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Da kann ja jede(r) kommen - Evangelische Kirche im Rheinland

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<strong>Da</strong> <strong>kann</strong> <strong>ja</strong><strong>jede</strong>(r) <strong>kommen</strong>Inklusion undkirchliche PraxisORIENTIERUNGSHILFE


<strong>Da</strong> <strong>kann</strong> <strong>ja</strong> <strong>jede</strong>(r) <strong>kommen</strong> –Inklusion und kirchliche PraxisEine Orientierungshilfe der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Kirche</strong> <strong>im</strong> <strong>Rheinland</strong>Herausgegeben von der Abteilung Bildung <strong>im</strong> Landeskirchenamt unddem Pädagogisch-Theologischen Institut der EKiR3


Zum Konzept 6Schlüsselkompetenzen hat <strong>jede</strong>r Mensch – Die Fotos 6Vorwort 71. Inklusion –Die Kunst des Zusammenlebens von sehr verschiedenen Menschen 81.1 Herzlich Will<strong>kommen</strong> 81.2 Vielfältige Formen von <strong>Kirche</strong> 81.3 Inklusion als kirchliche Aufgabe 91.4 Inklusion meint ... 101.5 Gemeinsam Barrieren abbauen 121.6 Kann wirklich <strong>jede</strong>r <strong>kommen</strong>? 144


2. Inklusion entwickeln – Mit den Fragen arbeiten 162.1 Einführung in den Arbeitsteil 162.2 Die Fragen 19Von sich selbst ausgehen 19Von den reichen Fähigkeiten aller ausgehen 19Will<strong>kommen</strong> sein 20Einander mit Respekt begegnen 20Vorurteile hinterfragen 21Ausgrenzung und Beleidigung verhindern 21Hilfe annehmen und Hilfe anbieten 22Gut vernetzt sein am Ort 22Gut zusammen arbeiten 23Wohlbefinden und Gemeinschaft fördern 23Barrierefreie Gebäude schaffen 24Neue Menschen und neue Ideen begrüßen 24Orientierung für alle anbieten 25Abwertung und Gewalt verhindern 25Fair mit Mitarbeitenden umgehen 26Vielfalt in Veranstaltungen einplanen 26Teilhabe und Teilgabe stärken 27Gute Kommunikation ermöglichen 27Unterschiedlichkeit begrüßen 28Vielfältige Ressourcen nutzen 28Räume für vielfältige Aktivitäten einrichten 292.3 Methodische Vorschläge zum Umgang mit den Fragen 303. Eine theologischen Spurensuche zur Inklusion 363.1 Die Vielst<strong>im</strong>migkeit der Bibel 363.2 Schöpfung in Verschiedenheit 373.3 Vollständige Gottebenbildlichkeit 383.4 Der in sich verschiedene Gott 383.5 Segen als Teilhabe und Teilgabe 383.6 Jesus, der ungewöhnliche Jude 393.7 Inklusion in Christus 403.8 <strong>Da</strong>s große AUCH und die bleibende Erwählung Israels 403.9 Zwischen Judentum und Christentum 413.10 Zwischen Gemeinde und Diakonie 423.11 Die Zugehörigkeit der Fremden 423.12 Die Völkerwallfahrt als Vision 433.13 Offen halten 444. Verzeichnisse 45Literatur 45Kontaktadressen 46Autorinnen und Autoren 465


Zum KonzeptDiese Orientierungshilfe hat sich zur Aufgabegemacht, das aktuelle gesellschaftspolitische Leitthema„Inklusion“ auf die <strong>Kirche</strong> zu beziehen. Sie verstehtsich vor allem als Arbeitsbuch. Mit dem Mittelteil:„Inklusion entwickeln – Mit den Fragen arbeiten“ haltenSie ein Arbeitsinstrument in den Händen. Es solldazu verhelfen, das Thema „Inklusion“ auf verschiedenenEbenen und Handlungsfeldern kirchlicher Praxisin den Blick zu nehmen, es persönlich und gemeinschaftlichzu bedenken und weiterzuentwickeln. Derpraxisorientierte Mittelteil richtet sich vorrangig an<strong>Kirche</strong>ngemeinden, ist aber auch für andere kirchlicheOrte brauchbar. <strong>Kirche</strong>ngemeinden bieten die großeChance, das Leitthema Inklusion sozialräumlichdurch zubuchstabieren und können als Übungsfeld fürandere kirchliche Orte und weiter reichende gesellschaftliche Veränderungsprozesse fruchtbar werden.<strong>Da</strong>zu finden Sie eine Fülle von Fragen, die aus unterschiedlichen Perspektiven das Thema Inklusion berühren.Die Fragen sind inhaltlich 21 Themen zugeordnet,aber das nur lose. Jede Frage steht eigentlich für sich.<strong>Da</strong>rauf folgt ein Kapitel mit „Methodischen Vorschlägen“,das zu einem inklusiven, partizipativen Umgangmit den Fragen anregen will.Der Arbeitsteil dieser Handreichung ist von zwei Blöckengerahmt. Den Anfang macht eine Einführung in„Inklusion – Die Kunst des Zusammenlebens von sehrverschiedenen Menschen“, die das Thema ausgehendvon der UN-Behindertenrechtskonvention entfaltet, es<strong>im</strong> Hinblick auf <strong>Kirche</strong> befragt und versucht, dies mög -lichst allgemeinverständlich zu tun. Den Schluss teilbildet eine „Theologische Spurensuche zur Inklusion“.Dieser Teil spürt inklusive Tendenzen in Bibel undTheologie auf und fragt danach, von welchen Inhaltenunserer Tradition her Inklusion als Leitbegriff in kirchlichenKontexten mitgetragen und mitgeprägt werden<strong>kann</strong>.Schlüsselkompetenzen hat<strong>jede</strong>r Mensch – Die Fotos„Schlüsselkompetenzen hat <strong>jede</strong>r Mensch, und <strong>jede</strong>r<strong>kann</strong> für einen anderen zur Schlüsselfigur werden.“ Soläßt sich ein Grundbekenntnis von Inklusion formulieren.Die <strong>Kirche</strong> hat viele Möglichkeiten, Orte zu schaffen,Veranstaltungen und Plattformen zu organisieren,wo das erlebbar wird. Die Fotos dieser Orientierungshilfehaben Erfahrungen von gelebter Inklusion ankirchlichen Orten als Hintergrund. Alle Fotos stehen<strong>im</strong> Zusammenhang mit einem künstlerischen Projekt,das 2011/ 2012 vom Pädagogisch-Theologischen Institutder EKiR in Bonn veranstaltet worden ist, dem„Schlüsselprojekt“. Mehr als 100 Menschen unterschiedlichen Alters aus dem ganzen <strong>Rheinland</strong>, mitund ohne Behinderungen oder Psychiatrieerfah rungensind zu Workshops zusammenge<strong>kommen</strong> undhaben miteinander zum Thema „Öffnen und Schließen“gearbeitet. Ausgangspunkt waren <strong>im</strong>mer Exemplareeines wichtigen Alltagsgegenstandes, nämlichSchlüssel. Schlüssel sind von ihrer Bedeutung her mit„Inklusion“ verwandt, denn Inklusion bedeutet „einschließen“<strong>im</strong> Sinne von „zugehörig sein“. In Schreibwerkstätten,mit Drucktechniken, Installa tio nen, Theater,Malerei und Fotografie haben sich die Teilnehmendendie Bedeutungsebenen zwischen Alltag und Religionerschlossen und sind dabei ihren je eigenen Spurengefolgt. Einige Eindrücke, Akteure/-innen undErgebnisse sind auf den hier abgedruckten Fotos zusehen. <strong>Da</strong>s Zustande<strong>kommen</strong> des Schlüsselprojektesverdankt sich auch der Zusammenarbeit mit dem„Netzwerk für Kunst und Kultur in <strong>Kirche</strong> und Diakonie<strong>im</strong> <strong>Rheinland</strong>“.6


VorwortOberkirchenrat Klaus EberlLeiter der Abteilung IV BildungLandeskirchenamt DüsseldorfIn der Inklusions-Debatte geht es um’s Ganze. Es ist nicht ein weiteres Thema, dassich auf die ohnehin schon volle Agenda drängt. Es geht um das <strong>Kirche</strong>-Sein der<strong>Kirche</strong>. Gehören alle dazu, die in einer Gemeinde und einem Quartier wohnen? IstVielfalt ein Schatz, der gehoben werden soll? Sind in der <strong>Kirche</strong> unterschiedlicheMenschen miteinander verbunden und füreinander da? Können Barrieren in derStadt und in den Köpfen abgebaut werden? Begegnen wir uns gleichberechtigt?Ist <strong>jede</strong>r und <strong>jede</strong> will<strong>kommen</strong>?So viele Fragen! Die Orientierungshilfe möchte Gemeinden ermutigen, Antwortenzu suchen und sich auf den Weg zu machen. Erstaunliche Entdeckungen sind hiernicht ausgeschlossen. Mit dem Thema Inklusion werden <strong>ja</strong> nicht nur Lebenslagenund Teilhaberechte von Menschen mit Behinderung neu wahrgenommen. Vielmehrgeht es ganz grundsätzlich um die Wertschätzung von Vielfalt, die ermöglicht,dass Menschen gut vernetzt zusammen leben, lernen, arbeiten und wohnen– und miteinander <strong>Kirche</strong> sind. <strong>Da</strong>raus ergeben sich wichtige Perspektiven fürGemeindeaufbau und Bildung, für die Genderfrage, die Milieus, das Miteinanderder Generationen und viele kirchliche Herausforderungen. Vielfalt soll als Bereicherungerlebt werden. Menschen sind unterschiedlich, haben verschiedene Bedürfnisse,Kompetenzen und Ressourcen. Die gilt es, zur Geltung zu bringen. <strong>Da</strong>vonkönnen alle profitieren.„<strong>Da</strong> <strong>kann</strong> <strong>ja</strong> <strong>jede</strong>r <strong>kommen</strong>!“ So lautet der Titel der Orientierungshilfe. Aus derSprache der Abgrenzung ist ein provokantes Versprechen geworden. Denn eine <strong>Kirche</strong>,die die Menschenfreundlichkeit Gottes lebt und erlebbar macht, stellt Grenzenin Frage und bereitet den Boden für die fröhliche Freiheit aller (Christen)menschen– in Verschiedenheit und Gemeinschaft.Wie die Gesellschaft befindet sich auch die <strong>Kirche</strong> auf einem langen Weg von derExklusion über Separation und Integration hin zur Inklusion. Nachdem bis in dieNeuzeit hinein vielfach Behinderung als Strafe Gottes aufgefasst wurde, entstandenMitte des 19. Jahrhunderts erste diakonische Einrichtungen, die Menschen mitBehinderungen gezielt förderten. Die Anstalt wurde zum wegweisenden Modell.<strong>Da</strong>mit wanderte allerdings die Diakonie institutionell aus der Gemeinde aus. Sondereinrichtungenwurden zum Regelfall. Im Alltag von <strong>Kirche</strong>ngemeinden kamenMenschen mit Behinderungen kaum mehr vor. <strong>Da</strong>s änderte sich erst in den letztenJahrzehnten mit vielfältigen Integrationsanstrengungen. Die Behindertenrechtskonventionführt nun zu einem Paradigmenwechsel von der Integration zur Inklusion.Es geht nicht mehr darum, eine kleine abweichende Minderheitsgruppe indie normkonforme Mehrheit zu integrieren, sondern die Gemeinschaft soll sogestaltet werden, dass niemand auf Grund seiner Verschiedenheit herausfällt oderausgegrenzt wird.Zunehmend erkennt die <strong>Kirche</strong> in der aktuellen Diskussion ihre ureigene Kompetenz.Denn Behinderung drückt theologisch betrachtet nichts Anderes aus als dieNormalität eines begrenzten und verletzlichen Lebens. Zentrale Bezugspunkte sinddie Gottebenbildlichkeit (Gen 1,26f), das paulinische Motiv vom Leib Christi (1. Kor12,26) und die Rechtfertigungsbotschaft.Die <strong>Kirche</strong> steht <strong>im</strong> Zeichen der Inklusion vor einer doppelten Aufgabe. Einerseitsgeht es darum, parteilich für Menschen mit Behinderungen, Migranten, Arme,Benachteiligte und andere Ausgegrenzte einzustehen. Andererseits soll Inklusionin den eigenen kirchlichen Strukturen auf den Weg gebracht werden. <strong>Da</strong>bei wirdzunehmend das „<strong>Da</strong>sein für andere“ durch das neue Leitmotiv des „<strong>Da</strong>seins mit ...“abgelöst. Denn Inklusion braucht Augenhöhe in den Veränderungsprozessen. Esgilt auch in der <strong>Kirche</strong> der alte Slogan der Behindertenrechtsbewegung: Nichtsüber uns ohne uns. Denn: <strong>Da</strong> <strong>kann</strong> <strong>ja</strong> <strong>jede</strong>r <strong>kommen</strong> ...7


1. Inklusion – die Kunst des Zusammenlebensvon sehr verschiedenen Menschen1. Inklusion – die Kunst des Zusammenlebensvon sehr verschiedenen MenschenDiese Schrift ist als eine Hilfestellung gedacht, damitdie Kunst des Zusammenlebens von sehr verschiedenenMenschen (= Inklusion) in <strong>Kirche</strong> gelingt. Inklusiongeht davon aus, dass alle Menschen sowohl verschiedenals auch gleich(-berechtigt) sind. Es geht alsoum die Gleichberechtigung der Verschiedenen. Inklusionbezeichnet das Ziel „ohne Angst verschiedensein“ 1 zu können.Was <strong>kann</strong> Inklusion für <strong>Kirche</strong> und Gemeindebedeuten?1.1 Herzlich Will<strong>kommen</strong>„Können sich alle Menschen gleichermaßen will<strong>kommen</strong>fühlen?“ „Erleben Menschen den ersten Kontaktmit der Gemeinde als freundlich und offen?“ So lautenzwei Fragen aus dem Arbeitsteil dieser Schrift. DieFragen, die dort zur Verfügung gestellt werden, sollenMenschen miteinander ins Gespräch bringen; insGespräch darüber, ob sich in der <strong>Kirche</strong> die unterschiedlichen Menschen will<strong>kommen</strong> geheißen fühlen,und ob wirklich alle mitmachen können. Unsere <strong>Kirche</strong>wird reicher durch die Vielfalt der Menschen, die in ihrleben.In <strong>jede</strong>m Menschen stecken viele Fähigkeiten. „DieseTalente wollen wir entdecken, fördern und einfordern,denn unsere Gesellschaft will und braucht die Beiträgealler.“ 2 „Inklusion und Kirchliche Praxis“ plädiertdafür, dass <strong>Kirche</strong> sich an dieser Entdeckung undFörde rung beteiligt. Die Talente von jungen und altenMenschen, von Frauen und Männern, von Menschenmit und ohne Behinderungen, von gestandenenChristen menschen und Suchenden. Diese Liste ließesich fortführen. Aber vielleicht ist es besser, Menschengar nicht erst in Gruppen einzuordnen. Denn „<strong>jede</strong>r istanders, das ist normal“. 3 Und alle sollen die Chancehaben, mitzumachen.1 Adorno, Theodor W., Min<strong>im</strong>a Moralia, GS 4, Frankfurt a.M. 1980, S.114.2 Grußwort zum Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung zurUmsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, S. 1.3 Richard v. Weizsäcker, Ansprache bei der Eröffnung der Tagungder Bundesarbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte, Bonn, 1993.1.2 Vielfältige Formen von <strong>Kirche</strong>Worum geht es, wenn hier von „<strong>Kirche</strong>“ geredet wird?Jede/r hat dazu zunächst ein eigenes Bild <strong>im</strong> Kopf.Diese Bilder lassen sich nur schwer verallgemeinern.Weil auch die Wirk lich keit von <strong>Kirche</strong> nur schwer zuverallgemeinern ist. Wir leben in einer pluralen Gesellschaft,und es gibt vielfältige Formen, in denen sich<strong>Kirche</strong> und Christentum organisieren. Einen Überblicküber die Vielfalt von <strong>Kirche</strong> versucht das Schaubildunten zu geben.All diese verschiedenen Organisationsformen von <strong>Kirche</strong>und andere, nichtgenannte „kirchliche Orte“ 4 stehenhier gleichwertig beieinander. Die Wertschät zungvon Vielfalt und Ver schiedenheit ist ein wichtigesAn lie gen von Inklusion. <strong>Kirche</strong> wird als Bezie hungs feldmit einer Vielfalt von Gestaltungsformen verstanden,in denen „Kommunikation des Evange li ums“ 5 geschieht.Eine wichtige sozialraumorientierte Ge stalt, in der sichdiese Kommuni kation verwirklicht, ist die Orts gemeinde.Die <strong>Kirche</strong>ngemeinde als Orts ge meinde istdie Gestalt, auf die sich der Praxis teil dieser Schrift„Inklusion entwickeln“ mit seinen Fragen konzentriert.OrtsgemeindenFunktionsgemeinden(z.B. in Diakonie, Justizvollzugsanstalten,Krankenhäuser)Gestaltungsformenvon <strong>Kirche</strong>GottesdienstgemeindenBekenntnisgemeindenGemeinden <strong>im</strong> medialenund virtuellen Raum(z.B. Radioandachten,Fernsehgottesdienste)<strong>Kirche</strong> bei Gelegenheit(z.B. Schulgottes dienste, Freizeiten,Akademietagungen, <strong>Kirche</strong>ntage,Urlaubsseelsorge)4 Dieses Verständnis folgt dem ekklesiologischen Modell vonPohl-Patalong, Uta, Von der Ortskirche zu kirchlichen Orten. EinZukunftsmodell, Göttingen 2004, S. 128 ff.5 vgl. Grethlein Christian, Praktische Theologie, Berlin/ Boston2012. Grethlein wählt „Kommunikation des Evangeliums“ zumLeitbegriff seiner Praktischen Theologie, denn dieser setze „keineselbstverständlichen volkskirchlichen Verhältnisse voraus undöffnet den Blick über die traditionelle Parochie hinaus.“(a.a.O., S.8) Er greift dabei auf Ernst Lange zurück, der diesen Begriff <strong>im</strong>Zuge seines <strong>Kirche</strong>nreformprogramms in den siebziger Jahreneingebracht und damit den dialogischen Aspekt betont hat.8


1.3 Inklusion als kirchliche AufgabeUN-Behindertenrechtskonventiongilt für <strong>Kirche</strong>Ausgangspunkt und Anlass für die Frage nach Inklusionin der <strong>Kirche</strong> ist das Überein<strong>kommen</strong> der VereintenNationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung(UN-Behinderten rechtskon ven tion). 6 Sie ist am26. März 2009 in Deutschland in Kraft getreten undhat eine breite Debatte über die Teilhabemöglichkeitenvon Menschen mit Behin derung am gesellschaftlichenLeben angestoßen.Die UN-Behindertenrechtskonvention ist zu allerersteine Selbstverpflichtung der Vertrags staaten. Sie verpflichtensich „die volle Verwirk lichung aller Menschenrechte und Grund frei hei ten für alle Menschenmit Behinderungen ohne <strong>jede</strong> Diskr<strong>im</strong>inierung aufgrundvon Be hin derung zu gewährleisten und zu fördern“7 . <strong>Da</strong>rüber hinaus verpflichten sich die Ver tragsstaatenaber auch „dafür zu sorgen, dass (...) öffentlicheEinrichtungen <strong>im</strong> Einklang mit diesem Überein<strong>kommen</strong>handeln“ 8 , und zudem „alle geeignetenMaßnahmen zur Beseitigung der Diskri minie rungaufgrund von Behinderung durch Personen, Organisationenoder private Unternehmen zu ergreifen“. DieUN-Behindertenrechtskonvention betrifft also auch<strong>Kirche</strong>ngemeinden.Neben der rechtlichen Begründung ist Inklu sion 9 aberauch und vor allem ein Grund an liegen der <strong>Kirche</strong>.Ausgrenzung zu vermeiden und Teilhabe zuermöglichensind ureigene kirchliche Anliegen.Ausgrenzung, Teilhabe und Teilgabe sindureigene Themen der <strong>Kirche</strong><strong>Kirche</strong> ist nach ihrem Selbstverständnis eine Gemeinschaft,in der unterschiedliche Men schen gleichberechtigt miteinander verbunden sind. Um es mit Pauluszu sagen: „Denn wie der Körper eine Einheit istund doch viele Teile hat, alle Teile des Körpers also dieEinheit des Körpers ausmachen, so verhält es sichauch mit Christus. Wir alle sind durch den einen Geistzu einer leiblichen Einheit getauft worden, ob wirjüdische oder griechische Men schen sind, oder ob wirUnfreie oder Freie sind – uns alle hat Gott eine Geistkrafttrinken lassen. Denn auch der menschliche Körperbe steht nicht nur aus einem Körperteil, sondernaus vielen. (...) Nun hat Gott den Körper aus vielen Teilenzusammengefügt. Jedes einzelne Körperteil gehörtnach Gottes Willen dazu. Wenn aber alle Teile identischwären, wo bliebe der Körper? Nun gibt es zwarviele Körper teile, aber nur einen Körper. <strong>Da</strong>s Auge<strong>kann</strong> der Hand nicht sagen: »Ich brauche dich nicht«.Auch der Kopf <strong>kann</strong> zu den Füßen nicht sagen: »Ichbrauche euch nicht«. Nein! Gerade auf die Körperteile,die unbedeutender zu sein scheinen, kommt es an. (...)6 Die UN-Behindertenrechtskonvention siehe http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/de/menschenrechtsinstrumente/vereinte-nationen/menschenrechtsab<strong>kommen</strong>/behindertenrechtskonvention-crpd.html7 Art. 4 (1) UN-Behindertenrechtskonvention8 Art. 4 (1) d) UN-Behindertenrechtskonvention9 Der englische Originaltext benutzt an vielen Stellen das Wort„inclusive“, welches <strong>im</strong> deutschen offiziellen Gesetzestext mit„integrativ“ übersetzt wird. <strong>Da</strong>her hat das „Netzwerk Artikel 3“eine sogenannte Schattenübersetzung der Konvention erstellt,die das Wort „inklusiv“ benutzt. Zitate in dieser Handreichungbeziehen sich auf die Schattenübersetzung.9


Gott hat den Kör per zusammengefügt und gab demniedrig gehaltenen Teil umso größere Ehre, damit derKörper nicht von einer Grenze durchzogen wird, sonderndie Glieder sich gemeinsam umeinander sorgen.“(aus 1.Kor 12). 10Die Teilhabe an Christus begründet das gleichwertigeund gleichberechtigte Miteinander in der Gemeinschaftder <strong>Kirche</strong>. Die Gemeinde als Leib Christi isteine Anerkennungs gemein schaft, in der die Glaubendeneinander nicht zuerst über ihren Unterstützungsbedarf,sondern auf Augenhöhe wahrnehmen. 11Laut <strong>Kirche</strong>nordnung der EKiR „tragen alle Mitgliederder Gemeinde die Mitverant wor tung für das Lebenund den Dienst der Kir chen gemeinde. Sie sollen ihreunterschiedlichen Gaben <strong>im</strong> Leben der <strong>Kirche</strong>n gemeinde einsetzen.“ 12 <strong>Da</strong>mit betont sie ausdrücklich,dass sich <strong>Kirche</strong> als Teilhabe-, Teilnahme- und Teilgabegemeinschaft13 versteht, die von den reichenFähigkeiten aller Gemeindeglieder ausgeht.Ulf Liedke formuliert: „Inklusion ist zuerst eine GabeGottes. Sie bezeichnet die unmittelbare Zugehörigkeitder Glaubenden zum Leib Christi. Predigt, Taufe undAbendmahl begründen eine Gemeinschaft, für die dievolle, fortwährende und wechselseitige Inklusion ihrerje individuell begabten und begrenzten Glie der konstitutivist. Aus dieser Gabe der unmittelbaren Zugehörigkeiterwächst folgerichtig die Aufgabe, dasgemeindliche Leben ebenso inklusiv zu gestalten.Inklusion ist deshalb kein praktisch-theologischesSonder thema, sondern eine durchgängige Perspektiveder gesamten gemeindlichen Praxis.“ 14 Und weiter:„Gemeinden müssen Ja sagen zu denen, die bereits inihrer Mitte leben. Denn: Was Gott zusammengefügthat, das soll der Mensch nicht scheiden.“ 15Inklusion stellt Abgrenzungen der <strong>Kirche</strong> in Frage<strong>Da</strong>s paulinische Bild von der <strong>Kirche</strong> als Leib Christiund die <strong>Kirche</strong>nordnung sagen deutlich: innerhalb der<strong>Kirche</strong> sollen wir die Unter schiedlichkeiten als Reichtumschätzen. <strong>Da</strong>s ist klar. Beide Texte kennen ein<strong>Da</strong>zugehören, aber auch ein Nicht-<strong>Da</strong>zugehören: Teildes Körpers sein, nicht zum Körper gehören, Mitgliedsein, nicht Mitglied sein.Was aber ist mit denen, die keine Mitglieder odernicht getauft sind? Was mit den Befreundeten, denSuchenden, den Interessierten und Desinteressierten?Kirchliches Leben beschränkt sich nicht auf Mitglieder.Denn <strong>Kirche</strong> ist eine Gestalt des Christentums, diesich <strong>im</strong>mer auch auf dessen andere, private und öffentlicheGestalten in unserer Gesellschaft beziehen muss.Wie gehen wir mit anderen Gemeinden, Denominationen, anderen Religionen und außerkirchlichenOrganisationen um? Schätzen wir deren Andersseinebenso als Reichtum? Sind sie uns als gleichwertigeGesprächspartner will<strong>kommen</strong>? Inklusion stellt dieFrage: wo und wofür brauchen wir in <strong>Kirche</strong> undGemeinde eine klare Abgrenzung von dazugehörendund nicht-dazugehörend? Wo können wir wohlvertrauteaber überflüssige Grenzen in Frage stellen undabbauen?„Wird sich gelegentlich bewusst gemacht, wer in derVorstellung der Beteiligten zum „Wir“ zählt?“ So lauteteine der Fragen aus dem Arbeitsteil dieser Schrift.Inklusion <strong>kann</strong> auch als kritische Anfrage an ein exklusivesGe mein de verständnis wahrgenommen werden.10 Zitiert nach: Bibel in gerechter Sprache, Bail, Ulrike u.a (Hg.),Gütersloh 2006. Die Bibel in gerechter Sprache ist die aktuellvorliegende Übersetzung, die den Inklusionsgedanken sprachlichzu übertragen versucht.11 Vgl. Luther, Henning, Wahrnehmen und Ausgrenzen oder die doppelteVerdrängung. Zur Tradition des seelsorgerlich-diakonischenBlicks, in: ThPr 23 (1988), S. 261.12 Art. 14.1 <strong>Kirche</strong>nordnung der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Kirche</strong> <strong>im</strong> <strong>Rheinland</strong>,vom 10. 1.2003, zuletzt geändert durch das <strong>Kirche</strong>ngesetz vom14.1.2011.13 Teilhabe (Einbezogensein in Lebensbereiche / Gruppen), Teilnahme(aktive Handlungen in Gruppen / mit Personen) und Teilgabe(Andere einbeziehen, für andere etwas tun) beschreiben dreiwesentliche Aspekte des englischen „participation“. Participationmeint umfassend Beteiligung, Teilhabe, Teilnahme, Mitwirkung,Mitbest<strong>im</strong>mung, Einbeziehung. 2001 wurde Teilhabe als Rechtsbegriffins Sozialgesetzbuch IX.Buch aufgenommen.14 Liedke, Ulf, Menschen. Leben. Vielfalt. Inklusion als Gabe und Aufgabefür <strong>Kirche</strong>ngemeinden. In: Pastoraltheologie 101, Jg. 2012, S. 79f.1.4 Inklusion meint ...Inklusion meint: Alle Menschen sind verschieden, allesind gleichberechtigt.Inklusion ist die Kunst des Zusammenlebens von sehrverschiedenen Menschen. <strong>Da</strong>s Wort Inklusion kommtaus dem Lateinischen und bedeutet „einschließen“ <strong>im</strong>Sinne von einbezogen sein, dazugehören. 16 Aus derPerspektive der allgemeinen Menschenrechte meint15 A.a.O., S. 86.16 Inklusion vor Ort. Der Kommunale Index für Inklusion – einPraxishandbuch. Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft (Hg.),Bonn 2011, S. 18.10


das: „Statt Menschen einer Gemeinschaft zuzuführen,der sie vermeintlich nicht angehören, bedeutet Inklusion,eine von Geburt an bestehende Zugehörig keitaufrecht zu erhalten.“ 17 Der Theologe Ulf Liedke formuliert:„An die Stelle der mit dem Integrationsmodellverknüpften Vorstellung zweier relativ homogenerGruppen – Men schen mit und ohne Behinderung –setzt das Inklusions paradigma die Überzeugung derun mittel baren Zuge hö rig keit <strong>jede</strong>s Menschen zu einerGesellschaft der Vielfalt. (...) <strong>Da</strong>mit verbunden ist einePers pek tivänderung: vom Hilfeempfänger zum vollwertigenMitglied der Gesellschaft. Men schen mitBehinderung, ebenso wie alle anderen Personen inunterschiedlichen Lebens si tu a tionen, mit verschiedenenLebens kon zep ten und je individuellen Lebens geschichtengehören selbstverständlich zur Gesellschafthinzu, ohne wenn und aber.“ 18Inklusion meint: Zum Glück sind alle andersIm Kommunnalen Index für Inklusion heißt es: „Jeunterschiedlicher und vielfältiger die Men schen einerGruppe sind, desto mehr <strong>kann</strong> die Gemeinschaft und<strong>jede</strong>r Einzelne in ihr profi tie ren. Denn <strong>jede</strong>r Menschhat etwas Beson deres, etwas, das andere wenigeroder gar nicht haben. <strong>Da</strong>s können zum Beispiel persönliche,soziale, kulturelle oder andere besondereEigen schaften, Erfahrungen und Fähigkeiten sein.Aber auch verschiedene Geschlechter rol len, ethnischeHerkunft und Nationalitäten, Sprachen, Hautfarbenoder soziale Milieus, reli giöse und weltanschauliche17 Bösl, Elsbeth, Die Geschichte der Behindertenpolitik in der Bundesrepublikaus Sicht der Disability History, in: APuZ 23/210, S. 12.18 Liedke, Ulf, Menschen. Leben. Vielfalt. Inklusion als Gabe undAufgabe für Kirchgemeinden. In: Pastoraltheologie 101. Jg., 2012,S. 71 – 86.Orientie run gen, körperliche Bedingungen etc. Einfachalles, was einen Menschen ausmacht, <strong>kann</strong> dieGe mein schaft bereichern. <strong>Da</strong>bei sind die Mög lichkeitenfür Verschiedenheit unendlich. Gelingt es einerGemeinschaft die in ihr vorhandenen Formen vonVielfalt zu entdecken, wertzuschätzen und zu nutzen,wird sie erfahrener und kompetenter.“ 19Im Nächsten, der anders ist als ich, entdecke ich neuePerspektiven auf das Leben. Und <strong>jede</strong> und <strong>jede</strong>r einzelnewird sich in seiner Haut wohler fühlen, denn allespüren und erleben: so wie ich bin, bin ich wichtig fürdie Gemein schaft. „Sicherheit und Lebensqualitätwerden erhöht, weil inklusive Kulturen Bedrohungund Ausgrenzung abbauen.“ 20Inklusion meint:Die Aufteilung in „Behinderte“ und „Nichtbehinderte“überwindenFrüher dachte man, es gebe Menschen mit und Menschenohne Behinderungen. Diese Einteilung ist fürÄrzte, Krankenkassen und Sozialhilfeträger bis heutenötig und sinnvoll, um Menschen mit außergewöhnlichenEin schrän kungen zu helfen. 21 Diese medizinischeSicht auf den Menschen wurde aber wie selbst verständlich auch auf andere Lebens be reiche übertragen.So kamen Menschen mit Behinderungen in be son dereEinrichtungen und Schulen, um dort besonders gefördertzu werden.19 Inklusion vor Ort, S. 19.20 Ebd.21 Auch die UN-Behindertenrechtskonvention spricht von „Menschenmit Behinderungen“ meint damit aber kein grundsätzlichesAnderssein, sondern eine medizinische Kategorie.11


<strong>Da</strong>durch entstanden mindestens vier Probleme:1. Die Menschen in den besonderen Schulen und Einrichtungenbegegneten kaum mehr anderen Menschenaußerhalb der Einrichtungen. Man wurde einanderfremd.2. In vielen Köpfen setzte sich dadurch die Vorstellungfest, Menschen seien entweder behindert odernicht.3. „Behindert“ wurde dann zu einem negativen Begriff.Die Menschen in den Sondereinrichtungen kämpftenoft gegen Stigmatisierungen.4. Selten gelang der Wechsel von der Sondereinrichtungzurück ins „normale Leben“ (Integration).Inzwischen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dassIntegration überflüssig ist, wenn man Menschen erstgar nicht voneinander trennt. An die Stelle des Prinzipsder Unter schei dung und Trennung und späterenEin glie derung 22 ist das Prinzip der Vielfalt getreten.Es gibt nicht Menschen mit und ohne Behin derungen.Vielmehr sind alle Menschen mehr oder wenigerbegabt, bzw. begrenzt. „Es ist normal, verschieden zusein.“ 23 Alle sollen gleichberechtigt miteinanderleben. Renate Walthes formuliert: „Behinderung istder nicht gelungene Umgang mit Verschiedenheit.“ 24Die Einteilung der Menschen in Menschen mit undMenschen ohne Behinderungen soll überall da unterbleiben,wo sie nicht zwingend not wendig ist. AlleMen schen haben die gleichen Rechte: Selbstbest<strong>im</strong>mung,Nichtdis kri mi nierung, volle und wirksame Teilhabean der Gesellschaft, Chancen gleichheit und Barrierefreiheit.25Inklusion meint:Die gleichberechtigte Teilhabe aller MenschenZuweilen wird Inklusion sehr verkürzt allein als Teilhabevon Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichenLeben verstanden. Dies ist verständlich,da der Begriff in der Behin der tenrechts bewegungeine zentrale Rolle spielt.22 Erst muss definiert werden, wer krank, bzw. behindert ist, damitdann eine Therapie, bzw. ein Nachteilsausgleich erfolgen <strong>kann</strong>.Behinderung ist eine Normabweichung, die es auszugleichengilt, etwa durch besondere Förderung.23 Richard v. Weizsäcker, a.a.O.24 Walthes, Renate, Einführung in die Blinden- und Sehbehindertenpädagogik,München 2003, S. 49.25 Vgl. Art. 3 UN-BehindertenrechtskonventionDie UN-Behindertenrechtskonvention formuliert dasDiskr<strong>im</strong>inierungsverbot besonders für Menschen mitBehinderungen. Allerdings ist die UN-Behindertenrechtskonvention lediglich die Konkretion der Allgemeinen Menschen rech te für eine best<strong>im</strong>mte Gruppevon Men schen, die besonders von Menschenrechtsverletzungen betroffen, bzw. bedroht sind. 26 WasInklusion meint und was sie überwinden will, dasbetrifft <strong>jede</strong>n Menschen.Inklusion zielt aber umfassend auf die gleichberechtigteTeilhabe aller Menschen am gesellschaftlichenLeben. Zum Beispiel „Men schen, die wegen ihresGeschlechts, ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe oder ihrersozialen Stellung benachteiligt werden.“ 27 Es gehtnicht nur um eine definierte Gruppe von Menschen,sondern um alle Menschen. Jeder Mensch steht mehroder weniger stark in der Gefahr, ausgegrenzt zu werden,nicht teilnehmen zu können und nicht dazuzugehören.Spätestens <strong>im</strong> Alter. <strong>Da</strong>s Diskr<strong>im</strong>inie rungsverbotschützt alle Menschen.Inklusion meint:Die Freiheit, nicht mitmachen zu müssenInklusion meint das Recht auf Teilhabe. <strong>Da</strong>rin enthaltenist selbstverständlich auch das Recht auf Nicht-Teilhabe.Zu einer Gesellschaft dazuzugehören, bedeutetnicht, überall mitmachen zu müssen. Aber Inklusionheißt: wer mitmachen will, muss die Möglichkeiterhalten, mitmachen zu können. Inklusion bedeutetfür die Einzelnen ein Zuwachs an Rechten und Freiheiten,für die Gesellschaft ein Zuwachs an Pflichten(Teilhabe ermöglichen, Barrieren abbauen, Diskr<strong>im</strong>inierungenverhindern).1.5 Gemeinsam Barrieren abbauenDie Vielfalt der Menschen hält große Chancen für <strong>Kirche</strong>und Gemeinde bereit. Manchmal aber bestehenHindernisse: Barrieren, die dazu führen, dass nicht allean kirchlicher Praxis teilnehmen, nicht alle teilnehmenkönnen oder nicht (mehr) teilnehmen wollen.Inklusion bedeutet zu entdecken: Wo und warum werdenMenschen noch ausgeschlossen?26 Vor der UN-Behindertenrechtskonvention wurden bereits andereKonventionen verabschiedet, wie etwa die UN-Kinderrechtskonventionvon 1989, die Frauenrechtskonvention von 1979 und diesog. Rassendiskr<strong>im</strong>inierungskonvention von 1966.27 Inklusion vor Ort, S. 18.12


Wo und warum ist es Menschen nicht möglich, sichzu beteiligen, obwohl sie es wollen? Welche Barrierenhalten Menschen davon ab mitzumachen? Und wiekönnen wir das ändern? 28Manchmal sind es äußere Hindernisse, manch malexistieren Barrieren in Köpfen. Manchmal sind esoffensichtliche Hindernisse, ein anderes Mal liegen sie<strong>im</strong> Verborgenen. Zuweilen kommt es auf einen Einzelnenan, meistens aber können nur viele gemeinsamdie Barrieren aus dem Weg räumen. Inklusion zieltdarauf, dass Barrieren und Hindernisse so weit wieeben möglich abgebaut werden. <strong>Da</strong>zu sollen die Fragen<strong>im</strong> Arbeitsteil dieser Orientierungshilfe dienen.Ein paar Beispiele: „Trägt die Atmosphäre in derGemeinde zu einem vertrauensvollen Miteinanderbei?“ „Wird dafür gesorgt, dass sich <strong>im</strong> Gottesdienstalle zurechtfinden können?“ „Akzeptieren die Menschenin der Gemeinde Unterschiede in ihrer Religiositätund Glaubenspraxis?“ „Woran merkt man, dasssich interreligiöse Paare und Familien in der Gemeindewohlfühlen können?“ „Werden Menschen, die sichvorwiegend nicht-sprachlich beteiligen, regelmäßigZugangsmöglichkeiten angeboten?“.28 Vgl. ebd.Vorstellbar ist, dass Ihnen aufgrund der Fragen folgendeMenschen in den Sinn <strong>kommen</strong>: Frau K. ist evangelisch,mit einem Musl<strong>im</strong> verheiratet und kommt nichtzum Gottesdienst. Paul <strong>kann</strong> nicht lesen. Obwohl er<strong>im</strong> Konfirmanden alter ist, n<strong>im</strong>mt er nicht an der Konfirmandengruppe teil. Seitdem Herr G. Hartz IVbezieht, singt er nicht mehr <strong>im</strong> Chor mit.Die Fragen dieser Handreichung sollen helfen, nachBarrieren zu suchen, die eine Beteiligung erschwerenoder verhindern.Barrieren in Köpfen abbauenInklusion ist eine Haltung. Der Abbau von Barrierenbeginnt <strong>im</strong> Kopf. Wo Menschen Vorurteile verändern,Klischees hinterfragen, einander offen und suchendbegegnen, beginnt Inklusion. Inklusion heißt: Menschenbegegnen sich mit Wertschätzung, Akzeptanzund gegenseitiger Anerkennung ihrer Unterschiedlichkeit.Meine Grenze ist unsere AufgabeWer inklusiv denkt, entdeckt den Reichtum <strong>im</strong> Anderenund zugleich die besonderen Grenzen und Bedürfnisse.Wo das Verschiedensein aller als Chance undReichtum geschätzt wird, da werden auch Barrie ren,Grenzen und Abwer tung zur gemeinsamen Auf gabe13


aller. Inklusion „ist ein gesellschaftlicher Anspruch, derbesagt, dass die Gesellschaft ihrerseits Leistungenerbringen muss, die geeignet sind, Diskr<strong>im</strong>inierungenvon Menschen aller Art und auf allen Ebenen abzubauen,um eine möglichst chancengerechte Entwicklungaller Menschen zu ermöglichen.“ 29Galt es früher als das Problem des Menschen <strong>im</strong> Rollstuhl,nicht mit der Straßenbahn fahren zu können, sowird es heute zum Problem der Verkehrsbetriebe, keinebarrierefreien Wagen zu haben. Ausgrenzung undAb wer tung ist nicht das Problem des Einzelnen. Inklusionüberlässt es nicht den „Opfern“ von Aus gren zungen,Teilhabe einzuklagen, sondern macht die Ermöglichungvon Teilhabe zur Aufgabe aller. 30Eine inklusiv denkende <strong>Kirche</strong> fragt: Was müssen wirtun, damit <strong>jede</strong> und <strong>jede</strong>r sich will<strong>kommen</strong> fühlen<strong>kann</strong> und alle mitmachen können?Grenzen oder FähigkeitenInklusion hat als Ziel, die Trennung von Men schen mitund Menschen ohne Behin derung zu überwinden,und weist darauf hin, dass alle Menschen Grenzenund Fähigkeiten haben. Denn zuweilen ist überhauptnicht klar, ob es sich um eine Grenze oder um eineFähigkeit handelt, oder um beides zugleich.Ein blinder Mann sagt von sich, er lasse sich nicht vonÄußerlichkeiten leiten. Autistische Menschen sind oftausdauernd und hoch konzentriert. Menschen, diefrüher als verhaltensgestört bezeichnet wurden, werdenauch als verhaltensoriginell erlebt.Ein schönes Beispiel für die Entdeckung einer Begabungaus der Praxis am Pädagogisch-TheologischenInstitut: Mehrere Gruppen befanden sich zu Fortbildungen<strong>im</strong> Haus. Alle trafen bei der Kaffeepause <strong>im</strong>Foyer aufeinander. Die Atmosphäre war vorsichtig verhalten,und die wenigen Gespräche wurden leisegeführt. Zu einer (inklusiven) Gruppe gehörte einMann mit „geistiger Behinderung“, Anfang 20.29 Reich, Kersten, (Hg.), Inklusion und Bildungsgerechtigkeit, Weinhe<strong>im</strong>u. Basel 2012, S. 39.30 Im Inklusionskonzept geht es um gesellschaftliche Veränderungen,„die es <strong>jede</strong>m ermöglichen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen,<strong>im</strong> Unterschied zur Integration, die eine Anpassungdes beeinträchtigten Menschen an seine Umgebung bedeutet“.Stein, Anne-Dore, Die Bedeutung des Inklusionsgedankens –D<strong>im</strong>ensionen und Handlungsperspektiven, in: Hinz, Andreas u.a.(Hg.), Von der Integration zur Inklusion, Marburg 22010, S. 79.Dieser hatte die Eigenart (oder das Talent), sich vorsichtigan andere Menschen anzunähern, dann behutsammit seiner Hand über deren Haare zu streichenund dabei grinsend und unüberhörbar zu sagen:„Schöne Haaaaaare!!!“ So auch hier. Spontan brachendie Anwesenden in lautes Lachen aus. Sein Verhaltenwurde von einigen aufgenommen, so dass sich in dennächsten Tagen wildfremde Menschen ab und angegenseitig über die Haare strichen.Ist dieser Mann nun geistig behindert oder sozialhoch begabt? Vermutlich ist er beides. Oder auch keinesvon beiden, denn es sind <strong>ja</strong> lediglich vereinfachendeEtiketten. Viel entscheidender ist die Frage, was einMensch für mich ist. Wen sehe ich in diesem Menschen?Seine Grenzen oder seine Talente? Oder allgemeingefragt: Sehe ich in <strong>jede</strong>m Menschen die Gabenund Talente, mit denen sie/er gesegnet ist? Und wieist das <strong>im</strong> Blick auf mich selbst?1.6 Kann wirklich <strong>jede</strong>r <strong>kommen</strong>?„<strong>Da</strong> <strong>kann</strong> <strong>ja</strong> <strong>jede</strong>r <strong>kommen</strong>“ lautet der Titel dieser Orientierungshilfe.Ihr Titel ist durchaus wörtlichgemeint. Aber muss es nicht auch Grenzen geben?Öffentlich oder privatDie Forderungen, die sich mit dem Begriff der Inklusionverbinden, richten sich an das öffentliche Leben. AlleMenschen haben das Recht und müssen die Möglichkeithaben, ein Kino zu besuchen und Busse und Bahnenzu benutzen. Andere Lebens bereiche aber sind privaterNatur. Wen ich zu meiner Geburtstagsfeier einlade,ist allein meine Entscheidung.Wie ist das nun mit dem Leben in <strong>Kirche</strong>nge meinden?Sind unsere Gemeinden öffentlich, oder handelt essich um geschlossene Gesell schaften? Wie öffentlichmöchten kirchliche Orte sein? Wann leisten wir einenBeitrag zum öffentlichen Leben, und wo bleiben wirganz bewusst unter uns? Inklusion <strong>jede</strong>nfalls fordertdie <strong>Kirche</strong> als öffentliche Organisation auf, allen MenschenTeilnahme zu ermöglichen.„Wer nicht gegen euch ist“ (Lk 9,50)Gruppen verwehren anderen Menschen die Zugehörigkeit,wenn sich diese aktiv gegen die Grundwerte ihrerGemeinschaft wenden. Eine demokratische Partei<strong>kann</strong> Menschen ausschließen, die sich gegen diedemokratische Grundordnung wenden. Die Bürger-14


initiative gegen Atomkraft <strong>kann</strong> den Betreibern vonAtomkraftwerken die Mitgliedschaft verweigern.Gleich wohl <strong>kann</strong> sie mit diesen Men schen <strong>im</strong> Gesprächbleiben.Für das gemeinsame Leben in der <strong>Kirche</strong>nge meindeerinnern wir an Lk 9,49f. Der Jünger Johannes versuchteine fremde Person daran zu hindern, <strong>im</strong> Namen Jesuzu handeln, „»denn sie hat sich uns nicht angeschlossen.«Jesus aber sagte zu ihm: »Hindert sie doch nichtdaran! Wer nicht gegen euch ist, ist für euch!«“ Nicht<strong>jede</strong>r muss sich der Ge meinschaft anschließen, um <strong>im</strong>Namen Jesu zu wirken. Jesu Kriterium ist lediglich:Nicht-gegen-uns-sein.Gewalt verhindernGegen-uns-Sein meint nicht nur Gegen-unser-Bekenntnis-Sein,sondern ganz real Gegen-uns-Handeln. Brisantist die Frage, wie an kirchlichen Orten mit Menschenumgegangen wird, die anderen MenschenGewalt antun oder angetan haben: SexualisierteGewalt, rechtsradikale Gewalt, häusliche Gewalt, psychischeGewalt und Mobbing, religiös motivierteGewalt? Was ist mit denen, die andere Menschen massivabwerten, belästigen, in Verruf bringen, schädigen?Wer inklusiv denkt, wird noch aufmerksamer fürGewalt und Gewalt präven tion werden. <strong>Da</strong>zu gibt eshier <strong>im</strong> Arbeitsteil unter dem Thema „Abwertung undGewalt verhindern“ eine Reihe von Fragen.Fähigkeiten als VoraussetzungEine Gruppe verweigert jemandem die Teil nahme,wenn der Person eine best<strong>im</strong>mte Fähigkeit fehlt, dienötig ist, damit die Gruppe ihr gemeinsames Ziel verfolgen<strong>kann</strong>. Die Kantorei schließt Menschen aus, dienicht gut genug singen können. Be<strong>im</strong> offenen Singender Gemeinde dagegen gibt es keine Zugangsvoraussetzung.So stellen sich auch hier wichtige Fragen:Welche Arten von Gruppen und Aktivitäten gibt es inunserer Gemeinde? Sind es vorwiegend Gruppen, indenen alle best<strong>im</strong>mte Fähig keiten besitzen müssen?Oder gibt es neben der Kantorei auch eine Musikgruppe,bei der musikalische Begabung und Bildungkeine Voraussetzung ist? Muss wirklich <strong>jede</strong>/r Teil nehmendeder Theater gruppe ein/e gute/r Schauspieler/in sein? Vielleicht <strong>kann</strong> ein interessierter Menschandere Aufgaben übernehmen und so zur Gruppedazugehören. Wer Ausschau nach Teilhabemöglichkeitenhält, <strong>kann</strong> Erstaunliches entdecken: GehörloseMenschen tanzen, eine stummer Mann singt <strong>im</strong> Chor,Männer häkeln mit für den Gemeindebasar.Inklusion als bleibende AufgabeWer <strong>im</strong>mer will, soll die Möglichkeit haben, sich undseine Talente in die <strong>Kirche</strong> einzubringen. „Inklusionmeint die volle und wirksame Teilhabe an Gesellschaftund die Einbeziehung aller in das Leben einer Gesellschaft.“31 Es geht um die Vergrößerung von Möglichkeitender Teilhabe. Und es geht um das Erleben: Ichgehöre dazu. Ich bin als Person geachtet und werdebeachtet. Tatsächlich liegt <strong>im</strong> Gedanken der Inklusionetwas Visionäres. Es wird also weder einen kirchlichenOrt geben, von dem man sagen könnte, er sei gänzlichinklusiv, noch einen, der völlig exklusiv ist. Es gehtnicht um ein Ganz oder Gar nicht, sondern um einMehr oder Weniger. Inklusion ist ein Prozess, in demMenschen sich gemeinsam auf den Weg machen, Barrierenabzubauen und Teilhabe zu ermöglichen.Inklusion <strong>kann</strong> überall anfangen, hört aber nie auf.Inklusion ist ein lebendiger Prozess, der von unterschiedlichenStandorten gestartet und weitergeführtwerden <strong>kann</strong>. Inklusion ist eine große Vision, aberauch bereits der erste kleine Schritt. Inklusion ist keinZustand, sondern eine bleibende Aufgabe.31 Art. 3 UN-Behindertenrechtskonvention15


Gemeinsam inklusiv denken<strong>Da</strong>s Nachdenken über die unterschiedlichen Aspektevon Inklusion, gemeinsam und auf Augenhöhe, ist <strong>im</strong>Sinne dieses Fragenkata logs ein wichtiger, vielleichtder wichtigste Entwicklungsschritt.Offene KommunikationsprozesseDiese Orientierungshilfe setzt damit bei einer besonderenStärke von <strong>Kirche</strong>ngemeinden an: es gibt vieleGruppen und Beziehungen, in de nen Menschen miteinander<strong>im</strong> Gespräch sind, zum Teil sehr persönlich.Gemeinden verfügen in der Regel über eine Vielfaltvon Kom mu nikationsräumen. Der Frageteil setzt auf„inklusive Erzählräume“ 4 und <strong>kann</strong> deren Entfaltungfördern. Christliche Gemeinde ist <strong>im</strong>mer auch Erzählgemeinschaft.Offene Kom mu nikationsprozesse, indenen <strong>jede</strong> St<strong>im</strong>me zählt, gehören wesentlich zuunserer reformatorischen Tradition. Sie sind gut evangelisch.Also gibt es hier wirklich nur 210 Fragen undkeine Antworten.Die Fragen können dabei helfen, Ideen und Verän derungsschrittezu finden, die zu den Menschen, denProblemen, den Interessen und Ressourcen vor Ortpassen. Und wie groß die Schritte sind, die man sichjeweils vorn<strong>im</strong>mt, das muss an <strong>jede</strong>m Ort selbst entschiedenwerden. Manchmal sind es Haltungen oderBeziehungen, die verändert werden, manchmal müssensich Strukturen ändern.Die Fragen nutzenEs geht nicht darum, den ganzen Katalog der Fragenabzuarbeiten, sondern darum, sich als Gemeindeschrittweise zu entwickeln. Wählen Sie einzelne Fragenaus! Nutzen Sie die Fragen, die Ihnen dienlicherscheinen, für Ihre Inter essen und Schwerpunkte vorOrt. Legen Sie andere beiseite. Formulieren Sie weitere,neue Fragestellungen! Vielleicht wird zunächst nurin der Jugend arbeit über die Fragen nachgedacht oder<strong>im</strong> Presbyterium. Vielleicht gibt es einen Tag mit allenMitarbeitenden. Die Arbeit mit den Fra gen <strong>kann</strong> anganz verschiedenen Orten in der Gemeinde stattfinden:in der Konfir man den arbeit, in der Frauenhilfe, <strong>im</strong>Gemeindecafé, in Teambesprechungen, als Einheit <strong>im</strong>Gottes dienst genauso wie in eigens zum ThemaInklusion organisierten Veranstaltungen. Für Kindertagesstättengibt es zur Vertiefung eine eigene Sammlungvon Fragen (s. Literaturliste).Die Fragen erweiternDie Fragen zielen darauf, dass eigene Erfah rungen zurSprache <strong>kommen</strong>, dass Positives aber auch Verbesserungswürdigesgesehen wird. Ressourcen sollener kenn bar und Ver än derungsprozesse in Ganggebracht werden. Trotzdem sind die Fragen der Einfachheit halber relativ knapp formuliert. Mit folgendenImpulsen <strong>kann</strong> eine Gesprächsleitung die je weilszur Diskus sion stehende Frage ergänzen:• Wie erleben Sie das selbst?• Gibt es ein konkretes Beispiel dazu ausIhrer eigenen Erfahrung?• Woran <strong>kann</strong> man das merken?• Was führt dazu?• Was ist dabei hilfreich?• Was ist dabei hinderlich?• Wer kennt sich damit besonders aus?• Wie können wir das weiter fördern?• Wie können wir das verändern?• ...4 Liedke, Ulf, Menschen. Leben. Vielfalt. Inklusion als Gabe und Aufgabefür Kirchgemeinden. In: Pastoraltheologie 101, Jg.2012, S.84.17


Û Übersicht über die Themender FragenÛ Von sich selbst ausgehen 19Û Von den reichen Fähigkeiten aller 19ausgehenÛ Will<strong>kommen</strong> sein 20Û Einander mit Respekt begegnen 20Û Vorurteile hinterfragen 21Û Ausgrenzung und Beleidigung 21verhindernÛ Hilfe annehmen und Hilfe anbieten 22Û Gut vernetzt sein am Ort 22Û Gut zusammen arbeiten 23Û Wohlbefinden und Gemeinschaft 23fördernÛ Barrierefreie Gebäude schaffen 24Û Neue Menschen und neue Ideen 24begrüßenÛ Orientierung für alle anbieten 25Û Abwertung und Gewalt verhindern 25Û Fair mit Mitarbeitenden umgehen 26Û Vielfalt in Veranstaltungen 26einplanenÛ Teilhabe und Teilgabe stärken 27Û Gute Kommunikation ermöglichen 27Û Unterschiedlichkeit begrüßen 28Û Vielfältige Ressourcen nutzen 28Û Räume für vielfältige Aktivitäten 29einrichten18


2.2 Die FragenWann haben Sie sich einmal ausgeschlossengefühlt?Wann ist Ihnen das letzte Malaufgefallen, dass jemand ausgegrenztwurde?Wo haben Sie erlebt, aner<strong>kann</strong>tund wertgeschätzt zu werden?Was hat dazu beigetragen?Wie können wir von unserenunterschiedlichen Lebensweltenund Erfah rungen lernen?Was ist hinderlich, was ist hilfreichdabei?Haben Sie einmal erlebt, dassAnteile Ihrer Per sön lichkeit abgelehnt,abgewertet oder nichtaner<strong>kann</strong>t wurden?Von sich selbstausgehenKönnen Sie sich vorstellen, gegenEinseitigkeiten, Vorurteile oderDiskri minierung Stellung zubeziehen?Wann würden Sie sich ängstlich,wann mutig fühlen?Was trägt dazu bei, dass Sie sichin der <strong>Kirche</strong>n gemeinde wohlfühlen?Was hilft Ihnen, sich anderenMenschen zu öffnen? Was hindertSie?Regt Sie das Gemeinde lebendazu an, ein positives Selbstwertgefühlzu entwickeln?Was trägt dazu bei?Was gibt Ihnen das Gefühl, dazuzu gehören?Nutzen die Menschen in der <strong>Kirche</strong>ngemeindeChancen, sich auszuprobierenund auf bisher nichtgeübte Art zu beteiligen?Werden Menschen unterschiedlichenAlters gleichermaßen wertgeschätztund ihre Erfahrungeneinbezogen?Können alle Menschen in derGemeinde das Gefühl haben,dass sie mit ihren Fähigkeitengesehen werden?Wird die Teilnahme von Menschenaus „bildungsfernenSchichten“ in den Veranstaltungender Gemeinde gewünscht?Spricht die Breite der gemeindlichenAngebote die Menschen inihren unterschiedlichen Befähigungenan?(z.B. Bewegung, Handwerkliches,Musisches)Von den reichenFähigkeiten allerausgehenGibt es Angebote, die zum Zielhaben, unterschiedlich befähigteMenschen zusammenzubringen?Wer wünscht sich, für Menschenmit Beein träch tigungen Zugängezu gemeindlichen Angeboten zuschaffen?Gibt es Orte in der Gemeinde, andenen die gleichberechtigteBetei li gung von vielen verschiedenenMenschen besonders gutgelingt?Werden alle Menschen in derGemeinde ermutigt, Verantwortungzu übernehmen?Wo und wie können sich Menschenals aktive Mitgestalter/-innender biblischen Botschaft erleben?19


Woran merkt man, dass sichinterreligiöse Paare und Familienin der Gemeinde wohlfühlen können?Können sich alle Menschen gleichermaßenwill<strong>kommen</strong> fühlen?Sind Informationen über dieGemeinde für alle zugänglichund verständlich?(z.B. Gemeindebrief in leichter Sprache,Vermei dung von „Insidersprache“und „Insider wissen“, Gesangbücher inGroß druck, Predigt auf Tonträgern)Wie wird dafür gesorgt, dass sich<strong>im</strong> Gottesdienst alle zurechtfindenkönnen?Will<strong>kommen</strong>seinKann man erkennen, welche Aktivitätenselbstverständlich allenoffen stehen?Sind die Eingangsbereicheansprechend, einladend undinformierend gestaltet?Wie werden Menschen, die neusind, will<strong>kommen</strong> geheißen?Trägt die Atmosphäre in derGemeinde zu einem vertrauensvollenMiteinander bei?Woran können Familien mitbehinderten Angehö rigen merken,dass sie in der Gemeindewill<strong>kommen</strong> sind?Erleben Menschen den erstenKontakt mit der Gemeinde alsfreundlich und offen?Werden alle mit Respekt angesprochenund so, wie sie es gernemöchten?(z.B. mit der korrekten Ausspracheihres Namens, mit „Du“ oder „Sie“)Akzeptieren die Menschen Unterschiedein ihrer Religiosität undGlaubenspraxis?Wie wird dafür gesorgt, dassStreitigkeiten fair bearbeitet werdenkönnen?Gibt es einen verständnisvollenUmgang miteinander, wennjemand verletzt, verärgert oderenttäuscht reagiert?Werden Menschen mit Behinderungenals eigenständige undselbstbest<strong>im</strong>mte Personen wahrgenommen?Einander mitRespekt begegnenKönnen Menschen in derGemeinde das Gefühl haben,dass sie und andere fair behandeltwerden?Beraten Gemeindeglieder undMitarbeitende über ihre Vorgehensweisen,mit denen sie aufprovozierendes oder störendesVerhalten reagieren?Ist es üblich, dass alle auf Missständeoder Regel ver letzungenhinweisen können und gehörtwerden?(z.B. bei Geschäfts ord nungs fehlern,nicht eingehaltenen Absprachen,sexualisierten Übergriffen)Woran merken die Einzelnen,dass ihre Grenzen respektiertwerden?Können alle Mitglieder gemeindlicherGremien das Gefühl haben,dass ihr Beitrag geschätzt wird?20


Wird es vermieden, einzelne Personenoder best<strong>im</strong>mte Gruppenals „Stören friede“ abzustempeln?Werden unterschiedliche sozialeMilieus und die mit ihnen verbundenenInteressen und kulturellenVorlieben wertgeschätzt?Werden biblische Geschichtengenutzt, um sich z.B. mit Prostitutionoder Homosexualität auseinanderzu setzen?Wird die Bibel genutzt, um sichdie Situation von Menschenbewusst zu machen, die vonAusgren zung bedroht sind?(z.B. durch Armut)Welche Bestrebungen gibt es, Etikettierungenvon Einzelpersonenoder Gruppen zu vermeiden?VorurteilehinterfragenWird in der Gemeinde eingeschichtliches Verständnis vonder Unterdrückung best<strong>im</strong>mterMenschen gruppen gefördert?Gibt es einen Austausch darüber,welche Bedeutung körperlichePerfektion, Schönheit und Leistungsfähigkeithaben?Können sich Frauen und Männerfrei von typischen Rollenerwartungenin der Gemeinde einbringen?Kann sich in Gebeten, Predigtenund anderen geistlichen Äußerungen<strong>jede</strong>r Mensch in einerVielfalt von Rollen wiederfinden?(z.B. als gebend und nehmend, als helfendund hilfsbedürftig, als passiv undaktiv)Wird bei <strong>Da</strong>rstellungen von Jesusund anderen biblischen Gestaltenauf die Vielfalt ihrer Erscheinungsbildergeachtet?Gibt es einen Austausch über dieBewertung von Bildung und geistigenFähigkeiten?Ist allen bewusst, dass durchmangelndes Zutrauen undUngleichbehandlung neue Barrierenentstehen können?Fällt es auf, wenn abwertendeBemerkungen über Menschenoder Menschengruppen gemachtwerden?Werden Ausdrucksweisen vonMenschen mit Behinderungenoder Demenzerkrankungen ernstgenommen?Ist der Umgang miteinander fürFrauen und Männer, Mädchenund Jungen gleichermaßenunterstützend?Ausgrenzung undBeleidigungverhindernWird gleichgeschlechtliche Sexualitätin der Gemeinde als Teil dermenschlichen Vielfalt wertgeschätzt?Wird sich gelegentlich bewusstgemacht, wer in der Vorstellungder Beteiligten zum „Wir“ zählt?Setzen sich Menschen in derGemeinde für andere ein, dieihrer Meinung nach unfairbehandelt werden?Fühlen sich alle Bürger/-innen,die <strong>im</strong> Wohnumfeld der Gemeindeleben, gut aufgehoben, sicher,zugehörig und aner<strong>kann</strong>t?Wird es bemerkt, wenn Menschenausgegrenzt werden?21


Gibt es die Möglichkeit, einenFahrdienst zu den Veranstaltungender Gemeinde zu nutzen?Ist es üblich, sich in der Gemeindegegenseitig um Hilfe zu bitten?Wird die Entwicklung von unterstützendenBezie hungen aktivangeregt?(z.B. durch Einrichtung von Freundeskreisenoder Nachbarschaftshilfen)Erhalten auch junge, alte oderbeeinträchtigte Menschen dieChance, anderen zu helfen?Wie wird dafür gesorgt, dassMenschen, die in der Gemeindeum Unter stüt zung bitten, dasvertrauensvoll tun können?Hilfe annehmen undHilfe anbietenKönnen Helfende und Menschen,die Hilfe empfangen, sich alsgleichwertige Partner/-innenwahrnehmen?Gibt es Verzeichnisse oder andereHilfsmittel, mit denen die Unterstützungsangeboteder <strong>Kirche</strong>ngemeindezu finden sind?Wie wird für eine Vernet zung mitberatenden Diensten undHilfsange boten Dritter gesorgt,um Menschen mit persönlichenProblemen, in Krisen und beiErkrankungen zur Seite stehen zukönnen?Betrachten die Menschen dasGeben und Annehmen von Hilfeals normalen Teil der Aktivitäten?Werden Menschen mit Hilfebedarfso unterstützt, dass sie dieAngebote auch gerne annehmen?Steht die <strong>Kirche</strong>ngemeinde mitFunktionspfarrstellen in der Regionin Kontakt?(z.B. aus Krankenhaus, Schule, Diakonie,Justizvollzugsanstalten)Gibt es Zusammenkünfte mit kulturellenoder sozialen Organisationen,um sich kennen zu lernenund die jeweiligen Anliegen mitzuteilen?Wie werden übergemeindlichekirchliche Dienste in der Gemeindegenutzt?Beteiligt sich die <strong>Kirche</strong>n ge meindean Aktivitäten anderer lokalerGruppie rungen oder bezieht solchein ihre Angebote ein?Kennen und nutzen andere lokaleGruppierungen das, was die <strong>Kirche</strong>ngemeindean Ausstattungund Räumen zur Verfügung stellen<strong>kann</strong>?Gut vernetzt seinam OrtBeteiligt sich die <strong>Kirche</strong>ngemeindean übergreifenden kommunalenGremien?(z.B. an Stadteilkon fe ren zen,Ausschüssen)Kennen, schätzen und nutzenlokale Einrichtungen die Angeboteder <strong>Kirche</strong>n gemeinde?(z.B. Schulen, diakonische Einrichtungen)Gibt es Angebote der <strong>Kirche</strong>ngemeindean Orten, wo die Menschenwohnen, arbeiten oder ihreFreizeit verbringen?Wie trägt die <strong>Kirche</strong>nge meindezum Aufbau von guten nachbarschaftlichenBeziehungen derMenschen vor Ort bei?Wie ist die <strong>Kirche</strong>nge meinde mitdiakonischen Einrich tungen inder Region <strong>im</strong> Austausch?22


Werden Störungen durch besonderesVerhalten als eine Aufgabeangesehen, die gemeinsam nachLösungen suchen lässt?(z.B. <strong>im</strong> Gottesdienst)Haben alle ehren- und hauptamtlichenMitar beiter/-innen dasGefühl, dass sie geschätzt undunterstützt werden?Ist die Zusammenarbeit in derGemeinde ein gutes Vorbild undmacht Lust darauf, selbst aktiv zuwerden?Sind Menschen mit Beein träch tigungenals Mit ar bei ter/-innenwill<strong>kommen</strong>?Gut zusammenarbeitenWas hilft den Mitar bei ten den,ihre Stärken und Schwächengegenseitig zu akzeptieren?Wie wird <strong>im</strong> Presbyterium dafürgesorgt, dass es gute Kenntnisseüber alle Ar beits bereiche derGemeinde gibt?Sind alle Mitarbeitenden dafürverantwortlich, dass Menschenmit Beeinträch tigungen sichbeteiligen können?Können sich Menschen ermutigtfühlen, ihr Können selbstbewusstin die Arbeit der Gemeinde einzubringen?Ist die Arbeit fair verteilt?Werden Leistungen und Anliegenaller Bezirke oder Arbeitsbereichegegenseitig wertgeschätzt?An welche Momente <strong>im</strong> Gemeindelebenerinnern Sie sich, indenen das Miteinander von Menschenin ihrer Unterschiedlichkeitin besonderer Weise geglücktwar?Gibt es Aktivitäten der <strong>Kirche</strong>ngemeinde,die den Menschen dasLeben in ihrem Wohnviertelangenehmer machen?Stehen in der Gemeinde guterreichbare Räume für die Ausübungindividueller Bedürfnisseoffen und ist das akzeptiert?(z.B. zum Beten, für Ruhepausen, zumStillen oder Wickeln, für Toilettengänge)Trägt das Kl<strong>im</strong>a in der Gemeindezu Zuversicht und Lebensfreudebei?Wohlbefinden undGemeinschaft fördernPflegen die Bürger/-innen <strong>im</strong>Gemeindebezirk eine gute Nachbarschaftmit Menschen, die auseinem anderen Teil der Welt inihren Ort ge<strong>kommen</strong> sind?Können die <strong>im</strong> Wohnum feld derGemeinde angesiedeltenGlaubensge mein schaften ihreReligion friedlich ausüben?Stärkt die <strong>Kirche</strong>nge mein de dasZusammen ge hörig keits gefühlund die nachbarschaftlichenBezie hun gen der Menschen amOrt? Was ist dazu hilfreich?Bietet die Gemeinde gute Gelegenheiten,um soziale Kontakteaufzubauen und zu pflegen?Können alle davon ausgehen,dass ihre Grenzen respektiertwerden? Woran <strong>kann</strong> man dasmerken?Gibt es einen Austausch überWerte, Ziele und die gesellschaftlicheBedeu tung von Inklusion?23


Können Menschen mit Kin derwagen,Rollstuhl oder Geh-Hilfealle Gebäudeteile ohne fremdeHilfe erreichen?Sind barrierefreie Toiletten vorhanden,gut sichtbar ausgeschildertund zugänglich?Sind Toiletten ausreichend vorhanden,so dass auch Kinder,Ältere oder Schwan gere entspanntan Veran staltungen teilnehmenkönnen?Ist es ein aner<strong>kann</strong>tes Ziel derGemeinde, allen Personen einenbarrierefreien, offenen Zugang zuallen Gebäudeteilen zu schaffen?Sind Toiletten so ausgestattet,dass z.B. Windeln und gebrauchteHygieneartikel unauffällig entsorgtwerden können?BarrierefreieGebäude schaffenSind gehörlose, sehgeschädigteund körperbehinderte Menschenan der barrierefreien Gestaltungder <strong>Kirche</strong>ngemeinde beteiligt?Gibt es genügend Halte griffe anTreppen und Stufen?Gibt es Hinweisschilder, die auchfür nicht lesende Menschen verständlichsind und die Nutzungder Räume und der Ausstattungerleichtern?Sind Parkplätze, Zugänge undWege ausreichend beleuchtet, sodass sich alle Teilnehmer/-innenvon Abendveranstaltungen sicherfühlen können?Gibt es auf Vorplätzen und anlängeren Wegen ausreichendSitzgelegenheiten für Menschenmit Gehbe hinderungen, um dortauszuruhen?Sind die Gemeindeglieder offendafür, von Neuem und Unerwartetenüberrascht zu werden?Haben Menschen in der Gemeindedas Gefühl, dass sie ohneAngst vor möglichen Fehlernetwas Neues ausprobieren können?Gibt es Informationspakete zurBegrüßung von neu hinzuge<strong>kommen</strong>enMenschen?Gibt es Verfahrensweisen, umgute, aber zunächst nicht benötigteIdeen aufzubewahren?Wer bringt neue Ideen ein, undwie wird ihre Umsetzung unterstützt?Neue Menschenund neue IdeenbegrüßenIst geregelt, wie und ob Neuebegrüßt werden?(in Veranstaltungen, bei Neuzugezogenen,neuen Gruppenmitgliedernund Mitarbeitenden)Werden auch gelegentlicheBesucher/-innen will<strong>kommen</strong>geheißen?Werden neue haupt- und ehrenamtlichMitarbeitende ermutigt,Wahr neh mungen aus ihrer nochvorhandenen Außensicht mitzuteilen?Bietet das Gemeindeleben dieChance, regelmäßig von eigenenungeahnten Fähigkeiten oderdenen anderer Menschen überraschtzu werden?Wie werden neue Mitar beiter/-innen über die <strong>Kirche</strong>ngemeindeinformiert und eingearbeitet?24


Wie sorgt die Gemeinde dafür,dass alle einen An sprechpartnerfür ihre Anliegen finden?Sind Grundgedanken der Inklusionin der Gemeinde konzeptionaufgenommen?Welche Bestandteile der Gemeindekonzeptionhelfen, Ausgrenzungund Diskr<strong>im</strong>inierung zu vermeiden?Sind alle Informationen über dieAngebote der <strong>Kirche</strong>ngemeindeleicht auffindbar, vollständig,aktuell und verständlich?Auf welche Weise werden alleBewohner/-innen <strong>im</strong> Gebiet der<strong>Kirche</strong>nge meinde ermutigt, dieAngebote zu nutzen?Orientierung für alleanbietenWie wird festgestellt, wen die <strong>Kirche</strong>ngemeindemit ihren Informationennicht erreicht?Sind Informationen über Angeboteder Gemeinde für alle Menschengut zugänglich und verständlich?Werden unterschiedliche Kommunikationsmittelzur Informationgenutzt?(z.B. Flyer, Plakate, persönliche Empfehlungenund Ansprechpartner/-innen, Materialien mit Bildern undin einfacher Sprache)Gelangen Informationen übergemeindliche Aktivitäten zuBewohner/-innen diakonischerEinrichtungen?Ist es für alle möglich, sich leichtin den Gebäuden der <strong>Kirche</strong>ngemeindezu orientieren?Wie wird dafür gesorgt, dass das,was der gleichberechtigten Teilnahme dienen soll, nicht zur Etikettierung oder Beschämung vonEinzelnen oder Gruppen führt?(z.B. Umgang mit alkoholkrankenMenschen be<strong>im</strong> Abendmahl)Wie wird damit umgegangen,wenn sich Einzelne oder Gruppenabfällig oder verletzend überandere äußern?Wird wahrgenommen, wenn sichFälle von Gewalt, Mobbing odersexuellen Übergriffen in der <strong>Kirche</strong>ngemeindeereignen?Sind Angebote zur Gewaltprävention,Selbstbehauptung und-verteidigung Bestandteile desgemeindlichen Programms?(z.B. <strong>im</strong> Kindergarten, für Jugendliche,Senioren)Werden biblische Geschich tengenutzt, um die Mecha nis menvon Gewalt gegen Frauen undMöglich keiten des Widerstandszu thematisieren?Abwertung undGewalt verhindernSind Kontaktdaten von Hilfsangebotenfür Gewaltsituationen inder Gemeinde veröffentlicht undbe<strong>kann</strong>t?(z.B. von Frauenhäusern, Beratungsstellen,Kinderschutzbund, Jugendnotruf,Notruf bei Gewalt gegen Homosexuelle)Werden in den KollektenmittelnOrganisationen bedacht, dieHilfsangebote für Menschenbereithalten, die Gewalt erlittenhaben?Werden Themen der <strong>Kirche</strong>ngeschichtegenutzt, um über dieMechanismen von Gewalt undMöglich keiten des Widerstandsaufzuklären? (wie z.B. Inquisition,Hexen ver folgung, Antisemitismus)Beschäftigt sich die Gemeindemit Identifika tionsfiguren, diesich für Gewaltlosigkeit eingesetzthaben?(wie z.B. M. L. King, M. Ghandi)Gibt es einen Leitfaden, umabwer tendes Verhalten undGewalt zu verhindern, der allenbe<strong>kann</strong>t ist?25


Gehen ehren- und hauptamtlichMitarbeitende respektvoll miteinanderum?Haben Mitarbeitende das Gefühl,dass sie und andere fair behandeltwerden?Wodurch unterstützt die Gemeindedie haupt- oder ehrenamtlicheMitarbeit von Menschen mitBeeinträchtigungen?Wird regelmäßig geprüft, ob alleArbeitsverhältnisse und -bedingungenin der <strong>Kirche</strong>ngemeindelegal und fair sind?Was trägt in besonderer Weisedazu bei, dass haupt- und ehrenamtlicheMitarbeitende gerne inder Gemeinde arbeiten?Fair mit MitarbeitendenumgehenGibt es Bemühungen, um Überforderung,Burn-out und Erschöpfungvorzubeugen und entgegenzuwirken?Empfinden es Mitarbeiter/-innenals Problem, sich ihrer Aufgabeentsprechend zu kleiden?Welche Informationsmöglichkeitenund Bil dungsangebotegibt es für die hauptundehrenamtlich Mitarbeitendenzu Fragen der Gleichstellung?(z. B. von Frauen und Männern, vonArbeitslosen, von Homosexuellen, vonMenschen mit Behinderung)Wird in der Gemeinde der Bedarfnach Mitarbei ten den mit andererReligions zugehörigkeit thematisiert?(z.B. für Kinder tages stätten oderJugendhäuser)Sind Absprachen, Verein ba run genund Dienstan wei sungen für alleBetei ligten eindeutig, gültig undverständlich?Finden Menschen aller Altersgruppen,Frauen und Männer,Angebote in der Gemeinde, diefür sie inte ressant sind und sieunterstützen?Werden Menschen unterschiedlicherkultureller Hintergründe undpersönlicher Begabungen in diePlanung des Programms einbezogen?Wird bereits bei der Planung vonAktivitäten darauf geachtet, dassalle möglicherweise interessiertenMenschen teilnehmen können?Entsprechen die Inhalte der Veranstaltungenden unter schiedlichenLebens wirklich keiten derMenschen vor Ort?Tragen Anfangszeiten undWochen tage, an denen gemeindlicheAngebote stattfin den, dazubei, dass Menschen aus unterschiedlichen Lebens- und Arbeitssituationendaran teilnehmenkönnen?Vielfalt in VeranstaltungeneinplanenHaben die Aktivitäten unterschiedliche Lebens phasen, Beziehungssitua tionen, sexuelle Orientierungen und familiäre Situationender Menschen <strong>im</strong> Blick?Gibt es Angebote und Aktivitäten,die <strong>im</strong> Freien stattfinden?Gibt es die Praxis von MädchenundFrauen gruppen oder JungenundMännergruppen, wenn dasaus thematischen Gründen sinnvollist?Werden von der Gemeinde organisierteReisen und Ausflüge füralle zugänglich gemacht, unabhängigvon Beeinträchtigungenoder finanziellen Möglichkeiten?Werden Feste so geplant, dasssich möglichst viele unterschiedlichePersonen an der Gestaltungbeteiligen können?26


Wie werden Menschen mit andererMuttersprache in die Aktivitätender Gemeinde einbezogen?Gibt es Projekte in ihrer Gemeinde,an denen sich in beispielhafterWeise viele verschiedeneMenschen auf ihre je eigene Artbeteiligen?Wird eine Vielzahl von unterschiedlichenBeteiligungsmöglichkeitenin den Veranstaltungenangeboten?(z.B. Musizieren, Schreiben, Malen,Spielen, Essen, Vortragen, Meditieren,Stille, Bewegen)Wird eingeplant, dass Menschenmit Beeinträchtigungen manchmalzusätzliche Zeit benötigen?(z.B. für den Gebrauch ihrer Hilfsmittel)Teilhabe und TeilgabestärkenWird bei den Angeboten ebensoviel Aufmerk sam keit darauf verwendet,die Gefühle anzusprechenwie den Verstand?Wird die körperliche Anstren gungbei Teilneh menden mit Beein trächtigungen oder eine schnellereErschöpfung berücksichtigt?Wird die persönliche Ausdrucksfähigkeitvielfältig gefördert?(z.B. durch Sprache, künstlerischesGestalten, Musik, Tanz)Erweitert die Gemeinde ihrRepertoire um Geschichten, Lieder,Spiele und Speisen aus anderenKulturen?Ist in der Gemeinde aner<strong>kann</strong>t,dass Entwicklungs prozesse undExper<strong>im</strong>ente wichtiger als Sachergeb nisse oder ein Endproduktsein können?Werden künstlerische und kreativeAktivitäten in der Gemeindegegenseitig aner<strong>kann</strong>t und wirdihnen Raum gegeben?Wird in Gottesdiensten, bei Sitzungenund sonstigen Veranstaltungenauf eine Ausdrucksweisegeachtet, die von allen verstandenwerden <strong>kann</strong>?Bekommt <strong>jede</strong> Person, die versucht,sich mitzuteilen, die volleAufmerksamkeit?Werden in den VeranstaltungenLieder, Texte und Musik verschiedenerGenerationen undGe schmacks richtungen eingebracht?Wie wird gefördert, dass sich dieMenschen in der Gemeinde mitihrem Namen ansprechen können?Wird auch mit denen gesprochen,die sich nicht mit Worten mitteilenkönnen?Gute KommunikationermöglichenWird geübt, auch über nichtsprachliche Formen Kontakt zueinanderaufzunehmen?Werden auch Beiträge wertgeschätzt,die schwer verständlichsind?Kann <strong>jede</strong> Person das Gefühlhaben, dass ihr persönliches Maßan zwischenmenschlicher Kommunikationrespektiert wird?Wird auf eine Vielfalt religiöserAusdrucksformen und RitualeWert gelegt? (auch auf elementareFormen wie Schweigen, Atmen, Berühren,Essen, Gehen)Werden Menschen, die sich vorwiegendnicht-sprachlich beteiligen,regelmäßige Zugangsmöglichkeitenangeboten?(z.B. durch Gesten, Bilder, Gegenständeoder körperliche Aktivitäten)27


Geben die Angebote unterschiedlichenSt<strong>im</strong>mungen und Gefühlenvon Menschen Raum?(Trauer, Freude, Unruhe, Verletzlichkeit,Wut, Verliebtheit, Humor)Wird die Religionsver schiedenheitvon Familien bei Taufen,Trauungen, Beerdi gungen berücksichtigt?(z.B. durch Begrüßungen,Liturgie, Musik)Wie kommt die Geschwisterschaftzwischen Mus l<strong>im</strong>en,Juden und Chris ten in der <strong>Kirche</strong>ngemeindevor?Ist es in der Gemeinde üblich,Sichtweisen zu erkunden, die sichvon den eigenen unterscheiden?Wird in der <strong>Kirche</strong>n ge meinde diePraxis der Segnung von homosexuellenPaaren begrüßt?Woran <strong>kann</strong> man das merken?UnterschiedlichkeitbegrüßenWird in Gottesdienst, Kasualienund Liturgien auch die Unterschiedlichkeitund Vielfalt vonMenschen gefeiert?Wo bietet die Gemeinde Möglichkeiten,dass sich Menschenbegegnen, die sich z.B. <strong>im</strong> Lebensalter,<strong>im</strong> Hinblick auf ihren sozialenHintergrund, ihre nationaleHerkunft oder ihre Beeinträchtigungenunterscheiden?Wird in der Gesprächs kulturdeutlich, dass andere Meinungenund Glau bens haltungen respektiertund wertgeschätzt sind?Wie wird deutlich, dass sich auchdie Bibel durch unterschiedlicheSicht weisen, durch Wider sprücheund Vielfalt auszeichnet?Entsprechen in der Gemeindegereichte Speisen den unterschiedlichen Ernährungs gewohnheitenoder -erfordernissen derBeteiligten?Können Material und Ausstattungder Gemeinde von alleneigenständig genutzt werden?(z.B. Instrumente, Medien, Geschirr,Küchengeräte, Bücher)Welches Beispiel fällt Ihnen ein,wo die Unterstützung der Teilhabeeiner Person besonders gutgeglückt ist? Was hat zum Erfolggeführt?Beschäftigt sich die Gemeindemit Personen oder Bewegungen,die sich in den <strong>Kirche</strong>n für inklusiveEntwicklungen eingesetzthaben? (z.B. für die Öffnung des Pfarramtsfür Frauen, Eine-Welt-Arbeit,Antirassismus-Kampagnen)Wird die Fachlichkeit von Elternoder örtlichen Förderschulen fürdie Teilhabe von Kindern undJugendlichen mit Behinderunggenutzt? (z.B. für die Konfirmandenarbeit,Jugendarbeit oder <strong>im</strong> Kindergottesdienst)VielfältigeRessourcen nutzenWerden unterschiedliche kulturelle,soziale und sprachliche Hintergründeder Mitarbeitenden fürdie Gestaltung des Gemeindelebensgenutzt?Lernt die Gemeinde von denErfahrungen und der Arbeit ananderen kirchlichen Orten?Ist bei der Verteilung von räumlichen,personellen und finanziellenMitteln die Teilhabe von Menschenmit Beeinträchtigungenvorgesehen?Nutzt die Gemeinde die Möglichkeit,mit Menschen in reicherenund ärmeren Teilen der Welt Kontaktaufzunehmen?(oder mit Menschen in reicheren undärmeren Bezirken des Wohnumfeldes)Werden Menschen mit Beeinträchtigungselbstverständlichzur Vorbereitung und Mithilfe beiVeranstaltungen angefragt?Gibt es für <strong>jede</strong>n Arbeitsbereichbzw. <strong>jede</strong>s Angebot ein verlässlichesund transparentes Budget?28


Sind die Gemeinderäume so ausgestattet,dass vielfältige undkreative Lern- und Arbeitsmöglichkeitenbestehen?Fördert die Gestaltung desAußengeländes die Begeg nungvon Menschen, auch über dieKerngemeinde hinaus?Gibt es genug Platz, um sich zubewegen? (z.B. für spielende Kinder,Rollstuhl fahrer/-innen, zum Tanzen)Gibt es Bereiche, die mit Decken,Teppichen oder Kissen versehensind, um auf dem Boden zu sitzenoder zu liegen?(z.B. für Körperarbeit oder Meditation)Gibt es drinnen und draußengemütliche, frei zugänglicheOrte, wo sich Menschen <strong>im</strong> Sitzenmiteinander unterhalten können?Räume für vielfältigeAktivitäten einrichtenIst bei der Ausstattung derRäume und der Auswahl derMaterialien an die Bedürfnissevon Menschen gedacht, die be<strong>im</strong>Hören oder Sehen beeinträchtigtsind? (z.B. Hörschleifen, Großdruck,Beleuchtung)Macht die Gemeinde auf die Barrierefreiheitihrer Gebäude undVeranstal tungen regelmäßigöffentlich aufmerksam? (z.B. barrierefreierGemeindebus, Hörschleifen)Gibt es ein Gartengelände, daszur Mitarbeit einlädt?Wird der Umbau und die Gestaltungvon Gebäude teilen alsChance genutzt, um handwerklichinteressierte Menschen zubeteiligen? (auch Menschen mitBeeinträchtigungen)Sind die Räume der Gemeindewarm, ansprechend und sauber?29


2.3 Methodische Vorschläge zum Umgangmit den FragenIm Folgenden werden einige Methoden vorgestellt,die auf eine vielfältige Beteiligung zielen und mitderen Hilfe Gespräche zu den Fragen angeregt undstrukturiert werden können.Themen und Fragen auswählen- alle Themen, d.h. die thematischen Überschriften,denen die Fragen zugeordnet sind, als Arbeitsblätterkopieren- von <strong>jede</strong>r Person zwei Themen auswählen lassen,die <strong>im</strong> Moment individuell am interessantestenempfunden werden- die beiden Themen auszählen, die am häufigstengewählt worden sind- dann die dazugehörigen Fragen kopieren und mitden Fragen ebenso verfahrenAnwendung: Für Gesprächsgruppen als erste Begegnungmit dem Fragenkatalog.Von sich selbst ausgehen –emotionaler Einstieg 1- eine Frage aus der Rubrik „Von sich selbst ausgehen“auswählen, z.B. „Wann haben sie sich schoneinmal ausgeschlossen gefühlt?“- Nachdenken über die Frage (<strong>jede</strong>/r für sich)- Austausch mit dem Nachbarn/ der Nachba rin überkonkrete Situationen, Gedanken, Empfindungen undBewältigungsstrategien- Austausch in der Gruppe- evt. Bedingungen, Orte oder Eigenheiten, die zuAusschlusserfahrungen geführt haben, mitschreiben(z.B. Kleidung, Schulver sagen, Sport, Essgewohnheiten/Allergien, Hierarchien <strong>im</strong> Berufsleben)- evt. für alle visualisierenAnwendung: zum Einstieg in das Thema InklusionStärke: Erfahrungsgemäß bekommt das Thema InklusionRelevanz, wenn man es mit eigenen Erfahrungenverknüpft. <strong>Da</strong>s schafft eine emotionale Bindung zumThema und macht deutlich, dass Inklusion alle angeht.Tipps: Für wertschätzendes Kl<strong>im</strong>a sorgen, keinenDruck erzeugen, streng nach dem Prinzip der Freiwilligkeitvorgehen.Bei einer Frage nach negativen Erfahrungen evt. in einerzweiten Phase eine ressourcenorientierte Frage folgenlassen, z.B. „Was gibt ihnen das Gefühl, dazuzugehören?“Allein – zu zweit – mit allen- eine Frage auswählen- Frage visualisieren (auf Flip-Chart, Karten o.ä.) undevt. laut vorlesen- <strong>jede</strong>/r denkt für sich über die Frage nach, macht evt.Notizen- Austausch zu zweit mit der Nachbarin/ dem Nachbarn- Austausch in der Gruppe (evt. Mitschrift)- evt. Reflexion: Wie war es für mich, mich hier mitdieser Frage auseinander zu setzen?Anwendung: Kleine und große Gruppen, Teamsitzungen,Presbyteriums-Sitzungen etc.Auch als be<strong>kann</strong>te Methode wiederholt einsetzbar z.B.mit wechselnden Fragen ein Jahr lang als Ritual zumBeginn einer Sitzung, die danach mit ihren eigenenThemen weitergeht.Tipps: Unbedingt die erste Phase der Selbstreflexioneinhalten. Bei der Moderation auch den individuellenbiografischen Verankerungen und emotionalenAspekten Raum geben und einen Austausch darüberanregen.(angelehnt an: Inklusion vor Ort, S.154)Bilder oder Fotos zuordnen- eine Frage auswählen- eine Auswahl von ausreichend unterschiedlichenBildern/ Fotos auslegen- <strong>jede</strong> Person sucht sich als Einstieg zunächst das Bildaus, das sie zu der betreffenden Frage anspricht- <strong>jede</strong> Person betrachtet ihr Bild und denkt über dieVerbindung nach, die für sie mit dem Inhalt derFrage besteht- Austausch zu zweit- dann sich gegenseitig in kleinen Gruppen austauschenAnwendung: Kann <strong>im</strong> Gespräch ungeübten Personenhelfen, sich einzubringen. Eignet sich nicht für <strong>jede</strong>Frage, verstärkt persönliche und emotionale Aspekteder Bearbeitung.Tipp: Es könnten bei betreffenden Themen auch Fotosaus dem Gemeindealltag, von Veranstaltungen, Festen,Gebäuden etc. verwendet werden1 Angelehnt an Inklusion vor Ort. Der Kommunale Index fürInklusion – ein Praxishandbuch. Montag Stiftung Jugend undGesellschaft (Hg.), Bonn 2011, S.163.30


Die Frage der Woche- wöchentlich oder monatlich wechselnd wird eineFrage an verschiedenen Orten in der Gemeindesichtbar präsentiert, z.B. <strong>im</strong> Schaukasten, auf zentralenPlakaten oder Tafeln- die Frage regt zu informellen Gesprächen an, wirdaber auch in gemeindlichen Veranstaltungen aufgenommen- vgl. auch die Methode „Schreibgespräch“ <strong>im</strong> Anschluss- die Auswahl der Fragen <strong>kann</strong> durch unterschiedlicheGemeindegruppen erfolgenSchreibgespräch- unterschiedliche Fragen auswählen- Papierbahnen an unterschiedlichen Stationen aufTischen ausrollen, ggf. auch Flipcharts oder Wandzeitungen- eine Frage pro Station auf die Papiere schreibenund Stifte dazulegen- Teilnehmer/-innen der Gruppe gehen von Frage zuFrage und schreiben eigene Gedanken auf- Teilnehmer/-innen gehen herum, lesen die Beiträge,stellen ggf. Verständnisfragen und markieren dieBeiträge, die sie besonders wichtig finden.- bei Schreib- und Leseproblemen gegenseitig helfenAnwendung: Kann auch in öffentlichen Räumen genutztwerden, z.B. als „Frage der Woche“ <strong>im</strong> Ge mein debürooder Foyers, wo viele Menschen Gelegenheit haben,ihre Ideen zu notieren oder in einen Briefkasten zulegen. Evt. auch als Impuls <strong>im</strong> Gemeindebrief oder aufder Website der Gemeinde veröffentlichen.Schwäche: Die Methode wirkt möglicherweise ausgrenzendund blockierend für Menschen, die sichSchreibaufgaben nicht gewachsen fühlen.(angelehnt an: Inklusion vor Ort, S.155)Positive Beispiele suchen- Fragen auswählen- dann nach der Methode „Allein – zu zweit – mitallen“ die Fragen streng ressourcenorientiert beantworten,nämlich so, dass man jeweils positive konkreteBeispiele sucht. In der Moderation dazuermuntern, dass die Beispiele und Erfahrungen sehrkonkret und auch zunächst scheinbar unbedeutendsein können.- „Was hat dazu beigetragen, dass das so gelingenkonnte?“ Die Bedingungen für das jeweils guteGelingen besprechen und aufschreiben.- bei der Auswertung <strong>im</strong> Plenum darüber sprechen,wie diese Bedingungen für gutes Gelingen häufigerverwirklicht werden können, und was <strong>jede</strong>/r selbstdazu beitragen <strong>kann</strong>.Anwendung: Kann zur Untersuchung eines Arbeitsbereichesdienen, wie z.B. Gottesdienste, Konfirmandenarbeitoder die Vernetzung mit diakonischen Einrichtungenvor Ort.Stärke: Die Gruppe macht sich gezielt auf die Suchenach dem, was in der Gemeinde gut läuft, was zumGelingen beiträgt und übt dabei ressourcenorientiertesDenken ein.(angelehnt an: Inklusion vor Ort, S.157)31


Positive Beispiele – Interview- Fragen auswählen und „Interview-Bögen“ vorbereiten:1. Je eine Frage aus dem Fragenkatalog2. Welches positive Beispiel fällt Ihnen dazu ein?3. Was hat Ihrer Meinung nach zum Gelingen beigetragen?- die ausgewählten Fragen laut vorlesen- <strong>jede</strong>/r n<strong>im</strong>mt sich einen Interviewbogen mit einerFrage, die sie/ ihn anspricht- <strong>jede</strong>/r interviewt nun drei Personen aus der Gruppeund fragt streng ressourcenorientiert nach positivenBeispielen- Antworten in Stichworten auf den Bögen notieren- Antworten zu 3. den „Bedingungen für das Gelingen“auf Moderationskarten schreiben- Moderationskarten vorstellen, aufhängen, sortieren- Ideen sammeln, wie die Bedingungen für ein gutesGelingen häufiger verwirklicht werden können, undwas <strong>jede</strong>/r selbst dazu beitragen <strong>kann</strong>- evt. nach konkreten Handlungsschritten suchenund diese vereinbarenAnwendung: Eignet sich für große Gruppen(vgl. Seite 31 „Positive Beispiele“)Tipp: Fragen können auch passend zu einem Arbeitsbereichausgewählt werden, der mit dieser Methode„untersucht“ wird.(angelehnt an: Inklusion vor Ort, S.157)Fragen als „Tageslosung“- ausgewählte Seiten des Fragenkatalogs auf DIN A3kopieren, Fragen ausschneiden, zu „Losen“ falten- Fragen aus dem Pool ziehen lassen und besprechen.Stärke: durch das Zufallsprinzip können Dialoge undPositionen gerade wegen der Unabsichtlichkeit geöffnetwerdenSkala aufstellen- Frage auswählen und für alle sichtbar aufschreiben,z.B. „Können sich alle Menschen in der Gemeindegleichermaßen will<strong>kommen</strong> fühlen?“- Skala von 1-10 auf dem Boden andeuten, z.B. mitKreppklebeband, in ausreichender Länge, passendzur Gruppengröße- <strong>jede</strong>/r (oder eine Gruppe von Freiwilligen) platziertsich nun an die Stelle bzw. den Wert auf der Skala,mit dem er/sie diese Frage beantwortet- Gesamteindruck wirken lassen- die Moderation fragt einzelne nach ihren Gedanken,die zu der jeweiligen Position geführt haben: „Siestehen hier, was ist ihnen durch den Kopf gegangen?Möchten sie etwas dazu sagen?“- Be<strong>im</strong> Gespräch sensibel bleiben und Grenzen derbefragten Person wahrnehmen und akzeptieren.Niemand muss sich äußern.- Skala zu den Fragen passend abwandeln: 0-100%,st<strong>im</strong>me zu – st<strong>im</strong>me nicht zu, niemals – <strong>im</strong>merAnwendung: Als Einstieg geeignet(angelehnt an: Inklusion vor Ort, S. 158)Fragen in Aussagen verwandeln undMeinungsbilder erstellen- Vorbereitung: Fragen auswählen und zu einer Aussageumformulieren (z.B. Ist der Umgang miteinanderfür Frauen und Männer, Mädchen und Jungengleichermaßen unterstützend? – Der Umgang miteinanderist für Frauen und Männer gleichermaßenunterstützend.)- Aussagen aufschreiben und mit Bewer tungs skalaversehen (z.B. 1 st<strong>im</strong>me voll zu – 2 st<strong>im</strong>me halb zu –3 st<strong>im</strong>me eher nicht zu – 4 st<strong>im</strong>me gar nicht zu)- Aussagen und Skalen aufhängen, Platz für Bewertungspunkteeinplanen- <strong>jede</strong>/r Teilnehmer/-in bekommt so viele Klebepunktezur Bewertung, wie Aussagen aufgehängt sind.Punkte können in unterschiedlichen Farben verteiltwerden, wenn man Meinungen best<strong>im</strong>mter Teilnehmergruppensichtbar machen will, z.B. hier vonweiblichen und männlichen Personen.- Teilnehmer/-innen gehen von Aussage zu Aussageund tragen ihre Meinung auf <strong>jede</strong>r Skala mit einemKlebepunkt ein- Meinungsbild wirken lassen- In der Gruppe, bzw. in Kleingruppen austauschen:Was fällt uns auf? Was spricht für die einzelnen Einschätzungen?Was sind gute Beispiele für die Aussage(bei Zust<strong>im</strong>mungen)? Was können wir verbessern/ändern (bei negativen Bewertungen)?- Ergebnisse für die Weiterarbeit nutzenTipp: Meinungsbilder können auch schriftlich durchFragebögen erhoben werden und evt. auch öffentlichzugänglich gemacht werden z.B. als Wandzeitung <strong>im</strong>Foyer mit der „Behauptung der Woche“.(angelehnt an: Inklusion vor Ort, S. 160)32


Vielfalt vergegenwärtigen –die Kunst, mit Unterschieden zu leben- Austausch in Kleingruppen zu zwei oder drei Personen:Was haben wir als Personen gemeinsam? Wasunterscheidet uns? (evt. auch eingegrenzt: <strong>im</strong> Bezugauf die <strong>Kirche</strong>ngemeinde)- Ergebnisse auf Karten schreiben- <strong>im</strong> Plenum Gemeinsamkeiten und Unterschiedesammeln, evt. nach Oberbegriffen sortieren(Religion, Familie, Alter etc.)- Ergebnisse auswerten: Schon bei dieser relativgeringen Anzahl von Menschen gibt es so vielUnterschiedlichkeit.- Es könnte sich ein Gespräch anschließen zumThema: Die Kunst, mit Unterschieden zu leben...Nach eigenen Erfahrungen und Bewältigungsstrategienz.B. aus den Familien fragen und diese als Ressourcenerkennbar werden lassen- Evt. persönliche „Weisheiten“ dazu formulieren,sammeln und aufschreiben(angelehnt an: Inklusion vor Ort, S. 165)Vielfalt sichtbar machen- Moderator/ -in gibt Impulse, nach denen sich dieGruppe <strong>im</strong> Raum jeweils in neuen Konstellationenaufstellt: z.B. alle Menschen, die evangelisch sind,sammeln sich auf der einen Seite, alle, die katholischsind oder „etwas anderes“, gegenüber auf deranderen Seite. Je nach Impuls können auch Skalenaufgestellt werden, z.B. zum Lebensalter.- wirken lassen und einzelne Personen zu Konsequenzenund Gedanken über diese Unterschiedlichkeitund Gemeinsamkeit interviewenTipps: Je nach Atmosphäre, Gruppe und Zielsetzung<strong>kann</strong> man Merkmale einbringen, die vermutlich eherharmlos oder eher brisant wirken. Allerdings <strong>kann</strong>auch vermeintlich Äußerliches wie Alter, Haarfarbeund Körper größe für einzelne mit Ausschlusserfahrungenund Kränkungen verbunden sein. Mit Feingefühlmoderieren! Humor hilft. Immer wieder betonen,dass es um die wertfreie Wahrneh mung von Unterschiedlichkeitgeht.Unterschiedliche Erfahrungen undHintergründe würdigen- „Stellen sie sich bitte nach der Anzahl der Jahre auf,die sie in der <strong>Kirche</strong>ngemeinde tätig sind/ Kontaktzur Gemeinde haben!“ <strong>Da</strong>nn Erfahrungsschatz derMenschen an den verschiedenen Positionen erfragenund evt. miteinander in Kurzgespräche bringen.(angelehnt an: Inklusion vor Ort, S. 150)33


Befindlichkeiten von Gesprächsgruppensichtbar machen- Fassen sie in einer Schlagzeile wie für die Tageszeitungoder den Gemeindebrief ihre Gruppenarbeitzusammen.- Wenn sie als Arbeitgruppe eine best<strong>im</strong>mte Kleidungtragen würden, die ihre Arbeitsatmosphäre wiederspiegelt,welche würden sie wählen?- Skalen bilden lassen: z.B. Wie hoch war ihrer Meinungnach der Grad der Beteiligung der Teilnehmer/-innenin ihrer Gruppe in Prozentzahlen? (Wiekönnen wir die Beteiligung erhöhen?)(angelehnt an: Inklusion vor Ort, S. 150)Gestaltung von Gesprächen durch Farben- Jede/r bekommt eine gleiche Anzahl von farbigenKar ten, deren Bedeutungen vorher festgelegt undschriftlich visualisiert werden: Rot für „<strong>Da</strong>s versteheich nicht!“, Grün: „Ich brauche eine Pause.“, Blau: „Ja,hier st<strong>im</strong>me ich zu.“, Gelb: „Nein, hier wiedersprecheich.“- Bei Bedarf können die Karten hochgehalten werden,und <strong>jede</strong>/r <strong>kann</strong> so auf den Gesprächsverlauf einwirken.Anwendung: Hilfreich bei großen Gruppen und Versammlungen.Man <strong>kann</strong> auch mit weniger Farbkartenarbeiten und die Teilhabe von Menschen mit Unterstützungsbedarfzu erleichtern: z.B. eine Farbe für:„Bitte in leichter Sprache!“ Eine Farbe für: „Ich möchteetwas sagen!“(angelehnt an: Inklusion vor Ort, S.151)Ergebnisse visualisieren- Eine Visualisierung der Ergebnisse bedeutet eineWertschätzung der Teilnehmenden, außerdem verlangsamtVisualisierung die Prozesse und gibt Raumfür weiter Ideen und Assoziationen. Symbole undZeichnungen sprechen verstärkt die emotionaleSeite an und geben zudem dem Humor Raum.(angelehnt an: Inklusion vor Ort, S. 151)Ideen-Domino- Die Gruppen schreiben ihre Arbeitsergebnisse aufKarten, und zwar auf <strong>jede</strong> Karte nur je einen Aspekt.- Im Plenum beginnt eine Gruppe mit der Vorstellungeines Aspektes und pinnt die entsprechende Kartean. Die anderen achten darauf, wo sie „anlegen“können und schließen sich mit einem weiterenAspekt an. Wenn keine Anschlussmöglichkeitbesteht, <strong>kann</strong> ein neuer Strang eröffnet werden.Wichtig ist, dass nicht alle Aspekte gleichzeitigabgelegt werden.(angelehnt an: Inklusion vor Ort, S. 152)Talkrunde- Je ein/e Vertreter/-in der Arbeitsgruppen wird zueiner „Talkrunde“ gesandt. <strong>Da</strong>s Gespräch wird wieeine TV-Talkrunde moderiert, ein Applausschild <strong>kann</strong>die Inszenierung unterstützen.(angelehnt an: Inklusion vor Ort, S. 152)Marktplatz- Im Raum sind Stationen, an denen je ein Arbeitsgruppenmitglieddie Arbeitsergebnisse vorstellt. Dieanderen Teilnehmer/innen wandern (z.B. alle 8 Minutenweiter) und werden durch ein Lautsignal daranerinnert. Die vorstellenden Personen an den Stationenkönnen wechseln.(angelehnt an: Inklusion vor Ort, S. 152)34


3. Eine theologische Spurensuche zur InklusionInklusion ist ein Thema, das zunächst von außen aufdie <strong>Kirche</strong> zuge<strong>kommen</strong> ist. Mit ihm wird gesellschaftlichein neues Modell des gerechten Zusammenlebensvon Verschie denen diskutiert. Wie aber<strong>kann</strong> dieser neue Leitbegriff Inklusion von der biblischenund theologischen Tradition her verstandenwerden? Welche Anknüpfungspunkte gibt es? Wie isteine Kultur der Verschiedenheit, wie ist der wertschätzendeUmgang mit Vielfalt, Verschiedenheit undAnders-Sein in der jüdisch-christlichen Tradition angelegt?Schlaglichtartig werden hier biblische Texte undtheologische Motive angeführt, die in der bisherigenDiskussion um Inklusion eine Rolle spielen. Und eswerden weitere hinzugefügt, so dass sich unterschiedlichetheologische Zugänge eröffnen.„Inklusion kommt als Herausforderung von außen aufTheologie und <strong>Kirche</strong> zu. Doch mittlerweile nehmenauch externe Beobachter wahr, dass <strong>Kirche</strong> und Theologiein dem neuen Leitthema Inklusion zunehmendihr ureigenes Thema wiederentdecken.“ 1 Auch derfolgende Text geht davon aus, dass dieses Thema <strong>Kirche</strong>und Theologie grundlegend und von Anfang anbeschäftigt. Allerdings sind die Vorzeichen neu, unterdenen aktuell danach gefragt wird.Mehrfach wird <strong>im</strong> Folgenden die Rede von Menschenmit Behinderung sein. Behinderung soll aber auchhier, <strong>im</strong> Sinne der Inklusions debatte, als eine Eigenschaftunter anderen verstanden werden. Zielvorgabeist nicht eine 'Sondertheologie der Behinderung', sondern„auch theologisch eine Überwindung der Sonderwelten",wie es die Stellungnahme der <strong>Evangelische</strong>n<strong>Kirche</strong> <strong>im</strong> <strong>Rheinland</strong> von 2011 „Auf dem Weg zueinem inklusiven Bildungs ver ständnis“ formuliert."Die theologische Herausforderung der Inklusionsdebatteliegt darin, alle theologischen loci ‚inklusionsfest‘zu behandeln." 23.1 Die Vielst<strong>im</strong>migkeit der BibelDie Bibel selbst mutet uns eine Vielfalt von Textenund Positionen zu. Die Unübersicht lichkeit dieser Füllemacht manchmal zu schaffen. Aber gerade in der Vielst<strong>im</strong>migkeitder Schrift, die wir „heilig“ nennen,besteht ihr einzigartiges Profil. In der Bibel stehenviele St<strong>im</strong>men nebeneinander und machen zum Teilwidersprüchliche Aussagen. „Es gibt (...) stetsGeschichten und Gegengeschichten“. 3Texte unterschiedlicher Autoren und Redak toren sprechenaus der Perspektive unter schied licher Zeiten,Lebenslagen und politischen Situationen. Sie alle stehenzunächst als gleichwertig da, „<strong>jede</strong>s Jota stehtgleichnah zur Mitte“ (Theodor W. Adorno). Es beginntmit zwei Schöpfungsgeschichten (1.Mose 1-2), die <strong>im</strong>Detail Widersprüchliches erzählen. Der Kanon lässtdiese beiden Perspektiven nebeneinander stehen.Einen ebensolchen vielst<strong>im</strong>migen Auftakt bieten <strong>im</strong>Zweiten Testament die vier Evangelien, die alle anders,auf ihre eigene Weise, vom Leben und Lehren Jesuerzählen.Zwischen den verschiedenen biblischen Büchern undTexten gibt es unzählig viele Bezüge zu entdecken.Die Bibel pflegt einen reichen und interessanten innerenDialog von Verschiedenen. Diesem biblischen Vorbildfolgen evangelische Tradition und kirchlicheGesprächskultur an vielen Stellen bis heute. Diejeweils gültigen Maßstäbe und Deutun gen sollen<strong>im</strong>mer wieder <strong>im</strong> Gespräch und der Auseinandersetzungvon gleichberechtigten Partner/-innen gefundenwerden. Niemandem wird eine absolute Deutungshoheitzuer<strong>kann</strong>t. Es gilt das allgemeine Priestertum.Ein weiterer, inklusiver Aspekt liegt in der Tatsache,dass uns die Schrift selbst als eine fremde, andereentgegenkommt. Sie liegt ursprünglich in Hebräischund Alt-Griechisch, in zwei alten Sprachen, vor undbedarf der Übersetzung. Übersetzungen ins Deutschegibt es viele, und <strong>jede</strong> lautet wieder etwas anders.Kommunikation des Evangeliums ist Übersetzung.Biblische St<strong>im</strong>men müssen über-gesetzt werden indie Vielfalt aktueller Kontexte und in Dialog gebrachtwerden.1 So Schweiker, Wolfhard, Inklusion – aktuelle Herausforderung fürTheologie und <strong>Kirche</strong>, in: Deutsches Pfarrerblatt Heft 6/ 2011, S. 3.2 Auf dem Weg zu einem inklusiven Bildungsverständnis. Arbeitshilfeder Abteilung Bildung <strong>im</strong> Landeskirchenamt der <strong>Evangelische</strong>n<strong>Kirche</strong> <strong>im</strong> <strong>Rheinland</strong>, Düsseldorf 2011, S. 19.3 Ebach, Jürgen, Schriftstücke. Biblische Miniaturen, Gütersloh2011, S. 62.36


Über die Bibel <strong>kommen</strong> Menschen in Kontakt mitalten, orientalischen Kulturen und Traditionen. Sie<strong>kann</strong> die Offenheit für die St<strong>im</strong>men anderer wach halten.Auch die interreligiöse Begegnung ist bereits mitunseren biblischen Grundlagen gegeben. Mit denJuden teilen wir das Erste Testament, also etwa dreiViertel unseres Kanons. Mit dem Islam teilen wir Traditionen,Geschichten und Propheten. <strong>Da</strong>s Christentumverdankt die Texte seiner heiligen Schrift einerTeilhabe- und Teilgabegemeinschaft von Autoren, Völkern,Epochen und Religionen. Und in dieser Gemeinschaftbefindet es sich bis heute. 43.2 Schöpfung in Verschiedenheit"Als Bild Gottes wurden sie geschaffen, männlich undweiblich hat er, hat sie, hat Gott sie geschaffen."(1.Mose 1,27b) 5Der Blick auf die Schöpfungsgeschichte lässt zweiAspekte erkennen, die für das Themen feld relevantsind: Die Menschen sind in Ver schiedenheit als GottesEbenbild geschaffen. Beide Schöpfungsgeschichtenberichten uns von einem Schöpfungsakt, der zweiGeschöpfe in verschiedener Gestalt hervorbringt: Evaund Adam, Frau und Mann. So wie sie sind, sind sieverschieden, in ihrer Verschiedenheit gleichberechtigt,aufeinander bezogen und seit Schöp fungs beginn4 Vgl. Ebach, a.a.O., S. 58-61.5 Alle Bibelstellen werden zitiert nach: Bibel in gerechter Sprache,Bail, Ulrike u.a. (Hg.), Gütersloh 2006. Dies ist eine aktuell vorliegendeÜbersetzung, die den Inklusionsgedanken sprachlich zuübertragen versucht.gottgewollt. Verschiedenheit und der Umgang mitder bleibenden Andersheit des Anderen ist alsoschöpfungstheologisch eine Herausforderung, mit derMenschen auf dem Weg mit dem einen Gott vonAnbeginn zu tun haben. 6 Die Verschiedenheit derGeschlechter verweist paradigmatisch auf unzähligeweitere Verschiedenheiten, von denen biblische Texteerzählen. Sie zeichnen von Anfang an ein Bild, daskonflikthaft ist. Von einer Vielfaltsharmonie <strong>kann</strong> biblischnicht die Rede sein.Die Sehnsucht nach einem harmonischen Zusammenlebenjedoch ist zutiefst biblisch. In der Völkerwallfahrtzum Zion, <strong>im</strong> Reich-Gottes-Gedanken, <strong>im</strong>Bild eines „h<strong>im</strong>mlischen Jeru salem“ und anderswoklingt an, was die Theo login Nancy Eiesland vor zehnJahren „risky <strong>im</strong>aginations" genannt hat: „neueVorstel lun gen zu riskieren". 7 Eine solche neue Vorstellungnennen wir gegenwärtig „Inklusion“. „Werdenwir gemeinsam eine riskierende theologische Vorstellungentwickeln, die fragt, was Gottes Vision menschlichenWohlerge hens nicht allein für einige ist, sondernfür alle, nicht allein für die Ent-hinderten, sondernauch für die Behinderten, nicht allein für die inden westlichen Ländern, sondern auf der ganzenWelt?“ 86 Vgl. Schweiker, Wolfhard, Inklusion – aktuelle Herausforderungfür Theologie und <strong>Kirche</strong>, in: Deutsches Pfarrerblatt Heft 6/ 2011.7 Eiesland, Nancy L., Dem behinderten Gott begegnen. Theologischeund soziale Anstöße einer Befreiungstheologie der Behinderung,in: Le<strong>im</strong>gruber, Stephan u.a. (Hg.), Der Mensch lebt nichtvom Brot allein, Münster 2001, S. 24.8 Ebd.37


3.3 Vollständige GottebenbildlichkeitFür ihren theologischen Kernsatz „Dem behindertenGott begegnen", ist besonders die Gottebenbildlichkeitvon Bedeutung. Eisland stellt das Bild eines allmächtigen,perfekten und autarken Gottes infrageund fordert indirekt dazu heraus, die Gottebenbildlichkeitder Menschen <strong>im</strong> Antlitz einer alten Frau mitDemenz, eines chronisch kranken Kindes, eines Menschenmit Down-Syndrom zu erkennen. Wenn sieihren Anspruch auf die Anerkennung vollständigerGottebenbildlichkeit betont, dann spricht die amerikanischeTheologin dabei selbst als Frau mit Behinderung.„Wir müssen (...) den Anspruch darauf erheben,dass wir vollständig nach dem Bild Gottes geschaffensind.“ 9 Und: „Menschen mit Behinderungen könnenchristliche Gemeinden befähigen, die Bedeutung vonUnterschied lichkeit in unserer Mitte neu zu bedenken.“10Über den Kontext „Behinderung“ hinausgehend formuliertGisela Matthiae: „Ich sehe in Gott geradezuden clownesquen Störenfried, der, in <strong>im</strong>mer neuenFormen und Gewändern auftretend, die Menschen vorihren eigenen, beengenden und zum Teil ungerechtenOrdnungen bewahren will.“ 11 Die Störung durch dieunerwartete oder befremdliche Andersheit des Anderengehört demnach geradezu zum Kern der Gottebenbildlichkeitder Menschen.3.4 Der in sich verschiedene Gott„<strong>Da</strong> sprach Gott: „Wir wollen Menschen machen –als unser Bild.“ (1.Mose 1,26)Der eine Gott spricht <strong>im</strong> Anfang, in 1.Mose 1,26, vonsich selbst in der Mehrzahl 12 . Die Bibel hält zahlreicheVorstellungen und sehr verschiedene Namen Gottesbereit. Christinnen und Christen bekennen den einenGott in dreierlei Gestalt und damit in sich selbst verschieden,mit sich selbst <strong>im</strong> Dialog: „Vater, Sohn undheiliger Geist“. Im trinitarischen Denken trägt Gottdie Differenz bereits in sich. Die Trinität ist ein theologischesParadigma, das die Auseinandersetzung mitDifferenz und Vielfalt schon in Gotteslehre, Christologieund der Lehre vom Heiligen Geist anlegt.9 A.a.O, S. 1810 A.a.O., S. 24.11 Vgl. Matthiae, Giesela, Clownin Gott und Clownin Mensch, in:Hoffmann, Klaus, Spielraum des Lebens – Spielraum des Glaubens,Hamburg 2001, S. 175.12 Leibold, Steffen, Der Gott der Mosegeschichte – eine Einheit derVielheit? In: Schiffner, Kerstin u.a. (Hg.), Fragen wieder die Anworten,Gütersloh 2010, S. 120-137.„Die trinitarische Rede von Gott hat ihren ursprünglichenOrt <strong>im</strong> Lobpreis Gottes und <strong>im</strong> Gebet. DieGemeinde wendet sich an Gott den Vater, der H<strong>im</strong>melund Erde geschaffen hat, der Israel erwählt hat undsich in Jesus Christus Israel und auch den Völkernzuwendet; an Gott den Sohn, der in Jesus ChristusMensch geworden ist, und so menschliche Nöte undFreuden teilte, der am Kreuz starb und am drittenTage auferweckt wurde; und an Gott den HeiligenGeist, der der <strong>Kirche</strong> und den Christinnen und Christenmütterlich beisteht, sie stärkt und tröstet." 13Von der inneren Differenz her, die die Trinität bietet,<strong>kann</strong> sich auch eine interreligiöse Perspektive eröffnen.„<strong>Da</strong>s Gespräch mit dem Islam wie mit demJudentum bietet die Gelegenheit, die Trinitätslehrevon ihrem Ursprung <strong>im</strong> Bekenntnis und ihren Wurzeln<strong>im</strong> biblischen Erzählzusammenhang her in größererNähe zu den gemeinsamen Traditionen zu formulieren.“143.5 Segen als Teilhabe und Teilgabe„In Dir sollen sich segnen lassen alle Völker der Erde.“(1.Mose 12,3)In 1.Mose 12 wird nicht nur Abraham gesegnet, sonderner wird auch zum Segen für die anderen Völkererklärt. Gott will Segen für sein Volk UND für die Völkerin ihrer Verschiedenheit. Der biblische Gott hatsich an die „Eigenen“ und an die „Anderen“ gebunden.Er bindet sich an die besondere Minderheit und willSegen für die „normale“ Mehrheit. Alle sind Gesegneteund auf irgendeine Weise verstrickt in die WeggenossenschaftGottes mit den Menschen, die bisheute anhält.Gottes Segen ist also nicht exklusiv zu haben, sondernSegen gibt es nur anteilig, als Teilhabe. Erst „mit Abraham/Israel haben sie (die Völker) selbst Anteil amSegen Gottes.“ 15 Gottes Segen gilt nicht exklusiv. <strong>Da</strong>raufweist die Segnung Abrahams hin, indem sie miteiner globalen Perspektive verbunden wird: Der Segenfür Abraham hat von Anfang auch alle Anderen <strong>im</strong>Blick, ist Segen für die Welt. Gottes Segnungen werdeneigentlich erst zum Segen durch die Teilgabe anAndere. Man könnte sagen, dass die Segnungen Gottesauf Teilhabe-Gemeinschaften zielen, und zwar in13 Abraham und der Glaube an den einen Gott, Arbeitshilfe Christenund Musl<strong>im</strong>e Nr.1. der EKiR, 2009, S. 17f.14 A.a.O., S. 12.15 Frettlöh, Magdalene, Theologie des Segens, Gütersloh 1998,S. 289.38


weltweiter Perspektive. Teilhabe-Gemeinschaft undTeilgabe-Gerechtigkeit sind wichtige Merkmale vonInklusion.Jesus, der ungewöhnliche Jude„Die Zöllner und Prostituierten haben ihm geglaubt.“(Mt 21,32)„Vielleicht wurde bislang noch zu wenig gesehen,dass viele Geschichten des Evangeliums die ThemenIntegration und Inklusion mitprägen.“ 16 Jesus, derJude, hält sich laut dem, was uns über ihn überliefertist, nicht nur unter Unbeschädigten und „Normalen“auf. Die Erzählungen der Evangelien sind in besondererWeise interessiert an den Anderen, den Besonderen,den Fremden, den Entwerte ten: an Zöllnern, anSyrophönizie rinnen, an Prostituierten, an Aussätzigen,Armen und Kranken. Sie stellen Menschen vom gesellschaftlichenRand in die Mitte. Jesus irritiert und verschiebtdarin das Verhältnis zwischen den Randständigenund der gesellschaftlichen Mitte. „Jesus entgrenztbestehende Gemein schaften, indem er mit denAusgegrenzten gemeinsame Sache macht.“ 17<strong>Da</strong>s Liebesgebot <strong>kommen</strong>tiert Jesus mit dem berühmtenGleichnis vom barmherzigen Samariter (Lk 10,27-37). "Und wer sind meine Nächsten?" (Lk 10,29) Diese16 Fuchs, Ottmar, Inklusion als theologische Leitkategorie, in:Behinderung und Pastoral 18/ Juli 12, S.34. Hier findet sich aucheine ausführliche Auslegung des Gleichnisses vom barmherzigenSamariter.17 Ebd.Frage beantwortet das Gleichnis mit dem Hinweis aufden fremden Anderen. Der Samaritaner ist es, der hierbeispielhaft Barmherzigkeit tut. <strong>Da</strong>ss die Ver antwortungfür den anderen an den Grenzen der eigenenGruppe nicht endet, dafür steht dieses Gleichnis ein.Der von außen <strong>kommen</strong>de Andere ist es, „der demeigenen Kollektiv etwas vormacht, indem er einemIsraeliten aufhilft“ 18 .In vielen anderen Geschichten der Evangelien wird dieZugehörigkeit von gesellschaftlich ausgeschlossenenMenschen proklamiert. Hier wird ein anderer Aspektvon Inklusion thematisiert, nämlich der Respekt vorder (bleibenden) Andersheit des anderen und dessenwertschätzende Wahrnehmung: Der Samaritanerbleibt, der er ist, und dort, wo er ist. Er wird nichtbekehrt. Aber er erscheint nicht <strong>im</strong> vorurteilsvollen,verächtlichen Sinn als „der andere“, sondern als einer,der konkret anders handelt, nämlich handfest Barmherzigkeitübt und als solcher von Jesus zum Vorbildhingestellt wird.Eine <strong>im</strong> Kern gemeinsame Ethik <strong>kann</strong> verbinden undFremdheit überwinden. Die Anerken nung des Liebesgebotesist eine ethische Schnittmenge, die über konfessionelle,religiöse und weltanschauliche Grenzenhinweg heute von vielen Menschen geteilt wird.Außerdem stehen die Anforderungen, die das Liebesgebotan Menschen stellt, quer zu vielen anderen hochbewerteten Fähigkeiten in einer Leis tungsgesel l schaft.Menschen mit Behinde rungen zum Beispiel sind <strong>im</strong>18 A.a.O., S. 36.39


Tun der Nächs ten liebe keineswegs per se eingeschränkterals andere.3.7 Inklusion in Christus„Es gibt Unterschiede in den geschenkten Fähigkeiten,doch sie stammen aus derselben göttlichen Geistkraft.“(1.Kor 12,4)Eine prägnante christologische Parallele zu den inklusivenImpulsen aus den Evangelien findet sich <strong>im</strong> Bildvom Leib Christi, das Paulus <strong>im</strong> 1.Korintherbriefgezeichnet hat. Dieses Bild – „viele verschiedene Glieder,aber ein Leib“ (1.Kor 12) – bietet ein häufig zitiertesModell von Zusammengehörigkeit an: die quasi natürlichgegebene und notwendige Verschiedenheit vongleichberechtigten, gleichwertigen und unterschiedlichbefähigten Menschen, allerdings innerhalb dereigenen Gemeinschaft von Getauften. Die Ausführungenüber die „Charismen“, die unterschiedlichen Begabungen, sind dem Bild vom Leib Christi direkt vorangestellt.Hier entsteht eine urchristliche Vision voneiner Gemeinschaft, die von „den reichen Fähigkeitenaller“ ausgeht, und diese in ihrer Besonderheit, Unterschiedlichkeit,Angewiesenheit und Begrenztheitgleichwertig zur Geltung <strong>kommen</strong> lässt.Im Glauben an die Wirklichkeit Jesu Christi in dieserWelt, ist die Gemeinschaft der Getauf ten und dieGleichrangigkeit und Zusammen gehörigkeit derunterschiedlichen Glieder des Leibes schon Realität.Sie üben und zeigen exemplarisch, wie sich der SegenAbrahams für alle Völker <strong>im</strong> Sozialraum <strong>Kirche</strong> verwirklichen<strong>kann</strong>. Die Aufgabe besteht darin, die „Inklusionin Christus“ <strong>im</strong> Leben und Handeln und in denBeziehungen untereinander nachzuvollziehen. Fürdiese Aufgabe hat die <strong>Kirche</strong> <strong>im</strong> Glauben eine ermutigendeBasis. Denn sie muss Inklusion nicht erschaffen,sondern „nur noch“ nachvollziehen. Wir können, weilwir von geschenkten Fähigkeiten und von der Vergebungleben, dies in dem Wissen tun, „dass Teilhabeund Inklusion etwas ist, von dem wir alle leben, woraufwir alle angewiesen sind und woran wir alle<strong>im</strong>mer wieder scheitern werden.“ 19Eine Lebenskultur der Verschiedenheit, die in diesemSinne an kirchlichen Orten gepflegt wird, <strong>kann</strong> ausstrahlen.Im Vergleich zu vielen anderen Institutionenhat <strong>Kirche</strong> dabei einen Vorteil. Sie ist weniger an vor19 Schäper, Sabine, Inklusive <strong>Kirche</strong> – <strong>Kirche</strong> der Andersheiten? In:Behinderung und Pastoral, 18/ Juli12, S.45.gegebene institutionelle und strukturelle Barrierengebunden, wie es z.B. in Schulen der Fall ist. Zumalwenn sie sich als „<strong>Kirche</strong> der Freiheit“ versteht. <strong>Kirche</strong><strong>kann</strong> Übungsraum für gesellschaftliche Veränderungsprozessesein.3.8 <strong>Da</strong>s große AUCH und diebleibende Erwählung Israels„ ... nicht nur aus dem jüdischen Volk, sondern auch ausden anderen Völkern.“ (Rö 9,24)Die ersten christlichen Schriften entstehen in einerGemengelage von Juden, Judenchristen und Heidenchristen,von Griechen, Römern, Samaritanern undanderen, dazu von (ehemaligen) Sklaven und Freien.Die Schriften zeugen von der Suche nach einemGrundmodell des Zusammenlebens von Verschiedenen.Sie zeigen, wie (ur)christliches Selbstverständnisan der Frage nach den Anderen <strong>im</strong> Eigenen und <strong>im</strong>Gespräch mit den Anderen wächst.Heidenchristen, Menschen ohne jüdische Wurzeln,gelten historisch betrachtet als „die aus den Völkern“.Christliche <strong>Kirche</strong> versteht sich in ihrem Ursprung alsdazuge<strong>kommen</strong>e Andere, denen Teilhabe gewährtwird, <strong>jede</strong>nfalls aus der Perspektive des Juden Paulus.„So hast du gemeinsam mit ihnen Anteil an der fettspendenden Wurzel des edlen Ölbaums.“ (Rö 9,17) <strong>Kirche</strong>verdankt sich, so betrachtet, einer offenen Teilhabegemeinschaft.Hier wird das „AUCH“ zum Schlüsselwort. Der Römerbriefformuliert deutlich ein „auf Menschen aus denVölkern bezogenes „auch“ <strong>im</strong> Anschluss an Israel. DerAkzent liegt für Paulus selbstverständlich auf dem„Auch“, auf der Einbeziehung auch der Völker. Aberdieses „Auch“ setzt Israel als selbstverständlichen bleibendenErstadressaten (…) voraus“. 20 ChristlichesSelbstbewusstsein ist schon in seiner Ursprungsgeschichtegenötigt, „die Anderen und auch wir“ zu denken.Dies ist <strong>jede</strong>nfalls die Position des Juden Paulus.In diesem Sinne könnte von Paulus als einem der ersten„Inklusionsagenten“ 21 der <strong>Kirche</strong> gesprochen werden.Durch Paulus ist <strong>Kirche</strong> schon von ihrem Ursprungher aufgerufen, sich selbst in der Position des „Ande-20 Wengst, Klaus, Wie wäre von universaler Heilsbedeutung Jesunach dem Römerbrief des Paulus zu reden? In: Frankemölle, H./Wohlmuth, J. (Hg.), <strong>Da</strong>s Heil der Anderen, Freiburg 2010, S. 318.21 Dieser Begriff wurde von Gerhard Wegner geprägt, vgl. ders.,„Enabling Churches“ – <strong>Kirche</strong>n als Inklusionsagenten, in: Eurich,Johannes u.a. (Hg.), <strong>Kirche</strong>n aktiv gegen Armut und Ausgrenzung,Stuttgart 2011, S. 211-231.40


en“ zu denken. Diesen Blickwechsel einzuüben, hieße,die Perspektive ausgeschlossener oder von Ausschlussbedrohter Menschen einzuüben, bzw. schmerzhafteErfahrungen eigenen Anderssein nicht verdrängen zumüssen, sondern als Kern christlicher Identität wahrnehmenzu dürfen.Die meisten neutestamentlichen Texte beziehen sichin diesem Lernprozess auf Lernorte <strong>im</strong> ersten Testament,die Modelle der Teilhabe von Verschiedenen anGottes Heilszusage aufzeigen: „Ich habe dich gebildetund eingesetzt zum Bund mit dem einen Volk, zumLicht für die fremden Völker“. (Jes 42,6) 22Durch die bleibende Erwählung Israels ist für Christinnenund Christen grundlegend deutlich und gegeben,dass die Anderen <strong>im</strong>mer schon da sind. Durch die bleibendeErwählung Israels und durch das Jude-Sein Jesuist die christliche Gemeinschaft von Anbeginn an aufgefordert,Raum und Anerkennung für den Anderen inseinem bleibenden Anders-Sein zu schaffen.„Hat man christlicherseits aufgrund des besonderenVerhältnisses zum Judentum erst einmal die bleibendeDignität und Werthaf tigkeit einer anderen Wahrheitinnerhalb des eigenen Denkens begründet undaner<strong>kann</strong>t, so <strong>kann</strong> man sich auch anderen Religionen<strong>im</strong> Bewusstsein der Möglichkeit nähern, auch hier22 „<strong>Da</strong>ss sich die <strong>Kirche</strong> in großer Nähe zu den alttestamentlichenJHWH- Verehrern der Völker sehen <strong>kann</strong>, leistet m. E. einen wichtigenBeitrag zu einem veränderten Selbstverständnis der <strong>Kirche</strong>,die JHWH aus dem Raum der Völkerwelt heraus verehrt und sichmit seinem Volk Israel freut (vgl. Röm 15,9ff).“ Haarmann, Volker,JHWH Verehrer der Völker, in: Frankemölle, H. / Wohlmuth, J. (Hg.),<strong>Da</strong>s Heil der Anderen, Freiburg 2010, S. 291.Wahrheiten zu entdecken, denen ich Raum <strong>im</strong> eigenenDenken geben <strong>kann</strong>, ohne dabei den eigenenWahrheitsanspruch unzuverlässig zu relativieren“. 233.9 Zwischen Judentum und ChristentumDie Anerkennung des andersbleibenden Anderen, dieChristen durch Jesus, dem Juden, ihrem Herrn, zugemutetwird, ist eine Gegen bewegung zu Exklusion. Exklusionin ihrer schl<strong>im</strong>msten Form und die Verfolgung undsystematische Ermordung von Juden‚ Homo sex uellen,Kommunisten, ,Behinderten’, ‚A-Sozialen’, ‚Zigeunern’hat <strong>im</strong> Nachkriegs deutschland zu einer Erschütterungder Theo logie und zu einem theologischen Denk- undLernprozess geführt. Ein Ergebnis davon ist, dass die<strong>Evangelische</strong> <strong>Kirche</strong> <strong>im</strong> <strong>Rheinland</strong> <strong>im</strong> Jahr 1980beschlossen hat 24 , die Anerkennung der bleibendenErwählung Israels in ihre <strong>Kirche</strong>nordnung aufzunehmen.<strong>Da</strong>mit hat sie sich auf ein kirchliches Modell desZusammen lebens von Verschiedenen festgelegt, dasdem anders bleibenden Anderen <strong>im</strong> Denken des EigenenRaum gibt. 25 Christliche Theologie vor dem Hintergrundder bleibenden Erwählung Israels heißt, Theologie<strong>im</strong>mer <strong>im</strong> Angesicht des Anderen zu formulieren.23 Von Stosch, Klaus, <strong>Da</strong>s besondere Verhältnis von Judentum undChristentum als Lernort komparativer Theologie, in: Frankemölle,H./ Wohlmuth,J. (Hg.), <strong>Da</strong>s Heil der Anderen, Freiburg 2010, S. 135f.24 Klappert, B./ Starck, H. (Hg.), Umkehr und Erneuerung. Erläuterungenzum Synodalbeschluss der Rheinischen Landessynode1980 „Zur Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden“,Neukirchen-Vluyn 1980.25 „Durch seine eigene Heilige Schrift erfährt das Christentumdas Andere, das ihm <strong>im</strong> Laufe seiner Geschichte durchaus alsFremdes erschienen ist, nicht <strong>im</strong> Gegenüber, sondern als Teil <strong>im</strong>Eigenen und zwar als das Eigene, das seine eigene Identität auf<strong>Da</strong>uer best<strong>im</strong>mt.“ Dohmen, Christoph, Die Heilige Schrift der„Anderen“ in der eigenen Religion, in: Frankemölle, H./ Wohlmuth,J. (Hg.), <strong>Da</strong>s Heil der Anderen, Freiburg 2010, S. 375.41


„<strong>Da</strong>s besondere Verhältnis von Judentum und Christentumist ein bleibender wichtiger Lernort“ 26 für diechristliche Theologie und <strong>kann</strong> dies in besondererWeise für die theologische Grundlegung inklusiverProzesse sein, die auf ein gerechtes Zusammenlebenvon Verschiedenen zielen.Mit Emmanuel Lévinas hat einer der großen Philosophendes letzten Jahrhunderts als Jude und Rabbinereine Philosophie der Andersheit und eine Ethik der„Verantwortung für den Anderen“ entwickelt – vordem Hintergrund der Vernichtung der jüdischenBevölkerung Europas. 27 Kennzeichnend für die Wirksamkeiteines jüdisch-christlichen Lern ortes ist, dassdas Denken von Lévinas auf deutscher Seite in sonderpädagogischenAnsätzen Eingang gefunden hat undgerade für die Frage nach der Begegnung zwischenMenschen mit und ohne Behinderung aufgenommenworden ist.Auch der kürzlich verstorbene Theologe Ulrich Bachhat das Verhältnis von Judentum und Christentum alseinen Lernort seiner Theologie begriffen. Ulrich Bachmacht bewusst, dass die Suche nach einer „inklusionsfesten“Theologie in Deutschland Teil einer „Theologienach Hadamar“ ist. 28 Hadamar wird hier – alsein Hauptort der Euthanasie-Verbrechen parallel zuAuschwitz – als Chiffre für die Vernichtung sogenannten„lebensunwerten Lebens“, für die systematischeErmordung von Menschen mit Behinderung, verstanden.Ulrich Bach hat diesen Vergleich gewagt und sichausdrücklich gegen den Verdacht gewehrt, er würdedamit die Einzigartigkeit des Holocaust nicht ernstnehmen.Seine Kernfrage lautet: „Wie <strong>kann</strong> sich <strong>Kirche</strong> von dentheologischen Irrtümern befreien, die die „Euthanasie“mit ermöglichten?“ 29 Er fordert „keine Theologiemehr zu treiben, die so angelegt ist, dass sie vonHadamar unberührt bleibt.“ 303.10 Zwischen Gemeinde und DiakonieKlaus Dörner, der maßgeblich die Psychia triereform inDeutschland eingeleitet hat, formulierte auf demDeutschen <strong>Evangelische</strong>n <strong>Kirche</strong>ntag in Stuttgart26 A.a.O., S. 13627 Vgl. Lévinas, Emmanuel, Ethik und Unendliches, hg. v. Engelmann,Peter, Wien 1992.28 Bach, Ulrich, Theologie nach Hadamar als Theologie der Befreiung,in: Brennpunkt Diakonie (FS Rudolf Weth), hg. von MichaelWelker, Neukirchen-Vluyn 1997, S. 167.29 Ebd.30 Bach, a.a.O., S. 178.1999 seine Forderung nach einer „Wiedervereinigungvon Menschen mit und ohne Behinderung“. Er greiftdabei ausführlich auf Lévinas sowie den TheologenHenning Luther zurück. Dörner stellt die These auf,dass sich diese Wiedervereinigung durch eine „innerkirchlicheWiedervereinigung“ „dramatisch fördern“ließe, nämlich durch die „Wiedervereinigung vonGemeinde und Diakonie“ 31 . Dieser These nachzudenkengehört nicht zuletzt zu einer kirchlichen Diskussionum Inklusion. 32Auch die Heilpädagogin Sabine Schäper bezieht sichaktuell auf Lévinas, wenn sie nach einer inklusiven <strong>Kirche</strong>als einer „<strong>Kirche</strong> der Andersheiten“ fragt. 33 Sieäußert in diesem Zusammenhang die Beobachtung:Diakonische Einrichtungen werden „in aller Regelnicht als Orte wahrgenommen, die zur Gemeindegehören oder gar selbst Gemeinde sind“ 34 . Sie fragt,ob eine in Richtung Inklusion sich bewegende <strong>Kirche</strong>„die innerkirchliche wie innertheologisch ungebrocheneZweit rangig keit der Diakonie“ 35 zu verändern vermagund plädiert dafür, kooperative Arbeits formen zuentwickeln. Im Sinne einer „Option für die Exkludierten“,fordert sie, dass eine inklusive <strong>Kirche</strong> eine aufsuchende<strong>Kirche</strong> zu sein habe, deren zentrale Bewegungdas „Hinaustreten“ ist, „das Verlassen des geschützteneigenen Lebensraums“. 36 Diese Aspekte <strong>kommen</strong>gegenwärtig <strong>im</strong> Konzept gemeinwesenorientierterGemeindearbeit und in quartierbezogenen diakonischenHand lungs ansätzen besonders zum Tragen. 373.11 Die Zugehörigkeit der Fremden„Ansässige Fremde darfst du nicht unterdrücken undschikanieren. Ihr seid doch auch Fremde in Ägyptengewesen.“ (2.Mose 22,20)Die Eigenschaft „behindert“ mit den entsprechendenindirekten Zuschreibungen findet man in der Bibel sonicht. „Fremdheit“ dagegen ist eine Kategorie, die biblischeine große Rolle spielt. Als „fremd“ werden inunserer Gesellschaft nicht nur viele Migranten/-innenempfunden. Fremdheit ist auch etwas, was heute die31 Dörner, Klaus, Leben als Fragment. Die Politik der Lebensführungvom Anderen her, WzM, 52.Jg., 2000, S. 139f.32 Vgl. aktuell auch Dopheide, Christian, Vernetzung diakonisch-caritativerDienste mit <strong>Kirche</strong>ngemeinden, Kongress der UniversitätHeidelberg. Wissenschaft trifft Praxis: Behinderung-Theologie-<strong>Kirche</strong>,2012.33 Schäper, a.a.O., S. 43.34 Schäper, a.a.O., S. 42.35 Ebd.36 Schäper, a.a.O., S. 44.37 Vgl. Herrmann, Volker u. Horstmann, Martin (Hg.), Wichern drei –gemeindediakonische Impulse, Neukirchen-Vluyn 2010.42


Begegnungen der „Normal gesell schaft“ mit Menschenmit Behinderungen nicht selten kennzeichnet.In der heilpädagogischen Diskussion wird darauf hingewiesen,dass Behinderung nicht an sich etwasFremdes ist, sondern sie wird zu etwas Fremden,indem die betroffenen Menschen „außerhalb unsererüblichen Lebensbereiche platziert werden“ 38 . <strong>Da</strong>sheißt, diese Fremdheit wird durch „Andersörtlichkeit“erst erzeugt, durch besondere Kindergärten, Schulen,Arbeits- und Wohnräume. Ebenfalls drohen Menschen,die in Armut geraten sind, in diesem Sinn zuFremden zu werden oder sind es längst.Die Bibel mahnt an vielen Stellen das Recht der„Fremdlinge“ an. Und sie stellt uns mit Israel und denExodusgeschichten in eine Tradition, die sich an ihrursprüngliches Fremdsein bleibend erinnert. DieserImpuls wird häufig wiederholt. Christliche Traditionmahnt an, dass <strong>im</strong> existentiellen Sinne alle Menschen„Fremdlinge“ auf der Erde sind und damit <strong>jede</strong>/r indiesem Sinne auch selbst bedürftig. <strong>Kirche</strong>ngemeindenhaben sich durch diese Traditionen zum <strong>Kirche</strong>nasylaufgerufen gewusst und kirchliche Gruppen zumpolitischen Einsatz für das Recht von Flücht lingen, fürAusländerrecht und Migrations politik. Auch das isteine wichtige, politisch hochaktuelle und brisanteFacette von Inklusionsbestrebungen.38 Bürli, Alois, Behinderung als Fremdheit, ZfHP, 1/2011, S. 28.Interessant für die Selbstklärung von <strong>Kirche</strong> <strong>im</strong> Rahmender Inklusionsdebatte <strong>kann</strong> in diesem Zusammenhangsein, dass das Wort „Parochie“ – ein anderesWort für „Ortsgemeinde“ – zurückgeht auf das griechische„paroikos“. <strong>Da</strong>s bedeutet <strong>im</strong> Neuen Testamentetwa „sich als Fremder aufhalten“, als „Eingewanderter“leben. „Mit diesem Wort drückten die erstenChristinnen und Christen ihr Gefühl von Fremd heitgegenüber der römischen Gesell schaft aus.“ 39 Aufgleicher Linie lässt sich vielleicht auch eine selbstbewusste,kritische, „protestantische“ Distanz zu herrschendenMächten und politischen Tendenzen verorten,die heute für nicht wenige Menschen zu ihrerchristlichen Identität gehört. <strong>Da</strong>ss diese Fremdheiteine sehr produktive sein <strong>kann</strong>, hat sich in politisch-alternativenkirchlichen Impulsen gezeigt, wie z.B. in derEine-Welt-Bewegung oder den Fair-Trade-Konzepten.Und in jüngerer deutscher Geschichte haben kirchlicheOrte in der DDR eine Basis für die Bürger rechtsbewegungbieten können. Würde man „Parochie“ heute<strong>im</strong> Sinne von „Mitwohnen“ übersetzen, <strong>kann</strong> das dieZugehörigkeit der Ortsgemeinde zu Sozialraum undGemein wesen und eine kritisch-solidarische Mitverantwortung dafür beschreiben. 4039 Pohl-Patalong, Uta, Gemeinde in historischer Perspektive, in: Bubmann,Peter u.a.(Hg.), Gemeindepädagogik, Berlin/ Boston,2012,S.38.40 Modellhaft <strong>im</strong> Rahmen der EKiR mit dem Schwerpunkt Altersgerechtigkeitals eine Teilmenge von Inklusion ist das aktuelldokumentiert in: Einfach entwerfen. Wohnviertel für die Zukunft.Wohnquartier 4. Der Schlüssel für altersgerechtes Wohnen, Beteiligung,Bildung und Kultur. Diakonie <strong>Rheinland</strong>-Westfalen-Lippee.V. Düsseldorf u.a. (Hg.).43


3.12 Die Völkerwallfahrt als Vision„Und viele Völker werden aufbrechen und sagen: „Auf,lasst uns hinaufziehen zum Berg Gottes, zum Haus derGottheit Jakobs (...). Und Gott wird Recht sprechen (...),und kein fremdes Volk wird mehr gegen ein anderessein Schwert erheben.“ (aus Jes 2,3 u. 4)„Diese Erwartung einer Völkerwallfahrt zum Zion isteines der Grundmodelle einer neuen, künftigen Zuordnungvon Gott und den Völ kern der Erde.“ 41 DieseVision <strong>kann</strong> als ein weiterer biblischer Lernort für dieTeilhabe von Verschiedenen gelten und dies in besondererWeise unter dem Aspekt von weltweitem Friedenund Gerechtigkeit. „Wie alljährlich die StämmeIsraels zum Zion pilgerten, um die Weisung und dasWort Gottes zu hören, um Streitigkeit zu schlichtenund neue Perspek ti ven des Zusammenlebens zugewinnen, so machen sich nun alle Völker auf, magnetischangezogen von dem befreienden, hilfreichenund schlichten Wort Gottes“. 42 Die Völker werden inder Verheißung des Propheten Jesa<strong>ja</strong> nicht zum Ziongerufen, sondern ermutigen sich gegenseitig selbstzum Aufbruch. Die Anziehungskraft Zions, des Gottesberges,besteht darin, dass dort ein Herr schafts wechsel,der Wechsel vom herrschenden Recht des Stärkeren(Babel) zum Recht des Schwäche ren (Zion) verkündetwird. „<strong>Da</strong>s Zentrum der Weltmacht, das durch kriegerischeGewalt und Zwang zum Mittelpunkt der Völkerwurde, wird durch den Zion abgelöst, von dem dieeinladende Wirkung einer von JHWH promulgiertenVölkerordnung ausgeht, die durch das friedliche Zusammenlebengeprägt ist.“ 43 Die Verheißung vom Zionscheint diejenigen anzuziehen, die schutzlos sind oderschutzlos leben wollen, die verletzt sind oder sich verletzbarmachen wollen, die bereit sind, in der WeisungGottes zu leben und ihre Lanzen in Winzer messernund ihre Schwerter in Pflugscharen umzuschmiedenund das Kriegshandwerk zu verlernen. (vgl. Jes 2,4)Die Vision einer globalen inklusiven Bewegung ist beiJesa<strong>ja</strong> von einem politischen Macht wechsel begleitet,von einer Verschiebung von Herrschaftsverhältnissenund der Instand setzung von Recht und Gerechtigkeitfür alle Völker. Diese Vision <strong>kann</strong> aktuell den Blick aufdie globale politische und wirtschaftliche Einbettungvon inklusiven Prozessen lenken. Inklusion in globalerökumenischer Perspektive hätte auch radikale politischeund wirtschaftliche Umkehrbewegungen zubedeuten. Die Zeichen der Zeit sprechen dafür, dassdies weltweit notwendig ist.Allerdings geht es nach biblischen Maßstäben, wiez.B. <strong>im</strong> Senfkorngleichnis und anderen Reich-Gottes-Gleich nissen, zugleich darum, die Wirksamkeit eigenen,begrenzten Handelns nicht gering zu schätzen.Mit Inklusion ist ein ressourcenorientierter Prozessgemeint. Er geht davon aus, dass <strong>im</strong> eigenen Rahmen<strong>im</strong>mer viele kleine Schritte möglich sind und <strong>jede</strong>rSchritt zählt, möge er auch unbedeutend erscheinen.3.12 Offen halten„Vergesst nicht die Gastfreundschaft, denn durch siehaben einige, ohne es zu wissen, Abgesandte Gottesbeherbergt.“ (Heb 13,2)Vor dem Hintergrund der beschriebenen Zusammenhängeist deutlicher geworden, dass die Diskussionum Inklusion keineswegs nur von außen als Herausforderungauf Theologie und <strong>Kirche</strong> zukommt. Nursind die vielen „inklusiven Schlüssel“ der Bibel und derTheologie bisher noch nicht hinreichend in diesemSinn benutzt worden. Sie können aber als Schlüsseldienen, um Raum für den Anderen zu erschließen undoffen zu halten: Räume <strong>im</strong> Denken und Räume in dervon uns gestalteten Wirklichkeit, in <strong>Kirche</strong> und Gesellschaft.Offene, gastliche Räume, die mit der Ankunftdes Anderen und einer Begegnung auf Augenhöherechnen – ohne „eingemeinden“ zu wollen. 44 Räume,in denen das Unerwartete, Überraschende erwartetund will<strong>kommen</strong> geheißen wird. 45 Gemeinschaftenund Zusammenkünfte, in denen Fremdheit gelebt undeingebracht werden darf, in denen das Anders-Seineines <strong>jede</strong>n Menschen bleiben darf. Für eine umfassendeGastlichkeit und Bereitschaft zum gegenseitigenWill<strong>kommen</strong>-Heißen bietet der oft zitierte freieStuhl, der alle Zeit mit der unerwarteten Ankunft desMessias rechnet, ein schönes Bild.41 Crüsemann, Frank, <strong>Da</strong>s alte Testament als Wahrheitsraum desNeuen wahrnehmen, Gütersloh 2011, S. 202.42 Kraus, Hans Joach<strong>im</strong>, Systematische Theologie, S. 539f.43 Fischer, Irmtraud, Israel und das Heil der Völker <strong>im</strong> Jesa<strong>ja</strong>buch,in: Frankemölle, H./ Wohlmuth, J. (Hg.),<strong>Da</strong>s Heil der Anderen,Freiburg 2010, S. 193.44 Die Denkschrift der EKD und der VEF (Räume der Begegnung. Religionund Kultur in evangelischer Perspektive), Gütersloh 2002,versteht <strong>Kirche</strong> als Gastgeberin.45 vgl. Derrida, Jacques, Eine gewisse unmögliche Möglichkeit, vomEreignis zu sprechen, Berlin 2003, S. 38-60.44


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IMPRESSUMHerausgeber:<strong>Evangelische</strong> <strong>Kirche</strong> <strong>im</strong> <strong>Rheinland</strong>Landeskirchenamt/ Abteilung IV BildungHans Böckler Straße 740476 Düsseldorfwww.ekir.deundPädagogisch-Theologisches Institutder <strong>Evangelische</strong>n <strong>Kirche</strong> <strong>im</strong> <strong>Rheinland</strong>Mandelbaumweg 253177 Bonnwww.pti-bonn.deAutorinnen und Autoren:Sabine Ahrens, Wolf Clüver, Ingrid König, Dorothee Schaper,Rainer Schmidt, Michaela Schuster, Katrin WüstLayout/ Produktion:artworkshop.deFotos:Sabine Lucke, Elisabeth Klöckner,Laura Vöth, Heike Reichelt, Kai SteffenDownload:www.pti-bonn.de© <strong>Evangelische</strong> <strong>Kirche</strong> <strong>im</strong> <strong>Rheinland</strong>, Januar 2013

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