6 Jugendbewegte Tatgesinnung (vgl. I/3.2.2.5)
6 Jugendbewegte Tatgesinnung (vgl. I/3.2.2.5)
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Sie vermitteln zusammen mit der Melodie auch einen onomatopoetischen Mehrwert,<br />
einen spielerischen Umgang mit dem sprachlichen Material zur Lyrisierung der<br />
agonalen Denkfiguren.<br />
6.3.3 Der kriegerische Kampf<br />
6.3.3.1 Liedertexte der Wandervogelzeit bis ca. 1914<br />
Der lebensideologische Aktionismus, wie er vor dem 1. Weltkrieg aus dem literarischen<br />
Expressionismus entstanden ist und in der Jugendbewegung den antiurbanen<br />
Eskapismus ablöste bzw. ergänzte, war Mitursache für eine allgemein zunehmende<br />
Militarisierung der Gesellschaft. Als Folge des Weltkriegs und der folgenden<br />
Revolutionen und Konterrevolutionen erfolgte eine De-Sensibilisierung und De-<br />
Humanisierung, die auch an der Jugendbewegung nicht völlig spurlos vorüberging.<br />
Kriegslieder und Soldatenlieder tauchen ab 1915 vermehrt in deutschen Jugendliederbüchern<br />
auf. Der Abschnitt "Soldatenweise" in "Wandervogels Singebuch"<br />
(1915/18) enthält etwa 70 von 500 Liedern oder 14%; dieses Liederbuch wurde vom<br />
"Wandervogel Vaterländischen Bund" herausgegeben und begrüßt seine Benutzer<br />
markig mit "Ein-Heil-dem–deutschen-Lied". In Österreich weist das von dem stark<br />
deutsch-völkisch tendierenden Wandervogel-Führer, Rudolf Preiß, 1912 herausgegebene<br />
Liederbuch "Unsere Lieder" (sog. "Badehose") dagegen nur fünf Soldatenlieder<br />
auf. Dieser auffallend geringe Anteil könnte auf mehrere Ursachen<br />
zurückgehen:<br />
1) In der Vorkriegszeit hatte sich bis 1912 der Aktionismus als allgemeiner<br />
Trend noch nicht durchgesetzt. Der "Zupfgeigenhansel" von 1913 enthält<br />
ebenfalls nur eine geringe Zahl von Soldatenliedern, obwohl dessen Herausgeber,<br />
Hans Breuer, zur gleichen Zeit sein "Ran-wie-Blücher!" den<br />
Wandervögeln zugerufen hatte.<br />
2) Der wilhelminische Militarismus war keineswegs in sämtlichen österreichisch-völkischen<br />
Kreisen populär; Schönerers großdeutscher Nationalismus,<br />
sein Rassismus und Anti-Ultramontanismus war nicht allgemein völkischer<br />
Konsens; möglicherweise war Preiß Anhänger des Schönerer-<br />
Rivalen Wolff.<br />
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