Ritter 200 Bände KSG
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<strong>200</strong> <strong>Bände</strong> »Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft«<br />
Die Geschichte der Gesellschaft erscheint als primärer Gegenstand<br />
einer vor allem als historisch-kritische Sozialwissenschaft<br />
zu verstehenden Geschichtswissenschaft. Gleichzeitig wird die<br />
Theoriebedürftigkeit der Geschichtswissenschaft stark unterstrichen<br />
und ihr eine vor allem analytische und nicht nur erzählende<br />
Funktion zugewiesen.<br />
Das Programm wurde drei Jahre später im Vorwort der neuen<br />
Zeitschrift »Geschichte und Gesellschaft«, die vor allem auch<br />
ein Diskussionsforum sein sollte, ergänzt und präzisiert. 3 Dabei<br />
wurde die enge Verbindung zur Soziologie, Politikwissenschaft<br />
und Ökonomie betont. Man vermisst dagegen im Programm der<br />
historischen Sozialwissenschaft den Verweis auf die Rechtswissenschaft.<br />
Angesichts der großen Bedeutung, die die Verrechtlichung<br />
vieler Bereiche gerade für die deutsche Geschichte hat,<br />
muss dies verwundern.<br />
Es würde hier zu weit führen zu analysieren, welche weiter zurückreichenden<br />
Wurzeln dieses Programm hat. Beschränken wir<br />
uns daher auf die unmittelbare Vorgeschichte. Jürgen Kocka hat<br />
darauf verwiesen, dass die Grundzüge des Programms bereits in<br />
der Einleitung von Wehler zu der von ihm 1965 unter dem provozierenden<br />
Titel »Der Primat der Innenpolitik« herausgegebenen<br />
Sammlung von Aufsätzen des enfant terrible der Weimarer<br />
Historiker, Eckart Kehr, vorliegen: »Die Kritik an der herkömmlichen<br />
Geschichtswissenschaft als politikgeschichtlich verengter<br />
oder geistesgeschichtlich verdünnter Ideologie eines »staatsfrommen«<br />
angepassten Bürgertums; die Kritik an der Verabsolutierung<br />
des hermeneutischen Verstehens; das Plädoyer für Sozialgeschichte<br />
in einem umfassenden Sinn, nämlich als historische<br />
Analyse des Zusammenhangs von Gesellschafts-, Wirtschafts-<br />
und Staatsverfassung; die Berufung auf Max Weber und Karl<br />
Marx; die Forderung nach »kritischer Theorie« und der Aufruf,<br />
Geschichtswissenschaft auch als historische Kritik der Gegenwart<br />
mit dem Interesse an einer besseren Zukunft zu betreiben.«<br />
Das sei für ihn wie für andere damalige Studenten ein »elektri-<br />
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3 Geschichte und Gesellschaft, 1 Jg., 1975, Heft 1, Vorwort der Herausgeber,<br />
S. 5-7.<br />
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