite-Uni<br />
unterrichte“, erzählt er. Die wählt<br />
ihre Studenten, wie die meisten amerikanischen<br />
Colleges, überproportional häufi<br />
g aus Familien mit höherem Einkommen.<br />
Da stieß Stephen Fallon eines Tages<br />
auf eine Geschichte in „Harper’s“, dem<br />
ältesten Magazin der USA: Darin beschrieb<br />
der Autor Earl Shorris Literaturseminare<br />
für benachteiligte Erwachsene,<br />
die er in Manhattan gehalten hatte.<br />
Er glaubte, es würde armen, ungebildeten<br />
Menschen „mehr helfen, die Worte von<br />
Sokrates <strong>und</strong> Platon zu verstehen, als die<br />
Kniffe eines technischen Jobs zu lernen“.<br />
Stephen Fallon war von der Idee begeistert.<br />
„Ich dachte sofort an unser Obdachlosen-Zentrum<br />
in South Bend“, sagt<br />
er mit weicher Stimme <strong>und</strong> in die Worte<br />
verschluckendem amerikanischem Slang.<br />
„Ich musste handeln.“<br />
Gemeinsam mit dem damaligen Direktor<br />
der Obdachlosen-Herberge von South<br />
Bend gründete er ein Studienprogramm<br />
für Straßenbewohner. Indem sie Bücher<br />
lasen, sollten sie lernen, „autonomer zu<br />
denken <strong>und</strong> aktive Bürger zu werden“.<br />
Obdachlose, die von manchen, romantisch<br />
verklärend, „Philosophen der Straße“<br />
genannt werden – ausgerechnet sie<br />
sollten nun das Wesen des Menschen,<br />
Gottes <strong>und</strong> der Welt erfassen. Nur, welche<br />
Fragen stellen sich für diese außergewöhnlichen<br />
Studenten? Haben sie überhaupt<br />
welche?<br />
Fallon sucht den Dialog mit den Leuten<br />
der Straße. „Ich bin der Sokrates von<br />
heute“, kokettiert er. Ob es nun um moralische<br />
Kategorien oder um die Irrwege<br />
der Protagonisten im Laufe eines Stückes<br />
geht: „Wir suchen nach Fragen, die nicht<br />
schwarz-weiß sind <strong>und</strong> auf die es keine<br />
richtigen oder falschen Antworten gibt.“<br />
Etwas anderes wäre zu simpel.<br />
Welcher Mensch vermag zu erklären,<br />
warum er mit einem Male gestrandet ist<br />
<strong>und</strong> das Leben seither nur noch von draußen<br />
verfolgt? „Gerade diese klassischen<br />
Texte überleben, weil sie die Komplexität<br />
unseres Lebens <strong>und</strong> die moralischen Herausforderungen,<br />
die es an uns stellt, refl<br />
ektieren“, sagt Fallon.<br />
„Wir nutzen die Zeit, um über unser<br />
Leben nachzudenken“, sagt Michael<br />
A. Newton. Er ist Mitte fünfzig <strong>und</strong><br />
stammt ursprünglich aus New York. Er<br />
war 16 Monate obdachlos <strong>und</strong> lebt jetzt<br />
im Zentrum für Obdachlose von South<br />
Bend. Durch die literarischen Diskurse<br />
an der Universität hat sich etwas in seiner<br />
Seele verändert: „Sokrates hat mir klargemacht,<br />
dass ich den Mut haben muss,<br />
mich zu bilden <strong>und</strong> mich für etwas einzusetzen“,<br />
sagt er energisch. „Die meisten<br />
meiner Fre<strong>und</strong>e haben zu lange ihre eigene<br />
Schwäche gerechtfertigt.“ Sie würden<br />
durch die Beschäftigung mit der Literatur<br />
erfahren, dass es möglich ist, wieder
dazuzugehören, „wenn man will“. Doch<br />
das gelingt nicht immer.<br />
„Der große Unterschied zwischen unseren<br />
obdachlosen <strong>und</strong> unseren übrigen<br />
Studenten liegt in ihren radikal unterschiedlichen<br />
Lebenserfahrungen“, sagt<br />
Stephen Fallon. Er weiß, seine Zuhörer<br />
stehen mit ihren Biografi en für die Fallhöhe<br />
<strong>und</strong> die Widersprüche der menschlichen<br />
Existenz. Tasten sie sich deshalb<br />
anders an bestimmte Themen heran als<br />
behütete, unerschütterte Bürgerskinder?<br />
Der Lehrplan der Kurse sei dem allgemeinen<br />
angepasst, doch die obdachlosen<br />
Studenten hätten ein anderes, weiteres<br />
Verständnis für manche Stücke. Sie würden<br />
beispielsweise mit dem Durcheinander<br />
<strong>und</strong> der Entfremdung in Shakespeares<br />
„Der Sturm“ mehr anfangen können.<br />
Und auch Augustinus’ Ringen mit der<br />
Entscheidung zwischen Sünde <strong>und</strong> Leidenschaft<br />
erspüren sie feinsinnig. „Sie suchen<br />
nach Parallelen zu den eigenen inneren<br />
Kämpfen, die ihnen vertraut sind“,<br />
erklärt Fallon. So vergleichen sie Augustinus’<br />
Konfl ikt mit dem eines Drogensüchtigen,<br />
den sie kennen <strong>und</strong> der auch<br />
gefangen sei zwischen Abhängigkeit <strong>und</strong><br />
Vernunft.<br />
„Fragen, die sich für ‚normale‘ Studenten<br />
nur rein theoretisch stellen, sind<br />
für die Obdachlosen teilweise physischexistenziell“,<br />
so Stephen Fallon.<br />
Manche von denen, die von der Straße<br />
hierherkommen, haben einen akademischen<br />
Abschluss, manche büffeln für<br />
ein Äquivalent zum Abitur. In den kostenfreien<br />
Kursen sehen sie die Chance,<br />
den Anschluss wiederzufi nden.<br />
An einem Abend in der Woche, 90 Minuten<br />
lang, tauchen sie in das bildungsbürgerliche<br />
Universum ein, seien es die<br />
Schriften von Machiavelli, Darwin <strong>und</strong><br />
Konfuzius, Texte von Virginia Woolf,<br />
Kurzgeschichten von Doris Lessing <strong>und</strong><br />
Salinger oder Martin Luther Kings Brief<br />
aus dem Gefängnis von Birmingham.<br />
Allerdings: Der schöngeistige Hafen<br />
bewahrt nicht alle vor neuerlichen Abstürzen.<br />
„Es ist unser Ziel, jeden von der<br />
Straße wegzuholen, ihm einen Job <strong>und</strong><br />
ein Apartement zu besorgen“, sagt Stephen<br />
Fallon. Der Verschleiß ist groß,<br />
bis zum Ende des Semesters hält meist<br />
nur die Hälfte der eingeschriebenen Studenten<br />
durch. Manche nehmen Jobs an,<br />
die mit den Kurszeiten kollidieren. Andere<br />
fi nden das Klassenzimmer nicht, das<br />
sie suchen. „Ab <strong>und</strong> zu verlieren wir ei-<br />
nen an die Drogen, einer starb zwischen<br />
zwei Kursen an einer Überdosis.“ In den<br />
zehn Jahren des Projekts hat er häufi g mit<br />
angesehen, wie seine Hobby-Philosophen<br />
auf die Straße zurückkehrten. Er weiß: Es<br />
gibt keine Erfolgsstatistiken.<br />
Ein letztlich zweckloses Unterfangen?<br />
Stephen Fallon behauptet, es gehe ihm<br />
nicht bloß um die Literatur, sondern darum,<br />
dass die Menschen für einen kurzen<br />
Moment spüren, wie es sein kann, wenn<br />
man einen Platz hat in der Welt. Daher<br />
gehören auch Ausfl üge in Konzerte,<br />
Opern, ins Baseball-Stadion oder in Museen<br />
zum Programm. „Der schönste Trip<br />
war eine Vorstellung von Mozarts ,Zauberfl<br />
öte‘ in der Oper von Chicago, 90<br />
Meilen von hier“, erinnert sich eine ehemalige<br />
Teilnehmerin, die ihren Namen<br />
nicht nennen will. Sie hat jetzt einen Job<br />
gef<strong>und</strong>en. Sie ist Verkäuferin.<br />
Bisher beteiligen sich mehr Männer als<br />
Frauen an den Kursen, doch das kostenfreie<br />
Angebot soll künftig auch für allein<br />
erziehende Mütter attraktiv werden. Die<br />
Kinder sollen dann von Studenten betreut<br />
werden.<br />
Fallons Projekt hat sich etabliert, <strong>und</strong><br />
doch kämpft er seit zehn Jahren um die<br />
Finanzierung. Trotz mancher Tiefschläge<br />
ging sein Idealismus nicht verloren. „Ich<br />
weiß zwar, dass Philosophen die Welt nur<br />
interpretieren, aber nicht verändern können“,<br />
sagt er, Marx zitierend. Aber vielleicht<br />
geht ja das Interpretieren dem Verändern<br />
des eigenen Lebens voraus.<br />
Text: Maxi Leinkauf<br />
Foto: Public Domain/Wikipedia<br />
Feine Adresse, auch für Obdachlose:<br />
die University of Notre Dame<br />
21
22<br />
Sei gscheit!<br />
Lebenslänglich<br />
Hausaufgaben<br />
Angeblich hat nur Erfolg, wer<br />
sich ständig weiterbildet. Doch<br />
wollen wir wirklich pausenlos<br />
lernen?<br />
Bildung gehört seit 1948 zu den Menschenrechten,<br />
neuerdings hierzulande<br />
auch zu den Bürgerpfl ichten, <strong>und</strong> zwar<br />
von der Wiege bis ins Grab. Senioren, die<br />
was auf sich halten, lösen keine Kreuzworträtsel<br />
mehr, sie betreiben Gehirnjogging<br />
auf Teufel komm raus, besuchen<br />
Kurse bei der VHS, frischen ihr Schulenglisch<br />
auf, surfen im Internet um die<br />
Wette. All das hilft gegen Gedächtnislücken<br />
<strong>und</strong> beugt dem vorzeitigen Schw<strong>und</strong><br />
der grauen Zellen vor – das behaupten zumindest<br />
Ges<strong>und</strong>heitsapostel <strong>und</strong> Medien.<br />
Früh übt sich. Kaum geboren, bekommt<br />
das Baby sein persönliches Trainingscenter<br />
vor die Nase gehängt: das<br />
Mobile. Wenn möglich, gibt es dazu ein<br />
chinesisches Au-pair; wenn nicht, meldet<br />
man den Sprössling unbedingt in einem<br />
zweisprachigen Kindergarten an. Ein paar<br />
Sätze Türkisch oder Griechisch könnte<br />
er locker von den Nachbarn mitnehmen,<br />
aber das würde die Karriereaussichten<br />
nicht verbessern. Englisch, Französisch<br />
<strong>und</strong> Mandarin schon eher. Der Nachwuchs<br />
muss von Anfang an gefördert<br />
werden, <strong>und</strong> das deutsche Schulsystem<br />
ist minderwertig – diese Botschaften haut<br />
man uns ständig um die Ohren. Die Pisa-<br />
Studie hat dem nationalen Selbstbewusstsein<br />
einen ziemlichen Schlag versetzt,<br />
die Wirtschaftskrise gibt ihm den Rest.<br />
Nachsitzen muss die ganze Bevölkerung.<br />
Wer sich, wie ich damals, auf den<br />
letzten Schultag irrsinnig gefreut hatte<br />
<strong>und</strong> felsenfest daran glaubte, endlich frei<br />
zu sein, wird eines Besseren belehrt: Es<br />
ist nie vorbei mit den Hausaufgaben. Wer<br />
nicht bereit ist, sich ständig wieder welche<br />
aufbrummen zu lassen, braucht nicht zu<br />
jammern, wenn er seine Arbeit verliert.<br />
Oder von vornherein keine fi ndet. Heimtückisch<br />
gibt man uns zu verstehen, dass<br />
in Zeiten globaler Katastrophen unsere<br />
Politiker ihr Bestes geben, um das System<br />
zu retten. Wenn es für einige von uns<br />
doch nicht klappt, sind wir selber schuld.<br />
Wir sind nicht gut genug, unterqualifi -<br />
ziert oder im falschen Beruf – wer wissen<br />
möchte, welcher richtig ist, fragt am<br />
besten einen Wahrsager. Oder geht zur<br />
Arbeitsagentur; hier werden Bildungsgutscheine<br />
verteilt. R<strong>und</strong> 14000 Bildungsanbieter<br />
servieren den Lernwilligen<br />
an die 400 000 zertifi zierte Maßnahmen.<br />
Damit kann man die berufl iche Biografi e<br />
für potenzielle Arbeitgeber schmackhafter<br />
machen, sein Hirn mit Informationen<br />
zustopfen <strong>und</strong> seine Freizeit dermaßen<br />
reduzieren, dass einem keine St<strong>und</strong>e für<br />
selbstständiges Denken übrig bleibt.<br />
Etwa 17 Millionen Bürger sollen angeblich<br />
„maßnahmenberechtigt“ sein.<br />
Das kann so aussehen: anderthalb Jahre<br />
wieder die Schulbank drücken, jeden<br />
Abend <strong>und</strong> jedes Wochenende pauken,<br />
ein schlechtes Gewissen haben,<br />
wenn man doch ein paar Tage nach Italien<br />
fährt. Sozialleben auf Eis gelegt. Am<br />
Schluss bleiben ein schönes Zeugnis, die<br />
Hoffnung auf eine sichere Stelle <strong>und</strong> die<br />
Frage, ob man nicht lieber die Zeit mit<br />
den Kindern verbracht oder etwas ge<strong>lernt</strong><br />
hätte, was einen wirklich interessiert.<br />
Wenn die Arbeit Mangelware wird,<br />
überzieht man das Land mit Bildungsterror,<br />
dann werden aus Erwachsenen handsame<br />
Schüler, die niemals auf dumme<br />
Gedanken kommen. Doch die Zahl der<br />
Renitenten wächst. Und von ihnen werden<br />
wir eines Tages hören. Hoffentlich.<br />
Text: Fabienne Pakleppa
Hotel BISS<br />
Hotel BISS, grüß Gott!<br />
Die gemeinnützige <strong>und</strong> mildtätige Stiftung BISS möchte das<br />
Münchner Frauen- <strong>und</strong> Jugendgefängnis Am Neudeck unter<br />
Einhaltung des Denkmalschutzes <strong>und</strong> Erhalt des alten Baumbestands<br />
in ein Hotel der gehobenen Klasse umbauen, um damit<br />
eine umfassende, erstklassige Ausbildung <strong>und</strong> Qualifi zierung<br />
von etwa 40 jungen Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten<br />
möglich zu machen. Hotel BISS wird 72 Zimmer haben.<br />
In einem separaten Gebäudeteil werden elf altengerechte<br />
Wohnungen im Rahmen eines Konzepts vermietet, das die „Zusammenführung<br />
der Lebenswelten“ zum Inhalt hat. Die Erfahrungen<br />
<strong>und</strong> die Professionalität der Älteren sollen aktiv für die<br />
zu qualifi zierenden Jüngeren genutzt werden. Das denkmalgeschützte<br />
Ensemble Am Neudeck wird erhalten, zur Freude<br />
aller Bürger.<br />
Um das Hotelprojekt realisieren zu können, ist es notwendig,<br />
bereits jetzt Spenden zu sammeln, obwohl wir noch nicht sicher<br />
wissen, ob wir das Gr<strong>und</strong>stück vom Freistaat Bayern bekommen.<br />
Die Bayerische Landesstiftung fördert das Projekt mit 2,5<br />
Millionen Euro. Dieser Betrag wird für den Kauf des Gefängnisgr<strong>und</strong>stücks<br />
Am Neudeck 10 eingesetzt, das der Freistaat voraussichtlich<br />
im Herbst veräußern wird.<br />
Ihre Spende trägt dazu bei, dass die Stiftung BISS das zusätzlich<br />
notwendige Eigenkapital von drei Millionen Euro für den Umbau<br />
aufbringen kann. Wir brauchen Ihre Spenden jetzt, denn<br />
das Hotel als Social Business trägt sich schon nach der Eröffnungsphase<br />
selbst! Für Ihre Spende gibt es zwei Möglichkeiten:<br />
1. Sie sind damit einverstanden, dass Ihre Spende von der Stiftung<br />
BISS für die Baukosten des Hotels verwendet wird. Die Stiftung<br />
wird das Hotel an die zu gründende Hotel BISS gemeinnützige<br />
GmbH günstig vermieten, die das Hotel betreibt. Falls das<br />
Projekt nicht realisiert werden kann, wird Ihre Spende für die<br />
Qualifi zierung <strong>und</strong> Ausbildung von schwer vermittelbaren jüngeren<br />
Menschen verwendet, die auch bei wirtschaftlichem Aufschwung<br />
keine Lehrstelle bekommen. In diesem Fall erhalten Sie<br />
sofort eine Spendenquittung.<br />
2. Sie wollen Ihre Spende nur für das Hotelprojekt zur Verfügung<br />
stellen. Dann schreiben Sie auf den Überweisungsträger:<br />
„Nur für Hotel“. In diesem Fall erhalten Sie eine Empfangsbestätigung<br />
von uns. Später, wenn die Stiftung BISS das Gr<strong>und</strong>stück<br />
erworben hat, erhalten Sie eine Spendenquittung. Falls das<br />
Hotelprojekt nicht realisiert werden kann, bekommen Sie Ihr<br />
Geld zurück.<br />
Hildegard Denninger<br />
Foto: a+p Architekten<br />
Der Spendenwürfel<br />
Den Hotel-BISS-Spendenwürfel (20 x 20<br />
x 20 cm) stellen wir Ihnen gern für Ihre<br />
Feiern <strong>und</strong> Veranstaltungen zur Verfügung.<br />
Auf Wunsch kommen wir bei größeren<br />
Veranstaltungen auch selbst vorbei, um<br />
über unser Projekt zu sprechen.<br />
Frauengefängnis Am Neudeck 10:<br />
An diesem Ort ist Platz für Zukunft<br />
Mit Ihnen zusammen schaffen wir es:<br />
• Knast wird Sternehotel • Ausgegrenzter wird Arbeitnehmer<br />
• Fremder wird Fre<strong>und</strong> • Vision wird Wirklichkeit.<br />
Spendenkonto: Stiftung BISS,<br />
Konto-Nr. 81 66, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 700 205 00<br />
Die Spenden werden ohne Abzug dem guten Zweck zugeführt.<br />
Alle Sach- <strong>und</strong> Verwaltungskosten trägt BISS e.V. Wir danken<br />
den großzügigen Spendern, die mit uns das Hotel BISS<br />
realisieren möchten. Sie können auch online spenden!<br />
Für nähere Informationen besuchen Sie bitte unsere Website:<br />
www.hotelbiss.de<br />
Spendenstand: 800.057,70 Euro<br />
Förderzusage der Landeshauptstadt<br />
München: 500.000,00 Euro<br />
ergibt insgesamt: 1.300.057,70 Euro<br />
Die Stiftung braucht für den Umbau ca. drei Mio. Euro Eigenkapital.<br />
Die vier meistgestellten Fragen<br />
Was hat die Zeitschrift BISS mit dem Hotel BISS zu tun?<br />
Wir nutzen unsere Zeitschrift als Medium, um Hotel BISS bekannt<br />
zu machen, über den Fortgang der Projekts zu informieren<br />
<strong>und</strong> Unterstützer <strong>und</strong> Förderer zu gewinnen. Herausgeber<br />
der Zeitschrift <strong>und</strong> Initiator des Projekts ist der gemeinnützige<br />
Verein BISS e.V. Das Hotel wird in eine Stiftung BISS eingehen.<br />
Zeitschrift <strong>und</strong> Hotel sind eigenständige Projekte, die eng<br />
kooperieren werden.<br />
Werden BISS-Verkäufer später im Hotel BISS arbeiten?<br />
Nein. Im Hotel BISS werden sozial benachteiligte Jugendliche<br />
<strong>und</strong> junge Erwachsene ausgebildet werden, die nach der<br />
Ausbildung in den ersten Arbeitsmarkt wechseln. Es werden<br />
junge Menschen sein, deren Lebenslauf Brüche aufweist<br />
(kein Schulabschluss, Abbruch der Lehre usw.), die jedoch<br />
ausbildungsfähig sind. Ausgebildet <strong>und</strong> angeleitet werden die<br />
Azubis von erstklassigen Fachleuten aus der Hotellerie <strong>und</strong><br />
Gastronomie. Die pädagogische Begleitung im Haus übernehmen<br />
qualifi zierte (Sozial-)Pädagogen.<br />
Wie kann man Hotel BISS unterstützen?<br />
Mit Geld <strong>und</strong> guten Worten! Mit kleinen, großen <strong>und</strong> sehr<br />
großen Spenden! Wir brauchen Geld von Privat- <strong>und</strong> Geschäftsleuten,<br />
Vereinen, Stiftungen <strong>und</strong> sonstigen Institutionen.<br />
Jeder Euro zählt! Bitte empfehlen Sie Hotel BISS weiter!<br />
Wann wird BISS das Gr<strong>und</strong>stück endlich bekommen?<br />
Die Entscheidung liegt beim Finanzministerium. Wir hoffen<br />
aber, dass bis Herbst 2009 die Entscheidung fällt.<br />
„Um das Projekt BISS zu unterstützen, übernehmen wir die Druckkosten für diese Seite.“<br />
kb-m, Planungsbüro für Ingenieurbauten, Filchnerstraße 104d, 81476 München, wiegard@kb-m.de<br />
23
24<br />
Bilderbuchfamilie<br />
2 Bewertet werden Präsenz <strong>und</strong> Ausdruck (l.). Hauptpreis: eine kostenlose<br />
Gesangsausbildung. Die Konkurrenz ist stark, Lulu wird das Geld<br />
für die St<strong>und</strong>en wie bisher durch Nachhilfeunterricht verdienen müssen.<br />
Singen, schäumen<br />
<strong>und</strong> schwimmen<br />
Familie Gottschalk, das sind Mutter Chris <strong>und</strong> ihre sechs<br />
Kinder. In Deutschland lebt jedes sechste Kind von<br />
Hartz IV. Dazu gehören die fünf jüngsten Gottschalks.<br />
Ihre Träume schränkt das nicht ein – sie glauben an eine<br />
Karriere in Hollywood oder Goldmedaillen. BISS begleitet<br />
die Familie diesmal im Kampf um richtige Töne <strong>und</strong><br />
entscheidende Sek<strong>und</strong>en im Pool<br />
Text: Annette Leyssner<br />
Foto: Kathrin Harms<br />
1 Lulu will Sängerin<br />
werden. Heute tritt die<br />
15-Jährige bei einem<br />
Wettbewerb an.<br />
Wird sie die Jury (r.)<br />
überzeugen?<br />
3 Victor hat andere Probleme. „Irgendwer“ hat Handwaschmittel in den<br />
Geschirrspüler gegeben. Sämtliche Handtücher sind nun im Einsatz,<br />
der Siebenjährige muss die Schüsseln voller Schaum ständig leeren.
4 Sport ist mehr nach Victors Geschmack. „Ich war jüngster Wettkampfschwimmer<br />
Deutschlands“, sagt das Mitglied des Männer-<br />
Schwimm-Vereins. Schon mit zwei Jahren holte er „viele Medaillen“.<br />
6 Sitzt die Kappe aerodynamisch optimal? Victor schwimmt<br />
lieber ohne Kopfbedeckung, auch wenn ihn das wertvolle<br />
Sek<strong>und</strong>en kosten könnte.<br />
8 Zunächst sind die Kinder an der Reihe, die mit Unterstützung von Styroporbrettern ihre Bahnen<br />
ziehen. Während deren Eltern letzte taktische Anweisungen geben, ist Victor schon abgetrocknet<br />
<strong>und</strong> spielt in der Turnhalle. Dort können die Kinder Luftballons bemalen.<br />
5 Mittlerweile ist die Konkurrenz größer, aber die Stimmung am Wettkampftag<br />
ist zuversichtlich. Durchhalten ist alles: Die Kinder feuern einander<br />
an; sie klatschen, bis auch der Langsamste die Strecke schafft.<br />
7 Nach dem Wettkampf ist vor dem Wettkampf: Reicht die Zeit für eine Medaille?<br />
Wenn nicht, ist das auch nicht schlimm: Victor startet gleich in drei Disziplinen. Mit<br />
Hilfe seiner Mutter fi ndet der junge Sportler heraus, wann sein nächster Einsatz im<br />
Becken sein wird.<br />
9 Heimfahrt: Chris liest die Vereinszeitung<br />
„Der Duscher“. Victor ist mit den Gedanken<br />
beim nächsten Tag: Dann ist Siegerehrung.<br />
25
26<br />
Fre<strong>und</strong>e & Gönner<br />
Patenschaften: Die Paten übernehmen<br />
den Teil des Gehaltes, den der Verkäufer<br />
nicht selbst durch den Zeitungsverkauf<br />
erwirtschaften kann. Das sind durchschnittlich<br />
5000 Euro pro Verkäufer <strong>und</strong><br />
Jahr. Auch eine Teilpatenschaft (für 1250<br />
Euro, 2500 Euro, 3750 Euro) ist möglich.<br />
Thomas Grabner<br />
Patenschaft:<br />
KPMG München 5 Partner<br />
bis Dezember 2009<br />
Hartmut Jacobs<br />
Patenschaft: R. Moshammer<br />
Verein Licht für Obdachlose e.V.<br />
bis Dezember 2009<br />
Christian Zimmermann<br />
Patin: Katrin Keller<br />
bis Dezember 2009<br />
Jürgen Hörl<br />
Patenschaft: Lions Hilfswerk<br />
Metropolitan e.V.<br />
bis November 2009<br />
Jaroslav Zlucka<br />
Patenschaft:<br />
SZ-Adventskalender<br />
bis Dezember 2009<br />
Hans Pütz<br />
Pate: Dr. Georg Freiherr<br />
von Waldenfels<br />
bis Dezember 2009<br />
André Schmitt<br />
Pate: anonym<br />
bis Dezember 2009<br />
Annegret Künkel<br />
Patin (April–Juni): anonym<br />
versorgt bis Dezember 2009<br />
Marco Veneruso<br />
Pate: anonym<br />
bis Dezember 2009<br />
Martin Berrabah<br />
Pate (Jan.–Juni): anonym<br />
versorgt bis Dezember 2009<br />
Ercan Uzun<br />
Pate: anonym<br />
bis Dezember 2009<br />
eine Patenuhr für…<br />
Katharina Gutewort<br />
Paten:<br />
Sabine <strong>und</strong> Franz Lutzenberger<br />
bis Dezember 2009<br />
Francesco Silvestri<br />
Patenschaft:<br />
Prof. Hermann Auer Stiftung<br />
bis Dezember 2009<br />
Frank Schmidt<br />
Pate: Rainer Koppitz<br />
bis Dezember 2009<br />
Veronika Lackenberger<br />
Patenschaft: Bunique GmbH<br />
bis Dezember 2009<br />
Maximilian Käufl<br />
Patenschaft:<br />
Rücker + Schindele GbR<br />
bis Dezember 2009<br />
Bernhard Gutewort<br />
Patenschaft: Bayerngas GmbH<br />
bis Dezember 2009<br />
Pietro Dorigo<br />
Patenschaft:<br />
Antonie-Zauner-Stiftung<br />
bis Dezember 2009<br />
Jana Förster<br />
Patenschaft: anonym<br />
bis Dezember 2009<br />
Joachim Seifert<br />
Patenschaft: anonym<br />
bis Dezember 2009<br />
Peter Schratz<br />
Patenschaft: anonym<br />
bis Dezember 2009<br />
Rainer Bernhöft<br />
Pate: anonym<br />
bis Dezember 2009<br />
Roman Hajek<br />
Pate: anonym<br />
bis Dezember 2009<br />
Christine Karsunke<br />
Pate: anonym<br />
bis Dezember 2009<br />
Wolfgang Urban<br />
Pate: Karl-Peter Schmitt<br />
bis Dezember 2009<br />
Edelfried Fili<br />
Pate: Christof Gabriel Maetze<br />
bis Dezember 2009<br />
Halina Massouras<br />
Pate (Jan. – Sept.):<br />
Marco Patzwahl<br />
versorgt bis Dezember 2009<br />
Ernst Köppel<br />
Pate (bis Juni): Stefan Schleibner<br />
versorgt bis Dezember 2009<br />
Ursula Graßl<br />
Patin (Juni– August): anonym<br />
versorgt bis November 2009<br />
Dirk Schuchardt<br />
Patin: anonym<br />
bis Dezember 2009<br />
Karl-Heinz Wendicke<br />
1. Patenschaft: Stefan Schleibner<br />
2. Patenschaft für Altersteilzeit:<br />
R. Moshammer Verein<br />
Licht für Obdachlose e.V.<br />
bis Dezember 2009<br />
Tibor Adamec<br />
1. Patenschaft:<br />
Martina <strong>und</strong> Robert<br />
2. Patenschaft für Altersteilzeit:<br />
R. Moshammer Verein<br />
Licht für Obdachlose e.V.<br />
bis Dezember 2009<br />
Peter Cwetko / Dynamo<br />
Fahrradservice BISS e.V.<br />
Pate (April–Juni):<br />
Christopher Gebray<br />
versorgt bis Dezember 2009<br />
„Um das Projekt BISS zu unterstützen, übernehmen wir die Druckkosten für diese Seite.“<br />
Drs. Marlies <strong>und</strong> Ulrich Brügmann, www.herzdoc.de
Herzlichen Dank!<br />
Eva <strong>und</strong> Alexander Knorr<br />
Jochen Hubach<br />
Günther Steinkirchner<br />
Dr. Marion Schick<br />
Helga <strong>und</strong> Hannes Nestler<br />
Ulrike Arand<br />
Pfarramt Erlöserkirche<br />
Gertrud Wernekke<br />
Johannes Gabel<br />
Berberich Papier Ottobrunn<br />
Ernst Burger<br />
kb-m, Planungsbüro für<br />
Ingenieurbauten<br />
PKF hotelexperts GmbH<br />
Sportfre<strong>und</strong>e Stiller<br />
Myllykoski<br />
BISS gratuliert <strong>und</strong> wünscht nachträglich<br />
alles Gute zum Geburtstag:<br />
Frau Ulrike Franz<br />
Herrn Siegfried Vogler<br />
Herrn Dr. Oeckinghaus<br />
Herrn Peter Kleinknecht<br />
<strong>und</strong> Herrn Volker von Tein zum 70. Geburtstag<br />
Wir bedanken uns herzlich bei den Geburtstagskindern<br />
für die großzügigen<br />
Spenden!<br />
H. Abfalter, P. Acton, G. Albert, J. Bader,<br />
I. Bauer, B. Baum, B. Baumann, W. Beck,<br />
I. Becke, F. + P. Bellingacci, A. Berger,<br />
F. Bergmann, R. Bernhardt, Dr. A. Bischoff,<br />
A. Block, W. Böhm, A. Böttger,<br />
BISS braucht auch weiterhin Fre<strong>und</strong>e<br />
Mit Ihrem Beitrag unterstützen Sie BISS <strong>und</strong> fi nanzieren Arbeitsplätze<br />
sowie unsere Projekte.<br />
Fre<strong>und</strong>schaftsabo: A 80,– pro Jahr (Spende A 40,–, Abo A 40,–)<br />
Normalabo: A 40,– pro Jahr (für Münchner nicht möglich)<br />
Fördermitgliedschaft: Der Betrag bleibt Ihnen überlassen. Ab einer<br />
Zuwendung von A 80,– erhalten Sie BISS auf Wunsch zugesandt.<br />
(In diesem Fall verringert sich der Spendenanteil in Ihrem Förderbeitrag<br />
um die Abokosten von A 40,–.)<br />
Ich möchte Fördermitglied werden.<br />
Bitte senden Sie mir BISS zu.<br />
Bitte senden Sie mir BISS nicht zu.<br />
Spende: Bitte betrachten Sie meine Zahlung als Spende.<br />
Ich habe den Betrag auf Konto-Nr. 221 86 66,<br />
Liga Bank, BLZ 750 903 00, überwiesen.<br />
Ich bitte Sie, meinen Namen nicht zu veröffentlichen.<br />
An BISS e.V., Metzstraße 29, 81667 München<br />
I. Braun, U. Breuel, D. Brixel, D. Buchner,<br />
E. Buerger, B. Bürk, Dr. R. Cabell,<br />
R. + G. Cecchini, S. + L. Ciacobbe, U. +<br />
Ch. Clemens, C. + F. Cordera-Alberti +<br />
Cordera, A. Deiring, K. Deisenhofer, U.<br />
Dentler, Th. Dirr, S. Dittmann-Stenger,<br />
E. + H. Edelmann, H. Ehmann, M. +<br />
S. Eisenried, Element 3, A. Elsasser, M.<br />
Emmerling, R. + G. Fazzi + Pellecchia, J.<br />
Fischer, E. Fuchssteiner, E. + J. Fußeder,<br />
M. Gabriel, R. Ganser, E.-M. Gehrle, D.<br />
Gerth, I. Gierster, M. Giezek, D. Golle,<br />
B. Golling, M. + A. Grassl, F. Gruber, M.<br />
von Gr<strong>und</strong>, S. Grüninger, V. Grünwald,<br />
R. Hackenberg, P. Haslacher, G. P. Hein,<br />
P.-D. Herbst, V. Hermann, H. Herrmann,<br />
M. Hidalgo, E. Hirt, B. Höfer, Ph.<br />
Hoffmann, A. Höfner, Dr. G. Huber, R.<br />
Irl, B. Ivanof-Klepzig, Jacobs Stiftung,<br />
R. Jaura, E. + G. Jekutsch, Ch. Juers, S.<br />
Kampmann, P. Kapser, Kath. Deutscher<br />
Frauenb<strong>und</strong> Dachau, Kath. Pfarrkirchenstiftung<br />
St. Peter, K. Keller, K. Kessler, A.<br />
Kienitz, R. Kilian, J. Kintzel, K. Kleiber,<br />
Dr. U. Klein, M. Klöppel, U. + W. Kohl,<br />
E. Kölbl, Th. + K.-R. König, H. Konrad,<br />
M. Kornfeld, I. + K. Krueger, M. + D.<br />
Kucera-Borst + Kucera, A. + W. Kugler,<br />
A. Kugler, M. + G. Kuhlo, Dr. R. Kurz,<br />
H. de Lana, J. Lang, G. Lange, U. Langer,<br />
M. Langstein, G. Lauffer, P. Lauro,<br />
F. Lechner, A. M. Lega, J. A. Lehr, I.<br />
Loncaric: Donuts and Candies, K. Löw,<br />
B. + Ch. Lunemann + Grabatz, F. Luzzato,<br />
A. Machnig, F. Mader, J. Maier,<br />
L. Mann, R. Mappes, K. Marefati, Ch.<br />
+ J. Martin, M. Mattheis, R. Meindl, S.<br />
Meining, S. + Th. Mende, Th. Metz, Dr.<br />
H. Michailov-Beger, M. Milch, E. + W.<br />
Minde, L. Mittermeier, K. + R. Mörl +<br />
Heid, A. + P. Müller, J. Muschik, Netzwerk<br />
Geburt <strong>und</strong> Familie e.V., B. Neuburger,<br />
E. Neudert, I. Neumaier, R. Niederberger,<br />
H. Obkirchner, R. Ossner,<br />
OTS Unternehmensberatung GmbH, G.<br />
Ott, Z. Parol, J.-S. Paty, M. Pausch, R.<br />
Peer, L. Plank, G. Pletschacher, I. Ponge,<br />
G. + A. Porak, Prem Amido, H. Pruegner,<br />
Dr. G. Pühler, R. Rauch, B. + L.<br />
Rauschecker, M. Rauschel, M. Regler, U.<br />
+ H. Rehm, K. Reindl, G. + L. Reitz, A.<br />
+ M. Rieken, RA Dr. H. Roithmaier, I.<br />
Rothenberger, K. Rothfritz, G. Rothfritz,<br />
B. Rothoerl, F. Rotzinger, G. + K. Rueckert,<br />
P. Rueck-Wallenberger, S. Salzberger,<br />
St. Sauer, G. Schaeffer-Lissmann, A.<br />
+ G. Scheffelmann, V. Scheuermann, M.<br />
+ V. + V. Schippers, A. Schlaak, U. Schlabach,<br />
St. Schlegel, D. Schlösser-Berster,<br />
B. Schmid-Burgk, Dres. I. + L. Schmidt,<br />
G. Schmidt, H. Schmitt, J. Schmitz, M.<br />
Schneller, W. Schnürch, Dr. M. Schoettler,<br />
U. Schroeder, R. Schuberth, B. Schürmann,<br />
S. Schwede, Dr. G. Schwertl, S. +<br />
B. Sensburg, I. + G. Siebert, M. Sieferling,<br />
C. Spachtholz, A. Springer-Tröster,<br />
E. Stadler, I. Staufenbiel, W. Stoeckl, L.<br />
Striegel, G. + Dr. Th. Strobl, E. Tandler,<br />
B. Tang, R. Thaler, R. Theisinger, I. + K.<br />
Thomas, Dr. E. Thumm, G. Tillinger, S.<br />
Trautmann, S. Trzeciok, M. Ulm, N. +<br />
A. Veeser, E. M. Vogelsberger, T. Vogt,<br />
H. Volz, A. Wagner, D. + K. Wegert, I. +<br />
G. Wenzel, St. Wiegard, Dr. M. von Wietersheim,<br />
K. Wolf, F. Wolf, G. W<strong>und</strong>erwald,<br />
G. Würdinger, P. Zangl, J. Zehrt,<br />
C. Zellinger<br />
Frei-Abos: Der Spiegel / Stern / Süddeutsche<br />
Zeitung<br />
Hiermit erteile ich dem Verein BISS e.V. bis auf Widerruf eine Einzugsermächtigung.<br />
Ich bin bereit, BISS mit jährlich EURO<br />
zu unterstützen, <strong>und</strong> entscheide mich für folgende Zahlungsweise:<br />
vierteljährlich halbjährlich jährlich<br />
ab Monat<br />
Konto-Nr.: BLZ<br />
Geldinstitut<br />
Datum/Unterschrift<br />
Name, Vorname<br />
Straße<br />
PLZ/Ort<br />
27
Große Namen<br />
für kleine Ecken<br />
28<br />
Um die Ecke<br />
Münchner Künstler <strong>und</strong> ihr Viertel:<br />
Anatol Regnier auf Spurensuche in Bogenhausen<br />
Als die Alpen ihre Verantwortung noch<br />
kannten, war es auf ihrer Südseite heiß<br />
<strong>und</strong> auf ihrer Nordseite kalt. Heute brät<br />
man in München <strong>und</strong> fröstelt in Rom.<br />
Letzten Sommer war es in München so<br />
unverschämt heiß, dabei so drückend<br />
schwül, dass ich beschloss, einen langen<br />
Gang zu tun. Mir fi el sowieso nichts ein –<br />
für einen Autor oder einen, der sich dafür<br />
hält, kein guter Zustand –, <strong>und</strong> ich fühlte<br />
mich alt <strong>und</strong> verbraucht. Und wenn ich<br />
mich so fühle, kann ich mir meist nicht<br />
vorstellen, dass es irgendwann wieder<br />
besser wird.<br />
Ich durchschritt die Straßen des Villenviertels<br />
Bogenhausen. Wer mag hier wohnen,<br />
in diesen Palästen, die dahinträumen<br />
unter altem Baumbestand? Neureiche aus<br />
der Computerbranche? Rechtsanwälte<br />
mit teuren, schönen Autos? Oder sind die<br />
alle schon wieder weg <strong>und</strong> nur die ver-<br />
Ob anonyme Graffi ti-Wand<br />
oder prominente Gassi-<br />
Strecke – Anatol Regnier<br />
löst Bogenhausener<br />
Straßennamen-Rätsel<br />
armten Erben sind geblieben, deren Vorfahren<br />
diese Häuser einst erbauten <strong>und</strong><br />
die jetzt, wie ich, vielleicht K<strong>und</strong>en beim<br />
Penny-Markt am Herkomerplatz sind?<br />
Apropos Herkomerplatz: Woher hat<br />
er seinen Namen? Ich wusste es nicht,<br />
bis mich ein Film auf BR-alpha aufklärte:<br />
Der Platz ist nach Hubert Herkomer benannt,<br />
einem Schreinerssohn aus Waal in<br />
Bayern, der als Kleinkind mit den Eltern<br />
in die USA ausgewandert ist <strong>und</strong> später<br />
ein berühmter Maler wurde, geadelt von<br />
Wilhelm II. <strong>und</strong> dem englischen König<br />
Edward VII. Im Nebenberuf war er Bildhauer,<br />
Musiker, Filmemacher, Schriftsteller<br />
<strong>und</strong> Pionier des Automobilsports – die<br />
Sieger seiner bis 1907 ausgetragenen Tourenwagen-Ralley„Herkomer-Konkurrenz“<br />
erhielten eine von ihm entworfene,<br />
vierzig Kilogramm schwere Trophäe aus<br />
reinem Sterlingsilber. 1914 ist er als Sir<br />
Hubert Ritter von Herkomer in Devonshire<br />
gestorben. Welch ein Talent, welch<br />
eine Karriere! Geblieben ist ein Platz mit<br />
einem obskuren Namen, einer Verkehrsinsel,<br />
verschiedenen Bus- <strong>und</strong> Tramlinien<br />
<strong>und</strong> einem Penny-Markt.<br />
Angeweht von Wüstenwind, ging<br />
ich „an der Kante entlang“ in Richtung<br />
Oberföhring <strong>und</strong> stieg über den Andersen-Weg<br />
in die Isarauen ab. Ist der Märchendichter<br />
Hans Christian gemeint? Die<br />
frei stehenden Riesenbäume, die düsteren<br />
Misteln, die auffl atternden <strong>und</strong> sich<br />
wieder niederlassenden Krähenschwärme<br />
hätten dem depressiven, an Verfolgungswahn<br />
<strong>und</strong> versteckter Homosexualität<br />
leidenden Dänen bestimmt<br />
gefallen, der kleine Steig, der möglicherweise<br />
an ihn erinnern soll, vielleicht weniger.<br />
Auch Max Halbe wird angesichts<br />
des etwa fünfzig Meter langen, ungepfl<br />
asterten Wegs, der die Mauerkircherstraße<br />
mit der Isar verbindet <strong>und</strong> seinen<br />
Namen trägt, nicht eben in Hurra-Rufe<br />
ausgebrochen sein. Denn Max Halbe war<br />
einer der meistgespielten Dramatiker seiner<br />
Zeit, dessen Stück „Jugend“ einer äußerst<br />
einfl ussreichen Zeitschrift den Namen<br />
lieh <strong>und</strong> dem berühmten Jugendstil<br />
als Anregung diente. Ein wenig mehr hätte<br />
es schon sein können.<br />
Verlegenheit auch an der Isar: Der<br />
Uferweg, ein Jogger-, Radfahrer-, Spaziergänger-<br />
<strong>und</strong> H<strong>und</strong>eausführparadies,<br />
heißt „Heinrich-Mann-Allee“ – eine Eh-
e fürwahr für einen hoch bedeutenden,<br />
von den Nazis vertriebenen Schriftsteller!<br />
Aber das Verhältnis der Deutschen zu<br />
Heinrich Mann war, von kurzen Perioden<br />
der Wertschätzung abgesehen, immer<br />
ein schwieriges – zu links, zu unerbittlich<br />
in seinen Analysen, zu international<br />
<strong>und</strong> sowieso immer im Schatten seines<br />
Bruders. Der wohnte einst eine kleine<br />
Wegstrecke weiter südlich in der Poschingerstraße<br />
(weshalb der südliche Teil des<br />
Uferwegs städtisch-folgerichtig „Thomas-<br />
Mann-Allee“ heißt) <strong>und</strong> hätte vielleicht<br />
mit Behagen zugeschaut, wie sein ungeliebter<br />
älterer Bruder Heinrich, der bei<br />
seinen sporadischen München-Aufenthalten<br />
immer in Schwabing wohnte, durch<br />
das Anhängsel der „Thomas-Mann-Allee“<br />
in einer ihm fremden Gegend posthum<br />
ein weiteres Mal gedemütigt <strong>und</strong> auf<br />
seinen Platz verwiesen wird. Oder vielleicht<br />
auch nicht. Denn der südliche Teil<br />
des Uferwegs unterscheidet sich in Aussehen<br />
<strong>und</strong> Funktion in keiner Weise vom<br />
nördlichen, <strong>und</strong> Thomas Mann, der, anders<br />
als die meisten seiner Kollegen, München<br />
bis 1933 die Treue hielt <strong>und</strong> hier<br />
weltberühmte Romane schrieb, wird in<br />
seiner ehemaligen Wahlheimat nirgendwo<br />
anders geehrt. Zwar ist sein Haus in<br />
der Poschingerstraße (so ungefähr) wieder<br />
aufgebaut, aber nicht, wie es sich gehört<br />
hätte, als städtisches Prestige- <strong>und</strong><br />
Wiedergutmachungsobjekt, als Kulturzentrum,<br />
Museum oder Archiv, sondern<br />
als Privathaus eines Reichen, der nun privat<br />
literarische Höhenluft atmen kann.<br />
München muss mit dieser Blamage leben.<br />
Den Leser aber, der vielleicht gerade eine<br />
Formulierung des Großschriftstellers im<br />
Ohr hat, mag angesichts des blau-weißen<br />
Emailleschilds eine Art heiliger Schauer<br />
anwehen. Hier ist er also gewandelt, der<br />
Herr der vernichtenden Schärfe <strong>und</strong> des<br />
kalten Blicks, <strong>und</strong> dort steht jenes in der<br />
Erzählung „Herr <strong>und</strong> H<strong>und</strong>“ beschriebene<br />
Fährhäuschen, dessen Bewohner,<br />
durch das elektrische Klingelsignal zum<br />
Dienst gerufen, so „gleichmäßig mit den<br />
Armen schlenkernd“ aus seiner Tür trat,<br />
als sei er „mechanisch unmittelbar durch<br />
den Druck auf den Knopf in Bewegung<br />
gesetzt“ worden.<br />
Auf der Thomas- oder Heinrich-Mann-<br />
Allee kam mir ein Jogger entgegen. „Anatol,<br />
es ist SOO heiß, aber wir MÜSSEN<br />
was tun!“, rief er. Es war der Kabarettist<br />
Bruno Jonas. Später, südlich der Tivolibrücke<br />
in der Steinbacherstraße, traf ich<br />
den Schriftsteller Joseph von Westphalen.<br />
„Ah, Joseph von Westphalen“, begrüßte<br />
ich ihn, „wo kommst du her?“ „Vom<br />
Dienst“, meinte er. „Vom Dienst? Du bist<br />
doch freischaffend!“, w<strong>und</strong>erte ich mich.<br />
„Keineswegs“, antwortete er. „Ich bin<br />
Pfl eger im Bogenhausener Krankenhaus<br />
<strong>und</strong> auch nicht Joseph von Westphalen.“<br />
Wie bitte? Hitzschlag oder beginnende<br />
Senilität? Ob Joseph von Westphalen<br />
oder nicht: Ich war einem fre<strong>und</strong>lichen<br />
Zeitgenossen begegnet. (Hoffentlich war<br />
wenigstens Bruno Jonas echt.)<br />
An der Friedhofsmauer von St. Georg<br />
gedachte ich derer, die drinnen liegen:<br />
Erich Kästner, Anette Kolb, Liesl Karlstadt,<br />
Rainer Werner Fassbinder <strong>und</strong> viele<br />
andere, die klein anfi ngen, berühmt wurden,<br />
mehr oder weniger glücklich lebten<br />
<strong>und</strong> starben. Für den Prominentenfriedhof<br />
wird es bei mir nicht reichen, <strong>und</strong><br />
wahrscheinlich wird weder Straße noch<br />
Weg nach mir benannt werden. Aber der<br />
Spaziergang war schön.<br />
Schweißüberströmt stieg ich die Treppe<br />
zu meiner Wohnung hinauf.<br />
Foto: Volker Derlath<br />
Das ist nicht Anatol Regnier, sondern ein<br />
Jogger beim Stretching am Ziel seiner Bogenhausener<br />
Laufroute: dem Oberföhringer Wehr<br />
Anatol Regnier wurde 1945 als zweites<br />
Kind von Pamela Wedekind <strong>und</strong> Charles<br />
Regnier geboren. Er studierte am Royal<br />
College of Music in London, reiste als<br />
Gitarrist durchs In- <strong>und</strong> Ausland, war<br />
Dozent am Münchner Konservatorium,<br />
wanderte nach Australien aus <strong>und</strong> kehrte<br />
nach München zurück. 1997 veröffentlichte<br />
er „Damals in Bolechow“, ein Buch<br />
über das Schicksal einer jüdischen Familie<br />
aus Galizien, 2003 die Familienbiographie<br />
„Du auf deinem höchsten Dach“ <strong>und</strong><br />
2008 „Frank Wedekind: eine Männertragödie“.<br />
Bei seinen Lesungen aus diesem<br />
Buch singt er Wedekind-Lieder, die er auf<br />
der Gitarre begleitet.<br />
Christine Grän, Jahrgang 52, lebt seit<br />
zehn Jahren in München. Nach dem<br />
Studium <strong>und</strong> einem Journalistik-Volontariat<br />
ging sie nach Afrika, um eine Lodge<br />
zu leiten, <strong>und</strong> schrieb dort ihren ersten<br />
Kriminalroman. Weitere folgten mit der<br />
Detektivin Anna Marx. Die Reihe war<br />
auch als TV-Serie erfolgreich. Weitere Romane:<br />
„Die Hochstaplerin“, „Hurenkind“<br />
<strong>und</strong> zuletzt „Heldensterben“. Grän wurde<br />
u.a. 2007 mit dem Ernst-Hofrichter-Preis<br />
ausgezeichnet.<br />
29
30<br />
Kolumne<br />
Impressum<br />
Herausgeber <strong>und</strong> Verleger:<br />
BISS e.V.<br />
Metzstraße 29, 81667 München<br />
(zugleich Anschrift aller Verantwortlichen)<br />
Geschäftsführung: Hildegard Denninger<br />
Chefredaktion: Günter Keil, Andreas<br />
Unger (beide verantwortlich im Sinne des<br />
Presserechts)<br />
Schlussredaktion: Helga Voit<br />
Gestaltung: Medienkeller<br />
(Anne Britt Keller, Sabine Klein)<br />
Mitarbeit:<br />
Text: Hildegard Denninger, Bernd Hein,<br />
Maxi Leinkauf, Annette Leyssner, Fabienne<br />
Pakleppa, Daniela Walther, Anatol Regnier,<br />
Dieter Wachholz, Katharina Zeckau <strong>und</strong><br />
die Schreibwerkstatt von BISS unter der<br />
Leitung von Simone Kayser<br />
Foto: Volker Derlath, Barbara Donaubauer,<br />
Benjamin Ganzenmüller (auch SWS),<br />
Irmgard Geelen, Kathrin Harms, Jean-<br />
Patrick Morarescu, Volker Schmitt,<br />
Stiftung <strong>Lesen</strong>, Anja Weingandt<br />
Comic: Papan<br />
Redaktionsschluss dieser Ausgabe:<br />
19.05.2009<br />
Anschrift der Redaktion:<br />
Metzstraße 29, 81667 München<br />
Tel. 089 / 33 20 33, Fax 089 / 33 20 34<br />
E-Mail info@biss-magazin.de<br />
Internet www.biss-magazin.de<br />
Anzeigenleitung:<br />
Hildegard Denninger (verantwortlich)<br />
Derzeit gilt Anzeigenpreisliste Nr. 8.<br />
Spendenkonto:<br />
LIGA Bank<br />
Konto-Nr. 221 86 66, BLZ 750 903 00<br />
Bitte geben Sie Ihre Adresse im Feld<br />
„Verwendungszweck“ an, damit wir Ihnen<br />
die Spendenquittung zusenden können.<br />
Verkaufspreis: A 1,80<br />
Nachdruck – auch in Auszügen – nur<br />
nach vorheriger Rücksprache mit der<br />
Redaktion.<br />
BISS erscheint monatlich,<br />
Juli/August in einer Doppelausgabe.<br />
Gesamtherstellung:<br />
Color-Offset GmbH<br />
Geretsrieder Str. 10, 81379 München<br />
Tel. 780 41-0, Fax 780 41-200<br />
Druckaufl age: 39000<br />
Für unverlangt eingesandte Manuskripte<br />
übernehmen wir keine Gewähr. Die Rücksendung<br />
erfolgt nur gegen Rückporto.<br />
BISS wird gedruckt auf einem zweiseitig<br />
gestrichenen holzhaltigen Bogenoffsetpapier<br />
mit ökologischem Fasermix. Ein<br />
Produkt von Myllykoski, MD Albbruck<br />
ISSN 0948-3470<br />
Foto: Benjamin Ganzenmüller<br />
Jana Förster (54), Kolumnistin aus der Schreibwerkstatt, verkauft seit 2004 BISS. Sie wurde<br />
in Prag geboren, lebt seit 33 Jahren in München <strong>und</strong> hat zwei erwachsene Söhne.<br />
Die Kleinen leben vom Kleingeld: Das<br />
sind wir, die BISS-Verkäufer. Im Laufe<br />
eines Arbeitstages sammeln sich einige<br />
Münzen an, die ich daheim in eine<br />
Dose werfe. Wenn sie voll ist, rolle ich je<br />
25 oder 40 Münzen in bunte Papierchen.<br />
Die Rollen trage ich zur Bank, damit das<br />
Geld eingezahlt wird, sodass davon die<br />
Miete <strong>und</strong> andere Zahlungen überwiesen<br />
werden können. Vor einiger Zeit war es<br />
wieder mal so weit. Als ich zum Schalter<br />
ging, fi ng die Angestellte an, vor sich hinzuschimpfen:<br />
warum ich so viele Münzen<br />
sammle, warum ich nicht früher komme<br />
<strong>und</strong> was sie jetzt damit solle. Ich erklärte,<br />
dass ich mein Geld halt so verdiene<br />
<strong>und</strong> doch schließlich was aufs Konto<br />
... <strong>und</strong> so weiter. Widerwillig rechnete sie<br />
das Geld zusammen <strong>und</strong> gab mir den Beleg.<br />
Ich war froh, als die Tür hinter mir<br />
zufi el, aber die Frage, wo ich meine Münzen<br />
das nächste Mal hinbringen sollte,<br />
beschäftigte mich. Weil ich mich nicht<br />
mehr zu meiner Bank zu gehen traute,<br />
quoll meine Dose bald über. Nach<br />
ein paar Monaten war das Kleingeld zu<br />
einem riesigen Haufen angewachsen, der<br />
mein Wohnzimmer unbewohnbar machte.<br />
Da erfuhr ich, dass es in einer anderen<br />
Filiale, etwa eine halbe St<strong>und</strong>e Fußweg<br />
entfernt, eine Kleingeld-Zählmaschine<br />
gibt. Nur: Wie sollte ich den Berg dorthin<br />
schaffen? Auf dem Speicher fand ich eine<br />
Jana<br />
scheffelt<br />
Geld<br />
riesige alte Kraxe, so eine, mit der unsere<br />
Omas früher in den Wald gingen, um<br />
Kleinholz zu sammeln. Dahinein schippte<br />
ich mit einer Kehrschaufel die Münzen.<br />
Obendrauf legte ich eine alte Decke<br />
– muss ja nicht jeder sehen, was ich da<br />
herumtrage. Wie schwer war dieser Korb!<br />
Vier St<strong>und</strong>en Fußmarsch brauchte ich bis<br />
zur Bank, <strong>und</strong> als ich in der Schalterhalle<br />
endlich das Ungeheuer von meinem<br />
Rücken stemmte, konnte ich mich nicht<br />
mehr aufrichten. Ein Sicherheitsbediensteter,<br />
dem ich wohl verdächtig vorkam,<br />
tastete mich mit einem Metalldetektor ab,<br />
während ich einem hinzugekommenen<br />
Bankangestellten mein Anliegen vortrug.<br />
Er bot sich an, mir beim Beladen<br />
der Zählmaschine zu helfen, <strong>und</strong> brachte<br />
ein Schäufelchen. „Na, das kann lange<br />
dauern“, dachte ich. Und während ich<br />
in tief gebückter Haltung neben mir das<br />
Geld klingeln hörte, begann ich über meine<br />
Zukunft nachzudenken, nun, da mein<br />
Leben endlich richtig anfangen würde:<br />
Häusle bauen, Urlaub ... Da riss mich der<br />
nette junge Mann plötzlich aus meinen<br />
Träumen: „So, das hätten wir.“ – „Wie<br />
bitte? Sie sind aber schnell fertig mit dem<br />
Berg!“, entgegnete ich. „Ach, das bisschen,<br />
da kommen andere mit viel mehr!“,<br />
lachte er <strong>und</strong> gab mir das Körbchen zurück.<br />
„Hier, ihre Quittung, fast 40 Euro.<br />
Schönen Tag noch, bis demnächst!“<br />
„Um das Projekt BISS zu unterstützen, übernehme ich die Druckkosten für diese Seite.“<br />
Ernst Burger, Sintzenichstr. 9, 81479 München
Adressen<br />
Wohnungsverlust<br />
Amt für Wohnen <strong>und</strong> Migration<br />
Franziskanerstr. 6 <strong>und</strong> 8,<br />
zuständig für Unterbringung, Wohnen<br />
<strong>und</strong> Geld ist die Zentraleinheit<br />
Wohnungslosigkeit, Öffnungszeiten:<br />
Mo, Mi, Fr: 8.30 – 12 Uhr, Mi: 15 – 17<br />
Uhr (nur für Berufstätige)<br />
Städtisches Unterkunftsheim<br />
für Männer<br />
Pilgersheimer Str. 11, Tel. 62502-20,<br />
Bettenvergabe: Mo bis Fr: 14 – 19 Uhr,<br />
Sa, So u. Feiertage: 16 – 19 Uhr<br />
Karla 51 Frauenobdach,<br />
Karlstr. 51, Tel. 549151-0, Beratung<br />
<strong>und</strong> Aufnahme r<strong>und</strong> um die Uhr; Café:<br />
Di bis So: 12 – 17 Uhr, Fr: bis 20 Uhr<br />
Heilsarmee (nur für Männer),<br />
Pestalozzistr. 36, Tel. 267149,<br />
Aufnahme tägl. 5 – 22.30 Uhr<br />
Jugendschutzstelle für<br />
männliche Jugendliche von<br />
14 bis 18 Jahren<br />
Scapinellistr. 15a, Tel. 829903-14,<br />
Öffnungszeiten: r<strong>und</strong> um die Uhr<br />
Jugendschutzstelle für Mädchen<br />
von 13 bis 17 Jahren<br />
Oselstr. 31a, Tel. 82070047,<br />
Öffnungszeiten: r<strong>und</strong> um die Uhr<br />
Internationaler B<strong>und</strong><br />
Mädchenschutzstelle<br />
für Mädchen von 13½ bis 17 Jahren,<br />
Tel. 43908413<br />
JUP – Jugendpension<br />
Nockherstr. 60, Tel. 436629-11,<br />
Öffnungszeiten: tägl. 8 – 21 Uhr<br />
I.M.M.A.<br />
Zufl uchtsstelle für Mädchen <strong>und</strong> junge<br />
Frauen zwischen 14 <strong>und</strong> 20 Jahren,<br />
Tel. 183609, erreichbar r<strong>und</strong> um die<br />
Uhr<br />
Herzogsägmühle<br />
Von-Kahl-Str. 4, 86971 Peiting,<br />
Beratung <strong>und</strong> Aufnahme r<strong>und</strong> um die<br />
Uhr für Frauen, Männer <strong>und</strong> Paare,<br />
Tel. 08861/219-349<br />
H-TEAM e.V. Ambulante Wohnungshilfe/Ambulanter<br />
Pfl egedienst,<br />
Beratung <strong>und</strong> Hilfen bei Wohnproblemen<br />
durch Sammeln, Horten,<br />
„Verwahrlosung“, Pfl ege - <strong>und</strong> anderem<br />
Hilfebedarf. Plinganserstr. 19,<br />
Tel. 7473620, Fax: 7470663, Sprechzeiten:<br />
Mo, Mi <strong>und</strong> Fr: von 9 - 12 Uhr<br />
Beratung<br />
Teestube „komm“ Streetwork<br />
(für Männer <strong>und</strong> Frauen),<br />
Zenettistr. 32, Tel. 771084/-85,<br />
Öffnungszeiten: tägl. 14 – 20 Uhr<br />
Bürozeiten: Mo bis Fr: 9 – 13 Uhr<br />
Außenstelle Streetwork<br />
München-Nord, Trautenwolfstr. 9,<br />
Tel. 335574 oder Terminvereinbarung<br />
über die Teestube „komm“<br />
Streetwork-Büro<br />
Beratungsstelle für Jugendliche <strong>und</strong><br />
junge Erwachsene, Johannisplatz 12,<br />
Tel. 4891472, Öffnungszeiten:<br />
Mo: 10.30 – 12 Uhr, Di: 18 – 21 Uhr<br />
Sozialer Beratungsdienst<br />
(nur für Männer), Pilgersheimer Str.<br />
11, Tel. 62502-0, Sprechzeiten: Mo bis<br />
Fr: 8.30 – 12 Uhr <strong>und</strong> nach Vereinbarung;<br />
Notdienst: Mo bis Fr: 14 – 19<br />
Uhr, Sa, So u. Feiertage: 16 – 19 Uhr<br />
Evangelischer Beratungsdienst<br />
für Frauen (mit Wohnheim),<br />
Heßstr. 12, Tel. 288285/-86,<br />
Sprechzeiten: Mo bis Fr: 9 – 16 Uhr<br />
Beratungsstelle für Mädchen<br />
<strong>und</strong> Frauen (Sozialdienst katholischer<br />
Frauen), Dachauer Str. 48, Tel. 559810,<br />
Sprechzeiten: Mo bis Do: 9 – 12 Uhr,<br />
13 – 17 Uhr, Fr: 9 – 13 Uhr <strong>und</strong> nach<br />
Vereinbarung<br />
Initiative Münchner Mädchenarbeit<br />
(I.M.M.A.) Beratungsstelle für<br />
Mädchen <strong>und</strong> junge Frauen, An der<br />
Hauptfeuerwache 4, Tel. 2607531<br />
Frauenhilfe München<br />
Beratung <strong>und</strong> Wohnmöglichkeit für<br />
misshandelte Frauen <strong>und</strong> deren Kinder,<br />
ambulante Beratung, Tel. 35483-0<br />
Frauennotruf<br />
Fürstenrieder Str. 84, Tel. 763737, Beratungs-<br />
<strong>und</strong> Fachzentrum bei sexualisierter<br />
Gewalt: Mo bis Fr: 10 – 18 Uhr,<br />
Krisentelefon bei Gewalt: Mo bis Fr:<br />
18 – 24 Uhr, Sa <strong>und</strong> So: 18 – 2 Uhr<br />
Ausländerberatung im internationalen<br />
Beratungszentrum des BRK<br />
Goethestr. 53, Tel. 5328989, Öffnungszeiten:<br />
Mo, Mi, Fr: 9 – 12 Uhr, Di u. Mi:<br />
14 – 17 Uhr <strong>und</strong> nach Vereinbarung<br />
Krankheit<br />
Informationszentrum Referat für<br />
Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Umwelt<br />
zu Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit, zu<br />
stationären <strong>und</strong> ambulanten Einrichtungen,<br />
zu Selbsthilfegruppen <strong>und</strong><br />
Beratungsstellen, Dachauerstr. 90, Tel.<br />
233-37663<br />
Praxis Dr. Barbara Peters-<br />
Steinwachs, Pilgersheimer Str. 11,<br />
Tel. 6250240, Sprechzeiten: Mo bis Fr:<br />
9 – 12.30 Uhr, Obdachlosenmobil,<br />
Tel. 0172/8221173<br />
Praxis der Benediktinerabtei<br />
St. Bonifaz: Dr. Irene Frey-Mann,<br />
Dr. Mechthild Nowottnick, Karlstr. 34,<br />
Tel. 55171-310, Sprechzeiten:<br />
Mo bis Fr: 8.30 – 12 Uhr <strong>und</strong> nach tel.<br />
Vereinbarung; Di ab 13 Uhr in Karla<br />
51, Tel. 549151-0<br />
Landeshauptstadt München Referat<br />
für Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Umwelt<br />
– Anonyme Beratung zu Aids <strong>und</strong><br />
sexuell übertragbaren Krankheiten<br />
Bayerstraße 28a, 80335 München,<br />
Erdgeschoss, Zi. 0045. Beratung <strong>und</strong><br />
kostenlose Testmöglichkeit:<br />
Mi, Do: 8 – 11 Uhr, Di: 14 – 18 Uhr,<br />
Do: 14 – 15 Uhr, Tel. 233-2 3333<br />
Münchner AIDS-Hilfe e.V.<br />
Lindwurmstr. 71, Tel. 54333-0,<br />
Öffnungszeiten: Mo bis Do: 9 – 17<br />
Uhr, Fr: 9 – 14 Uhr<br />
Psychiatrischer Krisendienst<br />
Tel. 729 59 60<br />
Sucht<br />
Landeshauptstadt München Psychosoziale<br />
Beratungsstelle für Alkohol-<br />
u. Medikamentenprobleme<br />
Dachauer Str. 90/UG, Tel. 233-37563,<br />
Sprechzeiten: jeden Werktag.<br />
Tel. Terminvereinbarung sinnvoll<br />
SuchtHotline:<br />
Tel. 28 28 22 (r<strong>und</strong> um die Uhr)<br />
Tal 19 Beratungs- <strong>und</strong> Therapiezentrum<br />
für Suchtgefährdete <strong>und</strong> Abhängige,<br />
Tel. 242080-0, Fax 242080-11<br />
Frauenberatungsstelle TAL 19<br />
Tel. 242080-20, Fax 242080-21,<br />
Öffnungszeiten: Mo bis Do: 10 – 18<br />
Uhr, Fr: 10 – 15 Uhr<br />
Frauentherapie-Zentrum<br />
Beratung <strong>und</strong> Behandlung bei Alkoholoder<br />
Medikamentenabhängigkeit,<br />
Güllstr. 3, Tel. 747370-0, Fax 747370-<br />
80, Mo bis Do: 10 – 13 Uhr <strong>und</strong><br />
15 – 17 Uhr, Fr: 10 – 13 Uhr<br />
Städtische Drogenberatung<br />
Bayerstr. 28a, Beratung <strong>und</strong> Betreuung<br />
für Konsumenten illegaler Drogen<br />
<strong>und</strong> deren Angehörige, Tel. 233-<br />
47964, Sprechzeiten: Mo bis Fr: 10<br />
– 17 Uhr oder nach Vereinbarung<br />
extra Beratungs- <strong>und</strong> Kontaktzentrum<br />
für drogenabhängige <strong>und</strong><br />
gefährdete Frauen <strong>und</strong> Mädchen,<br />
Mütter <strong>und</strong> ihre Kinder, schwangere<br />
Frauen <strong>und</strong> Mädchen, Corneliusstr.<br />
2, 80469 München, Tel. 236063,<br />
Fax 236069, Öffnungszeiten: Mo bis<br />
Do: 9 – 17.30 Uhr, Fr: 9 – 16 Uhr <strong>und</strong><br />
nach Vereinbarung<br />
Condrobs Drogenberatung<br />
Beratung, Therapie, Prävention,<br />
Konradstr. 2, Tel. 3883766<br />
Anonyme Alkoholiker (AA)<br />
Tel. 19295, tel. Sprechzeiten:<br />
19 – 22 Uhr<br />
Al Anon Familiengruppen<br />
Anonyme Selbsthilfegruppen für Angehörige<br />
<strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e von Alkoholikern,<br />
Tel. 55029916<br />
Blaues Kreuz<br />
Psychosoziale Beratungs- <strong>und</strong> Behandlungsstelle<br />
für Suchtgefährdete<br />
(auch für Angehörige), Kurfürstenstr.<br />
34/I, Tel. 332020, Telefonsprechzeiten:<br />
Mo, Di, Do: 10 – 12 Uhr <strong>und</strong> 14 – 17<br />
Uhr, Mi: 14 – 17 Uhr, Fr: 10 – 13 Uhr,<br />
offene Angebote: Mo: 10 – 12, Di:<br />
9 – 11 Uhr<br />
Caritas Fachambulanz für<br />
Suchtkranke<br />
Erwachsene ab 30 Jahre: Schwanthalerstr.<br />
84/Rgb., Tel. 530991-0.<br />
Beratung für junge Erwachsene bis 30<br />
Jahre: Dachauer Str. 29, Tel. 5458320<br />
Drogennotdienst München „L43“<br />
prop e.V., 24 Std. Beratung – Kontaktladen<br />
– Notschlafstelle, Landwehrstr.<br />
43/Rgb., Tel. 54908630, Öffnungszeit<br />
Kontaktladen: So bis Mi: 11 – 21 Uhr<br />
u. Do bis Sa: 16 – 21 Uhr, Anmeldung<br />
Notschlafstelle: tägl. 18 – 20 Uhr<br />
Kontaktladen OFF<br />
Condrobs, Orleansstr. 60, Tel. 481425,<br />
Fax 44 71 88 70, Öffnungszeiten:<br />
Mo u. Di: 10.30 – 16.30 Uhr,<br />
Mi u. Do: 12.30 – 16.30 Uhr<br />
Hans-Scherer-Haus<br />
Träger: Katholischer Männerfürsorgeverein<br />
München e.V.,<br />
85764 Oberschleißheim,<br />
Tel. 3158250, Fax 31582599<br />
Kreuzb<strong>und</strong> Diözesanverband<br />
München <strong>und</strong> Freising e.V.<br />
Selbsthilfe-Helfergemeinschaft für<br />
Suchtkranke <strong>und</strong> deren Angehörige,<br />
Dachauerstr. 5, Tel. 59083777,<br />
Fax 59083776, Kontakttelefon, Gruppenverzeichnis,<br />
persönliche Beratung<br />
nach Vereinbarung<br />
Fährhaus – Anonyme<br />
Sucht-Selbsthilfe<br />
Zusammenkünfte:<br />
Mo: 20.15 Uhr, Westendstr. 68;<br />
Mi: 19.30 Uhr, Nußbaumstr. 7;<br />
Sa: 17.30 Uhr, Leonrodstr. 19<br />
Schulden<br />
Landeshauptstadt München<br />
Allgemeiner Sozialdienst (ASD)<br />
Schuldnerberatung<br />
Mathildenstr. 3a, Tel. 233-24353,<br />
Anmeldung über die zuständige<br />
Außenstelle des ASD<br />
Schuldnerberatung von AWO<br />
<strong>und</strong> DGB im Gewerkschaftshaus für<br />
Münchner Arbeitnehmer, Schwanthalerstr.<br />
64, 80336 München, Tel.<br />
532716<br />
Bayerisches Rotes Kreuz<br />
Schuldnerberatung, Kreisverband<br />
München, Seitzstr. 8, 80538<br />
München, Tel. 2373-0/-245/-264<br />
Schuldner- <strong>und</strong> Insolvenzberatung<br />
Evangelisches Hilfswerk München<br />
Bad-Schachener-Str. 2b,<br />
81671 München, Tel. 1890476-60,<br />
Fax 1890476-61<br />
Schuldnerberatungsstelle<br />
der Caritas, Landwehrstraße 26,<br />
80336 München, Tel. 23114930<br />
Weitere Hilfsangebote<br />
Münchner Arbeitsgemeinschaft<br />
Arbeitsförderungsinitiativen<br />
Jobbörse <strong>und</strong> Infos über Qualifi zierungsmöglichkeiten<br />
für schwervermittelbare<br />
Arbeits- bzw. Erwerbslose<br />
MAGAFI im Internet unter<br />
www.magafi .de<br />
Telefonseelsorge<br />
Beratung in allen Lebensfragen, r<strong>und</strong><br />
um die Uhr besetzt (gebührenfrei),<br />
Tel. 0800/1110111 (ev.),<br />
Tel. 0800/1110222 (kath.)<br />
Evangelische <strong>und</strong> katholische<br />
Bahnhofsmission<br />
Münchner Hauptbahnhof, Gleis 11,<br />
Tel. 594576/-77/-78, Öffnungszeiten:<br />
tägl. r<strong>und</strong> um die Uhr.<br />
Die Bahnhofsmission übernimmt<br />
in Notfällen Vertretungsfunktion für<br />
Sozial- <strong>und</strong> Wohnungsamt.<br />
Münchner Insel unter dem<br />
Marienplatz<br />
Ökumenisches Kriseninterventions<strong>und</strong><br />
Beratungszentrum (keine fi nanzielle<br />
Hilfe), U-Bahn-Hof Marienplatz,<br />
Untergeschoss, Tel. 220041,<br />
Öffnungszeiten: Mo, Di, Mi, Fr:<br />
9 – 18 Uhr, Do: 11 – 18 Uhr<br />
Münchner Zentralstelle für<br />
Strafentlassenenhilfe<br />
Haimhauser Str. 13 (Eingang<br />
Occamstr.), Tel. 380156-0,<br />
Sprechzeiten: Mo bis Fr: 8 – 12 Uhr<br />
<strong>und</strong> nach tel. Vereinbarung<br />
Alleinerziehende, VAMV – Verband<br />
alleinerziehender Mütter <strong>und</strong> Väter,<br />
Silberhornstr. 6, Tel. 6927060<br />
Väterinitiative für engagierte<br />
Elternschaft e.V.<br />
Ligsalzstr. 24, Väterbüro:<br />
Tel. 50009595, Fax 50009597<br />
BISS 07-08/2009 erscheint<br />
Anfang Juli mit dem Schwerpunkt:<br />
Servus, Minga!<br />
Anzeigenschluss:<br />
09.06.2009<br />
Druckunterlagenschluss:<br />
12.06.2009<br />
Informationen für Ihre Anzeige<br />
erhalten Sie bei:<br />
Hildegard Denninger<br />
Tel. 089 / 33 20 33<br />
Fax 089 / 33 20 34<br />
E-Mail: info@biss-magazin.de<br />
www.biss-magazin.de 31