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Biologische Vielfalt - NABU-Naturschutzstation Münsterland e.V.

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Die Männchen des Wasserfrosch<br />

besitzen zwei seitlich<br />

ausstülpbare Schallblasen.<br />

Foto: giese.tv<br />

Schwangerschaftstests. Der Pilz könnte<br />

mit dem Frosch über die ganze Welt<br />

verbreitet worden sein. Er wurde zum<br />

Beispiel bei im südenglischen Kent<br />

ausgesetzten Krallenfröschen festgestellt.<br />

Die Krallenfrösche haben in der<br />

neuen Umgebung nur kurz überlebt,<br />

jedoch vermutlich ein Reservoir von Erregern<br />

zurückgelassen. Entscheidend<br />

für die weitere Entwicklung wird sein,<br />

wie lange es Chytridpilze ohne Wirtsorganismen<br />

in der Natur aushalten können.<br />

Unter Laborbedingungen wurden<br />

bereits Überlebenszeiten von mehr als<br />

sieben Wochen nachgewiesen. Nach<br />

mathematischen Modellen, die Biologen<br />

des Londoner „Imperial College“<br />

entwickelten, bestünde bei längeren<br />

Überlebenszeiten des Pilzes eine<br />

ernsthafte Gefahr etwa für die Erdkröte<br />

(Bufo bufo), die nachgewiesenermaßen<br />

von BD befallen werden kann. Hielte<br />

sich der Pilz zum Beispiel ein Jahr am<br />

Leben, wäre laut Projektleiter Matthew<br />

Fisher mit erheblichen Rückgängen der<br />

Zahl der Erdkröten und dem Erlöschen<br />

lokaler Bestände innerhalb von zehn<br />

Jahren zu rechnen. „Im allerschlimmsten<br />

Fall würde die Erdkröte komplett<br />

aussterben“, so Fisher. Und Wissenschaftler<br />

fürchten, dass die Infektion<br />

immer wieder von neuem nach Europa<br />

durch den weltweiten Handel mit Amphibien<br />

eingeschleppt wird. „Unsere<br />

Grenzen sind für den Import der Infektion<br />

weit geöffnet“, sagt Dr. M. Fischer<br />

vom „Imperial College London“. Ein anderer<br />

Verbreitungsweg für den Pilz war<br />

vermutlich der südafrikanische Ochsenfrosch<br />

(Rana catesbeiana), dessen<br />

Schenkel in den USA als Delikatesse<br />

galten.<br />

Jedoch gibt es auch die Theorie, dass<br />

der zuvor harmlose Zersetzer-Pilz sich<br />

durch Klimaänderungen in einen parasitären<br />

Krankheitserreger gewandelt<br />

hat. Die Infektion erfolgt über Zoosporen,<br />

also beweglichen Infektionsstadien,<br />

im Wasser. Der Pilz befällt alle bisher<br />

getesteten Lurche. Jedoch sind nicht<br />

alle Arten gleich empfindlich. So kann<br />

der Seefrosch auch mit starkem Befall<br />

zurechtkommen, während andere infizierte<br />

Arten besonders in der Metamorphose<br />

rasch sterben. Vor allem sind<br />

Amphibien gefährdet, die lange Zeit im<br />

Wasser verbringen.<br />

Behandlungsmöglichkeiten<br />

In Neuseeland haben Molekularbiologen<br />

bei infizierten Baum- und Glockenfröschen<br />

mit dem Antibiotikum Chloramphenicol<br />

die Pilzkrankheit erfolgreich<br />

bekämpft. Wegen teilweise schwerer<br />

Nebenwirkungen ist der Stoff allerdings<br />

problematisch. Chloramphenicol ist giftig<br />

für das Knochenmark und hemmt<br />

die Blutbildung. Vollkommen offen ist<br />

aber, wie eine Behandlung ganzer wildlebender<br />

Amphibien-Populationen technisch<br />

bewerkstelligt werden könnte.<br />

Biologen versuchen in Panama, möglichst<br />

viele Frösche einzufangen, um sie<br />

in Zoos und Terrarien zu züchten und<br />

so vor der Ausrottung zu bewahren. In<br />

freier Natur scheint es für die Amphibien<br />

dort kaum noch Hoffnung zu geben.<br />

Vorsichtsmaßnahmen<br />

Die weitere Verbreitung des Pilzes,<br />

etwa in das <strong>Münsterland</strong>, muss verhindert<br />

werden. Um den Transport der<br />

Sporen von Gewässer zu Gewässer zu<br />

unterbinden, sollten Amphibienfreunde<br />

Gummistiefel, Netze usw. austrocknen<br />

lassen oder auskochen bzw. desinfizieren,<br />

denn der Pilz stirbt dann. Wasserpflanzen,<br />

Schnecken usw. sollten nicht<br />

von Teich zu Teich verschleppt werden.<br />

Es wird auch empfohlen, bei der Arbeit<br />

mit Amphibien Handschuhe zu tragen.<br />

Von größter Bedeutung ist eine Steigerung<br />

des Problembewusstseins bei<br />

Amphibienhaltern. Das Aussetzen von<br />

Amphibien in die Natur sollte unbedingt<br />

unterbleiben. Bei einer Überprüfung am<br />

16.12.2007 wurden im Internet zahlreiche<br />

Verkaufsangebote von Amphibien<br />

gefunden, zum Beispiel des Pfeilgift-<br />

und des Zwergkrallenfroschs. Der Amphibienhandel<br />

floriert also. Forscher fordern<br />

stärkere Kontrollen bei der Einfuhr<br />

tropischer Amphibien. Die Tiere sollten<br />

grundsätzlich vor der Einfuhr auf Pilzinfektionen<br />

untersucht werden. £<br />

Ursula Hacker-Klom<br />

Grasfrosch<br />

Foto: giese.tv<br />

NATURZEIT.org 35

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