Wehrhahn/Tondeo - Bundeskartellamt
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BUNDESKARTELLAMT 53113 Bonn<br />
5. BESCHLUSSABTEILUNG Kaiser-Friedrich-Str. 16<br />
Telefon: (0228) 94 99-439<br />
Zentrale: (0228) 94 99-0<br />
Gesch.-Z.: B 5 –202/07<br />
1. Werhahn Beteiligungen GmbH<br />
Königstraße 1<br />
41460 Neuss<br />
Verfahrensbevollmächtigter zu 1.:<br />
Freshfields Bruckhaus Deringer<br />
Rechtsanwalt Andreas Röhling<br />
Heumarkt 14<br />
50667 Köln<br />
2. Jenny Holding GmbH<br />
c/o <strong>Tondeo</strong> Werk GmbH<br />
Höhscheider Weg 37<br />
42699 Solingen<br />
3. Otto Jenny GmbH<br />
c/o FINDOS Investor<br />
Giselastr. 12<br />
80802 München<br />
Verfahrensbevollmächtigter zu 2.<br />
und Vertretungsberechtigter zu 3.:<br />
Kirkland & Ellis International LLP<br />
Rechtsanwalt Ivo Posluschny<br />
Maximilianstr. 11<br />
80539 München<br />
BESCHLUSS<br />
In dem Verwaltungsverfahren<br />
Telefax: (0228) 94 99-149<br />
22. November 2007<br />
FÜR DIE<br />
VERÖFFENTLICHUNG BESTIMMT<br />
FUSIONSVERFAHREN<br />
VERFÜGUNG GEMÄSS § 40 ABS. 2 GWB<br />
- Beteiligte
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wegen Prüfung eines Zusammenschlussvorhabens nach § 36 Abs. 1 des Gesetzes<br />
gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) hat die 5. Beschlussabteilung des<br />
<strong>Bundeskartellamt</strong>es am 22. November 2007 beschlossen:<br />
I. Das am 12. Juli 2007 angemeldete Zusammenschlussvorhaben wird<br />
freigegeben.<br />
II. Die Gebühr für diese Entscheidung wird unter Anrechnung der Gebühr für<br />
die Anmeldung in diesem Verfahren auf insgesamt [...]€ festgesetzt.<br />
III. Gebührenschuldner gemäß § 80 Abs. 6 S.1 GWB ist die Beteiligte zu 1..<br />
GRÜNDE<br />
I. Zusammenschlussvorhaben<br />
(1) Mit Schreiben vom 11. Juli 2007, beim <strong>Bundeskartellamt</strong> eingegangen am<br />
12. Juli 2007, hat die Werhahn Beteiligungen GmbH, Neuss, den<br />
beabsichtigten Erwerb sämtlicher Gesellschaftsanteile an der Jenny Holding<br />
GmbH, München, von der Otto Jenny GmbH, München, gemäß<br />
§ 39 Abs. 1 GWB angemeldet. Der geplante Zusammenschluss wirkt sich<br />
insbesondere auf den Märkten für die Herstellung und den Vertrieb von Profi-<br />
Haarscheren aus, auf denen die Zusammenschlussbeteiligten jeweils über<br />
Tochtergesellschaften aktiv sind.<br />
II. Beteiligte Unternehmen<br />
(2) Die erwerbende Werhahn Beteiligungen GmbH (im Folgenden: Werhahn oder<br />
Anmelderin) ist eine auf Vermögensbeteiligungen ausgerichtete 100%-ige<br />
Tochtergesellschaft der Wilh.Werhahn KG, Neuss (im Folgenden: Werhahn-<br />
Gruppe). Die Werhahn-Gruppe verfügt über internationale<br />
Geschäftsaktivitäten in den Bereichen Natursteine, Schiefer, Backprodukte,
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Leasing und Schmierstoffe. Über ihre mittelbare Tochtergesellschaft Jaguar<br />
Stahlwarenfabrik GmbH&Co.KG, Solingen (im Folgenden: Jaguar), ist sie<br />
zudem in der Herstellung von Profi-Haarscheren sowie Rasierklingen und<br />
–messern aktiv. Im Geschäftsjahr 2006 erzielte die Werhahn-Gruppe weltweit<br />
Umsatzerlöse in Höhe von 2,43 Mrd. €. Hiervon entfielen [1,9-2,2] Mrd. € auf<br />
die EU und davon wiederum [1,5-2] Mrd. € auf Deutschland.<br />
(3) Bei dem Zielunternehmen Jenny Holding GmbH handelt es sich um eine<br />
100%-ige Tochtergesellschaft der zur Findos Investor GmbH, München,<br />
gehörenden Otto Jenny GmbH. Die Jenny Holding GmbH hält mittelbar über<br />
ihre Tochtergesellschaft Jenny GmbH, München, und deren<br />
Tochtergesellschaft <strong>Tondeo</strong> Holding GmbH, München, 100% der<br />
Gesellschaftsanteile an der <strong>Tondeo</strong> Werk GmbH, Wuppertal (im Folgenden:<br />
<strong>Tondeo</strong>). <strong>Tondeo</strong> ist in der Herstellung und dem Vertrieb von Profi-<br />
Haarscheren, Rasierklingen und –messern, Elektrokleingeräten sowie<br />
sonstigem Friseurbedarf aktiv. Im Geschäftsjahr 2006 entfielen auf das<br />
Zielunternehmen weltweit Umsätze in Höhe von rd. [15-20] Mio. €, davon [15-<br />
18] Mio. € in der EU und rd. [5-10] Mio. € in Deutschland.<br />
III. Verfahren<br />
(4) Die Anmelderin hat zunächst per Fax vom 4. Juli 2007 den Entwurf einer<br />
Anmeldung beim <strong>Bundeskartellamt</strong> eingereicht. Am 12. Juli 2007 ist das<br />
Zusammenschlussvorhaben beim <strong>Bundeskartellamt</strong> gemäß § 39 Abs. 1 GWB<br />
angemeldet worden. Die Beschlussabteilung hat der Anmelderin am<br />
9. August 2007 per Fax gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 GWB mitgeteilt, dass sie in<br />
das Hauptprüfverfahren eingetreten ist (Monatsbrief).<br />
(5) Mit Schreiben vom 19. Oktober 2007 (Abmahnschreiben), das den Beteiligten<br />
am selben Tage per Fax übermittelt worden ist, hat die Beschlussabteilung<br />
diese über die beabsichtigte Untersagung des Zusammenschlusses sowie die<br />
hierfür maßgeblichen Gründe informiert und ihnen Gelegenheit zur<br />
Stellungnahme gegeben. Dabei ist die Beschlussabteilung nach dem
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seinerzeitigen Stand der Ermittlungen und ihrer bis dato noch nicht<br />
höchstrichterlich überprüften Rechtsauffassung davon ausgegangen, dass die<br />
relevanten Märkte keine Bagatellmärkte im Sinne von<br />
§ 35 Abs. 2 S.1 Nr. 2 GWB sind und dass die Vorschriften über die<br />
Zusammenschlusskontrolle insoweit Anwendung finden.<br />
(6) Mit Schreiben vom 23. Oktober 2007 hat die Anmelderin einen Antrag auf<br />
Akteneinsicht in die die Ermittlung des europäischen Marktes für Profi-<br />
Haarscheren betreffenden Unterlagen gestellt. Die Beschlussabteilung hat<br />
deren Verfahrensbevollmächtigten am 24. Oktober 2007 entsprechende<br />
Aktenauszüge in anonymisierter und um Geschäftsgeheimnisse bereinigter<br />
Form übermittelt.<br />
(7) Die Anmelderin hat mit Schreiben vom 31. Oktober 2007 zu dem<br />
Abmahnschreiben der Beschlussabteilung Stellung genommen und<br />
gleichzeitig einen Antrag auf Befreiung vom Vollzugsverbot gestellt. Die<br />
übrigen Verfahrensbeteiligten haben sich den Ausführungen der Anmelderin<br />
sowie deren Antrag auf Befreiung vom Vollzugsverbot mit Schreiben vom<br />
31. Oktober 2007 angeschlossen.<br />
(8) Die Anmelderin hat am 6. November 2007 einer Verlängerung der Prüffrist bis<br />
zum 23. November 2007 zugestimmt. Auf diese Weise sollte die im<br />
vorliegenden Verfahren relevante Grundsatzentscheidung des<br />
Bundesgerichtshofs (BGH) zur Auslegung der Bagatellmarktklausel<br />
abgewartet werden. Diese wurde dem <strong>Bundeskartellamt</strong> am<br />
20. November 2007 durch den BGH übermittelt (BGH, Beschluss vom<br />
25. September 2007, KVR 19/07 – Sulzer/Kelmix). Darin stellt der BGH fest,<br />
dass für die Berechnung der Umsätze bei der Anwendung der<br />
Bagatellmarktklausel allein auf die Inlandsumsätze abzustellen ist. Er verwirft<br />
somit die gegenteilige Rechtsauffassung des <strong>Bundeskartellamt</strong>s (vgl. Rz. 5).<br />
(9) Aufgrund der nun erfolgenden Freigabe des Zusammenschlusses ist der<br />
Antrag auf Befreiung vom Vollzugsverbot nicht mehr zu bescheiden. Mit der<br />
Freigabe entfällt das gesetzliche Vollzugsverbot.
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IV. Formelle Prüfung<br />
(10) Der beabsichtigte Erwerb sämtlicher Gesellschaftsanteile der Jenny Holding<br />
GmbH durch Werhahn erfüllt sowohl den Zusammenschlusstatbestand des<br />
Kontrollerwerbs gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB als auch des Anteilserwerbs<br />
gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 3 a) GWB. Die Umsatzschwellenwerte des § 35 Abs. 1<br />
GWB werden überschritten. Gleichzeitig werden die Umsatzschwellenwerte<br />
von Art. 1 Abs. 2 a) und Abs. 3 a) der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des<br />
Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (FKVO)<br />
nicht erreicht, so dass eine Zuständigkeit der Europäischen Kommission zur<br />
Prüfung des Zusammenschlussvorhabens nicht besteht. Die<br />
Inlandsauswirkung des geplanten Zusammenschlusses gemäß<br />
§ 130 Abs. 2 GWB ergibt sich bereits daraus, dass die<br />
Zusammenschlussbeteiligten im Inland einen wesentlichen Teil ihrer Umsätze<br />
erzielen. Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschriften des § 35 Abs. 2<br />
S.1 Nr. 1 und Nr. 2 GWB (Bagatellmarktklausel) sind jedenfalls in Bezug auf<br />
einige durch den Zusammenschluss betroffenen Märkte nicht gegeben (vgl. im<br />
Einzelnen unten Abschnitt V.). Daher finden die Vorschriften über die<br />
Zusammenschlusskontrolle des GWB insgesamt Anwendung auf den<br />
angemeldeten Zusammenschluss.<br />
V. Materielle Prüfung<br />
(11) Die Geschäftsaktivitäten der Zusammenschlussbeteiligten bzw. ihrer<br />
Tochtergesellschaften Jaguar und <strong>Tondeo</strong> überschneiden sich bei der<br />
Herstellung und dem Vertrieb von Profi-Haarscheren, Rasierklingen und –<br />
messern, Elektrokleingeräten für den professionellen Bedarf (wie z.B.<br />
Haartrockner, elektrische Profi-Haarschneidemaschinen, Formeisen) und von<br />
sonstigem Friseurbedarf (wie z.B. Bürsten, Kämme, Werkzeugtaschen für<br />
Friseure). Mit Ausnahme der Profi-Haarscheren waren auf den übrigen von<br />
dem Zusammenschluss betroffenen Märkten, auf denen jedenfalls zum Teil<br />
Umsätze von mehr als 15 Mio. € im Inland erzielt werden, keine<br />
wettbewerblichen Probleme ersichtlich.
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(12) Auf der Grundlage umfangreicher Ermittlungen sind die inländischen Umsätze<br />
mit Profi-Haarscheren nahezu vollständig ermittelt worden und die<br />
europäischen Umsätze zu einem erheblichen Teil. Der EU-weite<br />
Herstellermarkt für Profi-Haarscheren weist demnach ein Volumen von mehr<br />
als 30 Mio. € auf. Hingegen hat ein fiktiver Inlandsmarkt für Profi-Haarscheren<br />
ein Volumen von weniger als 15 Mio. €, unabhängig von der konkreten<br />
sachlichen Abgrenzung im Einzelnen.<br />
(13) Nach dem abschließenden Ergebnis der Ermittlungen kommt es zwar auf dem<br />
EU-weiten Herstellermarkt für Profi-Haarscheren durch den<br />
Zusammenschluss zur Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung,<br />
jedoch unterliegt dieser Markt nach neuester BGH-Rechtsprechung nicht der<br />
Fusionskontrolle: Gemäß der Auslegung der Bagatellmarktklausel durch den<br />
BGH (BGH, Beschluss vom 25. September 2007, KVR 19/07 – Sulzer/Kelmix)<br />
greift in Bezug auf den EU-weiten Herstellermarkt für Profi-Haarscheren die<br />
Bagatellmarktklausel des § 35 Abs. 2 S.1 Nr. 2 GWB mit der Folge, dass auf<br />
diesen Markt die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle nicht<br />
anwendbar sind.<br />
(14) Die Beschlussabteilung hat keine Anhaltspunkte dafür, dass durch den<br />
angemeldeten Zusammenschluss außer in dem Bereich der Profi-<br />
Haarscheren marktbeherrschende Stellungen im Sinne von § 36 Abs. 1 GWB<br />
entstehen oder verstärkt werden. Aufgrund dessen wird der<br />
Zusammenschluss freigegeben.<br />
VI. Gebühren<br />
[...]
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RECHTSMITTELBELEHRUNG<br />
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich binnen einer<br />
mit Zustellung des Beschlusses beginnenden Frist von einem Monat beim<br />
<strong>Bundeskartellamt</strong>, Kaiser-Friedrich-Straße 16, 53113 Bonn, einzureichen. Es genügt<br />
jedoch, wenn sie innerhalb dieser Frist bei dem Beschwerdegericht, dem<br />
Oberlandesgericht Düsseldorf, eingeht.<br />
Die Beschwerde ist durch einen beim <strong>Bundeskartellamt</strong> oder beim<br />
Beschwerdegericht einzureichenden Schriftsatz zu begründen. Die Frist für die<br />
Beschwerdebegründung beträgt zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung des<br />
Beschlusses und kann auf Antrag vom Vorsitzenden des Beschwerdegerichts<br />
verlängert werden. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten,<br />
inwieweit der Beschluss angefochten und seine Abänderung oder Aufhebung<br />
beantragt wird, und die – gegebenenfalls auch neuen – Tatsachen und Beweismittel<br />
angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.<br />
Beschwerdeschrift und Beschwerdebegründung müssen durch einen Rechtsanwalt<br />
unterzeichnet sein.<br />
Fehrmann<br />
E.-M. Schulze Dr. Schulze<br />
___________________________________________________________________<br />
Die Verfahrensbeteiligten werden darauf hingewiesen, dass die Entscheidung – dem Tenor nach – im<br />
Bundesanzeiger (§ 43 Abs. 2 Nr. 1 GWB) sowie – im Volltext – im Internet veröffentlicht wird. Sie<br />
werden daher gebeten, der Beschlussabteilung innerhalb von sieben Tagen nach Zustellung dieses<br />
Beschlusses ggf. schriftlich mitzuteilen, ob die Entscheidung Geschäftsgeheimnisse enthält, die vor<br />
der Veröffentlichung zu löschen sind. Bitte begründen Sie, warum es sich bei den von Ihnen<br />
gewünschten Löschungen um Geschäftsgeheimnisse handelt. Sollte die zuständige<br />
Beschlussabteilung innerhalb von sieben Tagen nach Zustellung des Beschlusses keine Nachricht<br />
von Ihnen erhalten, geht das <strong>Bundeskartellamt</strong> davon aus, dass diese Entscheidung keine<br />
Geschäftsgeheimnisse enthält, und wird sie unverändert veröffentlichen.