12.07.2015 Aufrufe

Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

echt & <strong>gesellschaft</strong>gelung von Arbeitsvoraussetzungen unterBedingungen der Knappheit. Die Gesellschaftschafft sich, anders gesagt, indemsie knappe Ressourcen bestimmten Personenoder Gesellschaftsteilen als Eigentumzuordnet und anderen nicht, und diesdann zum Beispiel als „gottgewollt“, als„natur<strong>recht</strong>lich begründet“ oder späterdann als „parlamentarisch ausgehandelt“betrachtet, eine Möglichkeit, schon aktuellmit Knappheiten so weit zu Randezu kommen, dass sie sich daran machenkann, sie in the long run durch Arbeit zubeheben. Die Gesellschaft schafft sich,anders gesagt, weil nur so überhaupt arbeitsteiligdas Problem der Knappheitsreduktionzu lösen ist, mit der Eigentumsformeine Möglichkeit zu arbeiten.Das erst unter Polykontexturalitätwahrnehmbare Problem dieser Möglichkeitbesteht freilich darin, dass die Gesellschaftes nicht vermeiden kann, im Zugeihrer Arbeit ihre Problemsicht und damitauch ihre Knappheitswahrnehmung zuverändern und damit die Eigentumszuordnungzu problematisieren. Im Zugeder Versuche, diese Problematik dann zubeheben, differenziert sie unweigerlichihre Problemlösungsaktivitäten in einerWeise, die schließlich die Funktionalitätder Eigentumsform selbst in sehr grundsätzlicherWeise unterminiert.II.Die entscheidende Knappheitswahrnehmungfrüher, als einfach vorgestellterGesellschaften bezieht sich, so wird jedenfallsgerne angenommen, auf simpleÜberlebensnotwendigkeiten, auf Lebensmitteletwa, oder den Schutz des eigenenDaseins vor Hunger, Kälte, Gefahren etc.Die normative Regelung dieser Knappheitsieht folgerichtig ein zunächst vonGott gegebenes und allmählich als natürlichbetrachtetes Recht auf Erhaltung desLebens und auf die dazu nötigen Mittelvor. Als unbestreitbar „eigen“ gilt deshalbin der Antike und bis weit ins Mittelalterzunächst vor allem das „suum“ 4 ,das eigene Leben, sowie die Freiheit unddas Ansehen der eigenen Person. Eigentumwird in den entsprechenden Rechtstheorienin einem (von Gott gegebenen)„Natur<strong>recht</strong>“ als Derivat des Selbsterhaltungstriebsbzw. Selbsterhaltungs<strong>recht</strong>sbegründet. 5Im Zentrum steht das Selbst, dasaber freilich nur mit Hilfe bestimmterMittel erhalten werden kann und dieseMittel bestehen in Landwirtschaft treibendenGesellschaften im Kern in derVerfügbarkeit über Grund und Boden,welche freilich – wie dies später dannam Beispiel außereuropäischer Gesellschaftenbetont wird 6 – eben weil sievorerst kaum knapp sind, zunächst keinerähnlich strengen Eigentumsregelungbedürfen. 7 Verfügbarkeit über Grundund Boden ist zunächst tatsächlich nur„Mittel“ zur Erarbeitung dessen, wasals knapp gilt, nämlich der Existenz. 8 Dieentsprechende Eigentumszuordnung reglementiertin Europa insbesondere dasChristentums, später das römische Recht.Die so geschaffene Ordnung sorgt mehroder weniger effektiv, jedenfalls aber anschlussfähigdafür, dass, was als knappwahrgenommen wird – die Existenz–, relativ „sozialverträglich“ verteiltwird und damit an der Behebung dieserKnappheit auch in the long run gearbeitetwerden kann.Im Zuge der „Erarbeitung“ der RessourceLeben, „vermischt“ sich nunfreilich, wie dies dann John Locke formulierenwird, folgenreich der Wert derArbeit und der des bearbeiteten Gegenstandes,des Grund und Bodens. Was zunächstnur „Mittel“ ist, wird so allmählich– und zwar im Zuge der Arbeit selbstund aufgrund ihrer relativ erfolgreichenVerrichtung – zum „Zweck“. Die Daseinssicherungkann nun auf Basis einesetablierten Rechts auf Selbsterhalt so relativeffektiv gewährleistet werden, dassimmer mehr Leben gesichert wird und dieBevölkerungszahlen rapide zu wachsenEntwicklung, die unter anderem dannThomas R. Malthus zur Formulierungseines „Naturgesetzes“ 9 treiben, beginntsich die Knappheitswahrnehmung zuverschieben. Nicht mehr die Knappheitträchtiggeregelt werden, sondern dieKnappheit des „Mittels“ – die Knappheitder Verfügbarkeit über Grund und Boden,über „estates“.Diese Verschiebung hat weitreichendeFolgen für die Eigentumsform, wie siein der Jura naturalia nun zur Verfügungsteht. Entstanden im Hinblick auf Lebenschancenhat sich das Recht daraufnoch relativ restfrei auf das Individuumzurechnen lassen. Die Verfügbarkeit überGrund und Boden assoziiert sich dagegenkeineswegs schon gleichsam intuitivmit einzelnen Menschen, und dies umsoweniger als in den zivilisatorischen Ballungsräumenimmer mehr MenschenAnspruch darauf anmelden. Schon kurznachdem die Verfügbarkeit über Grundund Boden den beiden anderen Komponentendes „Natur<strong>recht</strong>s“ – den „lives“und „liberties“ – hinzugefügt 10 und damitder eigentliche Begriff des Privateigentums,des property ob und wie dies tatsächlich legitimiertwerden kann. 11 Und diese Debatten werden,wie in der Rechts- und Arbeitsgeschichtedokumentiert 12 , alsbald schondadurch befördert, dass die Entwicklungder Arbeit immer abstraktere Kategorienwie „Arbeitskraft“, „Geld“, „Kapital“oder schließlich allgemein „Produktionsmittel“zu Ressourcen, zu „Zwecken“,werden lässt, die als knapp wahrgenommenund damit zum Gegenstand vonEigentumszuordnungen werden – vonZuordnungen freilich, die die jeweils4) Vgl dazu etwa: Cicero, De of- in hominumsocietate tuenda tribuendoquesuum cuique et rerum contracta- ...“.5) So etwa dann in den Natur<strong>recht</strong>slehrenvon Thomas Hobbesoder John Locke.6) Früh etwa bei Thomas Paine imHinblick auf indigene Nordamerikaner,aktueller etwa bei Dowling1968.7) Im Hinblick auf spätere Diskussionenließe sich hierauf vielleichtdie Unterscheidung von PrivatundGemeineigentum übertragen.Land konnte, solange es nicht imgroßen Stil als knapp wahrgenommenwurde, als Gemeingut,als „Common“ betrachtet werden,dessen „Tragödie“ (Hardin 1968)darin bestand, dass es geradedeswegen knapp zu werden begann,weil es effektiv als „Mittel“zur Daseinssicherung diente.8) Erst im Neolithicum wird, wiedie Archäologie feststellt, allmählichzwischen „Eigentum“ und„Besitz“ an Land, d.h. zwischen„eignen“ und „bearbeiten dürfen“unterschieden und damit eineDifferenzierung begründet, dieallmählich auch Anderes als dasSelbst und unmittelbar persönlicheDinge als knapp wahrnehmenlässt.9) „Population, when unchecked,increases in a geometrical ratio.Subsistence increases only in anarithmetical ratio.“ meint Malthusin seinem Principle of Population1798.10) Eine frühe Formulierung beiWilhelm von Ockham.11) Vgl dazu nur etwa die umwegigenRechtfertigungen in JohnLocke’s Eigentum-durch-Arbeit-Theorie, wie sie vielfach als Grundlagedes liberalen Besitzindividualismusgesehen wird und sichauch heute noch als „originärerEigentumserwerb“ im Privat<strong>recht</strong>widerspiegelt.12) Vgl u.a.: Brocker 1992.Seite 80 <strong>juridikum</strong> 2007 / 2

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!