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Praxishandreichung Migrationsspezifische ... - KUMULUS-PLUS

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1-3 Fotos<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierte Beratung<strong>Praxishandreichung</strong>


VorwortDr. Elisabeth Neifer-PorschJede Beratung ist einzigartigDr. Elisabeth Neifer-PorschBundesministerium fürArbeit und Soziales (BMAS)Leiterin der Gruppe 3„Sozial-, Gesundheits-,Arbeitsmarktpolitik“ imBundeskanzleramtUnter den gut drei Millionen Menschen,die aktuell in DeutschlandArbeit suchend sind, werden wohlnicht einmal zwei sein, derenWeg in den ersten Arbeitsmarktidentisch ist. Sie bringen überdrei Millionen verschiedene persönlicheVoraussetzungen mit,haben mehr als drei Millionenunterschiedliche Bildungswegesowie Berufserfahrungen durchlaufenund haben ganz individuelleErwartungen. Für deren Beratung bedeutetdas, kein Vorgang ist wie ein anderer – Beraterinnenund Berater müssen sich individuell aufRatsuchende einstellen. Es kommen Ratsuchendeaus anderen Nationen hinzu, darunter auch solche,die hier hervorragend integriert sind, die anderekulturelle Hintergründe haben, die über Berufsabschlüsseaus dem Ausland verfügen, die traumatischeErlebnisse durch eine Flucht haben, die Diskriminierungserfahrungenin Deutschland machenmussten oder die vielleicht die deutsche Sprachemehr schlecht als recht sprechen, dann potenziertsich die Herausforderung an eine Beratung.Es herrscht Konsens darüber, dass hierfür weitereBeratungskompetenzen und zusätzliches Wissenerforderlich sind. Aber was genau macht die Migrationsspezifikaus? Welche zusätzlichen Kompetenzenmüssen erworben werden und wie ist daserlernbar? Bedarf es außerdem besonderer Kenntnisse,beispielsweise über Bildungssysteme oderArbeitsmarktstrukturen anderer Nationen und woist das verfügbar? Auf solche Fragen gibt es zwarsporadische, aber noch keine umfassenden Antworten.Folglich gibt es auch noch keine Lösungsansätze,damit spezifische Beratung für Migrantinnenund Migranten flächendeckend angebotenwerden kann.


VorwortDie vorliegende <strong>Praxishandreichung</strong> gibt erstmalsAntworten auf viele der Fragen. Es freutmich ganz besonders, dass diese Publikation ausdem Netzwerk „Integration durch Qualifizierung“hervorgegangen ist, denn das zeigt, dass eine derStrategien unseres Hauses, die seit 2005 verfolgtwird, aufgegangen ist: Ein bundesweit agierendesNetzwerk zu fördern, das Instrumente zur beruflichenIntegration Erwachsener mit Migrationshintergrundentwickelt und transferiert. Auch die2008 initiierte Gemeinsame Initiative, die wirgemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit undder Beauftragten für Migration, Flüchtlinge undIntegration verfolgen, fokussiert Beratung fürMigrantinnen und Migranten als Handlungsfeld.Denn Beratung ist eines der wichtigsten Instrumente,um aus einer Phase der Arbeitslosigkeitoder der unbefriedigenden Beschäftigung unterhalbder eigenen Möglichkeiten auszubrechen.Entsprechend ihren Kompetenzen und Fähigkeitenberufstätig zu sein, ist für Erwerbstätige wichtig.Potenziale und Ressourcen aller Arbeitnehmendenauszuschöpfen und weiterzuentwickeln, ist wichtigfür Deutschland. Um das zu erreichen, ist eineindividuelle Beratung zu Bildung, Beruf und Erwerbstätigkeitder erste, entscheidende Schritt.


VorwortHeinrich AltPotenziale dürfen nicht brachliegenHeinrich AltVorstand Grundsicherung,Bundesagentur für Arbeit(BA)Erwerbstätigkeit ist für uns nebenBildung und Ausbildungnach wie vor Schlüssel für eineerfolgreiche Integration undumfassende Teilhabe an der Gesellschaft.Und nicht nur ausdiesem Grund müssen die Potenzialeder in Deutschland lebendenerwerbsfähigen Menschenmit Migrationshintergrund nocheffektiver gefördert und bessergenutzt werden. Auch die zuerwartenden Auswirkungen des demografischenWandels auf die Entwicklung der erwerbstätigenBevölkerung und den Fachkräftemangel werdensich unter anderem auch durch gezielte Mobilisierungbereits vorhandener Potenziale abfedernlassen - und nicht allein durch Zuwanderung.Die Bundesagentur für Arbeit unterstützt daherdas Ziel, Menschen mit Migrationshintergrundbesser in den Arbeitsmarkt zu integrieren und hatsich mit ihrer Selbstverpflichtung im Rahmen desNationalen Integrationsplans entsprechend positioniert.Wir arbeiten auf diesem Gebiet eng mitden relevanten Akteuren und Netzwerkpartnernauf lokaler, regionaler und überregionaler Ebenezusammen, beispielsweise mit den Kommunen oderdem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.Auch die „Gemeinsame Initiative zur Verbesserungder Arbeitsmarktintegration von Menschenmit Migrationshintergrund“ von uns, dem Bundesministeriumfür Arbeit und Soziales und derBeauftragten des Bundes für Migration, Flüchtlingeund Integration ist hierfür ein Beispiel.In Deutschland leben heute mehr als 15 MillionenMenschen mit Migrationshintergrund. Diese Menschenbilden keine homogene Gruppe und habenals Arbeit- und Ratsuchende für uns aufgrund ihrespersönlichen Werdegangs und ihrer aktuellen Lebenssituationindividuelle Beratungs- und Förder-


Vorwortbedarfe. Hier bieten das Vier-Phasen-Modell, dasbeschäftigungsorientierte Fallmanagement unddie neue Beratungskonzeption der BA den entsprechendenGestaltungsspielraum. Bei individuellenBedarfen von Menschen mit Migrationshintergrundkönnen auch spezifische Handlungsstrategiengreifen – beispielsweise die Anerkennung ausländischerAbschlüsse oder der Ausbau deutscherSprachkenntnisse. Für die Bedarfe kulturell vielfältigerKundengruppen sensibilisieren wir unsereBeschäftigten in Beratung und Vermittlung.Die vorliegende <strong>Praxishandreichung</strong> begrüßenwir als wichtigen Meilenstein in der inhaltlichenDiskussion über migrationssensible Beratung.Diese Diskussion führen wir vor dem Hintergrundeines gemeinsamen Zieles: Dem Ziel einer verbessertenArbeitsmarktintegration von Menschen mitMigrationshintergrund. Denn wir können und wollenes uns nicht leisten, Potenziale brachliegenzu lassen!


InhaltInhaltVorworteFacharbeitskreis Beratung – welche Ziele verfolgt das Gremium?»Aus Erkenntnissen zur Migrationsspezifik müssen nun flächendeckende Angebote werden.«Interview FatoŞ Topaç, Leiterin des IQ-Facharbeitskreises Beratung<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierte Beratung – was ist das?Erste ArbeitsstelleArbeitgeberwechselExistenzgründungBeendigung von Arbeitslosigkeit oder anderer ErwerbslosigkeitBerufliche Weiterbildung oder UmorientierungBeratung während beruflicher Aus- und WeiterbildungZuzug aus anderen Staaten»Wir brauchen das Ende der Milchbubenökonomie in der Beratung.«Interview mit Karl-Heinz P. Kohn, Hochschule der Bundesagentur für ArbeitQualitätsmerkmale – wie wird Beratung erfolgreich?»Durch eigene Auslandserfahrung verstehe ich, wie viele sich fühlen.«Interview mit Angela Zeh, Fallmanagerin der ARGE Augsburg28101216182022252729323436


InhaltInhalt»Eine gleichberechtigte Zusammenarbeit der Beratungsstellen und Verbände ist wichtig.«Interview mit Barbara Veldten, Migrationsbeauftragte des Jobcenters Kiel und Teamleiterindes Jobcenters Kiel-Mettenhof»Wir sind auf einem guten Weg und bauen diesen weiter aus.« Interview mit Anke Overbeck,Beauftragte für Chancengleichheit und Migrationsangelegenheiten im JobCenter Friedrichshain-Kreuzberg»Man muss das Ganze im Blick haben – manchmal reicht Beratung zu Weiterbildung oderBeruf allein nicht aus.« - Interview mit Lotte Ludvikova, zukunft im zentrum, JobassistenzAuf einen Blick – unverzichtbare Kompetenzen und Anforderungen!Unverzichtbare Kompetenzen für BeratungsfachkräfteAnforderungen an Organisationen/InstitutionenFortbildungsmodule – wie erwirbt man erforderliche Kompetenzen?Beschäftigungsorientierte Beratung im interkulturellen Kontext. Ein exemplarischesFortbildungsangebot»Im Handelnlernen sehe ich Bedarf für zusätzliche Migrationsspezifik.« - Interview mitProf. Türkan Ayan, Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (HdBA)GlossarImpressum4251596262636466717480


Facharbeitskreis Beratung – welche Ziele verfolgt das Gremium?Facharbeitskreis Beratung –welche Ziele verfolgt das Gremium?Der Facharbeitskreis (FAK) Beratung, ein deutschlandweitesExpertengremium des Netzwerks„Integration durch Qualifizierung“, entwickeltGrundlagen für eine professionelle, beschäftigungsorientierteBeratung von Menschen mitMigrationshintergrund. Dies schließt den Transferin Systeme der Sozialgesetzbücher II und IIIebenso ein wie die Definition von Qualitätsmerkmalenfür eine solche Beratung und die Konzeptionvon Qualifizierungsangeboten für Beratende.Der Facharbeitskreis arbeitet dazu mit Hochschulenzusammen und berät politische Entscheidungsträger.Dazu ist es zunächst wichtig, dassMigrantinnen und Migranten mit besonderem Informations-und Beratungsbedarf als Zielgruppein der Arbeitsmarktpolitik und bei den Arbeitsverwaltungenbenannt werden. Daraus sollte fürdiese Ratsuchenden ein spezifischer BeratungsundFörderanspruch festgeschrieben werden undschließlich ein Rechtsanspruch auf ein entsprechendesBeratungsangebot.Als Basis dieser Arbeit war es wichtig, auf denPunkt zu bringen, was migrationsspezifische beschäftigungsorientierteBeratung ausmacht. DieAuseinandersetzung mit der Migrationsspezifikwar deshalb ein zentrales Thema im Facharbeitskreis,denn obwohl der Begriff in der gesamtenFachszene schon lange verwendet wird, wurdenoch nie dokumentiert, welche zusätzlichen Anforderungeneine beschäftigungsorientierte Beratungfür Migrantinnen und Migranten erfüllenmuss. Die Erfahrungen der Mitglieder des Facharbeitskreisesaus dem Netzwerk IQ, die seit 2005in diesem Handlungsfeld tätig sind, lieferten dazudie erforderliche Grundlage. Karl-Heinz P. Kohnvon der Hochschule der Bundesagentur für Arbeitwurde gewonnen, um mit diesem Erfahrungsschatzanhand einer sogenannten Delphi-Breitband-Erhebung die Migrationsspezifik herauszukristallisieren.Darauf aufbauend entwickelte derFacharbeitskreis Qualitätsmerkmale, Fortbildungsmoduleund Handlungsempfehlungen, die indieser Publikation vorgestellt werden.


Facharbeitskreis Beratung – welche Ziele verfolgt das Gremium?»Aus Erkenntnissen zur Migrationsspezifik müssen nunflächendeckende Angebote werden.«Frau Topaç,? was ist derMehrwert desFacharbeitskreisesfür die beschäftigungsorientierteBeratung von Migrantinnenund Migranten?Der Facharbeitskreis ist das einzige! deutschlandweit agierende Gremium,das sich zentral mit individueller, beruflicherEinzelberatung von Menschenmit Migrationshintergrund beschäftigt.Meines Wissens gibt es auch keine anderenVeröffentlichungen oder Studien inDeutschland, die sich mit diesem Themabefassen?Welche neuen Erkenntnisse hat der? Facharbeitskreis gewonnen?Interview mit Fatoş Topaç, Leiterin des IQ-Facharbeitskreises BeratungEin Meilenstein ist zweifellos, dass! erstmalig detailliert dargelegt wurde,was die Migrationsspezifik in der Beratungausmacht – darüber informierenwir in dieser <strong>Praxishandreichung</strong> sowiein einer Veröffentlichung der gesamtenErhebung. Die Ergebnisse zeigen:Das Arbeitsfeld migrationsspezifischerbeschäftigungsorientierter Beratungist komplex, es ist daher nichts, wasBeratende mal eben nebenher mit erledigen.Vielmehr müssen erforderlicheberaterische Kompetenzen (weiter-)entwickelt, beratende Organisationenentsprechend aufgestellt und flächendeckendeAngebote geschaffen werden.Damit käme die Bundesregierung zweiwichtigen politischen Zielsetzungenin Bezug auf die Bevölkerung mit Migrationshintergrundnach. Erstens: Diesozialstaatliche Verpflichtung allenBürgerinnen und Bürgern gegenüber,die Wahrnehmung und Durchsetzungihrer Grundrechte zu ermöglichen. Dasschließt nach Auffassung des FAK ein,persönliche Potenziale im Bildungs- undBeschäftigungssystem auszuschöpfen,um zur Persönlichkeitsentfaltung, zurWahrnehmung der Berufsfreiheit undzur gleichberechtigten Teilhabe am Erwerbsarbeitsmarktbeizutragen. Zweitens:Die Notwendigkeit, alle erreichbarenPotenziale der erwerbsfähigenBevölkerung für die Sicherung der ÖkonomischenKreisläufe zu nutzen. Diesepolitische Zielsetzung wird zunehmenddrängender, weil die absolute Zahl undder Anteil der Erwerbsfähigen an derGesamtbevölkerung der Erwerbstätigenzukünftig sinken wird.10


Wie können dieser Erkenntnis Taten? folgen, inwiefern kann der Facharbeitskreisdazu beitragen, dass ein flächendeckendesAngebot migrationsspezifischerbeschäftigungsorientierter Beratung entsteht?Die Grundlagen für die Umsetzung! existieren bereits, dazu stellt sich derFacharbeitskreis künftig vier Arbeitsschwerpunkten.Erstens wurden Qualitätsmerkmalezu migrationsspezifischerbeschäftigungsorientierter Beratungentwickelt, die jetzt in entsprechendeZertifizierungssysteme eingearbeitetwerden müssen. Zweitens arbeiten wiran Fortbildungsmodulen, um mehr Beratendefür diese Aufgaben zu qualifizieren.Geplant ist beispielsweise einPilotprojekt mit der Hochschule derBundesagentur für Arbeit, in dem dieHdBA und der FAK in enger ZusammenarbeitModule entwickeln, die dann an derHochschule erprobt werden. LangfristigesZiel ist, diese Module als verpflichtendenBestandteil in die Bachelor-Studiengänge„Arbeitsmarktmanagement“Interviewund „Beschäftigungsorientierte Beratungund Fallmanagement“ zu integrieren.Die Umsetzung des Pilotprojektssoll im Frühjahr 2011 beginnen. Drittenswurden Handlungsempfehlungenerarbeitet und veröffentlicht, die denWeg weisen, wie aus Erkenntnissen zumBedarf Wirklichkeit werden kann. Undviertens wird der Facharbeitskreis diesbezüglichnoch stärker öffentlichkeitswirksamtätig werden – durch Fachveranstaltungenund -diskussionen sowieWorkshops. Denn wir werden nur Erfolghaben, wenn alle Entscheidungsträgerund Akteure im Handlungsfeld beschäftigungsorientierterBeratung überzeugtsind und an einem Strang ziehen.11


<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierte Beratung – was ist das?<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierte Beratung– was ist das?<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierteBeratung ist in der Lage, allen Herausforderungenadäquat zu begegnen, die sich aufgrund eines Migrationshintergrundsergeben können. Die Palettedieser besonderen Herausforderungen, denen sichRatsuchende wie Beraterinnen und Berater gleichermaßenstellen, ist groß und vielfältig – so»Migranten stehen unter Umständen bei der Integration in den erstenArbeitsmarkt vor besonderen Anforderungen und daraus ergeben sichbesondere Herausforderungen für eine migrationsspezifische beschäftigungsorientierteBeratung. Worum es sich dabei handelt, ist individuellganz verschieden. Und - auch das ist wichtig – es gibt zahlreicheMenschen mit Migrationshintergrund, die keiner besonderen Beratungbedürfen.«Farzaneh Vagdy-Voß, Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V., Kielvielfältig wie Migrantinnen und Migranten, diein Deutschland leben. So kann beispielsweise dieBandbreite von beruflichen Qualifikationen sowievon Berufs- und Lebenserfahrungen bei Menschenmit Migrationshintergrund viel größer sein als beiDeutschen ohne Migrationshintergrund, denn hierfließen auch Erfahrungen aus dem Herkunftslandein. Es kann ebenso sein, dass Ratsuchendemit Migrationshintergrund Diskriminierungserfahrungenin Deutschland gemachthaben, oder dass sie bereits eineOdyssee von Behördengängen hinter sichhaben, bevor sie dem Arbeitsmarkt überhauptzur Verfügung stehen dürfen – dasmüssen Beratende erkennen und damitumgehen können. Vielleicht herrschtauch ein ganz anderes Verständnis vonBildung und Arbeit bei ratsuchenden Eingewandertenvor, zum Beispiel aufgrundanderer Hintergründe im Herkunftsland.Dann gilt es, gemeinsam den schmalen12


Grat zwischen Hilfe zur Selbsthilfe undBevormundung zu beschreiten. Mitunterkönnen auch Probleme aufgrund derdeutschen Sprachkenntnisse von Ratsuchendenentstehen, für die Lösungengefunden werden müssen, sei es durcheine verständlichere Ausdrucksweise,eine Beratung in der Muttersprache, dasHinzuziehen eines Dolmetschers odereine Beratung in einer anderen Sprache,die weder für den Ratsuchenden nochfür den Beratenden die Mutterspracheist.Um diesen vielfältigen Herausforderungenin der beschäftigungsorientiertenBeratung begegnen zu können,müssen sie zuerst einmal alle bekanntsein. Daher hat der Facharbeitskreis dieseim Rahmen einer Delphi-Breitband-Erhebung der Hochschule der Bundesagenturfür Arbeit gesammelt. Die Studieidentifiziert acht Gruppen:1. Herausforderungen, die sich auseinem möglichen Wissensnachteil vonMenschen mit Migrationshintergrundüber das deutsche Bildungs- und Beschäftigungssystemergeben können.2. Herausforderungen aufgrund derdeutschen Sprache, die von Ratsuchendenals Zweitsprache erworben wurde,und unter Umständen das Agieren in derhiesigen Arbeitswelt oder auch die Kommunikationin der Beratung erschwert.. Herausforderungen durch die aufenthalts-und arbeitsrechtliche Situationvon Ratsuchenden in Deutschland.4. Herausforderungen, welche eine formaleAnerkennung im Ausland erworbenerZertifikate mit sich bringt.5. Herausforderungen, die sich aus Diskriminierungserfahrungenvon Migrantinnenund Migranten in Deutschlandergeben, sei es aufgrund des VerhaltensEinzelner oder durch strukturelle Diskriminierung.6. Herausforderungen bei der Durchführungeiner Potenzialanalyse beziehungsweiseeiner Kompetenzfeststellung;denn es gilt, im Ausland erworbeneformale, informelle und persönlicheKompetenzen gleichermaßen zu erkennenund zu dokumentieren.. Herausforderung für das Empowermentim Sinne von Hilfe zur Selbsthilfeohne Bevormundung. Das ist deshalbetwas Besonderes, weil Einstellungen zuberuflicher Bildung und zur Arbeitweltaufgrund anderer kultureller Hintergründeoder Erfahrungen aus anderen»Angebote zur intensiven Beratung und Information müssen für Menschen besonders zugeschnitten sein, die sich in Deutschlandund seinem gewachsenen System von Bildung, Ausbildung und Arbeitsmarkt neu zurechtfinden müssen. Die Angebote der Politik,der öffentlichen Verwaltung und der Wirtschaft zur Information und Beratung sind um spezifische Elemente zu erweitern, die diebesonderen Bedürfnisse von Menschen mit Migrationshintergrund berücksichtigen.«Nationaler Integrationsplan der Bundesregierung13


<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierte Beratung – was ist das?Staaten sich unter Umständen nicht mitden Realitäten in Deutschland decken– das müssen Beraterinnen und Beratererkennen und Wege weisen, ohne Ratsuchendezu bevormunden.8. Herausforderungen im Hinblick aufpassende Angebote sowie Fördermöglichkeitenzur Arbeitsmarktintegrationoder zur beruflichen Qualifizierung, dievor allem dadurch gekennzeichnet sind,in einer recht unübersichtlichen Angebotslandschaftdas Passende zu findenund zudem für Ratsuchende den Zugangzu ermöglichen.Aus diesen acht Gruppen von Herausforderungenresultieren Anforderungenan Kompetenzen von Beraterinnen undBeratern.In der Erhebung wurden zudem typischeBeratungsanlässe identifiziert, die einemigrationsspezifische beschäftigungsorientierteBeratung erforderlich machenkönnen. Diese Beratungsanlässesind im folgenden Schaubild dargestellt.Typische Anlässe beschäftigungsorientierter Beratung im Lauf eines ErwerbslebensZuzug aus anderen Staaten (Z)Berufliche Erstausbildung erste Erwerbsphase berufliche Weiterbildung(B) (E) (W)Allgemeinbildung (AB)hochschulische Wege(hB)schulische Wege(sB)duale Wege(dB)Arbeitsstelle(A1)Arbeitsstelle in gleicherberuflicher Stellung(A2)Selbstständigkeit(S)beruflicher Aufstieg(AW)berufliche Umorientierung(UW)beruflicher Wiedereinstieg(EW)zweite Erwerbsphase (E+)14Arbeitslosigkeit/Nichterwerbstätigkeit (Alo/N)Grafik: Kohn 2010©


Die Beratungsanlässe sind bis auf ‚Zuzug aus anderenStaaten’ nicht migrationsspezifisch. DieMigrationsspezifik erschließt sich erst vor demHintergrund der vorab genannten möglichen Herausforderungen.Nachfolgend wird die Migrationsspezifik für solcheAnlässe erläutert, die für Erwachsene mitMigrationshintergrund – also die Zielgruppe desNetzwerks Integration durch Qualifikation – entscheidendsind. Das sind:• die Aufnahme einer ersten Arbeitsstelle,• der Wechsel zwischen Arbeitgebern in gleicherberuflicher Stellung,• die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit,• die Arbeitsaufnahme nach Arbeitslosigkeit oderErwerbslosigkeit,• berufliche Weiterbildung zum Aufstieg oder zurUmorientierung,• Beratung während beruflicher Aus- und Weiterbildung,• Zuzug aus anderen Staaten.»Umfassende Informationen zu allen beruflichen Möglichkeiten entsprechend den Kompetenzenund den Interessen von Ratsuchenden, die auch zu einer beruflichen Neuorientierung führenkönnen, sind zu jedem Beratungsanlass zu leisten. Für Menschen mit Migrationshintergrund istes besonders wichtig, die Komplexität beruflicher Möglichkeiten zu erkennen, da sie häufig hiernicht beruflich sozialisiert sind.«Stefan Nowack, Arbeit und Bildung e.V., Berlin15


<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierte Beratung – was ist das?Erste ArbeitsstelleWährend nach Abschluss eines dualen Ausbildungsberufseine hohe Wahrscheinlichkeit besteht,vom Ausbildungsbetrieb übernommen zuwerden, ist für Absolventen einer schulischenoder akademischen Ausbildung immer ein weitererWahl- und Entscheidungsprozess erforderlich.So kann ein Maschinenbauingenieur nachdem Studium unter anderem in Betrieben desMaschinen- und Anlagenbaus sowie des Elektromaschinen-und Fahrzeugbaus, in Energieversorgungsunternehmen,aber auch bei Herstellern vonGeräten der Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnikoder der Medizintechnik tätig sein. Auchall diejenigen, die ohne berufliche Qualifikationeine erste Arbeitsstelle antreten möchten odermüssen, benötigen Informationen über alle sichbietenden beruflichen Möglichkeiten.Ratsuchende mit Migrationshintergrund könnenin Bezug auf Berufs- oder Karrieremöglichkeiteneinen Wissensnachteil haben, den oft auch dassoziale Umfeld nicht ausgleichen kann. Daher istes an dieser Stelle besonders wichtig, ausgehendvom jeweiligen Erkenntnisstand, die Vielfalt derBerufsoptionen deutlich zu machen, die für den16


eruflichen Erfolg von Interesse sind.Eine weitere Herausforderung kannsich daraus ergeben, dass Deutsch alsZweitsprache erworben wurde, wodurchMenschen mit Migrationshintergrundsich schwerer tun, ein perfektes Sprachlevelfür Bewerbungsverfahren undPersonalauswahlprozesse zu erreichen.Vielleicht fehlen auch entscheidendeSchlüsselbegriffe in der deutschenSprache, um passende Arbeitsstellen zufinden. Dann benötigt diese Zielgruppeentsprechende Hilfestellung bei derStellensuche und eine intensive beraterischeVorbereitung beziehungsweiseeine Qualifizierung im Hinblick aufVorstellungsgespräche oder AssessmentCenter. Eine Benachteiligung/Diskriminierungergibt sich nicht (nur) aus demWissensnachteil oder Nachteilen derSprachkompetenz, sondern durch dieUnklarheit dessen, was „gute Deutschkenntnisse“als Einstellungsvoraussetzungfür bestimmte Berufe sind. Denndiese Anforderung orientiert sich amStandard „in Deutschland geborenerDeutscher“ und ist daher nicht differenziertgenug, um in einer Einwanderungsgesellschaftunhinterfragt bestehen zukönnen. So gibt es beispielsweise einGerichtsurteil, nach dem ein kurzer, unangekündigterAnruf bei einem Bewerber,um seine Deutschkenntnisse (trotzvorliegender guter Zeugnisse) zu überprüfen,kein angemessenes Verfahren istund Bewerbende, deren Muttersprachenicht Deutsch ist, benachteiligt.. Dochauch ohne die vorab genannten Herausforderungenkommt es zu Diskriminierungenbei Bewerbungsverfahren – obbewusst oder unbewusst – dies habenverschiedene Studien belegt.Besondere Anforderungen an Beraterinnenund Berater für eine migrationsspezifischebeschäftigungsorientierteBeratung zur Aufnahme einer ersten Arbeitsstellesind interkulturelle Kompetenzen,die Fähigkeit zur Kommunikationunter spracherschwerten Bedingungen,Kenntnis von und Erfahrung im Umgangmit kultursensiblen Potenzial- und Bedarfsanalysenbeziehungsweise Kompetenzfeststellungsverfahrenund psychologischeStrategien zum Empowerment.Beraterinnen und Berater müssen in derLage sein, Ratsuchende zu ermutigen,sich entsprechend ihrer Potenziale mehrzuzutrauen – das kann eine schwierigeGratwanderung zwischen der Akzeptanzdes Standpunktes des Ratsuchenden seinund der Notwendigkeit, ihn oder sie voneinem Perspektivwechsel zu überzeugen.Darüber hinaus ist das Wissen übermaßgeschneiderte Fördermöglichkeitenfür die Zielgruppe ebenso erforderlichwie die Fähigkeit, Wissensnachteile imHinblick auf Berufsziele zu erkennenund auszugleichen. Schließlich müssenBeraterinnen und Berater über aktuelleInstrumente und Verfahren der Personalbeschaffunginformiert sein, um Ratsuchendeund Entscheidungsträger inBetrieben gleichermaßen zu unterstützenund Diskriminierung zu vermeiden.17


<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierte Beratung – was ist das?ArbeitgeberwechselEin Wechsel zwischen verschiedenen Arbeitsstellengilt heute als normal, in manchen Berufsfeldernsogar als karrierefördernd. Treten dazwischenkeine Zeiten längerer Arbeitslosigkeit auf,wird kaum ein Beratungsbedarf gesehen.Schaut man sich Motive zum Arbeitgeberwechselgenauer an, so sind nicht selten als inadäquatempfundene Arbeitsbedingungen, unbefriedigendeEinkommenssituationen oder fehlendeAussichten auf berufliche Weiterentwicklungausschlaggebend – Arbeitnehmende versuchendadurch, ihre berufliche Situation zu verbessern.Soziale Netzwerke spielen dann bei der Suchenach einem besseren Arbeitsplatz oft eine wichtigeRolle. Migrantinnen und Migranten haben zusolchen Netzwerken seltener Zugang als Deutscheohne Migrationshintergrund. Dies ist ein migrationsbedingterWissensnachteil, der Handlungsspielräumereduziert. Ein weiteres Beispiel fürmögliche Wissensnachteile, die im Migrationshintergrundbegründet sind: Beschäftigte mitMigrationshintergrund in an- und ungelerntenArbeitsverhältnissen sehen keine Wege, um ihreberufliche Position zu verbessern, weil sie auf-18


grund ihrer Herkunft keine ausreichenden Kenntnisseder Bildungs- und Beschäftigungssystemein Deutschland haben. Entsprechende Wissensdefiziteauszugleichen und Alternativen aufzuzeigen,sind in beiden Fällen wichtige Beratungsaufgaben.Auch Informationen über Möglichkeiten derNachqualifizierung oder einer beruflichen Neuorientierungsollte die beschäftigungsorientierteBeratung leisten. Das Wissen um die Vielzahl beruflicherOptionen, ihre Zusammenhänge sowieüber die Verwertbarkeit von Qualifizierungszertifikatenund nicht zuletzt über entsprechendeFördermöglichkeiten hilft, die Bereitschaft fürBildungsinvestitionen zu steigen.Besondere Anforderungen an Beraterinnen undBerater sind umfangreiche Kenntnisse des Bildungssystems,des Arbeitsmarkts sowie über dieVerwertbarkeit vorhandener Kompetenzen, beruflicherQualifizierungen sowie Berufserfahrungen– auch aus dem Ausland. Ebenso ist ein guterZugang zu Unternehmen wünschenswert, um dasFehlen sozialer Netzwerke auszugleichen. Einemigrationsspezifische beschäftigungsorientierteBeratung bei einem Arbeitsplatzwechsel muss einengegebenenfalls vorliegenden migrationsspezifischenWissensnachteil erkennen und überseheneOptionen ins Beratungsgespräch einbringen.Damit Beschäftigte nicht in unbefriedigenden Arbeitsverhältnissenverharren, nur weil sie keinenAusweg sehen, muss insbesondere das Angebot zudiesem Beratungsanlass aktiv bekannt gemachtwerden – unter Umständen ist eine aufsuchendeBeratung in Betracht zu ziehen.19


<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierte Beratung – was ist das?ExistenzgründungDer Schritt in eine selbstständige Tätigkeit istmit zahlreichen, komplexen Entscheidungen, Planungenund Aktivitäten verbunden – unabhängigdavon, ob er aus einer Berufstätigkeit, nach einerberuflichen Qualifizierung oder aus der Arbeitslosigkeitheraus erfolgt. Bei einer Beratung zudiesem Anlass sind zwei Fragestellungen zentral.Erstens: Ist die Geschäftidee grundsätzlich marktfähig?Und: Verfügt die oder der Gründungsinteressierteüber die persönlichen Voraussetzungen,um sich generell sowie speziell mit dieser Ideeselbstständig zu machen? Bei der Beantwortungdieser Fragen können migrationsbedingte Wissensnachteilezu einer großen Herausforderungwerden. Denn die Antwort auf die erste Frage erforderteine Analyse des deutschen Marktes, dessenBedingungen sich stark von Arbeitsmärkten unterscheidenkönnen, die Menschen mit Migrationshintergrundaus ihren Herkunftsländern kennen. Beider Antwort auf die zweite Frage können sich alleWissensdefizite nachteilig auswirken, die auch füreine Entscheidung der Aufnahme einer Beschäftigungrelevant sind. Das können beispielsweisezu wenig Kenntnisse über die Vielfalt beruflicherMöglichkeiten sein, es können fehlende soziale20


Netze sein oder Fehleinschätzungen desArbeitsmarktes, weil Situationen desHerkunftslands zugrunde gelegt werden.Darüber hinaus kann fehlende Sprachkompetenzzur Herausforderung werden,beispielsweise weil es nicht gelingt, dieFeinheiten von Kommunikationsprozessenim Geschäftsleben zu erkennen undzu bedienen – denn Businessdeutsch istkein Inhalt von Integrationskursen oderder meisten anderen Sprachkurse für Eingewanderte.Nicht immer ist die Spracheselbst die Herausforderung, sondern mitunterist dies der Sachverhalt, der sich hinterBegriffen verbirgt. Denn im Zuge einerExistenzgründung werden verschiedensteExpertinnen und Experten einbezogen,die sich in betriebswirtschaftlicher oderjuristischer Fachsprache äußern, Finanzexpertenverweben gleich mehrere Fachsprachenmiteinander. Zu bewältigen istzudem die persönliche, telefonische undschriftliche Kommunikation mit Kunden,differenzierte Produkt- oder Dienstleistungsbeschreibungim Marketing sowieWortspiele in der Werbung.Es kommt vor, dass Prüfungen im Zugeeines Gründungsvorgangs, beispielweiseBeurteilungen des Unternehmensoderdes Finanzierungskonzepts, durchfördernde oder finanzierende Stellenbesonders kritisch erfolgen; dies birgterhebliches Diskriminierungspotenzial.Beraterinnen und Berater müssen sichdessen bewusst sein, dies deutlich machenund mit Ratsuchenden Strategienzum Umgang mit diesen Herausforderungenerarbeiten. Gründungsinteressierteverfügen über genügend Selbstvertrauen,um ein eigenes Unternehmenzu gründen, auch wenn diese Entscheidungoft aufgrund fehlender Alternativenzur Arbeitsmarktintegration fällt.Daher ist wichtig, dass Beraterinnen undBerater tatsächliche Potenziale erkennenund dies den Ratsuchenden transparentmachen – hieraus können sich neueBeratungsaufgaben ergeben oder eineneue Ermutigung nötig sein. Schließlichmuss eine migrationsspezifischeExistenzgründungsberatung unter denvielfältigen Förderstrategien eine Übersichtüber mögliche und spezifisch geeigneteInstrumentarien schaffen.Besondere Anforderungen an Beraterinnenund Berater stellen sich aufgrundder vielen Wissensgebiete undder zahlreichen Bewertungsaufgaben.So können fachliche Grundkenntnisseüber alle Produkt- und Dienstleistungsmärkteerforderlich werden, die AspekteMarktanalyse, Geschäftplanung und Kapitalbeschaffungmüssen ebenfalls beherrschtwerden – dies ist soweit nichtmigrationsspezifisch. Das wird es aber indem Moment, wo oben beschriebene Wissensnachteile,Diskriminierungspotenzialeoder Herausforderungen durchdie Zweitsprache Deutsch erkannt undberücksichtigt werden müssen. <strong>Migrationsspezifische</strong>Existenzgründungsberatungerfordert daher höchste berufs- undwirtschaftskundliche sowie beratungsmethodischeGrundkompetenz, die invielfacher Hinsicht um migrationsspezifischeKompetenzen erweitert ist.21


<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierte Beratung – was ist das?Beendigung von Arbeitslosigkeit oderanderer ErwerbslosigkeitPhasen der Arbeitslosigkeit dauern bei Migrantinnenund Migranten durchschnittlich länger alsbei Deutschen ohne Migrationshintergrund. Daswies die Studie „Wirkungen des SGB II auf Personenmit Migrationshintergrund“ nach, die 2009im Auftrag des BMAS veröffentlicht wurde.Diskriminierungen, die sich beispielsweise ausder Schullaufbahn, der Berufsausbildung oderersten Berufstätigkeiten ergeben haben können,setzen sich dadurch fort und manifestieren sich.Das kann dazu führen, dass Ratsuchende einmalmehr ein Signal der Minderwertigkeit erhaltenhaben und mit noch größerer Unsicherheit undUnterschätzung ihrer Potenziale reagieren. Beraterinnenund Berater sowie Arbeitgeberinnen undArbeitgeber tappen unter Umständen in die Diskriminierungsfalle,indem sie glauben, wieder einmalein Beispiel der schon zuvor vielfach wahrgenommenen„typischen Migrantenkarrieren“ vor sichzu haben. Sie sehen sich in ihrem Urteil bestätigt,dass die Arbeitsmarktsituation von Migrantinnenund Migranten besonders schwierig sei. Aus diesenbeiden Positionen kann eine sich gegensei-22


tig verstärkende Diskriminierung entstehen – dieHerausforderung der migrationsspezifischen beschäftigungsorientiertenBeratung besteht darin,dies zu durchbrechen. Das gelingt allerdings nicht,indem Ratsuchende möglichst schnell in eineBerufstätigkeit vermittelt werden, deren Niveaueiner bisherigen Beschäftigung entspricht odersogar noch darunter liegt. Bei Beratungen durchAgenturen für Arbeit und ARGEn, JobCenter oderOptionskommunen kommt hinzu, dass Arbeitsloseauf Leistungen angewiesen sind, so dass die beschäftigungsorientierteBeratung letztendlich ineinem Zwangskontext stattfindet. Beraterinnenund Berater, die gezwungen sind, Leistungsmissbrauchspräventionzu betreiben und gegebenenfallsSanktionen verhängen müssen, werden kaumals kooperativer Gesprächpartner akzeptiert. Siewerden oft auch selbst den Blick kaum frei haben,um alle Optionen beruflicher Weiterbildungoder berufliche Neuorientierung zu betrachten.Eine nachhaltige Re-Integration in den erstenArbeitsmarkt macht oft Qualifizierungen erforderlich.Beraterinnen und Berater stehen dannvor der Herausforderung, Arbeitlose für eine Bildungsinvestitionzu gewinnen. Bei Menschen,die wenig erfolgserfahren sind, daher Versagensängstehaben und zudem während dieser für siezweifelhaften Bildungsphase womöglich nochEinbußen eines ohnehin geringen Einkommens inKauf nehmen müssen, ist das keine leichte Aufgabe.Dies ist zwar nicht migrationsspezifisch, dochergibt sich die Spezifik daraus, dass Migrantinnenund Migranten häufiger vor solchen Herausforderungenstehen. Auch die Suche nach fachlich geeignetenMaßnahmen, die eine erfolgreiche Qualifizierungsteilnahmeauch mit der ZweitspracheDeutsch ermöglichen, fällt ins Ressort von migrationsspezifischenBeraterinnen und Beratern.Solche Maßnahmen sind häufig weder die zeitsparendstenoch die billigste Lösung, aber oft dienachhaltigere. In den Arbeitsverwaltungen, die inletzter Zeit weg von fundierten Qualifizierungenund hin zu kurzen, preiswerten Maßnahmen tendieren,erfordert eine solche Förderentscheidungein hervorragendes fachliches Standing der Beraterinnenund Berater.Die oben beschriebenen Herausforderungen geltenebenso für eine Beratung nach Zeiten, in denenPersonen nicht erwerbstätig waren und auchkeine sozialen Transferleistungen beziehen, zumBeispiel während Erziehungszeiten. Da auch Ungelernteunter den Erwerbslosen sein können, muss23


<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierte Beratung – was ist das?eine Beratung unter Umständen auch Informationenzu einer ersten beruflichen Bildung bieten.Beraterinnen und Berater müssen entsprechendeWissensdefizite erkennen und auffangen. Fragenzu Bildung, Beruf und Erwerbsarbeit müssen dahermöglicherweise intensiv besprochen werdenund immer in Zusammenhang mit den persönlichenLebensentwürfen und -planungen gestelltwerden. Da zwischen der kulturellen Lebensweltvon Ratsuchenden und der ihrer Beraterinnen undBerater große Unterschiede bestehen können, isteine behutsame Vorgehensweise angebracht, dieauf gegenseitigem Respekt und gegenseitiger Akzeptanzbasiert. Angebote der Gruppenberatungoder aufsuchende Beratungsangebote können fürdiesen Anlass sinnvoll sein.Besondere Anforderungen an Beraterinnen undBerater bei der Beendigung von Arbeitslosigkeitoder anderer Erwerbslosigkeit ist ein komplexesWissen um migrationsspezifische Diskriminierungsmusterim Bildungs- und Erwerbsleben sowieum deren Folgen für das Bewusstsein und dasVerhalten von Ratsuchenden mit Migrationshintergrund.Das erfordert hoch reflektierende unddifferenzierte Kommunikationsstrategien. Beraterinnenund Berater müssen in der Lage sein, alleverfügbaren Förderinstrumente einzusetzen undderen Einsatz inhaltlich zu steuern. Allerdingslässt die gegenwärtige Beratung im Zwangskontextwährend Arbeitslosigkeit und deren Konzentrationauf das Einsparen finanzieller Fördermittelbei den Hauptträgern beschäftigungsorientierterBeratungsangebote eine migrationsspezifischeBeratung eigentlich nicht zu.24


Berufliche Weiterbildung oder UmorientierungBerufliche Weiterbildungen oder Maßnahmen derberuflichen Neuorientierung sind beispielsweiseangebracht, um Beschäftigte auf veränderte Anforderungenan ihrem Arbeitplatz zu qualifizieren.Ziel der Qualifizierungen kann aber auch sein,eine Berufstätigkeit neu auszurichten. Zu diesemBeratungsanlass zählen auch berufliche Qualifizierungsmaßnahmenfür un- und angelernte Beschäftigte.Für Menschen mit Migrationshintergrundsind solche Bildungswege von besondererBedeutung, weil es hier besonders oft vorkommt,dass eine erste berufliche Orientierung weit unterhalbder Möglichkeiten der Einzelnen stattgefundenhat. Um diese Herausforderung zu einemspäteren Zeitpunkt im Erwerbsleben zu meistern,ist es Aufgabe der Beraterinnen und Berater, neueWege zu zeigen. Dazu brauchen sie einen komplexenWissensstand zu beruflichen Möglichkeitenund Arbeitsmarktchancen sowie eine hohe Bewertungs-und Entscheidungskompetenz. DennMigrantinnen und Migranten stehen oft vor derHerausforderung, einen neuen, individuellen Wegunabhängig vom aktuellen Beschäftigungsbetriebzu finden, vor allem, wenn sie sich beruflich25


<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierte Beratung – was ist das?neu orientieren möchten. Ratsuchende,die bisher in Deutschland keinen formalenBerufsabschluss erworben haben,stehen dann unter Umständen vor ähnlichenEntscheidungen wie Schulabgänger,mit dem Unterschied, dass dieEntscheidungsmöglichkeiten wesentlichvielfältiger und intransparentersind. Es gibt eine Fülle von Angebotenkammer- oder organisationsgebundenerBildungsträger. Es gilt, in der Beratungrichtige Entscheidungen herbeizuführenund umzusetzen – gegebenenfallunter Berücksichtigung des Wissensstandsvon Ratsuchenden, der auf Bildungs-und Erwerbsystemen des Herkunftslandsberuht, unter Umständenangesichts einer geringen Schulbildungin Deutschland, fehlender sozialer Netzwerkeoder fehlender Vorbilder. Bei derAuswahl geeigneter Qualifizierungenmüssen Beraterinnen und Berater auchberücksichtigen, ob eine ergänzendeSprachförderung nötig und möglichist. Eine weitere migrationsspezifischeHerausforderung kann durch Zugangsvoraussetzungenzu Weiterbildungenentstehen, und zwar immer dann, wennberufliche Vorbildung nachzuweisenist, für die Eingewanderte zunächsteine formale Anerkennung ihrer ausländischenQualifikationen in Deutschlanderreichen müssen.Besondere Anforderungen an Beraterinnenund Berater ergeben sichdurch eine umfangreiche Kenntnisder Bildungs- und Erwerbssysteme inDeutschland, das Wissen um aktuelleArbeitsmarktchancen und um zweiteBildungswege – unter Umständen miteiner begleitenden Sprachförderung–, die ausgehend von der aktuellen Erwerbssituationund den erworbenenKompetenzen zu besseren, zufriedenstellendenBeschäftigungsverhältnissenführen. Die Migrationsspezifik ergibtsich, da auch im Herkunftsland erworbeneKompetenzen und Qualifikationenberücksichtigt werden müssen. Gegebenenfallsmuss ein Verfahren zur formalenAnerkennung begleitet werden. Zur Beratungsaufgabegehören außerdem derEinsatz kulturell neutraler Potenzialerhebungenbeziehungsweise migrationsspezifischerKompetenzfeststellungsverfahren.Beraterinnen und Beratermüssen in der Lage sein, möglicherweiseexistierende Wissensnachteile der Ratsuchendenüber das deutsche BildungsundErwerbssystem zu erkennen und zubeseitigen. Zu den Aufgaben zählt auch,das Selbstvertrauen der Ratsuchendenzu stärken. Schließlich müssen BeratungsfachkräfteGefahren unbewussterDiskriminierung bei sich selbst erkennenund dem aktiv entgegenwirken.Das kann beispielsweise der Fall sein,wenn Beratende sich dahin versteigen,eine geringe Schulbildung und wenigberufliche Weiterbildung als migrationstypischenBerufsweg einzustufen.Hier jeglicher Diskriminierung vorzubeugen,bedarf der Kompetenz zur professionellenSelbststeuerung, denn einHandeln gegen mehrfach abgesicherteWahrnehmungsmuster ist eine hohepsychische Leistung.26


Beratung während beruflicher Aus- undWeiterbildungAus- oder weiterbildungsbegleitende Beratunggreift kritische Situationen während einer Qualifizierungauf, damit die Bildungsmaßnahmeerfolgreich beendet werden kann. Das ist beispielsweisedann erforderlich, wenn beruflicheBildungen von schwierigeren Startpositionenaus begonnen werden, sei es aufgrund geringerSchulbildung oder wenn über eine lange Zeit keineQualifizierung mehr erfolgt ist – Situationen,denen Migrantinnen und Migranten öfter ausgesetztsind als Deutsche ohne Migrationshintergrund.Auch besondere Herausforderungen, dieim Zuge einer Aus- und Weiterbildung bewältigenwerden müssen, wie Unterrichts- und Prüfungssituationenin der Zweitsprache, können kritischeSituationen herbeiführen. Migrationsspezifischverursachte oder zumindest verschärfte Krisensituationenkönnen auch durch fehlende sozialeNetzwerke oder fehlende familiäre Unterstützungentstehen. Kritische Situationen sind dadurchgekennzeichnet, dass Leistungsanforderungeneinerseits und vermindertes Zutrauen in die eigeneLeistungsfähigkeit andererseits zu einemMaßnahmenabbruch oder einem Scheitern bei der27


<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierte Beratung – was ist das?Abschlussprüfung führen können. Als Prophylaxehaben sich in der dualen Ausbildung die ausbildungsbegleitendenHilfen bewährt, in der Weiterbildungsind solche Hilfen noch selten, vor allemfehlt ein entsprechendes Förderinstrument.Besondere Anforderungen an Beraterinnen undBerater ist die Fähigkeit, Muster zu kennen und zuerkennen, die aus dem Migrationshintergrund resultieren,und eine erfolgreiche Bildung gefährdenkönnen. Es gilt, dies für Ratsuchende transparentzu machen und ihnen zu helfen, daraus entstandeneKrisensituationen zu bewältigen. Prophylaktischwirkt eine Beratung vor allem dann, wennsie nicht nur auf die Beratungsnachfrage durchschon eingetretene Krisen wartet, sondern schonim Vorfeld aktiv und aufsuchend ihre Unterstützung(auch in Gruppenveranstaltungen) anbietet.28


Zuzug aus anderen StaatenIn der migrationsspezifischen beschäftigungsorientiertenBeratung neu Eingewanderter könnenverschiedene Beratungsanlässe eine Rollespielen – angefangen bei einer beruflichen Erstausbildung,über erste Arbeitsstellen bis hin zuberuflichen Weiterbildungen. Ein zusätzlicherAspekt ist die formale Anerkennung im Auslanderworbener Qualifikationen, die ein komplexesVerfahren erfordert und unter Umständen auchAnpassungsqualifizierungen erforderlich macht.Die Herausforderungen für Beratende und Ratsuchendesind groß, denn häufig muss beschäftigungsorientiertesWissen und die deutscheSprachkompetenz der Eingewanderten neu aufgebautwerden. In diesem Fall kann die Kommunikationin der Beratung oft nicht ohne Sprachmittlerund daher immer mit Dritten und nie alsVier-Augen-Gespräch erfolgen. Beraterinnen undBerater benötigen ein differenziertes Wissen überdas Zugangsrecht Eingewanderter zum Arbeitsmarktoder zu sozialstaatlichen Leistungen. UnterUmständen können auch aufenthaltsrechtlicheFragen eine Rolle spielen. In Arbeitsverwaltungenfallen zwar viele dieser Aufgaben den Beratendender Leistungsabteilungen zu und nicht den Ver-29


<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierte Beratung – was ist das?mittlungsfachkräften, dennoch ist das Wissenauch für Letztgenannte wichtig. Schließlich könnensie nur dann die Situation der ratsuchendenMigrantinnen und Migranten besser beurteilen,bekommen eine Vorstellung von dem bisherigenWeg bis zur Arbeitserlaubnis und wissen somitauch um Diskriminierungsmöglichkeiten auf diesemWeg.Besondere Anforderungen an Beraterinnen undBerater sind Netzwerkkompetenzen, da sie auf Kooperationspartnerinnenund -partner zurückgreifenmüssen – sei es für die Sprachmittlung, für diekulturell neutrale Potenzialerhebung beziehungsweiseKompetenzfeststellung, für den Zugang zuWegen ins Bildungs- und Erwerbssystem oderfür die (Ko-)Finanzierung des Lebensunterhaltssowie von sprachlichen und beruflichen Qualifizierungender Ratsuchenden. Um die Weichen füreine Integration in den deutschen Arbeitsmarktrichtig zu stellen, benötigen Beraterinnen undBerater auch Kenntnisse über Bildungs- und Erwerbssystemeanderer Staaten. Je nachdem, anwelchen der typischen Beratungsanlässe sich einemigrationspezifische beschäftigungsorientierteBeratung nach einem Zuzug anlehnt, sind auchdie dazu erläuterten Kompetenzen erforderlich.30


HandlungsempfehlungenEigenständige Beratungskonzeption<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierteBeratung muss als komplexeAufgabe professionalisiert werden. Siekann nicht nebenher erledigt werdenund bedarf einer eigenen inhaltlichenund methodischen Beratungskonzeption.Eine solche Konzeption muss alleaufgezeigten Beratungsanlässe beinhalten,und alle genannten spezifischenHerausforderungen berücksichtigen.Sie muss Wege zur Bewältigung dieserHerausforderungen aufzeigen, insbesondereauch Wege, wie das komplexeund spezifische Wissen der Beratendengewährleistet werden kann.Eigenständige Organisation<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierteBeratung muss als eigenständigeEinheit organisiert und kenntlichgemacht werden. Die eigenständigeOrganisation muss auch dazu beitragen,eine migrationsspezifische Beratungaus bestehenden Rollen- und Zielkonfliktenherauszulösen.Spezifisches ZielmanagementEs bedarf der Entwicklung spezifischer,inhaltlicher Ziele von migrationsspezifischerBeratung. Sie können nur imfachlichen Austausch und in qualitativerPerspektive entwickelt werden. Siesollen auch die integrationspolitischenZielsetzungen der Bundesregierung unterstützen.Spezifisches Qualitätsmanagement<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierteBeratung braucht ein Qualitätsmanagements.Ambitionierte, aberrealistische Zielsetzungen müssen aufdie Fachlichkeit der Beraterinnen undBerater fokussieren – nicht auf eine reinschlagzahlbezogene Steuerung. Zudemmuss garantiert sein, dass Beraterinnenund Berater die erforderliche umfassendeund stetige Qualifizierung erhaltenkönnen.Flächendeckendes Beratungsangebot<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierteBeratung muss für alle Ratsuchendenmit Migrationshintergrund flächendeckendund ohne Zugangshürdenerreichbar sein.RechtsanspruchIm Sozialgesetzbuch sollte ein Rechtsanspruchauf migrationsspezifischebeschäftigungsorientierte Beratungfestgeschrieben werden. Ebenso notwendigerscheint eine Verpflichtung allerAkteure auf die beschriebene Professionalitätund zur Bereitstellung einesflächendeckenden Angebots.31


<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierte Beratung – was ist das??Welches sindfür Sie die wichtigstenErgebnisseder Erhebung zurbeschäftigungsorientiertenmigrationsspezifischen Beratung?!Die wichtigsten Ergebnisse der Studiesind die Aussagen über unverzichtbareKompetenzen, ohne die Beraterinnen undBerater nicht migrationssensibel arbeitenkönnen, und über die unterschiedlichenAngebote und Angebotsformen,ohne die migrationsspezifische Beratungnicht wirkungsvoll funktionieren kann.?Was ist an diesen Erkenntnissen wirklichneu?!Was man nach dieser Erhebung zumersten Mal sieht – und das war nur mit32»Wir brauchen das Ende der Milchbubenökonomiein der Beratung.«Interview mit Karl-Heinz P. Kohn, Hochschule der Bundesagentur für Arbeitdieser Art der Erhebung möglich -, dasist die außerordentliche Komplexitätder Aufgabe migrationsspezifischer Beratungfür Bildung, Beruf und Erwerbstätigkeit.Mit dem IQ-Netzwerk war esja möglich, Beratungsexpertinnen und-experten in unterschiedlichsten Teilfeldernder migrationsspezifischen Beratungeinzubeziehen. Die hatten jeweilsfür sich schon tiefgehende Expertisenin ihrem jeweiligen Teilfeld gesammelt– gewonnen aus ihrer Praxis und ausder Reflektion ihrer Praxiserfahrungen.Eine Gesamtschau dieser Felder hatbisher aber nicht stattgefunden, wederfür die migrationsspezifische Beratungnoch für die beschäftigungsorientierteBeratung überhaupt. Ein wesentlicherBeitrag für die Beratungsforschungliegt deshalb schon im Erhebungsraster,das für die Untersuchung entwickeltwurde und das alle wesentlichen Übergängeund Beratungsanlässe im Laufeeiner Erwerbsbiographie gemeinsam inden Blick nimmt. Entsprechend ist dannauch die Qualität der Ergebnisse: Wirsehen sehr viele gemeinsame Themenund Herausforderungen der migrationsspezifischenBeratung, aber auch sehrspezifische – je nach dem jeweiligen Ortund Anlass der Beratung.?Was müsste Ihrer Meinung nach in derKonsequenz nun geschehen – in Bezugauf (erwachsene) Migrantinnen undMigranten und in Bezug auf deren Beraterinnenund Berater?!Eine wesentliche Konsequenz ergibtsich aus der Erkenntnis: migrationsspezifischeBeratung für Bildung, Beruf


und Erwerbstätigkeit, das ist nichts, wasman mal so nebenbei machen kann. Dasglauben ja viele, entweder weil sie sichmit diesem Thema noch nicht eingehenderbeschäftigen konnten oder weiles in die üblichen Abläufe und Organisationsformennicht anders hineinpasstoder ganz einfach, weil man die Kostenscheut, die mit einer entsprechendenAufstellung der Beratung einherzugehenscheinen. Ich sage scheinen, weildiese investitionsaverse Betrachtungdie nach der Art des rechnenden Milchbubenist.Die Konsequenz aus unserer Analyseaber heißt: Wir brauchen eine professionalisierteund konzentrierte migrationsspezifischeBeratung in SachenBildung, Beruf und Erwerbstätigkeit.Und das wiederum heißt: Wir braucheneine spezialisierte Ausbildung der Beraterinnenund Berater für diese Aufgabe,und wir brauchen spezielle Angeboteund eine dieser Spezifik angemesseneInfrastruktur für migrationsspezifischeBeratung.?Könnte dieser Handlungsbedarf IhrerMeinung nach umgesetzt werden?Wie?!Natürlich könnte er das. Und das isteinerseits gar nicht so schwer – dennwas wir brauchen, wissen wir, und auchdas Potenzial dazu (finanzielle Ressourcen,aber vor allem Menschen mit entsprechendemWissen) haben wir. Andererseitsist es richtig schwer – denn dieMilchbubenökonomie, also das Sparenfür heute statt des Investierens für morgen,hat ja leider die gesamte politischeund wirtschaftliche Kultur in Deutschlandergriffen. Das ist ja der Grund dafür,warum auch beraterisch alles „sonebenbei“ erledigt werden soll und warumdie Fachlichkeit zurzeit nicht geradehoch im Kurs steht. Aber erste Schrittescheinen zumindest schon angedacht zuwerden. Zumindest hatte ich in der Folgeder Studie schon eine gutachterlicheAnfrage, was ich von der Einrichtung einerzentralen Fachstelle für migrationsspezifischebeschäftigungsorientierteBeratung hielte.Interview?Welche Auswirkungen erwarten Sie,wenn alles bleibt wie gehabt, wennBeratung nicht um migrationsspezifischeElemente ergänzt wird?!„Elemente ergänzen“ wäre nur einenSchritt weiter als „nebenbei mitmachen“.Was wir brauchen, sind einespezielle Ausbildung und spezielle Beratungsangebote.Ja, was wären dieAuswirkungen? Wir würden einen ganzzentralen wichtigen Versuch unterlassen,endlich zu besseren Ergebnissen zukommen. Beschäftigungsorientierte Beraterinnenund Beratern brauchen bessereInstrumente, um Ratsuchende mitMigrationshintergrund zu unterstützen.Nur dann können sie ihre Potenziale inBildung und Arbeitsmarkt besser nutzenund ihrer Ausgrenzung wirkungsvollentgegentreten.33


Qualitätsmerkmale – wie wird Beratung erfolgreich?Qualitätsmerkmale – wie wird Beratung erfolgreich?Die Anforderungen an eine migrationsspezifischebeschäftigungsorientierte Beratung sind hochund vielfältig – aber keineswegs unerreichbar.Weder Beraterinnen und Berater noch Organisationenmüssen sich davor scheuen, sich dieserHerausforderung zu stellen. Eine große Hilfe dabeisind Qualitätsmerkmale, die der IQ-Facharbeitskreis-Beratungentwickelt hat. Sie schaffeneinen guten Überblick über das, was migrationsspezifischebeschäftigungsorientierte Beratungleisten sollte. Zu jedem Qualitätsmerkmal sindIndikatoren genannt, anhand derer Beratendeund Organisationen leicht erkennen können, wasihr Beratungsangebot diesbezüglich bereits leistet.Wie bei einer Checkliste kann Merkmal fürMerkmal festgestellt werden, wo Beraterinnenund Berater oder Organisationen stehen und welcheSchritte noch getan werden müssen, um alleAnforderungen einer migrationsspezifischen beschäftigungsorientiertenBeratung zu erfüllen.34


Qualitätsmerkmal:Die Beratenden sind zu migrationsspezifischem,berufsberaterischem Handelnbefähigt.Die Beratenden sollen den Beratungsprozess migrationsspezifisch,zielorientiert und ergebnisoffengestalten. Das heißt, Wahrnehmungen derRatsuchenden Raum geben, die Bedarfe der Ratsuchendenerfassen und ihre Entwicklungsthemenim Blick haben. Sie leisten Hilfe zur Selbsthilfeund unterstützen die Ratsuchenden dabei, ihreStärken und Ressourcen zu entfalten (Empowerment).IndikatorenFachkompetenz der Beratenden:• Kenntnisse zu Bildungssystemen und Berufen inden Herkunftsländern der Ratsuchenden.• <strong>Migrationsspezifische</strong>s Wissen, zum Beispiel zurMigrationsgeschichte, zu Migrationsprozessenzur besonderen Situation von Migrantinnenund Migranten auf dem Arbeitsmarkt und zuaufenthaltsrechtlichen Fragen und deren Auswirkungen.• Kenntnisse zu migrationsspezifischen Förderinstrumentenund Angeboten, beispielsweiseüber eine muttersprachliche Beratung durchMigrantenorganisationen.Methoden- und Sozialkompetenz der Beratenden:• Fähigkeit, das soziale und kulturelle Umfeld derRatsuchenden wahrzunehmen, zu respektierenund in die Beratung einzubeziehen.• Kenntnisse und Methoden der interkulturellenVerständigung: Bewusstsein über mögliche Unterschiedein der Gesprächsführung, Fähigkeitzur Deutung von Situationen und verbaler/nonverbalerInteraktion und zum konstruktiv undlösungsorientierten Umgang damit.Selbstkompetenz der Beratenden:• Diversität als Stärke anerkennen.• Reflektion des eigenen beraterischen Handelns,Auseinandersetzung mit der eigenen Machtoder Ohnmacht und mit eigenen Vorurteilen.• Diskriminierungserfahrungen im Gespräch mitRatsuchenden erkennen.• Grundsätze gendersensibler Beratung im interkulturellenKontext beherrschen.35


Qualitätsmerkmale – wie wird Beratung erfolgreich??Inwiefern sahenSie sichbei der Beratungvon Migrantinnenund Migranten besonderenHerausforderungen gegenüber?!Meine Aufgabe als Fallmanagerinist es, Arbeitslose mit multiplen Vermittlungshemmnissenzu betreuen, dasist immer eine Herausforderung. 40Prozent meiner Kundinnen und Kundenhaben einen Migrationshintergrund.Bei ihnen müssen in der Beratung meistnoch weitere Kriterien berücksichtigtwerden, damit eine berufliche Integrationpassgenau unterstützt werdenkann. Die Herausforderung besteht dabeidarin, herauszufinden, was er odersie kann, was er oder sie will und waszur Umsetzung fehlt – und das mitunter»Durch eigene Auslandserfahrung verstehe ich,wie viele sich fühlen.«Interview mit Angela Zeh, Fallmanagerin der ARGE Augsburgbei Menschen, die nur einfaches odergebrochenes Deutsch sprechen. Ursachenkönnen sogar in den psychischenBereich gehen. Eine Kundin thailändischerHerkunft kommt beispielsweisemit dem ganzen System hier nicht klar- mit behördlichen Regelungen, mit denzahlreichen Formularen zu verschiedenenAnlässen – sie sträubt sich dagegen.Aktuell will sie drei Wochen Urlaubin Thailand machen und muss dazu einFormular ausfüllen und hat das Gefühl,‚die machen schon wieder Probleme’. Einanderer Kunde ist arabischer Herkunftund sehr höflich; zu allem was ich erkläre,sagt er ‚Ja’ – aber nicht unbedingtweil er es verstanden hat. Das muss ichmerken und herausfinden, ob er wirklichverstanden hat oder ob er gerade höflichist, und gegebenenfalls erkläre ich denSachverhalt noch einmal anders. SolcheHerausforderungen aufgrund eines Migrationshintergrundssind aber individuellsehr verschieden, das kann man nichtverallgemeinern.?Wie gelingt es Ihnen denn, dies zumeistern?!Man muss sensibel sein und zwischenden Zeilen lesen. Zuhören ist ganzwichtig, das hilft mir und den Ratsuchenden,denn dadurch fassen sie Vertrauen,fühlen sich verstanden und esentsteht die Basis, einvernehmlich einenIntegrationsplan zu entwickeln. Mirpersönlich hilft unter anderem meineeigene Auslandserfahrung dabei, michbesser in Menschen mit Migrationshintergrundhineinzuversetzen. Ich habeeine Zeitlang in Sizilien gelebt, da wurde36


Interviewmein eigenes Wertesystem gründlich inFrage gestellt und es ist mir damals sehrschwer gefallen, Werte, die so anderssind, als meine erworbenen „deutschen“Werte, zu akzeptieren. Daher kann ichnachvollziehen, wie sich manch einEingewanderter in Deutschland fühlt.Professionell konnte ich dann diese Erfahrungenumsetzten in meiner Arbeitbeim Migrationssozialdienst und alsFlüchtlingsberaterin und heute auch beider ARGE.?Wünschen Sie sich diesbezüglich Unterstützung,welche?!Im Vorfeld werden die Weichen häufigschon gestellt. Bildung, finde ich, ist inheutiger Zeit der entscheidende Schlüssel.Idealerweise muss dies spätestensmit dem Kindergarteneintritt beginnen.Im Erwachsenenalter ist es dann schweretwas aufzubauen, wenn die Grundlagenfehlen. Arbeitslose an verschiedeneFachstellen zu schicken, bedeutet fürsie eine große Hürde und wird oft nichtangenommen und endet dann auch mitdiversen Profilingbögen, ohne dadurchetwas gewonnen zu haben. Besser wäreHilfe aus einer Hand: Bestandsaufnahme,Beratung und Vermittlung in die passendeMaßnahme.37


Qualitätsmerkmale – wie wird Beratung erfolgreich?Qualitätsmerkmal:Stärken und Potenziale der Ratsuchendenbilden den Ausgangspunkt der Beratung.Drei Zielsetzungen werden durch dieses Qualitätsmerkmalerreicht: Erstens soll den Ratsuchendendie Bedeutung informell und formellerworbener Kompetenzen, die sie aufgrund ihrerZuwanderungsgeschichte erworben haben, bewusstwerden. Zweitens erkennen sie ihre eigenenPotenziale. Dadurch werden drittens die Möglichkeitenund Handlungsspielräume der Ratsuchendenerweitert.Indikatoren• Beratende fragen gezielt nach Stärken und Potenzialender Ratsuchenden und lassen gegebenenfallseine migrationsspezifische Kompetenzfeststellungdurchführen.• Beratende ermutigen Ratsuchende, auch überaußerberufliche Interessen, private Aktivitäten,ehrenamtliche Tätigkeiten zu sprechen;diese werden als Kompetenzen in das berufliche(Bewerbungs-)Profil übertragen.Aus der Praxis:Ein Assessmentcenter wird zum AbenteuerDurchsetzungsvermögen, Belastbarkeit, Kommunikation- oderTeamfähigkeit sind Beispiele für Kompetenzen, die auch fürMenschen mit Migrationshintergrund der Schlüssel zur Arbeitsweltsein können - das setzt voraus, dass man sie kenntund darstellen kann. Für die eingewanderten Akademikerinnender Maßnahme „Mit Energie in die berufliche Zukunft“kommt neben der Herausforderung, Schlüsselkompetenzenin einer Zweitsprache beschreiben zu müssen, oft noch dieTatsache hinzu, dass dies im Herkunftsland nie thematisiertwurde. Dem beugt das Potenzialassessment von LIFE e.V.vor. Jede Teilnehmerin durchläuft nach entsprechender Vorbereitungvier Assessmentaufträge in Form von kritischenSituationen, die für einen Berufseinstieg in die Branche ErneuerbareEnergien typisch sind. Geschulte Beobachterinnenhalten Reaktionen und Verhaltensweise der Teilnehmerinnensowie darauf basierende Kompetenzen fest. Die Situationensind so gestaltet, dass sie Stress erzeugen, damit die BeobachterinnenFacetten der Persönlichkeit erkennen können. DenFrauen wird im Feedback widergespiegelt, was sie gut könnenoder souverän gelöst haben. Dabei liegt der Schwerpunkt aufStärken und auf Potenzialen, die es weiterzuentwickeln gilt.Eine Teilnehmerin ist beispielsweise überrascht, dass sie vielDurchsetzungsvermögen besitzt, während eine andere merkt,dass sie lernen muss, in einem Team ihre Meinung zu sagen.38


Aus der Praxis:Fachliches Profiling bringt Kompetenzen ans LichtSeit 2004 lebt Spätaussiedler Viktor Stein*, gelernter Elektromonteuraus Kasachstan, in Deutschland, fand aber bislang nurHelfertätigkeiten rund um seinen Job. 2009 wird er in das Programm“Integration durch individuelle berufliche Qualifizierung(IBQ)“ aufgenommen und zunächst vom Hanse-JobcenterRostock zu migra e.V. weitergeleitet, wo eine migrationsspezifischebeschäftigungsorientierte Beratung erfolgt. Zum erstenMal erfährt Stein, dass er seine ausländische Qualifikationanerkennen lassen kann und erhält Unterstützung bei derAntragstellung. Ergebnis: Durch die Handwerkskammer wirddie Gleichwertigkeit seiner ausländischen Qualifikation mitder Gesellenprüfung im Ausbildungsberuf Elektroinstallateurfestgestellt. Viktor Stein nutzt zudem die Chance, im Rahmenvon IBQ alles über seine Fähigkeiten zu erfahren und nimmtauch noch am fachlichen Profiling teil, das neben formal erworbenenFähigkeiten auch informelle Kompetenzen ans Lichtbringt. Es wird bei einem Elektrounternehmen vor Ort durchgeführt.Steins Kompetenzen überzeugen offensichtlich, denner erhält prompt einen Job in diesem Unternehmen, wenn auchzunächst nur auf Geringfügigkeitsbasis. Doch Viktor Stein istnun sicher, den Anforderungen des deutschen Arbeitsmarktesgewachsen zu sein und sich gegebenenfalls erfolgreich auchbei anderen Betrieben bewerben zu können.»Ich bin mir sicher, ich habe etwas im Kopf,aber ich brauche den richtigen Schlüssel,um mein Wissen in aktive Taten zu verwandeln.Beim Assessment war ich vonmir selbst überrascht, denn es zeigte sichbeispielsweise, dass ich Durchsetzungsvermögenhabe, das war mir nicht bewusst.«Silviya Ilieva, Teilnehmerin der Maßnahme„Mit Energie in die berufliche Zukunft“* Name von der Redaktion geändert39


Qualitätsmerkmale – wie wird Beratung erfolgreich?Qualitätsmerkmal:Die schulische und berufliche Sozialisationim Herkunftsland wird erfasst undist Beratungsgrundlage.Im Beratungsprozess sollen sowohl die BildungsundBerufsbiographie von Eingewanderten alsauch formell und informell erworbene Kompetenzenberücksichtigt werden. Die erfasstenInformationen werden dokumentiert und dieRatsuchenden entsprechend ihren ermittelten Fähigkeitenund Interessen bei der Suche nach Qualifizierungs-und Arbeitsangeboten unterstützt.Indikatoren• Im Beratungsgespräch werden auch Zeugnisseaus dem Herkunftsland erfasst und berücksichtigt,ungeachtet einer formalen Anerkennung.• Beratende holen Informationen über das Bildungssystemund Berufsanforderungen aus anderenLändern ein, um die Art der schulischenund beruflichen Sozialisation zu erfassen, siemit den Anforderungen des deutschen Bildungs-und Arbeitsmarktes abzugleichen, aufmögliche Differenzen zur beruflichen Praxis inDeutschland aufmerksam zu machen und diesekonstruktiv für den Beratungsprozess zu nutzen.Aus der Praxis:Output-orientiert – die fachliche Kompetenzfeststellungfür IngenieurinnenUnter den verschiedenen Verfahren zur Erhebung von Fachkompetenzenfand der Bildungsträger LIFE e.V. keines, das Berufserfahrungund Arbeitsschwerpunkte von Ingenieurinnenmit Einwanderungshintergrund ermittelt, und entwickeltedaher selbst eines. Diese fachliche Kompetenzfeststellungorientiert sich nicht am Lern-Input, also dem, was an Studieninhalteneinmal erlernt wurde, sondern am Output – daran,welche Kenntnisse, Fertigkeiten, fachlichen und sozialenKompetenzen vorliegen. Ähnlich wie der Europäische Qualifikationsrahmen(EQR). Dazu führt eine Expertin mit der Ingenieurinein etwa zweistündiges leitfadengestütztes Interview,das beispielsweise typische Tagesabläufe früherer Tätigkeitenoder Funktionen in der Betriebshierarchie von Stellungenim Herkunftsland erfasst, das nachhakt, was die Ingenieuringut kann oder welche kognitiven Fähigkeiten sie hat. Die Expertinhält die Ergebnisse schriftlich fest, lässt diese von derTeilnehmerin noch einmal überprüfen und gibt ihr danachdie Informationen als wichtige Grundlage für Bewerbungenund das Selbstbewusstsein an die Hand. Denn erstaunlich ist:Keine der eingewanderten Akademikerinnen wurde vorher vonirgend jemand in Deutschland, nach ihren Kompetenzen gefragt.40


Qualitätsmerkmal:Die Beratung folgt einem ganzheitlichenAnsatz.Bei der Beratung sollen alle Lebensumstände berücksichtigtwerde, die für das weitere beruflicheHandeln von Bedeutung sein können, beispielsweiseder Aufenthaltsstatus oder die Vereinbarkeitvon Familie und Beruf. Auch persönliche Probleme,die einer beruflichen Integration im Wege stehen,sollen besprochen werden, seien es Schulden, psychischeProbleme oder Drogenmissbrauch.Indikatoren• Beratende vergewissern sich des Aufenthaltsstatusund erläutern Ratsuchenden die Folgendes Status für das weitere Vorgehen.• Beratende kennen professionelle Fachberatungsstellenund beziehen sie bei Bedarf in denBeratungsprozess ein.• Beratende fragen nach Unterstützungsbedarfbeziehungsweise nach Hemmnissen, die ausdem familiären und sozialen Umfeld der Ratsuchendenresultieren.Aus der Praxis:Traditionen bewahren, Neues wagenMarija Saviš* ist Serbin und führte in ihrer Heimat mehrereJahre erfolgreich ein Cafe, auch ohne entsprechende Ausbildung.In Deutschland heiratet sie einen Rom, dessen großetraditionsbewusste Familie keine Notwendigkeit zur Erwerbstätigkeitsieht und entsprechende Ambitionen von MarijaSaviš unterbindet. Erst die Beraterin des Projekts „BeruflicheBeratung und Begleitung von Roma und Sinti“ der RAA Berlinvom Kompetenzzentrum <strong>KUMULUS</strong>-<strong>PLUS</strong> bezieht die Familiein den Beratungsprozess mit ein. Sie führt neben Einzelberatungsgesprächengemeinsame Gespräche in der Muttersprachemit Marija Saviš und ihrem Ehemann und den Schwiegereltern.Sie erläutert Verpflichtungen und Rechtsgrundlagen von Ausländerbehördeund JobCenter und macht auf die Folgen aufmerksam,wenn dies ignoriert wird – finanzielle Sanktionenund Abschiebung drohen. Gleichzeitig eröffnet die BeraterinPerspektiven für eine berufliche Integration. Mit Erfolg: MarijaSaviš besucht einen Deutschkurs, ein Bewerbungstrainingbeim Projektträger und absolviert ein Praktikum in der Reinigungsbranche.Oft scheinen die Maßnahmen durch die krankeSchwiegermutter gefährdet, so dass die Beraterin intervenierenmuss. Die Mühen werden belohnt, so dass schließlich auchdie Familie Marija Saviš auf ihrem Weg in den Arbeitsmarktunterstützt. Sie bekommt einen Teilzeitjob in der Reinigungsbranche,daraus wird ein Vollzeitjob mit einer Tätigkeit alsObjektleiterin. Jetzt möchte der Arbeitgeber Marija Saviš berufsbegleitendweiterbilden lassen.* Name von der Redaktion geändert41


Qualitätsmerkmale – wie wird Beratung erfolgreich?42»Eine gleichberechtigte Zusammenarbeit der Beratungsstellenund Verbände ist wichtig.«Interview mit Barbara Veldten, Migrationsbeauftragte des Jobcenters Kiel und Teamleiterindes Jobcenters Kiel-Mettenhof?Frau Veldten,wie bewältigtdas JobcenterKiel spezifischeHerausforderungen, die bei der Beratungs-und Vermittlungstätigkeit mit Migrantinnenund Migranten auftreten?!Zunächst einmal schulen wir unsereMitarbeiterinnen und Mitarbeiter,denn sie benötigen zusätzliche Handlungskompetenzen,um auf migrationsspezifischeFragestellungen vorbereitetzu sein – hier spielen beispielsweiseandere Kulturen und ein anderes Verständnisdes Lebens und Arbeitens eineRolle. Es gilt zu berücksichtigen, dassRatsuchende mit Migrationshintergrundein bunte, sehr vielfältige Gruppesind – jeder Migrant und jede Migrantinhat individuelle Anforderungen an eineBerufsberatung, es gibt allenfalls Ähnlichkeitenaufgrund einer Nationalität,aber es gibt nicht „den Migranten“ alsZielgruppe. Das erfordert ausgeprägtekommunikative und interkulturelleKompetenzen und daher sind etwa 70Prozent der Integrationsfachkräfte – sobezeichnen wir Vermittlerinnen undVermittler – sowie die komplette Leitungsebeneim Jobcenter Kiel interkulturellgeschult.?Wie wichtig sind arbeits- und aufenthaltsrechtlicheAspekte bei der beschäftigungsorientiertenBeratung vonEingewanderten?!Arbeits- und aufenthaltsrechtlicheAspekte im Zusammenhang mit Migrationsind einerseits sehr kompliziert undandererseits für Integrationsfachkräfteganz einfach. Das kling widersprüchlich,erklärt sich aber dadurch, dass Ratsuchende,die in die Vermittlungsberatungkommen, grundsätzlich leistungsberechtigtsind, denn das hat vorab die Leistungsabteilunggeprüft. Auf der anderenSeite sollten Integrationsfachkräftewissen, welche Wege Ratsuchende mitMigrationshintergrund vielleicht schonhinter sich haben, bevor eine Integrationin den ersten Arbeitsmarkt oder eineQualifizierung überhaupt angegangenwerden kann. Wir müssen wissen, welcheGeschichten sich hinter den Personenverbergen und dazu ist es sehr hilfreich,die komplexe Rechtslage und möglicheVerfahrenswege zu kennen. Aus diesem


InterviewGrund haben verschiedene Integrationsfachkräftean einer entsprechendenSchulung des Flüchtlingsrats Schleswig-Holstein e.V. teilgenommen – ich selbstwar auch dabei. Für mich spielte nochein anderer Grund hinein, und zwar dieTatsache, dass diese Schulung gemeinsammit verschiedenen externen Partnernstattfand.?Warum hat die Kooperation mit externenPartnern eine so große Bedeutung?!Eine gleichberechtigte Zusammenarbeitaller Beratungsstellen, Verbändeund entsprechender Projekte halte ichfür ganz wichtig, weil man gemeinsamviel mehr erreicht. So werden untereinanderImpulse gegeben und alle Möglichkeitender Zugänge für Migrantinnenund Migranten ausgeschöpft. Daher istdas Jobcenter Kiel sehr gut vernetzt undengagiert sich in verschiedenen Arbeitskreisenzum Thema.Qualitätsmerkmal:Die Beratung folgt dem Prinzip der vollständigenWeitergabe von Informationund der Transparenz.Dies setzt voraus, dass Ziele und Abläufe des Beratungsprozessesden Ratsuchenden verständlichvermittelt und mit ihnen abgestimmt werden.Auch Fachbegriffe, Verwertungsmöglichkeitenund Konsequenzen der Beratung werden erläutert,damit Ratsuchende den Beratungsverlauf aktivmitgestalten können.Indikatoren• Beratende informieren über mögliche Konsequenzenund Folgeschritte der Beratung und,soweit erforderlich, auch über weitere beteiligtePersonen und Institutionen, die hinzugezogenwerden sollen.• Daten an Dritte werden nur mit der Zustimmungder Ratsuchenden weitergegeben.• Beratende vergewissern sich, ob Fragen oder Aspekteder Beratung offen geblieben sind.• Mehrsprachiges Informationsmaterial ist denRatsuchenden zugänglich.43


Qualitätsmerkmale – wie wird Beratung erfolgreich?Lesetipps44Qualitätsmerkmal:Die Relevanz der beruflichen Anerkennungausländischer Qualifikationenwird in der Beratung geprüft.Gemeinsam mit den Ratsuchenden wird geprüft,ob ein Anspruch auf eine formale Anerkennungausländischer Qualifikationen besteht und inwiefernein Anerkennungsverfahren Relevanz fürdie weitere Bildungs- und Berufsplanung hat. DasHandlungsspektrum der Ratsuchenden im Hinblickauf eine Arbeitsstelle oder Weiterbildungsmöglichkeitenwird erweitert und ihr Selbstbewusstseingestärkt.„Wissen nutzen! Integration beginnt am Arbeitsplatz“Der lange Weg zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse,Interviews mit Migrantinnen, Herausgeber: KompetenzzentrumMigraNet, Dez. 2009 Download: www.migranet.org Rubrik Publikationen„Leitfaden zur Anerkennung ausländische Schul- und Berufsabschlüssein Schleswig-Holstein“, in 4 Sprachen: Türkisch, Russisch,Englisch und Persisch, dritte Auflage 2009, Download: www.access-frsh.deStudie „Brain Waste“ Die Anerkennung von ausländischen Qualifikationenin DeutschlandHerausgeber: Tür an Tür Integrationsprojekte gGmbH, Augsburg2007, Download: www.berufliche-anerkennung.deIndikatoren• Beratende kennen die aktuellen gesetzlichenRegelungen zur Anerkennung und machen jeweilsbetreffende Aspekte für Ratsuchendetransparent.• Beratende fragen gezielt nach im Ausland erworbenenAbschlüssen und nach dem Bedarf,diese in Deutschland anerkennen zu lassen.• Fachkundige Stellen oder Anerkennungsstellenwerden zur Klärung komplexer Sachverhaltehinzugezogen und Ratsuchende dorthin verwiesen.• Bei Bedarf wird eine vertiefte Kompetenzfeststellungin Anspruch genommen, die ergänzendzur formalen Anerkennung der Abschlüsse dieVerwertbarkeit aller Kompetenzen berücksichtigt.• Auf Möglichkeiten einer modularen berufsbegleitendenAnpassungsqualifizierung wird, soweitvorhanden, hingewiesen.


Aus der Praxis:Der steinige Weg qualifizierter Eingewanderter in den ArbeitsmarktAlma Durán Merk ist Amerikanerin wie ihre Mutter, der Vater ist Spanier – sie kennt beide Kulturen,spricht Katalanisch, Spanisch und Englisch und seit 2000 auch Deutsch, hat soziale Kommunikationswissenschaftenstudiert und 20 Jahre Berufserfahrung als TV-Produzentin und Dozentin, als sie 2001nach Deutschland kommt. Ihr Mann ist Deutscher. Mit den übersetzten Zeugnissen wird sie zu vielenStellen geschickt, niemand weiß, wie eine Anerkennung abläuft. Sie ist entsetzt, als ihr eine Beraterinvon der Arbeitsagentur berichtet, dass es für sie gute Chancen gebe, als Putzfrau zu arbeiten, eineAusbildung zur Krankenpflegerin zu machen oder Spanischunterricht zu geben. Alma Durán Merkschreibt sich dennoch an der Uni ein. Sie schließt das Studium der Kommunikationswissenschaftenmit der Gesamtnote 1,2 ab, arbeitet sich von der wissenschaftlichen Hilfskraft zur Mitarbeiterin hochund promoviert derzeit im Fach Europäische Ethnologie.Yalçin Şentürk wandert 1990, nach Abschluss eines Elektrotechnik-Studiums, nach Deutschland einund belegt zunächst berufsbegleitend einen zweijährigen Deutschkurs. Er will seine Qualifikationhier anerkennen lassen. Die Agentur für Arbeit bietet ihm alternativ einen Job als Färber in einemTextilbetrieb. Ein Jahr später findet er selbst eine passendere Anstellung als Elektriker bei einen Herstellervon Autowaschanlagen. Vier Jahre ist er bereits dort, als er durch einen Kollegen erfährt, dasser durch ergänzende Studien an einer Universität eine Anerkennung bekommen kann. Yalçin Şentürkerkundigt sich und macht sich daran, alles für ein Studium in die Wege zu leiten – er belegt einenweiteren Sprachkurs, lässt alle Zeugnisse und Studienbescheinigungen übersetzen und kann 1999 beginnen.Zwei Jahre Studium liegen vor ihm. Da er inzwischen Familie hat, arbeitet er in Vollzeit weiterbeim Autowaschanlagenhersteller und versucht, das Studium zusätzlich zu bewältigen – doch dasgelingt nicht. Aber bei der Arbeitsstelle hat er Erfolg und steigt zum Elektriker im Prüfungsbereichauf, damit ist Yalçin Şentürk zufrieden.45


Qualitätsmerkmale – wie wird Beratung erfolgreich?Qualitätsmerkmal:Beratende berücksichtigen die Sprachkompetenzder Ratsuchenden.Die Beratenden kommunizieren mit den Ratsuchendenauf eine Art und Weise, die diesen einegleichberechtigte und aktive Teilhabe am Beratungsprozessermöglicht. Dadurch wird dieSprachdominanz der Beraterinnen und Beraterabgebaut und eine Handlungs- und Entscheidungsfähigkeitder Ratsuchenden gefördert. Zielist auch, den Ratsuchenden im Beratungsgesprächden Zugang zu allen Informationen und Fördermöglichkeitenzu eröffnen.Indikatoren• Beratende nehmen eine erste Spracheinschätzungvor und passen ihr Sprechtempo und ihreWortwahl an die Ratsuchenden an, sie sprechenHochdeutsch.• Beratende vergewissern sich im Beratungsgespräch,ob sie Informationen der Ratsuchendenrichtig verstanden haben und ob es noch Fragengibt (kontrollierter Dialog); sie ermunterndie Ratsuchenden zum Sprechen, auch wenn derenDeutsch nicht perfekt ist.• Beratende erläutern Fachtermini, vor allemwenn Unterschriften zu leisten sind mit zumTeil weit reichenden Konsequenzen wie beiEingliederungsvereinbarungen mit Grundsicherungsträgern.Zu Fachtermini wird ein Glossarbereitgehalten.• Fachbegriffe werden gemeinsam mit den Ratsuchendenerarbeitet und an Beispielen verdeutlicht.• Im Beratungsprozess wird bei Bedarf auf einedritte Sprache zurückgegriffen, die Ratsuchendeund Beratende beherrschen, um gleiche Verständigungsvoraussetzungenzu schaffen.• Ratsuchende, die kein Deutsch sprechen, erhaltenUnterstützung durch Dolmetscher oder ihnenwird ein muttersprachliches Beratungsangebotempfohlen.• Informationsmaterial wird in verschiedenenSprachen bereit gehalten.• In der Beratung werden Visualisierungen eingesetzt.46


Aus der Praxis:Zauberworte im Internet.In der technischen und naturwissenschaftlichen Fachwelt istdie Verwendung der richtigen Fachtermini sehr wichtig – seies bei der Suche im Internet nach einem Unternehmen, beidem man sich bewerben will, im Gespräch mit Branchenvertreternoder am Arbeitsplatz. Eine Ingenieurin, die in ihremHerkunftsland Abwassersysteme konzipiert hat, sollte beispielsweiseden Begriff Siedlungswasserwirtschaft kennen.Strategien zum Auffinden dieser fachlichen Schlüsselwortetrainiert LIFE in der Maßnahme „Mit Energie in die beruflicheZukunft“. Eine Möglichkeit ist zum Beispiel, die entsprechendenStudieninhalte in Deutschland daraufhin zu durchforsten.Man kann auch Firmenprofile analysieren. Wenn einUnternehmen gefunden wurde, das dem angestrebten Tätigkeitsbereichentspricht, dann werden auch hier die fachlichenSchlüsselworte herausgesucht und nach ihnen weiter imInternet recherchiert. Eine weitere Strategie ist, nach Referentenauf Fachkonferenzen zu suchen und auf diesem Wegaktuelle Fachbegriffe und Ansprechpartnerinnen zu finden.Schlüsselworte, welche die Teilnehmerinnen recherchiert underläutert haben, werden zu einem Glossar zusammengefügt,das über eine Kommunikationsplattform im Internet allenFrauen der Maßnahme zur Verfügung steht.47


Qualitätsmerkmale – wie wird Beratung erfolgreich?LesetippsQualitätsmerkmal:Beratende berücksichtigen Diskriminierungund deren Auswirkungen aufRatsuchende.Diskriminierende Handlungen im Kontakt derBeratung müssen vermieden werden. Beratendesollen mögliche Barrieren beim Zugang zum Arbeitsmarktoder zu beruflicher Weiterbildung aufgrundvon Diskriminierung erkennen und mit denRatsuchenden gemeinsam Handlungsalternativenerarbeiten. Auch strukturelle Diskriminierung sollbenannt und besprochen werden.„Mit Recht zu Qualifizierung und Arbeit“Handlungsempfehlungen zum Abbau von Diskriminierung vonMigrantinnen und Migranten beim Zugang zum Arbeitsmarkt.Herausgeber: Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerke.V. (ZWH); Koordinierungsprojekt Netzwerk „Integration durchQualifizierung“ in Kooperation mit dem Kompetenzzentrum NOBI,März 2010. Download: www.nobi-nord.de, Rubrik Publikationen.„Diskriminierung erkennen und handeln!“Vollständige Neuauflage des Handbuchs für Beratungsstellen undMigrantInnenorganisationen auf der Grundlage des AllgemeinenGleichbehandlungsgesetzes (AGG) Herausgeber: basis & woge e.V.,2010. Download: www.nobi-nord.de, Rubrik Publikationen.Indikatoren• Im Beratungsgespräch wird eine mögliche Diskriminierungangesprochen. Beratende erkennenDiskriminierung und machen in adäquaterWeise darauf aufmerksam.• Beratenden nehmen an Supervision oder Schulungenteil, welche die Diskriminierungstatbeständezum Thema machen und die Handlungskompetenz,mit Diskriminierungserfahrungenumzugehen, stärken sowie die Selbstreflexionhinsichtlich möglicher eigener diskriminierenderDenkmuster und Verhaltensweisen anregen.• Beratende verfügen über ausreichende Kenntnissevon Diskriminierungsmechanismen sowieüber Diskriminierungsverbote, Rechtsansprücheund Spielräumen im Sinne zielgruppenspezifischerFörderung, die sich aus dem AGG ableitenlassen.• Beratende verweisen gegebenenfalls an Anti-Diskriminierungs-Beratungsstellen.48


(Strukturelle) Diskriminierung vermeidenIn der beruflichen Beratung und Arbeitsvermittlung von Migrantinnen undMigranten können sich sozialrechtliche und aufenthaltsrechtliche Fragenvermengen. Dies führt häufig zu Benachteiligungen, beispielsweise wennMaßnahmen nicht bewilligt werden, weil die Vermittlerinnen und Vermittlerwegen eines befristeten Aufenthalts keine Möglichkeit für langfristigeIntegrationsmaßnahmen in den Arbeitsmarkt sehen. <strong>Migrationsspezifische</strong>sFachwissen – in diesem Fall zu aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen – trägtdazu bei, Chancen beruflicher Integration von Migrantinnen und Migrantenallein aufgrund derer beruflichen Position zu beurteilen und damit strukturellerDiskriminierung entgegenzuwirken. Wenn also realistische Perspektivenfür einen entfristeten Aufenthalt gegeben sind, beispielsweise weil Betroffenemit deutschen Staatsangehörigen verheiratet sind, dann sollte diesbei Ermessensentscheidungen von Vermittlungsfachkräften zur beruflichenIntegration berücksichtigt werden. Bestehende Diskriminierungsverbote, wie§ 33c SGB I, § 36 Abs. 2 Satz 1 SGB III und § 19a SGB IV, sollten in allen Fällen,in denen Ermessen ausgeübt wird, als Auslegungsprinzip herangezogen werden.Das gilt unter anderem• im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit,• bei der Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit, zum Beispiel in Bezug aufreligiöse Vorschriften,• in Bezug auf Mitwirkungshandlungen, beispielsweise wenn Sprachstandsfeststellungenvorgeschrieben oder Inhalte von Eingliederungsvereinbarungfestgelegt werden.49


Qualitätsmerkmale – wie wird Beratung erfolgreich?Qualitätsmerkmal:Die Beratung berücksichtigt die Chancengleichheitvon Männern und Frauen.Die Handlungsoptionen der Ratsuchenden in Bezugauf eine Vereinbarkeit von Familie und Berufsollen erweitert werden, wodurch auch das Berufswahlspektrumder Ratsuchenden größer wird.Indikatoren• Berufsfelder und Berufe werden männlichenund weiblichen Ratsuchenden geschlechtsneutralvorgestellt.• Frauen/Männer werden im Beratungsgesprächermutigt, auch Berufe, die mehrheitlich vomanderen Geschlecht ausgeübt werden, in ihreBerufswahl einzubeziehen.• Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wirdim Beratungsgespräch mit Frauen und Männernthematisiert.• Beratende reflektieren ihr beraterisches Handelnhinsichtlich eigener Geschlechterstereotypen.Aus der Praxis:Offene Ohren und handfeste RatschlägeMotivationsarbeit ist ein wichtiger Aspekt im begleitendenBeratungsangebot der Akademikerinnen-Qualifizierung beiLIFE e.V. Viele Frauen zweifeln an ihren Kompetenzen. In derBeratung werden beispielsweise Genderfragen thematisiert– viele Teilnehmerinnen haben Familie und Kinder und sinddaher in Bezug auf eine Berufstätigkeit sehr eingeschränkt.Nicht selten bringen die Frauen ihre Männer mit, um die Folgenihrer möglichen Berufstätigkeit für die Familie gemeinsamzu besprechen.“ Die Frage „Wie organisiere ich mich nochbesser?“ ist ebenfalls ein großes Thema, denn eine 6-Stunden-Teilzeitstelle ist für die wenigsten Firmen in der Branche derErneuerbar Energien vorstellbar.Lesetipp„Frauen beraten anders – Männer auch“Genderperspektive in der interkulturellen Beratung,Ergebnisse einer Weiterbildung für Beraterinnenund Berater. Herausgeber: Kompetenzzentrum<strong>KUMULUS</strong>-<strong>PLUS</strong>, Mai 2010. Downloadwww.kumulus-plus.de, Rubrik/Dokumentationen.50


Interview?Wie reagierendie Vermittlungsfachkräfteim JobCenterFriedrichshain-Kreuzberg auf migrationsspezifischeHerausforderungen ihrerKlientel?!Um die Bedarfslage unserer Kundinnenund Kunden mit Migrationshintergrundzu befriedigen, greifen wir beimJobcenter Friedrichshain-Kreuzberg aufverschiedenste Angebote zurück, angefangenvon kleinteiligen Maßnahmenwie Bewerbungstrainings über Beschäftigungsmaßnahmenin Verbindung mitQualifizierungen bis hin zu ausgefeiltenfachlichen Qualifizierungen. Darüberhinaus ziehen wir auch externe Angebotein Betracht, das sind meist ESF-»Wir sind auf einem guten Weg undbauen diesen weiter aus.«Interview mit Anke Overbeck, Beauftragte für Chancengleichheit undMigrationsangelegenheiten im JobCenter Friedrichshain-Kreuzberggeförderte Maßnahmen, die im Rahmenvon Projekten angeboten werden. DieHerausforderung ist, alle Angebote zukennen, denn diese sind nicht nur zahlreich,sie wechseln ja auch ständig. Umhier einen bestmöglichen Überblick zuhaben, sammeln eine Kolleginnen undich Angebote wie die Hamster, recherchierengegebenenfalls nach und stellendies in vereinheitlichter, aufbereiteterForm für die Vermittlungsfachkräftezusammen – diese Informationsblätterkönnen auch Kundinnen und Kundenmitgegeben werden. Eine weitere sehrhilfreiche Maßnahme, um externe Angeboteund Partner kennen zu lernen, sinddie Infotage Migration, die wir in Friedrichshain-Kreuzbergbereits zum drittenMal gemeinsam mit <strong>KUMULUS</strong>-<strong>PLUS</strong>durchgeführt haben.?Inwiefern kooperiert das JobCenter beider Beratung und Informationen vonMigrantinnen und Migranten mit anderenBeratungsstellen?!Wir kooperieren mit verschiedenenanderen Beratungsstellen – beispielhaftist darunter die Zusammenarbeit mit<strong>KUMULUS</strong>-<strong>PLUS</strong>, denn dieses Netzwerkhat selbst ein umfassendes Angebot fürmigrationsspezifische beschäftigungsorientierteBeratung, Kompetenzfeststellungund Qualifizierung und ist zudemauch mit Dritten sehr gut vernetzt. Fürunsere Vermittlerinnen und Vermittlerist die Kooperation mit <strong>KUMULUS</strong>-<strong>PLUS</strong>so angenehm, weil es dort für uns mitdem Träger Arbeit und Bildung eine An-51


Qualitätsmerkmale – wie wird Beratung erfolgreich?laufstelle gibt, die dann Kundinnen oderKunden jeweils zu einem passenden Beratungsangebotweiterleitet. Ergänzenddazu sorgt ein Pendelflyer für Transparenzin der Beratung, denn hier formulierenunsere Vermittlungsfachkräfteihr Anliegen und die Beratenden von<strong>KUMULUS</strong>-<strong>PLUS</strong> notieren dort deren Beratungserkenntnisse.Erwähnenswert ist auch die „Jobassistenz“,ein Gemeinschaftsprojekt beimTräger zukunft im zentrum, wofür unteranderem das JobCenter Friedrichshain-Kreuzberg zwei Kolleginnen abgestellthat. Die „Jobassistenz“ ist in unserem Bezirkangesiedelt, berät allerdings für ganzBerlin rund um die berufliche Integration,es gibt beispielsweise Schuldnerberatung,Rechtsberatung oder Sprachstandfeststellung.Das ist möglich, weil hierBeratungsangebote verschiedensterTräger ständig oder wechselnd verfügbarsind, wie unser Jobcenter, <strong>KUMULUS</strong>-<strong>PLUS</strong>, der Integrationsfachdienst, oderAngebote der Beauftragten für Behinderte.Unser JobCenter profitiert ganzbesonders von den beiden Kolleginnen,denn sie pflegen die Beratungsergebnissefür unsere Kundinnen und Kundenaus Friedrichshain-Kreuzberg direkt inVerbis ein und sorgen dadurch für einMaximum an Transparenz.?Gibt es auch zwischen verschiedenenBeratungsfachkräften einen Austauschüber Ratsuchende?!Das erfolgt als kollegialer Austauschund mitunter werde auch ich gefragt,als Integrationsbeauftragte. Rückmeldungenmit Kolleginnen und Kollegender Migrationsfachdienste oder von KU-MUMUL-<strong>PLUS</strong> finden ebenfalls auf persönlicherEbene statt. Fallkonferenzenmit mehreren Beteiligten finden eherselten statt.?Als eines der Qualitätsmerkmale füreine migrationsspezifische Beratungbenennt der Facharbeitskreis ein angemessenesBeratungssetting, das beispielsweiseeine vertraute Atmosphäreein- oder Störungen ausschließt – kannein JobCenter dies leisten?!Jedes Büro im Jobcenter hat zunächsteine vorgeschriebene Grundausstattung.Darüber hinaus bleibt Spielraumfür individuelle Gestaltung wie Bilderoder Blumen. Dadurch entstehen ganzunterschiedliche Eindrücke – manchemögen es eher gemütlich andere lieben’snüchtern. Störungen während der Beratungsgesprächewerden nach Möglichkeitvermieden, das ist ja genau derGrund, warum uns oft vorgeworfen wird,die Vermittlungsfachkräfte seien telefonischnicht erreichbar.?Würden Sie das JobCenter Friedrichhain-Kreuzbergals interkulturell geöffnetbezeichnen, welche Strategienund Maßnahmen setzen Sie diesbezüglichein?!Wir hatten an einem Projekt der Senatsverwaltungzur InterkulturellenÖffnung teilgenommen, in dessen Rahmenwir von der UnternehmensberatungRambøll unterstützt wurden. Eswurde erfasst, was wir diesbezüglichbereits tun und was noch getan wer-52


Interviewden muss. Dabei haben wir festgestellt,dass wir schon eine ganz Menge machen:Wir haben mehrsprachiges Informationsmaterialund Checklisten zurAntragstellung und wir bemühen uns,die Beschilderung im Haus durch Piktogrammezu ersetzen, was uns (noch)nicht immer gelingt. Mitarbeiter werdeninterkulturell geschult, auch im Hinblickauf eine verständliche Beratung in derdeutschen Sprache. Kommt man mit derAmtssprache Deutsch aber partout nichtweiter, dann haben wir eine Liste mitErsthelfenden unter den Kollegen, diebei Verständigungsschwierigkeiten unterstützenkönnen. Unter den Angestelltendes Jobcenters sind immer mehr mitMigrationshintergrund – das Bild derBelegschaft hat sich verändert.Allerdings haben wir aber auch nocheiniges auf der Agenda stehen: VieleKolleginnen und Kollegen haben sichbeispielsweise Sprachkurse gewünscht,um zumindest Grundkenntnisse zu erwerbenoder ein Beratungsgespräch inder Muttersprache eröffnen zu können.Wir möchten die Beratenden noch mehrsensibilisieren für Menschen aus anderenKulturen – dazu planen wir Schulungenzu migrantenspezifischen Themen,beispielsweise zum Arbeits- undAufenthaltsrecht. Kurzum: InterkulturelleÖffnung ist ein laufender Prozess,von dem übrigens alle profitieren, nichtnur Migrantinnen und Migranten, daswird leider oft vergessen.53


Qualitätsmerkmale – wie wird Beratung erfolgreich?Qualitätsmerkmal:Das Beratungsangebot ist Teil einerProzesskette.Ziel von Prozessketten ist es, einzelne Schritteauf dem Weg der beruflichen Integration miteinanderzu verbinden und die Anschlussfähigkeitvon Einzelleistungen zu gewährleisten. Allerdingsist Beratung nicht nur an den Übergängeneinzelner Schritte wichtig, sondern soll außerdemkontinuierlich während anderer Maßnahmen undAngeboten erfolgen – am besten stets durch dieselbeVertrauensperson. Dadurch werden Informationsverlusteund Doppelstrukturen vermiedenund die Transparenz des Beratungsprozesses fürden Ratsuchenden erhöht.Indikatoren• Ergebnisse der Beratung werden an Fachkolleginnen/-kollegenund relevante Arbeitsmarktakteurekommuniziert.• Das Beratungsangebot ist mit anderen Arbeitsmarktakteurenund Fachberatungsstellen vernetzt.• Beratende kommunizieren die Bedarfe der Ratsuchendenin entsprechenden Gremien undNetzwerken.• Jegliche Weitergabe von Daten wird mit denRatsuchenden abgestimmt.• Bei der Weitervermittlung in andere Angebotewird gegebenenfalls eine Kompetenzfeststellungoder/und Sprachstandsfeststellung bei unabhängigenStellen in die Wege geleitet.54


Aus der Praxis:Immer auf dem Laufenden.Ein bewährtes Instrument des Berliner Netzwerks <strong>KUMULUS</strong>-<strong>PLUS</strong> für einen Informationsaustausch mit den zuständigenBeraterinnen und Beratern der Arbeitsverwaltungen ist der„Pendelflyer“. Dort formulieren Fallmanager der JobCenter,aus welchem Grund ein Kunde oder eine Kundin an <strong>KUMULUS</strong>-<strong>PLUS</strong> verwiesen wurde. Dadurch können die Fachleute hier unmittelbaran die Beratung des JobCenters oder der Agenturenanknüpfen. Im Gegenzug tragen sie die Ergebnisse ihrer Beratungein, so dass der Beratungsverlauf dokumentiert ist undFolgeberatungen gut aufeinander aufbauen können.Intern setzt <strong>KUMULUS</strong>-<strong>PLUS</strong> hierzu eine Datenbank ein, dieauch über einen „Weiterleitungsbogen“ verfügt. Das Prinzipist vergleichbar: Ein Projekt hinterlegt in der Datenbank Informationenüber den Beratungsverlauf mit dem Teilnehmendenbis dato und gegebenenfalls andere Aspekte des bisherigenWegs zur beruflichen Integration. Im Weiterleitungsbogenwird das Anliegen an das Partnerprojekt erläutert – das kanneine Kompetenzfeststellung sein, eine Qualifizierung oder einGespräch zur Vermittlung in Arbeit. Der oder die jeweilige Projektmitarbeiter/-mitarbeiterinerhält eine digitale Nachricht,hilft dem Ratsuchenden weiter und pflegt die neuen Informationenin die Datenbank ein.LesetippPendelflyer – im Internetunter: www.kumulus-plus.de/fileadmin/pdf/formulare/kumulus-pluspendelflyer-worddatei-A4-v100115.doc„<strong>Migrationsspezifische</strong> Instrumente zu Kompetenzfeststellungund Profiling“<strong>Praxishandreichung</strong> des IQ FacharbeitskreisesKompetenzfeststellung. Herausgeber: KompetenzzentrumMigraNet, 2008 (2. aktualisierteAuflage). Download: www.migranet.org, RubrikPublikationen/Materialien IQ Facharbeitskreis55


Qualitätsmerkmale – wie wird Beratung erfolgreich?56Qualitätsmerkmal:Die Beratung findet in einer Atmosphäreder Vertraulichkeit und einem angemessenesBeratungssetting statt.Damit Ratsuchende ihre Anliegen und Problemeoffen ansprechen können, muss die Beratung ineiner vertraulichen Atmosphäre stattfinden. Auchdas Beratungssetting - also beispielsweise dieRäumlichkeiten, Öffnungszeiten der Beratungsstelle,Teilnahme von Familienangehörigen an derBeratung – sollte den Ratsuchenden den Zugangzur Beratung erleichtern. Dadurch fühlen sich Ratsuchendeernst genommen und Wert geschätzt.Indikatoren• Störungen von außen wie Telefonanrufe oderDurchgangsverkehr werden vermieden.• Für den Beratungsprozess wird ein angemessenerZeitraum eingeplant.• Räume, in denen Begleitpersonen und Familienangehörigewährend der Beratung warten können,sind vorhanden.• Mehrsprachiges Informationsmaterial liegt ausund kann während der Wartezeit oder im Anschlussan die Beratung gelesen und mitgenommenwerden.Ein Beispiel fürs Beratungssetting– alle für einenDer Familienverbund spielt bei vielen Familienmit ausländischen Wurzeln eine wichtigeRolle. Besucht ein Mitglied eine Beratung,kommt die ganze Familie mit. Sie leisten moralischeUnterstützung, sie möchten helfen,sie wollen wissen, was da geschieht, vielleichtkann man ja auch etwas lernen, und schließlichgehört man halt zusammen – auch wennes um Beratung geht. Mitunter ist es aberwichtig, dass der oder die Ratsuchende alleinein der Beratung ist, dann sollte die Familienicht auf dem Flur stehen gelassen werden.Geeignete Warteräume sind daher nötig– ebenso wie Spielmöglichkeiten für Kinder,denn auch die gehören zur Familie.


Qualitätsmerkmal:Die Organisationen/Einrichtungen, dieBeratung anbieten, sind interkulturellgeöffnet.Das Ziel ist erreicht, wenn die Organisationen,in der Beratung stattfindet, Strategien entwickelthaben, um Migrantinnen und Migranten zuerreichen und auf allen Ebenen einzubeziehen.Dadurch wirkt die Organisation als Vorbild für dieIntegration von Menschen mit Migrationshintergrund.Indikatoren• Interkulturelle Öffnung gehört zum Leitbild derOrganisation.• Beratung erfolgt durch interkulturelle, mehrsprachigeTeams.• Interkulturelle Trainings werden durchgeführtund Beratende wie andere Mitarbeitende sindinterkulturell geschult.• Die Geschäftsleitung steht hinter der interkulturelleÖffnung (Top-Down) und forciert sie imUnternehmen.• Die Beteiligung aller Mitarbeitenden an diesemProzess ist verbindlich (Bottem-Up).Interkulturelle Öffnung – mit allen und für immerInterkulturelle Öffnung bedeutet ein professioneller Umgang mit Vielfalt undden Abbau von Barrieren, um Migrantinnen und Migranten die gleichberechtigteTeilhabe an gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Prozessenzu ermöglichen. Ein solcher Prozess bedarf einer Gesamtstrategie, erist angesiedelt auf der Ebene ...... der Organisation, als strategische Ausrichtung,... des Personals, bei der Personalauswahl und Personalentwicklung,... der Fort- und Weiterbildung,... des Qualitätsmanagements,... der Dienstleistungen und Produkte,... der Kooperationen und Vernetzung mit anderen Organisationen.Einzelne Impulse zur Interkulturellen Öffnung entfalten meist keine langfristigeWirkung, so reicht die Durchführung interkultureller Fortbildungenallein meist nicht aus, weil sich dadurch Strukturen nicht nachhaltig verändern.Strukturelle Veränderungen brauchen Zeit und machen Arbeit. Trotzaller Beteuerungen, man müsse das „Interkulturelle“ einfach nur mitdenken,sieht dies in der Praxis anders aus. Es braucht den Willen aller Beteiligten,sich auf diesen Prozess einzulassen und mitzuwirken.Lesetipp„Passgenau beraten, qualifizieren, vermitteln“Handlungsempfehlungen zur InterkulturellenÖffnung für Arbeitsverwaltungen. Herausgeber:Kompetenzzentrum Pro Qualifizierung, 2008.Download: www.pro-qualifizierung.de, RubrikPublikationen/Verschiedenes57


Qualitätsmerkmale – wie wird Beratung erfolgreich?Qualitätsmerkmal:Der Zugang zu Beratungsleistungenwird gewährleistet.Ratsuchende sollen umfassend über FörderungsundQualifizierungsmöglichkeiten und über dieAnerkennung ausländischer Qualifikationen informiertwerden. Sie lernen auch entsprechendeBeratungsangebote Dritter kennen und werden indie Lage versetzt, passende Angebote auszuwählenund in Anspruch zu nehmen.Indikatoren• Verständliches, gegebenenfalls mehrsprachigesInformationsmaterial liegt gut zugänglich anzentralen Stellen aus.• Ratsuchende erhalten Informationen über lokaleStrukturen, die für die (berufliche) Integrationwichtig sind.• Anlaufstellen im sozialen Nahraum werden alsInformationskanäle genutzt.• Migrantenorganisationen sind Partner, um Zugängezu Beratung zu ebnen oder zu schaffen.Lesetipp„Förderung der beruflichen Integration imländlichen Raum“Herausgeber: genres e.V., Flüchtlingsrat SchleswigHolstein e.V., 2010. Download www.nobinord.de,Publikationen58


Interview?Frau Ludvikova,Beratungsteht im Zentrumder JobassistenzBerlin – was kennzeichnet dieses Angebot?!Das Modellprojekt Jobassistenz bietetin Berlin an zwei Standorten Informationund Beratung sowie Unterstützungzu beruflicher Weiterbildung, Ausbildung,Schulabschlüssen, Sprachkursenund Jobs.Das Ziel ist, eine auf den Einzelfallabgestimmte transparente Beratung undInformationen anzubieten. Ergänzendbieten wir Beratungsleistungen, die wirals Unterstützungsberatungen bezeichnen,denn mitunter müssen zunächstHürden beseitigt werden, damit der Wegin den Beruf oder in die Weiterbildung»Man muss das Ganze im Blick haben – manchmal reichtBeratung zu Weiterbildung oder Beruf allein nicht aus.«Interview mit Lotte Ludvikova, Projektkoordinatorin,Jobassistenz Friedrichshain-Kreuzberg der zukunft im zentrum GmbHfrei wird – das können Schulden sein,das kann die Unterbringung von Kindernsein, das können aufenthaltsrechtlicheFragen sein.Um all das leisten zu können, wirddie Jobassistenz gemeinsam mit strategischenund operativen Partnern umgesetzt.Strategische Partner sind die BerlinerSenatsverwaltung für Integration,Arbeit und Soziales, die JobCenter Friedrichshain-Kreuzbergund Spandau, dieBezirke Friedrichshain-Kreuzberg undSpandau und die zukunft im zentrumGmbH. Operative Partner sind diejenigen,die unter dem Dach der Jobassistenzihre Leistungen anbieten. Dies sinddie Berliner JobCenter Friedrichshain-Kreuzberg und Spandau, das Netzwerk<strong>KUMULUS</strong>-<strong>PLUS</strong>, verschiedene Akteureder Jugend-, Sozial- und Schuldnerberatung.?Wie finden Ratsuchende zur Jobassistenzund wie orientieren sie sich dort?!Am häufigsten sind zwei Wege. Erstens:Ratsuchende werden vom zuständigenJobcenter mit einem bestimmten Anliegenzu uns geschickt. Sie erhalten danneinen Beratungsgutschein, in dem dieVermittlungsfachkraft vermerkt hat, welcheLeistungen bei uns erfolgen sollen.Zweitens gibt es immer mehr Ratsuchende,die auf eigene Initiative kommen– das freut uns, zeigt es doch, dass wir einerseitsempfohlen werden, und andererseits,dass unsere Marketingmaßnahmenwirksam sind.Wer zu uns kommt, findet ein Laden-59


Qualitätsmerkmale – wie wird Beratung erfolgreich?geschäft vor, sehr licht und offen, dennes ist komplett verglast, und wird amServicepoint von einem der Service-Mitarbeiterinnenoder -mitarbeiter begrüßt.Entweder kann er oder sie danach sofortzu einem Erstgespräch oder in die jeweiligeFachberatung gehen oder erhält einenzeitnahen Termin. Dazu müssen Siewissen, dass manche Beratungsfachkräftewie die vom zukunft im zentrum odervom JobCenter Friedrichshain-Kreuzbergzu allen Geschäftszeiten vor Ortsind, während andere nur zu bestimmtenZeiten präsent sind.?Inwiefern werden Sie Anliegen von Ratsuchendenmit Migrationshintergrundgerecht – auch wenn diese eine besondereHerausforderung darstellen?!Jobassistenz verfolgt einen ganzheitlichenund vernetzenden Ansatz,um die Zugangsmöglichkeiten vonMenschen unterschiedlicher Herkunftzu Bildung und in das Berufsleben zuunterstützen und zu verbessern. DerSchwerpunkt liegt dabei auf der Steigerungder Beteiligung von Migranten undMigrantinnen am Erwerbsleben. Vieles,was der Facharbeitskreis Beratung fordert,gehört ohnehin zu unserem Service:Unsere Angebote sind unter einemDach, damit Ratsuchende nicht verlorengehen, wir berücksichtigen auch die sozialeIntegration, denn mitunter reichtes nicht aus, wir begleiten die Leute aufderen Wunsch hin, beispielsweise zuJobCentern. Das sind Angebote, für alleunsere Kundinnen und Kunden. Speziellfür Migranten wenden wir verschiedeneFormate, schriftlich wie mündlich, zueiner Sprachstandseinstufung an. Diesist immer in eine individuelle Beratungeingebettet. Zur vertieften Kompetenzfeststellunghaben wir gute Kontaktezu verschiedenen Anbietern, auch zusolchen, die migrationsspezifische Verfahreneinsetzen, und vermitteln unsereRatsuchenden in geeignete Maßnahmen.Unsere Beratungsfachkräfte sprecheninsgesamt zehn verschiedene Sprachen,alle Beratenden verfügen über InterkulturelleKompetenz, zudem bieten wirauch gendergerechte Beratung an. Wirarbeiten eingebettet in einem Netzwerkzur Förderung von Chancengerechtigkeitund Diversity Management.?Was tun Sie, um eine hohe Beratungsqualitätzu gewährleisten?Die Jobassistenz am Standort Friedrichshain-Kreuzbergwurde 2008 nach!der Lernerorientierten Qualitätstestierungin der Weiterbildung (LQW) testiert.Ein kontinuierliches Qualitätsmanagementwird angewandt und wir befindenuns in einem ständigen Verbesserungsprozess.Unsere Beratungsaktivitätenwerden regelmäßig reflektiert und evaluiert,das ist sehr wichtig, beispielsweisefür Beratungen mit Unterstützungeines Dolmetschers oder wenn Diskriminierungserfahrungenbei Ratsuchendenvorliegen. In unserem Beratungsverständnishandeln und beziehen wir unsauf definierte Standards und Methodenwie den Quality Manual for Educationaland Vocational Counselling.60


Qualitätsmerkmal:Die Beratungsorganisation verfügt überein Qualitätsmanagementsystem.Dieses Merkmal gewährleistet, dass die Qualitätfür migrationsspezifische beschäftigungsorientierteBeratung überprüft und gesichert wird.Indikatoren• Regelmäßige, anonyme Befragungen von Ratsuchendenund Beratenden werden durchgeführt,deren Ergebnisberichte öffentlich einsehbarsind.• Die Einhaltung der Qualität wird durch eineentsprechende Kennzeichnung (Qualitätssiegel)sichtbar gemacht.• Die Ergebnisse einer Evaluation fließen in dieGestaltung der weiteren Beratungsleistungenein. Es wird sowohl eine Evaluation von externenExperten durchgeführt als auch eine regelmäßigeSelbstevaluationen.61


Auf einen Blick – unverzichtbare Kompetenzen und Anforderungen!Auf einen Blick – unverzichtbare Kompetenzenund Anforderungen!<strong>Migrationsspezifische</strong> beschäftigungsorientierte Beratung kann nicht nebenher mit geleistet werden. Die Liste der Anforderungenan Organisationen und die Anzahl der Kompetenzen, über die Beraterinnen und Berater verfügen müssen, sind zu komplex.Darauf wurde an verschiedenen Stellen dieser Publikation hingewiesen. Hier sind alle Kompetenzen und alle Anforderungen ineinem Überblick zusammengefasst.Unverzichtbare Kompetenzen fürBeratungsfachkräfte <strong>Migrationsspezifische</strong>s Wissen, zumBeispiel über Ursachen, Formen und Folgender Migration Kenntnisse der Faktenüber Migration und den Arbeitsmarkt. Kenntnisse der rechtlichen Rahmenbedingungenund/oder der Zugängezu entsprechenden Informationen.Wissen über die besondere Situationvon Migrantinnen und Migranten aufdem Arbeitsmarkt und die aktuellen gesetzlichenRegelungen zur Anerkennungausländischer Zeugnisse unter Berücksichtigungberuflicher Erfahrungen.62 Kenntnisse zu Bildungssystemenund Berufen, sowohl in Deutschland alsauch in den Herkunftsländern der Ratsuchendenund/oder Zugänge zu entsprechendenInformationen. Empathische, wertschätzende undoffene Grundhaltung dem Ratsuchendenmit Migrationshintergrund gegenüber.Fähigkeit, informell und formellerworbene Kompetenzen und beruflicheStärken zu erkennen, anzusprechen undfür die Integration des Ratsuchenden inden Arbeitsmarkt zu nutzen. Fähigkeit, das soziale und kulturelleUmfeld der Ratsuchenden mit Migrationshintergrundwahrzunehmen, es zurespektieren und es bei Bedarf in derBeratung vorurteilsfrei einzubeziehenund zu berücksichtigten. Fähigkeit, unter gegebenenfalls spracherschwertenBedingungen eine professionelleBeratung durchzuführen,die berufliche Potenziale und Kompetenzendes Ratsuchenden trotz eventuellvorhandener sprachlicher Defizite in denVordergrund stellt. (Sprechen Ratsuchendekein oder kaum Deutsch, werden Dolmetscherhinzugezogen oder eine Beratungin der Muttersprache angeboten) Fähigkeit, das eigene beraterischeHandeln zu reflektieren. Fähigkeit, sichmit unterschiedlichen Wert- und Norm-


vorstellungen, mit Macht- beziehungsweise Ohnmachtstrukturenund über Diskriminierung undVorurteile auseinanderzusetzen. Kenntnisse vonDiskriminierungsmechanismen und Diskriminierungsverbotenund die Fähigkeit, in der Beratungfachlich und differenziert damit umzugehen. Kenntnisse der interkulturellen Kommunikation.Fähigkeit, sich möglicher Unterschiedein der Gesprächsführung und der Deutung vonSituationen und verbaler/nonverbaler Interaktionbewusst zu sein und damit konstruktiv undlösungsorientiert umzugehen. Bewusstsein über interkulturelle Irritationenund daraus möglicherweise entstehendeKonflikte in der Beratung. Fähigkeit, trotz unterschiedlicherWertehaltungen einen Konsens zufinden. Kenntnisse und Fähigkeit, Gender- und Diversityaspektein der Beratung zu berücksichtigen. Kontakte, um andere wichtige Beratungs-Akteureanzusprechen und sie einzubeziehen, insbesonderedie Migrantenorganisationen sowiePersonen aus dem unmittelbaren sozialen Umfeldder Ratsuchenden.Anforderungen an Organisationen/ Institutionen Angebote sind durch Beratende mit den skizziertenKompetenzen sicherzustellen für alleAnlässe innerhalb der Bildungs- und Berufsbiografievon Ratsuchenden mit Migrationshintergrund– flächendeckend und ohne Zugangshürden. Beratung zur Anerkennung von im Auslanderworbenen Qualifikationen ausbauen. Angebote zur migrationsspezifischen Kompetenz-und Potenzialerhebung inklusiveSprachstandserhebung schaffen. Beratungsangebote für unterschiedlicheZielgruppen von Ratsuchenden mit Migrationshintergrund,auch im direkten Lebensumfeld undin Zusammenarbeit mit anderen Fachleuten, zumBeispiel aus Migrantenorganisationen und demSozialwesen gewährleisten. Sprachmittlerinnen und Sprachmittlern sowieInformationsangebote in den Sprachen der wichtigstenHerkunftsländer einbeziehen. Kenntnis von/Beratung zu Qualifizierungsangebotenfür Teilnehmende mit migrationsspezifischemWissensnachteil und Deutsch als Zweitsprache.63


Fortbildungsmodule – wie erwirbt man erforderliche Kompetenzen?Fortbildungsmodule – wie erwirbt manerforderliche Kompetenzen?Der Facharbeitskreis Beratung hat Fortbildungsmoduleentwickelt, die viele dererforderlichen Kompetenzen zur migrationsspezifischenbeschäftigungsorientiertenBeratung vermitteln und trainieren.Dabei spielen zum einen Elementeaus Interkulturellen Trainings ein wichtigeRolle, zum anderen werden besondereKenntnisse vermittelt, die in einerüblichen beschäftigungsorientiertenBeratung so nicht oder nur selten benötigtwerden: Faktenwissen zu den ThemenfeldernMigration und Integration.Zentraler Bestandteile der Fortbildungsmoduleist, eigene Werte und Normen zureflektieren, alternative Verhaltensweisenim Umgang mit Angehörigen andererKulturen durch praktische Übungenzu erlernen sowie unterschiedlicheWert- und Glaubenssysteme, Sprach-und Denkmuster und verschiedene Artender Kommunikation zu erleben. DieTrainings werden unter Nutzung verschiedensterMethoden wie problembezogeneund personenorientierte Kommunikation,Simulationen, Rollenspiele,Kreativmethoden, Arbeit an Fallstudiensowie Auseinandersetzung mit den ThemenfeldernVorurteile, Diskriminierungund Rassismus durchgeführt. WichtigesZiel der Interkulturellen Trainings ist es,Ratsuchende mit Migrationshintergrundnicht als „Problemfall“, sondern primärmit ihren Stärken und Potenzialen wahrzunehmen.Und das aus gutem Grund:Denn viele Migranten bringen nichtnur Zweit- und Drittsprachkenntnisseund langjährige Berufserfahrungen mit,sondern auch ein hohes Maß an Flexibilitätund Wissen über andere Kulturenund dortige Sozialisationsprozesse.Dieses Wissen ist hinsichtlich der Globalisierungund Internationalisierungvon großem Vorteil für den WirtschaftsstandortDeutschland.Der Facharbeitskreis Beratung empfiehlt,umfassende Interkulturelle Trainingsals einen festen Bestandteil desFort- und Weiterbildungsangebots derAgenturen für Arbeit und der ARGEn/JobCenter durchzuführen. Parallel wirddie Durchführung solcher Schulungenals ein festes Angebot an der Hochschuleder Bundesagentur für Arbeit sehrempfohlen.64


»Die Teilnahme am Training hat mir wichtige Impulse für meineArbeit gegeben. Ich merke, dass ich meine Haltung geändert habe,wenn ich mit Migranten zu tun habe. Ich reflektiere mein eigenesVerhalten stärker, ich bin irgendwie sensibler und offener für mirunbekannte Verhaltensweisen geworden. Ich gehe anders mit denMenschen um, vielleicht weniger vorurteilsverhaftet. In solchenSeminaren lernt man andere Kulturen und Lebensweisen kennen,versteht die Unterschiede besser und kann sie im Alltagsgeschehenbesser einordnen.«LesetippsNadja Ludwig*, Teilnehmerin eines interkulturellen Trainings* Name von der Redaktion geändert„Qualitätskriterien für die interkulturelle Fort- undWeiterbildung im Rahmen von interkulturellen Öffnungsprozessen“des IQ-Facharbeitskreises InterkulturelleÖffnung. Herausgeber EQUAL-EntwicklungspartnerschaftPro Qualifizierung, Dezember 2007, Download: www.pro-qualifizierung.de Rubrik Publikationen/Broschüren.IQ-Impuls-Mappe „Qualitätskriterien zur InterkulturellenWeiterbildung“ Herausgeber: Koordinierungsprojekt„Integration durch Qualifizierung“ (KP IQ), Mai 2010,Download www.intqua.de Rubrik IQ-ImpulsAus der Praxis:Interkulturelles Training in der ARGE DüsseldorfSprachhindernisse und Angst vor dem Fremden einerseits– kulturelle Ressourcen und Gewinn durch Vielfalt andererseits.Potenziale und Barrieren stehen oft nebeneinander.Interkulturelle Trainings können helfen, Hürden zu überwinden.So zum Beispiel in der ARGE Düsseldorf. Hier führte dasNetzwerk ARGEn und Optionskommunen beim DGB Bildungswerkals Partner des Kompetenzzentrums „Pro Qualifizierung– Interkulturelle Öffnung“ mit 66 Beratenden aus der Arbeitsvermittlunginterkulturelle Trainings durch. Die Trainings warenauf zweimal zwei Tage angelegt. Im ersten Block beschäftigtensich die Teilnehmenden in Vorträgen, Rollenspielen undGruppenarbeit mit ihrem eigenen kulturellen Hintergrund undihrem Umgang mit anderen Kulturen. Das Ziel war Sensibilisierung:für kulturelle Unterschiede, das eigene Verhalten undfür eine wertschätzende Beratung von Menschen mit Migrationshintergrund.Einen Monat später wurden im zweiten Blockschwierige Situationen aus der Beratungspraxis thematisiert.Die Teilnehmenden entwickelten selbst Lösungen und Handlungsstrategien.Daniel Weber vom DGB Bildungswerk: „Eswurde schnell deutlich: Es gibt keine Patentrezepte. Nur einedifferenzierte Wahrnehmung und flexibles Handeln helfen. Esgibt unendlich viele Handlungsoptionen. Dies zu erkennen,war für die Teilnehmenden ein großer Gewinn.“65


Fortbildungsmodule – wie erwirbt man erforderliche Kompetenzen?Aus der Praxis:Wege aus interkulturelle MissverständnissenIn der Kommunikation spielt der kulturelle Kontext eine entscheidende Rolle.Das Nichtwissen um kulturelle Unterschiede und unterschiedliche Wahrnehmungenkann zu interkulturellen Missverständnissen führen. In denInterkulturellen Schulungen im Rahmen des Projektes „Migrantinnen undMigranten in Arbeit – Beratung und Vermittlung in Arbeit in Zusammenarbeitmit Unternehmen“ (MiA) im nordrhein-westfälischen Lünen lernen dieTeilnehmenden Wege aus solchen Missverständnissen zu finden. Eine Beratungsarbeitvollzieht sich in folgenden Phasen: Wahrnehmen, Interpretieren,Bewerten und Handeln. Demzufolge kann im kulturellen Kontext nicht „pauschal“kommuniziert werden, sondern der Einzelne muss mit seiner persönlichenBiographie und seinem kulturellen Hintergrund wahrgenommen werden.Eine Kursteilnehmerinnen bringt ihr Kursergebnis auf den Punkt: „DieTeilnahme an der Schulung schuf Überraschung und Sicherheit zur gleichenZeit. Überraschung, weil einprägsam und lebendig dargestellt wurde, wie unterschiedlichVerhalten und Verhaltenscodices sein können; Überraschungauch darüber, dass unsere Deutungen nicht immer die passenden sein müssen,sondern wiederum auf unseren kulturellen Hintergründen beruhen. Überden Weg dieser Verwirrung wurde klar vor Augen gehalten, dass lange undgründliche Beobachtung der erste, ganz autonome Schritt sein muss. Erst imzweiten Schritt kann dann eventuell eine Deutung erfolgen, nicht aber, ohneFragen zu stellen und weitere Informationen einzuholen. Als Erkenntnis fürmeinen täglichen Beratungsprozess habe ich aus dieser Schulung mitgenommen,dass ich noch mehr als vorher für überraschendes oder unbekanntesVerhalten offen bin, nicht unmittelbar deute, sondern mir den Weg in eineVielfalt möglicher Deutungen offen lasse.“Beschäftigungsorientierte Beratung iminterkulturellen Kontext.Ein exemplarisches FortbildungsangebotIm Rahmen verschiedener Transferprojekte desNetzwerks „Integration durch Qualifizierung“sind interkulturelle Trainings für Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter der Grundsicherungsstellen undArbeitsagenturen durchgeführt worden. Als geeigneterUmfang eines solchen Trainings zumErwerb von Grundlagenwissen erwies sich in derPraxis ein 24-stündiges Programm, das an drei Tagenals ganztägiges Angebot durchgeführt wird.Zunächst erfolgen zwei Tage hintereinander unddann zeitversetzt vier bis sechs Wochen später einweiterer Tag. Diese Form ermöglicht den Teilnehmendennach den ersten beiden zwei Tagen derSensibilisierung für beschäftigungsorientierteBeratung im interkulturellen Kontext, Beratungssituationenmit Migrantinnen und Migranten bewussterzu erleben. Der dritte Tag des Trainingswird dann unter anderem dazu genutzt, konkreteBeispiele aus der Beratung in der Gruppe zu reflektieren.Ergänzend wird ein vierter Tag empfohlen,der rechtliches Wissen und Basiskenntnisse zumThema Migration vermittelt. Diese Aufteilung ist66


nach Rückmeldung von Beratenden in den Grundsicherungsstellenein Rahmen, der gut in ihre alltäglicheArbeit integrierbar ist.In allen Modulen des dreitägigen Trainings undauch im eintägigen Ergänzungsmodul wird immerwieder Bezug auf die alltägliche Praxis in der Beratungsarbeitgenommen und aktuelle Beispielewerden besprochen. Wo immer möglich, werdenMethoden der Erwachsenenbildung eingesetzt,die praxisnahes und lebendiges Lernen ermöglichen,wie Rollenspiele und deren Reflexion, Feedback,Fallarbeit, kollegiale Beratung.Modul 1: Migration und beschäftigungsorientierteBeratung im interkulturellen KontextIm ersten Modul geht es um die Erweiterungmigrationsspezifischer Kenntnisse sowie umerste Berührungen mit der „Kultur. Zentral istdie Vermittlung von Kenntnissen über Zahlen,Daten und Fakten zum Thema Migration. PositiveAspekte sind ebenso Thema wie Herausforderungen,die sich aus Wissensnachteilen überdas Bildungs- und Berufssystem in Deutschlandergeben. Teilnehmende lernen Methoden kennen,mit denen berufliche Potenziale und Ressourcenvon Ratsuchenden erkannt und gefördert werdenkönnen. In diesem Modul erfolgt auch eine Auseinandersetzungmit den Anforderungen an diemigrationsspezifische Beratung und an die entsprechendenKompetenzen der Beratende.Themen sind unter anderem:• Migration und Arbeitsmarkt,• Migranten als Kundengruppen,• Ressourcen kultureller Vielfalt,• Ausgrenzung und Assimilationszwang,• Kultur, Kulturdimensionen,• Anforderungen an Beratung.67


Fortbildungsmodule – wie erwirbt man erforderliche Kompetenzen?Modul 2: Interkulturelle Sensibilisierung undKommunikationIm zweiten Modul setzen sich die Teilnehmendenmit unterschiedlichen Wert- und Normvorstellungen,mit Macht- und Ohnmachtstrukturen, Diskriminierungund Vorurteilen auseinander. Einzentrales Thema dieses Moduls ist die Frage, wiein der Beratung fachlich und differenziert damitumgegangen werden kann. Ein weiterer Schwerpunktist die Vermittlung von Grundkenntnisseninterkultureller Kommunikation mit dem Ziel, sichmöglicher kulturbedingter Unterschiede in der Gesprächsführungund der Deutung von Situationenund verbaler/nonverbaler Interaktion bewusst zuwerden und damit konstruktiv und lösungsorientiertberaterisch weiterzuarbeiten.Themen sind unter anderem:• eigene „kulturelle Zugehörigkeiten“, Werte undEinstellungen,• Auswirkungen von Stereotypen, Vorurteilen,Diskriminierung auf die Beratungspraxis,• Auseinandersetzung mit dem Begriff der InterkulturellenKompetenz,• Einführung in das Thema Interkulturelle Kommunikation.Modul 3: Perspektivenwechsel und InterkulturelleHandlungskompetenzIm dritten Modul wird das eigene beraterischeHandeln reflektiert. Im Zentrum stehen Fallbearbeitungenaus der eigenen Beratungspraxis, dasErproben alternativer Handlungsoptionen undkollegiale Beratung. In Rollenspielen können dieTeilnehmenden immer auch die Perspektive derRatsuchenden einnehmen, um eigenes Beratungshandelnkritisch zu hinterfragen. Dadurch werdeninterkulturell bedingte Missverständnisse undKonflikte bewusst und trotz unterschiedlicherWerthaltungen gelingt einen Konsens.Themen sind unter anderem:• Reflektion der Beratungspraxis, Fallbearbeitung,• Analyse, Lösungsoptionen, kollegialer Austausch,• erproben alternativer Handlungsoptionen,• konstruktiver Umgang mit Beratungssituationenim interkulturellen Kontext,• Genderaspekte in der Beratung,• Entwicklung von Umsetzungsstrategien für dieeigene Beratungspraxis.68


Ergänzungsmodul zu gesetzlichen und rechtlichenRahmenbedingungen der MigrationIm Ergänzungsmodul geht es um die Auffrischungschon bestehender rechtlicher Kenntnisse unddie Erweiterung des Basiswissens zum ThemaMigration. Der Schwerpunkt dieses Moduls liegtauf der Erläuterung der Begrifflichkeiten von verschiedenenAufenthaltsstatusformen und derenBedeutung für die Praxis. Außerdem werden dieTeilnehmenden sich mit der Frage des Leistungsanspruchsund der Regelungen zum nachrangigenArbeitsmarktzugang für Menschen aus den neuenEU-Mitgliedsländern auseinandersetzen. Darüberhinaus werden Informationen zu neuen gesetzlichenRegelungen zur Bekämpfung des Fachkräftemangelsinfolge des demographischen Wandelsvermittelt.Inhalte des Basiswissens:• gesetzliche Rahmenbedingungen: Aufenthaltsrecht,Arbeitserlaubnis, Vorrangprüfung, Leistungsrecht,• Zuwanderungsgesetz,• rechtliche Rahmenbedingungen zur Anerkennungvon Schul- und Berufsabschlüssen,• Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG).Alles, was Recht istZahlreiche gesetzliche Änderungen der letzten Jahre, beispielsweise zumAufenthalts- oder zum Leistungsrecht, führten zu fehlerhafter und zumTeil auch zu diskriminierender Beratung und Betreuung von Menschenmit Migrationshintergrund. Beispiele dafür sind die Arbeitserlaubnis undder nachrangige Arbeitsmarktzugang für Angehörige neuer EU-Staaten,Änderungen im Aufenthaltsgesetz, beispielsweise beim § 104a „Aufenthalts-und Arbeitserlaubnis für langjährig geduldete Personen“, oderÄnderung beim Arbeitsmarktzugang für Fachkräfte mit Duldung durchdas Arbeitsmigrationsteuerungsgesetz. Für eine qualitativ hochwertigemigrationsspezifische Beratung, die auf gleichberechtigte und diskriminierungsfreieTeilhabe und Zugang zum Arbeitsmarkt abzielt,ist es notwendig, sich regelmäßig über alle diese wichtigenInformationen und Hintergründe fortbilden zulassen und Kenntnisse zu erwerben. Hierzu führt derFlüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V. Schulungenzur Schnittstelle Aufenthalts- und Leistungsrechtfür Arbeitsverwaltungen und Migrationsfachdienstein Schleswig-Holstein durch.69


Fortbildungsmodule – wie erwirbt man erforderliche Kompetenzen?Aus der Praxis:70Dimitrios Kanaris* aus Griechenland findet nach zweiwöchiger Arbeitsuchein Deutschland einen Arbeitsplatz, bei dem er 450 € verdient. Nach 4-wöchigerArbeit wird er ohne Lohnfortzahlungsanspruch arbeitsunfähig krank;ihm wird mit einer Frist von 2 Wochen in der Probezeit gekündigt. Die ARGEweigert sich, Leistungen zu zahlen, mit der Begründung, die Aufenthaltserlaubnissei zur Arbeitssuche erteilt worden. Was dem Berater der ARGE nichtbekannt war, ist, dass EU-Angehörige nach Feststellung der unfreiwilligen Berufsunfähigkeitfür höchstens sechs Monate Anspruch auf ArbeitslosengeldII haben. Dimitrios Kanaris kann somit auch nach der kurzen Berufstätigkeitseinen Arbeitnehmerstatus nicht verlieren.Svetlana Nikolow* reiste 2004 als Studentin von Bulgarien nach Deutschlandein. Nach Ablauf ihres rechtmäßigen Aufenthalts als Studentin wird sieschwanger. Aus familiären Gründen kann sie nicht nach Bulgarien ausreisenund bekommt wegen Reiseunfähigkeit eine Duldung und Leistungen nachdem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Nachdem Bulgarien der EUbeigetreten ist, werden die Leistungen nach AsylbLG eingestellt, da SvetlanaNikolow als Neu-EU-Bürgerin nicht mehr unter die Leistungsberechtigtennach § 1 Asylbewerberleistungsgesetz fällt. Die Betroffene geht einer geringfügigenBeschäftigung im Umfang von monatlich 16 Stunden nach undverdient 160 Euro monatlich. Hat sie Anspruch auf Leistungen nach SGB II?Ja, denn aufgrund ihrer geringfügigen Beschäftigung hat sie den Arbeitnehmerinnenstatuserlangt und ist nach § 2 Abs. 1 Freizügigkeitsgesetzes berechtigt.Gemäß eines Urteils des Landessozialgerichts NRW vom 30.1.2009reicht ein Viertel des Regelbezugs als Verdienst, damit ein Arbeitnehmenderunter das Freizügigkeitsrecht fällt.* Name von der Redaktion geändert


Interview?Frau Prof.Ayan, welchesWissen und welcheKenntnissevermitteln Sie Studierenden der Hochschuleder Bundesagentur für Arbeit?!Meine Schwerpunkte in der Lehre sindGrundlagen der Psychologie. Es gehtbeispielsweise darum, inwieweit stereotypesDenken Interaktionen beeinflusst.Unsere angehenden Agenturfachkräftesollen also ausgewählte psychologischeMechanismen und Konstrukte kennenlernenund sich im Selbstbezug kritischdamit auseinandersetzen, da sie alle inihren zukünftigen Tätigkeitsfeldern derBA mit Menschen zu tun haben werden– sei es als Kunden, als Kollegen oderVorgesetzte. Sich derart mit Aspekten»Im Handeln lernen sehe ich Bedarf für zusätzlicheMigrationsspezifik.«Interview mit Prof. Türkan Ayan, Hochschule derBundesagentur für Arbeit (HdBA)menschlichen Erlebens und Verhaltenssowohl auf akademischer Ebene als auchpraxisbezogen auseinanderzusetzen, deckeich für beide Bachelor-Studiengängeder Hochschule der BA ab, also sowohlfür den Studiengang Arbeitsmarktmanagementals auch für BeschäftigungsorientierteBeratung und Fallmanagement.Als Hochschule, die in Trimesternstrukturiert ist, haben die Studierendenvier Mal viermonatige Praxisphasen, indenen bisher von mir gestellte Praktikumsaufträgesich mit der Beobachtungund Durchführung von Beratung in verschiedenenOrganisationseinheiten derAgenturen befasst haben: der Arbeitsvermittlung,der Berufsberatung undder Grundsicherung. Zudem habe ichAufträge gestellt, die sich mit der fallorientiertenBeobachtung und Analyse vonArbeits- und Organisationsprozessen imPsychologischen Dienst und der anliegensorientiertenBeratung im Arbeitgeberservice(AGS) befasst haben.?Wird im Zuge der beiden Studiengängeauch Wissen für und Umgang mitmigrationsspezifischen Anforderungenerlernt?!Das Thema Migration verteilt sichauf eine große Bandbreite von Disziplinen,die an der HdBA vertreten sind.Es findet sich wieder in Betriebs- undVolkwirtschaftslehre, in Sozialwissenschaften,Politik, Recht und im Integrationsmanagement.Lege ich allerdingsunserer Lehre die Definition des IQ-Facharbeitskreises Beratung zugrunde,71


Fortbildungsmodule – wie erwirbt man erforderliche Kompetenzen?dann basiert die Ausbildung der HdBAvor allem auf Migrationssensibilität undweniger auf -spezifik.Zudem geht es darum, im Studiumauf Beratungskompetenz bezogen fürzwei Dinge den Weg zu bahnen: Erstens,dass wir Fachkräfte ausbilden, die ihreeigene Rolle als professionelle Beraterinnenund Berater im Beratungsprozessfinden. Zweitens, dass Haltung, Einstellungund Handelnlernen erworben werden.Das erfolgt auf drei Ebenen: alsÜbung, also beispielsweise durch Rollenspiele,auf einer Modellebene, durchHospitationen bei ausgebildeten Beratern,und durch Selbsterprobung in derEchtberatung, in der es auch darum geht,mit Rechtvorschriften, Programmen undzeitlichen Rahmenbedingungen vertrautzu werden. Die Verhaltensweisen in allenEbenen werden reflektiert, sowohl vonexternen Beobachtern als auch in Berichtender Studierenden als Selbstreflexion.Ein theoretischer Überbau zuBeratung wird selbstverständlich auchvermittelt.?Sehen Sie in der Ausbildung einenHandlungsbedarf in Bezug auf die Migrationsspezifik?!Die Delphi-Breitband-Erhebung desFacharbeitskreises Beratung hat jasehr dezidiert typische Beratungsanlässeund Herausforderungen der Migrationsspezifikbeschrieben. Anhand diesesRasters müsste eigentlich systematischdas Studium durchleuchtet werden, umabzugleichen, wo und wie diese Elementejeweils abgedeckt sind. Dazu wäreeine Abfrage an alle Dozenten und Professorenerforderlich. An Hochschulenwerden Lehrinhalte über Curricula festgelegt,die inhaltliche und didaktischeAusgestaltung liegt jedoch bei den entsprechendenverantwortlichen ProfessorInnenund DozentInnen – hier greiftalso der Aspekt der Selbstverpflichtung.?Inwiefern kann der Facharbeitskreisdie Hochschule der Bundesagentur fürArbeit unterstützen?!Ohne die oben erwähnte Abfragedurchgeführt zu haben, vermute ich,dass ein zusätzlicher Bedarf wenigerüber einen Input von Fakten nötig wäre,als vielmehr über die Handlungsebene.Grundlegend ist daher die Frage, wiekann ich das Wissen um migrationsspezifischeHerausforderungen in derBeratung umsetzen. Dazu bedarf es beispielsweisezusätzlicher Szenarien imHandelnlernen. Würde der Facharbeitskreisein solches Modul – mit handlungsorientierterMigrationsspezifik – anbieten,wäre vorstellbar, dies in Kooperationmit der Hochschule der BA als Pilotprojektanzubieten. Hierzu hat es ja bereitserste Sondierungsgespräche gegeben.?Sehen Sie eine Erhöhung von Beratendenmit Migrationshintergrundals einen weiteren Weg an, um migrationsspezifischeoder migrationssensiblebeschäftigungsorientierte Beratung zuunterstützen?!Grundsätzlich ist es sicher angebracht,dass sich beim Beratungspersonal dieVielfalt der Bevölkerung Deutschlandswiederspiegelt. Auf die Agenturen über-72


Interviewtragen heißt dies, die Vielfalt der Kundenstrukturim Blick zu haben. Wennman dies weiterdenkt, wäre eine getrennteBetrachtung nach den RechtskreisenSGB III und II sicherlich mit zuberücksichtigen. Es macht einen Unterschied,ob der Zugang in Arbeitslosigkeitdirekt aus der Erwerbstätigkeit erfolgtist, oder ob es sich bei der zu beratendenKlientel um langzeitarbeitslose Menschenhandelt. Gerade was Langzeitarbeitslosigkeitbetrifft, sind Migrantenüberproportional betroffen.Darüber hinaus bin ich der Meinung,dass es zwar Vorteile hat, mehr Migrantenin der beschäftigungsorientierten Beratungund Vermittlung einzusetzen - aberes ist nicht so, dass jeder Berater oderjede Beraterin mit Migrationshintergrundautomatisch den besseren Beraterfür Migrantinnen und Migranten abgibt.Man kann beispielsweise aufgrundder eigenen ethnischen Herkunft miteiner bestimmten Kultur vertraut sein,was aber nicht heißt, dass man weiß, wieein Gespräch zu steuern ist. Dafür mussman Beratungsansätze kennen und entsprechendeberaterische Methoden umsetzenkönnen. Im BA-Kontext kommennatürlich Fachkenntnisse, wie rechtlicheGrundlagen und Kenntnisse über Arbeitsmarktinstrumentehinzu. Zudem ist auchnoch einmal zu betonen, dass Migranten– von außen betrachtet – als homogeneGruppe gedeutet werden, aber in Wirklichkeitsehr heterogen sind. Wenn dieeigene Herkunftsfamilie beispielsweiseaus der Türkei stammt, dann kann man alsSunnit wenig Kontakt und Erfahrung mitAleviten haben und umgekehrt. Ich mussalso als Berater mit eigenem Migrationshintergrundin Fachkenntnissen undübergreifenden Beratungskompetenzenausgebildet und geschult werden. Undwenn zu diesen Kompetenzen noch besondereSprachkenntnisse und eine fehlendeScheu im Umgang mit „Fremden“bzw. „Fremdem“ kommen, wie Beratendemit Migrationshintergrund sie aufgrundihrer eigenen „Fremdheitserfahrung“mitbringen können, dann sehe ich darineinen Mehrwert.73


GlossarGlossarAnerkennung ausländischer QualifikationenDer Begriff der Anerkennung bezeichneteinerseits die gesellschaftliche Akzeptanzeiner Qualifikation, andererseitsauch das Verfahren der Anerkennungsowie ihr (positives) Ergebnis. Zentralist die Zuordnung einer ausländischenAusbildung oder eines Studiums bzw.Schulabschlusses zu einer vergleichbarendeutschen Qualifikation in Formeiner Bewertung von Zeugnissen und beruflicherErfahrung. Die Anerkennungsmöglichkeitenhängen derzeit vom jeweiligenBeruf, vom Bundesland und vonder Zugehörigkeit zu einer bestimmtenMigrantengruppe ab. Anerkennung stelltTransparenz zu ausländischen Qualifikationenfür Arbeitsmarktakteure her undmacht diese besser verwertbar.Unterschieden werden „formale Anerkennung“,wenn das Anerkennungsverfahrendurch Gesetze geregelt istund mit einem rechtskräftigen Bescheidendet. Von „Teilanerkennung“ sprichtman, wenn die ausländische Qualifikationnur zum Teil anerkannt wird. „De-jureAnerkennung“ bezeichnet die Anerkennungfür reglementierte Berufe (Berufe,deren Ausübung an eine Genehmigunggebunden ist. In Deutschland sind ca.60 Berufe reglementiert). Bei allennicht-reglementierten beruflichen undakademischen Abschlüssen wird von„De-facto-Anerkennung“ gesprochen.„Informelle Anerkennung“: So genannte„informelle“ Anerkennungsgutachtenwerden dann ausgestellt, wenn ein formalesAnerkennungsverfahren aufgrundfehlender gesetzlicher Regelungen nichtmöglich ist. Manche Anerkennungsstellenbewerten auf freiwilliger Basis ausländischeZeugnisse, indem sie ausländischeQualifikationen mit ähnlichendeutschen Berufsbildern vergleichen.Derartige Bescheinigungen vermittelnden Arbeitgebern grundlegende Informationenüber einen ausländischen Abschluss.’(vgl. Englmann, Bettina/Müller,Martina: Brain Waste. Die Anerkennungvon ausländischen Qualifikationen inDeutschland. Augsburg, 2007.)„Mit dem Begriff der Anerkennungrichtet sich das Augenmerk auf die Perspektiveder Verwertung und Akzeptanz.Offizielle Anerkennung sprechen staatlicheVerwaltungen, berufsständischeOrganisationen, Sozialpartner oderBranchenorganisationen aus. Außerdemkann der Begriff der Anerkennungeine allgemeine Akzeptanz seitens wirtschaftlicher,politischer und sozialer Interessengruppenausdrücken. Ohne eine74


solche gesellschaftliche Akzeptanz istder Wert der meisten Kompetenzen undQualifikationen in der Praxis wertlos“.(Käpplinger 2002)A rbeitslos-arbeitssuchend-nichterwerbstätigAls „arbeitslos“ gelten Menschen, diebei den Agenturen für Arbeit oder denTrägern der Grundsicherung (SGB II)gemeldet sind und gewisse Voraussetzungenerfüllen, zum Beispiel eine Arbeitvon mindestens 15 Wochenstundenaktiv suchen. „Arbeitsuchend“ ist derStatus, den Menschen haben, die ebenfallsbei der Agentur oder dem Grundsicherungsträgergemeldet sind, aber zumBeispiel zurzeit noch in Beschäftigungstehen (weil sie etwas anderes suchenoder erst demnächst arbeitslos werden)oder eine Arbeit unter 15 Wochenstundensuchen. „Nichterwerbstätig“ sindalle Menschen, die keiner bezahltenArbeit nachgehen. Dazu zählen außerArbeitslosen auch Menschen, die selbstohne Einschaltung der öffentlichen ArbeitsvermittlungArbeit suchen oderdie Erwerbsarbeit – zurzeit oder dauerhaft– aus unterschiedlichsten Gründennicht anstreben.Beratungsanlass / beschäftigungsorientierteBeratungIm Laufe ihres Schul- und Berufslebenshaben Menschen an unterschiedlichenStellen und mehrfach Beratungsbedarf.Am häufigsten wird unter „Berufsberatung“die Beratung von Schulabgängernbei ihrer Berufswahl verstanden.Ähnliche Fragestellungen ergeben sichaber auch zum Beispiel beim Wechseldes Arbeitsplatzes, beim Wunsch aufberufliche Veränderung oder bei Verlustdes Arbeitsplatzes. Es gibt also unterschiedlicheBeratungsanlässe, an deneneine Beratung zu Bildung, Beruf und Erwerbstätigkeit(= beschäftigungsorientierteBeratung) gebraucht wird. DieseBeratungsanlässe sind in der genanntenDelphi-Erhebung in ihrer Gesamtheitberücksichtigt worden.D elphi-Breitband-ErhebungBei einer Delphi-Erhebung werdenGlossarForschungsergebnisse auf die Aussagenvon Expertinnen und Experten imUntersuchungsfeld gestützt. Aufgabeder Forscher ist es dabei, die geeignetenFragen (mündlich oder schriftlich) zustellen und die meist frei und umfangreichformulierten unterschiedlichenAntwortbeiträge nach ihrem gemeinsamenGehalt zu strukturieren und auszuwerten.Bei einer Delphi-Breitband-Erhebung wird das Zwischenergebnisdieser Auswertung noch einmal mit denExpertinnen und Experten besprochen,um zum Beispiel Missverständnisse zuklären oder erforderliche Nachfragen zustellen.D iskriminierungDiskriminierung verstehen wir alsUnterscheidung, Ausschluss, Beschränkungoder Bevorzugung, die zur Folgehat, dass die Betroffenen ihre Rechteund Grundfreiheiten nicht gleichberechtigtwahrnehmen können. Diskriminierungtrifft Menschen aufgrund ihrer(zugeschriebenen) ethnischen Herkunft,ihrer Nationalität, ihrer Sprache, ihres75


GlossarAufenthaltsstatus, ihrer Hautfarbe oderäußeren Erscheinung, ihres Geschlechts,ihrer Religion und Weltanschauung, ihrerBehinderung, ihres Alters oder ihrersexuellen Identität.DiversityDer englische Begriff für Vielfalt hatsich in den Sozialwissenschaften, in derbetrieblichen Personalpolitik und in derstaatlichen Sozialpolitik etabliert, umeine möglichst heterogene Mischungvon Gruppen zu bezeichnen, zum BeispielBelegschaften oder (Maßnahme-)Teilnehmer. In der Diversity wird diegeschlechterrepräsentative Zusammensetzungvon Gruppen (als gleichstellungspolitischerForderung) um mehrereweitere Dimensionen der Repräsentanzerweitert, zum Beispiel um die Faktorenethnische Herkunft, Alter oder sexuelleOrientierung. Das „Diversity Management“zielt darauf, eine solche vielfältigeZusammensetzung von Gruppen bewusstzu gewährleisten, um einerseits gerechteTeilhabe unterschiedlicher Menschen zuerreichen, andererseits, weil es Befundegibt, die vielfältig gemischte Gruppenals in ihrer Gemeinschaft wirkungsvollerzeigen. Unternehmungen erhoffen sichdaraus auch Effizienzgewinne, aber auchVorteile in der Ansprache möglicher,ebenfalls vielfältig zusammengesetzterKundengruppen.E mpowermentDer englische Begriff für Ermächtigungoder Ermutigung bezeichnetberaterische oder andere soziale Interventionen,mit denen insbesondere fürstrukturell benachteiligte Ratsuchendeoder Klienten eine Perspektive auf dieeigenen Stärken und Potenziale geöffnetund so möglichst eine gestärkteHandlungsposition erreicht werdensoll.Erste Schwelle – Zweite SchwelleAls Erste Schwelle wird in der Arbeitsmarkt-und Berufsforschung derÜbergang aus dem allgemein bildendenSchulsystem in das berufliche Bildungssystem(inklusive der Hochschulen) bezeichnet.Als Zweite Schwelle wird in der Arbeitsmarkt-und Berufsforschung der Übergangnach einem ersten berufsqualifizierendenBildungsabschluss (inklusiveakademischer Abschlüsse) in eine ersteberufliche Position der Erwerbsarbeitbezeichnet.G enderDer Begriff Gender wird heute internationalin Politik und Wissenschaftfür das soziale Geschlecht einer Personverwendet. Er wurde aus dem Englischenübernommen, weil es hier im Gegensatzzur deutschen Sprache möglich ist, zwischenbiologischem Geschlecht („sex“)und sozialem Geschlecht („gender“) zuunterscheiden. Geschlecht wird heutemehrdimensional verstanden: Dasbiologische Geschlecht ist nicht dieGrundlage von Gender, sondern ein Teildavon. Der Begriff Gender vermeideteine Fixierung auf Biologie. Der Genderbegriffsignalisiert, dass die sozialeGeschlechterrolle keine ‚natürliche‘ Gegebenheitist. Gender markiert das Zusammenspielaus biologischen Faktoren76


wie dem Chromosomensatz, historischenund sozialen Faktoren. Die EuropäischeKommission sieht die praktisch-politischenWirkungen von Gender in Dimensionender Repräsentation in Politikund Gesellschaft, der Lebenslagen, derRessourcenverteilung und der Normenund Werte. Die Strategie des GenderMainstreaming verdeutlicht schließlichdie unterschiedlichen Realitäten vonFrauen und Männern in diesen Dimensionen.Sie fordert die Beachtung derGeschlechterperspektive als wesentlichesEntscheidungskriterium für dieGeeignetheit und Qualität sämtlicherpolitischer Maßnahmen (z. B. auch derBeruflichen Beratung). Quelle: Gender-KompetenzZentrum, Humboldt UniversitätBerlin, http://www.genderkompetenz.info/genderkompetenz/genderInterkulturelle KompetenzInterkulturelle Kompetenz ist die Fähigkeit,den eigenen unbewussten kulturellenHintergrund zu reflektieren, dieeigene Sozialisation und Biographie inBezug auf Diskriminierungen und Rassismensowie auf Machtasymmetrienund Privilegien zu hinterfragen. Damitverbunden ist die Fähigkeit, die eigenenPerspektiven auf Alltagssituationen undInteraktionen zu relativieren und Vorannahmenzu überprüfen. Das heißt auch,die Fähigkeit, kulturelle Unterschiedewahrzunehmen, die eigene Perspektiveals eine unter vielen zu erkennen unddarauf aufbauend das gesellschaftlicheZusammenleben zu gestalten. Damit verbundensind wiederum die Fähigkeiten,die Annahmen, die hinter anderen als deneigenen Konzepten liegen und wenigerbis nicht vertraut sind, zu analysierenund die verschiedenen Konzepte lösungsorientiertmiteinander in Bezug zu setzen.Zusammenfassend ist InterkulturelleKompetenz die Fähigkeit, die Vielfalt anLebenswelten und –entwürfen als Basisdes Alltags- und beruflichen Handelnszu erkennen, kulturelle Besonderheitenim Handeln zu berücksichtigen und lösungsorientiertdamit umgehen zu können.(vgl.: Sabine Handschuck, HubertusSchröer: „Handbuch InterkulturelleGlossarOrientierung und Öffnung“, Augsburg2010 (in Vorbereitung))Institutionelle DiskriminierungRegeln, Normen, Routinen, Einstellungenund Verhaltensmuster in Institutionen,die teilweise sogar zunächstneutral erscheinen, sind tatsächlich inStrukturen eingebettet, die zu einer ungleichenBehandlung von bestimmtenGruppen führen.K ompetenzfeststellungDie europäische Kommission definiert„Kompetenz“ als eine „Kombinationaus Kenntnissen, Fähigkeiten undEinstellungen, die einer bestimmtenSituation angemessen sind. „Schlüsselkompetenzen“bezeichnen Kompetenzen,die persönliche Entfaltung, sozialeIntegration, aktive Bürgerschaftund Beschäftigung fördern.“ Von dieserDefinition abgeleitet, bezeichnet dieKompetenzfeststellung die Anwendungvon Verfahren, die geeignet sind Verhaltensweisenzu analysieren, die Menschenzur Bewältigung von Aufgaben in77


Glossarspezifischen Situationen anwenden. DieIQ-Evaluation anakonde hat den Facharbeitskreisund die Projekte zur Kompetenzfeststellungüber mehrere Jahrenbegleitet. Für sie ist „Kompetenzfeststellungbei Migrant/innen eine Arbeitsmethode,mit der in Institutionen undProjekten die persönlichen Stärken undPotentiale von Teilnehmern/innen mitMigrationshintergrund herausgearbeitetwerden – mehr oder weniger nah ander zugleich individuell-biografischenwie gesellschaftlichen Aufgabe „Integrationin den Arbeitsmarkt“. Dabei gilt, dassKompetenzfeststellung für Migranten/innenkein Spezialinstrument ist, sonderneingebettet ist in umfassende Debatten-und Praxisentwicklungen, die denEntwicklungen auf dem Arbeitsmarktgerecht werden. Es ist Ausdruck eines„Paradigmenwechsels“ im Umgang mitFragen der Integration: “Vom Defizitblickzur Ressourcenorientierung.“(Quelle: „<strong>Praxishandreichung</strong> - Qualitätsstandardsund migrationsspezifischeInstrumente zur Kompetenzfeststellungund Profiling“ Herausgeber: IQ-FacharbeitskreisKompetenzfeststellung undKompetenzzentrum MigraNet 2008)Migrationspezifische BeratungDer Begriff der migrationsspezifischenBeratung wird eigentlich erstdurch die vorliegenden Publikationendes IQ-Netzwerkes, insbesondere alsErgebnis der genannten Delphi-Erhebungetabliert. Er verdeutlicht, dass dievielfältigen und komplexen Herausforderungenin der Beratung von Ratsuchendenmit Migrationshintergrundspezifische Kompetenzen, Methoden undBeratungsangebote erfordern. So erweiterter deutlich den Begriff der „migrationssensiblenBeratung“, der eher aufdie sensible Wahrnehmung besondererErfordernisse auch in unspezifischenBeratungsangeboten gerichtet ist.<strong>Migrationsspezifische</strong>sFördermanagementWie in der migrationsspezifischen Beratungsind auch bei Auswahl, Gestaltungund Einsatz von Fördermaßnahmenkomplexe spezifische Bedürfnisse zubeachten und entsprechende Herausforderungenzu meistern. Die Gesamtheitdieser spezifischen Aufgaben wirdals Fördermanagement bezeichnet.M igrantenorganisationenDie Funktion der Migrantenorganisationenin Deutschland ist eng mit derGeschichte der Einwanderung verknüpft,die in den 1950er- und 60er-Jahren primärder Anwerbung von Arbeitskräftenfür die deutsche Wirtschaft diente. Nebenden rein wirtschaftlichen Fragenwarf der Arbeitskräfteimport auch neuesoziale Probleme auf. Zunächst wurdedaher die soziale Versorgung der Einwandererzu einem sozialpolitischenThema. Die deutschen Wohlfahrtsverbände(Arbeiterwohlfahrt, Caritas etc.)übernahmen wichtige Betreuungs- undFürsorgefunktionen für die eingewanderteBevölkerung, die sie teilweise bisheute noch wahrnehmen. Aus diesenstark sozialstaatlich ausgerichtetenStrukturen heraus entwickelten sich seitden 1970er-Jahren die ersten Selbstor-78


ganisationen von Migranten, die mangrob nach religiös und weltlich ausgerichtetenOrganisationen unterscheidenkann. Mit der Pluralisierung der Migrationsformenin den letzten Jahren ist dasNetzwerk von Migrantenorganisationendichter, vielfältiger und professionellergeworden. Die Migrantenorganisationenfunktionieren heutzutage als „Brücke“zur Einwanderungsgesellschaft, indemsie die Standpunkte und Interessen derEinwanderer vertreten. Sie sind darüberhinaus auch wichtige Anbieter verschiedenerBildungsangebote in Deutschland.Migrationssensible Beratungsiehe migrationsspezifische BeratungP otenzialanalysesiehe KompetenzfeststellungP rofilingDas „Profiling“, also die systematischeAnalyse individueller Eigenschaftenvon Menschen, unter anderemfür Vergleiche und ModellbildungenGlossar(bekannt auch aus kriminologischenund kriminalistischen Ansätzen) wurdein der beschäftigungsorientiertenBeratung zunächst für die Früherkennungdes Risikos von Arbeitslosen, langzeitarbeitsloszu bleiben, genutzt, umprophylaktische Fördermaßnahmen zuergreifen. Inzwischen wird eine solcheAnalyse, die auch die Potenzialanalyseeinschließt, genutzt, um auch weiterespezifische modellhaft vorkommendeberufliche Lebenslagen zu definierenund einzelne Ratsuchende diesen Musternzuzuordnen. Das Profiling führtdann, zum Beispiel im aktuellen Integrationsverfahrender Agenturen für Arbeit(SGB III) und der Grundsicherungsträger(SGB II), zur Auswahl spezifischerAngebote und Förderinstrumente.P rozessketteDie Prozesskette wurde vom Netzwerk„Integration durch Qualifizierung“entwickelt und erfasst die Konzept- undPraxiserfahrung aus fünf Jahren Netzwerkarbeit.Sie stellt die Kombinationoder Verzahnung verschiedener Unterstützungsleistungendar: Auf der Basisvon verbindlichen Vereinbarungen zwischenverschiedenen Institutionen erfolgteine individuell flexibilisierte Abfolgevon Teilschritten. Methodisch istdie Prozesskette nicht als ein linear zudurchlaufendes Verfahren zu verstehen,sondern als ein dynamischer Vorgangbestehend aus Teilprozessen, die einzelnin Anspruch genommen oder miteinanderverbunden werden können. Dieindividuellen, unterschiedlichen undvielfältigen Kompetenzen, Fähigkeitenund Fertigkeiten von Migrantinnen undMigranten werden berücksichtigt, sichtbarund zur Entfaltung gebracht. Die Instrumente,Abläufe und Ziele sollen sichzu jeder Zeit an den individuellen Ansprüchendes Individuums orientieren.79


Der IQ-Facharbeitskreis „Beratung“ wird gefördert durch:ImpressumHerausgeber:Facharbeitskreis „Beratung“ vomNetzwerk „Integration durch Qualifizierung“Stefan Nowack (V. i. S. d. P.)www.kumulus-plus.deLeitung und KoordinationFatoş TopaçKompetenzzentrum <strong>KUMULUS</strong>-<strong>PLUS</strong>bei Arbeit und Bildung e.V.Lindenstr. 20-25, 10969 BerlinTel.: 030 - 2593095-0Mail: fatos.topac@aub-berlin.deRedaktion:Andrea Wegner, FatoŞ Topaç, Andrea Simon, IngibjörgPétursdóttir, Stefan Nowack, Elke Knabe, Anne Güller-Frey, Özcan AyanoğluText:Elke Knabe, Journalistenbüro profilFotos:Miriam Asmus (S. 39)Bundesagentur für Arbeit (S. 4)Bundesministerium für Arbeit und Soziales (S. 2)fotolia.de (Monkey Business Cover + S. 56, RobertKneschke Cover, Mark Yuill Cover + S. 37, Mikael DamkierS. 16, Jeff Gynane S. 18, pressmaster S. 22, Stihl024 S. 25,Gina Sanders S. 27, Peter Klose S. 28, Joachim Wendler S.29, Mopap S. 30, Jaimie Duplass S. 47, cxvalentina S. 49)LIFE e.V. (S. 39)Anita Schiffer-Fuchs (S. 3, 5, 20, 34, 53, 70)Manfred Vollmer (S. 54)Metin Yilmaz (S. 10, 11, 15, 34, 44, 54, 58, 61, 73)Layout:IT dependsMiriam Asmus - Web- und Grafikdesignasmus@it-depends.deDruck:Brandenburgische Universitätsdruckerei und VerlagsgesellschaftPotsdam mbHAuflage: 1500© <strong>KUMULUS</strong>-<strong>PLUS</strong>, Berlin, Oktober 2010Das Kompetenzzentrum <strong>KUMULUS</strong>-<strong>PLUS</strong> ist Mitglieddes deutschlandweiten Netzwerks Integration durchQualifizierung.

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