Nr. 5 - Notarkammer
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Rechtsprechung<br />
Rechtsprechung<br />
Zur Parteifähigkeit der Gesellschaft<br />
bürgerlichen Rechts<br />
BVerfG, B. v. 2. September 2002 – 1<br />
BvR 1103/02<br />
Das Bundesverfassungsgericht hat in<br />
einem noch nicht veröffentlichten<br />
Beschluss – mit dem es im Ergebnis<br />
eine Verfassungsbeschwerde als<br />
unzulässig abgewiesen hat – die<br />
Parteifähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen<br />
Rechts bejaht. Die Parteifähigkeit<br />
hänge davon ab, ob die GbR<br />
als solche Trägerin eines Grundrechts<br />
gemäß Art. 19 Abs. 2 GG sein könne.<br />
Das Bundesverfassungsgericht hatte<br />
bereits in früheren Urteilen die<br />
Parteifähigkeit der OHG und der KG<br />
bejaht. Gleiches lasse sich auf die<br />
GbR übertragen. Damit bestätigte das<br />
Bundesverfassungsgericht die Rechtsprechung<br />
des BGH (NJW 2001,<br />
1056), wonach diese rechtsfähig sei, da<br />
sie nach § 718 BGB Rechtspositionen<br />
– wie insbesondere das Eigentumsrecht<br />
– einnehmen könne. Demnach<br />
stehe der GbR ebenso wie den Personenhandelsgesellschaften<br />
das Grundrecht<br />
auf Eigentum zu. Das Recht zu<br />
dessen Geltendmachung im Wege der<br />
Verfassungsbeschwerde sei die weitere<br />
Konsequenz. Gleiches gelte für die<br />
Verfahrensgrundrechte aus den Art.<br />
101 Abs. 1 Satz 2 und 103 Abs. 1 GG.<br />
(Fundstelle: Schreiben der BRAK<br />
vom 12. November 2002)<br />
Berufsrecht<br />
1. Auch als „Organ der Rechtspflege“<br />
haften die Rechtsanwälte<br />
nicht ersatzweise für Fehler der<br />
Rechtsprechung, nur weil sie<br />
haftpflichtversichert sind.<br />
2. Rechtskenntnis und -anwendung<br />
sind vornehmlich Aufgaben der<br />
Gerichte. Fehler der Richter sind<br />
– soweit möglich – im Instanzenzug<br />
zu korrigieren. Soweit dies<br />
aus Gründen des Prozesses ausscheidet,<br />
greift grundsätzlich<br />
nicht im Sinne eines Auffangtatbestandes<br />
die Anwaltshaftung ein.<br />
3. Zwar gehört die Beratung über<br />
die Erfolgsaussichten einer Berufung<br />
gebührenrechtlich nicht zu<br />
dem für die Vorinstanz erteilten<br />
Mandat. Hat ein Anwalt jedoch<br />
eine durch Richterspruch verfestigte<br />
ungünstige Rechtsposition<br />
seines Mandanten mitverschuldet,<br />
so hat er nicht nur auf die<br />
Rechtsmittelmöglichkeit und die<br />
einzuhaltende Frist hinzuweisen,<br />
sondern auch auf die Erfolgsaussichten<br />
einer Korrektur des Fehlers<br />
im vorgesehenen Instanzenzug.<br />
BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats,<br />
B. v. 12. August 2002 – 1 BvR<br />
399/2002-11-19<br />
(Fundstelle: AnwBl. 2002, S. 655 ff.)<br />
BGH lässt Anwaltshotline zu<br />
BGH, U. v. 26. September 2002 – I<br />
ZR 44/00 und I ZR 102/00<br />
Der u. a. für das Wettbewerbsrecht<br />
zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs<br />
hat entschieden, dass weder<br />
das Rechtsberatungsgesetz noch das<br />
anwaltliche Berufs- und Gebührenrecht<br />
einer telefonischen Rechtsauskunft<br />
durch Anwälte über eine<br />
0190er-Nummer entgegenstehen.<br />
Der Bundesgerichtshof hatte in zwei<br />
Verfahren zu entscheiden, in denen<br />
die Betreiberin einer Anwalts-Hotline<br />
einmal von einer Rechtsanwaltskammer<br />
und einmal von einer Münchener<br />
Anwaltssozietät auf Unterlassung in<br />
Anspruch genommen worden war.<br />
Die Beklagte ist eine GmbH, die für<br />
einen telefonischen Rechtsberatungsdienst<br />
auch am Wochenende und<br />
außerhalb üblicher Geschäftszeiten<br />
wirbt. Rechtsfragen – so die Werbung<br />
– müssten nicht unbedingt in einer<br />
Kanzlei besprochen werden; häufig<br />
reiche schon ein kurzes Telefongespräch<br />
mit einem Rechtsanwalt. In<br />
einem der beiden Fälle hatte die<br />
Beklagte mit zehn 0190er-Nummern<br />
für verschiedene Rechtsgebiete<br />
geworben. Wählte man eine dieser<br />
Nummern, antwortete ein Rechtsanwalt,<br />
der in dem betreffenden Gebiet<br />
einen Interessenschwerpunkt hatte.<br />
Im anderen Fall gab es nur eine Nummer<br />
für alle Rechtsgebiete. In der<br />
Werbung war ferner darauf hingewiesen<br />
worden, dass der Anruf 3,60<br />
DM pro Minute koste. Diese<br />
Gebühren werden über die Deutsche<br />
Telekom eingezogen, die einen Anteil<br />
von 2,48 DM (zzgl. MwSt.) an die<br />
Beklagte ausbezahlt. Die Beklagte leitet<br />
diese Gesprächsgebühren an den<br />
jeweiligen Rechtsanwalt als Vergütung<br />
für seine anwaltliche Leistung weiter.<br />
Die Beklagte erhält von den beteiligten<br />
Rechtsanwälten eine monatliche<br />
Pauschale sowie einen bestimmten<br />
Betrag für jede Zeiteinheit von dreieinhalb<br />
oder vier Stunden. Hat ein<br />
Anwalt einen solchen Zeitblock bei<br />
der Beklagten gebucht, werden alle in<br />
dieser Zeit über die fragliche 0190er-<br />
Nummer eingehenden Gespräche<br />
unmittelbar an ihn weitergeleitet.<br />
In beiden Fällen hatten die Oberlandesgerichte<br />
– das Kammergericht in<br />
Berlin und das OLG München – ein<br />
Verbot ausgesprochen, allerdings mit<br />
unterschiedlichen Begründungen: Das<br />
Kammergericht sah in dem Angebot<br />
der Beklagten einen Verstoß gegen das<br />
Rechtsberatungsgesetz. Durch den<br />
Anruf komme ein Vertrag zwischen<br />
dem Anrufer und der Beklagten zustande.<br />
Die Beklagte verspreche eine<br />
Rechtsberatung, die nur Rechtsanwälte<br />
erbringen dürften; ihr Verhalten<br />
verstoße daher gegen das Rechtsberatungsgesetz.<br />
Das OLG München<br />
hatte das Angebot verboten, weil die<br />
Vereinbarung der Zeitvergütung<br />
gegen geltendes Gebührenrecht verstoße.<br />
KammerReport Hamm 5/2002<br />
Rechtsanwaltskammer<br />
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