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Neue Kompetenzen für neue Unterrichtsformen - Klassenmusizieren

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Schweizer Musikzeitung Nr. 10 / Oktober 2009 21<strong>Neue</strong> <strong>Kompetenzen</strong> für <strong>neue</strong> <strong>Unterrichtsformen</strong>Wie wird man eine Fachperson für das <strong>Klassenmusizieren</strong>?Ein Erfahrungsbericht ausder Zürcher Hochschule der Künste.Elisabeth Danuser«<strong>Klassenmusizieren</strong>» ist ein typisches Beispiel füreine Weiterbildung an der Zürcher Hochschuleder Künste (ZHdK), die auf konkrete Anfragenaus der Praxis hin entstanden ist und erstmalsvor vier Jahren von Christian Berger in Kooperationmit dem Verband Zürcher Musikschulenentwickelt wurde. Das <strong>Klassenmusizieren</strong> fandin zahlreichen Musikschulen, vor allem aber inder Musikschule Zürcher Oberland rege Anwendung.Inzwischen bieten viele Musikschulen<strong>Klassenmusizieren</strong> an oder möchten das Angebotin Zukunft aufbauen. Die Abteilung WeiterbildungMusik der ZHdK bietet daher regelmässigWeiterbildungen für Musikpädagogen an.Diese werden sowohl öffentlich ausgeschrieben,als auch von grösseren Musikschulen als interneWeiterbildungen angeboten.Reinhard Wilkens von der JugendmusikschuleZürich sagt dazu: «Die Musikschulen habenzurzeit einen grossen Bedarf an Lehrpersonenmit Zusatzausbildung <strong>Klassenmusizieren</strong>.Die Jugendmusikschule der Stadt Zürichist froh, zusammen mit der ZHdK Weiterbildungsmoduleanbieten zu können, in denendie Musiklehrerinnen und -lehrer auf die <strong>neue</strong>Unterrichtssituation vorbereitet werden.»<strong>Neue</strong> Aufgaben – <strong>neue</strong> ChancenEine Musiklehrperson, die sich für <strong>Klassenmusizieren</strong>entscheidet, muss einige <strong>neue</strong> <strong>Kompetenzen</strong>erwerben. Sie muss lernen, sich mitgrossen Gruppen auseinanderzusetzen, diesezu leiten, zu führen, den Unterricht zu planenund zu evaluieren. Sie muss sich mit einer <strong>neue</strong>nAufführungspraxis in längeren und kürzerenProjekten engagieren. Sie hat auf einmalSchülerinnen und Schüler, die ihr Instrumentnicht explizit und freiwillig gewählt haben, zusätzlichmuss sie sich eventuell unversehensmit Fragen der Disziplin auseinandersetzen.Die Musiklehrperson bekommt aber auch<strong>neue</strong> Arbeitsbedingungen mit mehr Chancen, ihrenStundenplan vielfältig zu gestalten, und siekann sich im Teamteaching mit anderen Kollegenund Lehrpersonen aus der Volksschule betätigen.Kurzum, sie bekommt die Gelegenheit, eine <strong>neue</strong>soziale Verantwortung zu übernehmen und sichaktiv zu beteiligen an der Initiative, allen Kindernim Schulalter mehr musikalische Erfahrungen zuvermitteln. Ebenfalls leistet sie so einen wichtigenBeitrag zum kulturellen Leben in Schulen undElisabeth Danuser... ist Leiterin Weiterbildung Musik und StudienleiterinMusik und Bewegung an der Zürcher Hochschule derKünste.Training der Leitungskompetenz: Dirigieren, Körpersprache und grafische Darstellung von Abläufen zurVerdeutlichung der Form für die SchülerFoto: Andreas ZihlerQuartieren. Diese Chancen sind ein Privileg undsollten intensiv genutzt werden.Eine Weiterbildungsteilnehmerin (Musikpädagoginmit Schwerpunkt Klarinette) beschreibt:«Als Instrumentallehrerin kann ichnur am Nachmittag und am Abend arbeiten.Das ist für mein Privatleben und für das Konzertierennicht gerade optimal. Mit dem <strong>Klassenmusizieren</strong>ist es mir nun möglich, zweimal inder Woche auch am Morgen zu arbeiten, unddas schätze ich sehr. Es gefällt mir sehr gut, dieAufgabenstellung für eine ganze Klasse zu planenund den Unterricht zu erfinden, und es bereichertauch meine anderen musikpädagogischenTätigkeiten. Ich arbeite beim <strong>Klassenmusizieren</strong>enger als gewöhnlich mit anderenLehrpersonen zusammen, nicht nur mit solchenaus der Volksschule: Mein Kollege kommtvom Blech, ich vom Holz und wir planen denUnterricht gemeinsam. Beim <strong>Klassenmusizieren</strong>arbeite ich mit Kindern, mit denen ich sonstkaum in Kontakt gekommen wäre und bekommeEinblick in ihre Welt, in ihr Schulhaus undihre Umgebung. Mit der Musik und dem Musizierenkann ich einen erfrischenden, anregenden,hoffentlich motivierenden Aspekt desLebens in diese Welt vermitteln.»Struktur und InhalteExplizit werden für die Weiterbildung die dreiFormen «Bläserklassen», «Streichergruppen oderStreicherklassen» sowie «<strong>Klassenmusizieren</strong> mitgemischten Instrumenten» angeboten. Die ZHdKhat für diese Weiterbildung einen einjährigen,berufsbegleitenden Zertifikatslehrgang entwickelt.Jede Instrumentallehrperson lernt aufbauendauf den eigenen Ressourcen und individuellenVorstellungen von Qualität im Musikunterricht,den musikalischen Klassenunterricht zugestalten. Zu den Weiterbildungen zugelassensind diplomierte Musikpädagoginnen und -pädagogen.Neben den Instrumentallehrpersonensind auch alle Lehrpersonen in Musik und Bewegung(Musikalische Grundausbildung undRhythmik) sowie Schulmusik angesprochen.Die Weiterbildung «<strong>Klassenmusizieren</strong>» gliedertsich in vier Bausteine. Die Teilnehmendenbesuchen diese teils gemeinsam und teils in getrenntenGruppen.• Baustein A, <strong>Klassenmusizieren</strong> Basics, vermitteltden Teilnehmenden allgemeineGrundlagen für den Musikunterricht mitKlassen und das Rüstzeug, die Leitung des<strong>Klassenmusizieren</strong>s in einer Schule zu übernehmen,inklusiv Probenmethodik, Literaturkundeund Arrangements.• Baustein B ist instrumentenspezifisch aufgebautund besteht aus drei Teilen, die wahlweisebesucht werden. B1 beinhaltet denUnterricht mit Bläserklassen, beleuchtetverschiedene Modelle von Bläserklassen sowieSpieltechniken, Pflege und Handhabungder verschiedenen Instrumente. B2soll einen vertieften Einblick in das Unterrichtenvon gemischten Streicherklassenund -gruppen ermöglichen und einen Wegzeigen, wie Geigen, Celli und Kontrabässegleichzeitig unterrichtet werden können (inder Regel nach der Rollandmethode). B3 vermitteltdas <strong>Klassenmusizieren</strong> mit gemischtenInstrumenten und dem Klassengesang,erweiterte Grundlagen im Umgang mitPerkussionsinstrumenten (Cajon, Kleinperkussion,Bodyperkussion, Djembe) sowie denStabspielen.• Baustein C beleuchtet Fragen und Merkmaleder musikalischen Führung einer grossenGruppe, der sozialen Interaktion und desmusikalischen Zusammenspiels sowie denUmgang mit schwierigen Situationen.• Baustein D beinhaltet individuellen Musikunterrichtauf mindestens einem Variantinstrument.Zum Zertifikat ZHdK im <strong>Klassenmusizieren</strong>führt nach dem Besuch der Bausteine die doku-


22 N°10 / Octobre 2009 Revue Musicale Suissementierte Durchführung eines Schuljahres<strong>Klassenmusizieren</strong> mit einem entsprechendenProjekt.Neben dem Unterricht und dem selbständigenArbeiten sind auch die gegenseitige Unterstützungund der fachliche Austausch wichtig.Ein Teilnehmender schreibt dazu: «Was ursprünglichein Schritt aus der Not war (konstanter Rückgangder Klarinettenschüler und Studenten), amProjekt <strong>Klassenmusizieren</strong> mitzuarbeiten, hatmir eine Lebendigkeit und <strong>neue</strong> Farbe in meinenmusikalischen Alltag gegeben, auf die ich nichtmehr verzichten möchte. Die Unmittelbarkeitund Spontaneität der Kinder gibt mir Kraft, auchwenn ich anfänglich heillos überfordert war. Fürmich war der Kurs äusserst hilfreich und anregend.Ich habe viele musikdidaktische Hilfestellungenerhalten, bin mir über gruppendynamischeGesetzmässigkeiten bewusst gewordenund konnte dadurch die Gefahr der konstantenÜberforderung umgehen. Ich denke, dass es nochviele Formen des <strong>Klassenmusizieren</strong>s zu entdeckenund zu entwickeln gibt. Daher hatte auchder Erfahrungsaustausch unter den Kursbesucherneinen grossen Stellenwert.»Auch in Bachelor und Master integriertDie musikpädagogischen Grundausbildungenbieten ebenfalls <strong>neue</strong> Konzepte im <strong>Klassenmusizieren</strong>an. Integriert sind diese Module im drittenJahr des Bachelor Musik und Bewegung sowie imMaster Musikpädagogik in den SchwerpunktenElementare Musikerziehung sowie Schulmusik Iund II. Im Rahmen der Ausbildungen der MusikundBewegungspädagogik werden Module im<strong>Klassenmusizieren</strong> angeboten und in einer Vermischungvon Theorie und Praxis gestaltet. DieModule sind eingebettet in das Ausbildungssystemvon Fachdidaktik, Instrumentalpraxis undÜbungsschule in einer Schulklasse. In den Ausbildungenwird ein Modell angeboten, das miteinem gemischten Instrumentarium arbeitet(Perkussionsinstrumente, Stabspiele, Gesang). Inder Unterrichtspraxis dann werden die persönlichenInstrumente der Kinder nach ihren Fertigkeitenzusätzlich mit einbezogen.Die Studierenden im Master Musikpädagogikmit Schwerpunkt Instrumentale/VokaleMusikpädagogik können neu im Rahmen ihresindividuellen Profils die zur Weiterbildung ausgeschriebenenBausteine «<strong>Klassenmusizieren</strong>»besuchen und sich die Kompetenz zur Erteilungvon <strong>Klassenmusizieren</strong> bereits im Rahmen ihresStudiums erwerben. Es ist zu hoffen, dasssich mit der notwendigen Unterstützung immermehr Musiklehrerinnen und Musiklehrerbereit erklären, <strong>Klassenmusizieren</strong> in einer individuellgeprägten und ästhetisch hochstehendenForm zu studieren und zu gestalten. Nouvelles compétences pournouvelles formes d’enseignementLa Haute école des arts de Zurich proposeune formation continue sur le thème de la« musique en classe ». Créée il y a quatre anspar Christian Berger, en collaboration avecl’association des écoles de musique zurichoises,elle répond à un besoin des écolespubliques. Les participants – généralementdes maîtres de musique habitués aux leçonsprivées – y apprennent à gérer un grandgroupe, à planifier leurs cours et à les évaluer,à enseigner un instrument que l’élèven’a pas forcément choisi, éventuellement àrégler des problèmes de discipline.Cette formation élargit l’horizon des enseignantsde musique, en leur donnant parexemple la possibilité de travailler dans desécoles à des heures où les cours privés n’ontgénéralement pas lieu (le matin, notamment).La formation se divise en trois options :classes de cuivres, classes de cordes et classesd’instruments mélangés. Elle dure une annéeet débouche sur un certificat. Elle peut égalementêtre intégrée dans la formation initialedes étudiants en filière bachelor ou master. Résumé et traduction : Jean-Damien HumairAnzeige

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