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Naturnahe Waldwirtschaft-Dauerwald heute? - Landesbetrieb Forst ...

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<strong>Dauerwald</strong> <strong>heute</strong> – was geht, vor allem mit Blick auf die Lichtbaumarten?<br />

Ein weiterer Punkt, der von Kritikern des <strong>Dauerwald</strong>systems<br />

häufig angesprochen wird, jedoch eigentlich<br />

nicht als Ursache des <strong>Dauerwald</strong>es selbst, sondern<br />

als Ergebnis einseitig ausgerichteter Behandlungskonzepte<br />

im Vorfeld anzusehen ist, umfasst das Problem<br />

geringer Bestandesstabilität (LENK u. KENK 2007). KNO-<br />

KE und SEIFERT (2008) zeigen in einer Gegenüberstellung<br />

von Fichten- und Buchenbeständen sowie deren<br />

Mischung, dass die Intensität der Schadereignisse in<br />

reinen Fichtenbeständen etwa doppelt so hoch ist,<br />

wie in den anderen Varianten. Je nach Behandlungskonzept,<br />

Baumart und Standort kann sich eine Überführung<br />

als problematisch erweisen. Eine Stabilisierung<br />

der Bestände bzw. Einzelbäume muss nach MA-<br />

SON et al. (1999) einen besonders kritischen Übergangszeitraum<br />

von 30 bis 40 Jahren überwinden. Ein<br />

Zeitraum, der geprägt sein kann von zeitlich nicht kalkulierbaren<br />

Hiebsanfällen und Kalamitäten unterschiedlichen<br />

Ausmaßes. Dieser Umstand hält insbesondere<br />

jene Waldbesitzer von einer flächigen Umwandlung<br />

ihrer Bestände ab, die ausschließlich über einschichtige<br />

Reinbestände verfügen und auch den personellen<br />

Aufwand einer Betreuung in Überführungsbeständen<br />

scheuen. Perspektivisch führt die langfristige Umwandlung<br />

von Reinbeständen in strukturierte <strong>Dauerwald</strong>systeme<br />

stets zu einer stärkeren Auseinandersetzung<br />

mit der Komplexität von Waldökosystemen und einer<br />

größeren Baumartenpalette (DUCHIRON 2000). Die Überführung<br />

von Reinbeständen, die aus Lichtbaumarten<br />

bestehen (z. B. Kiefer, Birke, Eiche, Lärche etc.), stellt<br />

den Wirtschafter immer dann vor eine Herausforderung,<br />

wenn standörtliche Gegebenheiten die Palette<br />

möglicher Mischbaumarten stark einschränken (KOHL-<br />

STOCK 1995). Eine Überführung und Anreicherung von<br />

Lichtbaumarten mit Halbschatt- und Schattbaumarten<br />

ist, wie bereits angesprochen, leichter möglich als<br />

der langfristige Erhalt und die Verjüngung der Lichtbaumarten.<br />

Ein entsprechendes Beispiel lässt sich für<br />

das <strong>Forst</strong>amt Erdmannshausen nachvollziehen. HÖ-<br />

HER et al. (1992) beschreiben sehr eindrucksvoll, wie<br />

in einem Zeitraum von 110 Jahren (1875 – 1985) die<br />

Anteile der Kiefer von 86 % auf 15 % zu Gunsten<br />

gleichwertiger Anteile der Baumarten (15 – 20 %) Eiche,<br />

Buche, Lärche, Douglasie, Tanne und Fichte reduziert<br />

wurden. Diese ausgewogene Mischung kann<br />

jedoch nicht aufrecht erhalten werden, ohne einen erheblichen<br />

Aufwand in der Mischungsregulierung zu<br />

betreiben. Daher setzen auch HÖHER et al. (1992) auf<br />

eine langfristige Dominanz der Buche, während der<br />

Anteil der genannten Mischbaumarten langfristig auf<br />

insgesamt 30 % absinken wird. Es stellt sich auch<br />

weiterhin die Frage, wie unter Einbeziehung der Lichtbaumarten<br />

in den Prozess der Bestandesüberführung,<br />

der schließlich in das Bild eines <strong>Dauerwald</strong>es<br />

münden soll, eine kleinflächige Strukturierung und hohe<br />

Artenvielfalt praktisch realisiert werden kann?<br />

3.2 Konstanz der Nachfrage nach Waldprodukten<br />

und Klimawandel als neue Unsicherheit<br />

Wie jede Wirtschaftsbranche, so unterliegt auch die<br />

Nutzung des Waldes den Schwankungen und Mechanismen<br />

eines sich kurz- bis mittelfristig ändernden<br />

Marktes. Viele Förstergenerationen haben bereits auf<br />

die besondere Rolle einer marktgebundenen Nutzung<br />

natürlicher Systeme hingewiesen (HAMMER et al. 1998,<br />

HUSSEN 2000, GOLD et al. 2006). Verglichen mit der<br />

Herstellung anderer Güter, deren Produktionsketten<br />

innerhalb kürzester Zeit an wechselnde Nachfrage<br />

und Absatzbedingungen angepasst werden können,<br />

erweist sich die Umstellung von Waldökosystemen<br />

(z. B. Baumarten, Sortimente) auf den ersten Blick als<br />

vergleichsweise unflexibel. Über lange Zeit haben sich<br />

Waldbehandlungs- und Waldbewertungskonzepte diesen<br />

Schwankungen des Marktes und der Nachfrage<br />

unterworfen, was zu einem ebenso schnellen Wechsel<br />

in den Zielformulierungen und Waldbehandlungsstrategien<br />

geführt hat. Welche Bedeutung erlangt nun<br />

der <strong>Dauerwald</strong> in diesem Wechselspiel? Das Konzept<br />

eines strukturierten <strong>Dauerwald</strong>es mit einem vergleichsweise<br />

großen Baumartenspektrum erfüllt, in Zeiten<br />

großer Unsicherheit und sich schnell wandelnder Ansprüche<br />

an spezielle Leistungen des Waldes, das Prinzip<br />

einer Risikostreuung besonders gut. Dies gilt sowohl<br />

für den Holzabsatz im Speziellen als auch für die<br />

Einstellung auf eine Unsicherheit hinsichtlich klimatischer<br />

Veränderungen (SCHULTE u. BUONGIORNO 1998,<br />

KNOKE u. SEIFERT 2008). Holzpreisschwankungen können<br />

aufgrund der zeitlichen Verteilung einzelner Erntenutzungen<br />

gut abgepuffert werden (KNOKE 2010). Dies<br />

hat KNOKE (2009 und 2010) unter anderem für die<br />

Überführung von Fichtenreinbeständen in strukturierte<br />

Bergmischwälder nachweisen können. KNOKE u.<br />

SEIFERT (2008) belegen, dass sich erzeugte Bestandesstabilität<br />

auszahlt, d. h. Mischbestände verbessern<br />

nachweislich die Rentabilität des Betriebsergebnisses.<br />

Das Argument einer insgesamt größeren Sortimentsvielfalt<br />

(Baumarten, Stärkeklassen etc.) muss dabei kritischer<br />

geprüft werden, da die Baumartenpalette des<br />

<strong>Dauerwald</strong>es vergleichsweise groß, jedoch in den einzelnen<br />

Anteilen und Hiebsanfällen begrenzt bleibt. Darüber<br />

hinaus stellt das <strong>Dauerwald</strong>gefüge in seiner Struktur<br />

ein besonders anspruchsvolles System dar, das<br />

durch seine Ausgewogenheit an Strukturen und Entwicklungsstufen<br />

im Gleichgewicht gehalten werden soll<br />

(SCHÜTZ 1986, REININGER 2000). Eine kurzfristige und<br />

deutlich einseitige Nutzung bestimmter Baumarten<br />

oder Sortimente hat auch in diesem System Grenzen.<br />

Eine ausreichende Klimastabilität kann nur dann gewährleistet<br />

werden, wenn ein adäquater Pool an Lichtbaumarten<br />

zur Verfügung steht (v. LÜPKE 2004). Relevante<br />

Störungen mit großer Flächenpräsenz, wie sie<br />

aufgrund klimatischer Veränderungen auch in Zukunft<br />

auftreten können, obwohl eine Strukturanreicherung<br />

der Bestände bereits weit fortgeschritten ist, können<br />

auf naturnahem Weg nur durch Pionierbaumarten kompensiert<br />

werden. Bekanntlich sind frühsukzessionale<br />

Arten aufgrund ihrer physiologischen und morphologischen<br />

Eigenschaften besonders gut an die Etablierung<br />

und Existenz unter klimatischen Extremen angepasst<br />

(THOMASIUS u. SCHMIDT 1996). Das Zeitfenster einer<br />

sukzessionalen Wiederbesiedlung von Freiflächen<br />

kann nur unter Einbeziehung von Pionierbaumarten

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