6 Jugendbewegte Tatgesinnung (vgl. I/3.2.2.5)
6 Jugendbewegte Tatgesinnung (vgl. I/3.2.2.5)
6 Jugendbewegte Tatgesinnung (vgl. I/3.2.2.5)
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ewegung – nicht mehr, allerdings auch nicht weniger. Bei Jünger fungiert der<br />
kriegerische Kampf als "Lebenssinn", bei Flex nur als Grenz-Situation, die das<br />
"Erlebnis" kameradschaftlicher Kommunikation in besonders intensiver Weise<br />
ermöglicht. Im Mittelpunkt bei Flex steht als Protagonist der Wandervogel-Freund,<br />
Ernst Wurche, bei Jünger jedoch der Leutnant Ernst Jünger. Nicolaus Sombart 636 stellt<br />
dann im Anschluss an Theweleit die rhetorische Frage:<br />
"War [...] diese ‘Krisis der europäischen Kultur’ nicht überhaupt eine Erfindung<br />
der deutschen Männer? Das Männerbündische ist das spezifisch<br />
Gemeinsame dieser deutschen Gegenkultur [...]. Das unterscheidet die deutsche<br />
von allen anderen patriarchalischen Gesellschaften des Okzidents."<br />
Der "typisch deutsche Patriarchalismus" sei also singulär (im Anschluss an Theweleit)<br />
sexistisch bzw. erotisch – und damit auch die deutsche Jugendbewegung, obwohl bzw.<br />
weil sie gegen diesen Patriarchalismus und seine Doppelmoral rebelliert habe. Die<br />
These von der sexuellen Verklemmtheit der Jugendbewegung, aber auch von deren<br />
männerbündisch-homoerotischen Tendenz, wurde nicht nur auf die bündische Jugend<br />
bezogen, wo sie noch halbwegs berechtigt wäre, sondern auch auf den Vorkriegswandervogel.<br />
Zu diesem Zweck selektiert z.B. Jürgen Reulecke 637 die Geschichte des<br />
Wandervogels im Sinn dieser Tendenz:<br />
1) "Meist in reinen Jungengruppen [...]"<br />
2) "[...] in geringer Zahl in gemischten Gruppen"<br />
3) [...] wurde kontrovers diskutiert, ob Mädchen gleichberechtigt i. Wanderv.<br />
integriert werden sollten<br />
4) "Hans Breuer befürchtete eine ‘Verbengelung’der Mädchen [...]" usw.<br />
Alle diese ‘Argumente’lassen sich nun auch im gegenteiligen Sinn benutzen:<br />
1) Die Tatsache, dass es überhaupt ein Mädchenwandern gab, war eine der<br />
wichtigsten emanzipatorischen anti-männerbündlerischen Phänomene des<br />
beginnenden 20. Jh.<br />
635<br />
K. Theweleit, nach Johann Volmert: E. Jünger in Stahlgewittern, München 1985, S. 19 f.<br />
636<br />
N. Sombart: Jugend in Berlin 1933-1943, München-Wien 1984, S. 181 ff.<br />
637<br />
<strong>vgl</strong>. J.Reulecke: Männerbd. vs. Familie – Bürgerl. Jugendbewegg. u. Fam. in Dtld., 1985,<br />
S. 203<br />
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