<strong>Der</strong> <strong>Experte</strong>, Ausgabe September 2013Ein Gestürm in allen Zeitungen, imFernsehen und Radio. Ein Erdbebenmit einer Stärke von 3,6 (Die Richterskalaist laut Wikipedia eine der gebräuchlichenMagnituden-Skalen, diein der Seismologie zum Vergleich derStärke (Energiefreisetzung) von Erdbebenherangezogen werden) wurdedurch menschliches Zutun provoziert.Solche Erdbeben sind in der Schweiznicht selten. Mindestens ca. 10 Erdbebenpro Jahr mit einer Magnitudevon 3-4 schütteln uns regional durch.Es erscheint in der regionalen Zeitungeine Notiz und damit hat sich`s.Im Wissen um diese Ereignisse ist dasfremdinduzierte Erdbeben in St. Gallenalso keine grosse Seltenheit. Es istjedoch eine Sensation <strong>für</strong> die Presseund die Geothermiegegner, wennman sich an das Drama am 08.12.2006mit einem Ausschlag 3,4 und dasNachbeben am 06.01.2007 in Baselerinnert, welches jedoch nur einenAusschlag von 3,1 aufwies. In derStadt Basel hatte es zu erheblichenSchäden geführt. In St. Gallen sindnur ca. 120 leichtere Schäden zu vermelden.Die Bauherrin in Basel, GeopowerAG, die nach eigenen Angaben schon56 Millionen Franken investiert hat,kündigte an einer Medienkonferenzan, die Weiterführung des Pilot-Projektsvon wissenschaftlichen Analysenund politischen Entscheidungenabhängig zu machen. Später beschlossder Geopower-Verwaltungsratden teuren Bohrturm abzubauenund das Projekt abzuschreiben.In St. Gallen wurde eine andere, angeblichsicherere Bohrtechnik angewendet.Die St. Galler Städtische Werkeinformieren über das Ereignis unddie weiteren Schritte zeitnah, vorbildlichwie ich meine.Über das weitere Vorgehen herrschtbis zur Drucklegung noch keine Klarheit.Es ist nur anzunehmen, dass dieSt. Galler nicht wie die Basler Behördenden Fortgang der neuen Technologiestoppen werden.Ich bin weder Geologe noch Geophysiker,doch mein Verstand sagt mir,dass ohne ein gewisses Risiko in Kaufzu nehmen, keine neue Technologieentstehen kann. Die angewandteTechnologie ist zudem schon erprobt,steckt aber sicherlich noch in den Kinderschuhen.Doch ohne Feldversuche,rein theoretisch, lässt sich eine sozukunftsorientierte Technologie wedererforschen noch weiterentwickeln.Erinnern wir uns an das schnelle undevt. sogar das voreilige Einlenken desBundesrates zur neuen Energiestrategienach dem Atommeiler-Unfall in Fukushima?Allen voran die CVP schnelltein Windeseile auf die neue,unausgegorene und spekulative Energiestrategieum.Wenn die Atomenergie substituiertwerden soll, bitte mit welchen Energien?Es ist den Energie- und privatenUnternehmen zu danken, dass Windräderaufgestellt, Photovoltaik-Dächererstellt, und Biogasanlagen betriebenwerden. Auch ist der Kampf werkenerstrebenswert, trotz der grossenWiderstände in einem kleinen Teilder Bevölkerung. Doch bitte schön,welches sind dann die sicheren,durchführbaren und auch bezahlbaren
Technologievarianten zum heutigenEnergiemix?Wir brauchen nebst dem Sparen neueEnergiequellen, die nachhaltig und auchin der Tat sehr ergiebig sein sollen.Wie bereits erwähnt, ist eine dieserVarianten die Geothermie. DieseTechnik ist beileibe nicht neu und wirdin einigen Ländern <strong>für</strong> die Stromerzeugung,Wärmeerzeugung und dieLandwirtschaft seit Jahrzehnten genutzt.Nur die neue Anwendung auch wasseraustrittewie Geysire haben, istdie Technik etwas komplizierter.Schon in der Schule haben wir in Erdkundegelernt, dass die Erdkugelnicht aus einem massefreien Ballonbesteht.<strong>Der</strong> Beginn der Nutzung von Erdwärme<strong>für</strong> die Stromerzeugung ist mitdem Jahr 1904 und dem kleinen italienischenOrt Landerello verbunden.In jenem Jahr begann man mit einerkleinen, dampfgetriebenen Turbine,die fünf Glühbirnen zum Leuchtenbrachte, zu experimentieren. 1911baute man in Landerello dann daserste geothermische Kraftwerk, mit einerLeistung von 250 Kilowatt. Es wardas einzige Kraftwerk seiner Art weltweitbis 1965. Die Anlage in Landerelloist noch heute in Betrieb und versorgtüber eine Million Haushalte mitelektrischer Energie.Dieser Gedankenschupser will darstellen,dass wir Mut haben müssen,gerade in der ressourcenarmenSchweiz auch Risiken einzugehen. Ri-siken, die Menschenleben nicht einfachaufs Spiel setzen aber vernünftigeVersuche von neuen Technologiengefördert werden.Um eine klimafreundliche, zahlbareEnergiewende einleiten zu können,braucht es den Mut des Bundesrates,die Energiewende auch tatsächlicheinzuleiten. Die Unabhängigkeit vonfossilen Brennstoffen erreicht mannicht mit Schüren von Angstszenarien,sondern mit vernünftigem risikovorauschauendemIngenieur- und<strong>Experte</strong>nwissen. Um die vorgegebeneEnergiewende zu erreichen, müssenwir bereit sein einige Risiken aufuns zu nehmen. Ohne Risiken keineneue Technologie (Wie war das denndazumal bei der Atomenerige? Wowird das Endlager entstehen?)!Es sind so viele Energiequellen wienur möglich nutzbar zu machen. Diessollte jeder Schweizer Bürgerin undjedem Schweizer Bürger bewusstsein. Dazu gehört jedoch auch die Offenheitneuen Technologien gegenüber.Die Angst um das Eigenheim istberechtigt, den Erhalt des Besitzstandesebenfalls. Doch was ist bis anhingeschehen? Keine Grossschädensind in St. Gallen zu verzeichnen,ganz im Gegensatz zu Tunnelbohrungenunter Städten und Dörfern, woganze Häuser buchstäblich zerrissenwurden und hunderte von Schäden zuverzeichnen waren und auch in Zukunftsein werden.serenNachfahren, jegliche nur erdenklicheTechnik zu fördern und weiterzuentwickeln,die der Allgemeinheit,also uns Bürgern einen nachhaltigenNutzen bringt. Einen Nutzen <strong>für</strong> dieUmwelt, Vorbeugung gegen Einwirkungenauf unsere Körper durch Luftverschmutzung,Strahlung, Lärm sowieden Erhalt unseres Wohlstandesund die Weiterentwicklung unsererwirtschaftlichen Eigenständigkeit. Dienicht einschätzbaren Risiken der Endlagerungvon Atombrennstäben dürfenabsolut mit den einschätzbarenörtlichen Risiken der Geothermie verglichenwerden.Ich hoffe auf den gesunden Menschenverstandder St.Galler Behörden,das zukunftsweisende Projektfertigzustellen, um einen Nutzen <strong>für</strong>diese neue Technologie der Geothermie<strong>für</strong> die ganze Schweiz zu erhalten.Eine schöne, «geothermische»Herbstzeit wünschen:Emil Aemisegger und seinReadktions-Team<strong>Der</strong> HerausgeberObere Heslibachstrasse 298700 Küsnacht044 912 01 07079 400 43 30aemiseggeremil@bluewin.chwww.derexperte.chBild 1: Fernwärme in St. Gallen (Quelle: geothermie.stadt.sg.ch)