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Forum - Technische Mitteilungen - ThyssenKrupp

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forum<br />

<strong>Technische</strong> <strong>Mitteilungen</strong> <strong>ThyssenKrupp</strong> Dezember 2000<br />

TK


02<br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> AG<br />

Zentralbereich Technik<br />

August-Thyssen-Straße 1<br />

40211 Düsseldorf<br />

Postfach 10 10 10<br />

40001 Düsseldorf<br />

Telefon 0211/8 24-3 62 91<br />

Telefax 0211/8 24-3 62 85<br />

Erscheinungsweise<br />

„forum – <strong>Technische</strong> <strong>Mitteilungen</strong><br />

<strong>ThyssenKrupp</strong>“ erscheint<br />

ein- bis zweimal jährlich<br />

in deutscher und<br />

englischer Sprache.<br />

Nachdruck nur mit<br />

Genehmigung des<br />

Herausgebers.<br />

Fotomechanische<br />

Vervielfältigung<br />

einzelner Aufsätze<br />

ist erlaubt.<br />

Der Versand des<br />

„forum – <strong>Technische</strong> <strong>Mitteilungen</strong><br />

<strong>ThyssenKrupp</strong>“<br />

erfolgt über eine<br />

Adressdatei, die mit<br />

Hilfe der automatisierten<br />

Datenverarbeitung<br />

geführt wird.<br />

ISSN 1438-5635<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Titelbild<br />

Intelligente Fertigungsverfahren – das<br />

Leitthema der vorliegenden Ausgabe von<br />

„forum – <strong>Technische</strong> <strong>Mitteilungen</strong><br />

<strong>ThyssenKrupp</strong>“ – sind heute in modernen<br />

Produktionen unverzichtbar. Sie sind die<br />

Voraussetzung für Kostenreduzierungen<br />

sowie für die Optimierung der Produkteigenschaften<br />

und der -qualität.<br />

Der im Titelbild gezeigte Hilfsrahmen für<br />

Automobile ist ein Beispiel für den Einsatz<br />

eines intelligenten Produktionsverfahrens,<br />

hier das Innen-Hochdruck-Umformen<br />

(IHU). Durch eine gezielte Querschnittsverteilung<br />

besitzt das IHU-Bauteil bessere<br />

Steifigkeits- und Festigkeitseigenschaften.<br />

Die Möglichkeit zur komplexen Formgebung<br />

führt zu einer optimalen Nutzung des<br />

vorhandenen Bauraums, der Entfall separater<br />

Versteifungsbleche und Schweißflansche<br />

zu einer Gewichtsreduzierung. Die<br />

Integration mehrerer Verfahren wie Umformen,<br />

Fügen und Lochen in einen Arbeitsgang<br />

verkürzt die Stückzeiten und damit<br />

die Produktionskosten.<br />

Dieses Beispiel steht für eine Vielzahl<br />

von Entwicklungen und Anwendungen<br />

intelligenter Fertigungsverfahren in unseren<br />

Konzernunternehmen, von denen<br />

wir Ihnen eine kleine Auswahl in diesem<br />

Heft präsentieren.


03<br />

Vorwort<br />

Prof. Dr.-Ing. Ekkehard Schulz, Vorsitzender des Vorstands der <strong>ThyssenKrupp</strong> AG<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

globale Zusammenhänge, innovative Verfahrensprozesse,<br />

Automations- und Rationalisierungseffekte,<br />

Kostenreduktionen und<br />

Qualitätsverbesserungen bestimmen heute<br />

die Fertigungstechnologien im <strong>ThyssenKrupp</strong><br />

Konzern. Dabei verstehen wir Fertigung als<br />

Teil einer Kette, die vom Produktdesign<br />

über die eigentliche Herstellung bis zu<br />

flexibel ausgelegten Logistik- und<br />

Montagekonzepten reicht. In diesem<br />

Themenheft berichten wir über anspruchsvolle<br />

Fertigungstechniken des Konzerns.<br />

Neue Verfahren für die Herstellung endabmessungsnaher<br />

Stähle, wie das Gießwalzen<br />

von Qualitäts-Flachstählen und das Bandgießen<br />

von nichtrostenden Stählen,<br />

revolutionieren bisherige Technologien.<br />

Bei diesen modernen Verfahren wird in nur<br />

wenigen Prozessschritten ein marktgerechtes<br />

Produkt erreicht. Die Materialdurchlaufzeiten<br />

zwischen Stahlwerk und Kaltwalzwerk<br />

werden wesentlich verkürzt, die<br />

Investitions- und Betriebskosten deutlich<br />

verringert.<br />

Die ganzheitliche Betrachtung des Herstellungsprozesses<br />

führte zu einem neuen<br />

Warmschmiedeprozess für Fahrwerkskomponenten<br />

von Erdbewegungsmaschinen,<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

der nicht mehr wettbewerbsfähige Fertigungstechniken<br />

substituiert.<br />

Neue Methoden zur Qualitätssteigerung<br />

von Produkten und Baugruppen sind integraler<br />

Baustein in einer hochmodernen<br />

Fertigung. So wird in der Fertigung von<br />

SMC (Sheet-Molded-Composite)-Bauteilen<br />

für die Automobilindustrie das so genannte<br />

Six-Sigma-Verfahren als eine Methode zur<br />

Effizienzsteigerung erfolgreich eingesetzt.<br />

Die Kombination von Laserstrahlschneiden<br />

und -schweißen erhöht in unserem Schiffbau<br />

die Produktivität in der Paneelvorfertigung.<br />

Modular und flexibel ausgelegte Montagekonzepte<br />

ermöglichen die Herstellung von<br />

Lenksäulen für die Automobilindustrie in<br />

hohen Stückzahlen.<br />

Das sind nur einige Beispiele intelligenter<br />

Fertigungsverfahren aus dem <strong>ThyssenKrupp</strong><br />

Konzern. Sie zeigen Lösungen auf, die<br />

den selbstgestellten Anspruch auf Technologieführerschaft<br />

untermauern und zur<br />

Diskussion anregen.<br />

Ekkehard Schulz<br />

Prof. Dr.-Ing.<br />

Ekkehard Schulz,<br />

Vorsitzender des<br />

Vorstands der<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> AG


04<br />

Inhalt<br />

Dr.-Ing. Claus Hendricks, Vorstand Technik 1,<br />

Dr.-Ing. Wolfgang Rasim, Hauptbereichsleiter<br />

Gießwalzanlage (GWA),<br />

Dipl.-Ing. Horst Janssen, Bereichsleiter<br />

Anlagentechnik GWA,<br />

Dipl.-Ing. Helmut Schnitzer, Bereichsl. Gießen GWA,<br />

Dr.-Ing. Eberhard Sowka, Bereichsleiter<br />

Prozesstechnik/Qualität GWA,<br />

Dipl.-Ing. Pino Tesé, Bereichsleiter Walzen GWA,<br />

Thyssen Krupp Stahl AG, Duisburg<br />

Seite 7<br />

Inbetriebnahme und bisherige<br />

Erfahrungen mit der Gießwalzanlage<br />

der <strong>ThyssenKrupp</strong> Stahl AG<br />

Am 02. April 1999 nahm die Thyssen<br />

Krupp Stahl AG ihre neue Gießwalzanlage<br />

pünktlich in Betrieb. Seitdem wurden bis<br />

Ende August 2000 rd. 1,1 Mio t Warmband<br />

erzeugt. Die Produktion im August<br />

2000 belief sich auf rd. 133.000 t.<br />

Die Unterschiede zu anderen CSP-Anlagen<br />

werden erläutert. Ein Rotorhaspel<br />

mit Kompaktkühlstrecke ist zusätzlich<br />

installiert worden.<br />

Endkapazität und Stand der Hochlaufphase<br />

werden ebenso beschrieben wie<br />

erzeugtes Gütenspektrum und erzielte<br />

Abmessungen.<br />

Es werden die gleichmäßige Temperaturverteilung<br />

der Bramme und des Warmbandes<br />

gezeigt sowie die sehr guten<br />

Toleranzeigenschaften der erzeugten Coils.<br />

Das Banddickenquerprofil bleibt innerhalb<br />

einer Toleranz von +/- 10 µm, die Dickenabweichung<br />

in der Bandmitte ist in der<br />

Hauptbandlänge besser als +/- 0,03 mm,<br />

und in der Breite ist die halbe übliche<br />

Warmband-Toleranz einhaltbar. Den guten<br />

Temperaturverhältnissen entsprechend ist<br />

das Gefüge des Warmbandes über Bandlänge<br />

und -breite ebenfalls sehr gleichmäßig.<br />

Die Oberflächenqualität des CSP-Bandes<br />

liegt auf dem Niveau guten konventionellen<br />

Warmbandes, ohne bereits jetzt die<br />

Spitzenanforderung von Automobil-Außenhautteilen<br />

zu erreichen. Die vorhandenen<br />

Oberflächenfehler sind im wesentlichen<br />

Schalen, insbesondere bei Anfahrbrammen<br />

und unregelmäßigem Gießverlauf.<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Dipl.-Ing. Eike Schmilinsky,<br />

Leiter Umschmelzbetrieb,<br />

Krupp VDM GmbH, Unna<br />

Dipl.-Ing. Harald Scholz,<br />

Entwicklungsingenieur Verfahrens- und Anlagenentwicklung<br />

Vakuum-Metallurgie,<br />

ALD Vacuum Technologies GmbH, Erlensee<br />

Seite 14<br />

Hochreine Nickelbasislegierungen<br />

durch Elektro-Schlacke-<br />

Umschmelzverfahren<br />

Das Elektro-Schlacke-Umschmelzen<br />

(ESU) ermöglicht die Erzeugung dichter,<br />

seigerungsarmer Blöcke von hochreinen<br />

Speziallegierungen, die auf Grund ihrer<br />

glatten und fehlerfreien Oberfläche direkt<br />

durch Warmumformung weiterverarbeitet<br />

werden können.<br />

Am Standort Unna der Krupp VDM<br />

GmbH wird derzeit eine neue Umschmelzanlage<br />

in Betrieb genommen. Eine Besonderheit<br />

dieser Anlage ist ein gasdichter<br />

und evakuierbarer Ofenkessel für Rundformate,<br />

bei dem der gesamte Umschmelzprozess,<br />

der bei konventionellen ESU-Anlagen<br />

unter Luftatmosphäre stattfindet,<br />

unter einer gezielt einstellbaren Schutzgasatmosphäre<br />

abläuft.<br />

Eine ESU-Charge, die je nach Blockgewicht<br />

und -format bis zu 24 Stunden dauern<br />

kann, gliedert sich in Start-, Hauptschmelz-<br />

und Schopfheizphase auf. Die<br />

einzelnen Phasen laufen bei der VDM-<br />

Anlage nach Eingabe des Startdialogs, von<br />

einem Anlagen-Rechner gesteuert, vollautomatisch<br />

ab.<br />

Das Ergebnis des ESU-Prozesses ist ein<br />

Block mit isotropen Eigenschaften, hoher<br />

Dichte und Homogenität, ohne Seigerungen<br />

und Lunker.<br />

Umgeschmolzene Legierungen werden<br />

überall dort eingesetzt, wo ein Höchstmaß<br />

an Beständigkeit gegen korrosive Einwirkung<br />

oder hohe Temperaturen gefordert<br />

wird, wie z.B. bei Gasturbinen, Motorventilen,<br />

im Offshore-Bereich und in der Elektronikindustrie.<br />

Dr.-Ing. Hans-Ulrich Lindenberg, <strong>Technische</strong>r Vorstand,<br />

Dr.-Ing. Manfred Walter, Projektleiter Bandgießen,<br />

Dr.-Ing. Guido Stebner, Leiter Prozessentwicklung,<br />

Dr.-Ing. Ulrich Albrecht-Früh, Projekt Manager Eurostrip,<br />

Krupp Thyssen Nirosta GmbH, Krefeld<br />

Romeo Capotosti, Leiter Gießbetrieb,<br />

Acciai Speciali Terni S.p.A., Terni, Italien<br />

Dr.-Ing. Dieter Senk, Bereichsleiter Forschung und<br />

Entwicklung,<br />

Thyssen Krupp Stahl AG, Duisburg<br />

Seite 20<br />

Bandgießen – Innovation für die<br />

Erzeugung von Flachstahl-<br />

Produkten im neuen Jahrtausend<br />

Die seit Anfang der 80er-Jahre in zahlreichen<br />

F+E-Projekten weltweit verfolgte<br />

Bandgießtechnologie bietet die Möglichkeit,<br />

mit wenigen Verfahrensschritten ein<br />

marktgerechtes Endprodukt zu erzeugen.<br />

Vorteile ergeben sich neben den dadurch<br />

erzielbaren Kosteneinsparungen auch in<br />

umweltrelevanten Bereichen durch Energieeinsparung<br />

und Emissionsreduzierung.<br />

Im EUROSTRIP-Projekt wurden die Aktivitäten<br />

von <strong>ThyssenKrupp</strong> Steel, Usinor<br />

und Voest Alpine mit dem Ziel gebündelt,<br />

im Werk Krefeld von Krupp Thyssen Nirosta<br />

die erste industrielle Bandgießanlage in<br />

Europa zu errichten. Nach nur neunmonatiger<br />

Bauzeit wurde Ende 1999 der<br />

erste Guss auf der Anlage durchgeführt und<br />

in der Folgezeit der Gießprozess stabilisiert<br />

und das Prozessfenster hinsichtlich des<br />

Dickenspektrums und der Produktivität der<br />

Anlage ausgeweitet. Die Pilotanlage bei<br />

Acciai Speciali Terni sowie die an der<br />

RWTH Aachen betriebene Laboranlage<br />

leisteten bei den theoretischen Voruntersuchungen<br />

wie auch in praktischen Tests<br />

wichtige Hilfestellung.<br />

Die bisherigen Versuche haben ergeben,<br />

dass der Reinheitsgrad der Bänder auf<br />

Grund der raschen Erstarrung besser als<br />

bei konventionell erzeugten Bändern ist.<br />

Dies führt zu verbessertem Korrosionsverhalten<br />

des Produktes. Die mechanisch<br />

technologischen Eigenschaften sind mit<br />

denen konventioneller Produkte vergleichbar.<br />

Die sehr positiven Ergebnisse in Krefeld<br />

haben zum Entschluss geführt, den Ausbau<br />

zu einer vollständig industriellen Anlage mit<br />

400.000 t/a RSH-Stahl voranzutreiben.


05<br />

Inhalt<br />

John M. Vergoz,<br />

Vice President Quality & Technology,<br />

The Budd Company, Troy, USA<br />

Seite 28<br />

Intelligenter Fertigungsprozess –<br />

Six-Sigma-Teile aus SMC<br />

Die Eigenschaften von Produkten weisen<br />

herstellungsbedingt Abweichungen vom<br />

Idealwert auf. Durch Steuerung der Herstellprozesse<br />

lassen sich die Produkteigenschaften<br />

so beeinflussen, dass sie innerhalb<br />

vom Kunden vorgegebener Grenzwerte<br />

liegen. Einen wesentlichen Beitrag hierzu<br />

leistet die bei Budd im Werk Carey bei<br />

der Fertigung von SMC-Teilen für die Automobilindustrie<br />

eingesetzte Six-Sigma-<br />

Methode. Der Begriff Six-Sigma stammt<br />

aus der Statistik und steht für ein Prozesssteuerungs-Konzept,<br />

mit dem die Fehlerrate<br />

auf unter 3,4 ppm (parts per million)<br />

reduziert werden kann.<br />

Nach jedem Prozessschritt werden nach<br />

einem festgelegten Probenentnahmeplan<br />

Stichproben aus der Fertigung entnommen<br />

und von geschulten Six-Sigma-Prüfern die<br />

Produkteigenschaften überprüft. Als Fehler<br />

erkannte Abweichungen werden definierten<br />

Fehlerkategorien zugeordnet und<br />

zusammen mit den Fertigungsdaten in<br />

einer Datenbank gespeichert. Die Verfolgung<br />

der einzelnen Fehlercodes macht es<br />

möglich, Trends bei den Daten zu analysieren<br />

und zielgerichtet Maßnahmen zu<br />

ergreifen, bevor beim Kunden Probleme<br />

entstehen.<br />

Regelmäßige Planungsbesprechungen<br />

zur kontinuierlichen Verbesserung, Festlegung<br />

von Aktionsplänen und Vergleich<br />

der erreichten Verbesserungen mit den<br />

Zielsetzungen sind Bestandteil der im Werk<br />

Carey eingesetzten dokumentierten Verfahren<br />

zur kontinuierlichen Qualitätsverbesserung<br />

nach der Qualitätsnorm<br />

ISO 9000.<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Arndt R. Birkert,<br />

Geschäftsbereichsleiter Hydroforming,<br />

Kurt Lagler, Geschäftsbereichsleiter Vorrichtungs-<br />

und Anlagenbau,<br />

Dipl.-Ing. M.S. in Management<br />

Thomas Meichsner, Geschäftsführer,<br />

Dipl.-Ing. (BA) Hannes Winter, Projektleiter,<br />

Krupp Drauz GmbH, Heilbronn<br />

Seite 34<br />

Moderner Aluminium-Space-<br />

Frame durch intelligentes<br />

Karosseriebaumanagement ®<br />

Das Rohbaukonzept moderner Fahrzeuge<br />

muss neben dem Karosseriekonzept die<br />

fügenden und umformenden Fertigungsverfahren<br />

einbeziehen, um den Anforderungen<br />

an Leichtbau, kurze Entwicklungszeiten<br />

und wirtschaftliche Umsetzbarkeit<br />

Rechnung zu tragen. Die Integration dieser<br />

Disziplinen und Anforderungen erfolgt<br />

dabei durch ein intelligentes und umfassendes<br />

Karosseriebaumanagement im<br />

Sinne eines Simultaneous Engineering.<br />

Ein möglicher Lösungsansatz zur Realisierung<br />

der Zielvorstellungen sind Space-<br />

Frame-Strukturen aus Aluminium unter<br />

Verwendung von Profilen, Blechen und<br />

Druckgussteilen. Sie bilden die Grundlage<br />

neuer Karosseriekonzepte.<br />

Als Fügeverfahren kommen hier vorzugsweise<br />

Laser- und WIG-Schweißen, Nieten,<br />

Durchsetzfügen und Kleben zum Einsatz. Bei<br />

den umformenden Fertigungsverfahren ist<br />

vor allem das Innenhochdruck-Umformen<br />

von Rohren und Profilen zu nennen.<br />

In der Fabrikplanung – eine Kernkompetenz<br />

von Krupp Drauz und ihrer Tochter<br />

Krupp Drauz Ingenieurbetrieb – fließen alle<br />

Teilaspekte und -lösungen zusammen. Hier<br />

entsteht virtuell die gesamte Infrastruktur,<br />

welche unter Einbeziehung der Kundenbelange<br />

und unter Berücksichtigung einer<br />

wirtschaftlichen Umsetzbarkeit zur Darstellung<br />

der Rohbauumfänge erforderlich sind.<br />

Die technologieübergreifende Projektabwicklung<br />

von der Entwicklung bis hin zur<br />

Fertigung gesamter Karosserien einschließlich<br />

aller erforderlichen Betriebsmittel garantieren<br />

den Kunden umfassende und<br />

kostenoptimale Lösungen.<br />

Dipl.-Ing. Roman Bilmayer,<br />

Leiter Fertigungsplanung,<br />

Dipl.-Ing. René Lörenz,<br />

Stellv. Leiter Fertigungsplanung,<br />

Krupp Presta AG, Eschen, Liechtenstein<br />

Seite 41<br />

Hochautomatisierte Fertigung von<br />

Baugruppen von Lenksäulen<br />

Die Krupp Presta AG ist einer der weltweit<br />

führenden Hersteller von Lenksäulen, Lenkwellen<br />

und gebauten Nockenwellen. Die<br />

Komplexität dieser Produkte in Verbindung<br />

mit der marktseitig geforderten Variantenvielfalt<br />

stellt im Hinblick auf eine wirtschaftliche<br />

Produktion hohe Anforderungen an das<br />

Produktdesign und das Fertigungskonzept.<br />

Der Produktkomplexität begegnet Krupp<br />

Presta durch modulare Produktgestaltung.<br />

Die einzelnen Baugruppen werden dadurch<br />

weitgehend kundenunabhängig, was zu<br />

einer Erhöhung der Stückzahl führt und die<br />

Basis für eine hochautomatisierbare Massenfertigung<br />

schafft. Bei den Montageprozessen<br />

werden weitgehend standardisierbare<br />

Verbindungstechnologien eingesetzt.<br />

Standardisierbare Prozesse und modulare<br />

Produktgestaltung waren Voraussetzungen<br />

für die Einführung eines flexiblen und modular<br />

erweiterbaren Montagekonzeptes, dargestellt<br />

am Beispiel der Lenkwellenmontage:<br />

Bei der Beschaffung einer neuen Montagelinie,<br />

kapazitätsmäßig ausgelegt auf das gesamte<br />

Auftragsspektrum, wurde ein hoher<br />

Automatisierungsgrad realisiert, um eine wirtschaftliche<br />

Fertigung zu ermöglichen. Um<br />

die Auslastung bestehender Montageanlagen<br />

und der neu zu beschaffenden Montagelinie<br />

möglichst hoch zu halten, wurde der<br />

Ausbau stufenweise geplant. Im Endausbau<br />

wird der gesamte Montageverbund aus<br />

7 Montageeinheiten bestehen, wobei jede Einheit<br />

sowohl im Verbund als auch einzeln betrieben<br />

werden kann. Die erzielten Effekte<br />

sind u.a.: Personaleinsparung, Montagekostenreduzierung,<br />

kurze Rüst- und Durchlaufzeiten,<br />

kundengerechte Produktion, vereinfachte<br />

Disposition und hohe Flexibilität.


06<br />

Inhalt<br />

Dr.-Ing. Karsten Kroos,<br />

Vorsitzender der Geschäftsführung,<br />

Krupp Automotive Systems GmbH, Bochum<br />

Dr.-Ing. Henry Puhl,<br />

Projektleiter,<br />

ZA Engineering und Investitionen,<br />

Thyssen Krupp Automotive AG, Bochum<br />

Seite 47<br />

Moderne Logistik-Systeme für<br />

komplexe Modul-Lieferungen<br />

Die Internationalisierung der Märkte<br />

und die damit verbundene Globalisierung<br />

der Unternehmen führen zu weltweiten<br />

Produktionsnetzwerken von Fahrzeugherstellern,<br />

Systemlieferanten und Unterlieferanten.<br />

Moderne Logistik-Systeme sind ein<br />

wesentlicher Erfolgsfaktor für die Funktion<br />

dieser Produktionsnetzwerke und eine<br />

erwartete sowie notwendige Dienstleistung<br />

des Systempartners. Die vielschichtigen<br />

Bestandteile des Material- und Informationsflusses<br />

in der Beschaffungs-, Produktions-<br />

und Bereitstellungslogistik sowie die<br />

vielfachen Möglichkeiten ihrer Gestaltung<br />

erfordern heute umfassende Kompetenz<br />

und Erfahrung seitens der Systemlieferanten.<br />

Die frühzeitige Einbindung der<br />

Logistikentwicklung in das Simultaneous<br />

Engineering, der Einsatz neuester Planungsverfahren<br />

sowie die effektive Koordination<br />

aller Partner sind dabei unabdingbare<br />

Voraussetzungen für den optimalen<br />

Entwurf und die schnelle Implementierung<br />

reaktionsschneller, flexibler und kostengünstiger<br />

Logistikprozesse.<br />

Die Krupp Automotive Systems GmbH<br />

(KAS) stellt sich dieser Herausforderung<br />

und kann bereits auf vielfältige Erfahrungen<br />

einer Reihe innovativer und erfolgreicher<br />

Logistik-Systeme zurückgreifen.<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Dr.-Ing. Federico Vallese,<br />

Technical Director,<br />

Dr.-Ing. Andrea Minguzzi,<br />

Technology Manager,<br />

Berco S.p.A., Copparo, Italien<br />

Seite 55<br />

Einsatz von Warmschmiedetechniken<br />

zur Fertigung von Fahrwerkskomponenten<br />

für Erdbewegungsmaschinen<br />

Berco, gegründet 1920, produziert komplette<br />

Laufwerks-Systeme für alle kettengeführten<br />

Erdbewegungsmaschinen und<br />

operiert sowohl im Ersatzteilmarkt mit<br />

einem eigenen Händlernetz als auch im<br />

OEM-Bereich für die bedeutenden Hersteller<br />

der Welt.<br />

Berco hat die Marktführerschaft in diesem<br />

Sektor erreicht, indem sie der Entwicklung<br />

des Weltmarktes gefolgt ist, die<br />

selbst bei den größten Herstellern (Komatsu,<br />

John Deere, Fiat usw.) zum Outsourcing<br />

der Laufwerksteile geführt hat.<br />

Die erfolgreiche Strategie des Unternehmens<br />

liegt in der Fähigkeit, innovative<br />

Produktionstechnologien anzuwenden, um<br />

kontinuierlich die Produktionskosten zu<br />

senken und ständig wachsende Marktanteile<br />

zu erlangen.<br />

Das Maxi-Presse-Projekt ist das<br />

neueste Beispiel von Berco in der Verfolgung<br />

des zuvor genannten Konzeptes. Es<br />

besteht in einer neuen Warmschmiede-<br />

Linie mit einer 325-MN-Presse (eine der<br />

beiden größten Spindelpressen weltweit)<br />

für die Produktion von Kettenrädern und<br />

ersetzt die bisher eingesetzte Stahlgieß-<br />

Technologie.<br />

Die erwarteten Vorteile sind sowohl eine<br />

Verbesserung der Produktqualität als auch<br />

eine signifikante Reduzierung der Produktionskosten<br />

sowie eine Mengensteigerung<br />

auf Grund der verbesserten Wettbewerbsfähigkeit.<br />

Dipl.-Ing. Thomas Minks,<br />

Projektingenieur Laserfertigungslinie,<br />

Blohm+Voss GmbH, Hamburg<br />

Seite 61<br />

Mit dem Laserstrahl den Schiffbau<br />

revolutionieren:<br />

Laserstrahlschweißen und<br />

-schneiden bei Blohm+Voss<br />

Die Genaufertigung als Mittel zur Steigerung<br />

der Produktivität und damit der Wettbewerbsfähigkeit<br />

hat im Stahlschiffbau in<br />

den letzten Jahren erheblich an Bedeutung<br />

gewonnen. Genaufertigung steht für das<br />

Fertigen in sehr engen Toleranzbereichen,<br />

wodurch der Montageaufwand durch Entfall<br />

von Richt- und Anpassarbeiten minimiert,<br />

Nacharbeiten reduziert und Durchlaufzeiten<br />

verkürzt werden können.<br />

Die Blohm+Voss GmbH setzt für die<br />

Genaufertigung als erste Werft weltweit die<br />

Lasertechnologie ein, kombiniert mit einer<br />

komplexen Spanntechnik, die das exakte<br />

Vorpositionieren und Heftschweißen von<br />

Bauteilen überflüssig macht.<br />

Das Laserstrahlschneiden ermöglicht<br />

großformatige Blechzuschnitte mit nahezu<br />

parallelen Schnittkanten und sehr schmalen<br />

Schnittspalten, die – in Verbindung mit<br />

der geeigneten Spanntechnik – das Laserstrahlschweißen<br />

ohne Zusatzwerkstoff<br />

möglich machen.<br />

Das Schweißen mittels Laser führt zu<br />

geringem Wärmeeintrag in das Werkstück<br />

und damit zu geringem Verzug der Bauteile.<br />

Dies ermöglicht die Verwendung von<br />

geringen Blech- und Profildicken und<br />

unterstützt die extreme Leichtbauweise,<br />

welche die von Blohm+Voss gebauten<br />

Schiffstypen erfordern.<br />

Mit der Kombination aus Laserstrahlschneiden<br />

und -schweißen in einer Fertigungslinie<br />

verfügt Blohm+Voss über das<br />

derzeit modernste Fertigungszentrum der<br />

Vormontage, in dem große Flächenbauteile<br />

von bis zu 12 m Länge und 4 m Breite<br />

hergestellt werden können.


07<br />

Dr.-Ing. Claus Hendricks,<br />

Dr.-Ing. Wolfgang Rasim,<br />

Dipl.-Ing. Horst Janssen,<br />

Inbetriebnahme und bisherige Erfahrungen mit der Gießwalzanlage<br />

der Thyssen Krupp Stahl AG<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Dipl.-Ing. Helmut Schnitzer,<br />

Dr.-Ing. Eberhard Sowka,<br />

Dipl.-Ing. Pino Tesè<br />

Layout der Gießwalzanlage (Bild 1)


08<br />

1 Einleitung<br />

Inbetriebnahme und bisherige Erfahrungen mit der Gießwalzanlage der Thyssen Krupp Stahl AG<br />

Am 02. April 1999 konnte die Thyssen<br />

Krupp Stahl AG ihre neue Gießwalzanlage<br />

nur 24 Monate nach Auftragsvergabe<br />

pünktlich in Betrieb nehmen.<br />

Über die Gründe und Konzepte für den<br />

Bau dieser Anlage sowie über den Ablauf<br />

des Bauprojektes ist bereits an anderer<br />

Stelle berichtet worden [1; 2].<br />

Hauptzielsetzung der Investition war die<br />

Nutzung der am Standort Duisburg noch<br />

vorhandenen zusätzlichen Konverterstahl-<br />

Kapazität eines der beiden LD-Blasstahlwerke.<br />

Mit der neuen Anlage und den drei<br />

auf Dauer vorhandenen Warmbandstraßen<br />

in Duisburg und Bochum verfügt die<br />

Thyssen Krupp Stahl AG nun über eine<br />

Jahreskapazität von insgesamt 14,1 Mio<br />

Tonnen Warmbreitband. Der dafür erforderliche<br />

Stahl wird in der Endstufe von den<br />

beiden Werken in Duisburg-Bruckhausen<br />

und -Beeckerwerth sowie anteilig vom<br />

Stahlwerk der Hüttenwerke Krupp Mannesmann<br />

in Duisburg-Huckingen bereitgestellt.<br />

Wie bei wohl allen Investitionsentscheidungen<br />

von Dünnbrammen-Gießwalzanlagen<br />

spielten zu erwartende geringe<br />

Technologiepakete Gießmaschine (Bild 2)<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Betriebskosten durch Minimieren von Energie-<br />

und Personalkosten eine wichtige<br />

Rolle. Die dabei ebenfalls relativ geringen<br />

Investitionskosten durch die Kopplung der<br />

Produktionsstufen Gießen und Walzen<br />

machten es für ein großes integriertes Hüttenwerk<br />

überhaupt erst möglich, eine wirtschaftlich<br />

sinnvolle Investition unter gleichzeitiger<br />

Stilllegung vorhandener Gieß- und<br />

Walzkapazität vorzunehmen.<br />

Die möglichen Produktinnovationen aber<br />

bei gleichzeitig hoher Produktqualität waren<br />

dennoch letztlich die entscheidenden Faktoren<br />

für diesen mutigen Schritt in die<br />

Zukunft.<br />

So ist es mit dieser fortschrittlichen Technologie<br />

möglich, Warmbänder mit kleinsten<br />

Enddicken zu erzeugen.<br />

Durch Ausnutzen der hohen und gleichmäßigen<br />

„Vorband“-Temperaturen lassen<br />

sich mit neuen Walzstrategien ganz neue<br />

Produkte erzeugen.<br />

Die natürlichen Vorteile des Gießwalzprozesses<br />

im Hinblick auf Produkttoleranzen<br />

werden durch die bestmögliche Walztechnologie<br />

und konstante Prozessbedingungen<br />

weiter ausgebaut werden: Es entstehen<br />

Produkte mit bisher nicht darstellbaren<br />

geringen Streuungen in Geometrie und<br />

Eigenschaften.<br />

Im Folgenden werden die wichtigsten<br />

Anlagendaten der Gießwalzanlage vorgestellt<br />

und über die bisherigen Betriebsergebnisse<br />

und den Stand der Anlage nach<br />

nun rund eineinhalb Jahren Produktion<br />

berichtet [3].<br />

2 Anlagenkonzept<br />

Die Gießwalzanlage (Bild 1) ist in das<br />

bestehende Oxygenstahlwerk 1 hineingebaut<br />

worden, wobei zur Ergänzung der<br />

sekundärmetallurgischen Linie ein neuer<br />

400-t-Pfannenofen mit zwei Behandlungspositionen<br />

und Schwenkelektroden errichtet<br />

wurde. Der weitere prinzipielle Aufbau<br />

der Anlage ist aus den bereits mehr als<br />

zehn Jahren existierenden CSP-Anlagen<br />

bekannt: Gießmaschinen mit Trichterkokillen<br />

und Hubpendelscheren, Tunnelöfen,<br />

Zunderwäscher, 7-gerüstige Fertigstraße,<br />

Laminarkühlstrecke und zwei Unterflurhaspel.<br />

Die neue Gießmaschine arbeitet – und<br />

das ist für Dünnbrammengießmaschinen<br />

weltweit erstmalig so – mit zwei parallel<br />

angeordneten Strängen aus einer gemeinsamen<br />

Verteilerrinne. Diese ist für ein<br />

Nenngewicht von 70 t bei einem Überlaufniveau<br />

von 75 t ausgelegt.<br />

Das von SMS entwickelte und mit Unterstützung<br />

von <strong>ThyssenKrupp</strong> in Buschhütten<br />

erstmalig getestete CSP-Prinzip beruht auf<br />

der Dünnbrammenkokille mit trichterförmiger<br />

Aufweitung im Mittenbereich (Bild 2).<br />

Neben der integralen Wärmestromdichte<br />

der vier Kupferplatten der Kokille wird die<br />

partielle Wärmestromdichte der Breitseiten<br />

mit Widerstandsthermoelementen in den<br />

Kühlkanälen der Breitseiten abgegriffen.<br />

Zusammen mit den 60 Thermoelementen


09<br />

Inbetriebnahme und bisherige Erfahrungen mit der Gießwalzanlage der Thyssen Krupp Stahl AG<br />

Gleichmäßige Wärmeabfuhr über die Breite der Kokille (Bild 3)<br />

des Durchbruch-Früherkennungssystems<br />

stellt dieses „Mould Monitoring“ ein wichtiges<br />

Instrument zur Optimierung der Erstarrungsbedingungen<br />

sowie zur Bewertung<br />

geeigneter Gießpulver dar. Die Wärmeabfuhr<br />

als wichtiges Kriterium für das Strangschalenwachstum<br />

und das Anliegeverhalten<br />

des Stranges in der Kokille ist gleichmäßig<br />

über die Breitseiten (Bild 3).<br />

Abweichend von bisherigen CSP-Anlagen<br />

stellt sich auch die Strangführung mit<br />

vier hydraulisch geklemmten Segmenten<br />

dar. Auf einer vertikalen Führungsbahn<br />

werden sie durch Plungerzylinder exakt in<br />

Technologiepakete für das Dünnwalzen (Bild 4)<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

ihrer Passline fixiert; die hydraulische<br />

Klemmung ermöglicht mittels „Liquid Core<br />

Reduction“ eine stufenlose Einstellung der<br />

Gießdicke zwischen 48 und 63 mm<br />

während des Gießens.<br />

Die sich anschließenden Rollenherdöfen<br />

werden mit CO-Gas aus dem Konverterprozess<br />

befeuert, die beweglichen Fährenteile<br />

aus anlagentechnischen Gründen mit Erdgas.<br />

Die Länge von insgesamt 240 m<br />

ermöglicht neben den Grundfunktionen<br />

„Entkoppeln von Gieß- und Walzstufe,<br />

Erwärmen und Ausgleichen“ eine ausreichende<br />

Pufferzeit bei geplanten Zwischen-<br />

walzenwechseln oder Walzunterbrechungen.<br />

Die Arbeitswalzendurchmesser sind im<br />

Hinblick auf die walztechnologischen Randbedingungen<br />

und die Walzenwerkstoffe<br />

optimiert worden. Mit 950 mm Durchmesser<br />

sind in den ersten beiden Walzgerüsten<br />

hohe Verformungen möglich, die Gerüste<br />

drei und vier können mit 750 mm hohe<br />

Walzkräfte übertragen, während die 620 mm<br />

der letzten drei Gerüste durch verringerte<br />

Temperaturverluste das Walzen kleinster<br />

Enddicken ermöglichen. Die installierte Antriebsleistung<br />

der Hauptantriebe beträgt in<br />

Summe 69,5 MW.<br />

Alle Gerüste sind mit hydraulischen<br />

Anstellsystemen ausgestattet. Die Fertigstraße<br />

verfügt über ein Profil-, Kontur- und<br />

Planheitsregelsystem, das in allen Gerüsten<br />

mit CVC-Verschiebesystemen (+/- 100 mm)<br />

in Verbindung mit Arbeitswalzenbiegesystemen<br />

(1100 kN/Zapfen) arbeitet (Bild 4). Die<br />

Massenflussregelung erfolgt durch hochdynamische,<br />

hydraulisch betätigte Schlingenheber,<br />

während ein neues dynamisches<br />

AGC-Dickenregelungssystem das Walzen<br />

dünnster Bänder überhaupt erst ermöglicht.<br />

Laminarkühlstrecke und Haspelanlagen<br />

sind für eine große Bandbreite verschiedenster<br />

Stahlgüten ausgelegt und insbesondere<br />

auch für das Verarbeiten dünner<br />

Warmbänder geeignet.<br />

Hinter dem letzten Walzgerüst ist ein<br />

Online-Oberflächeninspektionsgerät installiert,<br />

um bereits während des laufenden<br />

Produktionsbetriebes die Oberflächenqualität<br />

der Bandober- und -unterseiten auszuwerten.


10<br />

Anlagendaten (Bild 5)<br />

Inbetriebnahme und bisherige Erfahrungen mit der Gießwalzanlage der Thyssen Krupp Stahl AG<br />

3 Abmessungen und Kapazität<br />

Die Abmessungsgrenzen der Anlage<br />

liegen in der Bandbreite zwischen 900 und<br />

1.600 mm. In der Banddicke war die Auslegung<br />

zwischen 0,8 und 6,4 mm gewählt<br />

worden (Bild 5). Eine aktuelle Überprüfung<br />

zeigt aber, dass auch Banddicken bis zu 8 mm<br />

gewalzt werden können, was zur Abdeckung<br />

einer Abmessungslücke im<br />

Portfolio aller Warmbreitbandstraßen von<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> Stahl genutzt werden soll.<br />

Kohlenstoffstähle werden bis 1,3 mm<br />

heruntergewalzt, wobei die Brammendicke<br />

hierbei genauso wie bei dünnstem Feinblech<br />

auf 48 mm herabgesetzt wird.<br />

Die Gesamtkapazität der Anlage, die<br />

durch die Gießleistung, das heißt durch<br />

Gießgeschwindigkeit, Strangdicke, Strangbreite<br />

und die Sequenzlänge bestimmt<br />

wird, liegt bei 2,0 Mio Jahrestonnen.<br />

Seit der Inbetriebnahme der Gießwalzanlage<br />

im April 1999 wurden bis August<br />

2000 rd. 1,1 Mio t Warmband erzeugt. Die<br />

Produktion im August 2000 lag bei<br />

133.000 t. Das Endziel der Hochlaufphase<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

wird eine Produktionsmenge von 167.000<br />

moto bzw. 2 Mio jato sein.<br />

Der Zeitplan der Abmessungsziele konnte<br />

vorzeitig erfüllt werden (Bild 6). So wurde<br />

bereits vier Wochen nach Inbetriebnahme<br />

das erste 2,0-mm-Band gewalzt. Einen Monat<br />

später folgte das erste Band mit 1,3 mm<br />

und schon vier Monate nach Inbetriebnahme<br />

war das erste 1,0-mm-Coil erzeugt.<br />

Das bis heute dünnste gewalzte Warmband<br />

der Anlage ist 0,83 mm dick. Im Kohlen-<br />

Warmbanddicken für DD13 / StW24 (Bild 6)<br />

stoffstahl-Bereich mit 0,3 % C, z.B. für Verpackungsbleche,<br />

konnten bereits 1,5 mm<br />

deutlich unterschritten werden. Es wurden<br />

Elektroblechgüten mit einer Dicke bis hinunter<br />

zu 1,0 mm erzeugt, was einen deutlichen<br />

Kapazitätsgewinn bei dem nachgeschalteten<br />

reversierenden Kaltwalzen<br />

bedeutet.<br />

4 Warmband-Eigenschaften<br />

Die Geometrie des Warmbandes wird<br />

nicht nur vom Dickenquer-Profil des Vormaterials<br />

bestimmt, sondern hängt im<br />

Wesentlichen auch von der gleichmäßigen<br />

Durchwärmung der Vorbramme ab. Hier<br />

zeigen CSP-Anlagen ihren qualitativen<br />

Hauptvorteil (Bild 7). Das linke Teilbild zeigt<br />

dazu das Temperaturquerprofil der Bramme<br />

nach dem Gießen kurz vor dem Rollenherdofen.<br />

Die Temperaturvarianz von +/- 40<br />

Grad ist zwar schon recht gering, sollte<br />

sich aber durch die Verfeinerung der<br />

Sekundärkühlungseinstellung noch verbessern<br />

lassen. Im mittleren Bild ist der Temperaturscan<br />

der Bramme nach dem Verlassen<br />

des Rollenherdofens kurz vor dem


11<br />

Inbetriebnahme und bisherige Erfahrungen mit der Gießwalzanlage der Thyssen Krupp Stahl AG<br />

Temperaturverteilung auf Strang-, Brammen- und Warmbandoberfläche (Bild 7)<br />

Durchlaufen des Zunderwäschers abgebildet.<br />

Die geforderte Streuung von weniger<br />

als 10 Grad über die Brammenbreite wird<br />

hier eingehalten, die genauso hoch geforderte<br />

Toleranz über die Bandlänge ist noch<br />

verbesserungsfähig. Wie im Folgenden<br />

gezeigt, wird das Problem eventueller Temperaturvarianz<br />

über die Bandlänge durch<br />

die gute Dickenregelung der Fertigstraßensysteme<br />

aber nicht relevant. Im rechten<br />

Teilbild zeigt der gleichmäßige Farbverlauf<br />

des Thermokamerabildes, dass eine sehr<br />

gleichmäßige Temperaturverteilung auch<br />

im Fertigband hinter dem letzten Walzgerüst<br />

vorhanden ist.<br />

Daraus ergeben sich die im Bild 8<br />

gezeigten geometrischen Eigenschaften<br />

des Warmbandes: Im oberen Teilbild<br />

erreicht das Profil, das heißt die Mittenüberhöhung<br />

des Bandes gegenüber seinen<br />

Randbereichen, genau die in diesem Beispiel<br />

angestrebten 50 µm. Bei den Zielbombierungen<br />

zwischen 30 und 60 µm<br />

kann daher eine Toleranz von +/- 10 µm<br />

zugesagt werden.<br />

Ein nennenswerter Keil ist, vom Einschwingbereich<br />

abgesehen, nicht zu erkennen.<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Der im mittleren Teilbild aufgeführte Verlauf<br />

der Dicke der Bandmittenmessung<br />

zeigt praktisch keine Abweichung. Einschließlich<br />

des Kopf- und Fußbereiches<br />

können daher Dicken-Toleranzen besser als<br />

+/- 0,10 mm zugesagt werden.<br />

Ähnlich gut ist die Abweichung der Breite<br />

über die Bandlänge: Die angestrebte Überbreite<br />

von + 8 mm wird genau getroffen,<br />

d.h. etwa die halbe übliche Warmband-<br />

Toleranz ist einhaltbar.<br />

Warmbandgeometrie (Bild 8)<br />

Neben den guten geometrischen und<br />

thermischen Eigenschaften der Dünnbramme<br />

werden folgende Prozessgrößen<br />

und Stellglieder für die Einhaltung der o.g.<br />

guten Bandtoleranzen verantwortlich<br />

gemacht:<br />

● präzise Walzkraftvorausberechnung,<br />

basierend auf neuronalen Netzen unter<br />

Berücksichtigung der Stahl-Ist-Analyse<br />

● absolute Banddickenregelung mit Feed<br />

Forward-Steuerung in der Anstichphase<br />

in den ersten Walzgerüsten<br />

● Massenflussregelung und dynamische<br />

Walzspaltregelung durch Einsatz von CVC<br />

und Walzenkühlung in allen Walzgerüsten<br />

● zyklische Nachberechnung der Walzspaltkontur<br />

unter Berücksichtigung der Thermik,<br />

des Walzenverschleißes und der<br />

„Kühlsysteme“<br />

● optimierte Werkstoffwahl sowohl der<br />

Arbeits- als auch der Stützwalzen


12<br />

Inbetriebnahme und bisherige Erfahrungen mit der Gießwalzanlage der Thyssen Krupp Stahl AG<br />

Warmbandgefüge über Bandbreite bei der Güte DD13 1250 mm x 2,50 mm (Bild 9)<br />

Die gleichmäßige Temperatur der Vorbramme<br />

führt auch zu einer sehr gleichmäßigen<br />

Gefügeausbildung, in der das<br />

sonst übliche Randgrobkorn weitgehend<br />

vermieden werden kann (Bild 9). Der hier<br />

vorliegende weiche unlegierte Stahl vom<br />

Typ DD 13 (StW 24) zeigt über die gesamte<br />

Bandbreite ein homogenes ferritisch-perlitisches<br />

Gefüge mit einem Korndurchmesser<br />

von etwa 10 µm. Die mechanisch-technologischen<br />

Eigenschaften des Bandes folgen<br />

dieser Homogenität und zeigen sowohl in<br />

Längs- als auch in Querrichtung eine hohe<br />

Gleichmäßigkeit.<br />

Die in der Gießwalzanlage erzeugten<br />

Warmbänder entsprechen in der Oberflächenbeschaffenheit<br />

dem Niveau von<br />

konventionellem Warmband. In die Leistungsklasse<br />

„Spitzenanforderung Oberfläche<br />

5“ ist die GWA bisher aber noch<br />

nicht vorgedrungen; dies wird eine weitergehende,<br />

kontinuierliche Verbesserung<br />

aller oberflächenrelevanten Bedingungen<br />

insbesondere beim Gießprozess ergeben.<br />

Die noch vorhandenen Oberflächenfehler<br />

sind im wesentlichen Schalen, die insbesondere<br />

auf Anfahrbrammen und bei unregelmäßigem<br />

Gießverlauf entstehen.<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

5 Qualitätspalette<br />

Seit der Inbetriebnahme wurde bereits<br />

eine breite Palette verschiedener Stahlsorten<br />

über die Gießwalzanlage erzeugt<br />

(Bild 10). Als Erstes sind weiche, unlegierte<br />

Stähle bis zum Kohlenstoffgehalt von<br />

0,075 % zu nennen. Der überwiegende Teil<br />

dieser Bänder wurde nach dem Kaltwalzen<br />

in feuerverzinkter Ausführung in die für<br />

diesen Feinblechsektor üblichen Verwendungszwecke<br />

gesteuert. Warmbandkunden<br />

erhielten aus dieser, wie auch aus den im<br />

Folgenden genannten Produktgruppen<br />

bereits sehr frühzeitig Probemengen.<br />

Neben normalen Baustählen S235, S275<br />

und S355 sind auch Niob-mikrolegierte<br />

Sonderbaustähle S340MC und Vergütungs-<br />

Bisher erzeugte Stahlsorten (August 2000) (Bild 10)<br />

stähle 30MnB5 vergossen und gewalzt<br />

worden. Im Bereich der Kohlenstoffstähle<br />

liegen bereits umfangreiche Erfahrungen in<br />

der Produktion zwischen 0,25 und 0,70 % C<br />

vor. Und nicht zuletzt sind eine ganze<br />

Reihe von siliziumlegierten Stahlschmelzen<br />

für nicht kornorientiertes Elektroblech mit<br />

bis zu 2,4 % Silizium erfolgreich gegossen<br />

und gewalzt worden. Zudem wurde mit der<br />

Erzeugung von Dualphasen-Stahl begonnen.<br />

Die Resonanz der Kunden ist auf Grund<br />

der gleichmäßigen Geometrie- und Werkstoffeigenschaften<br />

unseres Warmbandes<br />

so sehr positiv, dass die Gießwalzanlage<br />

bereits jetzt bei einer größeren Zahl von<br />

Kunden als Standardlieferant geführt wird.<br />

6 Anlagen-Weiterentwicklung<br />

Die jüngste Stufe der Weiterentwicklung<br />

der Anlage ist ab September 1999<br />

beschritten worden. Hierbei sind direkt hinter<br />

dem letzten Fertiggerüst eine Kompaktkühlstrecke<br />

und ein Rotorhaspel aufgebaut<br />

worden. Ziel dieser Zusatzinvestition ist es,<br />

die Dünnwalzeigenschaften der gesamten<br />

Anlage zu verstärken.<br />

Solange über die konventionellen Unterflurhaspel<br />

gefahren wird, befindet sich der<br />

Rotorhaspel neben dem Rollgang in Offline-<br />

Position. Nach Wegklappen und Wegschwenken<br />

der entsprechenden Rollgangsgruppen<br />

kann er innerhalb kurzer Zeit online<br />

gefahren werden (Bild 11). Nach dem<br />

Anwickeln des Coils fährt die auf der<br />

Bedienseite angeordnete Anwickeleinheit<br />

aus der Walzlinie heraus, und der Rotor<br />

schwenkt das wickelnde Coil um 180 Grad<br />

in die Gegenposition. Das folgende Band<br />

kann dann an derselben Stelle wie das<br />

erste aufgenommen werden. Die Vorteile<br />

dieses Systems sind:


13<br />

Inbetriebnahme und bisherige Erfahrungen mit der Gießwalzanlage der Thyssen Krupp Stahl AG<br />

Rotor-Haspel online (Bild 11)<br />

● kurzer Abstand der Haspelfunktion hinter<br />

dem letzten Fertiggerüst für beide Haspeldorne.<br />

Bei dünnsten Bändern wird<br />

damit eine zu hohe Wärmeabstrahlung<br />

vermieden.<br />

● Anwickeln in Walzlinie ohne das risikoreiche<br />

Umlenken des Bandes auf Unterflur<br />

● kurzer Weg des freien Bandkopfes bis<br />

zum Haspel und damit Verringerung des<br />

mit dünner werdendem Band exponentiell<br />

steigenden Risikos von Band-Hochgehern<br />

Um auch auf dem Rotorhaspel gewickelte<br />

Coils mit jeder gewünschten Kühlstrategie<br />

behandeln zu können, wurde direkt hinter<br />

dem dem letzten Fertiggerüst folgenden<br />

Messhaus eine Kompaktkühlstrecke auf 7 m<br />

Länge installiert. Im Übrigen werden damit<br />

ganz neue Kühlstrategien im Zusammenwirken<br />

mit der vorhandenen Laminarkühlstrecke<br />

möglich. Bild 12 zeigt das erste<br />

warmgewalzte Coil, das weltweit je in einer<br />

Warmbandstraße auf einem Rotorhaspel<br />

gewickelt wurde.<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Rotor-Haspel in Aktion (Bild 12)<br />

Schrifttum<br />

[1] Lüpke, R.; May, W.; Radusch, G.;<br />

Rasim, W.:<br />

Stahl u. Eisen 120 (2000) Nr. 1,<br />

S. 23–27<br />

[2] Hendricks, C; Rasim, W.; Janssen, H.;<br />

Schnitzer, H.; Sowka, E.; Tesè, P.:<br />

The casting-rolling plant of Thyssen<br />

Krupp Stahl AG.<br />

Proc. Intern. Conf. on New Developments<br />

in Metallurgical Process Technology,<br />

June 13–15, 1999, Düsseldorf.<br />

[3] Hendricks, C; Rasim, W.; Janssen, H.;<br />

Schnitzer, H.; Sowka, E.; Tesè, P.:<br />

Stahl u. Eisen 120 (2000) Nr. 2,<br />

S. 61–68


14<br />

Dipl.-Ing. Eike Schmilinsky,<br />

Dipl.-Ing. Harald Scholz<br />

Hochreine Nickelbasislegierungen durch Elektro-Schlacke-<br />

Umschmelzverfahren<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Elektro-Schlacke-Umschmelzanlage der Krupp VDM GmbH in Unna (Bild 1)


15<br />

1 Einleitung<br />

Hochreine Nickelbasislegierungen durch Elektro-Schlacke-Umschmelzverfahren<br />

Am Standort Unna der Krupp VDM<br />

GmbH läuft derzeit die Inbetriebnahme<br />

einer neuen Umschmelzanlage für Speziallegierungen<br />

(Bild 1).<br />

Ziel des hier durchgeführten Elektro-<br />

Schlacke-Umschmelzens (ESU) ist es, unter<br />

kontrollierten, reproduzierbaren Prozessbedingungen<br />

dichte, seigerungsarme Blöcke<br />

von hoher Reinheit mit einer glatten, fehlerfreien<br />

Blockoberfläche für die direkte Warmumformung<br />

zu erzeugen.<br />

Entgegen der konventionellen Technik<br />

bei geschlossenen, gasdichten Umschmelzanlagen<br />

mit der koaxialen Stromrückführung<br />

über den Schmelztiegel wurde<br />

hier erstmals eine außen liegende Stromrückführung,<br />

wie sie bei konventionellen<br />

(offenen) Elektro-Schlacke-Umschmelzanlagen<br />

zum Einsatz kommt, realisiert.<br />

Der nachfolgende Artikel beschreibt die<br />

Verfahrensgrundlagen, die Anlagenkonfiguration,<br />

den Ablauf einer Umschmelzcharge<br />

und die Einsatzgebiete für Umschmelzlegierungen.<br />

2 Prozessbeschreibung<br />

Im ESU-Ofen wird eine Elektrode in<br />

einem wassergekühlten Kristallisator (Kupfertiegel)<br />

zu einem lunkerfreien Block unter<br />

einer mittels Wechselstrom beheizten<br />

Schlacke umgeschmolzen.<br />

Die umzuschmelzenden Elektroden stammen<br />

aus Primärschmelzen des Block- oder<br />

Stranggusses.<br />

Die Stromzuführung für das Umschmelzen<br />

erfolgt am Elektrodenhalter (Stub) und<br />

die Stromableitung über die Bodenplatte<br />

des Kupfertiegels. In Bild 2 ist eine Prinzipskizze<br />

des ESU-Verfahrens dargestellt.<br />

Sie zeigt, dass die Elektrode Teil eines<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Stromkreises ist.<br />

Aus dem nicht leitenden Schlackengranulat<br />

entsteht beim Übergang vom festen<br />

in den flüssigen Zustand eine leitfähige<br />

Flüssigkeit. Mittels Widerstandserwärmung<br />

kommt es zur Überhitzung auf 1.600 bis<br />

1.800 °C. Die erreichte Schlackentemperatur<br />

liegt dabei oberhalb des Schmelzpunktes<br />

der umzuschmelzenden Legierung.<br />

Von der Spitze der Elektrode lösen sich<br />

ständig Metalltropfen, die im intensiven<br />

Kontakt mit der flüssigen Schlacke von<br />

nichtmetallischen Verunreinigungen gereinigt<br />

werden. Die hohe Schlackentemperatur<br />

verbessert weiterhin die Metall-<br />

Schlacke-Reaktion und führt unter anderem<br />

zu einer gewollten Verminderung des<br />

Schwefelgehaltes. Grobe Einschlüsse verschwinden<br />

beim Durchgang durch die<br />

Schlacke nahezu vollständig, wobei der<br />

Abbau des gebundenen Sauerstoff- bzw.<br />

Oxidgehaltes des Ausgangsmaterials weitestgehend<br />

möglich ist. Die noch vorhandenen<br />

restlichen Einschlüsse sind klein und<br />

nahezu gleichmäßig über den Block verteilt.<br />

Nach dem Passieren der Schlacke bilden<br />

die Metalltropfen auf dem Boden des Kupfertiegels<br />

einen flüssigen Sumpf. Daraus<br />

entsteht der neue Block, der sich zusammen<br />

mit dem Schlackenbad nach oben<br />

bewegt. Ein kleiner Teil der flüssigen<br />

Schlacke gelangt dabei als dünne<br />

Schlackenhaut zwischen den entstehenden<br />

Block und die Wand des Kupfertiegels.<br />

Diese Schlackenhaut ist verantwortlich für<br />

eine gute, saubere Blockoberfläche, die<br />

eine nachfolgende Oberflächenbearbeitung<br />

überflüssig macht. Somit ist das Ausbringen<br />

bei der Weiterverarbeitung durch<br />

Prinzipdarstellung des ESU-Verfahrens (Bild 2)


16 Hochreine Nickelbasislegierungen durch Elektro-Schlacke-Umschmelzverfahren<br />

Oberfläche zweier versandfertiger ESU-Blöcke (Bild 3) Schmelzstationen der ESU-Anlage (Bild 4)<br />

Schmieden und/oder Walzen wesentlich<br />

höher. Bild 3 zeigt die Oberfläche zweier<br />

VDM ESU-Blöcke aus unterschiedlichen<br />

Legierungen.<br />

Während des Umschmelzprozesses wird<br />

die Elektrode entsprechend der legierungsund<br />

formatabhängigen Abschmelzmenge<br />

(gemessen in kg/min) ständig nachgefahren,<br />

um eine gleichbleibende Eintauchtiefe<br />

der Elektrode in der Schlacke zu gewährleisten.<br />

Eine ESU-Charge kann je nach Blockgewicht<br />

und -format bis zu 24 Stunden dauern,<br />

wobei die gesamte Elektrode (bis auf<br />

eine kleine Restscheibe) umschmilzt. Der<br />

Durchmesser des neu entstehenden<br />

Blockes übertrifft den der Elektrode um ca.<br />

80 bis 120 mm.<br />

Eine Umschmelzcharge gliedert sich in<br />

Start-, Hauptschmelz- und Schopfheizphase.<br />

3 Fertigungssicherheit durch<br />

vorgeschmolzene Schlacken<br />

Die Qualität des fertigen ESU-Blockes<br />

hängt neben der Elektrodenqualität und der<br />

Genauigkeit der Anlagensteuerung vor<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

allem von der Qualität der eingesetzten<br />

Schlacke ab.<br />

Gegenüber einer Eigenherstellung von<br />

Schlacke aus zugekauften Komponenten<br />

bzw. dem Einsatz von granulierten oder<br />

gesinterten Schlacken bieten vorgeschmolzene<br />

Schlacken die sicherste Ausgangsbasis.<br />

Sie gewährleisten eine zuverlässige<br />

Zusammensetzung mit guter Homogenität<br />

für eine gleichmäßige und reproduzierbare<br />

Prozessführung im Umschmelzbetrieb.<br />

Krupp VDM produziert daher die ESU-<br />

Schlacken nicht selbst, sondern kauft zertifizierte,<br />

qualitätsgesicherte Schlacken zu.<br />

4 Ausrüstung/Beschreibung des<br />

Prozesses<br />

Die ESU-Anlage der Krupp VDM hat zwei<br />

Schmelzstationen (I und II) mit koaxialer<br />

Stromführung (Bild 4) zur Herstellung von<br />

Blöcken in einem langen stationären Tiegel<br />

unter Schutzgas.<br />

Für jeden Blockdurchmesser ist eine<br />

separate Tiegeleinheit notwendig. Eine<br />

Tiegeleinheit für Rundblöcke besteht aus<br />

Tiegeloberteil (längsnahtgeschweißte<br />

Kupferröhre mit Kühlwassermantel aus<br />

Edelstahl) plus einem Tiegelboden aus<br />

Kupfer, der auf einem Wasserkasten aufgebaut<br />

ist. Mit den derzeit vorhandenen Tiegeln<br />

lassen sich Rundblöcke von 340 bis<br />

1.020 mm Durchmesser und einer Maximallänge<br />

von ca. 2.800 mm erzeugen.<br />

Eine Besonderheit stellt der Brammentiegel<br />

dar. Mit ihm lässt sich ein Rechteckblock<br />

(Bramme) von 460 x 1.400 mm bei<br />

einer Maximallänge von ca. 3.400 mm<br />

erzeugen. Dieser Tiegel besteht aus 4 Kupferplatten<br />

mit längsgebohrten Kühlkanälen.<br />

Die 4 Kühlplatten sind durch einen Edelstahlrahmen<br />

fixiert. Als Elektrode kommt<br />

eine (rechteckige) Stranggussbramme zum<br />

Einsatz. In Bild 5 ist das Kokillenlager zu<br />

sehen, rechts im Bild die Brammenkokille,<br />

daneben zwei Rundkokillen.<br />

Absolutes Novum der neuen ESU-Anlage<br />

ist der für Rundformate gasdichte und<br />

evakuierbare Ofenkessel. Damit kann der<br />

gesamte Prozess, der bei den meisten<br />

ESU-Anlagen unter Luftatmosphäre stattfindet,<br />

unter einer gezielt einzustellenden<br />

Schutzgasatmosphäre (Argon und/oder<br />

Stickstoff) erfolgen. Bild 6 zeigt den Ofenkessel<br />

mit der Elektrodenstange.


17 Hochreine Nickelbasislegierungen durch Elektro-Schlacke-Umschmelzverfahren<br />

Kokillenlager in der ESU-Halle (Bild 5)<br />

Vergleichbare ältere Öfen, die es erlaubten,<br />

im abgeschlossenen gasdichten Ofenraum<br />

Legierungen unter Schlacke umzuschmelzen,<br />

besitzen den Nachteil einer<br />

Stromableitung über den Kristallisator<br />

(„DESU“ Druck-ESU bzw. „PESR“ Protective<br />

Electro Slag Remelting) und nicht, wie<br />

bei der konventionellen ESU-Technik üblich,<br />

über den Tiegelboden und außen liegende<br />

Stromrückführungsrohre.<br />

Koaxiale Stromführung (vergleichbar mit<br />

der Abschirmung eines Fernsehkabels) ist<br />

notwendig, um Wechselwirkungen von<br />

Magnetfeldern (erzeugt durch die Induktion<br />

der Stromleitungen) mit dem noch nicht<br />

erstarrten Teil des ESU-Blockes (flüssiges<br />

Sumpf- und Zweiphasengebiet – siehe<br />

Bild 2) zu vermeiden. Elektromagnetisches<br />

Rühren des Schmelzsumpfes bei Anlagen<br />

ohne koaxiale Stromführung ist eine Hauptursache<br />

für ungleichmäßíge Erstarrungseffekte.<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Weiterhin ist die Anlage mit einer<br />

Gewichtsmesseinrichtung zur kontinuierlichen<br />

Messung des Elektrodengewichtes,<br />

computergesteuerter Prozessführung und<br />

automatischer Elektrodenvorschubregelung<br />

ausgestattet.<br />

4.1 Vorbereitung<br />

Vor dem Beginn einer ESU-Charge<br />

erfolgt außerhalb der Anlage das Verschweißen<br />

der umzuschmelzenden Elektrode<br />

mit dem Elektrodenhalter (Stub). Parallel<br />

dazu laufen die Startvorbereitungen der<br />

Schmelzstation. Auf den Tiegelboden wird<br />

eine Startscheibe (gleicher Durchmesser<br />

und gleiche Legierung wie die Elektrode)<br />

aufgelegt, um den Verschleiß in der Startphase<br />

zu minimieren. Per Hallenkran wird<br />

anschließend das Tiegeloberteil aufgesetzt,<br />

verschraubt und in die ESU-Anlage eingebaut.<br />

Bild 7 bietet einen Blick auf die<br />

Gesamtanlage während des Einsetzens<br />

eines entsprechend präparierten Tiegels in<br />

die Station II.<br />

Diese Vorbereitungsarbeiten einer<br />

Schmelzstation laufen ab, während in der<br />

gegenüberliegenden Station eine Elektrode<br />

umschmilzt.<br />

Nach dem Einbau des Tiegels folgt das<br />

Einsetzen der Elektroden-Stub-Einheit<br />

(siehe Bild 1) und die genaue Ausrichtung.<br />

Im Anschluss daran fährt die Elektrodenstange<br />

auf den pilzförmigen Stubkopf und<br />

übernimmt die Elektroden-Stub-Einheit<br />

mittels einer pneumatisch betriebenen<br />

Klemmvorrichtung.<br />

Vor dem Schmelzenstart erfolgt die<br />

Befüllung des Schlackenbehälters oberhalb<br />

der Anlage mit einem genau definierten<br />

Schlackegranulat.<br />

Die Anlage wird nun verschlossen, evakuiert<br />

und der Innenraum sofort mit<br />

Schutzgas gefüllt.<br />

Nach einer festgelegten Reihenfolge<br />

erfolgt im ESU-Leitstand die Kontrolle der<br />

Anlagenbereitschaft und die Eingabe des<br />

Blick auf das Innere des Ofenkessels (Bild 6)


18<br />

Hochreine Nickelbasislegierungen durch Elektro-Schlacke-Umschmelzverfahren<br />

Einbau einer Rundkokille (Bild 7)<br />

Startdialogs. Im ESU-Rechner laufen nach<br />

dem Einladen des Schmelzrezeptes alle<br />

spezifischen Chargendaten zusammen.<br />

Mit Beendigung des Startdialogs erfolgt<br />

die Stromfreigabe und der Beginn des<br />

automatischen Prozessablaufes.<br />

4.2 Startphase<br />

Nach Zuschaltung des Stromes fährt der<br />

Schmelzer die Elektrode auf Kontakt mit der<br />

Startscheibe, wobei sich die Spitze<br />

erwärmt. Anschließend beginnt die automatische<br />

Schlackenzugabe und der Anlagen-PC<br />

durchfährt das gespeicherte Startphasenprofil.<br />

Nachdem die Schlacke vollständig aufgeschmolzen<br />

ist, geht die unruhige Anfangs-<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

phase des Kaltstarts in das ruhige normale<br />

Verhalten des ESU-Prozesses über.<br />

4.3 Hauptschmelzphase<br />

Am Ende der Startphase schaltet der<br />

Computer automatisch auf elektrodengewichtsabhängige<br />

Schmelzratenregelung<br />

um und folgt dem im Rezept vorgegebenen<br />

Schmelzratensollwertprofil.<br />

Die Umschmelzparameter werden<br />

während des Prozesses laufend angezeigt,<br />

abgespeichert und protokolliert.<br />

Mit Erreichen eines im Rezept hinterlegten<br />

Elektrodengewichts geht der<br />

Umschmelzvorgang in das Schopfheizen<br />

über.<br />

4.4 Schopfheizen<br />

Schopfheizen bedeutet eine automatische<br />

Verringerung der Abschmelzmenge zu<br />

Prozessende beim Erreichen eines formatabhängigen<br />

Elektrodenrestgewichtes.<br />

Dadurch verringert sich die Tiefe des flüssigen<br />

Metallsumpfes und es kommt zur Verfüllung<br />

des sonst durch die Erstarrung im<br />

Blockkopf entstehenden Lunkers. Im<br />

Anschluss an das Umschmelzen wird der<br />

fertige Block in der Anlage nachgekühlt<br />

und gestrippt. Dazu wird die Verschraubung<br />

der Bodenplatte gelöst und die Kokille<br />

per Kran angehoben (Bild 8). Im Vordergrund<br />

sind die Kühlwasserrohre für die<br />

Kokillenkühlung erkennbar. Bild 9 zeigt den<br />

fertigen ESU-Block nach dem Strippen, auf<br />

der Kupferbodenplatte ist die von der Mantelfläche<br />

abgefallene Schlackenhaut zu<br />

sehen.<br />

Im Anschluß an das Umschmelzen<br />

werden die ESU-Blöcke durch Warmumformung<br />

weiterverarbeitet.<br />

5 Vorteile des ESU-Materials<br />

Die bei ESU-Blöcken entstehende Makrostruktur<br />

zeichnet sich durch außerordentlich<br />

hohe Dichte und Homogenität ohne<br />

Strippen des ESU-Blockes (Bild 8) ESU-Block nach dem Abheben der Kokille (Bild 9)


19<br />

Hochreine Nickelbasislegierungen durch Elektro-Schlacke-Umschmelzverfahren<br />

Einsatz von ESU-Legierungen in einer Gasturbine (Bild 10) ESU-Material in der Elektronikindustrie (Bild 12)<br />

Seigerungen und Schwindungshohlräume<br />

(Lunker) aus.<br />

ESU-Material ist isotrop, d.h. die Blöcke<br />

haben gleichmäßige mechanische Eigenschaften<br />

in Längs- und Querrichtung.<br />

Der Reinheitsgrad und die Gefügeausbildung<br />

sind wesentliche Maßstäbe für die<br />

Qualität von Nickelbasislegierungen. Für<br />

das Umschmelzen von kritischen, seigerungsempfindlichen<br />

Nickelbasislegierungen<br />

(z. B. Nicrofer 5219 Nb) kommt es auf die<br />

exakte Einhaltung der Schmelzparameter<br />

(Abschmelzleistung) an. Neben den<br />

genannten Eigenschaftsverbesserungen ist<br />

das Ziel, vor allem eine gleichmäßige Verteilung<br />

der Legierungselemente – insbesondere<br />

von Titan – zu erreichen. Zur Vermeidung<br />

des Titanabbrandes enthalten die<br />

entsprechenden Schlacken TiO2.<br />

6 Einsatzbereiche<br />

In der ESU-Anlage umgeschmolzene<br />

Legierungen ergänzen die Palette an Hochleistungswerkstoffen<br />

von Krupp VDM.<br />

Bauteile aus ESU-Material sind überall<br />

dort gefragt, wo ein Höchstmaß an Beständigkeit<br />

gegen spezifisch korrosive Einwirkung<br />

oder hohe Temperaturen erforderlich<br />

ist.<br />

Ein klassischer Anwendungsbereich für<br />

derartige Superalloys ist die Gasturbine für<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Flugzeuge (Bild 10) bzw. die stationäre<br />

Gasturbine für Kraftwerke. Hierfür kommen<br />

Stangen zum Einsatz, die aus der ESU-<br />

Legierung Nicrofer 5219 Nb (Alloy 718)<br />

erzeugt wurden. Der Heißgasbereich von<br />

Brennkammern besteht aus der hochwarmfesten<br />

ESU-Legierung Nicrofer 5120<br />

CoTi (Alloy C-263) bzw. Nicrofer 6020 hMo<br />

(Alloy 625).<br />

In der Automobilindustrie wird für hochbeanspruchte<br />

Motorenteile ebenfalls ESU-<br />

Material eingesetzt. Die Legierung Nicrofer<br />

7520 Ti (Alloy 80 A) dient z.B. der Ventilherstellung<br />

(Bild 11).<br />

Im Offshore-Bereich verwendete Stangen<br />

für Completion Tools kommen auf Bohrinseln<br />

zum Einsatz. Dies sind Anwendungsfälle<br />

für die ESU-Legierungen Nicrofer<br />

5219 Nb (Alloy 718) und Alloy 925.<br />

Vom Draht über Bänder und Bleche bis<br />

zu Stangen reichen die vielfältigen Produktformen<br />

von ESU-Material für die Elektronikindustrie.<br />

Eine wichtige Legierung für diesen<br />

Bereich stellt Pernifer 2918 (Bild 12)<br />

dar.<br />

Ventile aus der ESU-Legierung Nicrofer 7520 Ti<br />

(Bild 11)<br />

Die Elektro-Schlacke-Umschmelzanlage<br />

von Krupp VDM in Unna bietet somit für die<br />

unterschiedlichsten Einsatzfälle eine maßgeschneiderte<br />

Werkstofflösung in einer<br />

sehr hohen und vor allem reproduzierbaren<br />

Produktqualität für beste metallurgische<br />

Ergebnisse.


20<br />

Dr.-Ing. Hans-Ulrich Lindenberg,<br />

Dr.-Ing. Manfred Walter,<br />

Dr.-Ing. Guido Stebner,<br />

Bandgießen – Innovation für die Erzeugung von<br />

Flachstahl-Produkten im neuen Jahrtausend<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Dr.-Ing. Ulrich Albrecht-Früh,<br />

Romeo Capotosti,<br />

Dr.-Ing. Dieter Senk<br />

Bandgießanlage Krefeld in Betrieb (Bild 1)


21<br />

1 Einleitung<br />

Bandgießen – Innovation für die Erzeugung von Flachstahl-Produkten im neuen Jahrtausend<br />

Die Stahlindustrie hat im abgelaufenen<br />

Jahrhundert eine Reihe umwälzender<br />

Neuerungen erfahren. Verschiedene dieser<br />

Technologien revolutionierten unsere Prozesse<br />

und Produkte und gehen zurück auf<br />

schon sehr früh formulierte Prinzipien oder<br />

Ideen. Ein Flachstahlprodukt möglichst in<br />

einem Arbeitsgang zu erzeugen, war schon<br />

immer ein Wunschtraum der Metallurgen.<br />

H. Bessemer meldete bereits 1866 das<br />

Patent für eine Gießmaschine an, bei der<br />

Stahl zwischen zwei Rollen zu Band gegossen<br />

und dann direkt umgeformt werden<br />

sollte. Dass heute, fast 140 Jahre später,<br />

die Umsetzung dieser Vision in Form des<br />

Zwei-Rollen-Bandgießverfahrens ein aktuelles<br />

Thema ist, lässt erahnen, wie lange<br />

sich solche Entwicklungen mitunter hinziehen<br />

können. Die technischen Rahmenbedingungen,<br />

im konkreten Fall z.B. die Prozessautomatisierung<br />

und Werkstoffentwicklung,<br />

müssen einen Stand erreicht<br />

haben, dass aus einer revolutionären Idee<br />

letztendlich ein industriell verwertbares<br />

Verfahren wird, welches mit den konventionellen<br />

Erzeugungsmethoden unter ökonomischen<br />

Gesichtspunkten in Konkurrenz<br />

treten kann.<br />

2 Vom Forschungsprojekt zum<br />

industriellen Verfahren<br />

Das Bessere ist der Feind des Guten.<br />

Unter dieser Prämisse wurden Anfang der<br />

80er-Jahre zahlreiche Forschungs- und<br />

Entwicklungsprojekte in der ganzen Welt<br />

gestartet, die sich mit dem Bandgießen von<br />

Stahl in den unterschiedlichsten Formen<br />

beschäftigten. Ziel dieser vielen F+E-Projekte<br />

war es, die sich bietenden Potenziale<br />

des endabmessungsnahen Gießens von<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Flächenbedarf (Bild 2)<br />

Stahl zu untersuchen und unter den gegebenen<br />

Rahmenbedingungen zu bewerten.<br />

Abhängig von der strategischen Ausrichtung<br />

des Auftraggebers fiel die Bewertung<br />

der Verfahren unterschiedlich aus im Spannungsfeld<br />

Investitionsaufwand und Kapazität,<br />

Verarbeitungskosten, Qualitäts- und<br />

Abmessungspotenziale, Durchlaufzeiten<br />

und Flexibilität (Bild 2). Für die Erzeuger<br />

von RSH-Flachstahl waren die Ergebnisse<br />

EUROSTRIP ® – Das europäische Bandgießprojekt (Bild 3)<br />

so viel versprechend, dass daraus eine<br />

Reihe von bilateralen Kooperationen von<br />

Stahlerzeugern untereinander oder von<br />

Stahlerzeugern mit Anlagenbauern aber<br />

auch Forschungsinstituten erwuchsen.<br />

Durch die Errichtung von Pilotanlagen im<br />

Rahmen dieser Kooperationen in zum Teil<br />

bestehende Stahlwerke wurde die industrielle<br />

Machbarkeit des Verfahrens nachgewiesen.<br />

Am Übergang zum neuen Jahr-<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> Steel – Usinor – Voest Alpine Industrieanlagenbau


22<br />

Bandgießen – Innovation für die Erzeugung von Flachstahl-Produkten im neuen Jahrtausend<br />

tausend sind die Weichen nun für die industrielle<br />

Nutzung des Zwei-Rollen-Bandgießverfahrens<br />

gestellt.<br />

3 EUROSTRIP ® : TKSteel kooperiert<br />

mit europäischen Partnern<br />

In Europa wurden die bestehenden Aktivitäten<br />

von <strong>ThyssenKrupp</strong> Steel mit denen<br />

von Usinor (Myosotis) und Voest Alpine<br />

Industrieanlagenbau (Terni) im Eurostrip<br />

Projekt mit dem Ziel gebündelt, im Werk<br />

Krefeld der Krupp Thyssen Nirosta die erste<br />

industrielle Bandgießanlage in Europa zu<br />

errichten. Die Krupp Thyssen Stainless, als<br />

Führungsgesellschaft für alle RSH-Aktivitäten<br />

der Thyssen Krupp Steel Gruppe Weltmarktführer<br />

für Rostfrei Flach Produkte mit<br />

einem Jahresumsatz von 8 Mrd DM, vertritt<br />

die Interessen der <strong>ThyssenKrupp</strong> Steel im<br />

Eurostrip Joint Venture (Bild 3). Die Entwicklung<br />

der Bandgießtechnologie auch<br />

von Qualitätsstahl hin zur industriellen Reife<br />

sowie die anschließende Vermarktung von<br />

Anlagen in Zusammenhang mit dem Prozess<br />

Know-how sind Ziel dieser Kooperation<br />

[1].<br />

4 Besondere Potenziale im RSH-<br />

Flachstahl<br />

Insbesondere für die Erzeugung von<br />

RSH-Flachstahl ergeben sich im Vergleich<br />

zur konventionellen Erzeugungskette viel<br />

versprechende Aussichten (Bild 4). Ist die<br />

konventionelle Erzeugungsroute, ausgehend<br />

vom Lichtbogenofen/AOD-Konverter/<br />

Stranggießanlage über Warm- und Kaltwalzwerk<br />

bis hin zum Endprodukt, unterteilt<br />

in viele einzelne, zum Teil diskontinuierlich<br />

verlaufende Prozesse, so bietet sich bei<br />

konsequenter Verfolgung der Bandgießtechnologie<br />

die Möglichkeit, mit wenigen<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Aktuelle und zukünftige RSH-Fertigung (Bild 4)<br />

Verfahrensschritten ein marktgerechtes<br />

Endprodukt zu erzeugen. Am Beispiel des<br />

Werkes Krefeld, welches nicht über eine<br />

Warmwalzlinie verfügt, wird schnell klar,<br />

welche großen Vorteile die Einführung einer<br />

Bandgießanlage haben kann. Das<br />

Schließen der technologischen Lücke<br />

zwischen dem Stahlwerk und den Kaltwalzwerken<br />

führt unter anderem<br />

● zum Entfall der Brammenzurichtung,<br />

● zum Entfall von Brammen- und Coiltransporten<br />

zum bzw. vom Warmbandwerk,<br />

● zum Entfall des Warmwalzens,<br />

Vergleich des Energiebedarfs am Beispiel<br />

KTN Krefeld (Bild 5)<br />

● zur Verkürzung der Materiallaufzeit<br />

zwischen Stahlwerk und Kaltwalzwerk<br />

sowie zur Verkleinerung der Bestände.<br />

5 Energieeinsparung und<br />

Emissionsreduzierung<br />

Aber nicht nur pekuniäre Aspekte können<br />

als entscheidende Argumente für das<br />

Bandgießen ins Feld geführt werden. In<br />

einem Europa, in welchem die Bürger in<br />

zunehmender Weise für den Umweltschutz<br />

sensibilisiert werden, spielen Faktoren wie<br />

Energieverbrauch und Emissionsschutz<br />

eine immer wichtigere Rolle bei der Bewertung<br />

neuer Technologien (Bild 5). So kann<br />

unter den für das Werk Krefeld geltenden<br />

Rahmenbedingungen bei der Erzeugung<br />

von 1 t Stahl eine Energieeinsparung von<br />

2,8 GJ im Vergleich zur konventionellen<br />

Produktionslinie prognostiziert werden. Der<br />

Ausstoß des für den Treibhauseffekt verantwortlich<br />

gemachten Verbrennungsproduktes<br />

CO2 kann um 160 kg/t vermindert<br />

werden, unter der Annahme, dass in<br />

der konventionellen Erzeugungsroute Erdgas<br />

zur Aufheizung der gegossenen Brammen<br />

benutzt wird (Bild 6). Unter gleichen


23<br />

Bandgießen – Innovation für die Erzeugung von Flachstahl-Produkten im neuen Jahrtausend<br />

Vergleich der Emissionen am Beispiel KTN Krefeld (Bild 6)<br />

Rahmenbedingungen verringert sich der<br />

Ausstoß des gleichfalls klimarelevanten<br />

Stickoxids um 270 g/t und von Schwefeldioxid<br />

um 35 g/t. Aus diesem Grund hat<br />

die Europäische Kommission entschieden,<br />

das Projekt als Teil ihres Thermie-Programmes<br />

maßgeblich zu fördern.<br />

6 Stahlwerk Krefeld:<br />

Der optimale Standort<br />

Die Einplanung der Bandgießanlage in<br />

das Stahlwerk Krefeld wurde bereits unter<br />

industriellen Gesichtspunkten vorgenommen.<br />

So wurde die Gießmaschine in den<br />

Stofffluss des Stahlwerkes integriert. Die<br />

Maschine wurde nahe der existierenden<br />

Stranggießanlage errichtet, sodass beide<br />

Gießmaschinen über einen Kran mit flüssigem<br />

Stahl versorgt werden. Dies führt zu<br />

einer guten Ausnutzung logistischer Synergien.<br />

Der Aufbau der Anlage wurde durch<br />

intensive Studien vorbereitet, in welche die<br />

Ergebnisse aus dem Terni- und Myosotis-<br />

Projekt einflossen (Bild 7). Die Gießkapazität<br />

der Anlage beträgt in der jetzigen<br />

Phase 100.000 t/a. Die einzelnen Kompo-<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

nenten der Anlage wie z.B. Pfannendrehturm,<br />

Verteilerwagen, Gießrollen oder<br />

Bandaustragslinie sind bereits für den Ausbau<br />

zur industriellen Anlage ausgelegt. Die<br />

Bandgießanlage als solche besteht sowohl<br />

aus konventionellen Komponenten, die aus<br />

den Bereichen Stranggießen und Stahlwerk<br />

bekannt sind, als auch aus neuen Komponenten,<br />

für die innovative Lösungen gesucht<br />

werden mussten. So sind die Gießrollen<br />

z.B. in einen Schnellwechselrahmen<br />

BGA Krefeld: Der erste Schritt zur industriellen Anlage (Bild 7)<br />

installiert, der kurze Wechselzeiten für die<br />

Kokilleneinheit ermöglicht. Der Schnellwechselrahmen<br />

ist bereits für eine Verbreiterung<br />

der Rollen auf 1.450 mm Breite konzipiert,<br />

die für Anfang 2001 vorgesehen ist.<br />

Typische erzeugte Banddicken liegen z.Zt.<br />

im Bereich zwischen 2,3 und 3,2 mm bei<br />

Gießgeschwindigkeiten von 35 bis 70 m/min.<br />

Ausgehend vom Drehturm, der die Pfanne<br />

aus dem Kran aufnimmt, wird der flüssige<br />

Stahl über die Verteilerrinne in die Gießmaschine<br />

gebracht. Nach der Erstarrung, die<br />

im Gegensatz zum Strangguss in ca. 0,5 s<br />

vollständig zwischen den Gießrollen erfolgt,<br />

wird das Band über Treiber, Schlingengrube<br />

und Rollgang auf einem Drumcoiler aufgewickelt.<br />

Am Ende des Gusses, zurzeit nach<br />

einer 90-t-Pfanne, wird das gegossene<br />

Band zurückgewickelt und auf einem Recoiler<br />

in kleinere Coils aufgeteilt. Für die<br />

Erweiterung der Anlage zur Industrieanlage<br />

ist die Implementierung einer Banderwärmungseinheit,<br />

eines Warmwalzgerüstes<br />

sowie einer Doppelhaspelanlage bereits<br />

z.T. in der Fertigung, sodass in dieser<br />

Phase das Gießen von Sequenzen ermöglicht<br />

wird.


24<br />

Bandgießen – Innovation für die Erzeugung von Flachstahl-Produkten im neuen Jahrtausend<br />

7 Bandgießanlage Krefeld:<br />

Erste Ergebnisse<br />

Nach einer Bauzeit von nur 9 Monaten –<br />

die Grundsteinlegung erfolgte am<br />

25. 02.1999 – wurde der erste Guss auf der<br />

Anlage am 10.12. 1999 durchgeführt<br />

(Bild 1). Bereits bei diesem ersten Probeabguss<br />

konnten 36 t Nirosta 1.4301 in<br />

einer für die Weiterverarbeitung sehr gut<br />

geeigneten Bandqualität erzeugt werden.<br />

Die gegossene Bandbreite betrug 1.130<br />

mm mit einer Banddicke von 3 mm. Drei<br />

Monate später, am 10. 03. 2000, konnte<br />

zum ersten Mal das gesamte Schmelzgewicht<br />

einer Pfanne vergossen werden. In<br />

den folgenden Monaten wurde der Gießprozess<br />

stabilisiert und das Prozessfenster<br />

unter anderem im Hinblick auf das Dickenspektrum<br />

und die Produktivität der Anlage<br />

ausgeweitet.<br />

Die Oberflächeninspektion der erzeugten<br />

Bänder zeigte keine speziellen Fehler. Die<br />

Bandgeometrie in Längsrichtung liegt im<br />

Rahmen der Warmbandtoleranzen und<br />

erfüllt die Anforderungen des Kaltwalzwerkes.<br />

Die Bandkantenqualität ist ausgesprochen<br />

gut.<br />

Die ersten Bänder wurden bereits im<br />

Kaltwalzwerk standardmäßig durchgesetzt.<br />

Nach dem Abwalzen des gegossenen Produktes<br />

an eine Enddicke von 0,8 mm wurden<br />

die Bänder geglüht und unter Standardkriterien<br />

der konventionellen Produktion<br />

bewertet. Die Oberflächeninspektion<br />

zeigte keine bedeutenden Oberflächenfehler<br />

auf. Der Reinheitsgrad der Bänder ist<br />

auf Grund der raschen Erstarrung besser<br />

als bei konventionell erzeugten Bändern.<br />

Dies führt zu verbessertem Korrosionsverhalten<br />

des Produktes. Die mechanisch<br />

technologischen Eigenschaften des Produktes<br />

sind mit denen konventioneller Pro-<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

dukte vergleichbar, wobei die gemessenen<br />

Dehnungen am unteren Ende der Skala<br />

liegen. Die Anpassung der dem Gießprozess<br />

nachfolgenden Prozessstufen im Hinblick<br />

auf die Besonderheiten und charakteristischen<br />

Eigenschaften des direktgegossenen<br />

Materials wird nun nach der Stabilisierung<br />

des Gießprozesses ein wesentlicher<br />

Arbeitsschwerpunkt in den kommenden<br />

Monaten auf dem Weg bis hin zum vermarktungsfähigen<br />

Produkt sein.<br />

8 Pilotanlage Terni: Gießbedingungen<br />

für die industrielle Anlage<br />

Bei der Entwicklung des Bandgießens für<br />

vermarktungsfähige RSH-Produkte leistete<br />

die Pilotanlage in Terni eine wichtige Hilfestellung.<br />

Die Anlage, die von Acciai Speciali<br />

Terni betrieben wird, baut auf theoretischen<br />

Voruntersuchungen und praktischen<br />

Tests z.B. an der Aachener Laboranlage<br />

auf, um über die prinzipielle Vergießbarkeit<br />

einer Stahlsorte hinaus konkrete Betriebs-<br />

parameter der industriellen Anlage in Krefeld<br />

zu erproben. Anlagenteile und Verfahrensmodifikationen<br />

können hier später,<br />

ohne den Produktionsprozess zu unterbrechen,<br />

getestet und optimiert werden.<br />

Vor diesem Hintergrund wurde die Anlage<br />

in Terni Anfang 1999 vollständig modernisiert.<br />

Die Anlage ist derzeit in der Lage,<br />

60 t flüssigen Stahl zu einem Band der<br />

Breite 1.130 mm zu vergießen. Der Gießrahmen<br />

wurde bereits auf eine mögliche<br />

Verbreiterung der Anlage auf 1.350 mm<br />

vorbereitet. Weiterhin verfügt die Anlage<br />

über ein Warmwalzgerüst, welches eine<br />

Inline-Umformung des gegossenen Bandes<br />

mit Umformgraden bis zu 50 % ermöglicht<br />

(Bild 8). Die hohe Flexibilität der Pilotanlage<br />

Terni erlaubt es, verschiedene Stahlgüten<br />

und verschiedene Prozessbedingungen<br />

vergleichsweise einfach zu erproben. Zur<br />

weiteren Untersuchung der Bänder in den<br />

nachfolgenden Prozessschritten liegen<br />

gecoilte Bänder in industriellen Dimensionen<br />

vor, sodass die Weiterverarbeitung in<br />

Pilotanlage Terni: Erste europäische Bandgießanlage mit Inline-Warmwalzen (Bild 8)


25<br />

Bandgießen – Innovation für die Erzeugung von Flachstahl-Produkten im neuen Jahrtausend<br />

den Kaltwalzwerken unter den Standardbedingungen<br />

erfolgen kann. Hierdurch<br />

besteht die Möglichkeit der Optimierung<br />

des Gießprozesses aus den Ergebnissen<br />

am Endprodukt.<br />

Die Anlage erweist sich daher als wertvolles<br />

Werkzeug, sowohl für die Entwicklung<br />

von Prozessparametern z.B. der Inline-<br />

Warmwalzbedingungen für RSH-Stähle, als<br />

auch bei der Parameterentwicklung für das<br />

Bandgießen von Kohlenstoff- und Siliziumstählen<br />

sowie im Hinblick auf neue Einsatzgebiete<br />

der Bandgießtechnologie.<br />

Die Inbetriebnahme der Anlage nach der<br />

Modernisierung verlief sehr erfolgreich,<br />

sodass bereits seit Mitte 2000 eine Vielzahl<br />

kompletter 60-t-Chargen, sowohl aus<br />

autenitischem Edelstahl, als auch niedrig<br />

gekohltem Qualitätsstahl, vergossen und<br />

mit z.T. maximalem Umformgrad inline<br />

gewalzt wurden. Die ersten Ergebnisse zeigen<br />

eine weitere Verbesserung der mechanisch<br />

technologischen Eigenschaften des<br />

direktgegossenen und inline gewalzten<br />

Bandes (Bild 9). So können die Dehnungswerte,<br />

die beim gegossenen Material noch<br />

an der unteren Normgrenze liegen, durch<br />

Inline-Walzen deutlich verbessert werden.<br />

Auch hier wird die Anpassung der dem<br />

Gießprozess nachfolgenden Prozessstufen<br />

ein wesentlicher Arbeitsschwerpunkt in den<br />

kommenden Monaten sein.<br />

9 Laboranlage Aachen:<br />

Basisuntersuchungen<br />

Kleinere Bandgießanlagen im Labormaßstab<br />

sind in der Lage, flexibel und kostengünstig<br />

die zahlreichen Gießparameter der<br />

unterschiedlichen bestehenden Stahlsorten<br />

sowie neuer Legierungen zu ermitteln.<br />

Solche Anlagen erzeugen Probematerial,<br />

an dem sowohl das Gussband charakterisiert<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Bandgießen: Warmbandeigenschaften (Bild 9)<br />

als auch die prinzipielle Weiterverarbeitbarkeit<br />

sowie Endeigenschaften des Kaltbandes<br />

untersucht werden können.<br />

Dies sind auch die wesentlichen Zielsetzungen<br />

der Laborbandgießanlage von<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> Stahl, die seit 1988 gemeinsam<br />

mit dem Institut für Bildsame Formgebung<br />

an der RWTH Aachen betrieben wird.<br />

Neben der Entwicklung von mathematischen<br />

Modellen [2] zur Beschreibung der<br />

Rollenbombierung, der Stahlströmung und<br />

des Bandbildungsprozesses, werden seit<br />

einigen Jahren unterschiedliche Stahlsor-<br />

Bandgießanlage am IBF, RWTH Aachen (Bild 10)<br />

ten zu Band gegossen. Ziel ist die Überprüfung<br />

der Bandgießfähigkeit sowie die<br />

Anpassung von Prozess und Stahlzusammensetzung<br />

im Hinblick auf die Herstellung<br />

von vermarktbarem Band. Die stahlsortenspezifischen<br />

Erscheinungen werden durch<br />

Anpassung der Gießparameter wie Überhitzung,<br />

Gießgeschwindigkeit und Bandformungskraft<br />

berücksichtigt.<br />

Die Laborbandgießanlage in Aachen ist<br />

hinsichtlich der realisierten vollautomatisierten<br />

Prozessschritte mit denen der Pilotbandgießanlage<br />

in Terni vergleichbar, aber


26<br />

Bandgießen – Innovation für die Erzeugung von Flachstahl-Produkten im neuen Jahrtausend<br />

hinsichtlich der Bandbreite (150–300 mm)<br />

und der Schmelzengröße limitiert. Die<br />

Gießmaschine erhält Stahlschmelze aus<br />

einem 180-kg-Schutzgas-Induktionsofen.<br />

Unterhalb der Anlage durchläuft das Band<br />

eine Inertgaszone, Kühlstrecken und ein<br />

Inline-Warmwalzgerüst; das Band wird abschließend<br />

auf einen Haspeldorn gewickelt<br />

(Bild 10). Diese als Bandnachbehandlung<br />

bezeichnete Strecke dient zur Steuerung<br />

der Zunderbildung, zur Einstellung von<br />

Temperaturverläufen und zur Warmumformung.<br />

Abkühlungsgeschwindigkeiten von<br />

über 400 K/s werden realisiert. Innerhalb<br />

einer Einhausung für das Band kann der<br />

Sauerstoffgehalt der Atmosphäre so stark<br />

abgesenkt werden, dass die Zunderschichtdicken<br />

um bis zu 2 /3 im Vergleich zur Abkühlung<br />

an Luft verringert werden. Durch<br />

die Wahl der Gieß- und Nachbehandlungsparameter<br />

werden die mechanisch-technologischen<br />

Eigenschaften des Dünnbandes<br />

bestimmt. Die zu untersuchenden Stahlsorten<br />

orientieren sich an dem Stahlsortenspektrum<br />

der Kohlenstoff-Mangan-Qualitätsstähle<br />

wie Tiefziehgüten, hochkohlenstoffhaltiger<br />

Einsatzstahl und höherfeste mikrolegierte<br />

Güten sowie hochsiliciumhaltige Stähle für<br />

Elektroblech. Auch neuartige Stahlsorten<br />

wie Komplexphasenstähle werden erprobt.<br />

Beim Gießen von Band mit etwa 3 mm<br />

Dicke ergeben sich durch die schnelle<br />

Abkühlung Vorteile, die sich während der<br />

Erstarrung in dem feinen Primärgefüge – oft<br />

mit globulitischer Mittenzone – niederschlagen<br />

[3]. Bei den hohen lokalen Abkühlungsgeschwindigkeiten<br />

von mehreren<br />

100 K/s an der Erstarrungsfront resultieren<br />

geringe Sekundärdendriten-Armabstände<br />

von weniger als 10 µm. Dies wiederum hat<br />

geringe Mikroseigerungen und kurze Diffusionswege<br />

für den Konzentrationsausgleich<br />

zur Folge. Weiterhin ist bei einer durch-<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Gefügeausbildung eines bandgegossenen perlitarmen höherfesten Stahls, ohne und nach Inline-Warmwalzschritt<br />

(Bild 11)<br />

schnittlichen Verweildauer der Schmelze im<br />

Sumpf von ca. 10 s und einer Erstarrungszeit<br />

von weniger als 1 s die Gefahr gering,<br />

größere, qualitätsmindernde Ausscheidungen<br />

zu agglomerieren.<br />

„Inline“ zwischen Gießrollen und Haspel<br />

können die Bandeigenschaften gesteuert<br />

werden: Insbesondere die Temperaturführung<br />

kann wegen der geringen Banddicke<br />

gut zur Steuerung der Gefügeumwandlungen<br />

genutzt werden. Durch einen<br />

Warmwalzstich wird eine eventuell vorhandene<br />

Mittenporosität beseitigt; gleichzeitig<br />

bietet sich dadurch eine Möglichkeit zur<br />

weiteren Kornfeinung an: Die kornfeinende<br />

Wirkung eines Warmwalzstiches bringt die<br />

bereits im Gusszustand feine Gefügeausbildung<br />

auf das Niveau von Warmbändern<br />

aus konventioneller Fertigung (Bild 11). Im<br />

Gussband eines perlitarmen mikrolegierten<br />

Aufbau Gießwalzanlage (Bild 12)<br />

Baustahles liegen Ferritkörner mit Durchmessern<br />

zwischen 6,5 und 10 µm<br />

(GASTM=10,3-11,5) vor, nach einer Inline-<br />

Umformung wurden nur noch 3,6 bis<br />

5,0 µm große Ferritkörner (GASTM=12,3-<br />

13,2) festgestellt [3].<br />

Mit Hilfe der numerischen Simulation<br />

werden anhand von Modellrechnungen die<br />

thermomechanischen Prozesse beim Bandgießen<br />

mit Walzstufe optimiert, wie es im<br />

Falle des Warmwalzens heute üblich ist.<br />

Ziele der Modellierung sind Parameterstudien<br />

zum Einengen des technologischen<br />

Fensters für gezielte Versuche und die<br />

Übertragbarkeit der Ergebnisse des Labormaßstabes<br />

auf Anlagen für die betriebliche<br />

Produktion. Der Modellabgleich erfolgt<br />

durch Dilatometerversuche mit betriebsnahen<br />

Parametern.<br />

Walzgerüst


27<br />

Bandgießen – Innovation für die Erzeugung von Flachstahl-Produkten im neuen Jahrtausend<br />

10 Von der Pre-industrial zur<br />

Industrial Plant<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> Steel befindet sich im<br />

Hinblick auf die Entwicklung des Bandgießverfahrens<br />

in einer ausgesprochen<br />

komfortablen historischen Lage. Die Verfügbarkeit<br />

über eine Labor-, eine Pilot- und<br />

eine vorindustrielle Anlage insbesondere<br />

mit den dort eingearbeiteten und engagierten<br />

Teams ist einmalig. Diese Voraussetzungen<br />

in Verbindung mit den insgesamt<br />

sehr positiven Ergebnissen in Krefeld waren<br />

derart ermutigend, dass die Erweiterung<br />

der vorindustriellen Bandgießanlage in Krefeld<br />

zur vollständig industriellen Anlage<br />

zügig vorangetrieben wird. Aufbauend auf<br />

den bereits beschriebenen industriellen<br />

Komponenten wird die Bandgießanlage<br />

Krefeld mit einem Inline-Warmwalzgerüst<br />

und einer Doppelcoileranlage ausgestattet<br />

(Bild 12). Die Inbetriebnahme des Warmwalzgerüstes<br />

ist im ersten Halbjahr des<br />

Jahres 2001 vorgesehen. Im Zuge des weiteren<br />

Ausbaus wird die Rollenbreite der<br />

Gießanlage auf 1.450 mm verbreitert und<br />

eine Schnellwechseleinheit für die Seitenplatten<br />

installiert. Zudem werden Arbeiten<br />

in der Peripherie der Anlage (z.B. Wasserwirtschaft,<br />

Stromversorgung etc.) durchgeführt<br />

und eine Infrastruktur für die Instandhaltung<br />

geschaffen. Nach Abschluss dieser<br />

Arbeiten wird die Anlage in den kontinuierlichen<br />

Hochfahrbetrieb übergehen, um die<br />

geplante Produktionskapazität von 400.000<br />

t/a RSH–Stahl zu erreichen.<br />

Wir sind zuversichtlich, dass wir damit<br />

ein bedeutsames Kapitel in der Entwicklungsgeschichte<br />

der Metallurgie von Eisen<br />

und Stahl, besonders im Gebiet der hochlegierten<br />

Edelstähle, erfolgreich abschließen<br />

werden.<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Literatur<br />

[1] Albrecht-Früh, U.; Capotosti, R.;<br />

Damasse, J. M.; Hohenbichler, G.:<br />

EUROSTRIP – Future Perspective of<br />

the Strip Casting Process for Flat<br />

Steel Production.<br />

Continuous Casting Conference 2000,<br />

Linz / Austria, Juni 2000<br />

[2] Senk, D.; Litterscheidt, H.; Simon,<br />

R. W.; Kopp, R; Rake, H.:<br />

Modellbildung und Prozesssimulation<br />

zum Bandgießen nach dem Zwei-Rollen-Verfahren.<br />

Stahl und Eisen 115 (1995) Nr. 5,<br />

S. 107–111<br />

[2] Senk. D; Schmitz, W.; Schmitz, H.-P.;<br />

Kopp, R.; Hagemann, F.; Hammer, B.:<br />

Umformen und Kühlen von direktgegossenem<br />

Band.<br />

Stahl und Eisen 120 (2000), Nr. 6,<br />

S. 65–69


28<br />

John M. Vergoz<br />

Intelligenter Fertigungsprozess – Six-Sigma-Teile aus SMC<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Teilansicht des Werkes Carey, Ohio, der Budd Company (Bild 1)


29<br />

1 Einführung<br />

Der intelligente Fertigungsprozess Six-<br />

Sigma wird im Werk Carey, Ohio, der Budd<br />

Company zur Fertigung von Fahrzeugteilen<br />

aus SMC-Kunststoff (Sheet Molded Composite)<br />

für DaimlerChrysler, Ford und<br />

General Motors eingesetzt. Das Werk der<br />

Budd Company in Carey, Ohio, wurde 1970<br />

gegründet und hat derzeit 417 stundenweise<br />

und 65 fest angestellte Beschäftigte. Das<br />

Werk Carey wird im Jahr 2000 15.000 Tonnen<br />

SMC-Kunststoffteile fertigen und soll<br />

2,8 Millionen Teile an Ford, 342.000 Teile<br />

an DaimlerChrysler und 9.000 Teile an<br />

General Motors liefern. Für das Geschäftsjahr<br />

2000 rechnet Carey mit Umsätzen in<br />

Höhe von 70 Mio Dollar. Zu den wichtigsten<br />

Produkten, die in Carey gefertigt werden,<br />

zählen Fahrzeug-Kühlergrillträger und<br />

-Motorhauben mit Oberflächenanforderungen<br />

der Klasse A. Six-Sigma hat maßgeblich<br />

dazu beigetragen, dass die Fehlerrate<br />

von Carey bei Ford, General Motors und<br />

DaimlerChrysler derzeit bei weltweiten Spitzenwerten<br />

von 4 ppm, 0 ppm und 47 ppm<br />

(parts per million) liegt. Diese Six-Sigma-<br />

Methodik zur Verbesserung der Effizienz<br />

und Reduzierung der Fehlerrate kommt im<br />

Werk Carey seit Oktober 1996 zunehmend<br />

zum Einsatz.<br />

2 Six-Sigma<br />

Intelligenter Fertigungsprozess – Six-Sigma-Teile aus SMC<br />

Sigma (σ) ist ein griechischer Buchstabe,<br />

der in der Regel dazu dient, die Standardabweichung<br />

einer Normalverteilung<br />

mathematisch zu beschreiben. Six-Sigma<br />

ist ein Prozesssteuerungskonzept, das nach<br />

Perfektion strebt. Mit der Six-Sigma-<br />

Methodik soll die Produktfehlerrate bei den<br />

Kunden auf unter 3,4 ppm reduziert<br />

werden.<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Effekte einer Mittelwert-Verschiebung der Normalverteilung um 1,5 σ (Bild 2)<br />

Der Qualitätsausschuss der Budd<br />

Company wurde durch einen Besuch bei<br />

Motorola im April 1994 auf die Six-Sigma-<br />

Methodik aufmerksam. Die Erfahrung von<br />

Motorola untermauert die Tatsache, dass<br />

der Hersteller, der die höchste Qualität liefert,<br />

auch der Hersteller mit den geringsten<br />

Kosten ist.<br />

Bei General Electric lief mehrere Jahre<br />

lang ein aktives Six-Sigma-Programm, und<br />

auf der Jahreshauptversammlung 1999<br />

unterstrich der Vorsitzende Jack Welch die<br />

Rolle von Six-Sigma: „Six-Sigma bedeutet,<br />

Prozesse so festzulegen, dass sie nahezu<br />

perfekt sind. . . und sie dann so zu steuern,<br />

dass sie stabil bleiben. Die gemeinsame<br />

Zielsetzung von allen Six-Sigma-Programmen<br />

ist es, Abweichungen zu eliminieren.“<br />

Abweichungen treten bei allen Produkteigenschaften<br />

auf. Abweichungen bei den<br />

Produkteigenschaften gefährden die<br />

Qualität. Doch Abweichungen bei den Produkteigenschaften<br />

lassen sich so steuern,<br />

dass sie innerhalb der vom Kunden vorgegebenen<br />

Grenzwerte liegen, indem die<br />

Produkteigenschaften stichprobenartig<br />

überprüft werden und der Fertigungsprozess<br />

entsprechend gesteuert wird. Letztendlich<br />

sorgt das Six-Sigma-Verfahren für die<br />

Stabilität und Haltbarkeit zukünftiger Produktkonstruktionen,<br />

da beim Auftreten von<br />

Abweichungen in den Teilen, die in dem<br />

aktuellen Produktionsprozess hergestellt<br />

werden, entsprechende Rückmeldungen<br />

erfolgen. Bild 2 zeigt die Verteilungskurve<br />

einer Produkteigenschaft, bei der der Mit-<br />

Ist eine Fehlerrate von 1% akzeptabel? (Bild 3)


30 Intelligenter Fertigungsprozess – Six-Sigma-Teile aus SMC<br />

Fehler-Definitionen (Bild 4)<br />

telwert der Daten um 1,5 σ verschoben ist.<br />

Der Prozessfähigkeitsindex Cpk ist eine<br />

Kennzahl, die beschreibt, inwieweit ein Prozess<br />

den Anforderungen oder spezifizierten<br />

Grenzwerten des Kunden entspricht. Ein<br />

Prozess mit einer Mittelwertverschiebung<br />

von 1,5 σ und Six-Sigma-Fähigkeit hat<br />

einen Cpk-Wert von 1,5 und erzeugt bei dem<br />

„Prozessschritt“ mindestens 99,99966 %<br />

gute Teile bzw. nicht mehr als 3,4 Fehler/<br />

Million.<br />

Viele Prozesse arbeiten auf 3-Sigma-<br />

Niveau bzw. mit etwa 1 % Ausschuss.<br />

Doch wie in Bild 3 dargestellt, ist das<br />

3-Sigma-Niveau für viele Bereiche des<br />

täglichen Lebens nicht akzeptabel. Zum<br />

Glück befördern Fluggesellschaften ihre<br />

Passagiere oberhalb des 7-Sigma-Niveaus,<br />

während das Gepäck nur auf 4-Sigma-<br />

Niveau eingecheckt wird. Bei einem Flug ist<br />

es also 20.000 mal wahrscheinlicher, dass<br />

Sie das Ziel sicher erreichen, als dass Ihr<br />

Gepäck das Ziel sicher erreicht.<br />

Six-Sigma-Fähigkeit wird durch systematisches<br />

Aufzeichnen der Daten von<br />

Bauteilproben in jeder Phase des Fertigungsprozesses<br />

erreicht. Die aufgezeichneten<br />

Daten sind jeweils benannte „Fehler“, die<br />

bis zu einer Größe gesteuert bzw. kontrolliert<br />

werden, die deutlich innerhalb der vom<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Kunden spezifizierten Grenzen liegt. Die bei<br />

der Six-Sigma-Methodik verwendeten Fehlerdefinitionen<br />

sind in Bild 4 dargestellt.<br />

Die Methode der Prozesssteuerung umfasst<br />

die Einstellung der Prozessparameter,<br />

vorbeugende Wartung und Prozessbereinigung.<br />

Ford startet gerade ein sehr attraktives,<br />

Prozessfluss und Kontrollstationen (Bild 5)<br />

verbrauchergesteuertes Six-Sigma-Programm.<br />

3 Six-Sigma und SMC im Werk<br />

Carey<br />

Bild 5 zeigt den Prozessfluss und die<br />

Inspektionen für den SMC-Betrieb im Werk<br />

Carey. Das Bild zeigt links ein typisches<br />

Prozessflussdiagramm für den SMC-Prozess.<br />

Die acht dargestellten Prozessschritte<br />

sind mit roten Pfeilen verbunden und stellen<br />

wichtige wertschöpfende Schritte in<br />

dem Fertigungsprozess dar. Die grünen<br />

Pfeile rechts zeigen auf die Bereiche, in<br />

denen nach jedem Prozessschritt Proben<br />

entnommen werden. Im Fall Carey ermitteln<br />

wir Fehler und zählen diese nach<br />

jedem Prozessschritt.


31<br />

31 Intelligenter Fertigungsprozess – Six-Sigma-Teile aus SMC<br />

Produktprüfung (Bild 6)<br />

Die Fehlerkategorien sind folgende:<br />

● Rohmaterialfehler, beim Pressformen<br />

festgestellt<br />

● Pressformfehler, beim Pressformen festgestellt<br />

● Pressformfehler, beim Verbundvorgang<br />

festgestellt (Austrittsfehler)<br />

● Verbundfehler, beim Verbundvorgang<br />

festgestellt<br />

● Pressformfehler, beim Fertigstellen festgestellt<br />

(Austrittsfehler)<br />

● Verbundfehler, beim Fertigstellen festgestellt<br />

(Austrittsfehler)<br />

● Lackierfehler, beim Fertigstellen festgestellt<br />

Die Produktprüfung (Bild 6) wird in einem<br />

Auditverfahren von geschulten Six-Sigma-<br />

Prüfern durchgeführt. Obwohl der Probenentnahmeplan<br />

je nach Produkt variieren<br />

kann, werden im Allgemeinen für jeden<br />

Prozessschritt und in jeder Schicht mindestens<br />

5 Teile pro Formwerkzeug überprüft.<br />

Wie man sich vorstellen kann, sind<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

die Prüfer bald sehr gut mit den Fehlern<br />

vertraut. Außerdem werden die Daten in<br />

einem Format erfasst, das beschreibt, in<br />

welchem Bereich des Bauteils sich der Fehler<br />

befindet.<br />

Die Datenerfassung (Bild 7) erfolgt mit<br />

einem Telxon-Datenerfassungssystem.<br />

Dies ist ein stiftbasiertes System, bei dem<br />

die Informationen auf einer Flash-Karte<br />

gespeichert und am Ende jeder Schicht in<br />

eine Access-Datenbank übertragen werden.<br />

Es ist wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen,<br />

dass der Wert der von den Prüfern<br />

aufgezeichneten „Fehler“ deutlich unter der<br />

vom Kunden spezifizierten zulässigen Grenze<br />

liegt.<br />

Bei der Prüfung werden folgende Daten<br />

aufgezeichnet: Datum und Uhrzeit der Fertigung<br />

des Teils, Position und Größe jedes<br />

Fehlers, das Formwerkzeug sowie die<br />

Spannvorrichtungen zum Entgraten, zum<br />

Bohren und für den Verbundvorgang, die<br />

bei der Fertigung des geprüften Teils<br />

jeweils verwendet werden. Ferner werden<br />

Fehlerkategorien aufgezeichnet, wie z. B.<br />

Schmutz, Blasen, beschädigte Kanten,<br />

Faserrisse usw. Insgesamt können bei der<br />

Herstellung von SMC-Teilen im Werk Carey<br />

95 verschiedene Fehler auftreten. Diese<br />

Fehler entstehen in den Press-, Bohr-,<br />

Verbund- und Lackierphasen des SMC-<br />

Prozesses. Insgesamt sind in den Teilen,<br />

die jährlich in Carey gefertigt werden, 106<br />

Millionen Bohrungsfehler und über 10 Millionen<br />

Meter Kantenfehler möglich. Wir<br />

haben zum Beispiel gelernt, dass eine<br />

korrekte Wartung der Schneideinrichtungen<br />

erforderlich ist, um Haarrisse und Faserrisse<br />

an den Bauteilkanten zu minimieren.<br />

Ebenso ist eine genaue Wartung bei den<br />

Bohrungseinrichtungen notwendig, um Bohrungsfehler<br />

auf ein Minimum zu reduzieren.<br />

Alle Fehler werden kodiert und in einer<br />

Access-Datenbank geführt. Standardfehlerberichte<br />

werden täglich, wöchentlich,<br />

monatlich und vierteljährlich an Vertreter<br />

der Abteilungen Qualität, <strong>Technische</strong> Planung,<br />

Fertigung und Wartung herausgegeben.<br />

Maßnahmen zur Korrektur des Fer-<br />

Datenerfassung (Bild 7)


32<br />

Intelligenter Fertigungsprozess – Six-Sigma-Teile aus SMC<br />

Ermittlung der DPU’s und TDU’s (Bild 8)<br />

• Die Fehler pro Einheit (DPU) werden bei jedem Prozessschritt ermittelt<br />

(Fehler/Anzahl der geprüften Teile)<br />

• Die Gesamtfehlerquote (TDU) wird durch Addieren der DPU´s der einzelnen<br />

Prozessschritte ermittelt<br />

• Die Stellen mit den höchsten DPU´s werden täglich identifiziert und an<br />

Produktion, Technik und Qualitätswesen gemeldet<br />

Material-<br />

DPU<br />

Formen- Verbund- Montage- Lackieren- Fertigstellen-<br />

+<br />

DPU<br />

+<br />

DPU<br />

+<br />

DPU<br />

+<br />

DPU<br />

+<br />

DPU<br />

=<br />

TDU<br />

tigungsprozesses werden eingeleitet, bevor<br />

der Fehler den vom Kunden vorgegebenen<br />

Grenzwert erreicht.<br />

Es werden die DPU-Werte (Defect per<br />

unit) der einzelnen Prozessschritte ermittelt<br />

(Bild 8). Dann werden die DPU-Werte aller<br />

Prozessschritte addiert, um einen TDU-<br />

Wert (Total defects per unit) für jede<br />

Produktlinie zu erhalten. Sobald die DPUund<br />

TDU-Werte ermittelt sind, fließen diese<br />

in den Planungsprozess zur kontinuierlichen<br />

Verbesserung ein.<br />

Planungsbesprechungen zur kontinuierlichen<br />

Verbesserung finden zweimal<br />

wöchentlich mit den Abteilungen <strong>Technische</strong><br />

Planung und Qualität statt. Es werden<br />

Toplisten der DPU-Werte (normalerweise<br />

die oberen 3–5) für die einzelnen Produktlinien<br />

und für das gesamte Werk aufgestellt.<br />

Auf Basis einer Prioritätenliste werden Aktionsteams<br />

und Aktionspläne festgelegt, um<br />

die Probleme mit Hilfe von Problemlösungstechniken<br />

zu lösen. Alle Aktionspläne werden<br />

dokumentiert, und die zu ergreifenden<br />

Maßnahmen werden zusammen mit den<br />

voraussichtlichen, geschätzten Verbesserungen<br />

der DPU/TDU-Werte spezifiziert.<br />

Nach Durchführung der Maßnahmen prüft<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

das Team die Prozessfähigkeit, indem es<br />

die als Ergebnis realisierten TDU-Werte<br />

aufzeichnet und mit der Zielsetzung vergleicht.<br />

Der Prozess ist fortlaufend und Bestandteil<br />

der von Carey eingesetzten dokumentierten<br />

Verfahren zur kontinuierlichen<br />

Verbesserung nach der Qualitätsnorm<br />

ISO 9000.<br />

Ein Beispiel für das Six-Sigma-Verfahren<br />

zur kontinuierlichen Verbesserung ist in<br />

Bild 9 für die Motorhaube des Fahrzeugs<br />

Prüfbereiche der Econoline-Motorhaube (Bild 9)<br />

Econoline mit einer Oberfläche und Kanten<br />

der Klasse A dargestellt. Hier ist die Motorhaube<br />

in 26 Bereiche unterteilt und nach den<br />

Buchstaben des Alphabets gekennzeichnet.<br />

Bild 10 zeigt die Fehler, die in der 45. KW<br />

1999 in den einzelnen Bereichen der Econoline-Motorhaube<br />

festgestellt wurden. Aus<br />

dieser Abbildung ist ersichtlich, dass die<br />

Fehler in den Bereichen Q, D, E, F, G, H, I,<br />

J und K dicht an die Kundenspezifikation<br />

herankommen. Dies deutet auf ein mögliches<br />

zukünftiges Problem bei der Kantenentgratung<br />

hin. Es wurden daraufhin<br />

vorbeugende Wartungsarbeiten an den<br />

Formwerkzeugen durchgeführt, und in der<br />

46. KW 1999 waren die Fehler auf die in<br />

Bild 11 dargestellten Werte reduziert.<br />

Durch Verfolgung der einzelnen Fehlercodes<br />

ist es möglich, Trends bei den Daten<br />

zu analysieren und bestimmte Wartungsarbeiten<br />

zu planen und durchzuführen,<br />

bevor es bei den Kunden zu Problemen<br />

kommt. Die Daten werden analysiert und<br />

in Beziehung gesetzt, um genau vorherzusagen,<br />

welche Werkzeuge wann aufgearbeitet<br />

und ersetzt werden sollten.<br />

Die DPU/TDU-Werte werden intern für


33<br />

Intelligenter Fertigungsprozess – Six-Sigma-Teile aus SMC<br />

Fehler an der Econoline-Motorhaube in der 45. KW 1999 (Bild 10)<br />

Anforderungen im Hinblick auf Werkzeugbestückung,<br />

Prozessänderungen und Mittelbedarf<br />

eingesetzt. Alle Anforderungen<br />

bezüglich zusätzlicher Werkzeuge, Werkzeugaufarbeitung<br />

oder Budgeterhöhungen<br />

(produktbezogen) bedürfen der Angabe der<br />

aktuellen DPU- oder TDU-Werte und der<br />

voraussichtlichen Verbesserungen. Nachdem<br />

die Prozessänderungen erfolgt sind,<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Kundenspezifikation<br />

Kundenspezifikation<br />

Fehler an der Econoline-Motorhaube in der 46. KW 1999 (Bild 11)<br />

werden die realen DPU/TDU-Werte aufgezeichnet,<br />

um zu prüfen, welche Verbesserungen<br />

erzielt wurden.<br />

Die Senkung der DPU- und TDU-Werte<br />

wird auf Ebene der Plastics Division von<br />

Budd verfolgt, um das Kosten-Nutzen-<br />

Verhältnis zu ermitteln.<br />

Der letzte Schritt im Six-Sigma-Ansatz<br />

zur Verbesserung des Verfahrens besteht<br />

darin, die Informationen in den Konstruktionsprozess<br />

einzubeziehen, wo der größte<br />

Effekt zu erzielen ist. In der Plastics Division<br />

umfasst dies DPU/TDU-Ziele für alle neuen<br />

Produktentwicklungsprogramme als<br />

Bestandteil des APQP-Prozesses, Benchmarking<br />

von Prozessen anhand der DPU-<br />

Daten zur Ermittlung der „best practices“<br />

und eine kontinuierliche Verfolgung und<br />

Verbesserung der TDU-Werte für alle Programme.<br />

4 Abschließende Bemerkungen<br />

Ein Beweis für die Effektivität des Six-<br />

Sigma-Programms im SMC-Werk der Budd<br />

Company in Carey, Ohio, sind die weltbesten<br />

ppm-Werte bei verschiedenen Kunden.<br />

Weitere Vorteile des Programms sind:<br />

● die Fähigkeit, die Auswirkung von<br />

Prozessänderungen sofort zu erkennen<br />

und zu messen<br />

● die Fähigkeit, für Wartungsarbeiten Prioritäten<br />

und Ziele festzulegen<br />

● die Fähigkeit, durch Benchmarking (mit<br />

Ist-Daten) Prozesse zu vergleichen, um<br />

die „best practices“ zu ermitteln<br />

● die Fähigkeit, die Fortschritte des kontinuierlichen<br />

Verbesserungsprogramms<br />

nach den QS-Anforderungen zu dokumentieren<br />

Als letzter wichtiger Punkt ist zu beachten,<br />

dass alle Six-Sigma-Prüfungen für die drei<br />

Schichten in Carey von insgesamt vier<br />

stundenweise beschäftigten Kräften durchgeführt<br />

werden. Dies ist nur ein Bruchteil<br />

der Anzahl von Beschäftigten, die vor<br />

Einführung des Six-Sigma-Verfahrens im<br />

Werk Carey zur Aufarbeitung der SMC-Teile<br />

erforderlich waren.


34<br />

Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Arndt R. Birkert,<br />

Kurt Lagler,<br />

Dipl.-Ing. M.S. in Management Thomas Meichsner,<br />

Dipl.-Ing. (BA) Hannes Winter<br />

Moderner Aluminium-Space-Frame durch intelligentes<br />

Karosseriebaumanagement ®<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Fertigungszelle für Bodengruppe in Virtual Reality (Bild 1)


35<br />

1 Einleitung<br />

Moderner Aluminium-Space-Frame durch intelligentes Karosseriebaumanagement ®<br />

Aus den bisweilen vielfach zitierten<br />

Anforderungen an moderne Karosserien,<br />

wie insbesondere werkstoff- und konstruktionsoptimierter<br />

Leichtbau, kurze Entwicklungszeiten<br />

und wirtschaftliche Umsetzbarkeit,<br />

lassen sich für den Karosseriebau verschiedene<br />

Lösungsansätze ableiten. Diese<br />

basieren in technologischer wie in wirtschaftlicher<br />

Hinsicht auf dem Fahrzeugbzw.<br />

Karosseriekonzept, dem zunächst die<br />

Herstellverfahren der einzelnen Karosseriekomponenten,<br />

außerdem die Fügeverfahren<br />

zum Verbinden der Einzelkomponenten<br />

und Baugruppen sowie schließlich die<br />

dazugehörende Fabrikplanung zu Grunde<br />

liegen. Hinzu kommen wachsende Anforderungen<br />

des Marktes, die durch einen<br />

zunehmenden Individualismus geprägt<br />

sind. Diese Anforderungen schlagen sich<br />

auf Seiten der Automobil- und Automobilzulieferindustrie<br />

in immer größeren Produktpaletten<br />

bei mitunter abnehmenden<br />

Stückzahlen nieder. Das heißt, dass die<br />

Variantenvielfalt stetig zunimmt, um den<br />

Kundenwünschen gerecht zu werden.<br />

Die Integration sämtlicher oben genannten<br />

Disziplinen und Anforderungen erfolgt<br />

durch ein intelligentes und umfassendes<br />

Karosseriebaumanagement ® im Sinne<br />

eines Simultaneous Engineering, welches<br />

zur Erzielung optimaler Lösungen in einem<br />

kontinuierlichen Entwicklungsprozess alle<br />

fertigungsrelevanten Belange berücksichtigt.<br />

Die Zusammenhänge sind in Bild 2<br />

dargestellt.<br />

Einen möglichen Lösungsansatz zur<br />

Realisierung der diskutierten Ziele stellen<br />

moderne Space-Frame-Strukturen aus<br />

Aluminium unter Verwendung von Strangpressprofilen,<br />

Blechteilen und Aluminium-<br />

Druckgussteilen dar. In diesem Zusammen-<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Simultaneous Engineering im Karosseriebau (Bild 2)<br />

hang bietet die Krupp Drauz GmbH im<br />

Technologieverbund mit ihren Schwestergesellschaften<br />

von <strong>ThyssenKrupp</strong> Automotive<br />

das gesamte Entwicklungs- und Realisierungs-Know-how<br />

aus einer Hand. Im<br />

Folgenden ist das Leistungsspektrum von<br />

TKA unter Verwendung ausgesuchter Beispiele<br />

dargestellt (Bild 3).<br />

Krupp Drauz GmbH<br />

Beispiele für Aluminium-Bauteile (Bild 3)<br />

2 Das Karosseriekonzept<br />

Neue Karosseriekonzepte, die die oben<br />

genannten Anforderungen erfüllen, basieren<br />

vorzugsweise auf modularen Plattformstrategien<br />

auf der Grundlage von Space-<br />

Frame-Strukturen. Das Ergebnis sind Produktfamilien,<br />

wodurch einzelne Modelle<br />

innerhalb einer Familie bei einem segmentartigen<br />

Aufbau aus verschiedenen Baugruppen<br />

durch den Austausch einzelner<br />

Modulen entstehen (Bild 4).<br />

Die gewünschte Modularität und damit<br />

Flexibilität erhält man, indem man bei-<br />

Kloth-Senking Metallgießerei GmbH<br />

Krupp Drauz GmbH Krupp Drauz GmbH


36<br />

Moderner Aluminium-Space-Frame durch intelligentes Karosseriebaumanagement ®<br />

spielsweise auch im Sinne einer wirtschaftlichen<br />

Fertigung die klassische Modulbildung<br />

Vorderwagen/Boden Mitte/Hinterwagen/Seitenwand/Dach<br />

hinter sich lässt und<br />

übergeht zu einer Modulbildung Vorderwagen<br />

unten/Vorderwagen oben/Boden<br />

Mitte/Hinterwagen unten/Hinterwagen<br />

oben/Seitenwand/Dach.<br />

Die Verwendung von Aluminium trägt<br />

dabei zum einen der Forderung nach einem<br />

gewichtsoptimierten Fahrzeugbau Rechnung<br />

und unterstützt zum anderen durch<br />

den möglichen kombinierten Einsatz von<br />

Strangpressprofilen, Gussteilen und Blechteilen<br />

die geforderte Flexibilität im Karosseriebau.<br />

Die Akzeptanz von Aluminium als<br />

Karosseriewerkstoff spiegelt sich in der<br />

zunehmenden Anzahl an Fahrzeugtypen<br />

wider, die entweder ganz oder teilweise aus<br />

Aluminium hergestellt werden. Genannt<br />

seien an dieser Stelle folgende Typen:<br />

Aston Martin Vanquish, Audi A8, Audi<br />

A2, BMW Z8, DaimlerChrysler S-Coupe,<br />

Ferrari 335, Ford P 2000, Jaguar X350,<br />

Lotus Elise, Porsche 928, Range Rover,<br />

und andere. Darüber hinaus wird im<br />

europäischen und überseeischen Ausland<br />

momentan mit Nachdruck an Fahrzeugkonzepten<br />

gearbeitet, die ganz oder teilweise<br />

aus Aluminium hergestellt werden sollen.<br />

Bild 5 zeigt den Aufbau des Audi A2 in<br />

schematischer Darstellung.<br />

Bei der konkreten Umsetzung von Aluminium-Leichtbaugedanken<br />

in die Praxis<br />

haben sich im Wesentlichen die folgenden<br />

Konzepte herauskristallisiert:<br />

● Aluminium-Space-Frame<br />

(z.B. Audi A8 und A2)<br />

Kennzeichnend für diese Bauweise ist<br />

die ehr oder weniger gleichmäßige<br />

Verwendung von Guss-, Strangpressund<br />

Blechteilen.<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Mögliche Fahrzeugvarianten innerhalb einer Modellreihe (Bild 4)<br />

● Selbsttragende Aluminiumkarosserie<br />

(z.B. Ford P 2000)<br />

In Analogie zur selbsttragenden Stahlkarosserie<br />

handelt es sich hierbei um<br />

einen blechintensiven Rohbau auf der<br />

Basis von Aluminiumblech. Guss- und<br />

Strangpresskomponenten kommen nur<br />

sehr begrenzt zum Einsatz.<br />

● Aluminium-Profilmischbauweise<br />

(z.B. BMW Z8, Lotus Elise)<br />

Bei der Profilmischbauweise entsteht<br />

auf der Basis von Strangpressprofilen<br />

eine Rahmen- oder Kastenstruktur, die<br />

mit Außenhautteilen eines beliebigen<br />

Werkstoffs verkleidet wird. Diese Variante<br />

eignet sich auf Grund der geringen Werkzeugkosten<br />

für Strangpressprofile<br />

gegenüber denen für Gussteile insbesondere<br />

für Baureihen in kleinen Stückzahlen.<br />

● Stahl- und Aluminium-Mischbauweise<br />

(z.B. DaimlerChrysler S-Coupe)<br />

Die Stahl- und Aluminium-Mischbauweise<br />

– auch Hybridbauweise genannt –<br />

vereint die Werkstoffe Stahl und Aluminium<br />

einschließlich derer Vorteile in einer<br />

Karosserie.<br />

Im Folgenden wird auf die einzelnen Aktivitäten<br />

und Verfahren zur Realisierung intelligenter<br />

Karosseriekonzepte näher eingegangen.<br />

Die Ausführungen basieren auf<br />

Erfahrungen, die in jüngster Vergangenheit<br />

bei <strong>ThyssenKrupp</strong> Automotive und insbesondere<br />

bei Krupp Drauz gesammelt<br />

wurden.<br />

3 Fabrikplanung (und Vorrichtungs-<br />

und Anlagenbau)<br />

Im Rahmen der Fabrikplanung im weitesten<br />

Sinne entsteht virtuell die gesamte Infrastruktur,<br />

welche zur Umsetzung der Rohbauumfänge<br />

erforderlich ist. In Bild 6 ist<br />

ein Ausschnitt aus dem Layout eines Rohbaus<br />

dargestellt. Hierbei sind sämtliche<br />

Belange des Kunden hinsichtlich Fertigungstiefe,<br />

zur Verfügung stehende Kapazitäten<br />

bezüglich Organisation, Raum, Personal<br />

und vieles mehr zu berücksichtigen.<br />

So beeinflusst beispielsweise die Verfügbarkeit<br />

von Fachpersonal den Automatisierungsgrad<br />

in der Produktion. Bild 7 verdeutlicht<br />

die Vielfältigkeit der Planungsparameter.<br />

Die Problematik liegt darin, dass<br />

die Planungsparameter in der Regel nur<br />

teilweise zu Projektbeginn festgeschrieben


37<br />

Moderner Aluminium-Space-Frame durch intelligentes Karosseriebaumanagement ®<br />

werden. Somit fließen die anfangs nicht<br />

bestimmten Parameter mit zunehmendem<br />

Projektfortschritt in das Pflichtenheft mit<br />

ein.<br />

Die Krupp Drauz Gruppe, bestehend aus<br />

der Krupp Drauz GmbH in Heilbronn sowie<br />

ihrer Tochtergesellschaft Krupp Drauz Ingenieurbetrieb<br />

GmbH in Hohenstein-Ernstthal,<br />

zählt die Fabrikplanung in oben genanntem<br />

Sinne zu ihren Kernkompetenzen. Unter<br />

Zuhilfenahme modernster Techniken, wie<br />

z.B. virtueller Planungsinstrumente (Virtual<br />

Reality, Robotersimulation), entstehen<br />

Fabrikkonzepte, die sämtliche Kriterien hinsichtlich<br />

einer wirtschaftlichen Umsetzbarkeit<br />

berücksichtigen. So wurde bei Krupp<br />

Drauz im Sinne einer hohen Planungssicherheit<br />

eine mehrkanalige Großbild-<br />

Rückprojektionswand installiert.<br />

Der einem flexiblen, segmentartigen<br />

Aluminiumkarosseriebau zugrunde liegende<br />

Systemgedanke bildet hierbei den Leitfaden<br />

für eine praktikable Umsetzung.<br />

Grundsätzlich findet sich der durch den<br />

Automobilbauer vorgegebene Modularitätsgrad<br />

der Karosserie in der Fabrikplanung<br />

von Krupp Drauz wieder.<br />

Audi-Space-Frame am Beispiel Audi A2 (Quelle: Audi AG) (Bild 5)<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

4 Fügende Fertigungsverfahren<br />

Als Fügeverfahren kommen in den Anlagen<br />

von Krupp Drauz unter anderem das<br />

Laserschweißen, das MIG-Schweißen, das<br />

Nieten, das Durchsetzfügen und das Kleben<br />

zum Einsatz.<br />

Das Widerstandspunktschweißen wird<br />

bei Aluminium kaum angewendet, da die<br />

stets vorhandene Oxidschicht in schwankender<br />

Ausprägung die Qualität der<br />

Schweißverbindung mitunter stark beeinträchtigt.<br />

Eine gewünschte Prozesssicherheit<br />

ist somit nicht gegeben.<br />

Das Laserschweißen bietet sich insbesondere<br />

für die Verbindung von Blechteilen<br />

mit anderen Halbzeugen an, da auf Grund<br />

durchgehender Schweißnähte hohe Steifigkeiten<br />

der Fahrzeugstruktur erzielt werden.<br />

Der Forderung nach geringsten Schweißspalten<br />

wird dadurch Rechnung getragen,<br />

dass Blechteile infolge ihrer vergleichsweise<br />

geringen Steifigkeit mittels entsprechender<br />

Spannvorrichtungen spaltfrei auf dem zu<br />

verschweißenden Bauteil angedrückt werden<br />

können.<br />

Das Verschweißen von Strangpressprofilen<br />

oder Gussteilen untereinander mittels<br />

Laser erfolgt nur dann prozesssicher, wenn<br />

die spaltfreie Fixierung zueinander sicher<br />

gewährleistet werden kann. Prinzipiell können<br />

CO2-Laser oder Nd-YAG-Laser verwendet<br />

werden. Der Nd-YAG-Laser wird derzeit<br />

von Krupp Drauz gegenüber dem CO2-<br />

Laser favorisiert. Als Gründe hierfür können<br />

die Zugänglichkeit der Schweißnaht oder<br />

das Energieabsorptionsvermögen beim<br />

Schweißen von Aluminium und die damit<br />

verbundene höhere Effizienz genannt werden.<br />

Darüber hinaus treibt Krupp Drauz<br />

Neuentwicklungen im Bereich des Remote-<br />

Laserschweißens voran.<br />

Das MIG-Schweißen kommt bei der Verbindung<br />

von Gussteilen, Strangpressteilen<br />

und Blechen jeweils untereinander und<br />

halbzeugübergreifend zum Einsatz. Dem<br />

Vorteil einer möglichen Kompensation von<br />

Schweißspalten und damit Toleranzen in<br />

den Einzelteilen gegenüber dem Laserschweißen<br />

steht die hohe Wärmeeinbringung<br />

und der daraus resultierende Bauteilverzug<br />

gegenüber. Zu Gunsten hoher<br />

Schweißgeschwindigkeiten sind aber auch<br />

hier die Schweißspalte möglichst gering zu<br />

halten.<br />

Eine wesentliche Besonderheit, die beim<br />

MIG-Schweißen von Aluminium zu berücksichtigen<br />

ist, ist die hohe Schmelztemperatur<br />

von ca. 2000 °C, die zum Aufschmelzen<br />

der auf Aluminiumoberflächen befindlichen<br />

Oxidschicht erforderlich ist. Durch die hohe<br />

Temperatur, die in etwa das Dreifache der<br />

Schmelztemperatur von Aluminium beträgt,<br />

entsteht ein äußerst dünnflüssiges<br />

Schmelzbad. Damit ist ein Schweißen über<br />

Kopf nicht möglich. Ebenso reduzieren<br />

schräge Nahtverläufe die Prozesssicherheit.<br />

Bei entsprechenden Schweißnahtlagen<br />

sind somit in der Anlagenplanung so


38<br />

Moderner Aluminium-Space-Frame durch intelligentes Karosseriebaumanagement ®<br />

genannte Trommelvorrichtungen vorzusehen,<br />

die eine optimale Schweißnahtlage<br />

ermöglichen. Ferner spielt der hohe Wärmeeintrag<br />

beim MIG-Schweißen in Verbindung<br />

mit der vergleichsweise hohen Wärmeausdehnung<br />

von Aluminium gegenüber<br />

Stahl eine wesentliche Rolle bei der Auslegung<br />

der Schweißvorrichtungen. Erschwerend<br />

kommt die Tatsache hinzu, dass die<br />

Schrumpfung von Aluminium beim Erkalten<br />

größer ist, als dessen Ausdehnung während<br />

des Schweißens. Für die erfolgreiche<br />

Umsetzung eines anspruchsvollen Aluminiumkarosseriebaus<br />

muss diese Problematik<br />

vom Anlagenbauer beherrscht werden.<br />

Das Nieten, und hier insbesondere das<br />

Stanznieten, wird beim Fügen von Aluminium<br />

eingesetzt, weil sich Punktschweißverbindungen<br />

bis heute nicht prozesssicher<br />

darstellen lassen. Der Vorteil des Stanznietens<br />

gegenüber dem Blindnieten liegt vor<br />

allem darin, dass keine Löcher in den zu<br />

fügenden Werkstücken vorgebohrt werden<br />

müssen. Allerdings ist gegenüber dem<br />

Blindnieten eine Zugänglichkeit der Fügestelle<br />

von beiden Seiten erforderlich. Ferner<br />

erweist sich häufig die Baugröße der Nietzange<br />

als nachteilig, die auf Grund der vergleichsweise<br />

hohen Prozesskräfte sehr<br />

massiv ausgeführt sein muss. Hierdurch<br />

wird die Zugänglichkeit der Fügestelle mitunter<br />

deutlich erschwert.<br />

Klebstoffe werden neben ihren Funktionen<br />

als Stützkleber und Bördel- oder Falznahtkleber<br />

z.B. als ergänzende Verbindungsmethode<br />

beim Nieten eingesetzt.<br />

Durch den zusätzlichen Auftrag von Klebstoff<br />

erhöht sich die Haltekraft von Stanznieten<br />

beträchtlich. Kleben als einziges<br />

Fügeverfahren scheidet für den Karosseriebau<br />

infolge der fehlenden Langzeiterfahrung<br />

in verschiedenen Klimazonen bis<br />

heute in der Regel aus.<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Beispiel-Layout einer Fertigungszelle (Bild 6)<br />

Das Durchsetzfügen wird bevorzugt für<br />

nicht dynamisch beanspruchte Teile wie<br />

Türen, Hauben und Deckel verwendet.<br />

Der wirtschaftliche Einsatz aller bei<br />

Aluminiumkarosserien eingesetzten Fügeverfahren<br />

erfordert einen angepassten<br />

Rohbau. Prinzipiell sind außer dem Laserschweißen<br />

alle genannten Fügeverfahren<br />

auch manuell umsetzbar. Dieses ermöglicht<br />

es dem Fabrikplaner, eine hinsichtlich<br />

der Losgröße, der Karosseriekomplexität<br />

und des Automatisierungsgrades optimale<br />

Gesamtanlage zu gestalten.<br />

5 Umformende Fertigungsverfahren<br />

Vor dem Hintergrund von Aluminium-<br />

Space-Frame-Anwendungen sind im<br />

Bereich der umformenden Fertigungsverfahren<br />

vor allem das Innenhochdruck-<br />

Umformen von Rohren und Profilen und die<br />

Herstellung von Blechteilen mittels kombinierten<br />

Tief- und Streckziehens zu nennen.<br />

Das Innenhochdruck-Umformen kommt<br />

hierbei in zwei grundsätzlich unterschiedlichen<br />

Verfahrensvarianten zum Einsatz. An<br />

erster Stelle sei das Innenhochdruck-Kalibrieren<br />

und Innenhochdruck-Lochen von<br />

Strangpressprofilen (SPP) genannt. Auf<br />

Grund der verfahrensbedingt gegebenen<br />

Abweichungen von SPP von der konstruktiven<br />

Sollgeometrie kann die Verwendung<br />

nichtkalibrierter SPP in der Karosseriestruktur<br />

abhängig vom Karosseriekonzept zu<br />

Effekten führen, die sowohl die Fertigung


39<br />

Moderner Aluminium-Space-Frame durch intelligentes Karosseriebaumanagement ®<br />

der Karosserie als auch die Karosserie<br />

selbst negativ beeinflussen. So haben z.B.<br />

Querschnittsabweichungen mitunter<br />

Schweißspalte zur Folge, welche eine<br />

erhebliche Herabsetzung möglicher<br />

Schweißgeschwindigkeiten bedingen können.<br />

Ferner können zu große Toleranzen<br />

bei den Einzelteilen, insbesondere bei Bauteilen<br />

mit einem hohen Integrationsgrad, zu<br />

unkontrollierbaren Abweichungen in der<br />

gesamten Toleranzkette der Karosserie<br />

führen. Maßabweichungen in Anbindungsbereichen<br />

von Beplankungsteilen können<br />

Unruhen im Erscheinungsbild der Pkw-<br />

Außenhaut hervorrufen, die die optische<br />

Qualität des Gesamtfahrzeugs mehr oder<br />

weniger stark beeinträchtigen.<br />

Durch das Innenhochdruck-Kalibrieren<br />

können an SPP Genauigkeiten von ± 0,2 mm<br />

erreicht werden. Bild 8 zeigt als Beispiel den<br />

Schweller, wie er im Audi A2 in der Form<br />

eines Zweikammer-Profils eingesetzt wird.<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Durch die Integration von Lochoperationen<br />

in den Innenhochdruck-Fertigungsprozess<br />

kann die Wirtschaftlichkeit des<br />

Gesamtprozesses verbessert werden, da<br />

die Löcher ansonsten in einem nachfolgenden<br />

Arbeitsschritt mittels mechanischer<br />

Bearbeitung oder Laserbearbeitung eingebracht<br />

werden müssten.<br />

Die Frage, ob ein Innenhochdruck-Kalibrieren<br />

erforderlich ist oder nicht, hängt<br />

von verschiedenen Faktoren, in erster Linie<br />

aber vom gewählten Karosseriekonzept<br />

und dem damit verbundenen Rohbaukonzept<br />

ab. Insbesondere bei gebogenen SPP<br />

kann ein Kalibrieren alleine dadurch erforderlich<br />

werden, dass die Querschnitte der<br />

Werkstücke beim Biegen je nach Komplexität<br />

der Biegegeometrie mehr oder weniger<br />

stark einfallen, was durch Kalibrieren rückgängig<br />

gemacht werden kann.<br />

Die zweite grundsätzliche Verfahrensvariante<br />

stellt das Aufweiten oder auch Auf-<br />

Mögliche Einflußparameter bei der Auslegung einer Karosseriebauanlage (Bild 7)<br />

weitstauchen von Rohren und Profilen dar.<br />

Diese Verfahren werden eingesetzt, wenn<br />

am Werkstück deutliche Querschnittsänderungen<br />

bzw. eine Verdrehung von Querschnitten<br />

über der Werkstücklänge realisiert<br />

werden sollen.<br />

Die Aktivitäten von Krupp Drauz<br />

erstrecken sich im Bereich der Innenhochdruck-Umformung<br />

von der fertigungsgerechten<br />

Auslegung von Einzelkomponenten<br />

und Baugruppen über die Verfahrensentwicklung,<br />

den Werkzeugbau und den Prototypenbau<br />

bis hin zur Serienfertigung<br />

einschließlich aller erforderlichen Nachbearbeitungsschritte.<br />

Im Hinblick auf eine kontinuierliche Weiterentwicklung<br />

der Innenhochdruck-Verfahren<br />

im Besonderen und der Hydroumformung<br />

im Allgemeinen wurde bei Krupp<br />

Drauz in Heilbronn ein Entwicklungszentrum<br />

installiert. Ziel ist dort die ständige<br />

Weiterentwicklung von Verfahren und<br />

Betriebsmitteln. Bezüglich der Umformung<br />

von Aluminiumprofilen und -rohren werden<br />

z.B. die Integration von Endenbearbeitungsprozessen<br />

sowie das Trennen von<br />

einteilig umgeformten Doppelbauteilen im<br />

IHU-Prozess vorangetrieben. Einen weiteren<br />

Entwicklungsschwerpunkt mit dem Ziel<br />

der Verkürzung der Prozesskette und der<br />

Erhöhung der Wirtschaftlichkeit bildet die<br />

Integration von Vorform- und Vorbiegeprozessen<br />

in den IHU-Prozess. Ferner stellt<br />

besonders beim Umformen von Mehrkammerprofilen<br />

die zuverlässige Abdichtung<br />

der Profilenden während des Befüllens und<br />

Umformens einen wichtigen Aspekt dar.<br />

Mit den vielfältigen Erfahrungen im<br />

Bereich der Rohr- und Profilumformung ist<br />

Krupp Drauz in der Lage, alle relevanten<br />

Kriterien im Sinne einer wirtschaftlichen<br />

Herstellbarkeit bereits bei der Bauteilentwicklung<br />

zu berücksichtigen.


40<br />

Moderner Aluminium-Space-Frame durch intelligentes Karosseriebaumanagement ®<br />

Innenhochdruck-kalibriertes Strukturbauteil (Quelle: Audi AG, Krupp Drauz GmbH) (Bild 8)<br />

6 Der Kundennutzen<br />

Durch eine Zusammenführung einer Vielzahl<br />

von Aluminium-Aktivitäten und -Innovationen<br />

im Bereich Karosseriebaumanagement<br />

bietet Krupp Drauz eine technologieübergreifende<br />

Projektabwicklung von<br />

der Entwicklung bis zur Fertigung gesamter<br />

Karosserien unter Einbeziehung sämtlicher<br />

erforderlicher Betriebsmittel und stellt sich<br />

damit den Herausforderungen des Marktes.<br />

Eine enge Zusammenarbeit mit den<br />

Schwesterunternehmen garantiert dem<br />

Kunden umfassende und kostenoptimale<br />

Lösungen bei minimierten Durchlaufzeiten.<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Durch die Entwicklung von Karosseriekomponenten<br />

und Gesamtkarosserien in<br />

ständigem Dialog mit den Verfahrenstechnikern<br />

ist die Berücksichtigung fertigungstechnischer<br />

Belange in allen Entwicklungstufen<br />

gewährleistet. Der größte Nutzen<br />

wird hierbei erreicht, wenn sich die<br />

Projektpartner, wie z.B. Automobilist, Anlagenbauer<br />

und Teilelieferant, zu einem möglichst<br />

frühen Zeitpunkt zusammenfinden.


41<br />

Dipl.-Ing. Roman Bilmayer,<br />

Dipl.-Ing. René Lörenz<br />

Hochautomatisierte Fertigung von Baugruppen für Lenksäulen<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Audi B6-Lenksäule (Bild 1)


42<br />

1 Einleitung<br />

Hochautomatisierte Fertigung von Baugruppen für Lenksäulen<br />

Die Krupp Presta AG mit Sitz in Liechtenstein<br />

ist einer der weltweit führenden Hersteller<br />

von Lenksäulen, Lenkwellen und<br />

gebauten Nockenwellen.<br />

Zu den Kunden von Krupp Presta zählen<br />

namhafte Automobilhersteller am Weltmarkt.<br />

Derzeit produziert Krupp Presta jährlich<br />

ca. 20 Mio Lenkwellen (drehmomentübertragendes<br />

Teil der Lenksäule). Davon werden<br />

ca. 6 Mio in der Krupp Presta zu kompletten<br />

Lenksäulen weiterverbaut. Die<br />

Stückzahlen der einzelnen Produkte bewegen<br />

sich zwischen 20.000 und 1.200.000<br />

pro Jahr.<br />

Die Anforderungen an eine Lenkwelle/<br />

Lenksäule können in 4 grobe Blöcke unterteilt<br />

werden:<br />

● aktiver und passiver Personenschutz<br />

durch Energieabsorbtion im Chrashfall<br />

● Drehmomentübertragung Lenkrad –<br />

Lenkgetriebe (Funktionalität)<br />

● Komfort (Höhen-/Längsverstellung)<br />

● Vermittlung Lenkgefühl (Rollreibung,<br />

Hysterese)<br />

2 Produktespektrum<br />

Plattform- und Gleichteilestrategie sind<br />

derzeit die großen Schlagworte in der<br />

Automobilindustrie. Dies muss auch die<br />

Strategie der Krupp Presta sein. Die Variantenvielfalt<br />

der Produkte seitens des Marktes<br />

stellt sich derzeit bei Lenksäulen wie folgt<br />

dar:<br />

● ca. 50 verschiedene Lenksäulen mit ca.<br />

200 Untervarianten<br />

● ca. 60 bis 80 unterschiedliche Einzelteile<br />

je Lenksäule<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Matrix modularer Produktaufbau (Bild 2)<br />

Dies bedeutet aus montagetechnischer<br />

Sicht:<br />

● ca. 100 bis 200 Montageoperationen je<br />

Lenksäule<br />

● ca. 70 bis 100 Prüfoperationen ( großteils<br />

in Montageoperationen integriert)<br />

Die Vielfalt der unterschiedlichen Designs<br />

spiegelt sich unmittelbar in der Komplexität<br />

der Montagetechnik wider.<br />

Dies bringt folgende Schwierigkeiten mit<br />

sich:<br />

● Kundenspezifische Entwicklungen führen<br />

zu kundenspezifischen Lösungen. Das<br />

Ergebnis ist eine Vielzahl an Designvarianten,<br />

welche auf bestehenden oder<br />

auch neuen Montagemaschinen nur mit<br />

sehr hohem finanziellem Aufwand bzw.<br />

gar nicht realisiert werden können.<br />

● Es entsteht eine hohe Produkte- und Prozessvielfalt,<br />

welche nur schwer in der<br />

Montage händelbar ist.<br />

● Durch die Komponenten- und Prozessvielfalt<br />

entsteht ein hoher Aufwand in der<br />

Entwicklung, was zu unsicheren Prozessen<br />

und langen Entwicklungszeiten führt.<br />

● Der Koordinations- und Abstimmungsaufwand<br />

zwischen Produkt-, Prozessentwicklung,<br />

Qualität und der Produktion<br />

wird enorm (Projektteam, Zulieferanten,<br />

Standorte, etc.).<br />

Die Komplexität der Produkte in Verbindung<br />

mit der Variantenvielfalt stellt daher<br />

hohe Anforderungen an das Produktdesign<br />

und die Fertigungskonzepte, um wirtschaftlich<br />

produzieren zu können.<br />

3 Konzept von Krupp Presta<br />

Krupp Presta begegnet der Variantenvielfalt<br />

und Komplexität durch:<br />

● automationsgerechte modulare Produktgestaltung<br />

● standardisierte Montageprozesse<br />

● modulare und flexible Montagekonzepte


43<br />

Hochautomatisierte Fertigung von Baugruppen für Lenksäulen<br />

3.1 Automationsgerechte<br />

modulare Produktgestaltung<br />

Durch modularen Aufbau der Produkte<br />

wird die Produktkomplexität beherrschbar.<br />

Baugruppen werden funktional und physisch<br />

unabhängig und können für mehrere<br />

Kunden eingesetzt werden. Dies erhöht die<br />

Stückzahlen und schafft die Basis für eine<br />

vollautomatisierbare und damit wirtschaftliche<br />

Massenfertigung (Bild 2).<br />

3.2 Standardisierte Montageprozesse<br />

Die Herstellung von Sicherheitsbauteilen<br />

bei Krupp Presta erfolgt auf Basis weitgehend<br />

standardisierter Verbindungstechnologien<br />

(z.B. Fügeprozesse, Verstemmoperationen,<br />

Taumelnieten, Zwick-/Stauchprozesse<br />

und alternative Technologien).<br />

Die Prozessabsicherung erfolgt über<br />

geregelte Prozesse mit automatischer<br />

Qualitätsüberwachung (kritische Prozesse<br />

werden zu 100 % während des Montagevorganges<br />

überwacht) (Bild 3).<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Darstellung einer Kraft-Wegmessung (Bild 3)<br />

3.3 Analyse und Auswertung der<br />

Betriebs-, Produktions- und<br />

Qualitätsdaten<br />

Über eine standardisierte Rezeptur werden<br />

typenspezifisch Produkt-, Maschinenund<br />

Qualitätsparameter definiert (Bild 4).<br />

Die während der Produktion anfallenden<br />

Daten werden fortlaufend erfasst und sind<br />

die Basis für Prozess- und Designverbesserungen<br />

(Bild 5).<br />

Eine standardisierte Ausschussbehandlung<br />

garantiert, dass bei Über- oder Unterschreitung<br />

der Toleranzgrenzen die Aus-<br />

schussteile automatisch entsorgt werden.<br />

Dadurch wird sichergestellt, dass nur Gut-<br />

Teile in weiteren Montageschritten verbaut<br />

werden.<br />

4 Beispiel einer hochautomatisierten<br />

Montagelinie bei<br />

Krupp Presta<br />

Standardisierte Prozesse sowie modulare<br />

Produktgestaltung waren die Voraussetzung<br />

für ein flexibles und modular erweiterbares<br />

Montagekonzept. Nachfolgend wird<br />

am Beispiel einer Gelenkwellenmontagelinie<br />

die Krupp Presta-Montagephilosophie<br />

erläutert:<br />

4.1 Ausgangssituation<br />

1998/99 wurde eine Montagelinie für die<br />

Fertigung von Lenkwellen und Lenkspindeln<br />

(drehmomentübertragendes Element<br />

der Lenksäule) beschafft. Die Beschaffung<br />

erfolgte aufgrund der Bestellung von 1,2<br />

Mio Lenkwellen eines namhaften Kunden.<br />

Weitere Aufträge unterschiedlichster Kunden<br />

waren bereits im Hause. Das Design<br />

für diese Aufträge war jedoch noch sehr<br />

unklar. Um eine wirtschaftliche Fertigung zu<br />

ermöglichen, wurde die Anlage kapazitäts-<br />

Typen- und Parameterverwaltung in der Rezeptur (Bild 4) Histogramm/Zeitlicher Verlauf der Einzelwerte (Bild 5)


44<br />

Hochautomatisierte Fertigung von Baugruppen für Lenksäulen<br />

Produktaufbau einer Lenkwelle (Bild 6)<br />

mäßig für 4,5 Mio Stück/Jahr ausgelegt.<br />

Damit war die Voraussetzung geschaffen,<br />

das gesamte Auftragsspektrum abzudecken.<br />

Einer hochautomatisierten Anlage<br />

stand damit nichts mehr im Wege. Um die<br />

Auslastung bestehender Montageanlagen<br />

wie auch der neu zu beschaffenden Montagelinie<br />

möglichst hoch zu halten, wurde der<br />

Ausbau stufenweise geplant. Im Endausbau<br />

besteht der gesamte Montageverbund<br />

aus 7 Montageeinheiten, jede Einheit kann<br />

sowohl im Verbund als auch einzeln betrieben<br />

werden.<br />

Anforderungen an das Maschinenkonzept<br />

waren:<br />

● Abdeckung des Produktespektrums<br />

(Auslegung auf max. Bauraum des<br />

Produktespektrums)<br />

● kurze Rüstzeiten<br />

● Integrationsmöglichkeit von zusätzlichen<br />

Modulen (Modulbauweise)<br />

● Wiederverwendbarkeit der Montagemodule<br />

● stufenweiser Ausbau bis hin zu einer<br />

Vollautomation<br />

● jede Montageeinheit muss einzeln<br />

betrieben werden können<br />

● durchgängiges Konzept für Maschinen-,<br />

Betriebs- und Qualitätsdatenerfassung<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

4.2 Ausbaustufe 1:<br />

Schiebewellenmontage<br />

Funktionen der Schiebewelle sind:<br />

● Montageeinbauhilfe beim Kunden ins<br />

Fahrzeug<br />

● Zusammenfahren der Lenkwelle im<br />

Crashfall<br />

In der ersten Stufe wurde die Schiebewellenmontage<br />

realisiert (Bilder 7 bis 9).<br />

Diese besteht aus 36 Einzelmontagemodulen<br />

und 5 Messmodulen. Um der hohen<br />

Taktzeitanforderung zu genügen, wurde ein<br />

starr verketteter Lineartransfer (Taktkette)<br />

gewählt, aufgebaut aus Einzelmodulen.<br />

Die Taktzeit der Kette beträgt 0,5 sec, die<br />

Gesamttaktzeit der Maschine 3,5 sec. je<br />

Ausbaustufe 1: Schiebewellenmontage mit manueller Teileeingabe (Bild 7)<br />

Teil. Bis dahin bestehende Lösungen<br />

haben eine Taktzeit, die um den Faktor 2,5<br />

mal höher ist. Durch Vereinheitlichung der<br />

Werkstückgreifbereiche konnten die normalerweise<br />

produktspezifischen Werkstückaufnahmen<br />

entfallen, dies führte zu massiven<br />

Rüstzeitreduktionen. Dadurch wurde es<br />

möglich, ein großes Typenspektrum auf der<br />

Anlage zu realisieren, derzeit ca. 15 verschiedene<br />

Produkte. Auf eine Vollautomatisierung<br />

der Zuführtechnik wurde zu diesem<br />

Zeitpunkt aufgrund des Mengengerüstes<br />

noch verzichtet.<br />

4.3 Ausbaustufe 2:<br />

Erweiterung Zuführtechnik,<br />

Taumelnieten und Kreuzgelenkmontage<br />

1<br />

Zuführtechnik<br />

Derzeit werden ca. 50–60 diverse Gabelkomponenten<br />

verbaut, ebensoviele Wellen<br />

und Rohre in unterschiedlichen Dimensionen.<br />

In dieser Stufe wurde die vollautomatische<br />

Zuführung der Komponenten<br />

realisiert (Bild 10).<br />

Fügen Gabel/Welle mit anschließendem<br />

Taumelnieten<br />

Aufgrund der Mengenerhöhungen sowie<br />

dem Anlauf neuer Produkte wurde zusätzli-


45<br />

Hochautomatisierte Fertigung von Baugruppen für Lenksäulen<br />

Teilansicht der Schiebewellenanlage (Bild 8) Blick in ein Funktionsmodul (Bild 9)<br />

che Taumelnietkapazität benötigt und realisiert.<br />

Damit ist es möglich, die bis dahin<br />

auf einer Vormontagemaschine gefertigte<br />

Taumelnietverbindung online zu fertigen.<br />

Kreuzgelenkmontage 1<br />

Die Kreuzgelenkmontage, Verbindung<br />

von weiteren 9 Komponenten, wurde in<br />

dieser Ausbaustufe aufgrund der Mengenkapazität<br />

realisiert.<br />

4.4 Ausbaustufe 3:<br />

Erweiterung um Kreuzgelenkmontage<br />

2<br />

Die dritte Ausbaustufe ist derzeit in der<br />

Realisierung. Es ist ein identischer Nachbau<br />

des Moduls 1 und wird im Mai 2001 in<br />

den Anlagenverbund integriert werden<br />

(Bild 11). Ab diesem Zeitpunkt werden alle<br />

Lenkwellen online gefertigt werden.<br />

4.5 Erzielte Effekte<br />

Die flexible hochautomatisierte Gelenkwellenmontage<br />

führt bei Krupp Presta zu<br />

folgenden Verbesserungen:<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

● Personaleinsparung im Vergleich zu alten<br />

Konzepten ca. 14 Mitarbeiter/Schicht<br />

● Montagekostenreduzierung um ca. 30<br />

bis 40 Prozent<br />

● höhere Personalqualifizierung der<br />

Mitarbeiter durch erhöhte technische<br />

Anforderung<br />

● kürzere Durchlaufzeiten durch Online-<br />

Fertigung der Baugruppe Lenkwelle<br />

● hohe Flexibilität (15 verschiedene Lenkwellen<br />

und Spindeln)<br />

● kundengerechte Produktion durch<br />

Online-Fertigung<br />

● kurze Rüstzeiten der Montageanlagen<br />

● kürzere Qualitätsregelkreise (Vormontagestufen<br />

wurden eliminiert, durchgängiges<br />

Betriebs-/Maschinen- und<br />

Qualitätsdatenerfassungskonzept<br />

realisiert)<br />

● Reduktion der Umlaufbestände<br />

● Vereinfachung der Auftragsdurchsteuerung<br />

(Disposition)<br />

Ausbaustufe 2: Erweiterung des Produktionsverbundes um zwei weitere Anlagen mit automatisierter<br />

Teileeingabe (Bild 10)


46<br />

5 Fazit<br />

Hochautomatisierte Fertigung von Baugruppen für Lenksäulen<br />

Ausbaustufe 3: Erweiterung des Produktionsverbundes um eine weitere Kreuzgelenkmontage mit<br />

automatisierter Teileeingabe (Endausbau) (Bild 11)<br />

Eine hochautomatisierte und flexible<br />

Montage beginnt mit der modularen Produktgestaltung<br />

(Design). Dadurch wird die<br />

Produktkomplexität beherrschbar. Die Baugruppen<br />

werden weitgehend kundenunabhängig.<br />

In Verbindung mit standardisierten<br />

Montageprozessen wird es möglich, durch<br />

modular und flexibel ausgelegte Montagekonzepte<br />

Baugruppen in hohen Stückzahlen<br />

zu erzeugen. Dies rechtfertigt einen<br />

hohen Automatisierungsgrad und führt<br />

zu einer wirtschaftlichen Fertigung der<br />

Produkte.<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000


47<br />

Dr.-Ing. Karsten Kroos,<br />

Dr.-Ing. Henry Puhl<br />

Moderne Logistik-Systeme für komplexe Modul-Lieferungen<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Elemente moderner Logistik-Systeme (Bild 1)


48<br />

Moderne Logistik-Systeme für komplexe Modul-Lieferungen<br />

1 Ausgangssituation<br />

Die gesamte Automobilindustrie, angefangen<br />

bei den Fahrzeugherstellern über<br />

die Systemlieferanten bis hin zu den Teileund<br />

Werkstofflieferanten, arbeitet permanent<br />

an Innovationen, die nachhaltige Veränderungen<br />

bei Produkten und Prozessen<br />

nach sich ziehen. Um die Innovationen in<br />

kurzer Zeit und mit höchster Qualität in<br />

erfolgreiche Produkte umsetzen zu können,<br />

gewinnen Systemlieferanten zunehmend an<br />

Bedeutung, die sich als strategische Partner<br />

der Fahrzeughersteller in die Entwicklung<br />

und Produktion komplexer Systeme<br />

einbringen und die dafür erforderlichen<br />

Ressourcen und Kompetenzen aufbauen.<br />

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung<br />

hat auch <strong>ThyssenKrupp</strong> Automotive (TKA)<br />

sein Leistungsspektrum kontinuierlich weiterentwickelt,<br />

um sich den neuen Anforderungen<br />

zu stellen. Neben der Produktion<br />

von Komponenten in den vier Business<br />

Units Body, Chassis, Powertrain und<br />

Systems/Suspensions sind heute die<br />

angrenzenden Bereiche der Wertschöpfungskette<br />

integriert. Vor allem die Konzeption<br />

und Entwicklung von Systemlösungen<br />

bis zur Serienreife sowie die Montage und<br />

Logistik bis zum Einbaupunkt beim Fahrzeughersteller<br />

bilden als Dienstleistungen<br />

neue Tätigkeitsschwerpunkte.<br />

Die Internationalisierung der Märkte hat<br />

dazu geführt, dass neben Europa und den<br />

USA heute die Länder Süd- und Mittelamerikas<br />

sowie Asiens als Zukunftsmärkte<br />

betrachtet werden, deren Fahrzeugbedarfe<br />

hohe Wachstumsraten erwarten lassen. Die<br />

Folge dieser Erkenntnis ist eine zunehmende<br />

Globalisierung der Fahrzeughersteller,<br />

die weltweit Produktionswerke errichten,<br />

um vor allem die lokalen Märkte direkt zu<br />

bedienen und von den häufig deutlich<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

geringeren Produktionskosten zu profitieren.<br />

Im Zuge dieser Entwicklung folgen die<br />

Systempartner ihren Kunden, um diese auf<br />

den globalen Märkten beliefern zu können.<br />

Als Ergebnis der Globalisierung entstehen<br />

für Modulbelieferungen der Fahrzeughersteller<br />

weltweite Entwicklungs- und Produktionsnetzwerke,<br />

deren Koordination und<br />

inhaltliche Umsetzung höchste Anforderungen<br />

an die Kompetenz und das Leistungsvermögen<br />

der beteiligten Unternehmen<br />

stellt (Bild 1). Ein wesentlicher Bestandteil<br />

dieser komplexen Netzwerke sind moderne<br />

Logistik-Systeme.<br />

2 Systemintegration und Logistikdienstleistung<br />

durch Krupp Automotive<br />

Systems<br />

Die Krupp Automotive Systems GmbH<br />

(KAS) mit Sitz in Bochum wurde vor ca.<br />

5 Jahren gegründet, um den Übergang von<br />

der Komponente zum System durch eine<br />

Reihe moderner Dienstleistungen im Sinne<br />

einer kompetenten Systemintegration zu<br />

gestalten.<br />

Standorte von Krupp Automotive Systems (KAS) (Bild 2)<br />

Als Ergebnis erfolgreich abgeschlossener<br />

Planungs- bzw. Entwicklungsprojekte<br />

betreibt KAS heute eine Reihe internationaler<br />

Produktionsstandorte (Bild 2). In Europa<br />

werden komplett montierte Vorder- und<br />

Hinterachsen für das Porsche Werk in<br />

Zuffenhausen, Corner Module für den<br />

Landrover Freelander in Coventry (GB) oder<br />

das Antriebsmodul für den Smart in Hambach<br />

geliefert. In Werdohl entsteht ein Produktionszentrum<br />

für Nutzfahrzeugsysteme,<br />

in dem die Bearbeitung und Montage beispielsweise<br />

für Fahrerhauslagerungen<br />

für Volvo und Iveco erfolgt. In Südamerika<br />

werden unterschiedliche Achsmodule für<br />

VW, GM und Ford an Standorten in Sao<br />

Paulo, Curitiba und Iberite gebaut.<br />

Die Komponenten kommen aus TKA<br />

Unternehmen genauso wie von externen<br />

Zulieferbetrieben, die einzelne Bauteile<br />

oder Untermodule bereitstellen. Für Achssysteme<br />

werden beispielsweise Federbeinmodule<br />

von Bilstein, Stabilisatoren von<br />

Krupp Hoesch Federn oder Konsolen von<br />

Kloth Senking geliefert, während Hilfsrahmen<br />

oder Bremsscheiben auch von externen<br />

Anbietern bezogen werden. KAS ist


49<br />

Moderne Logistik-Systeme für komplexe Modul-Lieferungen<br />

Drei Segmente von Logistik-Systemen (Bild 3)<br />

neben der Endbearbeitung und abschließenden<br />

Montage der verschiedenen<br />

Bauteile auch für die Planung, Umsetzung<br />

und den Betrieb des Logistik-Systems des<br />

kompletten Produktionsnetzwerkes verantwortlich.<br />

3 Bedeutung und Aufbau von<br />

Logistik-Systemen<br />

An Logistik-Systeme werden auf Grund<br />

ihrer Bedeutung für die Funktion des<br />

gesamten Produktionsnetzwerkes höchste<br />

Anforderungen gestellt. In erster Linie müssen<br />

sie reaktionsschnell und flexibel gestaltet<br />

sein, um die nahezu permanenten Veränderungen<br />

nachvollziehen und Störungen<br />

ausgleichen zu können. Zudem ist eine<br />

hohe Logistikqualität zu gewährleisten.<br />

Darunter wird zum einen hohe Termintreue<br />

bei kurzen Lieferzeiten verstanden. Zum<br />

anderen bedeutet Logistikqualität die vereinbarungsgemäße<br />

Lieferung der Bauteile,<br />

was neben der einwandfreien Produktqualität<br />

nach Lagerung, Handling und Transport<br />

auch die Vollständigkeit und Richtigkeit<br />

der Lieferinformationen wie Auftrags-,<br />

Produkt- oder Herstelleridentifikation<br />

einschließt.<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Logistik-Systeme müssen trotz der<br />

hohen Anforderungen hinsichtlich Reaktionsschnelligkeit,<br />

Flexibilität und Qualität<br />

möglichst ressourcenschonend betrieben<br />

werden, um nicht die Vorteile der kundennahen<br />

Bearbeitung und Montage zu kompensieren.<br />

Um die Kosten gering zu halten,<br />

arbeiten die KAS-Logistik-Systeme mit<br />

einer schlanken Mitarbeiterstruktur, die<br />

eine möglichst präventive und robuste Auslegung<br />

der logistischen Prozesse sowie<br />

Beispiel für die Planung von Haupttransportströmen (Bild 4)<br />

eine umfassende und generelle Kompetenz<br />

der Mitarbeiter voraussetzt.<br />

Vor dem Hintergrund dieser Anforderungen<br />

gewinnt eine möglichst frühzeitige und<br />

entwicklungsbegleitende Planung der Logistik-Systeme<br />

an Bedeutung. Aus der Sicht<br />

von KAS untergliedern sich Logistik-Systeme<br />

in die drei Segmente der Beschaffungs-,<br />

Produktions- und Bereitstellungslogistik<br />

(Bild 3). Die Beschaffungslogistik beschäftigt<br />

sich mit der Anlieferung von Einzelteilen<br />

und Komponenten bis zu dem KAS Montagewerk.<br />

Die Produktionslogistik koordiniert<br />

und versorgt die internen Bearbeitungsund<br />

Montageprozesse im KAS Werk. Die<br />

Bereitstellungslogistik umfasst alle Tätigkeiten<br />

nach der Montage bei KAS bis zum Einbau<br />

am Fertigungsband des Fahrzeugherstellers.<br />

Im Mittelpunkt dieser drei Logistiksegmente<br />

stehen der Material- und der<br />

Informationsfluss.


50<br />

4 Materialfluss<br />

Moderne Logistik-Systeme für komplexe Modul-Lieferungen<br />

4.1 Transportwege und Transportmittel<br />

Die Gestaltung der externen Materialflüsse<br />

bildet die Grundlage für die Verkettung<br />

der verschiedenen Partner im Produktionsnetzwerk<br />

(Bild 4). Im Rahmen der Beschaffungslogistik<br />

geht es hier um die Auswahl<br />

der Routen sowie der geeigneten Transportmittel.<br />

Die höchste Flexibilität und Wirtschaftlichkeit<br />

im Rahmen der Beschaffungslogistik<br />

weist der Lkw-Transport auf.<br />

Genauso werden aber auch Schienen- und<br />

Wasserwege genutzt, die insbesondere für<br />

Lieferungen nach Übersee geeignet sind.<br />

Wichtig ist die Ausarbeitung alternativer<br />

Transportstrategien. Für den Fall einer<br />

unerwarteten Störung kann mit ihrer Hilfe<br />

auf eine andere Route oder ein anderes<br />

Transportmittel ausgewichen werden, um<br />

ein Abreißen der Lieferkette zu vermeiden.<br />

Neben Luftfrachten werden dabei alternative<br />

Speditionen oder kleine und flexiblere<br />

Kurierdienste eingesetzt. Ebenso wichtig ist<br />

die Nutzung von Synergien. Dazu werden<br />

die Transportströme von gesamt TKA ständig<br />

analysiert und möglichst effektiv<br />

gebündelt, um Skaleneffekte zu realisieren<br />

und Kosten zu senken.<br />

Der Materialtransport zwischen den KAS-<br />

Montagewerken und den Kundenstandorten<br />

muss in den meisten Fällen sehr viel<br />

kurzfristiger und just-in-sequence abgewickelt<br />

werden. Für die Bereitstellungslogistik<br />

wird daher häufig ein Shuttle-Service<br />

eingesetzt, der schneller reagieren kann,<br />

eine hohe terminliche Präzision realisiert<br />

und gegen Störungen robuster ist. Das Beispiel<br />

für eine „Shuttle-Bereitstellung“ findet<br />

sich bei der Montage der Corner Module<br />

des Freelander von KAS UK in Coventry an<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Prinzipdarstellung logistischer Planungspunkte (Bild 5)<br />

Landrover und bei der Achsmontage für<br />

das Porsche Werk in Zuffenhausen. Für den<br />

Fall, dass KAS sein Montagewerk unmittelbar<br />

auf dem Gelände des Kunden errichtet<br />

hat, findet häufig ein direkter Anschluss an<br />

das Transportnetz des Kunden statt. Ein<br />

solches „on-side-Konzept“ ist beispielsweise<br />

bei der MCC-Fertigung in Hambach<br />

umgesetzt.<br />

Die Produktionslogistik definiert die internen<br />

Transportströme innerhalb eines KAS-<br />

Montagewerkes. Da die internen Transporte<br />

zwischen den verschiedenen Lagern sowie<br />

den Bearbeitungs- und Montagestationen<br />

mit einer sehr hohen Frequenz erfolgen,<br />

steht hier die materialflussgerechte Optimierung<br />

des Hallenlayouts im Vordergrund.<br />

Ziel muss ein möglichst übersichtlicher und<br />

ressourcenschonender Aufbau sein. Neben<br />

konventionellen Transportmitteln wie<br />

Gabelstaplern, Hubwagen oder Kranen<br />

können dabei auch automatische Flurförderzeuge<br />

eingesetzt werden, die jedoch<br />

erst bei größeren Stückzahlen wirtschaftlich<br />

sind. Ebenfalls können Transportsysteme<br />

über Kopf oder unter dem Boden geführt<br />

werden, um Raum und Übersichtlichkeit zu<br />

gewinnen.<br />

4.2 Lagersysteme und Wareneingang/Warenausgang<br />

Knotenpunkte zwischen den Transportwegen<br />

im Produktionsnetzwerk bilden die<br />

Wareneingänge und -ausgänge sowie die<br />

verschiedenen Lagersysteme der beteiligten<br />

Werke (Bild 5). Lagersysteme beinhalten<br />

neben den zentralen Lagerpunkten<br />

auch die meist dezentralen Bereitstellungsflächen<br />

unmittelbar an den Bearbeitungsund<br />

Montagestationen. Lager können<br />

grundsätzlich als Regal- oder Blocklager<br />

ausgeführt werden. Im Vordergrund muss<br />

die Gewährleistung des Prinzips „First-In-<br />

First-Out“ (FiFo) stehen, um das Material<br />

oder die Halbzeuge mit der längsten Liegezeit<br />

in die aktuelle Produktion einzuschleusen<br />

und eine unnötige „Produktalterung“<br />

im Lager zu vermeiden. Besonders bewährt<br />

haben sich dabei Durchlaufregalsysteme,


51<br />

Moderne Logistik-Systeme für komplexe Modul-Lieferungen<br />

deren Gänge von der einen Seite beschickt<br />

und von der anderen Seite entnommen<br />

werden. Neben der Minimierung von Transportwegen<br />

und Flächenbedarfen steht insbesondere<br />

bei den Bereitstellungsflächen<br />

ein auf die Arbeitsfolge der anschließenden<br />

Produktion abgestimmtes Layout im Mittelpunkt.<br />

Die Schnittstelle zwischen Bereitstellungs-<br />

und Einbaupunkt muss dabei so<br />

ausgelegt sein, dass Verwechslungsmöglichkeiten<br />

ausgeschlossen, ein einfaches<br />

Handling sichergestellt sowie die Entnahme-<br />

und Transportzeiten möglichst gering<br />

gehalten werden.<br />

Für die Abwicklung des Wareneingangs<br />

und -ausgangs sind die Auslegung der Verladepunkte<br />

sowie deren Organisation von<br />

besonderer Bedeutung. Die Kapazitäten<br />

der Laderampen sind auf die Produktionsund<br />

Liefermengen abzustimmen. Ihr Layout<br />

muss einen flüssigen Anlieferverkehr<br />

garantieren, der gegenseitige Störungen<br />

zwischen den verschiedenen Anlieferunternehmen<br />

ausschließt. Hohe Anforderungen<br />

stellt die Koordination der Anliefer- und<br />

Verladezeitpunkte. Infolge des hohen Zulieferanteils<br />

und der damit verbundenen Liefermengen<br />

an die KAS-Montagewerke<br />

müssen die Zeitpunkte der Anlieferung<br />

genau abgestimmt werden, um unnötige<br />

Wartezeiten und daraus eventuell resultierende<br />

Engpässe bei der Versorgung zu vermeiden.<br />

Nur durch genau festgelegte Zeitfenster<br />

für jede Lieferung kann mit einem<br />

wirtschaftlich optimalen Personaleinsatz<br />

seitens KAS gearbeitet werden.<br />

Die Anforderung einer In-Sequenz-Belieferung<br />

der Kunden macht für den Warenausgang<br />

die Einrichtung von Sequenzierungsflächen<br />

notwendig. Für den Fall, dass<br />

die Sequenzierung erst beim Kommissionieren<br />

der Kundenlieferung erfolgt, werden<br />

die bereits komplett montierten Systeme aus<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

den nach Varianten sortierten Transportbehältern<br />

gemäß der abgerufenen Sequenz<br />

neu sortiert (Bild 6). Da nur noch die<br />

Sequenzierung fertiger Systeme erfolgt,<br />

können sehr kurze Vorlaufzeiten beim Abruf<br />

realisiert werden. Allerdings sollte die Variantenzahl<br />

gering sein, da sonst zu viele<br />

Komplettsysteme auf Lager vorgehalten<br />

werden müssen, die eine unnötig hohe<br />

Kapitalbindung verursachen. Dieses Prinzip<br />

wird beispielsweise bei der Bereitstellung<br />

des Luftfedersystems von KAS UK an<br />

Jaguar in Coventry Anwendung finden.<br />

Eine Alternative ist die Montage in Sequenz<br />

bei KAS. Nach Vorgabe der Bereitstellungs-<br />

Sequenz durch den Kunden werden beispielsweise<br />

auf speziellen Kommissionierwagen<br />

alle Bauteile eines individuell spezifizierten<br />

Systems zusammengestellt und<br />

der Montage bei KAS in der geforderten<br />

Sequenz zugeführt. Nach der Montage werden<br />

die verschiedenen Systeme direkt in<br />

Sequenz verladen und dem Kunden unmittelbar<br />

bereitgestellt. Dieses Prinzip wurde<br />

zum Beispiel bei der Bereitstellung der Vorder-<br />

und Hinterachssysteme von KAS<br />

Zuffenhausen an Porsche umgesetzt. Die<br />

Vorgänge bei der Sequenzierung erfordern<br />

Beispiele für das Layout einer Sequenzierungsfläche (Bild 6)<br />

höchste Präzision und Sicherheit, um z.B.<br />

Verwechslungen zu vermeiden. Ebenfalls<br />

muss eine hohe Prozessgeschwindigkeit<br />

realisiert werden, da die kundenseitigen<br />

Vorlaufzeiten in der Regel sehr gering sind.<br />

4.3 Ladungsträger und<br />

Verpackungseinheiten<br />

Die Ladungsträger müssen sicherstellen,<br />

dass Bauteile, Komponenten und Systeme<br />

weder beim Transport, noch beim Handling<br />

oder der Lagerung in ihrer Qualität beeinträchtigt<br />

werden. Darüber hinaus müssen<br />

die Packungsdichten möglichst hoch<br />

gewählt werden, um die Transport- und<br />

Lagerkapazitäten optimal auszunutzen. Um<br />

die Kosten möglichst gering zu halten, ist<br />

KAS bemüht, Standard-Ladungsträger zu<br />

verwenden. Dazu zählen beispielsweise<br />

Kleinladungsträger (KLT) nach VDA Norm,<br />

Paletten oder Gitterboxen nach Euro-Norm.<br />

Diese Ladungsträger sind in großer Anzahl<br />

im Umlauf und dadurch günstig in Anschaffung<br />

sowie Wartung. Die Lagersysteme<br />

und Transportmittel sind ebenfalls<br />

auf die Standardmaße dieser Ladungsträger<br />

abgestimmt. Neben günstigen Baukos-


52<br />

Moderne Logistik-Systeme für komplexe Modul-Lieferungen<br />

Beispiele für Sonderladungsträger und Handhabungstechnik (Bild 7)<br />

ten bei der Lagereinrichtung ist damit<br />

auch die Kompatibilität der Lagersysteme<br />

unterschiedlicher Partner im Produktionsnetzwerk<br />

sichergestellt. Die Standardisierung<br />

hilft zudem, unnötige Leerguttransporte<br />

zu vermeiden, da die Ladungsträger<br />

nach dem Verbrauch nicht an den Lieferanten<br />

zurückgeführt werden müssen, sondern<br />

meist bereits beim Abnehmer oder in<br />

einem benachbarten Standort erneut beladen<br />

werden können.<br />

Um einen sicheren Transport zu gewährleisten<br />

müssen neben den Ladungsträgern<br />

auch Verpackungshilfsmittel wie Trenngitter<br />

aus Karton oder Spezialaufnahmen in Form<br />

von Tiefziehtrays vorgesehen werden. Die<br />

sehr individuelle Entwicklung solcher Verpackungshilfsmittel<br />

erfolgt in enger Anstimmung<br />

mit der Produktion von KAS und der<br />

Kunden, um Qualitätsanforderungen abzustimmen<br />

und die Positionierung der Teile<br />

so vorzusehen, dass eine ablaufoptimale<br />

Entnahme und Verarbeitung im Montageoder<br />

Bearbeitungsprozess gewährleistet<br />

ist.<br />

Bei der Bereitstellung kompletter Systeme<br />

kann häufig nicht auf allgemein defi-<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

nierte Standards zurückgegriffen werden.<br />

Die Systemabmaße liegen außerhalb dieser<br />

Standards und erfordern besondere Aufnahmen<br />

auf Grund der konstruktiven Komplexität<br />

der Bauteile. Die sichere Positionie-<br />

Herausforderung geschlossene Informationskreisläufe (Bild 8)<br />

rung ist zudem maßgeblich, um die Montageabläufe<br />

und Zuführungsvorrichtungen<br />

beim Fahrzeughersteller optimal zu unterstützen.<br />

Auch die Auslegung der Füllstückzahlen<br />

vor dem Hintergrund der Taktzeiten,<br />

dem vorgegebenen Vorlauf bei den Abrufen<br />

sowie den verfügbaren Bereitstellungsflächen<br />

stellt besondere Anforderungen an<br />

das Design dieser Sonderladungsträger<br />

(SLT) (Bild 7). Besteht ein System aus<br />

mehreren unterschiedlichen Modulen, die<br />

gemeinsam bereitgestellt werden sollen,<br />

werden Bereitstellungs-Kits entwickelt, auf<br />

denen die verschiedenen Module eines<br />

Systems so angeordnet werden, dass sie<br />

optimal in die Montagereihenfolge am<br />

Band des Fahrzeugherstellers eingeschleust<br />

werden können.


53<br />

Moderne Logistik-Systeme für komplexe Modul-Lieferungen<br />

5 Informationsfluss<br />

5.1 Steuerung und Überwachung<br />

Hauptziel der Logistik-Systeme ist es,<br />

das richtige Produkt zur richtigen Zeit am<br />

richtigen Ort zu haben. Die Schlagworte<br />

„just in time“ (JIT) und „just in sequence“<br />

(JIS) stehen für diese Forderung. Um<br />

die beschriebenen Materialflüsse zeitgerecht<br />

zu koordinieren, bedarf es eines sorgfältig<br />

detaillierten Informationsflusses, der<br />

die entscheidenden Impulse für die Entnahme,<br />

das Kommissionieren, Sequenzieren,<br />

die Bereitstellung oder den Transport<br />

auslöst. Dabei werden eine Vielzahl unterschiedlicher<br />

Informationen empfangen,<br />

analysiert, verarbeitet und weitergeleitet.<br />

Erfolgsbestimmend ist die Ausbildung<br />

geschlossener Informationskreisläufe<br />

(Bild 8). Ausgangspunkt des Informationsflusses<br />

ist in der Regel der Kundenabruf an<br />

das KAS-Montagewerk. In einer Informationskaskade<br />

werden daraus im Rahmen der<br />

Disposition KAS-interne Montage- oder<br />

Sequenzierungsaufträge bzw. externe<br />

Beschaffungsaufträge generiert. Dieses<br />

Vorgehen setzt sich stufenweise über Lieferanten<br />

und Unterlieferanten durch das<br />

gesamte Produktionsnetzwerk fort (Top-<br />

Down). Die generierten Aufträge werden in<br />

entsprechende Dokumente umgesetzt, die<br />

an die Warenein- oder -ausgänge sowie<br />

Transportsysteme oder Montagestationen<br />

weitergeleitet werden, wo sie die definierten<br />

Bearbeitungsimpulse auslösen. Der<br />

Abschluss der verschiedenen Operationen<br />

wird durch entsprechende Rückmeldungen<br />

bestätigt, wodurch nachfolgende Prozesse<br />

wie das Sequenzieren oder die Bereitstellung<br />

angestoßen werden (Bottom-Up). Am<br />

Ende der Informationskette steht die Meldung<br />

des Verbaus beim Kunden, der den<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Datenaustausch nach VDA-Standard (Bild 9)<br />

Kreislauf zum anfänglichen Abruf positiv<br />

schließt.<br />

Nur wenn die Informationskreisläufe aus<br />

Abrufen, Aufträgen und Rückmeldungen<br />

geschlossen sind, können die Forderungen<br />

nach Flexibilität, Reaktionsschnelligkeit und<br />

Zuverlässigkeit erfüllt werden. Auf der<br />

einen Seite kann so jeder planmäßige<br />

Abruf genauso wie jede unplanmäßige<br />

Störung ohne Zeit- und Inhaltsverlust an<br />

die betroffenen Punkte im Produktionsnetz<br />

weitergeleitet werden, um die vorgesehenen<br />

Materialflüsse und Bearbeitungsschritte<br />

oder bei Bedarf die alternativen Notfallstrategien<br />

einzuleiten. Auf der anderen<br />

Seite ist die Rückverfolgbarkeit durch alle<br />

Arbeitsstufen des Produktionsnetzwerkes<br />

für den Fall eines Fehlers sichergestellt,<br />

dessen Ursache zu ermitteln ist. In diesem<br />

Zusammenhang ist die Dokumentation und<br />

Archivierung der Informationen wichtige<br />

Schlüsselgröße.<br />

Neben der Steuerung der logistischen<br />

Impulse ist der Informationsfluss auch<br />

Grundlage für eine stetige Überwachung<br />

und Optimierung des gesamten Logistik-<br />

Systems. Rückmeldedaten geben beispielsweise<br />

Aufschluss über tatsächliche<br />

Transportzeiten, aufgetretene Störungen<br />

oder die Engpässe im Logistik-System.<br />

Reichweiten der Lagerbestände, Wiederbeschaffungszeiten<br />

der Unterlieferanten oder<br />

Bereitstellungsfrequenzen können auf<br />

Basis dieser Erkenntnisse vor dem Hintergrund<br />

aktueller Entwicklungen kurzfristig<br />

angepasst werden. Voraussetzung dafür ist<br />

der Aufbau eines logistischen Kennzahlensystems,<br />

das neben der Überwachung und<br />

Optimierung auch zur Bewertung von Logistikleistungen<br />

der Partner im Produktionsnetzwerk<br />

eingesetzt wird.<br />

5.2 Datenverarbeitung und<br />

IV-Systeme<br />

Die Verarbeitung der großen Datenmengen<br />

sowie das Schließen der Informationskreisläufe<br />

erfordert eine zuverlässige Eingabe,<br />

Verarbeitung und Übertragung der<br />

Daten. Die Dateneingabe stellt dabei eine<br />

der größten potenziellen Fehlerquellen dar.<br />

Manuelle Mehrfacheingabe an Schnittstel-


54<br />

Moderne Logistik-Systeme für komplexe Modul-Lieferungen<br />

len sollten durch direkte Verbindung der IV-<br />

Systeme (Informationsverarbeitung) möglichst<br />

weit reduziert werden. Ebenfalls<br />

gewährleistet die Erfassung und Eingabe<br />

von Produkt- oder Auftragsinformationen<br />

über ein Barcode-System eine deutlich<br />

höhere Sicherheit als die manuelle Eingabe.<br />

Insbesondere bei häufig unterbrochenen<br />

Transportketten sowie bei komplexen<br />

Kommissionier- oder Sequenzierungsarbeiten<br />

sollte eine lückenlose Kontrolle der<br />

Richtigkeit und Vollständigkeit mittels Barcode-System<br />

erfolgen. Voraussetzung für<br />

ein solches System ist die eindeutige Kennzeichnung<br />

von Bauteilen, Systemen und<br />

Ladungsträgern.<br />

Um eine verlustfreie Datenübertragung<br />

sicherzustellen sollte der Datenaustausch<br />

via EDI (Electronic Data Interchange) auf<br />

bestehenden Standards, beispielsweise<br />

denen des VDA, aufgebaut werden (Bild 9).<br />

Auf Grund der weiten Verbreitung dieser<br />

Standards können die Daten meist ohne<br />

größeren Anpassungsaufwand auch durch<br />

unterschiedlichste IV-Systeme der Partner<br />

verarbeitet werden. Bei Bedarf können die<br />

Logistikplanung als Bestandteil des Simultaneous Engineering (Bild 10)<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Standards um kunden- oder sequenzspezifische<br />

Sonderprotokolle ergänzt<br />

werden.<br />

Die Datenverarbeitung durch geeignete<br />

Anwendungssoftware (MRP, ERP, PPS-<br />

Systeme) übernimmt die weiter oben<br />

beschriebenen Steuerungs- und Überwachungsfunktionen<br />

und bildet damit die<br />

Grundlage für die Produktivität des gesamten<br />

Logistik-Systems. Für viele KAS-Werke<br />

ist ein zentrales IV-System in dem Rechenzentrum<br />

der TKIS (<strong>ThyssenKrupp</strong> Information<br />

Services) in Dortmund angesiedelt.<br />

Neben dem EDI-Server besteht hier Zugriff<br />

auf das SAP R3-System, das mit seinen<br />

Modulen (MM, SD, FI, PP, . . .) alle erforderlichen<br />

Funktionen abdeckt. Zur Kostenreduzierung<br />

werden insbesondere bei kleineren<br />

Montagewerken oder reinen Sequenzierungslagern<br />

auch weniger umfassende<br />

Softwareprodukte eingesetzt, die für den<br />

jeweiligen Anwendungszwecke optimal<br />

angepasst sind. Die Auswahl der geeigneten<br />

Software bildet heute einen weiteren<br />

Schlüsselfaktor für die Gesamteffizienz der<br />

Logistik-Systeme.<br />

6 Planung von Logistiksystemen<br />

Die Entwicklung leistungsfähiger Logistik-Systeme<br />

ist neben dem Engineering<br />

sowie der Fertigung und Montage eine<br />

maßgebliche Erfolgsgröße im komplexen<br />

Systemgeschäft. Um die vielfältigen und<br />

hohen Anforderungen in den vielen Bestandteilen<br />

des Logistiksystems umsetzen<br />

zu können, müssen diese bereits in frühen<br />

Phasen der Produktenwicklung konzipiert<br />

und kontinuierlich weiterentwickelt werden.<br />

Bereits bei der Angebotsabgabe werden<br />

heute detaillierte Darstellungen von Material-<br />

und Informationsfluss gefordert, um die<br />

Machbarkeit einer Systembelieferung<br />

bewerten zu können.<br />

Bei KAS ist daher die Planung und Optimierung<br />

der Logistikleistungen fester<br />

Bestandteil des Simultaneous Engineering<br />

(Bild 10). Der Einsatz eigens entwickelter<br />

Methoden und Werkzeuge zur Planung und<br />

Simulation schaffen die Grundlage für eine<br />

frühe Abstimmung mit Kunden und beteiligten<br />

Partnern. Dazu zählen beispielsweise<br />

die Anforderungsdefinition mittels eines<br />

Logistic-Function-Deployment (LFD), die<br />

Erstellung eines Logistik-Lastenheft, die<br />

Durchführung einer Logistik-FMEA, das<br />

Logistic-Design-For-Assembly (LDA), die<br />

Simulation von Lagerbestandsentwicklungen<br />

oder spezielle Kalkulationsverfahren<br />

zur Kostenbestimmung. In einem iterativen<br />

Verbesserungsprozess werden mit Hilfe<br />

dieser Werkzeuge zu Beginn verschiedene<br />

Alternativen ausgearbeitet und gemeinsam<br />

mit den Kunden bewertet, um dann stufenweise<br />

mit dem Fortschritt der Entwicklungsarbeiten<br />

auch die Logistikabläufe immer<br />

weiter zu detaillieren und zu determinieren.


55<br />

Dr.-Ing. Federico Vallese,<br />

Dr.-Ing. Andrea Minguzzi<br />

Einsatz von Warmschmiedetechniken zur Fertigung von Fahrwerkskomponenten<br />

für Erdbewegungsmaschinen<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Schmieden des Kettenrades (Bild 1)


56<br />

1 Einführung<br />

Einsatz von Warmschmiedetechniken zur Fertigung von Fahrwerkskomponenten<br />

für Erdbewegungsmaschinen<br />

Bei Raupenmaschinen dient der Begriff<br />

Fahrwerk (Bild 2) zur Beschreibung der<br />

Gruppe von Komponenten, die die Bewegung<br />

der Maschine ermöglichen.<br />

Die wichtigsten Teile sind:<br />

● die Kette, bestehend aus Kettengliedern,<br />

Gelenkbolzen, Laufbuchsen und Bodenplatten<br />

● obere und untere Laufrolle<br />

● das Vorderrad einschließlich Spannvorrichtung<br />

● das Kettenrad, über das die Kraft vom<br />

Übersetzungsgetriebe auf die Kette übertragen<br />

wird.<br />

Diese Komponenten, die prinzipiell aus<br />

warmgeschmiedeten Stahlteilen und einigen<br />

Gusseisenteilen bestehen, werden vor<br />

dem Zusammenbau spanenden Bearbeitungen<br />

und Wärmebehandlungen unterzogen.<br />

Zusätzlich zu ihrer konstruktiven<br />

Belastbarkeit müssen sie hinsichtlich der<br />

während des Betriebs der Maschine übertragenen<br />

Spannungen äußerst haltbar und<br />

verschleißfest sein.<br />

Das Fahrwerk ist insofern mit den Rädern<br />

eines Autos vergleichbar, als diese nach<br />

einer bestimmten Zeit, abhängig von den<br />

Betriebsbedingungen, der Bodenreibung<br />

und vielen anderen Faktoren, ausgewechselt<br />

werden müssen.<br />

Die technologische Innovation im Zusammenhang<br />

mit der Entwicklung dieses Produkttyps<br />

betrifft die metallurgischen Aspekte<br />

neuer, verschleißbeständigerer Werkstoffe<br />

und die Spezifikation leistungsfähigerer<br />

Wärmebehandlungen, die auf eine längere<br />

Lebensdauer des Fahrwerks abzielen.<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Aufbau und Komponenten eines Ketten-Fahrwerks (Bild 2)<br />

Leitrad<br />

Kette mit Bodenplatten<br />

Spannvorrichtung<br />

Neben der Produktinnovation ist einer<br />

der wichtigsten Aspekte bei der Forschung<br />

und Investition die Entwicklung neuer Fertigungsverfahren,<br />

Anwendungstechnologien,<br />

Fertigungssysteme und Automatisierungstechniken.<br />

Fahrwerkskomponenten werden mit<br />

geringer Wertschöpfung hergestellt: Sie<br />

sind in hohem Maß der Konkurrenz von<br />

Herstellern aus Ländern mit geringen<br />

Personalkosten ausgesetzt.<br />

Der strategische Faktor liegt daher in der<br />

folgenden Vorgehensweise:<br />

Entwicklung der Produktion von Berco (Bild 3)<br />

Laufrollen<br />

Kettenrad<br />

● Als Marktführer immer größere Marktanteile<br />

gewinnen, um effizientere<br />

Produktionssysteme für größere<br />

Produktionsmengen zu rechtfertigen;<br />

● Investieren in innovative und automatisierte<br />

Fertigungsverfahren, um gegenüber<br />

Produkten aus ärmeren Ländern<br />

wettbewerbsfähig zu bleiben;<br />

● Erweitern der Geschäftstätigkeit in der<br />

Branche durch höhere Wettbewerbsfähigkeit.<br />

Damit Berco, mit einem Produktionsziel<br />

von 200.000 Tonnen/Jahr<br />

(Bild 3), was im Jahr 2000 einem Drittel


57<br />

Einsatz von Warmschmiedetechniken zur Fertigung von Fahrwerkskomponenten<br />

für Erdbewegungsmaschinen<br />

der weltweiten Produktion von Fahrwerken<br />

entspricht, ihre technologische Bilanz<br />

halten kann, hat sich das Unternehmen<br />

zu einer bedeutenden Investition,<br />

nämlich zur Installation einer neuen<br />

Schmiedepresslinie im Werk Copparo,<br />

entschieden. Diese Linie zeichnet sich<br />

durch die Schmiedepresse von Müller<br />

Weingarten PZS 1200, „Maxi Presse“<br />

genannt, mit einer Nennleistung von<br />

144.000 kN aus. Es gibt nur eine weitere<br />

Presse dieser Größenordnung weltweit.<br />

2 Derzeitige Kettenrad-<br />

Technologie<br />

Kettenräder werden derzeit aus Stahlguss<br />

hergestellt.<br />

Die Phasen sind:<br />

● Gießen und Entgraten<br />

● Wärmebehandlung<br />

● Spanende Bearbeitung<br />

● Schlussbehandlung und Verpackung<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Die ersten beiden Schritte werden von<br />

externen Lieferanten ausgeführt. Beim<br />

Gießen des Kettenrads (Bild 4) werden die<br />

Sandformkästen mit Hilfe einer Modellgießplatte<br />

geformt, die je nach Produktionsvolumen<br />

aus Holz oder Aluminium bestehen<br />

kann. Für bestimmte Details ist ein Kern<br />

erforderlich, um das Mittelloch zu erzeugen.<br />

Um qualitativ hochwertige Gussteile zu<br />

erhalten, die vollständig gefüllt sind und<br />

keine Lunker aufweisen, müssen Speiser<br />

vorgesehen werden, die mit dem Gussteil<br />

verbunden sind. Aus diesem Grund ist das<br />

Gussstück doppelt so schwer wie das fertige<br />

Teil. Nachdem die Teile gegossen sind,<br />

werden sie entformt, von den Speisern<br />

befreit, entgratet und sandgestrahlt.<br />

Nach dem Entgraten werden sie einer<br />

Wärmebehandlung durch Normalglühen<br />

unterzogen.<br />

Die bei Berco durchgeführten Verfahrensschritte<br />

umfassen das Oberflächenhärten<br />

des gezahnten Bereichs, die spanende<br />

Bearbeitung sowie das Lackieren und Verpacken.<br />

Bei der spanenden Bearbeitung<br />

mancher Teile treten häufig Fehler, wie z.B.<br />

Gaseinschlüsse, zu Tage, die durch<br />

Schweißen und eine weitere spanende<br />

Bearbeitung beseitigt werden müssen<br />

(Bild 5).<br />

All dies ist mit erheblichen organisatorischen<br />

Problemen bei der Fertigung und<br />

Prüfung verbunden und verursacht zusätzliche<br />

Kosten.<br />

3 Neue Schmiedetechnik<br />

Mit der neuen Schmiedepresslinie sind<br />

die Produktionsphasen bis zum fertigen<br />

Produkt:<br />

● Schmiedepressen<br />

● Wärmebehandlung<br />

Stahlgießerei (Bild 4) Reparaturschweißen eines Kettenrades (Bild 5)<br />

● Spanende Bearbeitung<br />

● Schlussbehandlung und Verpackung<br />

Gegenüber dem derzeitigen Verfahren<br />

werden die Wärmebehandlung und die<br />

anschließende spanende Bearbeitung bei<br />

geänderter Anordnung rationalisiert. Aus<br />

diesem Grund soll hier in erster Linie auf<br />

das Schmiedeverfahren eingegangen<br />

werden.


58<br />

Einsatz von Warmschmiedetechniken zur Fertigung von Fahrwerkskomponenten<br />

für Erdbewegungsmaschinen<br />

3.1 Verfahrensablauf<br />

Ausgangsmaterial sind aus Eisenschrott<br />

hergestellte Stranggussbrammen.<br />

Diese werden mit einer Kreissäge kalt zu<br />

Rohlingen abgelängt, die mit einem 350-kg-<br />

Roboter palettiert werden.<br />

Ein identischer 350-kg-Roboter entlädt<br />

die Paletten und ein Manipulator belädt<br />

einen Drehherdofen (Durchmesser 12 m).<br />

Hier werden die Rohlinge auf 1.250 °C<br />

erwärmt.<br />

Ein weiterer Manipulator entnimmt die<br />

aufgeheizten Rohlinge dem Drehherdofen<br />

und führt diese einer hydraulischen 2.000-t-<br />

Schmiedepresse zu, in der die Teile vorgeformt<br />

werden.<br />

Ein Shuttle befördert die vorgeformten<br />

Teile anschließend zu einem Manipulator,<br />

der die Maxi-Presse, in der die Teile endgeformt<br />

werden, be- und entlädt.<br />

Von der Maxi-Presse aus gelangen die<br />

Teile mittels eines Manipulators in eine<br />

Stanzpresse. Hier wird der Pressgrat entfernt,<br />

der etwa 15% des Gewichts des<br />

gepressten Teils ausmacht.<br />

Der Manipulator entnimmt die entgrateten<br />

Teile aus der Abgratpresse und legt sie<br />

zum Abkühlen auf einen Förderer ab.<br />

Sobald die Teile abgekühlt sind, werden<br />

sie einer Wärmebehandlung durch Normalglühen<br />

unterzogen.<br />

3.2 Verfahrensvorteile<br />

Die Vorteile dieses neuen Verfahrens<br />

können wie folgt zusammengefasst<br />

werden:<br />

● Energieeinsparungen<br />

Die Energieeinsparungen resultieren<br />

hauptsächlich aus dem geringeren Vormaterialeinsatz<br />

für die Herstellung eines<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Teils. Während beim Gießen etwa 200%<br />

des Gewichts des fertigen Gussteils<br />

benötigt werden, genügen bei den zu<br />

pressenden Rohlingen etwa 115%.<br />

● Logistik<br />

Die Unterbringung der gesamten Kettenrad-Fertigungslinie<br />

in einem einzigen<br />

Bereich innerhalb des Werks hat zu<br />

bemerkenswerten logistischen Vorteilen<br />

geführt. Hinzu kommt, dass ein Nachschweißen<br />

der Teile, die nach der spanenden<br />

Bearbeitung Fehler auf Grund<br />

von Gaseinschlüssen aufweisen, entfällt.<br />

Die Verbesserung der Logistik hat auch<br />

zu verbesserten Vorlaufzeiten geführt, die<br />

auf die kürzeren Transportzeiten zurückzuführen<br />

sind.<br />

● Kosteneinsparungen<br />

Die oben beschriebenen Vorteile führen<br />

letztendlich zu Kostensenkungen (Bild 6).<br />

● Umweltbelastung<br />

Die Tatsache, dass in Gießereien Putzund<br />

Entgratungsarbeiten durchgeführt<br />

werden müssen, bedeutet eine starke<br />

Umweltbelastung für die Gießereien. Um<br />

eine einwandfreie Funktion des gegossenen<br />

Kettenrades zu gewährleisten, muss<br />

jeder Zahn einzeln entgratet werden, ein<br />

Vorgang, der mit einer hohen Lärm- und<br />

Staubentwicklung verbunden ist und<br />

daher eine besondere Belastung für das<br />

Personal darstellt. Beim Einsatz der<br />

Schmiedepresstechnik entfallen die Putzarbeiten<br />

gänzlich und der Aufwand<br />

zusätzlicher Entgratarbeiten ist minimiert.<br />

● Schließung von Gießereien<br />

Die geringe Produktqualität und der mit<br />

dem Entgraten und Umschmelzen verbundene<br />

hohe Arbeitsaufwand sowie die<br />

starke Umweltbelastung beim Einsatz der<br />

Gießtechnik hat zur Schließung einer zunehmenden<br />

Anzahl von Stahlgießereien<br />

Vergleich der Kostenstruktur für ein gegossenes und ein geschmiedetes Kettenrad (Bild 6)


59<br />

Einsatz von Warmschmiedetechniken zur Fertigung von Fahrwerkskomponenten<br />

für Erdbewegungsmaschinen<br />

geführt. Durch diesen stetigen Rückgang<br />

sind der Wettbewerb und die Wettbewerbsfähigkeit<br />

dieses Verfahrens in<br />

Ländern mit hohen Personalkosten<br />

gesunken.<br />

4 Die Maxi-Presse<br />

Die Hauptmerkmale der Spindelpresse<br />

PZS 1200 von Müller Weingarten (Bild 7)<br />

sind:<br />

Spindeldurchmesser 1.200 mm<br />

Nennpresskraft 144.000 kN<br />

Setzschlagkraft 325.000 kN<br />

Gesamthöhe der Maschine<br />

Gesamtgewicht der<br />

15,8 m<br />

Maschine 1.700 Tonnen<br />

Für die Installation der neuen Kettenrad-<br />

Fertigungslinie musste im Werk ein neues<br />

Gebäude errichtet werden, in dem alle<br />

Fertigungsschritte erfolgen, vom Schneiden<br />

der Rohlinge bis hin zur Verpackung.<br />

Bei der Installation wurden zahlreiche<br />

Ressourcen eingesetzt, um die Fundamentarbeiten<br />

für die Maxi-Presse und die<br />

Berechnung der seismischen Masse und<br />

des relativen Dämpfungssystems durchzuführen.<br />

Diese Berechnung war wegen des<br />

großen Drehmoments (ca. 51.000.000 Nm),<br />

das die Spindelpresse auf das Fundament<br />

überträgt, besonders schwierig. Die Maxi-<br />

Presse ist fest mit einer seismischen Masse<br />

verbunden, die ihr eine erhöhte Stabilität<br />

verleiht. Die seismische Masse ist wiederum<br />

in elastischen und viskoelastischen Vorrichtungen<br />

aufgehängt, die erforderlich<br />

sind, um die Übertragung der Presskraft<br />

auf das Fundament abzupuffern.<br />

Im Folgenden einige Daten zur Veranschaulichung<br />

der Größenordnung des<br />

Projekts:<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Seismische Masse<br />

Gewicht der seismischen Masse 1.900 t<br />

Beton 750 m3 Stahlarmierung 400 t<br />

Fundament<br />

Betonbedarf für das Fundament 4.800 m3 Stahlarmierung 600 t<br />

Der Transport der Presse war ebenfalls<br />

eine äußerst komplizierte Angelegenheit.<br />

Er erfolgte auf dem Wasserweg (Meer und<br />

Fluss) bis kurz vor Copparo und das letzte<br />

Stück auf dem Landweg. Für den Landtransport<br />

wurden spezielle Fahrzeuge eingesetzt,<br />

die in der Lage waren, Teile mit<br />

Einzelgewichten von bis zu 300 t zu transportieren.<br />

Die Maxi-Presse (Bild 7)<br />

5 Computergestütztes Schmieden<br />

Beim Pressvorgang ist eine Untersuchung<br />

der Materialflüsse von grundlegender<br />

Bedeutung, um eine optimale „Trennung“<br />

zwischen den vorformenden und<br />

formenden Arbeitsschritten zu erreichen,<br />

um ein Presswerkzeug mit hoher Lebensdauer<br />

zu erhalten und um eine vollständige<br />

Füllung mit geringst möglichen Ausschussmengen<br />

sicherzustellen. Zu diesem Zweck<br />

wurden spezielle Computerprogramme eingesetzt,<br />

wie z.B. Forge 2 und Forge 3. Um<br />

realistische Ergebnisse zu erzielen, ist es<br />

notwendig, die Materialeigenschaften und<br />

tribologischen Bedingungen während der<br />

Pressphase zu bestimmen. Es wurden zahlreiche<br />

Simulationen durchgeführt, um die


60<br />

Einsatz von Warmschmiedetechniken zur Fertigung von Fahrwerkskomponenten<br />

für Erdbewegungsmaschinen<br />

Simulation des Umformvorganges zu Beginn des Prozesses (Bild 8) Simulation des Umformvorganges am Ende des Prozesses (Bild 9)<br />

Daten anhand der bislang in der Praxis<br />

realisierten Ergebnisse zu überprüfen.<br />

Die Bilder 8 und 9 zeigen die Simulation zu<br />

Beginn (Bild 8) und am Ende (Bild 9) des<br />

Umformvorganges.<br />

Diese Untersuchung einschließlich Prüfungen<br />

und Simulationen ist unerlässlich,<br />

um die Rüstzeiten und Kosten der definitiven<br />

Ausrüstung zu senken, die angesichts<br />

deren Größe und Anzahl sonst sehr hoch<br />

wären.<br />

Neue Produktreihe „Berco Mining Product“ (Bild 10)<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

6 Ausblick<br />

Die Verfügbarkeit eines Systems mit<br />

erhöhter Kapazität hat es Berco ermöglicht,<br />

den Bergbaumarkt für sich zu erschließen.<br />

Um diesen Markt optimal zu nutzen, hat<br />

Berco vor kurzem eine neue Produktreihe<br />

mit der Bezeichnung BMP (Berco Mine Product)<br />

für Bergbau-Bagger bis 300 Tonnen<br />

auf den Markt gebracht (Bild 10).<br />

7 Abschließende Bemerkungen<br />

Der Einsatz der Maxi-Presse dient dem<br />

Ziel, ein nicht mehr wettbewerbsfähiges<br />

Verfahren durch ein Verfahren zu ersetzen,<br />

das auf neuen Technologien basiert.<br />

Die hohe Automatisierung ermöglicht es<br />

Berco, ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber<br />

Herstellern mit geringen Personalkosten<br />

auf dem Markt zu erhöhen. Eine positive<br />

wirtschaftliche Rendite sowie die oben<br />

beschriebenen Vorteile waren entscheidende<br />

Punkte, die das Management dazu<br />

bewogen haben, sich dieser schwierigen<br />

technologischen Herausforderung<br />

zu stellen.


61<br />

Dipl.-Ing. Thomas Minks<br />

Mit dem Laserstrahl den Schiffbau revolutionieren:<br />

Laserstrahlschweißen und -schneiden bei Blohm+Voss<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Produktpalette der Blohm+Voss GmbH (Bild 1)


62<br />

Mit dem Laserstrahl den Schiffbau revolutionieren: Laserstrahlschweißen und -schneiden bei Blohm+Voss<br />

1 Ziele und Vorteile<br />

Der Wettbewerb um die Erhaltung der<br />

Marktanteile auf dem Weltmarkt zwingt die<br />

europäischen Werften zu Strukturveränderungen<br />

mit dem Ziel, die Produktivität zu<br />

erhöhen. Dies gilt auch für die Werft<br />

Blohm+Voss GmbH in Hamburg, die sich<br />

einen guten Namen durch die Herstellung<br />

von Hochtechnologie-Schiffen wie Fregatten,<br />

Korvetten, schnellen Kreuzfahrtschiffen<br />

und Mega-Yachten erarbeitet hat (Bild 1).<br />

Die Basis zur Erreichung einer ausreichenden<br />

Steigerung der Produktivität ist u. a.<br />

die Fähigkeit, neue Fertigungstechnologien<br />

und verbesserte Messtechniken einzuführen<br />

und anzuwenden. In diesem Zusammenhang<br />

hat der Begriff der Genaufertigung<br />

im Stahlschiffbau in den letzten Jahren<br />

erheblich an Bedeutung gewonnen.<br />

Genaufertigung steht für das Fertigen in<br />

sehr engen Toleranzbereichen, welches<br />

den Montageaufwand durch den Wegfall<br />

von Richt- und Anpassarbeiten minimiert.<br />

Die Genaufertigung zeichnet sich besonders<br />

dadurch aus, dass die Nacharbeiten<br />

reduziert und die Durchlaufzeiten an kritischen<br />

Punkten minimiert werden und somit<br />

die Produktivität erhöht wird. Bei der heute<br />

üblichen Sektionsbauweise von Schiffen<br />

werden mächtige Moduleinheiten (Volumenbauteile,<br />

bestehend aus Wänden,<br />

Decks u. Schotten) in großen Hallen komplett<br />

vorgefertigt (Bild 2).<br />

Die zulässigen Abweichungen der<br />

Anschlusspunkte sind auf wenige Millimeter<br />

begrenzt. Vorwiegend die Endmontage<br />

der Sektionen zu Großsektionen und zum<br />

fertigen Schiff verursacht auf Grund von<br />

Maßungenauigkeiten in Form und Lage<br />

einen erheblichen Nacharbeitsaufwand.<br />

Hinzu kommt, dass die Qualität der Bauteile<br />

durch Richt- und Brennschneidarbeiten vor<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Ort verschlechtert werden. Eine einwandfreie<br />

Schweißnahtvorbereitung ist<br />

durch Zwangslagen, räumliche Enge und<br />

Zeitdruck nur schwierig zu erreichen. Der<br />

Aufwand der Anpassarbeiten wird in verschiedenen<br />

Quellen mit 15 bis 25 % des<br />

Gesamtaufwandes beziffert. Neben den<br />

verschiedenen Ansätzen aus dem Bereich<br />

der Genaufertigung im Schiffbau setzt<br />

Blohm+Voss auf die lasergestützte Fertigung<br />

passgenauer orthogonal ausgesteifter<br />

Blechfelder. Mit einer im Stahlschiffbau<br />

bisher nicht gekannten Präzision werden<br />

das Laserstrahlschneiden und das Laserstrahlschweißen<br />

praktiziert. Ziel ist der Ausstoß<br />

akkurater Bauteilefamilien, die gleichzeitig<br />

als Messmittel dienen können. Aus<br />

diesen Gründen ist die Einführung der<br />

Lasertechnologie ein großer Schritt in der<br />

Entwicklung und Qualität der Genaufertigung<br />

des Stahlschiffbaus.<br />

Folgende Technologien und Methoden<br />

wurden in der Vorfertigung eingeführt:<br />

Großsektionen (Bild 2)<br />

● Die Kombination aus Laserstrahlschneiden<br />

und Laserstrahlschweißen in einer<br />

Fertigungslinie, kombiniert mit einer<br />

komplexen Spanntechnik, die exaktes<br />

Vorpositionieren und Heftschweißungen<br />

von Bauteilen überflüssig macht.<br />

● Die Automatisierung der präzisen Fertigung<br />

von Schiffbaupaneelen mit erheblich<br />

geringeren thermischen Deformationen<br />

als bei herkömmlichen Fügeverfahren.<br />

● Die Neuausbildung der Stahlschiffsinnenstrukturen<br />

aus modularen, standardisierten,<br />

akkuraten Stahlbaugruppen,<br />

den so genannten Teilefamilien.<br />

Als erste Werft weltweit setzt Blohm+Voss<br />

mit umfassender Konsequenz auf innovative<br />

Fertigungstechnologien und betritt damit<br />

Neuland. Dies ist deshalb außerordentlich<br />

bemerkenswert, weil mehrere Jahrzehnte


63<br />

Mit dem Laserstrahl den Schiffbau revolutionieren: Laserstrahlschweißen und -schneiden bei Blohm+Voss<br />

schweißtechnischer Erfahrung nicht 1:1 auf<br />

das Laserstrahlschweißen übertragbar<br />

sind. Hervorragend ausgebildete Ingenieure<br />

sind gleichwohl überzeugt, den Schiffbau<br />

mit Augenmaß und Selbstbewusstsein zu<br />

revolutionieren.<br />

2 Voraussetzungen für den Einsatz<br />

der Lasertechnologie im<br />

Stahlschiffbau<br />

Die Schiffstypen des Blohm+Voss Portfolios<br />

(Fregatten, Korvetten, Mega-Yachten<br />

und schnelle Kreuzfahrtschiffe) haben<br />

gemeinsam, dass sie einen hohen Grad als<br />

Payload (Nutzgewicht) und eine hohe<br />

Dienstgeschwindigkeiten aufweisen. Diese<br />

Anforderungen bedingen für den Schiffskörper<br />

eine extreme Leichtbauweise.<br />

Um dem gewichtskritischen Anspruch<br />

der Produktpalette Rechnung zu tragen,<br />

hält der Trend zur Leichtbauweise auch im<br />

Stahlschiffbau an. Anders als herkömmliche<br />

Handelsschiffe, wie beispielsweise Containerschiffe,<br />

Massengutfrachter usw.,<br />

zeichnen sich die genannten Schiffstypen<br />

durch konstruktive Gemeinsamkeiten der<br />

Innenstruktur des Stahlschiffskörpers aus.<br />

Der Raum im Innern des Schiffs bleibt dem<br />

Gebrauch verschiedenster Aufgaben vorbehalten.<br />

Exemplarisch sind z.B. luxuriöse<br />

Kabinenbereiche oder die komplexe Elektronik<br />

im Maschinenkontrollraum einer<br />

Yacht oder eines Kreuzfahrtschiffes sowie<br />

die an Bord einer Fregatte zu einem Waffensystem-Schiff<br />

integrierten Waffen-, Sensor-<br />

und Elektronikanlagen. Die Pluralität<br />

der Raumnutzung im Schiffsinnern erfordert<br />

die vielfache Teilung in Längs- und<br />

Querrichtung.<br />

Hinter der Hülle (Außenhaut) finden sich<br />

demnach zahlreiche Decks, längslaufende<br />

Wände und querteilende Elemente, wie<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Laserstrahlschweißen eines T-Stoßes (Bild 3)<br />

Schotte und Querwände, die zu einem<br />

Tragwerk verbunden sind. Das ermöglicht<br />

im Vergleich zu z.B. Containerschiffen die<br />

Verwendung von sehr geringen Blech- und<br />

Profildicken. Versteifte Blechfelder mit einer<br />

Materialstärke von 4 mm sind keine Seltenheit.<br />

Konventionelle Schweißtechnik, im<br />

Besonderen bei großformatigen Dünnblechelementen,<br />

verursacht durch die eingebrachte<br />

Wärme enorme Verwerfungen und<br />

Spannungen in den Bauteilen. Diese thermischen<br />

Deformationen erschweren die<br />

Verbindung der zahlreichen räumlich verteilten<br />

Anschlusspunkte in der Vor- und<br />

Endmontage. Erst durch nochmalige,<br />

nachträglich gezielt eingebrachte Wärme<br />

(Flammrichten) werden Schweißkonstruktionen<br />

wieder in ihre Sollform überführt.<br />

Selbst mit hervorragend ausgebildetem<br />

Schweißpersonal verbleibt ein erheblicher<br />

Richtaufwand von mehreren tausend Stunden<br />

pro Schiff.<br />

Die zahlreichen Flächenbauteile in den<br />

Schiffen der Hamburger Werft liegen somit<br />

in einem Bereich, der, bedingt durch ihre<br />

geringen Blech- und Profildicken, besonders<br />

empfindlich auf thermische Einflüsse<br />

reagiert.<br />

Die Lasertechnologie mit ihrer geringen<br />

Wärmeeinflusszone setzt auf Grund minimaler<br />

thermischer Belastung neue Maßstäbe<br />

in der schiffbaulichen Fertigungstechnologie.<br />

240 km Laserschweißnaht pro Schiff<br />

geben einen Ausblick, welches Einsparungspotenzial<br />

die Einführung der Hochtechnologie<br />

bedeutet.<br />

Bei der Betrachtung fertigungsspezifischer<br />

Faktoren der Produkte gibt es demnach<br />

einen hohen Deckungsgrad zwischen<br />

konstruktiver Verwandtschaft, den Anforderungen<br />

an die Fertigungstechnik (Genaufertigung)<br />

und den Eigenschaften der Lasertechnologie.


64<br />

Mit dem Laserstrahl den Schiffbau revolutionieren: Laserstrahlschweißen und -schneiden bei Blohm+Voss<br />

Bei Handelsschiffen hingegen wünscht<br />

sich die Reederei ihr Transportgut „umgeben<br />

von möglichst wenig Schiff“. Große,<br />

zum Teil nach oben offene Laderäume sind<br />

die Folge. Blechdicken im Bereich von<br />

20 mm sind notwendig, um den Anforderungen<br />

der Längsfestigkeit des Schiffes zu<br />

genügen. Die Grenzen des industriell einsetzbaren<br />

Laserstrahlschweißens von<br />

Schiffbaustählen liegen indes zurzeit bei 10<br />

bis 12 mm.<br />

3 Eigenschaften der Lasertechnologie<br />

Wesentliche Merkmale und Vorteile beim<br />

Einsatz der Lasertechnologie zum<br />

Schweißen und Schneiden sind:<br />

Prozess<br />

● hohe Leistungsdichte<br />

● kleiner Strahldurchmesser<br />

● hohe Schweißgeschwindigkeiten<br />

● hohe Schneidgeschwindigkeiten<br />

● berührungsloses Werkzeug<br />

● Schweißen unter Atmosphäre möglich<br />

● Schweißen ohne Zusatzwerkstoff möglich<br />

Werkstück<br />

● geringe Wärmeeinflusszone<br />

● minimale thermische Belastung<br />

● geringer Verzug<br />

● Schweißen fertig bearbeiteter Bauteile<br />

möglich<br />

● unterschiedliche Werkstoffe schweißbar<br />

● wirtschaftlich einsetzbar bei Blechstärken<br />

bis 12 mm<br />

● oxidfreie Kanten mit hochgenauer<br />

Schnittkantengeometrie<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Anlage<br />

● kurze Taktzeiten<br />

● Anlagenverfügbarkeit > 90 %<br />

● gut automatisierbar<br />

4 Verfahrensvarianten<br />

Generell werden für das Laserstrahlschweißen<br />

und das Laserstrahlschneiden<br />

zwei unterschiedliche Verfahrensprinzipien<br />

eingesetzt.<br />

4.1 CO 2-Laserstrahlschweißen<br />

Der Laserstrahl wird von der Laserstrahlquelle<br />

über Spiegel (Strahlweg) zum Werkstück<br />

geführt. Der letzte Spiegel in der<br />

Schweißoptik fokussiert den Rohstrahl, der<br />

dann auf die Metalloberfläche auftrifft<br />

(Bild 3). Nach Erreichen der Verdampfungstemperatur<br />

bildet sich im Werkstück eine<br />

Laserstrahl-Schmelzschneiden (Bild 4)<br />

Dampfkapillare. Der nach oben abströmende<br />

Metalldampf erlaubt ein tieferes Eindringen<br />

des Laserstrahles und damit ein Verdampfen<br />

weiteren Materials. Es entsteht<br />

der so genannte Tiefschweißeffekt. Das<br />

Schließen der Kapillare, welche von<br />

schmelzflüssigem Material umgeben ist,<br />

wird durch den Dampfdruck verhindert. Der<br />

wesentliche Teil der Schmelze umströmt<br />

die durch die Fügezone bewegte Kapillare<br />

und bildet beim Erstarren die Schweißnaht.<br />

4.2 CO 2-Laserstrahl-Schmelzschneiden<br />

Die Fokussieroptik bündelt den aus dem<br />

Resonator (Teil der Laserstrahlquelle) austretenden<br />

und über Spiegelsysteme geführten<br />

Laserstrahl je nach Brennweite auf<br />

einen Fokusdurchmesser von etwa 0,1 bis<br />

0,3 mm. Durch Absorption auf der Metalloberfläche<br />

erwärmt sich der Werkstoff auf


65<br />

Mit dem Laserstrahl den Schiffbau revolutionieren: Laserstrahlschweißen und -schneiden bei Blohm+Voss<br />

Schmelztemperatur und verdampft zum Teil<br />

spontan (Bild 4). Das schmelzflüssige<br />

Material wird mit Hilfe des Schneidgasstrahles<br />

(bestehend aus Stickstoff, wenn<br />

Reaktionen des Werkstoffes mit Sauerstoff<br />

unerwünscht sind) aus der Schnittfuge<br />

getrieben. Im Vergleich zu anderen thermischen<br />

Schneidverfahren wird eine sehr<br />

schmale Schnittspaltweite (< 0,3 mm)<br />

erzielt.<br />

Entsprechend der geringen Schnittspalte<br />

ist auch die in das Material eingebrachte<br />

Wärmemenge gering.<br />

Die Schnittflächen eines Schnittspaltes<br />

verlaufen beim Laserstrahlschneiden – im<br />

Gegensatz zu allen anderen thermischen<br />

Schneidverfahren – nahezu parallel.<br />

5 Anlagenkonzept der<br />

Blohm+Voss GmbH<br />

Die für die Laserbearbeitung im Stahlschiffbau<br />

erforderlichen Leistungen sind<br />

zurzeit nur bei CO2-Lasern (Gaslaser) verfügbar.<br />

Für optimale Ergebnisse beim<br />

Schneiden und Schweißen bilden zwei CO2- Laserstrahlquellen mit jeweils 12 kW den<br />

Kern des Laserbearbeitungszentrums.<br />

Unterschiedliche Applikationen werden<br />

durch den Einsatz speziell entwickelter<br />

Bearbeitungsoptiken ermöglicht.<br />

Im Einzelnen sind das:<br />

● Oberflächenbearbeitung von beschichteten<br />

Platten. Dabei brennt ein 20 mm<br />

breiter Linienfokus im Bereich von Aufsetzspuren<br />

der Versteifungselemente –<br />

wie der Profile oder Stegelemente – über<br />

das Blech hinweg (v =15 m/min) und<br />

entfernt die Grundierung. Ferner markiert<br />

der Laser mit stark reduzierter Leistung<br />

Aufsetzlinien und -zeichen.<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Ausgesteiftes Deckselement (Bild 5)<br />

● Hochdruck-Laserstrahlschmelz-<br />

schneiden (oxidfrei) bei allen Blechzuschnitten.<br />

● Laserstrahlschweißen von I-Nähten als<br />

T-Stoß und als Stumpfstoß.<br />

Die Schiffbauhalle 3 des Unternehmens<br />

Blohm+Voss erstrahlt seit Mitte des Jahres<br />

2000 in neuem Glanz. Auf einer 150 m langen<br />

und 30 m breiten Fläche ist das zurzeit<br />

im Schiffbau modernste Fertigungszentrum<br />

der Vormontage entstanden. Es unterstreicht<br />

den Willen des Unternehmens und<br />

der Belegschaft, die technologische<br />

Führung der Produkte nicht nur zu verteidigen,<br />

sondern als starker Global Player der<br />

Konkurrenz immer einen Schritt voraus zu<br />

sein.<br />

Der Aufbau der Laseranlage umfasst<br />

eine Verbindung aus fliegender Optik (Portal)<br />

und beweglichem Werkstückträger<br />

(Palette). Die Laserstrahlquellen stehen<br />

ortsfest. Der Rohstrahl wird über Spiegelsysteme<br />

zu Manipulatoren gelenkt und an<br />

deren Schnittstellen mit speziellen Optiken<br />

auf das Bauteil fokussiert. Vorausgerüstete<br />

Schneid- und Schweißpaletten durchfahren<br />

auf einem eigens hierfür entwickelten<br />

Transportsystem die Laserzelle. Allein die<br />

Werkstückträger haben ein Gewicht von<br />

16 t und tragen Bauteile von nochmals<br />

10 t. Die Lasermaterialbearbeitung erfordert<br />

Fügespalte von maximal 0,3 mm. Bei<br />

Bauteilen mit Laserstrahlschnittkanten ist<br />

dies problemfrei einzuhalten. Die Aufsetzkanten<br />

der Versteifungselemente (Profile)<br />

werden innerhalb der zusätzlich in Halle 3<br />

neu installierten Profillinie gefräst, danach<br />

beschriftet und schließlich mit einem<br />

Plasmaschneidroboter auf Länge konfektioniert.


66<br />

Mit dem Laserstrahl den Schiffbau revolutionieren: Laserstrahlschweißen und -schneiden bei Blohm+Voss<br />

Neben der Lasertechnologie wurde bei<br />

der Auslegung der Gesamtanlage besonderes<br />

Augenmerk auf Handling, Ergonomie<br />

und intelligente Transportwege gelegt.<br />

Die gebrochene Fertigung basiert auf<br />

einer intensiven Simulationsstudie, die<br />

gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut in<br />

Rostock (IPA) erarbeitet wurde. Sie bildet<br />

die Basis der optimalen Steuerung einzelner<br />

Fertigungslose.<br />

Die großen Flächenbauteile wie Decks,<br />

Schotte und Wandelemente können bis zu<br />

einer Maximalgröße von 12 m Länge und<br />

4 m Breite auf der Laseranlage hergestellt<br />

werden. Längs und quer ausgesteifte<br />

Deckselemente sind für die neue Laserbearbeitung<br />

die größte Herausforderung<br />

(Bild 5). Zuerst werden zwei Bleche auf einer<br />

Schneidpalette besäumt (Rundumschnitt).<br />

In diesem Arbeitsschritt werden zudem die<br />

Beschichtung der Aufsetzflächen entfernt<br />

und Montagezeichen markiert. Die vorbereiteten<br />

Platten liegen im nächsten Schritt<br />

auf einer Schweißpalette und wachsen<br />

durch eine Laserschweißnaht in Längsrichtung<br />

(12 m) zu einem Plattenfeld zusammen.<br />

Aus dem fertigen Plattenplan entsteht<br />

durch Schweißen der längsversteifenden<br />

Profile ein Schiffbaupaneel. Zuletzt werden<br />

die lasergefertigten Querrahmen aufgesetzt<br />

und komplettieren das Deckselement. Für<br />

das I-Nahtschweißen (t = 3 bis 7 mm) und<br />

Aufsetzen von Profilen und Stegelementen<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

(t = 5 bis 12 mm) werden Schweißnahtlängen<br />

bis zu 12 m beherrscht.<br />

Der Schweißvorgang beim T-Stoß<br />

geschieht zeitgleich mit zwei Optiken im<br />

Simultanschweißprozess. Dabei ist ein<br />

Vollanschluss zwischen Platte und Stegelement<br />

angestrebt, welcher eine zerstörungsfreie<br />

Ultraschallprüfung der Verbindung<br />

ermöglicht.<br />

Der Vergleich der Schweißnahtgeometrien<br />

zwischen einer konventionellen Kehlnaht<br />

(Bild 6a) und dem laserstrahlgeschweißten<br />

T-Stoß (Bild 6b) verdeutlicht den unterschiedlichen<br />

Wärmeeintrag in das Grundmaterial<br />

und die damit verbundenen Einflüsse<br />

auf die Bauteilgeometrie.<br />

Die neuen Fertigungsbedingungen stellen<br />

auch für die Konstruktionsabteilungen<br />

eine Herausforderung dar. Die optimale<br />

Auslastung der Anlage erfordert eine Standardisierung<br />

aller ebenen, ausgesteiften<br />

Stahlbauelemente unter Berücksichtigung<br />

eines vorgegebenen Rastersystems. Dieser<br />

erste Schritt zu einer modularen Bauweise<br />

im Gruppen- und Sektionsbau erfordert<br />

neue Denkansätze in der Auslegung, der<br />

Detailkonstruktion und der numerischen<br />

Ausarbeitung aller Bauteile. Unter Berücksichtigung<br />

der Tatsache, dass keine Serienschiffe<br />

hergestellt werden bzw. kein<br />

Schiff dem anderen gleicht, ist leicht vorstellbar,<br />

welche Aufgabe man bei<br />

Blohm+Voss angenommen und gelöst hat.<br />

Konventionelle Kehlnaht (Bild 6a) Lasergeschweißter T-Stoß (Bild 6b)


TK<br />

forum – <strong>Technische</strong> <strong>Mitteilungen</strong> <strong>ThyssenKrupp</strong><br />

Inhalt Band 2 / 2000<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Heft/Seite<br />

Albrecht-Früh, U. Bandgießen – Innovation für die Erzeugung von Flachstahl-Produkten<br />

im neuen Jahrtausend 2/20<br />

Algenstaedt, C. „TS Online“ – die Plattform für den elektronischen Geschäftsverkehr<br />

von Thyssen Schulte 1/44<br />

Bilmayer, R. Hochautomatisierte Fertigung von Baugruppen von Lenksäulen 2/41<br />

Birkert, A. Moderner Aluminium-Space-Frame durch intelligentes Karosseriebaumanagement ® 2/34<br />

Brunnschweiler, D. TubPAS – die elektromechanische Lenkhilfe von Krupp Presta 1/27<br />

Buderath, P. Online-Dokumenten-Management-System für Abnahmeprüfzeugnisse<br />

von <strong>ThyssenKrupp</strong> Stahlunion 1/50<br />

Capotosti, R. siehe Albrecht-Früh, U.<br />

Engl, B. Pkw-Seitenaufprallträger aus Mehrphasenstählen 1/9<br />

Esdohr, J. siehe Engl, B.<br />

Espenhahn, H. Aluchrom 7Al YHf – Neuer Katalysatorträger-Werkstoff von Krupp VDM 1/16<br />

Feindt, J.-A. siehe Engl, B.<br />

Frederick, L. Öko-Schiffsbelader von Krupp Canada 1/60<br />

Harbig, P. Blechradträger aus NIROSTA ® H400 1/13<br />

Heller, Th. siehe Engl, B.<br />

Hendricks, C. Inbetriebnahme und bisherige Erfahrungen mit der Gießwalzanlage<br />

der Thyssen Krupp Stahl AG 2/7<br />

Janssen, H. siehe Hendricks, C.<br />

Köhler, K. siehe Engl, B.<br />

Krautschick, J. siehe Harbig, P.<br />

Kroos, K. Moderne Logistik-Systeme für komplexe Modul-Lieferungen 2/47<br />

Lagler, K. siehe Birkert, A.<br />

Lieberwirth, H. Innovative Lösungen für den Abraumtransport in einem Kupfer- und Goldtagebau 1/56<br />

Lindenberg, H.-U. siehe Albrecht-Früh, U.<br />

Lörenz, R. siehe Bilmayer, R.<br />

Meichsner, Th. siehe Birkert, A.<br />

Minguzzi, A. Einsatz von Warmschmiedetechniken zur Fertigung von Fahrwerkskomponenten<br />

für Erdbewegungsmaschinen 2/55<br />

Minks, Th. Mit dem Laserstrahl den Schiffbau revolutionieren: Laserstrahlschweißen und –schneiden<br />

bei Blohm+Voss 2/61


forum – <strong>Technische</strong> <strong>Mitteilungen</strong> <strong>ThyssenKrupp</strong>, Inhalt Band 2 / 2000 – Fortsetzung<br />

forum<br />

<strong>ThyssenKrupp</strong> 2/2000<br />

Heft/Seite<br />

Palm, L. Innovative Technologien zur Entlackung und Farbbeschichtung von Schiffen im Dock 1/69<br />

Platz, N. siehe Palm, L.<br />

Puhl, H. siehe Kroos, K.<br />

Rasim, W. siehe Hendricks, C.<br />

Rusch, K. Ladekästen aus Verbundwerkstoffen für neue SUV- und Pickup-Modelle 1/20<br />

Sailer, M. Stahl-Leichtbau-Verbundlenkerachse von Thyssen Umformtechnik + Guss 1/32<br />

Schmidt, K. Innovative Luftfeder-Dämpfermodule für die S-Klasse von DaimlerChrysler 1/34<br />

Schmilinsky, E. Hochreine Nickelbasislegierungen durch Elektro-Schlacke-Umschmelzverfahren 2/14<br />

Schnitzer, H. siehe Hendricks, C.<br />

Scholz, H. siehe Schmilinsky, E.<br />

Senk, D. siehe Albrecht-Früh, U.<br />

Sowka, E. siehe Hendricks, C.<br />

Stebner, G. siehe Albrecht-Früh, U.<br />

Stein, W. Die Smartstep-Stufe – Innovation im Fahrtreppenbau 1/40<br />

Stich, G. siehe Engl. B.<br />

Tesé, P. siehe Hendricks, C.<br />

Thielert, H. Automatisierung und Optimierung von Gasreinigungsanlagen mit GasControl ® 1/63<br />

Vallese, F. siehe Minguzzi, A.<br />

Vergoz, J. Intelligenter Fertigungsprozess – Six-Sigma-Teile aus SMC 2/28<br />

Walter, M. siehe Albrecht-Früh, U.<br />

Willnauer, H. siehe Stein, W.<br />

Winter, H. siehe Birkert, A.

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