100 Jahre Ärmelkanalüberquerung
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66 FMT-MAGAZIN FMT 09 | 09 | Uwe PUchTinger<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Ärmelkanalüberquerung</strong><br />
25.Juli 2009, Blériot-Plage, Calais, Frankreich. Zum <strong>100</strong>-jährigen Jubiläum<br />
der <strong>Ärmelkanalüberquerung</strong> durch Louis Blériot bereiten sich im<br />
Morgengrauen fünf Teams mit manntragenden Nachbauten und zwei Modellteams<br />
auf die Wiederholung des historischen Fluges nach Dover vor. In den<br />
Nachrichten wird später nur die Rede vom Franzosen Edmond Salis sein, der<br />
in einem 40-minütigen Flug, begleitet durch fünf TV-Helikopter, das historische<br />
Ereignis nachstellte. Aber was ist mit den anderen Teams geschehen?<br />
Seit gut zwei <strong>Jahre</strong>n hatte der Niederländer<br />
Henk van Hoorn ein klares Ziel vor Augen: er<br />
wollte mit seiner Modell-Blériot im Maßstab<br />
1:2 den Ärmelkanal überqueren. In der FMT<br />
03.2009 (siehe auch FMT-Homepage www.<br />
fmt-rc.de, Menüpunkt Veranstaltungen) haben<br />
wir bereits ausführlich über ihn und sein<br />
Team berichtet. Und auch die Messebesucher<br />
der Faszination Modellbau 2009 in Sinsheim<br />
konnten den sympathischen Niederländer<br />
auf der Sonderaustellung in Aktion erleben<br />
und kennen lernen.<br />
Auch die holländische Stiftung „Early birds“<br />
wollte mit der nach originalen Plänen gebauten<br />
manntragende Blériot XI an der <strong>100</strong>-<strong>Jahre</strong>sfeier<br />
teilnehmen. Für den Flug über den<br />
Kanal wurde Henk gebeten, seinen Flugschein<br />
Der Flugversuch der französischen Modell-Bleriot endet bereits<br />
nach wenig mehr als <strong>100</strong> Metern im Graben.<br />
Im Morgengrauen wird<br />
auf historischen<br />
Boden die erste Blériot XI<br />
vorbereitet.<br />
zu erneuern und sich darauf vorzubereiten.<br />
Und so kam zum straffen Zeitplan der Modellvorbereitung<br />
auch diese Aufgabe, die er mit<br />
Bravour meisterte – fünf Flugstunden absolvierte<br />
er in den vorangegangenen Monaten<br />
auf der Blériot XI. Alles war perfekt vorbereitet,<br />
Pilot, Replika und Modell waren bereit, alle<br />
Genehmigungen erteilt – von französischer<br />
wie auch englischer Seite.<br />
Genauso wie das Team um Henk (Dutch<br />
Bleriot-Team) hatten sich auch der Schwede<br />
Mikael Carlson, der weltweit als erfahrenster<br />
Pilot der Blériot gilt und mit seiner schwedischen<br />
Stiftung auf vielen internationalen<br />
Events die Blériot fliegt, und der Luxemburger<br />
Pascal Cremer mit seinem Nachbau angemeldet<br />
und gut vorbereitet.<br />
gäste<br />
Komplettiert wurde die Runde durch ein<br />
Team des französischen Modellbauclubs<br />
„d’artois“, die mit einem 45 kg schweren<br />
1:2-Modell der Blériot XI ebenfalls den Sprung<br />
über den Kanal wagen wollten. Um es vorweg<br />
zu nehmen – es blieb bei dem Versuch, denn<br />
das Modell war zu schwer und hatte zu wenig<br />
Leistung. Der kurze Hüpfer endete nach 150<br />
Metern zwischen den Zuschauern im Straßengraben<br />
– glücklicherweise ohne Verletzte. Sie<br />
hatten am Samstagvormittag die Starterlaubnis<br />
erhalten, obwohl sie lediglich einen dreiminütigen<br />
Vorbereitungsflug absolviert hatten<br />
und für Dover keine Landeerlaubnis vorlag,<br />
da dort eine 25-kg-Grenze festgelegt wurde.<br />
Henk van Hoorn blieb ein Start versagt,<br />
denn trotz aller Genehmigungen fand die französische<br />
Flugleitung – fast schon im Stunden-<br />
Takt – neue Einwände und Sicherheitsbedenken.<br />
Selbst vor Ort konnte er diese Hürden<br />
nehmen – ein Büro mit Fax in einem namhaften<br />
Schnellrestaurant überbrückte die Kommunikationstrecke<br />
nach Dover, London und Paris.<br />
Aus Behördensicht war der Weg frei. Allerdings<br />
erlaubte die Wetterprognose nur bis ca. 13 Uhr<br />
einen sicheren Flug. Obwohl die französischen<br />
Teams bis 10 Uhr ihre Flugfreigaben erhalten<br />
hatten und Edmond Salis sicher in Dover gelandet<br />
war – wollten die französischen Organisatoren<br />
weder Henk mit seinem Modell noch<br />
den anderen Teams eine Startfreigabe erteilen.<br />
Sie wurden von Stunde zu Stunde vertröstet,<br />
Briefingtermine wurden verschoben oder die<br />
Verantwortlichen erschienen gar nicht erst<br />
– währenddessen nahm der Wind stetig zu.<br />
Gegen 16 Uhr verließ ich dann meinen<br />
Fotoplatz auf den Dünen – den ich für „das<br />
Bild“ gewählt hatte. Alle Begleithubschrau-
Der Franzose Edmond Salis startet zum Sprung über den Kanal –<br />
40 Minuten später landet er wohlbehalten in Dover.<br />
ber waren bereits wieder abgeflogen und<br />
ich glaubte nicht mehr an einen Flug, da ich<br />
auf den Dünen bei dem zunehmenden Wind<br />
kaum noch die Kamera mit dem großen Teleobjektiv<br />
still halten konnte.<br />
Wider Erwarten durften sich Mikael Carlson,<br />
Pascal Cremer und Henk van Hoorn im Glauben<br />
auf einen noch möglichen Flug gegen<br />
18 Uhr erneut vorbereiten. Alle drei mussten<br />
aber wegen der stetig zunehmenden Windstärke<br />
aus Sicherheitsgründen auf den Start<br />
verzichten. Was sie zu diesem Zeitpunkt nicht<br />
wussten: alle Rettungsteams auf dem Kanal<br />
waren von der französischen Flugleitung bereits<br />
seit einer Stunde in den Hafen zurück<br />
beordert. Die Flugerlaubnis hätten sie also<br />
ohnehin nie bekommen...<br />
Enttäuscht vom Tagesverlauf sagte Henk<br />
beim Abschied zu mir: „Alles was wir erreichen<br />
wollten, hatte das Ziel, die großartige Leistung<br />
von Louis Blériot zu ehren. Seine Leistung<br />
kann heute niemand mehr übertreffen, er ist<br />
Zur Vorbereitung absolvierte Henk van Hoorn fünf Flugstunden<br />
auf dem 1:1-Nachbau der Blériot XI.<br />
www.fmt-rc.de<br />
Auch mit dem Modell im Maßstab 1:2 blieb dem Dutch-Bleriot-Team ein Start versagt. Henk van Hoorn kämpft bis zur letzten Minute um die<br />
Starterlaubnis – eine wirkliche Chance hatte er nie.<br />
der Held, auf den die Franzosen zurecht stolz<br />
sein dürfen. Wir hatten nie das Ziel, mit ihm<br />
in Konkurrenz zu treten.“ Ich denke, das haben<br />
die französischen Gastgeber wohl anders<br />
gesehen. Sie hatten ihre Schlagzeile, die um<br />
die Welt ging – und wollten sie mit niemanden<br />
teilen. Damit haben sie der historischen<br />
Luftfahrt keinen Gefallen getan und die nachfolgenden<br />
Berichte in vielen Fachmagazinen<br />
werden anders lauten und dem Anlass leider<br />
nicht gerecht werden.<br />
unerwünscht?!<br />
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