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6 Jugendbewegte Tatgesinnung (vgl. I/3.2.2.5)

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Jugendstil-Künstler Fidus ("Lichtgebet" – Freideutscher Jugendtag – <strong>vgl</strong>. Abb. in<br />

II/4.2.1) verbreitete schon um die Jahrhundertwende seinen esoterischen ‘Tat’-<br />

Begriff. In seiner Person, der Lebensideologie verpflichtet, treffen zwei politische<br />

Tendenzen aufeinander, was auch für die gesamte Jugendbewegung typisch ist:<br />

Naturzuwendung bzw. Stadtflucht der Arbeiterbewegung und deutsch-völkischer<br />

Heimat-Boden-Kult. Fidus selbst sympathisierte mit beiden Richtungen. Mit dem<br />

Redakteur der oppositionellen sozialistisch-anarchistischen Wochenschrift "Der<br />

arme Teufel", war er ein Leben lang befreundet und wurde von ihm durch Würdigungen<br />

und Veröffentlichungen seiner Bilder gefördert. Für die SPD-konforme Zeitschrift<br />

"Die Kunst dem Volke" gestaltete er das Titelblatt (1906). Auch stattete er dem<br />

Anarchistenzentrum "Monte Verita" (Lugano) einen Besuch ab und traf dort auf den<br />

russischen Anarcho-Marxisten, Fürst Bakunin. Im 1. Weltkrieg wandelte sich Fidus<br />

zum deutsch-völkischen Patrioten: "Fidus sieht man jetzt eigenhändig seine vaterländischen<br />

Bilder zu Kunsthandlungen schleppen..." 584 , aber schon 1914 hatte er in der<br />

Zeitschrift "Kunstwart" des deutsch-völkischen Publizisten Ferdinand Avenarius<br />

("Dürerbund") seine Bilder und Zeichnungen veröffentlicht. 1917 schuf er ein für<br />

diese Einstellung typisches Gemälde: "Germanias Blut". Von der links-patriotischen<br />

Zeitschrift "Feierabend – der schaffenden (!) deutschen Jugend (!) aller Berufe" mit<br />

dem Untertitel "Wege zur Freude an Volkstum (!) Werk (!) und Wissen" wurde Fidus<br />

lobend erwähnt. In Fidus vereinigen sich ‘linker’ und ‘rechter’ Jugendstil, ‘linke’ und<br />

‘rechte’ Lebensideologie. Dem Nationalsozialismus stand er allerdings stets skeptisch<br />

gegenüber. Wie sich ‘linke’ und ‘rechte’ Jugendbewegung vor 1919 im Zeichen des<br />

Fidus-Plakates ("Lichtgebet") begegneten, demonstrieren die beiden Hauptredner auf<br />

dem "Freideutschen Jugendtag – 1913": der linksliberale Gustav Wyneken<br />

("Jugendkulturbewegung" – Zeitschrift "Der Anfang") und der deutsch-völkische<br />

Ferdinand Avenarius. Beide Antagonisten vereinigen sich dort am Hohen Meißner<br />

zum gemeinsamen Jugend- und Lebenskult.<br />

Was fanden die Wandervögel an tat-geeigneten Liedern um die Jahrhundertwende<br />

vor? Vor allem Turnerlieder, Studentenlieder und gewisse Volkslieder, die oft<br />

als Morgenlieder frisch-fröhliche Aufbruchsstimmung vermitteln konnten. Die<br />

Inhaltsverzeichnisse entsprechender Liederbücher und erst recht der späteren bündischen<br />

Liedersammlungen lassen eine signifikante Präferenz von "Auf, auf"- Liedern<br />

erkennen, die zu vitalem Elan aufrufen:<br />

584 A. Burkhardt: Fidus, Berlin 1998, S. 33<br />

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