12.07.2015 Aufrufe

Elementare Zahlentheorie und Problemlösen - Mathematik und ...

Elementare Zahlentheorie und Problemlösen - Mathematik und ...

Elementare Zahlentheorie und Problemlösen - Mathematik und ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Herbert Möller<strong>Elementare</strong> <strong>Zahlentheorie</strong><strong>und</strong> <strong>Problemlösen</strong>Kompass-Buch


Prof. a. D. Dr. H. MöllerMathematisches Institut der UniversitätEinsteinstr. 62, D-48149 MünsterE-Mail: mollerh@math.uni-muenster.de.WWW: http://www.math.uni-muenster.de/u/mollerh (Die Webseite hat denNamen Mathkompass, mit dem sie auch im Folgenden zitiert wird).Dieses Buch wurde mit dem (L A TEX-) Satzsystem OzTEX4.0 von Andrew Trevorrow,dem Texteditor ALPHA7 von Pete Keleher <strong>und</strong> für die Pdf-Erzeugung mitdem Satzsystem TeXShop 2 (Entwicklung koordiniert von Richard Koch, DirkOlmes <strong>und</strong> Gerben Wierda) auf Macintosh-Computern hergestellt.OzTEX4.0 ist ein Shareware-Programm (http://www.trevorrow.com),ALPHA7 ist ein Shareware-Programm(http://www.kelehers.org/alpha),TeXShop 2 ist ein GNU Public Licence Programm(http://www.uoregon.edu/~koch/texshop).Macintosh ist ein Warenzeichen der Apple Computer, Inc.Copyright c○ 2008 Herbert Möller.Permission is granted to copy, distribute and/or modify this document<strong>und</strong>er the terms of the GNU Free Documentation License, Version 1.2or any later version published by the Free Software Fo<strong>und</strong>ation; with noInvariant Sections, no Front-Cover Texts, and no Back-Cover Texts. A copyof the license is included in the section entitled “GNU Free DocumentationLicense” (page 239).Dieses Buch gehört zu dem Projekt “Vitale <strong>Mathematik</strong>”. Im Mathkompass unter‘Sonstiges’ gibt es einen Link auf einen Bericht über “Ergebnisse <strong>und</strong> Ziele”,der auch eine Projektbeschreibung enthält. Der Quelltext des Buches wird zumBeispiel für Übersetzungen vom Autor zur Verfügung gestellt.Letzte Korrektur am 29.8.20112


VorwortDieses Buch ist aus mehreren Lehrveranstaltungen hervorgegangen, die jeweilsvon der üblichen Form abwichen. Die Standardvorlesung “<strong>Elementare</strong> <strong>Zahlentheorie</strong>”war im Sommersemester 2001 eine “Jubiläumsvorlesung”, weil im Jahre1801 das Buch “Disquisitiones arithmeticae” [9] von C. F. Gauß 1 erschienen ist.Es enthielt zum ersten Mal den größten Teil der Ergebnisse, die noch heute die“elementare <strong>Zahlentheorie</strong>” bilden. Schon bevor dieses Buch 1889 mit dem Titel“Untersuchungen über höhere Arithmetik” ins Deutsche übersetzt wurde, gehörtees zu den bedeutendsten Werken der <strong>Mathematik</strong>.Da Gauß viele Zusammenhänge durch umfangreiche Rechnungen gef<strong>und</strong>en hat,führte die Vorlesung einerseits zu einer Rückbesinnung auf “konkrete” <strong>Mathematik</strong>als Ausgleich für die zunehmende Abstraktheit durch “Algebraisierung”, <strong>und</strong>andererseits wurden an mehreren geeigneten Stellen Ausblicke auf die weitereEntwicklung der <strong>Zahlentheorie</strong> gegeben. Eine im Sommersemester 1989 durchgeführteVorlesung mit dem Titel “Höhere <strong>Zahlentheorie</strong> mit Mikrocomputern”lieferte außerdem das Material für die Berücksichtigung effizienter Berechnungsverfahren<strong>und</strong> aktueller Anwendungen.Untersuchungsobjekte der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong> sind die natürlichen, dieganzen <strong>und</strong> die rationalen Zahlen, deren Kenntnis normalerweise vorausgesetztwird. Wiederholte Nachfragen ergaben, dass nur wenige Studierende etwas vonder Einführung der natürlichen Zahlen mit Hilfe der Peano-Axiome gehört haben,<strong>und</strong> keiner von ihnen wusste, wie sich damit die Verknüpfungen definierenlassen. Deshalb wurde eine geeignete Präzisierung der natürlichen Zahlen an denAnfang der Vorlesung gestellt. Hier wird diese Skizze durch einen Ausblick aufdie Brüche <strong>und</strong> die ganzen Zahlen in Form einer “zweiten Textsorte” ergänzt.Die vielen Besonderheiten der Jubiläumsvorlesung veranlassten den StudentenThorsten Wetter, völlig freiwillig die Vorlesung mit einem Textsystem so aufzuschreiben,dass andere Studierende die Ausarbeitung kopieren konnten. Anschließendhat er im Rahmen seiner Staatsexamensarbeit mit dem Titel “HochschuldidaktischeAspekte einer <strong>Zahlentheorie</strong>vorlesung” eine L A TEX-Version angefertigt,die die Herstellung dieses E-Buches motivierte.1 Carl Friedrich Gauß (1777-1855) wirkte in Göttingen.3


4 VorwortDer Problemlöseteil verwendet ebenfalls teilweise den Text einer Staatsexamensarbeit.Stefan Krämer hat sie 2001 mit dem Titel “Analyse <strong>und</strong> Weiterentwicklungeines Seminars über <strong>Problemlösen</strong> in der <strong>Zahlentheorie</strong> für Lehramtsstudierende”geschrieben. Dieses Seminar wurde von 1997 bis 2004 elfmal durchgeführt.Alle TeilnehmerInnen gestalteten jeweils eine Sitzung mit zwei Aufgaben: Zuerstmusste ein Vortrag über ein <strong>Zahlentheorie</strong>problem der Internationalen <strong>Mathematik</strong>olympiade(IMO) mit besonderer Herausarbeitung der Findestrategien gehaltenwerden; anschließend war eine zahlentheoretische Aufgabe des B<strong>und</strong>eswettbewerbs<strong>Mathematik</strong> (BWM) von den übrigen TeilnehmerInnen in der Form einerUnterrichtssimulation mit “suggestionsarmer” Anleitung zu lösen.Der erfreuliche Effekt, dass die Studierenden auf diese Weise innerhalb einesSemesters gute Problemlösefähigkeiten entwickelten, lässt sich leider nicht ohneWeiteres durch ein Buch erreichen, weil das aktive Handeln fehlt. Dennoch sollhier versucht werden, auch in die “Kunst des <strong>Problemlösen</strong>s” einzuführen, dieim Anschluss an einen mehr als 2500 Jahre alten griechischen Begriff “Heuristik”heißt.Deshalb sind in diesem Buch - anders als in der Vorlesung - einige Findestrategienbereits in den Text <strong>und</strong> vor allem in die Beweise integriert. Im sechstenKapitel finden sich dann die wesentlichen Methoden systematisch mit geeignetenBeispielen zusammengestellt. Außerdem wird bei einer Reihe von zahlentheoretischenProblemen des BWM <strong>und</strong> der IMO eine das <strong>Problemlösen</strong> fördernde Artder Lösungsvermittlung vorgestellt, die Überlegungen aus der Staatsexamensarbeitvon Elisabeth Mahn mit dem Titel “Erschließung von <strong>Zahlentheorie</strong>problemendes B<strong>und</strong>eswettbewerbs <strong>Mathematik</strong> im Hinblick auf fragend-entwickelndenUnterricht” verwendet.Alle Sätze haben suggestive Namen, mit denen sie zitiert werden. Die Beweiseder Sätze beginnen jeweils mit der Angabe des Beweistyps, des “methodischen”Typs <strong>und</strong> des Schwierigkeitsgrades. Die methodischen Typbezeichnungen sind r(routinemäßiger Beweis), a (anregender Beweis) <strong>und</strong> h (herausfordernder Beweis).Der Schwierigkeitsgrad wird mit 1 (leichter Beweis), 2 (mittelschwerer Beweis)<strong>und</strong> 3 (schwerer Beweis) gekennzeichnet.Als Besonderheiten bietet dieses Buch auch ein Verzeichnis aller Sätze <strong>und</strong> einausgedehntes Referenzsystem, das in der Online-Version Hypertext-Sprünge zuden angegebenen Seiten oder Gleichungen ermöglicht.Münster, im August 2008H. Möller


InhaltsverzeichnisVorwort 31 Die natürlichen Zahlen 71.1 Gr<strong>und</strong>legung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71.2 Die Beweissätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101.3 Verknüpfungen von natürlichen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . 121.4 Einführung in die elementare <strong>Zahlentheorie</strong> . . . . . . . . . . . . . 141.5 Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Teilbarkeit 172.1 Teiler von ganzen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172.2 Der größte gemeinsame Teiler von zwei natürlichen Zahlen . . . . 192.3 Der Kettenbruchalgorithmus <strong>und</strong> die lineare diophantische Gleichung 232.4 Die Gaußsche Erk<strong>und</strong>ungsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . 302.5 Die Kernbruchstrategie <strong>und</strong> pythagoreische Tripel . . . . . . . . . 352.6 Die g-adische Zahlendarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402.7 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme zu Kapitel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . 433 <strong>Elementare</strong> Primzahltheorie 473.1 Definition <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>legende Eigenschaften der Primzahlen . . . . 473.2 Der Hauptsatz der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong> . . . . . . . . . . . 493.3 Anwendungen des Hauptsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533.4 Vollkommene Zahlen <strong>und</strong> spezielle Primzahlen . . . . . . . . . . . 565


6 Inhaltsverzeichnis3.5 Verteilung der Primzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 623.6 Ausblick auf bedeutende Resultate der analytischen Primzahltheorie 713.7 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme zu Kapitel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . 764 Kongruenzen 834.1 Die Kongruenzrelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 834.2 Restklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 844.3 Kongruenzsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 914.4 Eigenschaften der Restsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 924.5 Die Eulersche ϕ-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 984.6 Kongruenzen mit einer Unbekannten . . . . . . . . . . . . . . . . 1014.7 Potenzreste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1064.8 Ordnungen, Primitivwurzeln <strong>und</strong> Indizes . . . . . . . . . . . . . . 1204.9 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme zu Kapitel 4 . . . . . . . . . . . . . . . . 1305 Ergänzungen 1375.1 Die Faltung zahlentheoretischer Funktionen . . . . . . . . . . . . 1375.2 Darstellung als Summe von Quadraten . . . . . . . . . . . . . . . 1415.3 Binäre quadratische Formen <strong>und</strong> die Klassengruppe . . . . . . . . 1515.4 Quadratische Zahlkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1636 Problemlösestrategien in der <strong>Zahlentheorie</strong> 181Satzverzeichnis 235Symbolverzeichnis 238GNU Free Documentation License 239Literaturverzeichnis 247Index 249


Kapitel 1Die natürlichen Zahlen1.1 Gr<strong>und</strong>legungDie fünf Axiome, die Giuseppe Peano 1891 formuliert hat <strong>und</strong> mit denen üblicherweisedie natürlichen Zahlen eingeführt werden, entsprechen nicht der Erfahrungder Menschen sondern stellen ein Endprodukt mathematisch-logischer Forschungdar. Gr<strong>und</strong>sätzlich ist ein Axiomensystem nicht geeignet, die natürlichenZahlen eindeutig festzulegen. Deshalb wird in heutiger Sprechweise eine Strukturdefiniert, von der schon Peano beweisen konnte, dass alle möglichen Realisierungen(“Modelle”) zueinander “isomorph” (d. h. mathematisch äquivalent) sind.Definition der Peano-StrukturEin Tripel (N , a, ν) bestehend aus einer Menge N , einem ausgezeichnetenElement a ∈ N <strong>und</strong> einer injektiven Abbildung ν : N → N \ {a} (“Nachfolgerabbildung”)heißt Peano-Struktur, wenn das folgende Induktionsaxiomerfüllt ist: Stellt M eine Teilmenge von N mit a ∈ M <strong>und</strong> ν(n) ∈ M für allen ∈ M dar, so gilt M = N .Vier der ursprünglichen Peano-Axiome stecken jetzt in der Charakterisierung derNachfolgerabbildung. Bei der nicht auszuschließenden Modellvielfalt ist es trotzdes Isomorphiebeweises von Peano problematisch, von den natürlichen Zahlenzu sprechen. Der größte Mangel des Axiomensystems von Peano beziehungsweiseder obigen Definition ist jedoch die nachgewiesene Unmöglichkeit, die Widerspruchsfreiheitzu zeigen. Das bedeutet vor allem, dass im Rahmen der Theorie,die durch die Axiome begründet werden soll, gar kein Modell angegeben werdenkann.7


8 Gr<strong>und</strong>legung 1.1Bei all diesen Schwierigkeiten überrascht es nicht, dass viele <strong>Mathematik</strong>studierendedie Peano-Axiome lediglich glauben. Insbesondere ist ihnen nicht klar,was die Nachfolgerabbildung bedeutet <strong>und</strong> wieso das Induktionsaxiom gültig seinsoll, das unendliche Mengen vergleicht, während unser Universum als endlich angenommenwird.Obwohl zum Verständnis der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong> solche Kenntnisse derGr<strong>und</strong>lagen der <strong>Mathematik</strong> nicht unbedingt nötig sind, soll doch zunächst einalternativer Zugang skizziert werden, der diese Fragen klärt <strong>und</strong> der insbesonderedie beiden wichtigen Beweisverfahren, die meistens “Minimumprinzip” <strong>und</strong>“Induktionsprinzip” heißen, als einprägsam hergeleitete Sätze verstehen lässt.Die zugehörige Basistheorie hat den Titel “Zahlgenese”, weil sie im Unterschiedzum wissenschaftsorientierten “Zahlensystem” die Schwierigkeiten der Lernendenin den entsprechenden Altersstufen berücksichtigt. Unter anderem wird anstelleder didaktisch fragwürdigen “axiomatischen Methode” von David Hilbert(1899) die “Postulat-Methode” von Euklid (≈ 325 v. Chr.) verwendet. DasHypertext-Buch Zahlgenese [16] ist im Mathkompass [14] erschienen.Ausgehend von dem durch Georg Cantor 1874 eingeführten Mengenbegriffwird zuerst die “Gleichmächtigkeit” von zwei Mengen M 1 <strong>und</strong> M 2 dadurch definiert,dass es eine bijektive Abbildung von M 1 auf M 2 gibt. Die ersten beidender folgenden sieben Postulate beruhen einerseits auf Einsichten, die die Menschheitim Laufe von Jahrtausenden gewonnen hat <strong>und</strong> die in angepasster Formschon Kindern in der Gr<strong>und</strong>schule vermittelt werden. Andererseits definieren sieimplizit die “C-Mengen”, die für diesen Aufbau gr<strong>und</strong>legend sind.Kardinalzahlpostulatea) Jede C-Menge M hat eine Eigenschaft - Kardinalzahl von M genannt <strong>und</strong>card M geschrieben -, die sich für alle C-Mengen A <strong>und</strong> B folgendermaßenvergleichen lässt:Definitionsgemäß ist card A = card B, wenn A <strong>und</strong> B gleichmächtig sind.Definitionsgemäß gilt card A ≤ card B, wenn B eine zu A gleichmächtigeTeilmenge enthält.Definitionsgemäß ist card A < card B, wenn card A ≤ card B gilt, aber nichtcard A = card B erfüllt ist.b) Für je zwei C-Mengen A, B gilt genau eine der Beziehungen card A =card B oder card A < card B oder card B < card A.


1.1 Gr<strong>und</strong>legung 9Wie üblich werden die Zeichen “≤” bzw. “ card A verwendet <strong>und</strong> entsprechend gelesen.Erzeugungspostulatea) Die leere Menge ∅ ist eine C-Menge mit 0 : = card ∅.b) Alle Mengenbildungen, die für Mengen im Sinne von Cantor gebrauchtwerden (Klammerung, Teilmenge, Durchschnitt, Differenz, Vereinigung, Produkt<strong>und</strong> Potenz), ergeben zu C-Mengen wieder C-Mengen.Die “natürlichen Zahlen” sind die Kardinalzahlen der “endlichen Mengen”, derenkorrekte Definition unabhängig voneinander von Bernard Bolzano (1851) <strong>und</strong>R. Dedekind 1 (1888) gef<strong>und</strong>en wurde.Definition der endlichen <strong>und</strong> der unendlichen MengeEine Menge heißt endlich, wenn sie zu keiner ihrer echten Teilmengengleichmächtig ist. Andernfalls heißt sie unendlich.Zugehörigkeitspostulatea) Jede endliche Menge ist eine C-Menge.b) Die Zusammenfassung N (nach DIN 1302) der Kardinalzahlen aller endlichenMengen ist eine C-Menge.Die meisten Mengen, die wir im täglichen Leben betrachten, sollen C-Mengensein. Die Zusammenfassung aller endlichen Mengen bildet keine C-Menge. Alsausgezeichnete Vertreter (“Repräsentanten”) der endlichen Mengen verwendenwir die “Anfänge”A n : = {m ∈ N ; m < n} mit n ∈ N.Die C-Menge A n heißt n-Anfang von N. Das folgende starke Postulat gibt die Erfahrungwieder, dass die Kardinalzahl einer endlichen Menge durch “Auszählen”bestimmt werden kann.1 Richard Dedekind (1831-1916) wirkte in Göttingen <strong>und</strong> Braunschweig.


10 Die Beweissätze 1.2AnfängepostulatFür jedes n ∈ N gilt card A n = n.Der Beweis des nächsten Satzes lässt sich weitgehend mit Hilfe dieses Postulatsführen, wobei im Folgenden stets die AbkürzungenN k : = N \ A k mit k ∈ N <strong>und</strong> k > 0verwendet werden. Außerdem ist zu beachten, dass {M} ≠ M für beliebigeC-Mengen M gilt.NachfolgersatzDie Nachfolgerabbildung ν : N → N 1 , card E ↦→ card (E ∪ {E}) ist wohldefiniert(d. h. unabhängig von der Auswahl der endlichen Menge E). Sie hatfolgende Eigenschaften:a) (Zunahme) Für jedes m ∈ N ist m < ν(m).b) (Lückenlosigkeit) Ist m ≤ n ≤ ν(m) für m, n ∈ N, so gilt n = m odern = ν(m).c) (Anfängetreue) Für jedes m ∈ N ist A ν(m) = {0} ∪ ν(A m ) = A m ∪ {m}.d) (Bijektivität) Die Nachfolgerabbildung ist bijektiv.Für C-Mengen A wird 1 : = card {A} gesetzt, weil es keine Kardinalzahl n mit0 < n < card {A} gibt, da A nach Cantor das einzige Element von {A} ist.Die spätere Einführung der “Addition” von natürlichen Zahlen (Seite 13) gehtdann von der Gleichsetzung n + 1 : = ν(n) aus.1.2 Die BeweissätzeNun lassen sich die beiden oben genannten wichtigen Beweisverfahren durch Sätzebegründen. Die skizzenhafte Herleitung des “Minimumsatzes” beruht auf derexpliziten Angabe des Minimums, das vorweg für nicht leere Teilmengen von Ndefiniert wird. Der Beweis des gr<strong>und</strong>legenden “Induktionssatzes” erfolgt danneinprägsam mit Hilfe des Minimumsatzes.


1.2 Die Beweissätze 11Definition des MinimumsIst T eine nicht leere Teilmenge von N, so heißt ein Element m ∈ T Minimumvon T , wenn m ≤ n für alle n ∈ T gilt.Das Minimum einer nicht leeren Teilmenge T von N ist wegen des zweiten Kardinalzahlpostulats(Seite 8) eindeutig bestimmt. Bei dem folgenden Minimumsatzwird das Minimum in drei Schritten gewonnen. i) Im Falle 0 ∈ T stellt 0 dasMinimum von T dar. ii) Gehört 0 nicht zu T <strong>und</strong> ist b ein beliebiges Element vonT , so wird für die nicht leere, endliche Menge U : = { c ∈ A b ; A ν(c) ∩ T = ∅ } mitder Kardinalzahl m gezeigt, dass U = A m gilt. iii) Mit einfachen Schlüssen folgtdann, dass m das Minimum von T ist.MinimumsatzJede nicht leere Teilmenge von N besitzt genau ein Minimum.Das Minimum von T wird mit min T bezeichnet. Mit Hilfe des Minimumsatzeslässt sich der Maximumsatz herleiten. Dazu benötigen wir zwei Begriffe.Definition der Beschränktheit <strong>und</strong> des Maximumsa) Eine Teilmenge T von N heißt beschränkt, wenn es ein b ∈ N 1 gibt, sodassT ⊆ A b gilt.b) M ∈ T heißt Maximum von T , wenn t ≤ M für alle t ∈ T erfüllt ist.MaximumsatzJede nicht leere, beschränkte Teilmenge von N besitzt genau ein Maximum.Beweis Es sei T ⊆ A b mit b ∈ N 1 . Dann ist b ∈ V : = {n ∈ N | T ⊆ B n }.Aufgr<strong>und</strong> des Minimumsatzes kann also M : = min V gesetzt werden. Der FallM = 0 tritt nur ein, wenn T = B 0 ist. Andernfalls gibt es wegen der Bijektivitätvon ν (Seite 10) ein L ∈ N mit ν(L) = M. Aus der Anfängetreue von ν folgtT ⊆ B L ∪ {M}. Wegen L < M ist T keine Teilmenge von B L . Also gilt M ∈ T ,<strong>und</strong> wegen T ⊆ B M ist t ≤ M für alle t ∈ T . Aufgr<strong>und</strong> des Kardinalzahlpostulatsb) enthält T nur ein Maximum. Dieses wird mit max T bezeichnet.


12 Verknüpfungen von natürlichen Zahlen 1.3InduktionssatzIst M eine Teilmenge von N mit 0 ∈ M <strong>und</strong> ν(n) ∈ M für alle n ∈ M, sogilt M = N.Beweis (durch Widerspruch, a1):Wir nehmen an, es wäre M ≠ N. Dann ist M ′ : = N \ M ̸= ∅. Aufgr<strong>und</strong>des Minimumsatzes besitzt M ′ ein Minimum m. Wegen 0 ∈ M ist m > 0.Die Bijektivitätsaussage des Nachfolgersatzes (Seite 10) ergibt, dass ein k ∈ Nmit ν(k) = m existiert. Aus k < m (Zunahmeaussage im Nachfolgersatz) folgtk ∈ M <strong>und</strong> damit nach Voraussetzung auch m = ν(k) ∈ M - im Widerspruchzu m ∈ M ′ .Beweis durch vollständige InduktionBei dem Beweis durch vollständige Induktion (kurz: “Induktionsbeweis”)wird im Induktionsschritt häufig eine Formulierung der folgendenArt gebraucht: “Es sei n ∈ N eine Zahl, für die die zu beweisendeAussage schon gezeigt ist. Nun soll die entsprechende Aussage für n + 1hergeleitet werden.” (Ab Seite 13 wird n + 1 anstelle von ν(n) geschrieben.)Dadurch entsteht zumindest bei <strong>Mathematik</strong>lernenden Verwirrung,weil hier ohne ausreichende Trennung eine Aussage über Aussagen gemachtwird. Wir führen deshalb Induktionsbeweise stets im Anschluss an den Induktionssatzmit Hilfe einer Menge M, die die zu beweisende Aussagein den Mengenklammern eingeschlossen enthält. Anstelle von N kann aucheine “Induktionsmenge” der Form N b auftreten, sodass der Induktionsanfangb ∈ M ist. Der Induktionsschritt hat meistens die Form: “Fürjedes m ∈ M gilt m + 1 ∈ M.”1.3 Verknüpfungen von natürlichen ZahlenIn engem Zusammenhang mit dem Induktionsbeweis steht die Definition durchRekursion. Als erstes werden wir die Addition <strong>und</strong> die Multiplikation von natürlichenZahlen einführen. Zum Beispiel lässt sich die Summe i + j für i, j ∈ N 1 inder Form ν(· · · ν( i) · · · ) durch wiederholte Anwendung der Nachfolgerabbildung} {{ }jgewinnen. Weitere Beispiele sind die Einführung der Potenz a n : = a } ·{{ · · a}, dern“Fakultät” n! : = 1 · · · n <strong>und</strong> des Summenzeichens.


1.3 Verknüpfungen von natürlichen Zahlen 13In allen diesen Beispielen muss jeweils die Existenz <strong>und</strong> die Eindeutigkeit einerAbbildung von N bzw. N 1 nach einer C-Menge C mit den gewünschten Eigenschaftengezeigt werden. Das leistet mit großer Allgemeinheit der Rekursionssatzvon Dedekind (1888). Dabei wird die gesuchte Abbildung mit Hilfe der Anfängekonstruktiv gewonnen.RekursionssatzIst C eine C-Menge, a ∈ C <strong>und</strong> g : N × C → C eine Abbildung (“Rekursionsbedingung”),so gibt es genau eine Abbildung f : N → C mita) f(0) = a <strong>und</strong>b) f(ν(n)) = g(n, f(n)) für alle n ∈ N.Wie bei der obigen Vorüberlegung soll nun die Addition zu einer festen Zahli ∈ N 1 <strong>und</strong> die Multiplikation mit einer festen Zahl i ∈ N 1 rekursiv definiertwerden. Für die gesuchte von i abhängige Abbildung f schreiben wir deshalbvorübergehend ⊕ i bzw. ⊙ i <strong>und</strong> versuchen, die gewünschten Eigenschaften durchdie Objekte des Rekursionssatzes auszudrücken. Die “Startgleichung” ⊕ i (0) = ilegt es nahe, C : = N <strong>und</strong> a : = i zu wählen. Da ⊕ i (ν(k)) = ν(⊕ i (k)) gelten soll,stellt dann g : N × N → N , (n, k) ↦→ ν(k) die Rekursionsabbildung dar.Nachdem die Existenz <strong>und</strong> die Eindeutigkeit von ⊕ i durch den Rekursionssatzgesichert sind, schreiben wir für die “Summe” wie üblich i + j : = ⊕ i (j).Bei der Multiplikation geht man ganz ähnlich vor. Die Startgleichung ⊙ i (0) = 0ergibt C : = N <strong>und</strong> a : = 0. Aus ⊙ i (ν(k)) = ⊙ i (k)+i lässt sich die von i abhängigeRekursionsabbildung g i : N × N → N , (n, k) ↦→ k + i erschließen. Für das“Produkt” ⊙ i (j), das durch den Rekursionssatz allgemein definiert ist, schreibtman i·j <strong>und</strong> lässt den “Malpunkt” · weg, wenn keine Missverständnisse auftretenkönnen.Brüche <strong>und</strong> ganze ZahlenWegen ihres engen Zusammenhangs mit den natürlichen Zahlen spielenauch Brüche <strong>und</strong> ganze Zahlen eine Rolle in der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong>.Allerdings hängt der Reiz, den sie im Hinblick auf das <strong>Problemlösen</strong>ausüben können, sehr von der Art ihrer Einführung ab. Werden


14 Einführung in die elementare <strong>Zahlentheorie</strong> 1.4Brüche - wie in der <strong>Mathematik</strong> üblich - als “Bezeichnungen für Äquivalenzklassenvon Paaren natürlicher Zahlen” aufgefasst (siehe [4], Seite 21),so können sie kaum zahlentheoretische Neugier wecken. Bei den ganzenZahlen, die selbst als “Äquivalenzklassen von Paaren natürlicher Zahlen”angesehen werden, ist es ähnlich.Deshalb sind in der Zahlgenese Brüche <strong>und</strong> Differenzen eigenständigemathematische Objekte mit bestimmten Gleichheitsrelationen <strong>und</strong> mit gutmotivierten Verknüpfungen. Die “Repräsentanten” der jeweils unendlichvielen zueinander gleichen Brüche heißen meistens “Kernbrüche”. Da sieteilerfremde Zähler <strong>und</strong> Nenner haben, stellt ihre Bestimmung eine zahlentheoretischeAufgabe <strong>und</strong> zugleich ein didaktisches Problem dar. In derZahlgenese wird hierfür mit Hilfe einer “spielerischen” Form des “Kettenbruchalgorithmus”(siehe Seite 23) eine neue schulgemäße Lösungbeschrieben.Betrachtet man die ganzen Zahlen als Differenzen, die mindestens eine 0enthalten, so haben sie als Repräsentanten der Differenzen den Vorteil, dassihre Ringeigenschaften, die bei der “Kongruenzrechnung” in Kapitel 4benötigt werden, sich ohne Fallunterscheidungen herleiten lassen.1.4 Einführung in die elementare <strong>Zahlentheorie</strong>Die Präzisierung der natürlichen Zahlen <strong>und</strong> ihrer Verknüpfungen lässt noch nichterkennen, wieso das Gebiet der “<strong>Zahlentheorie</strong>” seit mehr als zweitausend Jahren<strong>Mathematik</strong>er <strong>und</strong> auch Laien fasziniert. Wesentlich dazu beigetragen hatder griechische <strong>Mathematik</strong>er Euklid, der in seinem berühmten Werk “Die Elemente”[6] (≈ 325 v. Chr.) bereits den Begriff der “Primzahl” einführte <strong>und</strong> dieUnendlichkeit der Primzahlmenge zeigte, wobei seine Definition der Primzahl inheutiger Sprache folgendermaßen lautet: Eine natürliche Zahl größer als 1 heißtPrimzahl, wenn sie nur durch 1 <strong>und</strong> sich selbst teilbar ist. Sein wichtigstes zahlentheoretischesErgebnis, nämlich die (nicht ganz vollständig bewiesene) Darstellbarkeitaller natürlichen Zahlen als eindeutiges Produkt von Primzahlen, heißtheute “Hauptsatz der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong>”.Schon vor Euklid wurde eine Zahl n als “vollkommen” angesehen, wenn dieSumme ihrer echten Teiler (also ohne den Teiler n) gleich n ist. Euklid gabein hinreichendes Kriterium für gerade vollkommene Zahlen an, <strong>und</strong> L. Euler 2konnte in einer posthum veröffentlichten Arbeit zeigen, dass dieses Kriterium auch2 Leonhard Euler (1707-1783) wirkte in St. Petersburg <strong>und</strong> in Berlin.


1.4 Einführung in die elementare <strong>Zahlentheorie</strong> 15notwendig ist. Obwohl es damals nicht üblich war, “Vermutungen” der Nachweltzu überliefern, können wir doch annehmen, dass schon Euklid sich die folgenden“naheliegenden” Fragen gestellt hat, die damit die ältesten bis heute ungelöstenProbleme sind:• Gibt es unendlich viele gerade vollkommene Zahlen?• Gibt es ungerade vollkommene Zahlen?• Gibt es unendlich viele “Primzahlzwillinge”, d. h. Primzahlpaare (p, q) mitq − p = 2?Zu den “Merkwürdigkeiten” der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong> gehört die häufig sehrgroße Diskrepanz zwischen der Einfachheit der Formulierung eines Problems <strong>und</strong>den enormen Schwierigkeiten, die zu seiner Lösung überw<strong>und</strong>en werden müssen.Ein typisches Beispiel ist das folgende Problem, das P. de Fermat 3 um 1637gelöst zu haben glaubte:Gibt es Tripel (x, y, z) ∈ N 3 1 mit x n + y n = z n , wenn n ∈ N 3 ist?Nachdem zahlreiche <strong>Mathematik</strong>er tiefliegende Teilergebnisse gef<strong>und</strong>en hatten,schien die vollständige Lösung längere Zeit unerreichbar. Als Andrew Wiles1995 das Problem mit “neuester” <strong>Mathematik</strong> abschließend löste, berichtetensogar internationale Zeitungen auf der Titelseite darüber.Aber nur relativ wenige zahlentheoretische Probleme sind wirklich schwer, dennin keinem anderen Teilgebiet der <strong>Mathematik</strong> gibt es so viele Ergebnisse wie inder <strong>Zahlentheorie</strong>. Bereits 1923 umfasste das dreibändige Werk “History of theTheory of Numbers” von Leonard E. Dickson [3], das über die elementare<strong>Zahlentheorie</strong> berichtet, r<strong>und</strong> 1600 Seiten.Ein weiterer Aspekt, der sich nur in der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong> findet, ist zumindesterwähnenswert. Gauß, dessen gr<strong>und</strong>legendes Werk Disquisitiones arithmeticae[9] schon im Vorwort genannt wurde, bezeichnete die “höhere Arithmetik”in der Vorrede zu jenem Buch (Seite VI) als “göttliche Wissenschaft”. Etwa80 Jahre später konstatierte L. Kronecker 4 : “Die ganzen Zahlen hat der liebeGott gemacht, alles übrige ist Menschenwerk.”3 Pierre de Fermat (1601-1665) wirkte als Jurist, <strong>Mathematik</strong>er <strong>und</strong> Parlamentsrat inToulouse.4 Leopold Kronecker (1823-1891) war <strong>Mathematik</strong>professor in Berlin.


16 Abgrenzungen 1.51.5 AbgrenzungenDie <strong>Zahlentheorie</strong> lässt sich grob in drei Teilgebiete einteilen, die auf diejenigenBereiche der <strong>Mathematik</strong> bezogen sind, aus denen ihre wichtigsten Hilfsmittelstammen:• <strong>Elementare</strong> <strong>Zahlentheorie</strong> (Arithmetik);• Algebraische <strong>Zahlentheorie</strong> (Algebra);• Analytische <strong>Zahlentheorie</strong> (Analysis).Es gibt aber noch weitere Teilgebiete, die eine geringere Rolle spielen, wie “geometrische<strong>Zahlentheorie</strong>” (Geometrie), “probabilistische <strong>Zahlentheorie</strong>” (Wahrscheinlichkeitstheorie)<strong>und</strong> “computergestützte <strong>Zahlentheorie</strong>” (Informatik).Die elementare <strong>Zahlentheorie</strong> beginnt mit dem Begriff des “Teilers”. Als spezielleTeiler werden die Primzahlen <strong>und</strong> die mit ihnen mögliche Produktdarstellung dernatürlichen Zahlen untersucht. Zu den zahlreichen Anwendungen des damit gewonnenen“Hauptsatzes (der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong>)” gehört die Analyse einiger“zahlentheoretischer Funktionen” <strong>und</strong> die Betrachtung von “diophantischenGleichungen”, d. h. von Gleichungen, bei denen nur die ganzzahligen Lösungen interessieren.Zum Beispiel ist einerseits die “Irrationalität” von √ 2 äquivalent mitder Nichtexistenz von Paaren (x, y) ∈ N 2 1 , die x 2 = 2 y 2 erfüllen, <strong>und</strong> andererseitslassen sich mit Hilfe des Hauptsatzes alle “pythagoreischen Tripel” (x, y, z) ∈ N 3 1angeben, die als Lösungen der Gleichung x 2 + y 2 = z 2 definiert sind. Wir werdenfür die Parameterdarstellung dieser Tripel schon im zweiten Kapitel durch Anwendeneiner “Problemlösestrategie” einen expliziten Zusammenhang zwischenden Parametern <strong>und</strong> den Lösungskomponenten herleiten.Der zweite Hauptteil der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong> beruht auf einer einfachenUmformulierung der Teilbarkeit, die zum Begriff der “Kongruenz” führt. Die damitvorliegende Äquivalenzrelation ergibt Äquivalenzklassen, die zusammen mitden entsprechenden Verknüpfungen “Addition” <strong>und</strong> “Multiplikation” Ringe bilden<strong>und</strong> die mit dem “≡ -Zeichen” anstelle des Gleichheitszeichens die bisherigenGleichungen “bündeln”.Der letzte Hauptteil ist nach dem Vorbild von Gauß der “quadratischen <strong>Zahlentheorie</strong>”gewidmet. Dazu gehören “quadratische Reste”, “quadratische Formen”<strong>und</strong> als Ausblick “quadratische Zahlkörper”.


Kapitel 2Teilbarkeit2.1 Teiler von ganzen ZahlenDefinition des TeilersBezeichnet Z die Menge der ganzen Zahlen <strong>und</strong> sind a, d ∈ Z, so heißt dTeiler von a, wenn es ein f ∈ Z gibt, sodass a = df gilt.Man schreibt d | a <strong>und</strong> liest “d teilt a” oder “d ist Teiler von a”. Ist d kein Teilervon a, so schreibt man d ∤ a.Beispiele:2 | 6 : Eine Zahl a ∈ Z heißt gerade, wenn 2 | a gilt;2 ∤ 5 : Eine Zahl a ∈ Z heißt ungerade, wenn 2 ∤ a ist;Wegen 0 = 0 d gilt d | 0 für alle d ∈ Z; aber es ist 0 ∤ a für alle a ≠ 0.Stellt d einen Teiler von a ≠ 0 dar, so ist der Faktor f in der Gleichung a = d feindeutig bestimmt (Kürzungsregel);3 | 12 <strong>und</strong> (−3) | 12, 4 | (−16) <strong>und</strong> (−4) | (−16) :Wegen a = d f = (−d) (−f) gilt (−d) | a genau dann, wenn d | a erfüllt ist. BeiTeilbarkeitsproblemen genügt es also, die natürlichen Zahlen zu betrachten.17


18 Teiler von ganzen Zahlen 2.1Satz über TeilbarkeitsregelnSind a, b, c, d ∈ Z, so gilt:i) a | a (“Reflexivität”);ii) Aus a | b <strong>und</strong> b | c folgt a | c (“Transitivität”);iii) Aus a | b <strong>und</strong> c | d folgt (a c) | (b d) (“Multiplikativität”);iv) Aus a | b <strong>und</strong> a | c folgt a | (u b + v c) für alle u, v ∈ Z (“Linearität”).Beweis (direkt, r1):i) Es gilt a = a 1;ii) Aus b = a f 1 <strong>und</strong> c = b f 2 folgt c = (a f 1 ) f 2 = a (f 1 f 2 ) ;iii) Aus b = a f 1 <strong>und</strong> d = c f 2 folgt b d = a f 1 c f 2 = (a c) (f 1 f 2 ) ;iv) Aus b = a f 1 <strong>und</strong> c = a f 2 folgt u b + v c = a (u f 1 + v f 2 ) .Satz über die TeileranzahlJedes a ∈ N 1 hat höchstens a Teiler.Beweis (direkt, r1):Ist d | a, so gibt es ein f ∈ N 1 mit a = d f. Wegen d ∈ N 1 gilt 1 ≤ d ≤ d f = a.Bezeichnung der TeileranzahlfunktionDie Abbildung d : N 1 → N 1 , n ↦→ d (n) mit d (n) : = card {t ∈ N 1 ; t | n} füralle n ∈ N 1 heißt Teileranzahlfunktion.Der Buchstabe d steht für “Divisor”. In Deutschland schreibt man auch τ(n).Hier steht das τ für “Teiler”.Diese Funktion ist das erste Beispiel einer zahlentheoretischen Funktion.Der größte gemeinsame Teiler von zwei natürlichen Zahlen wird im nächstenAbschnitt behandelt, um den Beweis von Euklid für den Hauptsatz der elementaren<strong>Zahlentheorie</strong> bringen zu können. Soll in einer Vorlesung nur der “moderne”Beweis geführt werden, der hier ebenfalls zu finden ist, so lässt sich der Inhaltder folgenden fünf Abschnitte, die beim <strong>Problemlösen</strong> in der <strong>Zahlentheorie</strong> einewichtige Rolle spielen, in das dritte Kapitel hinter 3.5 verschieben.


2.2 Größter gemeinsamer Teiler 192.2 Der größte gemeinsame Teiler von zwei natürlichenZahlenSchon in der vierten Klasse der Gr<strong>und</strong>schule erfahren SchülerInnen die “Divisionmit Rest” als “so oft wie möglich zu wiederholende Subtraktion”.Satz über Division mit RestIst (a, b) ∈ Z × N 1 , so gibt es genau ein Paar (q, r) ∈ Z × A b , sodass gilt:(2.1) a = q b + r.Beweis (zwei Teile, direkt, r1):i) Existenz: Wir setzen q : = max {u ∈ Z ; a − u b ≥ 0} <strong>und</strong> r : = a − q b, wobeider Maximumsatz durch Fallunterscheidung auf Z übertragen wird. Dann istdefinitionsgemäß r ≥ 0 <strong>und</strong> r − b = a − (q + 1) b < 0. Also gilt (2.1).ii) Eindeutigkeit: Sind (q , r) <strong>und</strong> (q ′ , r ′ ) aus Z × A b mit a = q b + r <strong>und</strong>a = q ′ b + r ′ , so folgt (q − q ′ ) b = r ′ − r. Damit erhalten wir |q − q ′ | b = |r ′ − r| ≤max {r, r ′ } < b. Division durch b ergibt |q − q ′ | < 1, sodass q = q ′ <strong>und</strong> damitauch r = r ′ gelten muss.Mit Hilfe der “Gauß-Klammer” [x] : = max {u ∈ Z ; u ≤ x} können q <strong>und</strong> rexplizit angegeben werden:[ a][ a](2.2) q = <strong>und</strong> r = a − b = : mod (a, b). 1b bBezeichnung des größten gemeinsamen TeilersDer größte gemeinsame Teiler von n Zahlen a 1 , . . . , a n ∈ Z mit n ∈ N 2 <strong>und</strong>mit (a 1 , . . . , a n ) ≠ (0, . . . , 0) wird mit ggT (a 1 , . . . , a n ) bezeichnet.Satz über die ggT-RekursionIst (a, b) ∈ Z × N 1 <strong>und</strong> r : = mod (a, b), so gilt ggT(a, b) = ggT(b, r).1 In vielen Computeralgebrasystemen wird div (a, b) für q <strong>und</strong> mod (a, b) für r gebraucht.


20 Größter gemeinsamer Teiler 2.2Beweis (direkt, r1):Es sei d : = ggT(a, b) <strong>und</strong> t : = ggT(b, r). Aus d | a, d | b <strong>und</strong> r = a − [ ab]b folgtaufgr<strong>und</strong> der Linearitätsaussage des Satzes über Teilbarkeitsregeln (Seite 18), dassd | r gilt. Damit folgt d | t. Also ist d ≤ t. Analog ergibt t | b <strong>und</strong> t | r, dass t | a<strong>und</strong> damit t | d bzw. t ≤ d gilt. Also ist t = d.Wegen mod (a, b) = mod (a + gb, b) folgt(2.3) ggT(a, b) = ggT(a + gb, b) für alle (a, b) ∈ Z × N 1 <strong>und</strong> für jedes g ∈ Z.Die Bedingung r ∈ A b wurde bei dem obigen Beweis nicht benötigt. Sie bietetaber jetzt die Möglichkeit, die ggT-Rekursion fortzusetzen bis wegen der echtenVerkleinerung des Restes in jedem Schritt nach endlich vielen WiederholungenTeilbarkeit ohne Rest eintritt, sodass der größte gemeinsame Teiler direkt entnommenwerden kann. Das eindeutig bestimmte Tupel der nacheinander auftretendenDivisoren <strong>und</strong> Reste bezeichnen wir nach Euklid, von dem dieses Verfahren zurBerechnung des größten gemeinsamen Teilers stammt (“Euklidischer Algorithmus”).Bezeichnung des Euklidischen TupelsIst (r 0 , r 1 ) ∈ N 2 1, so heißt (r 1 , . . . , r n ) ∈ N n 1 mit r i+1 = mod (r i−1 , r i ) füri = 1, . . . , n − 1 <strong>und</strong> mit r n | r n−1 “Euklidisches Tupel” von (r 0 , r 1 ).Beispiel: (525, 231)525 = 2 · 231 + 63,231 = 3 · 63 + 42,63 = 1 · 42 + 21,42 = 2 · 21.(231, 63, 42, 21) ist also das Euklidische Tupel von (525, 231).Satz über den Euklidischen AlgorithmusGehört zu (r 0 , r 1 ) ∈ N 2 1 das Euklidische Tupel (r 1 , . . . , r n ), so gilt(2.4) ggT (c r 0 , c r 1 ) = c r n für alle c ∈ N 1 .


2.2 Größter gemeinsamer Teiler 21Beweis (Fallunterscheidung <strong>und</strong> “finite Induktion”, a1):Wir beweisen zunächst (2.4) für c = 1 <strong>und</strong> führen die allgemeine Aussage daraufzurück (“Zurückführungsstrategie”).i) Der Fall n = 1 mit dem Euklidischen Tupel (r 1 ) tritt auf, wenn r 1 | r 0 ist. Danngilt ggT (r 0 , r 1 ) = r 1 .ii) Im Falle n ∈ N 2 wollen wir zeigen, dass ggT (r 0 , r 1 ) = ggT (r k+1 , r k+2 ) fürk = 0, . . . , n − 2 erfüllt ist, indem wir für den Übergang von k = m zu k = m + 1für m ≤ n − 3 den Satz über die ggT-Rekursion (Seite 19) in der Form(2.5) ggT (r m+1 , r m+2 ) = ggT (r m+2 , r m+3 )verwenden. Obwohl bei festem n nur endlich viele Gleichungen zu beweisen sind,haben wir als Nachweismethode nur die vollständige Induktion zur Verfügung.Deshalb werden in der “Induktionsmenge” M n die zu beweisenden Gleichungendurch die von selbst erfüllten Ungleichungen k ≥ n − 1 ergänzt:M n : ={k ∈ N ; (k ≤ n − 2 <strong>und</strong> ggT(r 0 , r 1 ) = ggT(r k+1 , r k+2 )) oder (k ≥ n − 1)} .Wegen n ≥ 2 <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> des Satzes über die ggT-Rekursion gilt 0 ∈ M n . Istm ∈ M n <strong>und</strong> m ≤ n − 3, so folgt mit Hilfe von (2.5), dass m + 1 ∈ M n gilt. Fürm ≥ n−2 ist m+1 ≥ n−1, sodass auch hier m+1 ∈ M n gilt. Der Induktionssatz(Seite 12) ergibt also M n = N.Damit gilt ggT (r 0 , r 1 ) = ggT (r n−1 , r n ) , <strong>und</strong> wegen r n | r n−1 ist ggT (r n−1 , r n ) =r n .Diese etwas umständliche Durchführung der “finiten Induktion” kürzt man üblicherweisewie folgt ab:ggT (r 0 , r 1 ) = ggT (r 1 , r 2 ) = . . . = ggT (r n−1 , r n ) = r n .Die Aussage für c > 1 ergibt sich, indem man alle Gleichungen für die Divisionmit Rest, die bei der Bestimmung des Euklidischen Tupels (r 1 , . . . , r n ) von (r 0 , r 1 )auftreten, mit c multipliziert <strong>und</strong> die Eindeutigkeit des jeweiligen Restes in (2.1)beachtet. Als Euklidisches Tupel zu (c r 0 , c r 1 ) erhält man also (c r 1 , . . . , c r n ) .Mit Hilfe des oben bewiesenen Spezialfalls folgt schließlichggT (c r 0 , c r 1 ) = c r n = c ggT (r 0 , r 1 ) .


22 Größter gemeinsamer Teiler 2.2Da jetzt der Zusammenhang der finiten Induktion mit der vollständigen Induktionausführlich gezeigt ist, werden wir im Folgenden bei Beweisen mit finiterInduktion meistens eine geeignete Kurzschreibweise verwenden.Beispiel: Das obige Euklidische Tupel ergibt ggT (525, 231) = 21.Weitere Beispiele vor allem mit großen Zahlen führen zu der Vermutung, dassder Euklidische Algorithmus ungewöhnlich “schnell” ist. Diese zunächst überraschendeTatsache wird in dem folgenden Satz präzisiert.EffizienzsatzGehört zu (r 0 , r 1 ) ∈ N 2 1 mit r 1 < r 0 das Euklidische Tupel (r 1 , . . . , r n ), so giltn < 3 ln r 1 + 1.Beweis (Fallunterscheidung, finite Induktion <strong>und</strong> Widerspruch, a2):Von dem Euklidischen Tupel (r 1 , . . . , r n ) wissen wir bisher nur, dass r i+1 < r ifür i = 1, . . . , n − 1 gilt. Zahlenbeispiele lassen vermuten, dass r i+2 < 1 2 r i füri = 1, . . . , n − 2 erfüllt ist.Es sei also r i = r i+1 q+r i+2 mit q ∈ N 1 <strong>und</strong> 0 < r i+2 < r i+1 für i ∈ {1, . . . , n − 2} .Im Falle r i+1 ≤ 1 2 r i folgt sofort r i+2 < r i+1 ≤ 1 2 r i. Ist r i+1 > 1 2 r i, so erhält manr i+1 q ≥ r i+1 > 1 2 r i <strong>und</strong> damit r i+2 = r i − r i+1 q < 1 2 r i.[ ]Finite Induktion ergibt nun r 2k−1 < 1n+1r2 k−1 1 für k = 2, . . . ,2 . Ist m : =min {k ∈ N 1 ; 2 k > r 1 }, also 2 m−1 ≤ r 1 < 2 m , so folgt 1 ≤ 1 r2 m−1 1 < 2. Wären > 2m − 1, so würde sich r 2m−1 < 2, also r 2m−1 = 1 <strong>und</strong> damit n ≤ 2m − 1 imWiderspruch zur Annahme ergeben. Deshalb giltn ≤ 2m − 1 = 2 max {k ∈ N 1 ; 2 k−1 ≤ r 1 } − 1[ ] ln r1= 2 + 1 ≤ 2ln 2 ln 2 ln r 1 + 1 < 3 ln r 1 + 1.Der Euklidische Algorithmus ist auch ein Hilfsmittel für die Herleitung des folgendenSatzes, der schon in diesem Kapitel mehrere Anwendungen besitzt <strong>und</strong>der vor allem bei dem ersten Beweis für den Hauptsatz benötigt wird.


2.3 Lineare diophantische Gleichung 23ProduktteilersatzSind a, n, b 0 , . . . , b n ∈ N 1 mit a | b 0 · · · b n <strong>und</strong> ggT(a, b i ) = 1 für i = 1, . . . , n,so gilt a | b 0 .Beweis (vollständige Induktion, a1):Es sei M : ={k ∈ N 1 ; Aus a | b 0 · · · b k <strong>und</strong> ggT (a, b i ) = 1 für i = 1, . . . , k folgt a | b 0 } .Für den Induktionsanfang 1 ∈ M ist zu zeigen, dass sich a | b 0 aus a | b 0 b 1 <strong>und</strong>ggT (a, b 1 ) = 1 ergibt. Wegen der Voraussetzung a | b 0 b 1 existiert ein f ∈ N 1 ,sodass b 0 b 1 = a f erfüllt ist. Mit zweimaliger Anwendung von (2.4) erhalten wirdannb 0 = b 0 ggT (a, b 1 ) = ggT (a b 0 , b 0 b 1 ) = a ggT (b 0 , f) ,d. h. es gilt a | b 0 .Für m ∈ M <strong>und</strong> a | (b 0 · · · b m ) b m+1 mit ggT (a, b m+1 ) = 1 folgt wie bei demInduktionsanfang, dass a Teiler von b 0 · · · b m ist. Wegen m ∈ M ergibt sich a | b 0<strong>und</strong> damit m + 1 ∈ M, also M = N 1 .Die Eigenschaft von zwei natürlichen Zahlen, nur 1 als gemeinsamen Teiler zuhaben, tritt in der <strong>Zahlentheorie</strong> oft auf. Sie hat deshalb eine eigene Bezeichnung,bei der nur die Teiler berücksichtigt werden, die größer als 1 sind.Definition der TeilerfremdheitZwei Zahlen a, b ∈ N 1 heißen teilerfremd, wenn ggT(a, b) = 1 gilt.2.3 Der Kettenbruchalgorithmus <strong>und</strong> die linearediophantische GleichungBei der Berechnung des größten gemeinsamen Teilers mit Hilfe des EuklidischenAlgorithmus treten Quotienten auf, die bisher nicht weiter genutzt wurden. Derfolgende Begriff, der einen weiten Bereich der <strong>Zahlentheorie</strong> begründet, wird erkennenlassen, dass diese Quotienten zu einem Algorithmus gehören, der mit demEuklidischen Algorithmus zusammenhängt wie die “beiden Seiten einer Medaille”.


24 Kettenbruchalgorithmus 2.3Bezeichnung der KettenbruchentwicklungEs sei α 1 ∈ R\Z, 2 1α i+1 : =α i −[α i ] für i ∈ N 1, solange α i ∉ Z ist, <strong>und</strong> es werdeq i : = [α i ] gesetzt. Dann heißt im Falle α n ∈ Z das n-Tupel [q 1 , q 2 , . . . , q n ] <strong>und</strong>im Falle α i ∉ Z für alle i ∈ N 2 die in der Form [q 1 , q 2 , . . .] geschriebene Folge(q n ) n∈N1Entwicklung von α 1 in einen (einfachen) Kettenbruch.Bricht die Entwicklung ab, so heißt der Kettenbruch endlich. Die natürlichenZahlen q 2 , q 3 , . . . heißen Teilnenner des Kettenbruchs. Die (reellen) Zahlenα 2 , α 3 , . . . bezeichnet man als vollständige Quotienten. Der Bruch [q 1 , . . . , q s ]für s ∈ {2, . . . , n} bzw. für s ∈ N 2 wird s-ter Näherungsbruch von α 1 genannt.Für u 1 ∈ R <strong>und</strong> u i ∈ R + , i = 2, . . . , n, wird durch1(2.6) [u 1 , u 2 , . . . , u n ] : = u 1 +1u 2 +u 3 + . . . 1ein (einfacher) Kettenbruch definiert.u nSatz über die KettenbruchentwicklungIst (r 1 [ , . . . , r n ) ∈ N n 1 das Euklidische Tupel von (r 0 , r 1 ) ∈ Z × N 1 <strong>und</strong> wirdrq i : = i−1]r für i = 1, . . . , n gesetzt, so stellt [q1 , . . . , q n ] die Kettenbruchentwicklungvon r 0idar.r 1Beweis (finite Induktion, r1):Euklidischer AlgorithmusKettenbruchalgorithmusr 0 = q 1 r 1 + r 2 , 0 < r 2 < r 1r 0r 1= q 1 + r 2r 1, 0 < r 2r 1< 1r 1 = q 2 r 2 + r 3 , 0 < r 3 < r 2r 1r 2= q 2 + r 3r 2, 0 < r 3r 2< 1.r n−1 = q n r n + 0r n−1r n.= q n2 R bezeichnet die Menge der reellen Zahlen. [16] enthält eine elementare Einführung. R +ist die Menge der positiven reellen Zahlen. Q stellt die Menge der rationalen Zahlen dar <strong>und</strong>Q + steht für {q ∈ Q ; q > 0}.


2.3 Lineare diophantische Gleichung 25Aus dieser Tabelle entnehmen wir die Vermutung, dass im Falle einer rationalenAusgangszahl α 1 = r 0r 1die Entwicklung von α 1 in einen Kettenbruch mit Hilfeder Zahlen q i <strong>und</strong> r i aus dem Euklidischen Algorithmus gewonnen werden kann.Da q i : = [α i ] ist, wenden wir den Induktionssatz (Seite 12) auf M n : = { k ∈N 1 ; ( k ≤ n <strong>und</strong> α k = r ) }k−1r oder (k > n) an. Aufgr<strong>und</strong> der Voraussetzungkist 1 ∈ M n . Für den Induktionsschritt sei m ∈ M n mit m ≤ n. Im Falle m < nfolgt aus der Gleichung r m−1 = q m r m + r m+1 des Euklidischen Algorithmus dieDarstellung α m = r m−1= qr m + r m+1mit 0 < r m+11< 1. Also ist αm r m r m+1 = =m α m −q mr m. Für m = n sind rr n−1 = q n r n <strong>und</strong> α n = r n−1= qm+1 r n äquivalent. Da m ∈ M nnfür alle m > n gilt, ist M n = N 1 .Der folgende Satz enthält drei Kettenbrucheigenschaften, die in einer Reihe vonAnwendungen genutzt werden <strong>und</strong> die zu der Bezeichnung Kettenbruchalgorithmusführen.Satz über vollständige Quotienten <strong>und</strong> NäherungsbrücheZu dem Näherungsbruch [q 1 , . . . , q s ] von α 1 ∈ R \ Z seien P k <strong>und</strong> Q k rekursivdurch P 0 : = 1, P 1 : = q 1 , P k : = q k P k−1 + P k−2 <strong>und</strong> Q 0 : = 0, Q 1 : = 1,Q k : = q k Q k−1 + Q k−2 für k = 2, . . . , s definiert. Dann gilt(2.7) α 1 = α s P s−1 + P s−2α s Q s−1 + Q s−2,(2.8) [q 1 , . . . , q s ] = P sQ s<strong>und</strong>(2.9) P s Q s−1 − Q s P s−1 = (−1) s .Hinweis: Die Werte P 0 : = 1, P 1 : = q 1 , Q 0 : = 0, Q 1 : = 1 lassen sich mitα 1 = q 1 + 1 α 2= α 2 q 1 + 1α 2 1 + 0 = α 2 P 1 + P 0α 2 Q 1 + Q 0in Erinnerung rufen.Beweis (zwei Teile):i) Bruchdarstellungen (finite Induktion, a1):Schreiben wir (2.8) in der Form


26 Kettenbruchalgorithmus 2.3[q 1 , . . . , q s−1 , q s ] = q s P s−1 + P s−2q s Q s−1 + Q s−2,so lässt der Vergleich mit (2.7) vermuten, dass(2.10) α 1 = [q 1 , . . . , q s−1 , α s ]gilt. Bei dem Beweis mit finiter Induktion ist 2 ∈ M s : = { n ∈ N 2 ; ( n ≤ s <strong>und</strong> α 1= [q 1 , . . . , q n−1 , α n ] ) oder (n > s) } , weil (2.6) die Darstellung α 1 = q 1 + 1 α 2=[q 1 , α 2 ] erlaubt. Entsprechend folgt für m ∈ M s mit m < s, dass α 1 = [q 1 , . . . ,[]q m−1 , α m ] = q 1 , . . . , q m−1 , q m + 1 = [qα 1 , . . . , q m , α m+1 ] erfüllt ist, sodasssich wegen m + 1 ∈ M s <strong>und</strong> mit dem Induktionssatz (Seite 12) M s = Nm+12ergibt.Nun bietet es sich an, mit der Verallgemeinerungsstrategie (2.7) <strong>und</strong> (2.8) gleichzeitigzu beweisen, indem wir q s beziehungsweise α s durch eine reelle Variable x{sersetzen <strong>und</strong> für die finite Induktion die Menge M s ′ : = n ∈ N 2 ; ( n ≤ s <strong>und</strong>[q 1 , . . . , q n−1 , x n ] = x n P n−1 +P n−2für jedes xx n Q n−1 +Q n ∈ R +) }oder (n > s) verwen-n−2den. Der Induktionsanfang 2 ∈ M ′ s entspricht der Merkregel im obigen Hinweis,wenn α 2 durch x 2 ersetzt wird. Für m ∈ M ′ s mit m < s folgt=[q 1 , . . . , q m−1 , q m , x m+1 ] =[q 1 , . . . , q m−1 , q m + 1x m+1](qm x m+1 + 1 ) P m−1 + x m+1 P m−2(qm x m+1 + 1 ) Q m−1 + x m+1 Q m−2= x m+1P m + P m−1x m+1 Q m + Q m−1.Damit ist auch m + 1 ∈ M ′ s <strong>und</strong> der Induktionssatz ergibt M ′ s = N 2 .Ersetzen wir x s durch α s beziehungsweise q s <strong>und</strong> berücksichtigen wir (2.10), soerhalten wir (2.7) <strong>und</strong> mit den Rekursionsgleichungen für P s <strong>und</strong> Q s auch (2.8).Eine Anwendung von (2.7) mit nicht rationalen α i findet sich in Abschnitt 5.4auf Seite 172.ii) Produktdifferenz (finite Induktion, r1):{ (Wegen P 1 Q 0 −Q 1 P 0 = q 1 ·0−1·1 = (−1) 1 ist 1 ∈ M ′′ n : = s ∈ N 1 ; s ≤ n <strong>und</strong>)}P s Q s−1 − Q s P s−1 = (−1) s oder (s > n) . Für m ∈ M ′′ n mit m < n folgtP m+1 Q m − Q m+1 P m = (q m+1 P m + P m−1 ) Q m − (q m+1 Q m + Q m−1 ) P m= P m−1 Q m − Q m−1 P m = − (P m Q m−1 − Q m P m−1 ) = − (−1) m = (−1) m+1 ,


2.3 Lineare diophantische Gleichung 27d. h. es ist m + 1 ∈ M ′′ n. Also gilt M ′′ n = N 1 .Aus (2.9) folgt mit dem Satz über Teilbarkeitsregeln (Seite 18), dass ggT(P s , Q s ) =1 für alle Näherungsbrüche P sQ sgilt. Geht man umgekehrt von einem Bruch a b mita, b ∈ N 2 <strong>und</strong> ggT(a, b) = 1 aus, so ergibt (2.8) die Gleichung a b = P nQ n, wenn[q 1 , . . . , q n ] die Kettenbruchentwicklung von a b ist. Wendet man auf a Q n = b P nviermal den Produktteilersatz (Seite 23) an, so erhält man a|P n , P n |a, b|Q n , Q n |b<strong>und</strong> damit P n = a <strong>und</strong> Q n = b. Ersetzt man nun in (2.9) (mit s = n) P n durch asowie Q n durch b, multipliziert beide Seiten mit (−1) n <strong>und</strong> führt die Abkürzungenx : = (−1) n Q n−1 , y : = −(−1) n P n−1 ein, so stellt (x, y) eine ganzzahlige Lösungder Gleichunga x + b y = 1dar. Dieses ist das einfachste Beispiel eines Typs von Gleichungen, die in der<strong>Zahlentheorie</strong> eine wichtige Rolle spielen <strong>und</strong> die nach dem griechischen <strong>Mathematik</strong>erDiophant (zwischen 150 <strong>und</strong> 350 n. Chr.) benannt werden, der als ErsterMethoden zur Bestimmung rationaler Lösungen von Gleichungen untersuchte.Bezeichnung der diophantischen GleichungEine Gleichung f(x 1 , . . . , x n ) = g (x 1 , . . . , x n ) mit f(x 1 , . . . , x n ) ∈ Z <strong>und</strong>g (x 1 , . . . , x n ) ∈ Z für alle (x 1 , . . . , x n ) ∈ Z n heißt diophantische Gleichung.Ein n-tupel (y 1 , . . . , y n ) ∈ Z n heißt Lösung der diophantischen Gleichung,wenn f(y 1 , . . . , y n ) = g (y 1 , . . . , y n ) gilt.Beispielei) a x+b y = c mit a, b ∈ Z\{0} <strong>und</strong> c ∈ Z (“Lineare diophantische Gleichung”);ii) x 2 = 2 y 2 (Irrationalität von √ 2, siehe Seite 30);iii) x 2 + y 2 = z 2 (“Pythagoreische Tripel”, siehe Seite 35);iv) x 2 − my 2 = 1 mit m ∈ N 2 <strong>und</strong> √ m /∈ N 2 (“Fermat-Pell-Gleichungen” oder“Pellsche Gleichungen”, siehe Seite 168).Mit Hilfe der obigen Überlegungen können wir nun die lineare diophantischeGleichung abschließend behandeln.


28 Kettenbruchalgorithmus 2.3Satz über die lineare diophantische GleichungEs seien a, b ∈ Z \ {0}, c ∈ Z <strong>und</strong> d : = ggT(a, b).Die lineare diophantische Gleichung(2.11) ax + by = chat keine Lösung, wenn d nicht c teilt.Gilt d | c, so besitzt (2.11) unendlich viele Lösungen <strong>und</strong> mit den Abkürzungenx 0 : = (−1) n cQ n−1 d <strong>und</strong> y 0 : = −(−1) n cP n−1 d , wobei P n−1=Q n−1[q 1 , . . . , q n−1 ] der (n-1)-te Näherungsbruch der Kettenbruchentwicklung{() }[q 1 , . . . , q n ] von a b ist, stellt x 0 + t b d , y 0 − t a ; t ∈ Z die Lösungs-dmenge von (2.11) dar.Beweis (zwei Teile):i) Unlösbarkeit (direkt, r1):Aufgr<strong>und</strong> des Satzes über Teilbarkeitsregeln (Seite 18) gilt d | (ax + by) für alle(x, y) ∈ Z 2 . Damit kann keine Zahl c ∈ Z mit d ∤ c als ganzzahlige Linearkombinationvon a <strong>und</strong> b dargestellt werden.ii) Lösungsmenge (direkt, a1):Es gelte d | c. Um mit Hilfe des Kettenbruchalgorithmus eine Lösung finden zukönnen, teilen wir zunächst die drei Zahlen a, b, c durch d. Wird die Lösungsmengevon (2.11) mit L(a, b, c) bezeichnet <strong>und</strong> a ′ : = a d , b ′ : = b d , c ′ : = c gesetzt, so istdL(a, b, c) = L(a ′ , b ′ , c ′ ), weil die Lösungsbedingung bei der Division beider Seitenvon (2.11) erhalten bleibt. Wegen a b = a ′b ′ergeben die obigen Vorüberlegungenmit x 1 : = (−1) n Q n−1 <strong>und</strong> y 1 : = −(−1) n P n−1 , dass (x 1 , y 1 ) in L(a ′ , b ′ , 1) liegt.Aus a ′ x 1 + b ′ y 1 = 1 folgt außerdem a ′ (x 1 c ′ ) + b ′ (y 1 c ′ ) = c ′ . Mit x 0 : = x 1 c ′ <strong>und</strong>y 0 : = y 1 c ′ ist also (x 0 , y 0 ) eine “spezielle Lösung” von(2.12) a ′ x + b ′ y = c ′<strong>und</strong> damit auch von (2.11).


2.3 Lineare diophantische Gleichung 29Stellt (¯x, ȳ) ∈ L(a ′ , b ′ , c ′ ) eine beliebige Lösung dar, so ergibt sich - wie in derlinearen Algebra - durch Differenzbildung, dass (¯x−x 0 , ȳ −y 0 ) ∈ L(a ′ , b ′ , 0) gilt.Aus der dazu äquivalenten Gleichunga ′ (¯x − x 0 ) = b ′ (y 0 − ȳ)erhalten wir die Bedingungen a ′ | b ′ (y 0 −ȳ) <strong>und</strong> b ′ | a ′ (¯x−x 0 ). Da ggT(a ′ , b ′ ) = 1ist, folgt mit dem Produktteilersatz (Seite 23), dass a ′ | (y 0 − ȳ) <strong>und</strong> b ′ | (¯x − x 0 )erfüllt sein muss, d. h. es gibt s, t ∈ Z mit y 0 − ȳ = sa ′ <strong>und</strong> ¯x − x 0 = tb ′ . Auflösennach ¯x <strong>und</strong> ȳ sowie Einsetzen in (2.12) ergibt schließlich s = t.BeispielUm die Lösungsmenge der diophantischen Gleichung 321 x + 111 y = 6 zu finden,bestimmen wir in der folgenden Abbildung zunächst mit Hilfe der Kettenbruchentwicklungvon 321111 die Teilnenner q 1, q 2 , q 3 (umrahmt) <strong>und</strong> ggT(321, 111)(doppelt umrahmt). Wie bei der “schriftlichen Division” ist jeweils der mit demErgebnis multiplizierte Divisor von dem Dividenden zu subtrahieren. Anders alsbei der schriftlichen Division wird dann vor den neuen Rest der vorige Divisorals nächster Dividend geschrieben.Anschließend wird eine Tabelle für die Zähler <strong>und</strong> Nenner der Näherungsbrücheerstellt. Nachdem die Werte von q 1 , . . . , q n−1 <strong>und</strong> von P 0 , P 1 , Q 0 , Q 1 eingetragensind, lassen sich die weiteren Zähler <strong>und</strong> Nenner einheitlich berechnen, indem jeweilszuerst das Produkt der beiden zu der “schrägen *-Linie” gehörenden Zahlengebildet wird, wozu dann die vor der entsprechenden + -Linie stehende Zahl zuaddieren ist.[321 / 111] = 2 = : q 1−222[111 / 99] = 1 = : q 2s 0 1 2 3−99q s - 2 1 8* *[99 / 12] = 8 = : q 3P s 1 + 2 + 3−96* *2612 / 3 = 4 Q s 0 + 1 + 1 9Abbildung 2.1: Lösung der linearen diophantischen Gleichung 321x + 111y = 6Mit n = 4, d = 3, P 3 = 26 <strong>und</strong> Q 3 = 9 erhalten wir die LösungsmengeL(321, 111, 6) = {(18 + 37 t , −52 − 107 t) ; t ∈ Z}.


30 Gaußsche Erk<strong>und</strong>ungsstrategie 2.4Irrationalität von √ 2Wir schließen diesen Abschnitt mit der in 1.5 erwähnten diophantischen Gleichung(2.13) x 2 = 2 y 2 .Ihre gleich zu zeigende Unlösbarkeit für positive ganze Zahlen x, y hängt mitder Irrationalität von √ 2 zusammen, die schon im letzten Abschnitt mit derselbenBeweismethode hätte behandelt werden können. Da bei zahlentheoretischenProblemen häufiger diophantische Gleichungen mit endlich vielen Lösungen auftreten,soll hier die Gelegenheit genutzt werden, dieses Beispiel dafür zu bringen.Wir nehmen an, dass es ein Paar (x, y) ∈ N 2 1 gibt, das (2.13) erfüllt, <strong>und</strong> setzenDann giltt : = ggT(x, y), a : = x t , b : = y t .(2.14) a 2 = 2 b 2 mit ggT(a, b) = 1.Wegen (2k) 2 = 2 (2k 2 ) <strong>und</strong> (2k − 1) 2 = 2 (2k 2 − 2k) + 1 für jedes k ∈ N 1 ergibtsich, dass eine Quadratzahl m 2 genau dann eine gerade Zahl darstellt, wenn mgerade ist. Nach (2.14) gilt 2 | a 2 . Also muss a gerade sein. Damit ist a 2 durch4 teilbar, woraus folgt, dass auch 2 | b gilt - im Widerspruch zur Teilerfremdheitvon a <strong>und</strong> b.Da mit jeder Lösung (x, y) von (2.13) auch (−x, y), (x, −y) <strong>und</strong> (−x, −y) Lösungensind, stellt (0, 0) das einzige Paar aus Z × Z dar, das (2.13) erfüllt.Bei dem indirekten Nachweis der Irrationalität von √ 2 ergibt sich aus der Annahme,dass ein Paar (a, b) ∈ N 2 1 mit ggT(a, b) = 1 <strong>und</strong> √ 2 = a existiert, durchbQuadrieren direkt die nicht erfüllbare Gleichung (2.14).2.4 Die Gaußsche Erk<strong>und</strong>ungsstrategieMit der bisher bereitgestellten Theorie könnten schon eine Reihe von Aufgabentypenbehandelt werden. Das Beispiel im letzten Abschnitt zeigt etwa, wie sichdie folgenden beiden Aufgaben effizient lösen lassen:i) Berechnen Sie den größten gemeinsamen Teiler von 187 <strong>und</strong> 391.ii) Bestimmen Sie alle (x, y) ∈ Z 2 mit 11 x + 53 y = 236.


2.4 Gaußsche Erk<strong>und</strong>ungsstrategie 31Im Hinblick auf unser anspruchsvolleres Ziel, Problemlösefähigkeiten zu entwickeln,soll in diesem Buch auf solche “Rechenaufgaben” verzichtet werden. Eineendgültige Unterscheidung von Aufgaben <strong>und</strong> Problemen ist aber auf diese Weisenicht möglich, weil unter anderem individuelle Vorkenntnisse eine Rolle beim<strong>Problemlösen</strong> spielen. Zum Beispiel stellt die Aufforderung, die Irrationalität derreellen Zahl s : = √ 2+ √ 3 zu beweisen, kein Problem dar, wenn der obige Beweisvon Euklid für die Irrationalität von √ 2 (Seite 30) bekannt ist, weil es wegens 2 − 5 = √ 6 genügt, mit derselben Methode zu zeigen, dass √ 6 irrational ist.Aufgaben werden gestellt, um bestimmte kurz vorher entwickelte Zusammenhänge<strong>und</strong> Methoden zu üben. Ein Problem enthält dagegen immer mindestens einenoch nicht bekannte oder nicht direkt sichtbare Komponente. Das Ziel des <strong>Problemlösen</strong>sist meistens die Herstellung eines Zusammenhangs mit gesichertenAussagen, die Angabe einer Lösungsmenge oder die Konstruktion eines Gegenbeispiels.Das Phänomen, dass gute mathematische Schulkenntnisse <strong>und</strong> eine Vorlesungbeziehungsweise ein Lehrbuch der <strong>Zahlentheorie</strong> nicht ausreichen, um selbst relativeinfache zahlentheoretische Probleme zu lösen, kann verglichen werden mitder Situation eines Menschen, der reichlich Material - z. B. Holz - hat, dem aberWerkzeuge <strong>und</strong> Fähigkeiten fehlen, um daraus etwas zielgerichtet Gewünschtesherzustellen. Im zweiten Strang dieses Buches sollen deshalb Werkzeuge, Fähigkeiten<strong>und</strong> Einstellungen zum <strong>Problemlösen</strong> in der <strong>Zahlentheorie</strong> entwickelt beziehungsweiseaufgedeckt werden.Wir beginnen mit einem Beispiel, das eine geringfügige Abwandlung von Aufgabe1 der zweiten R<strong>und</strong>e 1970/71 des BWM ist.Problem 1Beweisen Sie, dass für alle a, b, c, d ∈ N 1 mit ad = bc die Zahl a 2 +b 2 +c 2 +d 2mehr als zwei Teiler hat.Es soll dazu dienen, die allgemeinste Vorgehensweise bewusst zu machen, diehäufig anzuwenden ist, wenn sich zunächst keine Suchrichtung anbietet. Wir nennendieses “Arbeitsprogramm” Gaußsche Erk<strong>und</strong>ungsstrategie, weil bekannt ist,dass Gauß einen großen Teil seiner neuen Ergebnisse in der <strong>Zahlentheorie</strong> durch


32 Gaußsche Erk<strong>und</strong>ungsstrategie 2.4eigene Berechnungen gef<strong>und</strong>en hat. Typische Merkmale dieser Strategie sind dieBehandlung von Spezialfällen, wozu auch Zahlenbeispiele gehören, <strong>und</strong> das Stellenvon Fragen (an sich selbst!), wie sie in der folgenden “Checkliste” von G.Pólya 3 enthalten sind.Pólyas Heuristik-Checkliste(aus: G. Pólya, Schule des Denkens [17])Wie sucht man die Lösung?ErstensDu mußt die Aufgabe verstehen.ZweitensSuche den Zusammenhang zwischen den Daten <strong>und</strong> der Unbekannten. Dumußt vielleicht Hilfsaufgaben betrachten, wenn ein unmittelbarer Zusammenhangnicht gef<strong>und</strong>en werden kann.Du mußt schließlich den Plan der Lösung erhalten.DrittensFühre Deinen Plan aus.ViertensPrüfe die erhaltene Lösung.(1) Verstehen der Aufgabe• Was ist unbekannt? Was ist gegeben? Wie lautet die Bedingung?• Ist es möglich, die Bedingung zu befriedigen? Ist die Bedingung ausreichend,um die Unbekannte zu bestimmen? Oder ist sie unzureichend? Oderüberbestimmt? Oder kontradiktorisch?• Zeichne eine Figur! Führe eine passende Bezeichnung ein!• Trenne die verschiedenen Teile der Bedingung! Kannst Du sie hinschreiben?(2) Ausdenken eines Planes• Hast Du die Aufgabe schon früher gesehen? Oder hast Du dieselbe Aufgabein einer wenig verschiedenen Form gesehen?• Kennst Du eine verwandte Aufgabe? Kennst Du einen Lehrsatz, der förderlichsein könnte?• Betrachte die Unbekannte! Und versuche, Dich auf eine Dir bekannte Aufgabezu besinnen, die dieselbe oder eine ähnliche Unbekannte hat.3 Georg Pólya (1887-1985) wirkte in Zürich <strong>und</strong> Stanford.


2.4 Gaußsche Erk<strong>und</strong>ungsstrategie 33• Hier ist eine Aufgabe, die der Deinen verwandt <strong>und</strong> schon gelöst ist. KannstDu sie gebrauchen? Kannst Du ihr Resultat verwenden? Kannst Du ihre Methodeverwenden? Würdest Du irgend ein Hilfselement einführen, damit Dusie verwenden kannst?• Kannst Du die Aufgabe anders ausdrücken? Kannst Du sie auf noch verschiedeneWeise ausdrücken? Geh auf die Definition zurück!• Wenn Du die vorliegende Aufgabe nicht lösen kannst, so versuche, zuersteine verwandte Aufgabe zu lösen. Kannst Du Dir eine zugänglichere verwandteAufgabe denken? Eine allgemeinere Aufgabe? Eine speziellere Aufgabe?Eine analoge Aufgabe? Kannst Du einen Teil der Aufgabe lösen? Behaltenur einen Teil der Bedingung bei <strong>und</strong> lasse den anderen fort; wie weit ist dieUnbekannte dann bestimmt, wie kann ich sie verändern? Kannst Du etwasFörderliches aus den Daten ableiten? Kannst Du Dir andere Daten denken,die geeignet sind, die Unbekannte zu bestimmen? Kannst Du die Unbekannteändern oder die Daten oder, wenn nötig, beide, so daß die neue Unbekannte<strong>und</strong> die neuen Daten einander näher sind?• Hast Du alle Daten benutzt? Hast Du die ganze Bedingung benutzt? HastDu alle wesentlichen Begriffe in Rechnung gezogen, die in der Aufgabe enthaltensind?(3) Ausführen des Planes• Wenn Du Deinen Plan der Lösung durchführst, so kontrolliere jeden Schritt.Kannst Du deutlich sehen, daß der Schritt richtig ist? Kannst Du beweisen,daß er richtig ist?(4) Rückschau• Kannst Du das Resultat kontrollieren? Kannst Du den Beweis kontrollieren?• Kannst Du das Resultat auf verschiedene Weise ableiten? Kannst Du esauf den ersten Blick sehen?• Kannst Du das Resultat oder die Methode für irgend eine andere Aufgabegebrauchen?Mit der Frage nach der unteren Grenze der Teileranzahl von e 2 − f 2 für e ≥ f + 2haben wir zwar eine verwandte Aufgabe, <strong>und</strong> das Ersetzen etwa von d durch


34 Gaußsche Erk<strong>und</strong>ungsstrategie 2.4bcermöglicht es, unsere Aufgabe anders auszudrücken. Aber beides ergibt keineabessere Einsicht. Deshalb probieren wir Spezialfälle.• Ist a = b, so folgt c = d durch Kürzen, <strong>und</strong> für m : = a 2 + b 2 + c 2 + d 2ergibt sich die Zerlegung m = 2 (a 2 + b 2 ) , sodass 2 einen von 1 <strong>und</strong> mverschiedenen Teiler darstellt.• Im Falle a = 1 muss d = bc sein, <strong>und</strong> es gilt m = 1 2 + b 2 + c 2 + b 2 c 2 =(1 2 + b 2 ) (1 2 + c 2 ) .• Als ein Beispiel mit verschiedenen Zahlen, die größer als 1 sind, erhaltenwir für a = 2 · 3 , b = 2 · 4 , c = 3 · 5 , d = 4 · 5 das Produkt m =2 2 3 2 + 2 2 4 2 + 3 2 5 2 + 4 2 5 2 = (2 2 + 5 2 ) (3 2 + 4 2 ) .Da auch der Faktor 2 im ersten Fall die Form 2 = 1 2 + 1 2 hat, vermuten wirnun, dass eine Zerlegungm = ( s 2 + t 2) ( u 2 + v 2) mit s, t, u, v ∈ N 1als Gr<strong>und</strong> für den zusätzlichen Teiler in Frage kommt. Durch Ausmultiplizierenerhalten wir die Quadratsummem = (su) 2 + (sv) 2 + (tu) 2 + (tv) 2 .Wegen (su)(tv) = (sv)(tu) <strong>und</strong> 1 < s 2 + t 2 < m wäre also unser Problem gelöst,wenn wir zu a, b, c, d ∈ N 1 mit ad = bc stets Zahlen s, t, u, v ∈ N 1 finden könnten,für die(2.15) a = su, b = sv, c = tu, d = tv,erfüllt ist.Offenbar arbeiten wir jetzt rückwärts. Damit wenden wir eine der ältesten Problemlösemethodenan. Sie wird dem griechischen Philosophen Platon (429?-348? v. Chr.) zugeschrieben. Ein ausführlicher Bericht des griechischen <strong>Mathematik</strong>ersPappus (Pappos von Alexandria, um 320 n. Chr.) ist in dem siebentenBuch seines Werks “Collectiones” zu finden. Er behandelt dort den Studienzweig“Heuristik” als “Kunst des Aufgabenlösens” <strong>und</strong> stellt dem fortschreitendenSchließen, welches er “Synthese” nennt, das als “Analyse” bezeichnete rückläufigeSchließen gegenüber. Wir wollen das “Rückwärtsarbeiten” von Platon <strong>und</strong> die“Analyse” von Pappus in Zukunft Rückwärtsstrategie nennen.


2.5 Pythagoreische Tripel 35Gehen wir noch einen weiteren Schritt zurück <strong>und</strong> bilden wegen der gemeinsamenTeiler von a <strong>und</strong> b sowie von c <strong>und</strong> d die Brüche a b <strong>und</strong> c , so gewinnen wir mitdab = c d = u vdie überraschende Einsicht, dass die in der sechsten Klasse eingeführten Kernbrüchedie gesuchte Lösung liefern; denn ist u v ein Kernbruch, so stellen a b <strong>und</strong> c dErweiterungen von u v dar, d. h. es gibt Zahlen s, t ∈ N 1, mit denen (2.15) gilt.Dieser Zusammenhang ist die Gr<strong>und</strong>lage einer Problemlösestrategie, die zwarnicht oft, dafür aber recht wirkungsvoll eingesetzt werden kann. Wir bezeichnensie als Kernbruchstrategie. Die dazu gehörenden Begriffe sind in der Literaturnicht einheitlich <strong>und</strong> oft auch ungünstig erklärt. Im nächsten Abschnitt wirddeshalb zunächst der entsprechende Teil der Zahlgenese skizziert, bevor wir mitder Kernbruchstrategie einen kaum bekannten Zugang zu einem r<strong>und</strong> 4000 Jahrealten Fragenkreis aufdecken.2.5 Die Kernbruchstrategie <strong>und</strong> pythagoreischeTripelAuf Seite 14 wurde schon erwähnt, dass Kernbrüche als Brüche mit teilerfremdemZähler <strong>und</strong> Nenner Repräsentanten von unendlich vielen zueinander gleichenBrüchen sind. Will man im <strong>Mathematik</strong>unterricht am Anfang der Mittelstufe dasals schwierig geltende “Kürzen” vermeiden, so lassen sich zwei Brüche als gleichdefinieren, wenn sie eine gemeinsame Erweiterung besitzen. Diese umständlich zuprüfende Bedingung wird in dem folgenden Satz durch ein einfaches Kriteriumersetzt.GleichheitssatzSind a, b, c, d ∈ N 1 , so gilt a b = c dgenau dann, wenn ad = bc erfüllt ist.Beweis (direkt, zwei Teile, r1):i) Stellt u v die gemeinsame Erweiterung dar, so gibt es s, t ∈ N 1 mit u = sa, v =sb, u = tc, v = td. Damit erhält man satd = uv = sbtc, <strong>und</strong> die Kürzungsregel(der Zahlgenese) ergibt ad = bc.


36 Kernbruchstrategie 2.5ii) Aus ad = bc folgt die Gleichheit der gleichnamigen Brüche adbddamit eine gemeinsame Erweiterung von a b <strong>und</strong> c d sind.<strong>und</strong>bcbd , dieMit Hilfe des Satzes über den Euklidischen Algorithmus (Seite 20) können wirzeigen, dass für jeden Bruch a durch Kürzen mit d : = ggT(a, b) tatsächlich einbKernbruch entsteht. Mit a = a ′ d <strong>und</strong> b = b ′ d folgt nämlich d = ggT(a, b) =ggT(a ′ d, b ′ d) = d ggT(a ′ , b ′ ), woraus sich 1 = ggT(a ′ , b ′ ) ergibt.Der folgende Satz, der für die Kernbruchstrategie entscheidend ist, besagt auch,dass unter den unendlich vielen zueinander gleichen Brüchen genau ein Kernbruchvorkommt.ErweiterungssatzAlle zueinander gleichen Brüche sind Erweiterungen desselben Kernbruchs.Beweis (direkt, a1):Sind a b , cd , uv <strong>und</strong> x y Brüche mit a b = c d , ab = u v , ggT(u, v) = 1, cd = x y <strong>und</strong>ggT(x, y) = 1, so ist zu zeigen, dass u = x <strong>und</strong> v = y gilt. Durch Einsetzen deraus dem Gleichheitssatz (Seite 35) folgenden Gleichungen ad = bc, av = bu <strong>und</strong>cy = dx erhalten wir zunächst (ad)(vx) = advx = (av)(dx) = (bu)(cy) = bcuy =(ad)(uy), also vx = uy. Viermalige Anwendung des Produktteilersatzes (Seite 23)ergibt dann x | u, u | x, v | y, y | v, also u = x <strong>und</strong> v = y.Im Rückblick erkennen wir, dass die Bedingung von Problem 1 gerade das Kriteriumdes Gleichheitssatzes ist. Typisch für den Einsatz der Kernbruchstrategie isttatsächlich das Vorliegen einer Gleichung zwischen zwei Produkten, die dann in eineäquivalente Bruchgleichung umgeformt <strong>und</strong> durch den zugehörigen Kernbruchergänzt wird.Beim <strong>Problemlösen</strong> kommt es oft darauf an, solche “Muster” zu sehen. Manspricht sogar von der “Kunst des Sehens”. So heißt etwa ein Buch über <strong>Problemlösen</strong>von B. de Finetti “Die Kunst des Sehens in der <strong>Mathematik</strong>” [7].Mit den folgenden beiden Beispielen, die üblicherweise mit Hilfe des Hauptsatzesder elementaren <strong>Zahlentheorie</strong> (Seite 49) behandelt werden, soll diese Kunst einwenig geübt werden.


2.5 Pythagoreische Tripel 37Rationalitätskriterium für √ m mit m ∈ N 1Die reelle Zahl √ m mit m ∈ N 1 ist genau dann rational, wenn es Zahlen a, b ∈N 1 mit ggT(a, b) = 1 gibt, sodass √ m = a gilt. Wie bei dem Nachweis derbIrrationalität von √ 2 (Seite 30) erhalten wir durch Quadrieren die zur Definitionäquivalente Gleichung(2.16) a 2 = m b 2 mit a, b ∈ N 1 <strong>und</strong> ggT(a, b) = 1.Die Beweismethode von Seite 30 mit Fallunterscheidung könnte hier einen “psychologischenBlock” bilden, der uns daran hindert, die Kernbruchstrategie anzuwenden.In der zu (2.16) äquivalenten Bruchgleichungab = mbastellt a schon einen Kernbruch dar. Aufgr<strong>und</strong> des Erweiterungssatzes (Seite 36)bgibt es also ein t ∈ N 1 , sodass mb = ta <strong>und</strong> a = tb gilt. Einsetzen der zweitenGleichung in die erste <strong>und</strong> Kürzen ergibt die notwendige Bedingung m = t 2 , dieoffensichtlich auch hinreichend dafür ist, dass √ m eine rationale Zahl darstellt.Die übliche Herleitungsmethode mit Hilfe des Hauptsatzes der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong>(Seite 49) werden wir auf Seite 56 verwenden, um ein Rationalitätskriteriumfür k √ q mit k ∈ N 2 <strong>und</strong> q ∈ Q + zu erhalten.Pythagoreische TripelBei dem zweiten Beispiel geht es um die Bestimmung aller Tripel (x, y, z) ∈ N 3 1,die die Gleichung(2.17) x 2 + y 2 = z 2erfüllen. Diese Lösungen heißen üblicherweise pythagoreische Tripel, weil Pythagoras(ca. 550 v. Chr.) sowohl den nach ihm benannten geometrischen Satz überdie Seitenquadrate von rechtwinkligen Dreiecken bewies als auch Beispiele fürrechtwinklige Dreiecke mit ganzzahligen Seitenlängen suchte <strong>und</strong> fand. Seit etwasechzig Jahren weiß man aber, dass mehr als tausend Jahre früher Babylonierbereits alle solche Tripel kannten (siehe [21]).Mit einer Methode, die wohl schon Pythagoras verwendet hat, konnte Euklid[6] zeigen, dass (2.17) unendlich viele Lösungen (x, y, z) ∈ N 3 1 besitzt: Inder Gleichung (n + 1) 2 − n 2 = 2n + 1 wird n so gewählt, dass 2n + 1 = m 2


38 Kernbruchstrategie 2.5gilt. Dann ergibt sich für jedes m ∈ N 2 mit 2 ∤ m ein pythagoreisches Tripel(m ,12 (m2 − 1) , 1 2 (m2 + 1) ) .Diophant gab am Anfang eines Buches, das nur Aufgaben zu pythagoreischenTripeln enthielt, eine Parameterdarstellung für die Lösungsgesamtheit von (2.17)an (siehe [21]). Ähnlich wie schon bei früheren Quellen kann man schließen, dasszur Herleitung der Lösungen anstelle von (2.17) die Produktdarstellung(2.18) x 2 = (z − y)(z + y)benutzt wurde. Diese Methode, bei der eine Gleichung mit mindestens einer Summedurch Klammerung so umgeformt wird, dass sich auf beiden Seiten Produkteergeben, nennen wir Klammerungsstrategie, weil sie bei <strong>Zahlentheorie</strong>problemenrelativ oft verwendet werden kann.Bevor wir damit <strong>und</strong> mit der Kernbruchstrategie alle Lösungen von (2.17) bestimmen,vereinfachen wir die Aufgabe mit Hilfe der Zurückführungsstrategie.Durch Multiplikation von (2.17) mit d 2 folgt, dass mit einer Lösung (x, y, z) auch(dx, dy, dz) für jedes d ∈ N 1 die Gleichung erfüllt. Umgekehrt läßt sich im FalleggT(x, y, z) > 1 der gemeinsame Teiler herausdividieren, sodass jede Lösungdurch “Erweitern” aus einem Lösungstripel entsteht, bei dem die drei Komponentenkeinen gemeinsamen Teiler haben.Der Satz über Teilbarkeitsregeln (Seite 18) ergibt außerdem, dass aus d | x <strong>und</strong> d | yauch d | z folgt. Damit hat eine Lösung (x, y, z) genau dann teilerfremde Komponenten,wenn ggT(x, y) = 1 gilt. Insbesondere kann höchstens eine Komponentegerade sein. Wegen (2m) 2 = 4 (m 2 ) <strong>und</strong> (2m + 1) 2 = 4 (m 2 + m) + 1 für allem ∈ N gilt mod (w 2 , 4) = mod (w, 2) für alle w ∈ N. Aus 2 ∤ x <strong>und</strong> 2 ∤ y würdealso mod (x 2 , 4) = mod (y 2 , 4) = 1 <strong>und</strong> damit mod (x 2 + y 2 , 4) = 2 folgen - imWiderspruch zu mod (z 2 , 4) ∈ A 2 . Da x <strong>und</strong> y vertauschbar sind, können wir indem folgenden Satz 2 | x <strong>und</strong> damit 2 ∤ yz annehmen.Satz über pythagoreische TripelEs sei P: = {(x, y, z) ∈ N 3 1 ; x 2 + y 2 = z 2 , ggT(x, y) = 1 <strong>und</strong> 2 | x} <strong>und</strong>Q : = {(u, v) ∈ N 2 1 ; ggT(u, v) = 1, u > v <strong>und</strong> 2 ∤ (u + v)} . Ist (x, y, z) ∈ P<strong>und</strong> stellt u y+zden Kernbruch von dar, so ergibt die Zuordnung (u, v) ↦→v x(x, y, z) eine bijektive Abbildung ψ : Q → P mit ψ(u, v) = (2uv, u 2 − v 2 ,u 2 + v 2 ) (“eindeutige Parameterdarstellung”).


2.5 Pythagoreische Tripel 39Beweis (zwei Teile):i) Herleitung der Parameterdarstellung (direkt, a1):Die aus (2.18) <strong>und</strong> der Voraussetzung folgende Kernbruchgleichungy + zx= xz − y = u vergibt für die Quotienten y x <strong>und</strong> z x die beiden Gleichungen y x + z x = u v <strong>und</strong>zx − y x = v . Durch Subtraktion der zweiten Gleichung von der ersten erhalten wiru2yx = u2 −v 2. Da x gerade ist, setzen wir xuv′ : = x 2 . Schreiben wir außerdem u2 − v 2als Produkt, so haben wir(2.19)yx ′ =(u − v)(u + v)uvmit ggT(x ′ , y) = 1.Nun zeigen wir, dass auch auf der rechten Seite der Bruchgleichung ein Kernbruchsteht. Aus ggT(u, v) = 1 <strong>und</strong> mit (2.3) folgt1 = ggT(u + v, u) = ggT(u − v, u) = ggT(u + v, v) = ggT(u − v, v)Um ggT (u 2 − v 2 , uv) = 1 zu erhalten, brauchen wir also nur zu beweisen, dass(2.20) ggT(a, bc) = 1 für alle a, b, c ∈ N 1 mit ggT(a, b) = ggT(a, c) = 1gilt, weil sich damit nacheinander ggT(u + v, uv) = 1, ggT(u − v, uv) = 1 <strong>und</strong>ggT ( (u − v)(u + v), uv ) = 1 ergibt. Setzen wir r : = ggT(a, bc), so folgt r | a<strong>und</strong> r | bc. Wegen ggT(a, b) = 1 ist auch ggT(r, b) = 1. Mit dem Produktteilersatz(Seite 23) erhalten wir r | c, sodass r | ggT(a, c) gilt. Wegen ggT(a, c) = 1 mussalso r = 1 sein.Da zwei zueinander gleiche Kernbrüche aufgr<strong>und</strong> des Erweiterungssatzes (Seite36) durch Erweiterung auseinander hervorgehen, müssen die Zähler <strong>und</strong> die Nennerjeweils gleich sein. Aus (2.19) mit ggT (u 2 − v 2 , uv) = 1 <strong>und</strong> aus z = u v x − yfolgt alsox = 2uv, y = u 2 − v 2 , z = u 2 + v 2 .ii) Abbildungseigenschaften (direkt, r1):α) ψ ist eine Abbildung von Q nach P: Wegen u > v > 0 ist ψ(u, v) ∈ N 3 1. Füralle (u, v) ∈ N 2 1 gilt (2uv) 2 + (u 2 − v 2 ) 2 = 4u 2 v 2 + u 4 − 2u 2 v 2 + v 4 = (u 2 + v 2 ) 2


40 g-adische Zahlendarstellung 2.6<strong>und</strong> 2 | (2uv). Mit 2 ∤ (u + v) ist auch 2 ∤ (u − v) <strong>und</strong> 2 ∤ (u 2 − v 2 ). Damit giltggT(2uv, u 2 − v 2 ) = ggT(uv, u 2 − v 2 ), <strong>und</strong> wie oben folgt ggT(uv, u 2 − v 2 ) = 1.β) Surjektivität: Hier ist nur zu zeigen, dass das Paar (u, v), das in i) einer beliebigenLösung (x, y, z) ∈ P zugeordnet wurde, in Q liegt. Die Bedingungen(u, v) ∈ N 2 1, ggT(u, v) = 1 <strong>und</strong> u > v sind wegen des Kernbruchansatzes erfüllt,<strong>und</strong> aus 2 ∤ y ergibt sich wegen y = u 2 − v 2 wie oben 2 ∤ (u + v).γ) Injektivität: Aus den Gleichungen z +y = 2u 2 <strong>und</strong> z −y = 2v 2 , die unabhängigvon der Art der Herleitung sind, <strong>und</strong> bei unserem Ansatz durch die Zuordnungu = y+zg, v = x mit g : = ggT(y + z, x) folgt die Eindeutigkeit von (u, v) ∈ Qgbei gegebenem (x, y, z) ∈ P.2.6 Die g-adische ZahlendarstellungWir schließen dieses Kapitel mit einem Satz, der einerseits Gr<strong>und</strong>lage der auchin der Praxis wichtigen Stellenwertsysteme ist <strong>und</strong> der andererseits beim Lösenzahlentheoretischer Probleme relativ oft eine Rolle spielt. Wie schon der letzteSatz unterscheidet sich auch der folgende von den entsprechenden in den üblichenLehrbüchern durch seine “Konkretheit”: An die Stelle einer unbestimmtenExistenzaussage tritt die explizite Angabe aller wesentlichen Größen, weil auchdamit das <strong>Problemlösen</strong> unterstützt wird.Satz über die g-adische ZahlendarstellungFür g ∈ N 2 <strong>und</strong> m ∈ N 1 gilts∑m = a k g k mit s ∈ N, (a 0 , . . . , a s ) ∈ A s+1g <strong>und</strong> a s > 0k=0genau dann, wenn[ ] ln ms =ln gerfüllt ist.([ ] ) m<strong>und</strong> a k = mod , gg kfür k = 0, . . . , sBeweis (zwei Teile):i) Die zweite Aussage folgt aus der ersten (direkt, finite Induktion, a1):


2.6 g-adische Zahlendarstellung 41Es gilt g s ≤ a s g s ≤ m ≤ ∑ sk=0 (g − 1)gk = (g − 1) gs+1 −1= gg−1s+1 − 1. Alsoist g s ≤ m < g s+1 . Aufgr<strong>und</strong> des streng monotonen Steigens der natürlichenLogarithmus-Funktion ist diese Ungleichungskette äquivalent zu s ≤ ln m[ ] ln g < s+1ln m<strong>und</strong> damit zu s =ln g .Analog erhalten wir für jedes k ∈ A s+1 die Abschätzung 0 ≤ a k g k + · · · + a 0 ≤g k+1 − 1. Daraus folgt mod ( m, g k+1) = a k g k + · · · + a 0 für k = 0, . . . , s. Dannist a k g k[ mg k ]g k − [ m= mod ( m, g k+1) − mod ( m, g k) = m − [ m]g g k+1 . Division durch g k ergibtk+1[ ] [ ]m m(2.21) a k = − g.g k g k+1g k+1 ]g k+1 − m + [ m([Für den Übergang zu a k = mod m] )g , g fehlt uns also nur die Gleichungk(2.22)die der Spezialfall α = m g k[ ] [[ ] ]m m 1= ,g k+1 g k gg k ]g k =der folgenden nützlichen Beziehung zwischen Gauß-Klammern ist: Es gilt[ ] [ ]α [α](2.23)= für alle α ∈ R <strong>und</strong> jedes g ∈ N 2 .g g[ [α]] Setzen wir für den Nachweis q : =g <strong>und</strong> r : = mod([α], g), so ist einerseitsα = [α] + (α − [α]) = qg + r + α − [α], <strong>und</strong> andererseits folgt aus 0 ≤ α − [α] < 1[ ]α<strong>und</strong> 0 ≤ r ≤ g − 1, dass 0 ≤ r + α − [α] < g gilt. Damit ergibt sichg =[ qg+r+α−[α]] [ r+α−[α]]g = q +g = q.ii) Die erste Aussage folgt aus der zweiten (direkt, finite Induktion, r1):[Wegen ln mln g> 0 ist s ∈ N. Die oben festgestellte Äquivalenz von s = ln m[ ln g<strong>und</strong> g s ≤ m < g s+1 mergibt jetztmod([ mg s ], g)= [ mg s ]> 0 gilt.g s+1 ]= 0 <strong>und</strong> 1 ≤[ mg s ]< g, sodass as =Unmittelbar aus der Darstellung der Koeffizienten a k folgt (a 0 , . . . , a s ) ∈ A s+1g .Schließlich erhalten wir aus (2.21) mit finiter Induktion durch “Aufsummieren”]


42 g-adische Zahlendarstellung 2.6r∑a k g k = m −k=0[ mg r+1 ]g r+1 für jedes r ∈ A s+1 .Für r = s ergibt sich daraus wegen der oben gewonnenen Gleichung [ mg s+1 ]= 0die g-adische Summendarstellung von m.Die Berechnung der Koeffizienten a k lässt sich mit Hilfe von (2.22) vereinfachen.Setzen wir nämlich q k: = [ mg k ], so ist qk+1 = [ q kg]. Die Zahlen qk+1 <strong>und</strong> a kergeben sich also durch sukzessive Division mit Rest aus den Gleichungenq 0 = m, q k = q k+1 g + a k mit a k ∈ A g für k = 0, . . . , s,wobei s erreicht ist, wenn q s+1 = 0 gilt.Die Zahlensysteme, die zu g = 2, 8 <strong>und</strong> 16 gehören <strong>und</strong> die eine besondere Rollein der Informatik spielen, haben eigene Namen: Binär- oder Dualsystem (früherauch dyadisches System), Oktalsystem <strong>und</strong> Hexadezimal- oder Sedezimalsystem.In dem letzten System werden anstelle der Zahlen 10, 11, 12, 13, 14, 15 dieBuchstaben A, B, C, D, E, F verwendet, um einstellige “Ziffern” zu erhalten.Beispielem = 111, g = 2 :Quotient Rest Exponent55 1 027 1 113 1 26 1 33 0 41 1 50 1 6Damit ist 111 = (1101111) 2 .m = 111, g = 16 :Quotient Rest Exponent6 15 00 6 1Damit ist 111 = (6F) 16 .m = 111, g = 3 :Quotient Rest Exponent37 0 012 1 14 0 21 1 30 1 4Damit ist 111 = (11010) 3 .m = 111, g = 8 :Quotient Rest Exponent13 7 01 5 10 1 2Damit ist 111 = (157) 8 .


2.7 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme 432.7 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme zu Kapitel 2Aufgabe 2.1:Suchen <strong>und</strong> beweisen Sie (mindestens) vier nichttriviale zahlentheoretische Eigenschaftender Fibonacci-Folge (f n ) n , die rekursiv durch f 1 : = 1 , f 2 : = 1 <strong>und</strong>f n+2 : = f n+1 + f n für alle n ∈ N 1 definiert wird.[Hinweis: “Trivial” wäre, dass (f n ) n eine monoton wachsende Folge natürlicherZahlen ist. Es folgen einige Suchvorschläge: Partialsummen der Folgenglieder <strong>und</strong>ihrer Quadrate, Darstellung der Quadrate der Folgenglieder, ggT benachbarterGlieder, Teilbarkeit durch Primzahlen, Reste bei Division durch feste natürlicheZahlen.]Aufgabe 2.2:Drücken Sie für ungerades n ∈ N 1 die AnzahlA(n) : = card { (x, y) ∈ N 2 1 ; n = x 2 − y 2}mit Hilfe einer zahlentheoretischen Funktion aus.Aufgabe 2.3:Es sei F m : = 2 2m + 1 für m ∈ N. Beweisen Sie, dass ggT(F m , F n ) = 1 für allem, n ∈ N mit m < n gilt.[Hinweis: Zeigen Sie zunächst, dass F m Teiler von F n − 2 ist.]Aufgabe 2.4:Berechnen Sie d : = ggT(323, 391) <strong>und</strong> stellen Sie d als Linearkombination von323 <strong>und</strong> 391 dar.Aufgabe 2.5:Berechnen Sie für m, n ∈ N 1 den größten gemeinsamen Teiler von ∑ m−1k=0 9 · 10k<strong>und</strong> ∑ n−1k=0 9 · 10k .Aufgabe 2.6:a) Ein “Schnellrechner” fordert jemand auf, sich eine dreistellige Zahl zu merken,sie mit 143 zu multiplizieren <strong>und</strong> die letzten drei Ziffern des Ergebnisses zu


44 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme 2.7nennen. Der Schnellrechner sagt dann ohne Mühe die dreistellige Zahl. Wieso?[Hinweis: Er multipliziert mit 7.]b) Zeigen Sie, dass jeder Mensch, dessen Geburtstag zwischen 1901 <strong>und</strong> 2071 liegt,seinen acht<strong>und</strong>zwanzigsten Geburtstag am selben Wochentag feiert, an dem ergeboren wurde. [Hinweis: Das Jahr 2000 war ein Schaltjahr.]Aufgabe 2.7:[ ] z(a)ln a∑Für jedes a ∈ N 1 sei z(a) : =ln 2 <strong>und</strong> a = b k (a) 2 k mit b k (a) ∈ {0, 1} fürk = 0, . . . , z(a) sei die Darstellung von a im 2-adischen Zahlensystem. Außerdemsei b k (a) : = 0 für k > z(a) sowie z(0) : = 0 <strong>und</strong> b 0 (0) : = 0 gesetzt. Für allem, n ∈ N wird die Verknüpfung ++ (binäre Addition, gelesen “biplus”) durchm ++ n : =z(m+n)∑k=0| b k (m) − b k (n)| 2 k definiert.i) Zeigen Sie, dass N mit dem neutralen Element 0 <strong>und</strong> mit der Verknüpfung ++eine abelsche Gruppe darstellt, in der jedes Element zu sich selbst invers ist.ii) Leiten Sie mit Hilfe der für jedes a ∈ N 1 erklärten Abkürzung â : = 2 z(a)Rekursionsformeln zur Berechnung von m ++ n her, indem Sie die Fälle ˆm = ˆn,ˆm > ˆn <strong>und</strong> ˆm < ˆn unterscheiden.Aufgabe 2.8:Es sei S = (s 1 , . . . , s n ) ∈ N n eine “Stellung des Nimspiels”. S ′ = (s ′ 1, . . . , s ′ n) ∈ N nheißt “Folgestellung von S ”, wenn es ein k ∈ {1, . . . , n} gibt, sodass s ′ k < s k <strong>und</strong>s ′ i = s i für i ≠ k gilt. F(S) sei die Menge aller Folgestellungen von S <strong>und</strong>B(S) : = s 1 ++ · · · ++ s n , wobei m ++ n die in Aufgabe 2.7 definierte binäreAddition bezeichnet. Beweisen Sie, dass B(S) = 0 genau dann erfüllt ist, wennB(S ′ ) > 0 für alle S ′ ∈ F(S) gilt.Aufgabe 2.9:Bestimmen Sie alle Tripel (x, y, z) ∈ N 3 1, die 323x + 391y + 437z = 10473 erfüllen.k=0Die folgenden zwölf Probleme stammen aus dem B<strong>und</strong>eswettbewerb <strong>Mathematik</strong>.


2.7 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme 45Problem 2:Für jede natürliche Zahl n werde die Quersumme ihrer Darstellung im Zehnersystemmit Q(n) bezeichnet. Man beweise, dass für unendlich viele natürlicheZahlen k die Ungleichung Q ( 3 k) ≥ Q ( 3 k+1) gilt.Problem 3:Man bestimme (mit Beweis) alle Primzahlen p, für die das Gleichungssystemp + 1 = 2x 2p 2 + 1 = 2y 2Lösungen mit ganzen Zahlen x, y besitzt.Problem 4:Es gibt Paare von Quadratzahlen mit folgenden beiden Eigenschaften:(1) Ihre Dezimaldarstellungen haben die gleiche Ziffernzahl, wobei die ersteZiffer jeweils von 0 verschieden ist.(2) Hängt man an die Dezimaldarstellung der ersten die der zweiten an, so entstehtdie Dezimaldarstellung einer weiteren Quadratzahl.Beispiel: 16 <strong>und</strong> 81; 1681 = 41 2 . Man beweise, dass es unendlich viele Paare vonQuadratzahlen mit diesen Eigenschaften gibt.Problem 5:Von der Zahlenfolge a 0 , a 1 , a 2 , . . . ist bekannt: a 0 = 0, a 1 = 1, a 2 = 1 <strong>und</strong>a n+2 + a n−1 = 2 (a n+1 + a n ) für alle n ∈ N. Es ist zu beweisen, dass alle Gliederdieser Folge Quadratzahlen sind.Problem 6:Gesucht werden drei natürliche Zahlen a, b, c, bei denen das Produkt von je zweienbei Division durch die dritte den Rest 1 lässt. Man bestimme alle Lösungen.Problem 7:Welche Zahlen durchläuft die Folgeganze Zahl ≤ x bedeutet?(n +[ √n ])+1, wenn [x] die größte2 n∈N


46 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme 2.7Problem 8:Das arithmetische Mittel zweier verschiedener natürlicher Zahlen x <strong>und</strong> y ist einezweistellige Zahl. Sie geht in das geometrische Mittel von x <strong>und</strong> y über, wennman ihre Ziffern vertauscht.a) Bestimme x <strong>und</strong> y.b) Weise nach, dass die Aufgabe a) bis auf die Reihenfolge von x <strong>und</strong> y genauein Lösungspaar hat, wenn die Basis g des benützten Stellungszahlensystems 10ist, dass es dagegen für g = 12 keine Lösung gibt.Problem 9:Eine natürliche Zahl besitzt eine tausendstellige Darstellung im Dezimalsystem,bei der höchstens eine Ziffer von 5 verschieden ist. Man zeige, dass sie keineQuadratzahl ist.Problem 10:Gegeben sind n Ziffern a 1 bis a n in fester Reihenfolge. Gibt es eine natürliche Zahl,bei der die Dezimaldarstellung ihrer Quadratwurzel hinter dem Komma gerademit diesen Ziffern in der vorgeschriebenen Reihenfolge beginnt? Das Ergebnis istzu begründen.Problem 11:Man beweise: Für jede natürliche Zahl n gibt es eine im Dezimalsystem n-stelligeZahl aus den Ziffern 1 <strong>und</strong> 2 , die durch 2 n teilbar ist.Gilt dieser Satz auch in einem Stellenwertsystem der Basis 4 bzw. 6?Problem 12:Man bestimme die Menge aller natürlichen Zahlen n, für die n 2 n−1 + 1 eineQuadratzahl ist.Problem 13:An einer Tafel stehen die Zahlen 1, 2, 3, . . . , 2002. Man darf irgend zwei Zahlenwegwischen <strong>und</strong> dafür ihre Differenz anschreiben. Wiederholt man diesen Vorganggenügend oft, so bleibt an der Tafel schließlich nur noch eine Zahl stehen. Es istnachzuweisen, dass diese Zahl ungerade ist.


Kapitel 3<strong>Elementare</strong> Primzahltheorie3.1 Definition <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>legende Eigenschaftender PrimzahlenEuklids Beschreibung der Primzahlen (Seite 14) lässt sich mit Hilfe der Teileranzahlfunktionetwas zweckmäßiger formulieren.Definition der PrimzahlEine natürliche Zahl n heißt Primzahl, wenn d(n) = 2 ist.Die Menge aller Primzahlen wird mit P bezeichnet.Nach der Größe geordnet bezeichnet p i für i ∈ N 1 die i-te Primzahl. Also istp 1 = 2, p 2 = 3, p 3 = 5, . . . . Häufig verwenden wir den Buchstaben q (mit Index)für Primzahlen. Analog zur Bezeichnung der “gekappten” Mengen natürlicherZahlen (Seite 10) ist auch die folgende Abkürzung sehr zweckmäßig:Bezeichnung von “gekappten” PrimzahlmengenP a : = {p ∈ P ; p ≥ a} für jedes a ∈ N 3 .Der nächste Satz gibt den Anlass für eine weitere nützliche Abkürzung.Satz über den kleinsten PrimteilerJedes n ∈ N 2 hat einen kleinsten Teiler d ∈ N 2 . Dieser Teiler d ist einePrimzahl, die mit kP (n) bezeichnet wird.47


48 Primzahlen 3.1Beweis (zwei Teile, zweite Aussage indirekt, r1):a) Die Menge der Teiler ist endlich <strong>und</strong> besitzt wegen n > 1 mindestens zweiElemente. Aufgr<strong>und</strong> des Minimumsatzes (Seite 11) gilt die erste Aussage.b) Aus d /∈ P würde folgen, dass es ein f ∈ N 2 gibt mit f < d <strong>und</strong> f | d. Mit demSatz über Teilbarkeitsregeln (Seite 18) ergäbe sich f | n im Widerspruch dazu, dassd kleinster Teiler von n in N 2 ist.Satz über die PrimzahlmengeDie Menge P ist unendlich.Beweis (Idee von Euklid, ca. 300 v. Chr., vollständige Induktion, a1):Es sei M : = {k ∈ N 1 ; card P ≥ k} . Mit 2 ∈ P gilt 1 ∈ M. Ist m ∈ M <strong>und</strong> sindq 1 , . . . , q m paarweise verschiedene Primzahlen, so folgt, dass q m+1 : = kP (s m ) mits m : = q 1 · · · q m + 1 eine von q 1 , . . . , q m verschiedene Primzahl darstellt, weil s mbeim Teilen durch q 1 , . . . , q m jeweils den Rest 1 lässt. Damit ist card P ≥ m + 1,d. h. m + 1 ∈ M. Also gilt M = N 1 , <strong>und</strong> wegen P ⊂ N 1 ergibt sich card P =card N 1 .Vorteile der vollständigen InduktionIn den meisten Lehrbüchern wird der Satz über die Primzahlmengeindirekt bewiesen. Obwohl Euklid weder das Beweisprinzip der vollständigenInduktion noch den Begriff “unendlich” kannte, formulierte er den Satz(“Die Anzahl der Primzahlen ist größer als jede natürliche Zahl”) <strong>und</strong> seineBegründung ganz im Sinne des obigen Beweises.Auf Seite 40 wurde im Hinblick auf das <strong>Problemlösen</strong> der Vorteil konkreterSatzformulierungen gegenüber reinen Existenzaussagen erwähnt. Beiden Herleitungen liegt eine ähnliche Situation vor. Falls für einen zahlentheoretischenSatz sowohl ein indirekter Beweis als auch ein Beweis mitvollständiger Induktion möglich ist, liefert meistens der letztere die tiefereEinsicht oder sogar weiterführende Aspekte. Im obigen Fall bietet essich zum Beispiel an, die durch q 1 : = 2 <strong>und</strong> q n+1 : = kP (q 1 · · · q n + 1) fürn ∈ N 1 rekursiv definierte Folge (q n ) n 1 , die wir “Euklid-Folge”nennenwollen, zu betrachten: q 1 = 2, q 2 = 3, q 3 = 7, q 4 = 43, q 5 = 13, q 6 =53, q 7 = 5, . . . , q 12 = 11, q 13 = 17, . . ..1 Ist der Indexbereich einer Folge N 1 , so lassen wir in dem Folgensymbol diese Angabe weg.


3.2 Der Hauptsatz der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong> 49Der Beweis des Satzes über die Primzahlmenge liefert die Aussage,dass die Folge aus paarweise verschiedenen Primzahlen besteht. Beachtetman, dass die lineare diophantische Gleichung q 1 · · · q n s + q n+1 t = 1, diedas Erscheinen der jeweils kleinsten noch nicht aufgetretenen Primzahlq n+1 wiedergibt, aufgr<strong>und</strong> des Satzes über die lineare diophantischeGleichung (Seite 28) unendlich viele Lösungen besitzt, so ist es nicht allzugewagt, die Beobachtung, die sich auf die ersten sieben Primzahlen stützt,zu verallgemeinern:Vermutung über die Euklid-FolgeAlle Primzahlen kommen in der Euklid-Folge vor.Diese Vermutung ist in zweifacher Hinsicht “sehr stark”:i) Bisher ist außer (p n ) n<strong>und</strong> einfachen Umordnungen von (p n ) nkeinearithmetisch definierte Folge bekannt, die jede Primzahl genau einmal<strong>und</strong> sonst keine Zahlen enthält.ii) Da die Produkte der sukzessiv auftretenden Primzahlen rasch wachsen,ist die Aussage nur für kleine Indizes nachprüfbar.Schon für die Berechnung der obigen Werte wurde ein Computeralgebrasystem(CAS) benötigt. Empfehlenswert für die <strong>Zahlentheorie</strong> ist das ComputeralgebrasystemPARI (http://pari.math.u-bordeaux.fr/). Wer reichlichSpeicherplatz (mehr als 1 Gb) zur Verfügung hat, kann das kostenloseAusführungsprogramm SAGE (http://www.sagemath.org) benutzen,das neben PARI mehr als 60 <strong>Mathematik</strong>programme bereitstellt.3.2 Der Hauptsatz der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong>Hauptsatz (der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong>)Zu jedem n ∈ N 2 gibt es genau ein t ∈ N 1 <strong>und</strong> eindeutig bestimmte Primzahlenq 1 , . . . , q t mit q 1 ≤ . . . ≤ q t , sodass(3.1) n = q 1 · · · q tgilt.Beweis (zwei Teile: Existenz <strong>und</strong> Eindeutigkeit):Vorübergehend wird für n ∈ N 2 eine Darstellung


50 Der Hauptsatz der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong> 3.2n = q 1 · · · q tmit q i ∈ P für i = 1, . . . , t <strong>und</strong> q 1 ≤ . . . ≤ q tals Primärzerlegung von n bezeichnet.i) Existenz (erweiterte Induktion, Fallunterscheidung, a1)Jede Primzahl hat sich selbst als Primärzerlegung. Für Zahlen n ∈ N 2 \ P hilftder kleinste Primteiler von n, eine Primärzerlegung anzugeben, wenn für allekleineren Zahlen aus N 2 schon eine solche bekannt ist. Deshalb setzen wirM : = {k ∈ N 2 ; Jedes j ∈ N 2 mit j ≤ k besitzt eine Primärzerlegung }.Wegen 2 ∈ P ist 2 ∈ M. Für m ∈ M seiq : = kP (m + 1).Dann gibt es ein h ∈ N 1 , sodass m + 1 = q h gilt.Im Falle h = 1 ist m + 1 = q eine Primärzerlegung, die zu den Primärzerlegungenaller Zahlen j ∈ N 2 mit j ≤ m hinzukommt. Also ist m + 1 ∈ M.Für h ∈ N 2 gilt h = m+1 ≤ m+1 < m. Damit besitzt h nach Induktionsvoraussetzungeine Primärzerlegung h = q 1 ′ · · · q r. ′ Es folgt m + 1 = q q 1 ′ · · · q r. ′ Dabeiq 2istq ≤ q ′ 1 aufgr<strong>und</strong> der Definition von q. Also gilt auch in diesem Fall m + 1 ∈ M,<strong>und</strong> der Induktionssatz (Seite 12) ergibt M = N 2 .ii) EindeutigkeitVon den bisher bekannten beiden Beweistypen bringen wir wegen der Bedeutungdes Hauptsatzes <strong>und</strong> aus didaktischen Gründen zwei Vertreter, deren Verschmelzungzu einem “schulgeeigneten” Beweis in der Zahlgenese zu finden ist.Erster Beweis (Idee von Euklid, ca. 300 v. Chr., vollständige Induktion, a2):Die InduktionsmengeM : = {k ∈ N 1 ; Bei allen n ∈ N 2 , die eine Primärzerlegung mit k Primfaktorenbesitzen, ist diese Zerlegung eindeutig }enthält 1, weil die Primzahlen definitionsgemäß nur sich selbst als Primärzerlegunghaben. Ist m ∈ M <strong>und</strong> stellt n ∈ N 2 eine Zahl dar, die eine Primärzerlegungq 1 · · · q m+1 besitzt, so sei q ′ 1 · · · q ′ s irgendeine Primärzerlegung von n. Da q 1 <strong>und</strong> q ′ 1Teiler von n sind, gilt q 1 | q ′ 1 · · · q ′ s <strong>und</strong> q ′ 1 | q 1 · · · q m+1 . Der Produktteilersatz (Seite23) mit a = q 1 <strong>und</strong> b 0 · · · b n = q ′ 1 · · · q ′ s ergibt, dass ein i ∈ {1, . . . , s} existiert, für


3.2 Der Hauptsatz der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong> 51das q 1 = q i ′ gilt, weil für Primzahlen a, b 0 , . . . , b n die Bedingungen ggT(a, b i ) = 1mit a ∤ b i äquivalent sind <strong>und</strong> die Aussage a | b 0 mit a = b 0 gleichwertig ist.Entsprechend gibt es ein j ∈ {1, . . . , m + 1} mit q 1 ′ = q j . Wegen q 1 = q i ′ ≥ q 1 ′ <strong>und</strong>q 1 ′ = q j ≥ q 1 folgt q 1 = q 1. ′ Damit ist n = qq 2 · · · q m+1 nach Induktionsvorausset-1zung die einzige Primärzerlegung von n q 1. Da auch n q 1= q ′ 2 · · · q ′ s mit q ′ 2 ≤ . . . q ′ sgilt, muss m + 1 = s <strong>und</strong> q i = q ′ i für i = 2, · · · , m + 1 sein. Also ist m + 1 ∈ M,<strong>und</strong> der Induktionssatz (Seite 12) ergibt M = N 1 .Zweiter Beweis (erweiterte Induktion, Fallunterscheidung, Widerspruchsschluss,a3):Die Induktionsmenge seiM : = {k ∈ N 2 ; Jedes j ∈ N 2 mit j ≤ k besitzt genau eine Primärzerlegung }.Als kleinste Primzahl liegt 2 in M. Für den Induktionsschritt sei m ∈ M <strong>und</strong>q : = kP (m + 1).a) Im Falle m + 1 = q hat m + 1 als Primzahl nur diese Primärzerlegung. Mitm ∈ M gehört also auch m + 1 zu M.b) Für m + 1 ≠ q wird zunächst mit Hilfe eines indirekten Schlusses von E. Zermelo(1934) ohne Verwendung des Produktteilersatzes gezeigt, dass q alsFaktor in jeder Primärzerlegung von m + 1 vorkommt. Anschließend lässt sichauf m+1qdie Induktionsaussage anwenden.Ist q ′ 1 · · · q ′ s mit s ≥ 2 irgendeine Primärzerlegung von m + 1 ∈ N 2 \ P, so giltq ≤ q ′ 1 aufgr<strong>und</strong> der Definition von q. Unter der Annahme, dass q < q ′ 1 ist,setzen wira : = q ′ 2 · · · q ′ s <strong>und</strong> b : = (q ′ 1 − q) a.Wegen a ≥ q 2 ′ ≥ 2 <strong>und</strong> a = m+1 ≤ m+1 < m besitzt a nach Induktionsvoraussetzungdie eindeutige Primärzerlegung q 2 ′ · · · q s, ′ <strong>und</strong> aus q < q 2 ′ ≤ . . . ≤ q s ′q 1′ 2folgtq ≠ q ′ i für i = 2, . . . , s.Auch b hat eine eindeutige Primärzerlegung, weil einerseits mit q ′ 1 − q ≥ 1 <strong>und</strong>a ≥ 2 die untere Schranke b ≥ 2 <strong>und</strong> andererseits wegen b = q ′ 1a−qa = m+1−qadie obere Abschätzung b ≤ m für die Induktionsvoraussetzung vorliegt. Außerdemergibt der Satz über Teilbarkeitsregeln (Seite 18), dass mit q | (m + 1) <strong>und</strong>q | (qa) auch q | b gilt. Wegen b ≥ a ≥ q 2 ′ > q besitzt b nach Induktionsvoraus-q


52 Der Hauptsatz der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong> 3.2setzung eine eindeutige Primärzerlegung. Deshalb gehört q zu den Primfaktorender eindeutigen Primärzerlegung von b = (q ′ 1 − q) a. Da q aber unter den Primfaktorenvon a nicht vorkommt, muss q Teiler von q ′ 1 − q sein. Dann folgt mitdem Satz über Teilbarkeitsregeln, dass q die Primzahl q ′ 1 teilt. Das ist wegen derAnnahme q < q ′ 1 ein Widerspruch zur Primzahleigenschaft von q ′ 1. Also mussq = q ′ 1 gelten.Da m+1 nach Induktionsvoraussetzung nur die Primärzerlegung qq2 ′ · · · q s ′ hat, istm + 1 = q q 2 ′ · · · q s ′ die eindeutige Primärzerlegung von m + 1, sodass m + 1 in Mliegt. Der Induktionssatz ergibt schließlich M = N 2 .Anstelle der Primärzerlegung (3.1) werden im Folgenden zwei zweckmäßigere Darstellungenverwendet. Durch Zusammenfassen gleicher Primfaktoren zu Potenzenerhalten wir die erste Darstellung:Bezeichnung der PrimpotenzdarstellungHat n ∈ N 2 die Primärzerlegung n = q ′ 1 · · · q ′ t <strong>und</strong> wird rekursive 1 : = max { j ∈ N 1 ; q ′ j = q ′ 1},e 2 : = max { j ∈ N 1 ; j > e 1 <strong>und</strong> q j ′ = q e ′ 1 +1},. . .e r : = max { }j ∈ N 1 ; j > e 1 + · · · + e r−1 <strong>und</strong> q j ′ = q e ′ 1 +···+e r−1 +1definiert, so heißt(3.2) n =r∏k=1Primpotenzdarstellung von n.q e kkmit q 1 : = q ′ 1 <strong>und</strong> q k : = q ′ e 1 +···+e k−1 +1, k = 2, . . . , r,Falls die Primzahlexponenten mehrerer Zahlen verglichen werden sollen, ist eineDarstellung günstiger, bei der die Primpotenzdarstellung (3.2) von n ∈ N 2 füralle Primzahlen, die n nicht teilen, “formal” durch entsprechende Potenzfaktorenmit dem Exponenten 0 ergänzt wird:Bezeichnung der formalen DarstellungHat n ∈ N 2 die Primpotenzdarstellung n = q e kk, so heißtk=1(3.3) n = ∏ {p νp(n) ek , wenn p = qmit ν p (n) : =k , k ∈ {1, . . . , r} ,0 sonst,p∈Pr ∏


3.3 Anwendungen des Hauptsatzes 53formale Darstellung von n. Zu der Zahl 1 wird die formale Darstellung durchν p (1) : = 0 für alle p ∈ P erklärt.3.3 Anwendungen des HauptsatzesDie Zahlen r <strong>und</strong> t aus der Primpotenzdarstellung beziehungsweise aus der Primärzerlegungergeben zwei nützliche zahlentheoretische Funktionen:Bezeichnung der Primteileranzahl <strong>und</strong> der PrimpotenzteileranzahlDie Abbildung ω : N 1 → N mit{ card { p ∈ P ; p | n} , wenn n ∈ N2 ,(3.4) ω(n) : =0 , wenn n = 1,heißt Anzahlfunktion der Primteiler.Die Abbildung Ω : N 1 → N mit{ {card (p, k) ∈ P × N1 ; p(3.5) Ω(n) : =k | n } , wenn n ∈ N 2 ,0 , wenn n = 1,heißt Anzahlfunktion der Primpotenzteiler.Der Vorteil der formalen Darstellung zeigt sich schon, wenn eine Darstellungfür das Produkt von zwei Zahlen a, b ∈ N 2 mit a = ∏ p νp(a) <strong>und</strong> b = ∏ p νp(b)p∈Pp∈Pbenötigt wird. Für jeden Primteiler, der in beiden Primpotenzdarstellungen vorkommt,lässt sich die Potenzproduktregel der Zahlgenese anwenden. Fallunterscheidungergibt dann(3.6) ν p (ab) = ν p (a) + ν p (b) für alle p ∈ P.Mit Hilfe der formalen Darstellung erhalten wir ein sehr häufig anwendbaresTeilbarkeitskriterium:TeilbarkeitssatzHaben a, b ∈ N 1 die formalen Darstellungen a = ∏ p νp(a) <strong>und</strong> b = ∏ p νp(b) ,p∈Pp∈Pso gilt a | b genau dann, wenn(3.7) ν p (a) ≤ ν p (b) für alle p ∈ Perfüllt ist.


54 Anwendungen des Hauptsatzes 3.3Beweis (zwei Teile, direkt, r1):a) Ist a | b, so gibt es ein c ∈ N 1 mit b = ac <strong>und</strong> c = ∏ p∈Pp νp(c) . Mit (3.6) folgtν p (b) = ν p (a) + ν p (c) für alle p ∈ P. Wegen ν p (c) ≥ 0 gilt ν p (a) ≤ ν p (b).b) Da (3.7) für alle p ∈ P mit ν p (b) − ν p (a) ∈ N äquivalent ist, gilt d : =∏p νp(b)−νp(a) ∈ N 1 . Damit folgt b = ad, also a | b.p∈PErst jetzt kann die Methode streng begründet werden, mit der meistens im <strong>Mathematik</strong>unterrichtder fünften Klasse die Berechnung des größten gemeinsamen Teilers(ggT) <strong>und</strong> des kleinsten gemeinsamen Vielfachen (kgV) erfolgt. Während dergrößte gemeinsame Teiler auf Seite 19 erklärt wurde, findet sich die formelmäßigeDefinition des kleinsten gemeinsamen Vielfachen in dem nächsten Satz. Fürdie im Folgenden häufig auftretenden Indexmengen wird zur Vereinfachung dieAbkürzungI n : = {1, . . . , n}eingeführt.Satz über die ggT- <strong>und</strong> kgV-DarstellungFür n ∈ N 2 seien a 1 , . . . , a n ∈ N 1 mit den formalen Darstellungen a i =∏p νp(ai) für i ∈ I n . Ist t : = ggT (a 1 , . . . , a n ) <strong>und</strong> v : = kgV (a 1 , . . . , a n ) : =p∈Pmin {e ∈ N 1 ; a i | e für jedes i ∈ I n } , so gilt(3.8)t = ∏ p∈Pp δp mit δ p : = min {ν ∈ N ; Es gibt ein j ∈ I n mit ν = ν p (a j )}<strong>und</strong>(3.9)v = ∏ p∈Pp γp mit γ p : = max {ν ∈ N ; Es gibt ein k ∈ I n mit ν = ν p (a k )} .Beweis (zwei Teile, direkt, r1):a) Aus t | a i für jedes i ∈ I n folgt aufgr<strong>und</strong> des Teilbarkeitssatzes (Seite 53), dass(3.10) ν p (t) ≤ ν p (a i ) für jedes i ∈ I n <strong>und</strong> alle p ∈ Pgilt. Die Minimalität von δ p ergibt(3.11) δ p ≤ ν p (a i ) für jedes i ∈ I n <strong>und</strong> alle p ∈ P,<strong>und</strong> es existiert ein j ∈ I n mit δ p = ν p (a j ) . Aus (3.10) folgt also ν p (t) ≤ δ p .


3.3 Anwendungen des Hauptsatzes 55Wegen der Maximalität von t gibt es zu jedem p ∈ P ein l ∈ I n , sodass ν p (t) =ν p (a l ) erfüllt ist. Mit (3.11) erhält man dann δ p ≤ ν p (t) <strong>und</strong> zusammengefasstδ p = ν p (t).b) Entsprechend folgt ν p (a i ) ≤ ν p (v) aus a i | v für jedes i ∈ I n , <strong>und</strong> die Maximalitätvon γ p ergibt ν p (a i ) ≤ γ p . Als Brücke für γ p ≤ ν p (v) dient ein k ∈ I nmit ν p (a k ) = γ p . Die Minimalität von v sichert dann die Existenz eines m ∈ I nmit ν p (v) = ν p (a m ) , sodass schließlich ν p (v) ≤ γ p <strong>und</strong> mit der vorhergehendenUngleichung ν p (v) = γ p folgt.Der nächste Satz bringt eine typische Anwendung der Primpotenzdarstellung:Satz über die TeileranzahlfunktionHat a ∈ N 2 die Primpotenzdarstellung a =(3.12) d(a) =r ∏k=1r∏(e k + 1).k=1q e kk, so giltBeweis (vollständige Induktion, r1):Die Induktionsmenge sei{M : = s ∈ N 1 ; Für a =s∏k=1q e kkgilt d(a) =s∏k=1}(e k + 1) .Der Teilbarkeitssatz (Seite 53) ergibt, dass eine Primzahlpotenz q e genau diee + 1 Teiler 1, q, . . . , q e besitzt. Für q = q 1 <strong>und</strong> e = e 1 erhalten wir damit denInduktionsanfang 1 ∈ M.Für m ∈ M setzen wir b : =m ∏k=1q e kk<strong>und</strong> c : = q e m+1m+1 . Die Induktionsannahme∏liefert d(b) = m (e k + 1). Aufgr<strong>und</strong> des vorweg behandelten Falles mit q = q m+1k=1<strong>und</strong> e = e m+1 + 1 ist d(c) = e m+1 . Aus der Darstellung aller Teiler von b, c <strong>und</strong>bc mit Hilfe des Teilbarkeitssatzes folgt, dass die Menge der Teiler von bc genauaus den Produkten aller Teiler von b mit den Teilern von c besteht. Also giltd(a) = d(bc) = d(b)d(c).Damit ist m + 1 ∈ M, <strong>und</strong> der Induktionssatz ergibt M = N 1 .Der folgende Satz, der diesen Abschnitt beschließt, enthält das auf Seite 37 angekündigteRationalitätskriterium für k-te Wurzeln. Wichtiger ist jedoch wieder


56 Vollkommene Zahlen <strong>und</strong> spezielle Primzahlen 3.4der Beweis, der die Exponentenvergleichsstrategie einführt, die bei einigen zahlentheoretischenProblemen wirksam eingesetzt werden kann.Satz über rationale k-teWurzelnIst k ∈ N 2 <strong>und</strong> w ∈ Q + , so stellt k√ w genau dann eine rationale Zahl dar,wenn es ein v ∈ Q + mit w = v k gibt.Beweis (zwei Teile, direkt, Fallunterscheidung, r1):a) Aus w = v k folgt definitionsgemäß k√ w = v ∈ Q + .b) Sind a, b, c, d ∈ N 1 mit ggT(a, b) = 1, ggT(c, d) = 1, w = a b <strong>und</strong> k√ w = c d , soist k√ ab = c däquivalent mit(3.13) a d k = b c k .Werden für a, b, c, d die formalen Darstellungen eingesetzt, so ergeben (3.6) <strong>und</strong>die Eindeutigkeitsaussage des Hauptsatzes (Seite 49), dass (3.13) genau dann gilt,wenn(3.14) ν p (a) + k ν p (d) = ν p (b) + k ν p (c) für alle p ∈ Perfüllt ist. Aus der Teilerfremdheit von a <strong>und</strong> b folgt, dass für jedes p ∈ P höchstenseine der beiden Zahlen ν p (a) <strong>und</strong> ν p (b) nicht verschwindet. Im Falle ν p (a) > 0beziehungsweise ν p (b) > 0 ergibt dann (3.14), dass 1 k ν p(a) = ν p (c) − ν p (d) beziehungsweise1 k ν p(b) = ν p (d) − ν p (c) in N 1 liegt. Mit den formalen Darstellungene : = ∏ p 1 k νp(a) <strong>und</strong> f : = ∏ p 1 k νp(b) ist also v : = e fp∈Pp∈Peine positive rationale Zahl,für die v k = w gilt.3.4 Vollkommene Zahlen <strong>und</strong> spezielle PrimzahlenBezeichnung der TeilersummenfunktionDie Abbildung σ : N 1 → N 1 , n ↦→ σ(n) mit σ(n) : = ∑ d|nd für alle n ∈ N 1 heißtTeilersummenfunktion.


3.4 Vollkommene Zahlen <strong>und</strong> spezielle Primzahlen 57Satz über die TeilersummenfunktionHat n ∈ N 2 die Primpotenzdarstellung n =(3.15) σ (n) =r∏k=1r ∏k=1q e k+1k− 1q k − 1 .q e kk, so giltBeweis (Vollständige Induktion, r1):Wegen σ(q e ) = 1+q+· · ·+q e = qe+1 −1für alle q ∈ P <strong>und</strong> jedes e ∈ Nq−11 liegt 1 in derInduktionsmenge M : = {r ∈ N 1 ; (3.15) ist richtig für alle n mit ω(n) = r} . Istm ∈ M,n ∈ N 2 mit ω(n) = m <strong>und</strong> q m+1 ∤ n, so erhält man alle Teiler vonn q e m+1m+1 , indem man alle Teiler von n mit jedem Teiler von q e m+1m+1 multipliziert.Also iste∑m+1σ(n q e m+1m+1 ) = σ(n)k=0q k m+1 = σ(n) qe m+1+1m+1 − 1q m+1 − 1 ,d. h. es gilt m + 1 ∈ M, <strong>und</strong> der Induktionssatz (Seite 12) ergibt M = N 1 .Dieser Satz ermöglicht einen Beweis der auf Seite 15 erwähnten Ergebnisse vonEuklid <strong>und</strong> Euler über vollkommene Zahlen, die heute mit Hilfe der Teilersummenfunktiondefiniert werden.Definition der vollkommenen ZahlenEine Zahl n ∈ N 1 heißt vollkommen, wenn σ(n) = 2 n ist.BeispieleWegen σ(6) = 12, σ(28) = 56 <strong>und</strong> σ(496) = 992 sind 6, 28 <strong>und</strong> 496 vollkommeneZahlen. Unterhalb von 8127 gibt es keine weiteren.Satz über gerade vollkommene ZahlenIst n ∈ N 2 mit 2|n, so stellt n genau dann eine vollkommene Zahl dar, wennes ein m ∈ N 2 mit 2 m − 1 ∈ P gibt, sodass(3.16) n = 2 m−1 (2 m − 1)gilt.


58 Vollkommene Zahlen <strong>und</strong> spezielle Primzahlen 3.4Beweis (zwei Teile, direkt):i) (r1, Euklid):Mit q : = 2 m − 1 ∈ P ergibt (3.15), dassgilt.σ(n) = 2m − 12 − 1q 2 − 1q − 1 = (2m − 1) (q + 1) = (2 m − 1) 2 m = 2 nii) (a1, Euler):Da n eine gerade vollkommene Zahl sein soll <strong>und</strong> da σ (2 m−1 ) = 2 m − 1 < 2 m fürm ∈ N 2 gilt, gibt es (m, b) ∈ N 2 × N 3 mit 2 ∤ b, sodass 2 n = 2 m b = σ (2 m−1 b)erfüllt ist. Aus (3.15) folgt σ (2 m−1 b) = σ (2 m−1 ) σ(b) = (2 m − 1) σ(b). Damiterhält manσ(b)b= 2m2 m − 1 ,wobei die rechte Seite einen Kernbruch darstellt, sodass die Kernbruchstrategieangewendet werden kann. Aufgr<strong>und</strong> des Erweiterungssatzes (Seite 36) existiertalso ein c ∈ N 1 , mit dem(3.17) σ(b) = 2 m c <strong>und</strong> b = (2 m − 1) cgilt. Euler zeigte nun mit Hilfe eines etwas längeren indirekten Schlusses, dassc = 1 <strong>und</strong> damit σ(b) = b + 1 - also b ∈ P - folgt.Wir wollen hier die Gelegenheit nutzen, eine weitere wichtige Methode einzuführen,indem wir mit Hilfe der Rückwärtsstrategie herauszufinden versuchen, wiesich die Primzahleigenschaft von b direkt gewinnen lässt. Offenbar ist der vonEuler verwendete Schluss, dass b ∈ P aus σ(b) = b + 1 folgt, ein mit d(b) = 2äquivalentes σ-Primzahlkriterium. Wir steuern also als nächsten Vorwärtsschrittdie Herleitung der Gleichung σ(b) = b + 1 an. Wegen (3.17) <strong>und</strong> mit 2 m − 1 ∈ N 3gilt(3.18) σ(b) = b + c, c | b <strong>und</strong> c < b,d. h. es muss c = 1 sein, weil σ(b) die Summe aller Teiler von b ist. Aus (3.17)folgt damit b = 2 m − 1, <strong>und</strong> das σ-Primzahlkriterium ergibt, dass b ∈ P ist.Die gleichzeitige oder abwechselnde Verwendung des Vorwärtsschließens <strong>und</strong> derRückwärtsstrategie erinnert an den Bau einer Brücke von zwei gegenüberliegendenUfern aus. Deshalb nennen wir diese Methode im Anschluss an G. Pólya [19]


3.4 Vollkommene Zahlen <strong>und</strong> spezielle Primzahlen 59Brückenstrategie. Auf Seite 16 des zweiten Bandes schreibt Pólya: ≪Die Lösungeiner Aufgabe entdecken heißt, eine Verbindung zwischen vorher getrennten Dingenoder Ideen finden (zwischen den Dingen, die wir haben, <strong>und</strong> den Dingen,die wir suchen, den Daten <strong>und</strong> der Unbekannten, der Voraussetzung <strong>und</strong> derBehauptung). Je weiter die in Verbindung gebrachten Dinge ursprünglich auseinanderlagen, um so größer ist das Verdienst, eine solche Verbindung zu entdecken.Wir sehen diese Verbindung manchmal in Gestalt einer Brücke: Eine große Entdeckungerscheint uns wie das Überbrücken einer tiefen Kluft zwischen zwei weitauseinander liegenden Ideen.≫Bevor wir auf die Primzahlen der Form 2 m − 1 näher eingehen, geben wir denaktuellen Stand des auf Seite 15 erwähnten Problems der Existenz ungeradervollkommener Zahlen wieder. Gibt es eine solche Zahl n, so hat sie mindestens300 Dezimalziffern, <strong>und</strong> es gilt Ω(n) ≥ 37 sowie ω(n) ≥ 8, wobei mindestens einPrimteiler größer als 10 20 ist.Satz über Primzahlen der Form 2 m − 1Ist 2 m − 1 ∈ P, so gilt m ∈ P.Beweis (Kontraposition 2 , r1):Aus m = u v mit u, v ∈ N 2 folgt 2 u v − 1 = (2 u ) v − 1 v = (2 u − 1) v−1 ∑2 u − 1 ∈ N 2 <strong>und</strong> 1 + 2 u + · · · ∈ N 2 , d. h. 2 m − 1 ist zerlegbar.k=0(2 u ) k mitBezeichnung der Mersenne-Primzahlen 3Die Zahlen M p : = 2 p − 1 ∈ P heißen Mersenne-Primzahlen.BeispieleM 2 = 3, M 3 = 7, M 5 = 31, M 7 = 127, (M 11 = 2047 = 23 · 89 ∉ P) .2 Der Beweis durch Kontraposition gehört zu den indirekten Beweisen. Sind A <strong>und</strong> B Aussagen,so beweist man anstelle der Aussage “Aus A folgt B” die dazu aussagenlogisch äquivalenteAussage “Aus ¬B folgt ¬A”, wobei ¬A <strong>und</strong> ¬B die Negationen der Aussagen A <strong>und</strong> B sind.3 Marin Mersenne (1588-1648) war ein französischer Mönch, der sich auch mit <strong>Mathematik</strong>,Physik <strong>und</strong> Musiktheorie beschäftigte.


60 Vollkommene Zahlen <strong>und</strong> spezielle Primzahlen 3.4Theorem über Mersenne-Primzahlen 4 (von E. Lucas 1876 entdeckt<strong>und</strong> von D. H. Lehmer 1936 allgemein bewiesen)Die Folge (u n ) nsei durch u 1 : = 4 <strong>und</strong> u n+1 : = u 2 n − 2 für n ∈ N 1 rekursivdefiniert. Ist p ∈ P 3 , so stellt M p = 2 p − 1 genau dann eine Primzahl dar,wenn M p | u p−1 gilt.PrimzahlrekordeDas Theorem über Mersenne-Primzahlen stellt die Gr<strong>und</strong>lage fürden Lucas-Lehmer-Test für Mersenne-Primzahlen dar, der ungewöhnlichschnell ist, weil einerseits nur die Reste von u k beim Teilen durch M pfür k = 1, . . . , p − 1 zu berechnen sind <strong>und</strong> weil andererseits auf Computernmit Dualzahlarithmetik die Division durch 2 p − 1 besonders einfachprogrammiert werden kann. Seit Lucas 1876 zeigte, dass M 127 (mit 39Ziffern) eine Primzahl ist, waren immer Zahlen vom Mersenneschen Typdie jeweils größten bekannten Primzahlen. Bis heute (Juni 2005) wurdendie folgenden 42 Exponenten von Mersenne-Primzahlen bestimmt: 1: 2, 2:3, 3: 5, 4: 7, 5: 13, 6: 17, 7: 19, 8: 31, 9: 61, 10: 89, 11: 107, 12: 127, 13:521, 14: 607, 15: 1279, 16: 2203, 17: 2281, 18: 3217, 19: 4253, 20: 4423,21: 9689, 22: 9941, 23: 11213, 24: 19937, 25: 21701, 26: 23209, 27: 44497,28: 86243, 29: 110503, 30: 132049, 31: 216091, 32: 756839, 33: 859433, 34:1257787, 35: 1398269, 36: 2976221, 37: 3021377, 38: 6972593, 39: 13466917,40: 20996011, 41: 24036583, 42: 25964951.Die letzten acht dieser Exponenten von Mersenne-Primzahlen wurden imRahmen des GIMPS-Projekts (Great Internet Mersenne Prime Search)gef<strong>und</strong>en. Dabei handelt es sich um einen Internet-Zusammenschluss vonmehr als 100000 privaten Computern (siehe www.mersenne.org). In diesemProjekt werden nach <strong>und</strong> nach auch die Zahlen 2 p − 1 systematischgetestet, für die die Primzahl p zwischen den obigen Exponenten liegt. Aufdiese Weise wurde festgestellt, dass es bis zur 38. Mersenne-Primzahl keineweiteren als die schon gef<strong>und</strong>enen gibt.Die neueste Mersenne-Primzahl hat im Februar 2005 ein deutscher Augenarztentdeckt, der insgesamt 24 Computer einsetzte <strong>und</strong> mehr als 50 TageRechenzeit für die 7816230-stellige Zahl benötigte.Vermutungen über vollkommene ZahlenEs gibt unendlich viele gerade vollkommene Zahlen aber keine ungeraden.4 Als Theoreme bezeichnen wir in diesem Buch Sätze, deren Beweise wegen ihres Umfangs<strong>und</strong> Schwierigkeitsgrades hier nicht wiedergegeben werden können.


3.4 Vollkommene Zahlen <strong>und</strong> spezielle Primzahlen 61Durch das folgende Theorem wird eine Primzahlmenge ausgezeichnet, deren Elementeden Mersenne-Primzahlen ähneln, über die aber noch weniger bekanntist.Theorem über regelmäßige Vielecke (Gauß, 1796)Für n ∈ N 3 kann das regelmäßige n-Eck genau dann mit Zirkel <strong>und</strong> Linealkonstruiert werden, wenn 2 −ν 2(n) n entweder 1, eine Primzahl der Form 2 t + 1mit t ∈ N 1 oder das Produkt von verschiedenen Primzahlen dieses Typs ist.Satz über Primzahlen der Form 2 t + 1Ist 2 t + 1 ∈ P, so gibt es ein k ∈ N mit t = 2 k .Beweis (Kontraposition, r1):Aus t = 2 k d mit d ∈ N 3 <strong>und</strong> 2 ∤ d folgt mit x : = 2 2k die Gleichungskette(2 t + 1 = 2 2k d + 1 = 2 2k) d+ 1= x d + 1 = x d − (−1) d(= (x − (−1)) x d−1 (−1) 0 + x d−2 (−1) 1 + . . . + x 0 (−1) d−1) .Einerseits gilt x + 1 ≥ 3, <strong>und</strong> andererseits ergibt sich aus x + 1 < x d + 1, dassx d−1 (−1) 0 +. . .+x 0 (−1) d−1 ∈ N 2 ist. Damit kann 2 t +1 keine Primzahl sein.Bezeichnung der Fermat-PrimzahlenDie Zahlen F n : = 2 2n + 1 ∈ P heißen Fermat-Primzahlen.Die bisher bekannten Fermat-Primzahlen sindF 0 = 3 , F 1 = 5 , F 2 = 17 , F 3 = 257 , F 4 = 65537.Euler fand den Faktor 641 von F 5 . F 9 wurde 1990 “faktorisiert”, d. h. es wurdenalle Primfaktoren berechnet. F 20 mit ungefähr 380000 Stellen war bis 1995ungeklärt. Inzwischen ist bekannt, dass F 20 keine Primzahl darstellt. Fermat-Primzahlen können mit Hilfe des folgenden Tests gef<strong>und</strong>en werden, der allerdingswegen des raschen Wachsens der Exponenten in absehbarer Zeit keine neuen Ergebnissemehr liefern kann.


62 Verteilung der Primzahlen 3.5Theorem über Fermat-PrimzahlenFür n ∈ N 1 stellt F n genau dann eine Primzahl dar, wenn F n Teiler von3 Fn−12 + 1 ist.Vermutung über Fermat-PrimzahlenEs gibt nur die obigen fünf Fermat-Primzahlen.3.5 Verteilung der PrimzahlenDie Folge der Primzahlen hat beliebig lange Lücken, weil für jedes m ∈ N 2 alleZahlen der Menge {n ∈ N 3 ; Es gibt ein i ∈ I m−1 mit n = m! + i + 1} keinePrimzahlen sind. Bei einigen zahlentheoretischen Problemen haben die Zahlenaus N 2 , die nicht zu den Primzahlen gehören, einen eigenen Namen, der aber erstbei Verallgemeinerungen in der Algebra eine größere Bedeutung gewinnt.Bezeichnung der zerlegbaren ZahlenDie Zahlen aus N 2 \ P heißen zerlegbar.In der entgegengesetzten Richtung sprechen numerische Bef<strong>und</strong>e dafür, dass dieFrage von Seite 15 bezüglich der Unendlichkeit der Menge {p ∈ P ; p + 2 ∈ P}positiv zu beantworten ist.Auf der Suche nach Regelmäßigkeiten der Primzahlfolge stellte Gauß 1792 als16-Jähriger die unveröffentlichte Vermutung auf, dass die Anzahl der Primzahlenunterhalb einer positiven Schranke x “asymptotisch” so groß ist wiexln x . Wegenihrer Bedeutung hat diese Anzahlfunktion ein eigenes Symbol:Bezeichnung der PrimzahlfunktionDie Abbildung π : R + → N , x ↦→ card {p ∈ P ; p ≤ x} heißt Primzahlfunktion.


3.5 Verteilung der Primzahlen 63Unabhängig von Gauß wurde diese Vermutung von A. M. Legendre gef<strong>und</strong>en<strong>und</strong> 1798 publiziert. In der Schreibweise der Analysis hat die Vermutung die Formπ(x) ln x(3.19) lim = 1.x→∞ xBeispieleπ(10 2 ) = 25, π(10 4 ) = 1229, π(10 6 ) = 78498, π(10 8 ) = 5761455, π(10 10 ) =455052512.Es dauerte fast einh<strong>und</strong>ert Jahre, bis die Aussage (3.19) 1896 bewiesen wurde.Wir können hier nur einige elementare Sätze herleiten. Im nächsten Abschnittgeben wir einen Ausblick auf die zur analytischen <strong>Zahlentheorie</strong> gehörende Entwicklungder Primzahltheorie.Satz über ein PrimzahlkriteriumEine Zahl n ∈ N 2 ist genau dann eine Primzahl, wenn kP (n) > √ n gilt.Beweis (zwei Teile: erster Teil direkt, zweiter mit Kontraposition, r1):i) Stellt n eine Primzahl dar, so gilt kP (n) = n, <strong>und</strong> aus n > 1 folgt n > √ n.ii) Ist n ∈ N 2 \ P <strong>und</strong> q : = kP (n), so gibt es ein f ∈ N 2 mit n = fq <strong>und</strong>q ≤ kP (f) ≤ f. Damit gilt q 2 ≤ n, also q ≤ √ n.Mit Hilfe dieses Primzahlkriteriums lassen sich Primzahlen “aussieben” <strong>und</strong> abzählen.Sind nämlich die Primzahlen p mit p ≤ √ n für n ∈ N 4 bekannt <strong>und</strong>werden alle Vielfachen dieser Primzahlen in I n gestrichen, so bleiben genau diePrimzahlen q mit √ n < q ≤ n <strong>und</strong> die Zahl 1 übrig. Dieses Verfahren stammtvon dem griechischen <strong>Mathematik</strong>er Eratosthenes (276? - 194? v. Chr.). Eswird deshalb Sieb des Eratosthenes genannt. Das nächste Beispiel bereitet denzugehörigen Satz über die Anzahl(3.20) A(n) : = 1 + card { m ∈ N 2 ; m ≤ n <strong>und</strong> kP (m) > √ n }der verbleibenden Zahlen für n ∈ N 4 vor.BeispielFür n = 40 ist [ √ n] = 6 <strong>und</strong> P ∩ I 6 = {2, 3, 5}. Die folgende Abbildung 3.1 gibtden Siebvorgang durch verschieden geneigte Striche wieder.


64 Verteilung der Primzahlen 3.51 2 3 4 5 6 7 8 9 1011 12 13 14 15 16 17 18 19 2021 22 23 24 25 26 27 28 29 3031 32 33 34 35 36 37 38 39 40: Teiler 2, : Teiler 3,Abbildung 3.1: Sieb des Eratosthenes: Teiler 5Aus dem Siebschema entnehmen wir π(40)−π (√ 40 ) = 9, sodass A(40) = 1+9 =10 ist.Zählen wir die Vielfachen der Primzahlen 2, 3, 5 <strong>und</strong> beachten die Mehrfachstreichungen,so erhalten wir eine zweite Darstellung für A(40), in der die Primzahlfunktionnicht vorkommt.[ ] [40Von 40 werden zuerst2 Vielfache von 2 gestrichen, dann 40]3 Vielfache von[ ]403 <strong>und</strong>5 Vielfache von 5. Dabei sind alle Vielfachen von 2 · 3, 2 · 5 <strong>und</strong> 3 · 5doppelt weggestrichen. Ihre Anzahlen werden also wieder addiert. Die Anzahl derVielfachen von 2 · 3 · 5 ist schließlich einmal zuviel gerechnet <strong>und</strong> wird deshalbwieder subtrahiert.Damit ergibt sich[ ] 40A (40) = 40 − −2[ ] 40−3= 40 − 20 − 13 − 8 + 6 + 4 + 2 − 1 = 10.[ ] [ ] [ ] [ ] [40 40 40 40+ + + −5 2 · 3 2 · 5 3 · 5402 · 3 · 5Die Vorzeichen der Gauß-Klammern hängen offenbar von der Anzahl der Primfaktorenin den Nennerprodukten ab. In der allgemeinen Aussage wird dieserZusammenhang durch die folgende zahlentheoretische Funktion erfasst.]Bezeichnung der Möbius-Funktion 5Die zahlentheoretische Funktion µ : N 1 → {−1, 0, 1} mit{(−1) ω(n) , wenn ω(n) = Ω(n) ist,(3.21) µ(n) : =0 sonst,heißt Möbius-Funktion oder µ-Funktion.5 August Ferdinand Möbius (1790-1868) war <strong>Mathematik</strong>er <strong>und</strong> Physiker in Leipzig.


3.5 Verteilung der Primzahlen 65Die ersten Werte der Möbius-Funktion sindµ (1) = 1, µ (2) = −1, µ (3) = −1, µ (4) = 0, µ (5) = −1, µ (6) = 1, µ (7) = −1,µ (8) = 0, µ (9) = 0, µ (10) = 1, µ (11) = −1, µ (12) = 0.Die Zahlen, für die die Möbius-Funktion von 0 verschieden ist, spielen in vielenTeilen der <strong>Zahlentheorie</strong> eine Rolle. Sie haben deshalb ein eigenes Adjektiv. DieÜbereinstimmung der Bedingung in der folgenden Definition mit derjenigen desersten Falles der Möbius-Funktion lässt sich als einfache Übungsaufgabe zeigen.Definition der quadratfreien ZahlenEine Zahl n ∈ N 1 heißt quadratfrei, wenn ν p (n) ≤ 1 für alle p ∈ P erfüllt ist.Satz über die Möbius-SummeIst n ∈ N 1 , so gilt(3.22)∑µ(d) =d|n{1 für n = 1,0 sonst.Beweis (direkt, r2):Für n = 1 ist definitionsgemäß µ(1) = 1. Im Falle n ∈ N 2 eliminieren wir alleNullsummanden, indem wir n durch n ′ : = ∏ p|np ersetzen. Dann gilt∑µ(d) = ∑ µ(d),d|n ′d|nweil aufgr<strong>und</strong> des Teilbarkeitssatzes (Seite 53) die quadratfreien Teiler von n(genau die Teiler von n ′ sind. Mit r : = ω(n ′ ) liefert der Binomialkoeffizient 6 rkfür k ∈ A r+1 die Anzahl der Teiler d mit k Primfaktoren. Die Binomialformelr∑( r(3.23) (1 + x) r = xk)k für alle x ∈ Rergibt also∑d|n ′ µ(d) =k=0r∑k=0( rk)(−1) k = (1 − 1) r = 0.6 Für r ∈ R <strong>und</strong> k ∈ N 1 werden die Binomialkoeffizienten durchdefiniert, <strong>und</strong> es wird( r0): = 1 gesetzt.( rk): = 1 k!k−1∏i=0)(r − i)


66 Verteilung der Primzahlen 3.5Satz über das Eratosthenes-SiebEs seien x, y ∈ R + mit x ≥ 4 <strong>und</strong> 2 ≤ y ≤ √ x. Wird w : = ∏ p, <strong>und</strong>p∈Pp≤yB(x, y) : = 1 + card {m ∈ N 2 ; m ≤ x <strong>und</strong> kP (m) > y} gesetzt, so gilt(3.24) B(x, y) = ∑ [ xµ(d) .d]d|wFür die durch (3.20) definierte Anzahlfunktion A(n) ergibt sich mit n ∈ N 4insbesondere(3.25) A(n) = B(n, √ n) = π(n) − π (√ n ) + 1.Beweis (zwei Teile, direkt, a2/r1)i) Würden wir versuchen, (3.24) ausgehend von der Definition von B(x, y) zubeweisen, so wäre gleich am Anfang eine Umformung nötig, die als Trick erschiene.Wenden wir dagegen die Rückwärtsstrategie an, so ergibt sich der Übergang fastvon selbst. Zunächst beachten wir, dass[ xd]= card {m ∈ N 1 ; m ≤ x <strong>und</strong> d|m} =[x]∑gilt. Die durch Einsetzen entstehende Doppelsumme lässt sich so umformen, dassm=1d|mder Satz über die Möbius-Summe (Seite 65) angewendet werden kann:∑ [ xµ(d) =d] ∑ µ(d)d|wd|w=[x]∑m=1[x]∑m=1d|m( ∑d|ggT(m, w)1 = ∑ d|w[x]∑m=1d|m)µ(d) =µ(d) =[x]∑[x]∑m=1m=1ggT(m, w)=11∑µ(d)Da w das Produkt der Primzahlen bis y ist, gilt die Bedingung ggT(m, w) = 1für m ∈ N 2 genau dann, wenn kP (m) > y erfüllt ist. Damit hat die letzte Summeden Wert B(x, y).ii) Definitionsgemäß gilt A(n) = B(n, √ n). Aufgr<strong>und</strong> des Satzes über ein Primzahlkriterium(Seite 63) ist π(n) − π ( √ n) + 1 die Anzahl A(n) der nicht “gestrichenen”Zahlen.1.d|md|w


3.5 Verteilung der Primzahlen 67Die Darstellung von A(n) als Spezialfall von (3.24) wird auch Wechselwegnahmestrategieoder Ein- <strong>und</strong> Ausschaltformel genannt. Mit Hilfe einer wesentlichenVerbesserung von (3.24) <strong>und</strong> (3.25) hat ein amerikanisches Team 1985 π (4 · 10 16 )exakt berechnet. Bei dem folgenden letzten Satz dieses Kapitels wird (3.24) fürdie obere Abschätzung verwendet.Satz über π(x)-AbschätzungenFür alle x ∈ R mit x ≥ 21 giltln x − 1 < π(x)


68 Verteilung der Primzahlen 3.5Diese endlich vielen Reihen sind absolut konvergent. Sie können deshalbgliedweise ausmultipliziert <strong>und</strong> umgeordnet werden. MitN x : = {m ∈ N 1 ; Für alle Primteiler p von m gilt p ≤ x}ergibt sich alsoP (x) = ∏ p∈Pp≤x∞∑k=01p = ∑ 1k n .7n∈N xDa alle m ∈ N 1 mit m ≤ x zu N x gehören, lässt sich P (x) nach unten durcheine Summe abschätzen, für die ein Integral mit bekannter Stammfunktionals untere Schranke angegeben werden kann (siehe Abbildung 3.2):P (x) = ∑ [x]1n ≥ ∑ 1nn∈N x=≥[x]∑n=11n∫n+1n[x] n+1∑∫n=1nn=1dv =[x]∑n=1∫n+1n[x]+1∫1v dv = 1v dv= ln ([x] + 1) > ln x, also11n dv(3.27) ln x < P (x).1n1vn n + 1vAbbildung 3.2: Untere Abschätzung von P (x)7 Euler schließt hier, dass die Annahme endlich vieler Primzahlen im Widerspruch zurDivergenz der harmonischen Reihe stünde.


3.5 Verteilung der Primzahlen 69Durch Zusammenfassen der beiden P (x) enthaltenden Ungleichungen ergibtsich für π(x) die untere Abschätzungii) Obere Abschätzung von π(x)ln x − 1 < π(x).a) Ähnlich wie P (x) bei der unteren Abschätzung spielt jetzt B(x, y) aus demSatz über das Eratosthenes-Sieb (Seite 66) die Rolle eines Mittelgliedes.Dazu sei x ≥ 4 <strong>und</strong> 2 ≤ y ≤ √ x. Da natürlich alle p ∈ P mit y < p ≤x zu B(x, y) gehören, gilt zunächst π(x) − π(y) ≤ B(x, y). In der dazuäquivalenten Ungleichungπ(x) ≤ B(x, y) + π(y)wird nun die rechte Seite nach oben abgeschätzt <strong>und</strong> dann y in Abhängigkeitvon x geeignet gewählt.[ ]xIn der Summe von (3.24) ersetzen wird durchxd +Θ x,d mit −1 < Θ x,d ≤ 0.Damit folgtB(x, y) = ∑ ( xµ(d)x,d)d + Θ d|w= x ∑ d|wµ(d) 1 d + ∑ d|wµ(d) Θ x,d≤ x ∑ d|wµ(d) 1 d + ∑ d|w1= x ∑ d|wµ(d) 1 d + d(w).b) Wird w = ∏ ∏p in der Form w = r p j mit r : = π(y) geschrieben, so kannp∈Pj=1p≤yschon für r ≤ 3 vermutet werden, dass∑(3.28)µ(d) 1 r∏(1d = − 1 )für jedes r ∈ N 1p jd|wj=1gilt. Der Beweis mit vollständiger Induktion erfolgt ähnlich wie bei demSatz über die Teileranzahlfunktion (Seite 55). Besteht die InduktionsmengeM aus denjenigen k ∈ N 1 , für die (3.28) erfüllt ist, so gehört 1 zu M, weil


70 Verteilung der Primzahlen 3.5∑µ(d) 1 d = 1 − 1 gilt. Für k ∈ M beruht der Induktionsschritt mit Hilfep 1d|p 1des Teilbarkeitssatzes (Seite 53) auf der expliziten Kenntnis aller Teiler:k+1∏(1 − 1 ) ( ∑= µ(d) 1 ) (1 − 1 )pj=1 j d p k+1d|p 1···p k= ∑µ(d) 1 d +∑1(−µ(d))d p k+1d|p 1···p k d|p 1···p k= ∑µ(d) 1 d .d|p 1···p k+1c) Mit (3.28) <strong>und</strong> (3.27) folgt∑d|wµ(d) 1 d = ∏ p∈Pp≤yZusammenfassend haben wir damitπ(x) ≤(1 − 1 )= 1p P (y) ≤ 1ln y .x + d(w) + π(y).ln yAufgr<strong>und</strong> des Satzes über die Teileranzahlfunktion (Seite 55) ist d(w) =2 π(y) ≤ 2 y , <strong>und</strong> grob abgeschätzt gilt auch π(y) ≤ y ≤ 2 y . Wegen 2 ln x =e (ln 2)(ln x) = x ln 2 ist 2 · 2 y xkleiner als , wenn y : = ln x für hinreichendln ygroßes x gewählt wird. Wir zeigen abschließend, dass dieses für x ≥ e 3 derFall ist. Dazu setzen wirh(x) : = 1 x 2 ln x ln (ln x) =ln (ln x)x 1−ln 2 .Dann gilt h(e 3 ) = ln 3e = 0, 43 . . . < 1 3(1−ln 2) 2 <strong>und</strong>( ) 11h ′ (x) =ln x − (1 − ln 2) ln (ln x) x < 0 für x ≥ 2−ln 2 e3 ,weil x ↦→ 1 monoton fallend, x ↦→ (1 − ln 2) ln (ln x) monoton steigendln x<strong>und</strong> 1 − (1 − ln 2) ln 3 = −0, 003 . . . negativ ist. Also stellt x ↦→ h(x) für3x ≥ e 3 eine monoton fallende Funktion dar. Damit gilt π(x) e 3 .


3.6 Ausblick auf Resultate der analytischen Primzahltheorie 713.6 Ausblick auf bedeutende Resultate der analytischenPrimzahltheoriei) Primzahlen in arithmetischen FolgenNeben den beiden Folgen (2 n − 1) n<strong>und</strong> (2 n + 1) naus Abschnitt 3.4 haben vor allemdie “arithmetischen Folgen” (k n + l) nmit (k, l) ∈ N 3 ×Z <strong>und</strong> ggT (k, l) = 1das Interesse der Zahlentheoretiker geweckt. Während k n+l im Falle ggT (k, l) >1 aufgr<strong>und</strong> des Satzes über Teilbarkeitsregeln (Seite 18) für alle n ∈ N 2 zerlegbarist, konnte G. Dirichlet 8 in einer bedeutenden Arbeit die folgende Aussagebeweisen:Theorem über Primzahlen in arithmetischen Folgen (G. Dirichlet,1837)Sind (k, l) ∈ N 3 × Z mit ggT (k, l) = 1, so enthält die Folge (k n + l) nunendlich viele Primzahlen.Zum Beweis führte Dirichlet zwei neue Begriffe ein, die später nach ihm benanntwurden, nämlich Dirichlet-Reihen <strong>und</strong> Dirichlet-Charaktere. Ist (a n ) neine∑Folge von reellen oder komplexen Zahlen, so heißt die Funktionenreihe ∞ a nmitn sder reellen (<strong>und</strong> später auch komplexen) Variablen s Dirichlet-Reihe mit der Koeffizientenfolge(a n ) n∑. Die wichtigste Dirichlet-Reihe ist ∞ 1. Ihre Bedeutungnn=1sberuht auf der Produktdarstellung∞∑ 1(3.29)n = ∏ (1 − 1 ) −1,s p s n=1 p∈Pdie von Euler für alle s ∈ R mit s > 1 bewiesen wurde. Einen Spezialfall seinerMethode haben wir bei dem Beweis der unteren Abschätzung von π(x) auf Seite68 verwendet. Mit der dort definierten Menge N x gilt∏p∈Pp≤x(1 − 1 p s ) −1= ∑ n∈N x1n s für jedes x ∈ R + .Durch den Übergang x → ∞ <strong>und</strong> mit dem Hauptsatz (Seite 49) ergibt sich (3.29).8 Peter Gustav (Lejeune-) Dirichlet (1805-1859) wirkte in Breslau, Berlin <strong>und</strong> Göttingen.n=1


72 Ausblick auf Resultate der analytischen Primzahltheorie 3.6Dirichlet-Charaktere sind Abbildungen χ : N 1 → C. Sie haben in Abhängigkeitvon der festen Zahl k ∈ N 3 die folgenden Eigenschaften:χ(1) : = 1, χ(n) : = 0,χ(ab) = χ(a) χ(b) für alle a, b ∈ N 1χ(a) = χ(b),wenn ggT (k, n) > 1 ist,wenn k|(a − b) gilt.<strong>und</strong>Sie werden gebraucht, um in N 1 die Zahlen der Form kn + l auszusieben.Jedem Dirichlet-Charakter wird eine Dirichlet-Reihe L(s, χ) : =∞ ∑n=1χ(n)n szugeordnet.Diese sogenannten L-Reihen konvergieren für alle s ∈ R + , wenn es einn ∈ N 1 mit χ(n) /∈ {0, 1} gibt. Als entscheidenden Zwischenschritt für den Beweisdes obigen Theorems konnte Dirichlet zeigen, dass L(1, χ) ≠ 0 für alleDirichlet-Charaktere gilt.ii) Approximation von π(x)Über die auf Seite 62 erwähnte Hypothese hinausgehend stellte Gauß 1793 dieVermutung auf, dass der für x > 1 definierte Integrallogarithmus⎛⎞∫1−ε∫x∫li (x) : = lim ⎝1ε→0 ln t dt + 1xln t dt ⎠1= dt + 1, 04 . . .ln t01+εdie Primzahlfunktion π(x) “mit einem viel kleineren Rest” approximiert alsEine erste Bestätigung lieferte P. L. Tschebyscheff 9 :2xln x .Theorem über π(x)-Approximation durch li (x) (P. L. Tschebyscheff,1851)Für jedes A > 0 giltlim sup (π(x) − li (x))x→∞(ln x)AxInsbesondere ist limx→∞π(x)li (x)≥ 0 <strong>und</strong>lim infx→∞= 1, wenn der Limes existiert.(ln x)A(π(x) − li (x))x≤ 0.li (x) ln xDa mit partieller Integration lim = 1 gezeigt werden kann, folgt auchx→∞ xπ(x) ln xlim = 1, wenn der Grenzwert vorhanden ist.x→∞ x9 Pafnuti Lwowitsch Tschebyscheff (1821-1894) wirkte in Moskau <strong>und</strong> St. Petersburg.


3.6 Ausblick auf Resultate der analytischen Primzahltheorie 73Das für längere Zeit beste Ergebnis in Richtung auf die Limesexistenz erzielteTschebyscheff durch sorgfältige Analyse von zahlentheoretischen Eigenschaftender Binomialkoeffizienten:Theorem über die Quotientenschachtelung (P. L. Tschebyscheff,1852)Es gibt ein x 0 ∈ R + , sodassπ(x) ln x0, 92129 . . . < < 1, 0555 . . . für alle x ∈ R mit x ≥ x 0xerfüllt ist.iii) Die Wende zur FunktionentheorieIm Unterschied zu seinen Vorgängern untersuchte B. Riemann 10 die Reihe in dervon Euler entdeckten Beziehung (3.29) als Funktion auf den komplexen Zahlen∞∑ 1ζ : C → C, s ↦→n . sSie wurde deshalb später Riemannsche Zetafunktion genannt. Zunächst ist ζ(s)für Re s > 1 definiert, weil die Reihe dort konvergiert. Mit Methoden der “analytischenFortsetzung” aus der Funktionentheorie konnte Riemann ζ(s) für alle s ∈C \ {1} konsistent erklären. Er zeigte dann, dass die Funktionen s ↦→ (s − 1) ζ(s)<strong>und</strong> s ↦→ ζ(s) − 1 auf C komplex differenzierbar sind <strong>und</strong> bewies die folgende1−smerkwürdige Symmetrieaussage, wobei die Γ-Funktion durchΓ(s) : =∫ ∞0n=1t s−1 e −t dt für alle s ∈ C mit Re s > 0definiert <strong>und</strong> auf C \ {−n ; n ∈ N} analytisch fortgesetzt wird:Theorem über die Riemannsche Funktionalgleichung (B. Riemann,1859)Die Funktion( )ξ : C → C , s ↦→ 1 2 s(s − 1 1)π− 2 s Γ 12 s ζ(s)ist überall komplex differenzierbar, <strong>und</strong> es giltξ(1 − s) = ξ(s) für alle s ∈ C .10 Bernhard Riemann (1826-1866) wirkte in Göttingen.


74 Ausblick auf Resultate der analytischen Primzahltheorie 3.6In der wegweisenden Arbeit von Riemann standen außerdem sechs Vermutungen,von denen eine bis heute unbewiesen ist. Da Γ(s) an den Stellen s = −n mitn ∈ N Pole hat, kann aus der komplexen Differenzierbarkeit von ξ(s) entnommenwerden, dass ζ(s) für jedes s ∈ {−2n ; n ∈ N 1 } eine Nullstelle besitzt. Diesereellen Nullstellen heißen “triviale Nullstellen” der Riemannschen Zetafunktion,die übrigen Nullstellen werden “nicht trivial” genannt.Riemannsche VermutungFür alle nicht trivialen Nullstellen s der Riemannschen Zetafunktion giltRe s = 1 2 .Es ist bekannt, dass 0 < Re s < 1 für alle nicht trivialen Nullstellen s gilt, dass es{}unendlich viele Nullstellen auf der “kritischen Geraden” s ∈ C ; Re s = 1 gibt2<strong>und</strong> dass alle Nullstellen s mit 0 < | Im s | < 5 · 10 8 auf der kritischen Geradenliegen (siehe Abbildung 3.3).i y1+ i · 14, 13 . . .2betragskleinste nichttriviale Nullstellei · 10kritische Geradebetragskleinstetriviale Nullstelle-20 121xAbbildung 3.3: Nullstellen der Riemannschen Zetafunktion


3.6 Ausblick auf Resultate der analytischen Primzahltheorie 75Die Gültigkeit der Riemannschen Vermutung hätte weitreichende Konsequenzenfür die <strong>Zahlentheorie</strong>. Unter anderem folgt unter Annahme der Richtigkeitder Riemannschen Vermutung (meistens “uARV” abgekürzt) die Existenz vonc, x 1 ∈ R + , sodass | π(x) − li(x) | ≤ c √ x ln x für alle x ∈ R mit x ≥ x 1 gilt.iv) Das asymptotische Wachstum von π(x)Erst nachdem J. Hadamard 11 die Theorie der auf C komplex differenzierbarenFunktionen mit “endlicher (Wachstums-) Ordnung” entwickelt hatte, konnten er<strong>und</strong> Ch. de la Vallée-Poussin 12 unabhängig voneinander die Vermutungenvon Gauß <strong>und</strong> Legendre (siehe Seite 63 <strong>und</strong> Seite 72) beweisen:Theorem über das Wachstum von π(x) (J. Hadamard <strong>und</strong> Ch. dela Vallée-Poussin, 1896)π(x)Es gilt limx→∞ li (x) = lim π(x) ln xx→∞ x= 1.Beim Beweis werden Summen verwendet, die mit ϑ(x) : =∑p∈P, p≤xln p zusammenhängen<strong>und</strong> für die Integraldarstellungen mit Hilfe des Residuensatzes der Funktionentheoriemöglich sind. Damit lässt sich limx→∞ϑ(x) x −1 = 1 zeigen, woraus dieobigen Limesaussagen folgen.Später konnte der Beweis sehr vereinfacht werden, aber erst 1948 gelang es, ihnohne Funktionentheorie zu führen.v) Fastprimzahlzwillinge <strong>und</strong> SiebverfahrenDurch starke Verallgemeinerungen des Siebverfahrens von Eratosthenes inverschiedenen Richtungen wurden “angenäherte” Lösungen für einige klassischeProbleme gef<strong>und</strong>en. Das interessanteste Beispiel soll diesen Ausblick abschließen,wobei Paare (p, p + 2) ∈ P × N 4 mit Ω(p + 2) ≤ 2 als “Fastprimzahlzwillinge”bezeichnet werden.Theorem über Fastprimzahlzwillinge (Chen Jing Run, 1973)Es gibt unendlich viele p ∈ P mit Ω(p + 2) ≤ 2.11 Jacques Hadamard (1865-1963) wirkte in Paris.12 Charles de la Vallée-Poussin (1866-1962) wirkte in Löwen (Belgien).


76 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme 3.73.7 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme zu Kapitel 3Aufgabe 3.1:Zeigen Sie, dass S n : = n ∑k=11k für alle n ∈ N 2 keine ganze Zahl darstellt.[Hinweis: Betrachten Sie die Summe S n zunächst für einige kleine Werte von n ,bringen Sie die Summanden auf den Hauptnenner N n , ohne die Summe bzw. dasProdukt auszurechnen, <strong>und</strong> stellen Sie dann eine Vermutung über Teilereigenschaftenauf. Beachten Sie beim Beweis die Primfaktorzerlegung des kgV.]Achtung: F<strong>und</strong>grube! [Mit einem Computeralgebrasystem (CAS): Primteiler desZählers Z n von S n .]Aufgabe 3.2:Zeigen Sie, dass die Menge {p ∈ P ; Es gibt k ∈ N mit p = 4k + 3} unendlichist.[Hinweis: Betrachten Sie zu den ersten n Primzahlen q 1 , . . . , q n aus der Mengeden Ausdruck 4 q 1 · · · q n − 1 .]Aufgabe 3.3:Bestimmen Sie alle n ∈ N 1 mit ∏ d|nd = n 2 .[Hinweis: Suchen Sie zunächst eine allgemeingültige Formel für ∏ d|nd .]Aufgabe 3.4:Beweisen Sie die folgenden beiden Aussagen:a) Sind p <strong>und</strong> q aufeinanderfolgende ungerade Primzahlen, so ist Ω(p + q) ≥ 3 .b) Es sei k ∈ N 2 . Ist n eine natürliche Zahl, die p ∤ n für alle p ∈ P mit p k ≤ nerfüllt, so gilt Ω(n) ≤ k − 1 .Aufgabe 3.5:∑Es sei f(x) : = n a k x k ein Polynom mit n ∈ N 1 , a n ∈ N 1 <strong>und</strong> a k ∈ Z für k =k=00, . . . , n−1. Beweisen Sie, dass die Menge {p ∈ P ; Es gibt m ∈ N 1 mit p|f(m)}unendlich ist.


3.7 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme 77[Hinweis: Beachten Sie, dass f(a 0 m) = a 0 (1 + m n ∑Aufgabe 3.6:k=1Für n ∈ N 1 sei n = ∏ p∈Pp νp(n) die formale Darstellung von n.a) Zeigen Sie, dassν p (m!) =[ ln mln p ]∑k=1a k a k−10 m k−1 ) gilt.][ mp k ]für alle m ∈ N2 <strong>und</strong> jedes p ∈ P mit p ≤ m gilt.b) Bestimmen Sie die Anzahl der Nullen, mit denen (2004!) im Dezimalsystemendet.Aufgabe 3.7:a) Beweisen Sie, dass n 5 + 4n für alle n ∈ N 1 durch 5 teilbar ist.b) Berechnen Sie 1 + card {m ∈ N 2 ; m ≤ 2004 <strong>und</strong> kP (m) > 7}.Aufgabe 3.8:Bestimmen Sie ∑ d|nµ 2 (d) für jedes n ∈ N 1 .Aufgabe 3.9:Beweisen Sie, dass σ(n) < 2n für alle n ∈ N 1 mit 2 ∤ n <strong>und</strong> ω(n) = 2 gilt.Aufgabe 3.10:Begründen Sie, wieso σ(n 2 ) für jedes n ∈ N 1 ein Teiler von ∑ d|n 2 d 2 ist.Aufgabe 3.11:Für m ∈ N 1 <strong>und</strong> p ∈ P sei m = :s∑k=0[ ]a k p k ln mmit s : =ln p <strong>und</strong> mit ak ∈ A p für k =0, . . . , s die eindeutig bestimmte Darstellung von m im p-adischen Zahlensystem<strong>und</strong> q p (m) : =∑ s a kk=0sei die “Quersumme” dieser Darstellung. Zeigen Sie imAnschluss an Aufgabe 3.6, dass ν p (m!) = m−q p(m)p−1Aufgabe 3.12:gilt.Es sei I ⊂ N 1 mit card I ∈ N 2 , t : = ggT(I) : = max {d ∈ N 1 ; d | n für alle


78 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme 3.7n ∈ I}, v : = kgV(I) : = min {d ∈ N 1 ; n | d für alle n ∈ I} <strong>und</strong> µ die Möbius-Funktion. Beweisen Sie die folgenden Identitäten:({ }) ({ })i) kgV vk ; k ∈ I = kgV kt ; k ∈ I = v t ,ii) ∏ ( )µ 2 v= ∏ ( ) ( )µk2 k= µt2 v.tk∈Ik∈I[Hinweis: Verwenden Sie die formalen Darstellungen aller beteiligten Zahlen.]Aufgabe 3.13:Es seien m, n ∈ N 1 mit n < m <strong>und</strong> p ∈ P. Mit β p (m, n) werde die Anzahl der“Borgestellen” (bzw. der “Überträge”) bei der Subtraktion von m <strong>und</strong> n im p-adischen Zahlensystem bezeichnet. Zeigen Sie im Anschluss an Aufgabe 3.11, dass((ν m))( )mp = βn p (m, n) gilt, wobein =m!die Binomialkoeffizienten sind.n! (m−n)![Hinweis: Stellen Sie einen Zusammenhang zwischen q p (m − n), q p (m), q p (n)<strong>und</strong> β p (m, n) her.]Aufgabe 3.14:m∏ (a) Bestimmen Sie alle m ∈ N 1 mit 2 ∤ m)k .( k=0)2nb) Beweisen Sie, dassn für jedes n ∈ N1 gerade ist.[Hinweis: Bei a) können Sie das Ergebnis von Aufgabe 3.13 verwenden.]Aufgabe 3.15:Zeigen Sie, dass p 2m+2 < p 1 p 2 · · · p m für alle m ∈ N 3 gilt.[Hinweis: Betrachten Sie für m ∈ N 4 die p m Zahlen kp 1 p 2 · · · p m−1 − 1, k =1, . . . , p m , <strong>und</strong> schließen Sie ähnlich wie bei dem Beweis von Euklid für dieUnendlichkeit von P, dass π(p 1 · · · p m ) > 2m + 1 ist.]Aufgabe 3.16:Beweisen Sie, dass es zu jedem n ∈ N 31 ein m ∈ N 2 \P mit m < n <strong>und</strong> ggT(m, n) =1 gibt.


3.7 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme 79[Hinweis: Ist n durch p 1 · · · p k teilbar, so gilt p 1 · · · p κ p κ+1 · · · p k ≤ n mit κ : = [ k2].Folgern Sie daraus unter Verwendung von Aufgabe 3.15, dass ein p ∈ P mit p ∤ n<strong>und</strong> p 2 < n existiert.]Die nächsten dreizehn Probleme stammen aus dem B<strong>und</strong>eswettbewerb <strong>Mathematik</strong>,die übrigen sieben aus der Internationalen <strong>Mathematik</strong>olympiade.Problem 14:Für die natürlichen Zahlen x <strong>und</strong> y gelte 2x 2 + x = 3y 2 + y. Man beweise, dassdann x − y , 2x + 2y + 1 <strong>und</strong> 3x + 3y + 1 Quadratzahlen sind.Problem 15:Man bestimme alle positiven ganzen Zahlen n mit der folgenden Eigenschaft:Jede natürliche Zahl, deren Dezimaldarstellung aus n Ziffern besteht, <strong>und</strong> zwargenau einer Sieben <strong>und</strong> n − 1 Einsen, ist eine Primzahl.Problem 16:Unter der Standarddarstellung einer positiven ganzen Zahl n wird nachfolgend dieDarstellung von n im Dezimalsystem verstanden, bei der die erste Ziffer verschiedenvon 0 ist. Jeder positiven ganzen Zahl n wird nun eine Zahl f(n) zugeordnet,indem in der Standarddarstellung von n die letzte Ziffer vor die erste gestelltwird; Beispiele: f(1992) = 2199, f(2000) = 200.Man bestimme die kleinste positive ganze Zahl n, für die f(n) = 2n gilt.Problem 17:Es sei f(x) = x n , wobei n eine natürliche Zahl ist. Kann dann die Dezimalzahl0, f(1)f(2)f(3) . . . periodisch sein? Die Antwort ist zu begründen. (Beispiel:Für n = 2 geht es um 0, 1 4 9 16 25 . . . , für n = 3 ist die betrachtete Zahl0, 1 8 27 64 125 . . . .)Problem 18:Man bestimme alle Tripel (x, y, z) ganzer Zahlen, für die gilt: 2 x + 3 y = z 2 .


80 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme 3.7Problem 19:Man gebe eine Zahl k ∈ N <strong>und</strong> ein Polynom f(x) = a 0 + a 1 x + a 2 x 2 + . . . + a k x k ,a k ≠ 0, mit folgenden Eigenschaften an:(1) Die Koeffizienten a 0 , a 1 , a 2 , . . . , a k sind Elemente von {−1, 0, 1}.(2) Für jedes n ∈ N ist f(n) durch 30 teilbar.(3) Kein Polynom kleineren Grades hat ebenfalls beide Eigenschaften (1) <strong>und</strong>(2).Problem 20:Es sei d n die letzte von 0 verschiedene Ziffer der Dezimaldarstellung von n!. Manzeige, dass die Folge d 1 , d 2 , d 3 , . . . nicht periodisch ist.Erläuterung: Eine Folge a 1 , a 2 , a 3 , . . . heißt genau dann periodisch, wenn esnatürliche Zahlen T <strong>und</strong> n 0 mit der folgenden Eigenschaft gibt: Für alle natürlichenZahlen n mit n > n 0 gilt a n = a n+T .Problem 21:Auf jedem Feld eines Schachbrettes von n mal n Feldern steht eine Zahl. DieSumme der Zahlen in einem “Kreuz” ist ≥ a; ein Kreuz ist die Vereinigung einerbeliebigen Zeile mit einer beliebigen Spalte. Bestimme die bestmögliche untereSchranke für die Summe aller Zahlen auf dem Schachbrett. Das Ergebnis ist zubegründen.Problem 22:Mit einer im Zehnersystem geschriebenen natürlichen Zahl darf man folgendeOperationen vornehmen:a) am Ende der Zahl 4 anhängen,b) am Ende der Zahl 0 anhängen,c) die Zahl durch 2 teilen, wenn sie gerade ist.Man zeige, dass man ausgehend von 4 durch eine Folge der Operationen a, b, cjede natürliche Zahl erreichen kann.


3.7 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme 81Problem 23:Peter <strong>und</strong> Paul spielen um Geld. Sie bestimmen der Reihe nach bei jeder natürlichenZahl deren größten ungeraden Teiler. Liegt dieser um 1 über einem ganzzahligenVielfachen von 4, dann zahlt Peter an Paul einen EURO, andernfalls Paulan Peter einen EURO. Nach einiger Zeit brechen sie ab <strong>und</strong> machen Bilanz. Esist nachzuweisen, dass Paul gewonnen hat.Problem 24:Man bestimme eine Folge von Quadratzahlen mit folgenden Eigenschaften:a) Das arithmetische Mittel je zweier benachbarter Folgenglieder ist eine Quadratzahl.b) Die Folge wächst streng monoton.c) Je zwei benachbarte Folgenglieder sind teilerfremd.Problem 25:In einem ebenen Koordinatensystem werden die Punkte mit nichtnegativen ganzzahligenKoordinaten gemäß der nachfolgenden Figur nummeriert. Z.B. hat derPunkt (3, 1) die Nummer 12. Welche Nummer hat der Punkt (u, v)?Problem 26:y15 ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦10 ◦ 14 ◦ ◦ ◦ ◦ ◦6 ◦ 9 ◦ 13 ◦ ◦ ◦ ◦3 ◦ 5 ◦ 8 ◦ 12 ◦ ◦ ◦◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ x1 2 4 7 11Man zeige, dass keine der Zahlen der Folgeeine Primzahl ist.10001, 100010001, 1000100010001, . . .


82 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme 3.7Problem 27:Man finde alle Paare (a, b) positiver ganzer Zahlen, sodass a 2 b + a + b durchab 2 + b + 7 teilbar ist.Problem 28:Bestimme alle dreiziffrigen Zahlen, die durch 11 geteilt eine Zahl ergeben, diegleich ist der Summe der Quadrate der Ziffern der ursprünglichen Zahl.Problem 29:Für jede positive ganze Zahl n bezeichne d(n) die Anzahl der positiven Teiler vonn (einschließlich 1 <strong>und</strong> n). Man bestimme alle positiven ganzen Zahlen k, für diees ein n gibt, sodass gilt: d(n2 )d(n) = k.Problem 30:Man bestimme alle Paare (a, b) ganzer Zahlen mit a, b ≥ 1, die folgende Gleichungerfüllen: a b2 = b a .Problem 31:Es sei p eine ungerade Primzahl. Man bestimme die Anzahl aller Teilmengen Ader Menge {1, 2, . . . , 2p} , für die gilt:i) A hat genau p Elemente.ii) Die Summe aller Elemente von A ist durch p teilbar.Problem 32:Man zeige: Für jede natürliche Zahl n gibt es n aufeinanderfolgende natürlicheZahlen, von denen keine eine Primzahlpotenz mit ganzzahligem Exponenten ist.Problem 33:Sei n eine ganze Zahl ≥ 2. Man beweise:Wenn k 2 + k + n für alle ganzen Zahlen k mit 0 ≤ k ≤√ n3eine Primzahl ist,dann ist auch k 2 +k+n für alle ganzen Zahlen k mit 0 ≤ k ≤ n−2 eine Primzahl.


Kapitel 4Kongruenzen4.1 Die KongruenzrelationDer auf Seite 16 erwähnte Begriff der Kongruenz wurde von Gauß am Anfangdes ersten Abschnitts von [9] eingeführt. Mit der folgenden Fortsetzung der Teilbarkeitsuntersuchungenvon Kapitel 2 erscheinen bei uns Kongruenzen je nachBlickwinkel als Verfeinerung oder als Verallgemeinerung des Teilbarkeitsbegriffs.Definition der KongruenzIst m ∈ N 1 <strong>und</strong> (a, b) ∈ Z 2 , so heißt a kongruent zu b modulo m, wennm | (a − b) gilt.Es wird a ≡ b (mod m) oder a ≡ b (m) geschrieben. Wenn klar ist, umwelchen Modul m es sich handelt, kann auch a ≡ b abgekürzt werden.Die Negation wird a ≢ b (mod m) geschrieben <strong>und</strong> “a ist inkongruent zu bmodulo m” gesprochen.Bezeichnet m einen Modul, so sei im Folgenden stets m ∈ N 1 .Satz über die KongruenzrelationDie Kongruenz ≡ ist eine Äquivalenzrelation auf Z.Beweis (direkt, r1):Reflexivität: Aus m | 0 folgt m | (a − a), also a ≡ a (mod m).Symmetrie: Ist m | (a − b), so gilt auch m | (b − a). Damit folgt b ≡ a aus a ≡ b.83


84 Restklassen 4.2Transitivität: Ist a ≡ b <strong>und</strong> b ≡ c (c ∈ Z), so gilt m | (b − c). Aufgr<strong>und</strong> desSatzes über Teilbarkeitsregeln (Seite 18) folgt m | ((a−b)+(b−c)), d.h. m | (a−c),bzw. a ≡ c.Bezeichnung des kleinsten nichtnegativen RestesIst m ∈ N 1 <strong>und</strong> c ∈ Z, so heißt die Zahl mod (c, m) ∈ A m kleinster nichtnegativerRest von c modulo m.Satz über ein KongruenzkriteriumZwei Zahlen a, b ∈ Z sind genau dann kongruent modulo m, wenn sie denselbenkleinsten nichtnegativen Rest besitzen.Beweis (direkt, zwei Teile, r1):[ aa) Wegen mod (a, m) = a − m([a − b = m amm]<strong>und</strong> aus a − m[ am]= b − m[ bm]folgt]−[ bm]), d.h. m | (a − b) <strong>und</strong> damit a ≡ b.b) Aufgr<strong>und</strong> des Satzes über Division mit Rest (Seite 19) gibt es genau ein Paar(q, r) ∈ Z × A m mit a = m q + r. Aus a ≡ b (mod m) folgt also b = a + q 1 m =(q + q 1 ) m + r mit q 1 ∈ Z, d.h. b hat denselben kleinsten nichtnegativen Rest wiea.4.2 RestklassenBezeichnung der RestklassenDie durch die Kongruenzrelation modulo m bestimmten Äquivalenzklassenaller ganzen Zahlen, die jeweils zueinander kongruent sind, heißen Restklassenmodulo m.Bezeichnung der Repräsentanten <strong>und</strong> ResteJede Zahl einer Restklasse heißt Repräsentant (oder Vertreter) der Restklasse.Die Elemente jeder Restklasse heißen Reste modulo m. Die durch a ∈ Zbestimmte Restklasse {b ∈ Z ; b ≡ a (mod m)} wird bei vorgegebenem m mita bezeichnet.


4.2 Restklassen 85Bezeichnung des vollständigen RestsystemsEine Teilmenge R von Z, die aus jeder Restklasse modulo m genau eine Zahlenthält, heißt vollständiges Restsystem modulo m.Beispiele für m = 7:A 7 = {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6}(kleinste nichtnegative Reste),R 7 = {−3, −2, −1, 0, 1, 2, 3}{R ′ 7 =0, }{{} 3 , }{{} 3 2 , }{{} 3 3 , }{{} 3 4 , }{{} 3 5 , }{{} 3 6≡ 3 ≡ 2 ≡ 6 ≡ 4 ≡ 5 ≡ 1(“absolut kleinste Reste”),}(siehe Seite 122).Der folgende Satz spielt eine besondere Rolle beim <strong>Problemlösen</strong> in der <strong>Zahlentheorie</strong>.Er wird aber auch in anderen Teilen der <strong>Mathematik</strong> benutzt. Dennochfindet man ihn als “Schubfachprinzip” üblicherweise nur in einer umgangssprachlichenForm <strong>und</strong> ohne Beweis.SchubfachsatzFür n ∈ N 1 sei E n eine Menge mit card E n = n.a) Keine Abbildung f : A n+1 → E n ist injektiv.[“Erster Dirichletscher Schubfachschluss”: Sind n + 1 Dinge in n Schubfächern,so liegt in mindestens einem Schubfach mehr als ein Ding.]b) Stellt g : A n → E n eine surjektive oder eine injektive Abbildung dar, soist g bijektiv.[“Zweiter Dirichletscher Schubfachschluss”: Sind n Dinge in n Schubfächern<strong>und</strong> befindet sich in allen Fächern mindestens ein Ding oder befindet sich inallen Fächern höchstens ein Ding, so liegt in jedem Fach genau ein Ding.]Beweis (drei Teile: Nichtinjektivität, Surjektivität impliziert Injektivität <strong>und</strong>Injektivität impliziert Surjektivität):i) Nichtinjektivität (vollständige Induktion, Fallunterscheidung, r2):Die Induktionsmenge seiM : = {n ∈ N 1 ; Für jede Menge E n mit card E n = n sind alle Abbildungenf : A n+1 → E n nicht injektiv } ,


86 Restklassen 4.2Es gilt 1 ∈ M, weil f : A 2 → E 1 mit E 1 = : {a} wegen f(0) = a = f(1) nichtinjektiv ist.Es sei m ∈ M, f 1 : A m+2 → E m+1 <strong>und</strong> b : = f 1 (m + 1). Gibt es ein j ∈ A m+1 mitf 1 (j) = b, so ist f 1 nicht injektiv. Andernfalls stellt f 1 | Am+1: A m+1 → E ′ m mitE ′ m : = E m+1 \ {b} nach Induktionsvoraussetzung eine nicht injektive Abbildungdar, wobei f 1 | Am+1m + 1 ∈ M <strong>und</strong> es folgt M = N 1 .die “Einschränkung von f 1 auf A m+1 ” bezeichnet. Damit istii) Surjektivität impliziert Injektivität (vollständige Induktion, r1):Es seiM : = {n ∈ N 1 ; Für jede Menge E n mit card E n = n sind alle surjektivenAbbildungen g : A n → E n injektiv } .Wegen card A 1 = 1 gilt 1 ∈ M. Ist m ∈ M <strong>und</strong> stellt g 1 : A m+1 → E m+1 einesurjektive Abbildung dar, so werde c : = g 1 (m) <strong>und</strong> E m ′′ : = E m+1 \ {c} gesetzt.Dann ist auch g 1 | Am : A m → E m ′′ surjektiv. Da card E m′′ = m gilt, ergibt dieInduktionsvoraussetzung, dass g 1 | Am injektiv ist. Wegen g(j) ≠ c für alle j ∈ A mergibt sich die Injektivität von g 1 . Damit ist m + 1 ∈ M, sodass M = N 1 folgt.iii) Injektivität impliziert Surjektivität (Kontraposition, a1):Anstelle der Aussage, dass alle injektiven Abbildungen g : A n → E n surjektivsind, beweisen wir die dazu äquivalente Implikation, dass alle nicht surjektivenAbbildungen g : A n → E n nicht injektiv sind. Ist g nicht surjektiv, so gibtes ein d ∈ E n mit d ∉ g(A n ). Nach i) ist dann g : A n → E n \ {d} wegencard E n \ {d} = n − 1 nicht injektiv.Satz über vollständige RestsystemeIst R eine Teilmenge von Z, so ergibt sich jede der folgenden drei Aussagenaus den beiden anderen, wobei die ersten beiden der Definition des vollständigenRestsystems modulo m entsprechen:a) Je zwei Zahlen aus R sind modulo m zueinander inkongruent.b) Jede ganze Zahl ist modulo m kongruent zu einer Zahl aus R.c) R enthält genau m Elemente.


4.2 Restklassen 87Beweis (drei Teile, i) indirekt, ii) <strong>und</strong> iii) direkt, r1):Bei allen drei Implikationen wird der Schubfachsatz mit der Abbildung f : R →A m , r ↦→ mod(r, m), verwendet. Außerdem nutzen wir die zu i) äquivalenteAussage des Satzes über ein Kongruenzkriterium (Seite 84).i) Aus a) <strong>und</strong> b) folgt c): Ist n : = card R, so zeigen wir, dass die Annahmenn < m oder n > m jeweils zu einem Widerspruch führen. Im ersten Falle gäbe esein a ∈ A m mit mod (r, m) ≠ a für alle r ∈ R - im Widerspruch zu b). Der zweiteFall würde wegen n ≥ m + 1 > m mit Hilfe des ersten Teils des Schubfachsatzesergeben, dass f nicht injektiv wäre - im Widerspruch zu a).ii) Aus a) <strong>und</strong> c) ergibt sich b): Jetzt ist f wegen a) injektiv. Der zweite Teil desSchubfachsatzes ergibt die Bijektivität von f <strong>und</strong> damit auch b).iii) Aus b) <strong>und</strong> c) folgt a): Nun stellt f wegen b) eine surjektive Abbildung dar.Deshalb liefert der zweite Teil des Schubfachsatzes die Injektivität, also a).Der folgende Satz bringt Eigenschaften, die der Gleichheitsrelation entsprechen,wobei a ≡ b mit a = b äquivalent ist.Satz über KongruenzregelnDie folgenden sieben Aussagen sind für jeden festen Modul m erfüllt:i) Ist a ≡ b <strong>und</strong> c ≡ d, so gilt a ± c ≡ b ± d.∑ii) Aus a k ≡ b k , k = 1, . . . , n, folgtn ∑a k ≡ n b k .k=1iii) Mit a ≡ b <strong>und</strong> c ∈ Z gilt a c ≡ b c.iv) Für a ≡ b <strong>und</strong> c ≡ d ergibt sich a c ≡ b d.n∏ ∏v) Entsprechend gilt a k ≡n b k , wenn a k ≡ b k für k = 1, . . . , n vorausgesetztwird.k=1 k=1vi) Mit a k = a <strong>und</strong> b k = b für k = 1, . . . , n folgt speziell a n ≡ b n .∑vii) Ist f(x) : = n c k x k ein Polynom mit c k ∈ Z für k = 0, . . . , n, so ergibtk=0sich f(a) ≡ f(b) aus a ≡ b.k=1Beweis (direkt, r1):i) Aus m | (a−b) <strong>und</strong> m | (c−d) folgt mit Hilfe des Satzes über Teilbarkeitsregeln(Seite 18), dass m | ((a − b) ± (c − d)) <strong>und</strong> damit m | ((a ± c) − (b ± d)) gilt.


88 Restklassen 4.2ii) i) ergibt mit vollständiger Induktion die allgemeine Summenkongruenz.iii) m | (a − b) hat mit der Teilerdefinition m | (a − b) c <strong>und</strong> damit m | (a c − b c)zur Folge.iv) Mit der Teilereigenschaft <strong>und</strong> mit i) erhalten wir m | (a c−b d) aus m | (a−b) c<strong>und</strong> m | (c − d) b.v) Mit vollständiger Induktion ergibt iv) die allgemeine Produktkongruenz.vi) Die Potenzkongruenz ist ein Spezialfall von v).vii) Nacheinander ergeben vi), iii) <strong>und</strong> ii) die allgemeine Polynomkongruenz.Nach i) <strong>und</strong> iv) sind die durcha + b : = a + b <strong>und</strong> a · b : = a bdefinierten Verknüpfungen unabhängig von der Auswahl der Repräsentanten ausden jeweiligen Restklassen.Um zu jedem m ∈ N 1 die Menge der Restklassen modulo m mit einer Ringstrukturzu versehen, die mit der von Z “verträglich” ist, stellen wir die Eigenschaftenvon (Z, +, ·, 0, 1, −) als kommutativer Ring mit Einselement 1 zusammen, wobeia, b, c ∈ Z seien:i) (a + b) + c = a + (b + c) (Assoziativgesetz der Addition),ii) a + b = b + a (Kommutativgesetz der Addition),iii) 0 + a = a (Neutralität der Null),iv) (−a) + a = 0 (Eigenschaft der Inversen)v) (a · b) · c = a · (b · c) (Assoziativgesetz der Multiplikation),vi) a · b = b · a (Kommutativgesetz der Multiplikation),vii) (a + b) · c = (a · c) + (b · c) (Distributivgesetz),viii) 1 · a = a (Neutralität der Eins).Aus den gewünschten Ringeigenschaften für die Restklassen lassen sich nun dieneutralen Elemente <strong>und</strong> die Inversen erschließen:0 : = {a ∈ Z ; m | a} ,1 : = {b ∈ Z ; b ≡ 1 (mod m)} ,−a : = −a,1 In diesem Buch sind Ringe stets bezüglich der “Multiplikation” kommutative Ringe mitEinselement. In der Algebra werden auch Ringe betrachtet, die bezüglich der Multiplikationnicht kommutativ sind <strong>und</strong>/oder die kein Einselement besitzen.


4.2 Restklassen 89wobei die letzte Definition wieder unabhängig von der Auswahl des Repräsentantena ist.Satz über RestklassenringeDie Menge der Restklassen modulo m zusammen mit den Verknüpfungen+ : ( a, b ) ↦→ a + b <strong>und</strong> · : ( a, b ) ↦→ a · b, den neutralen Elementen 0 <strong>und</strong> 1<strong>und</strong> der Inversenabbildung − : a ↦→ −a stellt einen kommutativen Ring mitEinselement dar, der mit Z / m Z (gelesen: Z modulo mZ) bezeichnet wird<strong>und</strong> der Restklassenring modulo m heißt.Beweis (direkt, r1):Aufgr<strong>und</strong> der Definitionen der Verknüpfungen, der neutralen Elemente <strong>und</strong> derInversenabbildung übertragen sich alle Gr<strong>und</strong>eigenschaften des Ringes Z auf denRestklassenring Z / m Z .Im <strong>Mathematik</strong>unterricht werden manchmal zu diesen Restklassenringen isomorphe(d. h. “strukturgleiche”) Ringe in der Form Z m : = (A m , ⊞ , ⊡ , 0, 1, ⊟ ) miteingeführt.a ⊞ b : = mod (a + b, m),a ⊡ b : = mod (a b, m) <strong>und</strong>{0, wenn a = 0,⊟ a : =m − a, wenn a ∈ A m \ {0} ,Aus algebraischer Sicht gibt es zwei verschiedene Typen von Restklassenringen.Zum Beispiel für m = 6 gilt 2 · 3 = 0, d.h. in Z / 6 Z ist 0 Produkt von zweiElementen, die von 0 verschieden sind. Das Gleiche gilt offenbar für alle m ∈N 2 \ P, weil es zu diesen zerlegbaren Moduln Zahlen k, l ∈ N 2 mit m = k l gibt,sodass also k · l = 0 erfüllt ist.Im Falle eines Primzahlmoduls p liegt eine ganz andere Situation vor. Die Voraussetzungena · b = 0 <strong>und</strong> a ≠ 0 sind definitionsgemäß gleichbedeutend mit p | a b<strong>und</strong> p ∤ a. Wegen ggT (p, a) = 1 ergibt der Produktteilersatz (Seite 23), dass pTeiler von b sein muss, womit b = 0 folgt.Diese “bessere” Eigenschaft der Ringe Z <strong>und</strong> Z / p Z für p ∈ P wird durch diefolgenden beiden Definitionen erfasst:


90 Restklassen 4.2Definition des nullteilerfreien Ringes beziehungsweise des IntegritätsringesEin Ring (R, +, ·, 0, 1, −) heißt nullteilerfreier Ring oder Integritätsring,wenn a · b ≠ 0 für alle a, b ∈ R \ {0} gilt.Also stellt Z / p Z für jedes p ∈ P einen Integritätsring dar, <strong>und</strong> Z / m Z ist füralle m ∈ N 2 \ P kein Integritätsring. Im Unterschied zu Z \ {0} lässt sich aufZ /p Z \ {0} für p ∈ P eine “Reziprokenabbildung” einführen. Damit erhält Z / p Zeine Struktur, die bei den Zahlringen erst für Q vorliegt.Definition des KörpersEin Integritätsring (R, +, ·, 0, 1, −) heißt Körper, wenn es eine Abbildung/ : R \ {0} → R \ {0}, a ↦→ /a, gibt, sodass a · (/a) = 1 für alle a ∈ R \ {0}gilt.Satz über RestklassenkörperJeder Restklassenring Z / p Z mit p ∈ P ist ein Körper.Beweis (direkt, r1):Bei dem üblichen abstrakten Beweis ist dieser Satz ein Spezialfall der allgemeinenAussage, dass jeder endliche Integritätsring (R, +, ·, 0, 1, −) einen Körperdarstellt. Für jedes a ∈ R ∗ : = R \ {0} zeigt sich nämlich durch Anwenden desSchubfachsatzes (Seite 85) auf die Abbildung α : R ∗ → R ∗ , x ↦→ a·x, die Bijektivitätvon α. Aus a·x 1 = a·x 2 folgt a·(x 1 − x 2 ) = 0, <strong>und</strong> die Nullteilerfreiheit vonR ergibt x 1 = x 2 , sodass α injektiv ist. Wegen der Endlichkeit von R liefert derSchubfachsatz die Surjektivität von α, sodass ein x ∈ R ∗ mit a · x = 1 existiert.In unserem Falle muss für jedes a ∈ Z / p Z \ {0} die Gleichung a · x = 1, diemit a x ≡ 1 (mod p) äquivalent ist, gelöst werden. Das können wir konkret mitHilfe des Satzes über die lineare diophantische Gleichung (Seite 28), der auf dieGleichung a x−p y = 1 anzuwenden ist. Da ggT (a, p) = 1 gilt, gibt es mindestenseine Lösung, die wir in dem nächsten Satz explizit angeben.


4.3 Kongruenzsätze 914.3 KongruenzsätzeSatz über die lineare KongruenzSind a ∈ N 1 <strong>und</strong> m ∈ N 2 mit ggT (a, m) = 1, so stellt x = (−1) n Q n−1 bfür jedes b ∈ Z eine Lösung der linearen Kongruenz a x ≡ b (mod m) dar.Dabei ist Q n−1 der Nenner des vorletzten Näherungsbruches der Kettenbruchentwicklungvon a m .Beweis (direkt, r1):Ist P n−1der vorletzte Näherungsbruch der Kettenbruchentwicklung von a Q n−1m , sowird im Satz über die lineare diophantische Gleichung (Seite 28) gezeigt, dass(x, y) : = ((−1) n Q n−1 b, (−1) n P n−1 b) eine Lösung der linearen diophantischenGleichung ax−my = b darstellt. Wegen ax−bm= y ∈ Z ist damit x = (−1)n Q n−1 beine Lösung der linearen Kongruenz a x ≡ b (mod m).Satz über KongruenzkürzungSind k, m ∈ Z 2 mit k ≠ 0, m ≥ 1 <strong>und</strong> d : = ggT (k, m), so gilt k a ≡k b (mod m) genau dann, wenn a ≡ b (mod m d ) ist.Beweis (zwei Teile, direkt, r1):i) Ist k = k 1 d <strong>und</strong> m = m 1 d mit ggT (k 1 , m 1 ) = 1, so giltk a − k bm= k 1 d a − k 1 d bm 1 d= k 1 (a − b)m 1.Aufgr<strong>und</strong> des Produktteilersatzes (Seite 23) folgt m 1 | (a − b), d.h. a ≡ b (modm 1 ).ii) Ist m 1 | (a − b), so zeigt die Gleichungskette, dass auch m | (k a − k b) gilt.Satz über KongruenzvergröberungSind m, n ∈ N 1 mit n | m, so folgt a ≡ b (mod n) aus a ≡ b (mod m).


92 Eigenschaften der Restsysteme 4.4Beweis (direkt, r1):Mit m = k n <strong>und</strong> a − b = l m gilt a − b = (k l) n.Satz über KongruenzzusammenfassungEs seien m 1 , . . . , m n verschiedene Zahlen aus N 1 <strong>und</strong> es werde m : =kgV (m 1 , . . . , m n ) gesetzt. Aus a ≡ b (mod m k ) für k = 1, . . . , n folgta ≡ b (mod m).Beweis (direkt, r2):Ist m k = ∏ p νp(mk) für k = 1, . . . , n <strong>und</strong> m = ∏ p νp(m) , so ergibt der Satz über diep∈Pp∈PggT- <strong>und</strong> kgV-Darstellung (Seite 54), dass ν p (m) = max {ν ∈ N ; Es gibt ein k∈ I nmit ν = ν p (m k )} gilt.Aufgr<strong>und</strong> der Maximumsdefinition gibt es zu jedem p | m ein k ∈ I n mit ν p (m k ) =ν p (m), d.h. es gilt p νp(m) | m k . Daraus folgt p νp(m) | (a − b).Wegen ggT ( p νp(m) , q νq(m)) = 1 für alle p, q ∈ P mit p | m, q | m <strong>und</strong> p ≠ qergibt schließlich der Produktteilersatz (Seite 23), dass ∏ p∈Pp νp(m) | (a − b) <strong>und</strong>damit m | (a − b) erfüllt ist.4.4 Eigenschaften der RestsystemeSatz über modifizierte Restsystemea) Ist R m ein vollständiges Restsystem modulo m <strong>und</strong> (k, l) ∈ Z 2 mit k ≠ 0<strong>und</strong> ggT (k, m) = 1, so stellt auch {c ∈ Z ; Es gibt a ∈ R m , sodass c =k a + l gilt} ein vollständiges Restsystem modulo m dar.b) Es sei m ′ ∈ N 1 mit ggT (m, m ′ ) = 1, <strong>und</strong> R m ′ sei ein vollständiges Restsystemmodulo m ′ . Dann ist {c ∈ Z ; Es gibt a ∈ R m <strong>und</strong> a ′ ∈ R m ′, sodass c = a ′ m + a m ′ gilt} ein vollständiges Restsystem modulo m m ′ .Beweis (direkt <strong>und</strong> Kontraposition, r1):a) Ist R m = : {a 1 , . . . , a m }, so zeigen wir zunächst durch Kontraposition, dass dieZahlen k a r +l für r = 1, . . . , m inkongruent sind. Aus k a r +l ≡ k a s +l ( mod m),


4.4 Eigenschaften der Restsysteme 93r, s ∈ I m , folgt mit Hilfe des Satzes über Kongruenzkürzung (Seite 91), dassa r ≡ a s (mod m) ist. Definitionsgemäß gilt dann a r = a s , <strong>und</strong> der Satz übervollständige Restsysteme (Seite 86) ergibt die Aussage.b) Es gibt m m ′ Zahlen der Form a ′ m + a m ′ mit a ∈ R m <strong>und</strong> a ′ ∈ R m ′. Umwieder den Satz über vollständige Restsysteme anwenden zu können, beweisen wirdurch Kontraposition, dass je zwei dieser Zahlen modulo m m ′ inkongruent sind.Aus a 1 ′ m + a 1 m ′ ≡ a 2 ′ m + a 2 m ′ (mod m m ′ ) mit a 1 , a 2 ∈ R m , a 1, ′ a 2 ′ ∈ R m ′folgt m m ′ | ((a 1 ′ − a 2) ′ m + (a 1 − a 2 ) m ′ ), d.h. m | (a 1 − a 2 ) m ′ <strong>und</strong> m ′ | (a 1 ′ −a 2) ′ m. Da ggT (m, m ′ ) = 1 vorausgesetzt ist, ergibt der Produktteilersatz (Seite23) a 1 ≡ a 2 (mod m) <strong>und</strong> a 1 ′ ≡ a 2 ′ (mod m ′ ). Definitionsgemäß gilt damita 1 = a 2 <strong>und</strong> a 1 ′ = a 2. ′ Wie bei a) folgt die Behauptung.Satz über den ggT in RestklassenSind a, b ∈ Z mit a ≡ b (mod m), so gilt ggT (a, m) = ggT (b, m).Beweis (direkt, r1):Da aufgr<strong>und</strong> des Satzes über ein Kongruenzkriterium (Seite 84) die Voraussetzungmit mod (a, m) = mod (b, m) äquivalent ist <strong>und</strong> weil b in der Form a + g m mitg ∈ Z geschrieben werden kann, ergibt (2.3), dass ggT (a, m) = ggT (b, m) gilt.Definition der primen Restklasse <strong>und</strong> Bezeichnung des reduziertenRestsystemsEine Restklasse heißt prim modulo m, wenn alle ihre Elemente zu m teilerfremdsind.Eine Menge R ∗ m ⊂ Z, die aus jeder primen Restklasse genau eine Zahl enthält,heißt reduziertes Restsystem modulo m. 2Aufgr<strong>und</strong> des Satzes über den ggT in Restklassen ist a genau dann eine primeRestklasse modulo m, wenn ggT (a, m) = 1 gilt.Für jedes m ∈ N 1 ist die Menge2 Reduzierte Restsysteme werden auch prime Restsysteme genannt. Um Verwechselungenzu vermeiden, gebrauchen wir diese Bezeichnung nicht.


94 Eigenschaften der Restsysteme 4.4A ∗ m : = {n ∈ A m ; ggT (n, m) = 1}als Teilmenge von A m ein reduziertes Restsystem, weil sie aus jeder primen Restklassemodulo m den kleinsten nichtnegativen Rest modulo m enthält. Wir werdendiese Mengen als “reduzierte Standardrestsysteme” verwenden, so wie dieAnfänge A m unter den vollständigen Restsystemen ausgezeichnet sind. Stellt R ∗ mein beliebiges reduziertes Restsystem dar, so ist die Abbildung(4.1) β : R ∗ m → A ∗ m, r ↦→ mod (r, m),bijektiv; denn einerseits ist β surjektiv, weil R ∗ m zu jedem a ∈ A ∗ m ein b mit a ≡b ( mod m) enthält, <strong>und</strong> andererseits ergibt der Satz über ein Kongruenzkriterium(Seite 84) die Injektivität von β.Insbesondere gilt card R ∗ m = card A ∗ m für jedes reduzierte Restsystem R ∗ m modulom. Da diese “invarianten Anzahlen” an vielen Stellen der <strong>Zahlentheorie</strong> eine Rollespielen, hat die entsprechende Abbildung einen eigenen Namen:Bezeichnung der Eulerschen ϕ-FunktionDie Abbildung ϕ : N 1 → N 1 , m ↦→ card A ∗ m, heißt Eulersche ϕ-Funktion.Jedes reduzierte Restsystem modulo m enthält also ϕ(m) Elemente. Der folgendeSatz ermöglicht unter anderem im nächsten Abschnitt die einfache Herleitung vonzwei gr<strong>und</strong>legenden Eigenschaften der Eulerschen ϕ-Funktion.Satz über modifizierte reduzierte Restsystemea) Ist R ∗ m ein reduziertes Restsystem modulo m <strong>und</strong> k ∈ Z mit k ≠ 0 <strong>und</strong>ggT (k, m) = 1, so stellt {c ∈ Z ; Es gibt a ∈ R ∗ m, sodass c = k a gilt} einreduziertes Restsystem modulo m dar.b) Es sei m ′ ∈ N 1 mit ggT (m, m ′ ) = 1, <strong>und</strong> R ∗ m ′ sei ein reduziertes Restsystemmodulo m ′ . Dann ist {c ∈ Z ; Es gibt a ∈ R ∗ m <strong>und</strong> a ′ ∈ R ∗ m ′, sodass c = a ′ m + a m ′ gilt} ein reduziertes Restsystem modulo m m ′ .Beweis (zwei Teile, direkt, i) r1, ii) r2):Um möglichst viel von dem Satz über modifizierte Restsysteme (Seite 92) übernehmenzu können, erweitern wir die gegebenen reduzierten Restsysteme zuvollständigenRestsystemen; z. B. ist R : = R ∗ m ∪ (A m \ A ∗ m) wegen der Bijektivität von βin (4.1) ein R ∗ m umfassendes vollständiges Restsystem modulo m.


4.4 Eigenschaften der Restsysteme 95Die beiden modifizierten reduzierten Restsysteme sind in den jeweiligen modifiziertenvollständigen Restsystemen enthalten. Damit überträgt sich die paarweiseInkongruenz aller Elemente. Außerdem gibt es in den vollständigen Systemen jeweilsgenau ein reduziertes Restsystem. Deshalb ist nur noch zu zeigen, dass dieElemente der modifizierten reduzierten Restsysteme die Teilerfremdheitsbedingungerfüllen, die übrigen dagegen nicht.a) Wie für (2.20) wird mit den entsprechenden Elementbezeichnungen gezeigt,dass mit a <strong>und</strong> k auch k a zu m teilerfremd ist. Aus ggT (a, m) > 1 folgt, dassggT (ka, m) > 1 gilt.b) Wird d : = ggT (a ′ m + a m ′ , m m ′ ) gesetzt, so gilt d | (a ′ m + a m ′ ) <strong>und</strong>d | m m ′ . Wegen ggT (m, m ′ ) = 1 ist d Teiler von m oder von m ′ ; sei etwa d | m.Wegen d | (a ′ m + a m ′ ) folgt d | a m ′ , <strong>und</strong> der Produktteilersatz (Seite 23) ergibtd | m ′ , also d = 1. Analog verläuft der Beweis im Falle d | m ′ .Ist ggT (a, m) > 1 oder ggT (a ′ , m ′ ) > 1, so gilt aufgr<strong>und</strong> des Satzes überTeilbarkeitsregeln (Seite 18) auch d > 1.Als Beispiel für die zweite Modifikation betrachten wir die reduzierten StandardsystemeA ∗ 4 = {1, 3} <strong>und</strong> A ∗ 9 = {1, 2, 4, 5, 7, 8}. Die Menge der Linearkombinationenist dann {1 · 9 + 1 · 4, . . . , 1 · 9 + 8 · 4, 3 · 9 + 1 · 4, . . . , 3 · 9 + 8 · 4} ={13, 17, 25, 29, 1, 5, 31, 35, 7, 11, 19, 23} , <strong>und</strong> die zweite Menge stellt A ∗ 36 dar, weiles bei Mengen nicht auf die Reihenfolge der Elemente ankommt.Prime RestklassengruppenWenden wir im Falle R ∗ m = A ∗ m die erste Modifikation mit k = b ∈ A ∗ m an,so können wir die Abbildung⊡ : A ∗ m × A ∗ m → A ∗ m, (a, b) ↦→ mod (a b, m),als “multiplikative Verknüpfung” in A ∗ m ansehen.Für m ∈ N 2 ist 1 ∈ A ∗ m, <strong>und</strong> der Satz über die lineare Kongruenz (Seite91) liefert für jedes a ∈ A ∗ m eine explizite Lösung x = (−1) n Q n−1 derlinearen Kongruenz a x ≡ 1 (mod m). Da auch alle zu x modulo m kongruentenZahlen die Kongruenz erfüllen, stellt mod (x, m) ebenfalls eineLösung dar. Außerdem ist x <strong>und</strong> damit auch mod (x, m) teilerfremd zum, weil andernfalls ggT (a x, m) > 1 wäre. Also ist mod (x, m) ∈ A ∗ m,sodass in A ∗ m eine Reziprokenabbildung□∠ : A ∗ m → A ∗ m, a ↦→ mod ((−1) n Q n−1 , m),


96 Eigenschaften der Restsysteme 4.4erklärt werden kann, mit der a (□∠ a) ≡ 1 (mod m) für jedes a ∈ A ∗ m gilt.Damit istZ ∗ m : = (A ∗ m, ⊡, 1, □∠) für jedes m ∈ N 2eine abelsche Gruppe.Obwohl Gruppen in der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong> eine untergeordneteRolle spielen, sei hier die Definition in einer passenden Form wiedergegeben.Definition der (abelschen) GruppeEin Viertupel (G, ◦, n,¯) bestehend aus einer nichtleeren Menge G, einerVerknüpfung ◦ :G × G → G, (a, b) ↦→ a ◦ b, einem ausgezeichneten(“neutralen”) Element n ∈ G <strong>und</strong> einer (“Inversen-”) Abbildung¯ : G → G, a ↦→ ā, heißt Gruppe, wenn für alle a, b, c ∈ G gilt:i) (a ◦ b) ◦ c = a ◦ (b ◦ c) (Assoziativgesetz),ii) n ◦ a = a (Eigenschaft des neutralen Elements),iii) ā ◦ a = n (Eigenschaft der inversen Elemente).Eine Gruppe heißt abelsch 3 (oder kommutativ), wenn außerdemiv) a ◦ b = b ◦ a (Kommutativgesetz)für alle a, b ∈ G erfüllt ist.Betrachtet man anstelle der Elemente a von A ∗ m die zugehörigen Restklassenā <strong>und</strong> definiert entsprechend unter Beachtung der Unabhängigkeitvon der Auswahl der Repräsentanten die Verknüpfung · sowie die Inversenabbildung/, so erhält man für jedes m ∈ N 2 die zu Z ∗ m isomorpheGruppe ( Z /m Z) ∗, die prime Restklassengruppe modulo m heißt.Einige der folgenden Ergebnisse lassen sich gruppentheoretisch deuten oderals Spezialfälle gruppentheoretischer Sätze gewinnen. Wir werden nur danndarauf eingehen, wenn die gruppentheoretische Aussage eine eigenständigeBedeutung für die <strong>Zahlentheorie</strong> hat, wie z. B. bei den “Klassengruppen”in Kapitel 5 (Seite 159).Die primen Restklassengruppen geben uns die Gelegenheit, in einem kurzenAusblick die Ergebnisse zu skizzieren, durch die Gauß als 19-Jährigerberühmt wurde, nämlich die Konstruierbarkeit der regelmäßigen Vielecke<strong>und</strong> insbesondere die Konstruktion des regelmäßigen 17-Ecks, die dann inden fünf Jahre später erschienenen “Disquisitiones” [9] auf mehr als fünfzigSeiten im siebenten Abschnitt dargestellt wurden.Die Konstruktion eines regelmäßigen m-Ecks für m ∈ N 3 kann in der komplexenZahlenebene auf die Konstruktion der m-ten Einheitswurzeln3 Die Bezeichnung “abelsch” erfolgt zu Ehren des norwegischen <strong>Mathematik</strong>ers Niels HenrikAbel (1802-1829).


4.4 Eigenschaften der Restsysteme 97ζ k mit ζ : = cos ( 2πm)+ i sin( 2πm)<strong>und</strong> k ∈ Im−1 zurückgeführt werden, die“Eckpunkte” eines regelmäßigen m-Ecks sind.Wesentlich sind dabei die primitiven m-ten Einheitswurzeln ζ k mitk ∈ A ∗ m. Sie bilden die Nullstellen des m-ten KreisteilungspolynomsΦ m (x), das ganzzahlige Koeffizienten hat <strong>und</strong> das irreduzibel ist (d. h. eslässt sich nicht als Produkt von nicht konstanten Polynomen mit rationalenKoeffizienten darstellen). Deshalb hat der m-te KreisteilungskörperQ(ζ) (d. h. der kleinste Körper in C, der Q <strong>und</strong> ζ enthält) über Q denKörpergrad ϕ(m).Die Beschränkung auf die Zeichenwerkzeuge Lineal <strong>und</strong> Zirkel bedeutet,dass nur Punkte konstruiert werden können, die Schnittpunkte von ebensokonstruierbaren Geraden <strong>und</strong> Kreisen sind. Eine komplexe Zahl ist deshalb“konstruierbar”, wenn sie Lösung einer linearen oder quadratischenGleichung ist, deren Koeffizienten Lösungen solcher Gleichungen sind.Im Falle m = q ∈ P 3 mit ϕ(q) = 2 k , k ∈ N 1 , gab Gauß die Kette der quadratischenGleichungen für ζ explizit an, indem er die Lösungen als Summenvon ζ-Potenzen darstellte. Diese Summen, die er “Perioden” nannte,gehen ineinander über, wenn ζ durch eine andere primitive Einheitswurzelersetzt wird. Solche “Substitutionen” von primitiven Einheitswurzelnbestimmen in eindeutiger Weise die Automorphismen (d. h. die strukturtreuenbijektiven Abbildungen) des Körpers Q(ζ), die Q elementweisefestlassen. Diese Automorphismen bilden in heutiger Sprechweise dieGalois-Gruppe 4 des entsprechenden Kreisteilungskörpers Q(ζ) über Q.Da Gauß einerseits das Konstruktionsproblem auf die Fälle zurückführenkonnte, in denen m eine Primzahlpotenz ist, <strong>und</strong> da er andererseits zeigte,dass zu jedem ungeraden Primteiler p von ϕ(m) eine Gleichung vom Grad pin der Gleichungskette für ζ auftritt, gewann er als notwendige <strong>und</strong> hinreichendeBedingung für die Konstruierbarkeit des regelmäßigen m-Ecks, dassϕ(m) eine Potenz von 2 ist, was sich mit dem nächsten Satz als äquivalentzum Theorem über regelmäßige Vielecke (Seite 61) erweist.Obwohl die Begriffe Gruppe <strong>und</strong> Körper erst später eingeführt wurden,schaffte Gauß mit seiner Methode die Gr<strong>und</strong>lage für den Beweis des folgendenTheorems, das heute für die Herleitung des Theorems über regelmäßigeVielecke entscheidend ist.Theorem über KreisteilungskörperDie Galois-Gruppe des m-ten Kreisteilungskörpers über Q ist isomorphzu ( Z /m Z) ∗.4 Die Benennung erfolgt zu Ehren des französischen <strong>Mathematik</strong>ers Evariste Galois(1811-1832).


98 Die Eulersche ϕ-Funktion 4.54.5 Die Eulersche ϕ-FunktionSatz über die Eulersche ϕ-Funktiona) Für alle m, m ′ ∈ N 1 mit ggT (m, m ′ ) = 1 ist ϕ(m m ′ ) = ϕ(m) ϕ(m ′ ).b) Es gilt ϕ (m) = m ∏ ( )1 − 1 = ∑ µ(d) m pd für alle m ∈ N 2.p∈Pd|mp|mBeweis (direkt, r1):a) Aufgr<strong>und</strong> des Satzes über modifizierte reduzierte Restsysteme (Seite 94) mitR ∗ m = A ∗ m <strong>und</strong> R ∗ m ′ = A∗ m ′ ist ϕ(m m ′ ) = card {c ∈ Z ; Es gibt a ∈ A ∗ m <strong>und</strong> a ′ ∈A ∗ m ′, sodass c = a ′ m + a m ′ gilt} = ϕ(m) ϕ(m ′ ).b) Es sei m = : ∏ p ep mit e p ∈ N 1 . Aus a) folgt mit finiter Induktion ϕ(m) =p∈Pp|m∏ϕ (p ep ). In dem Spezialfall m ′′ : = p ep sind genau die m ′′p∈Pp|mpZahlen 0, p, . . . ,m ′′pp aus A m ′′ nicht zu m ′′ teilerfremd. A ∗ m enthält also −p ep−1 = ϕ (p ′′ pep ep ) Elemente.Damit ergibt sich ϕ(m) = ∏ (p ep − p ep−1 ) = ∏ ( )p ep 1 − 1 = m ∏ ( )1 − 1 .ppp∈Pp∈Pp∈Pp|mp|mp|mDie Summendarstellung ∏ p∈Pp|m(1 − 1 p)= ∑ d|mµ(d)dp−wurde für quadratfreies m ∈ N 2mit vollständiger Induktion bereits im Beweis des zweiten Teils des Satzes überπ(x)-Abschätzungen (Seite 67) hergeleitet. Wegen µ(d) = 0 für nicht quadratfreiesd gilt diese Darstellung für alle m ∈ N 2 .Die folgenden beiden Sätze werden auch bei einigen zahlentheoretischen Problemengebraucht. In vielen Lehrbüchern treten sie in umgekehrter Reihenfolgeauf, weil der ältere Satz ein Spezialfall der 120 Jahre jüngeren Aussage ist. ImHinblick auf das <strong>Problemlösen</strong> interessiert in diesem Falle auch die Beweisentwicklung.Fermat fand keinen korrekten Beweis für den von ihm entdecktenSatz. Der heutige Beweis, der auch für den <strong>Mathematik</strong>unterricht geeignet wäre,stammt von Euler, der wiederum seine Verallgemeinerung nur recht mühsammit Fallunterscheidung beweisen konnte. Die hier wiedergegebene Beweismethodewurde erst 1806 von dem englischen <strong>Mathematik</strong>er James Ivory veröffentlicht.


4.5 Die Eulersche ϕ-Funktion 99Unabhängig von ihm wendete Dirichlet 1828 die Beweisstrategie an, die wirim Anschluss an [13] bei dem <strong>Problemlösen</strong> Invarianzstrategie nennen wollen.Fermatscher Kongruenzsatz (1640)Für alle (a, p) ∈ Z × P ist a p ≡ a (mod p).Beweis (Fallunterscheidung, vollständige Induktion, a1):i) Für a ∈ N 1 wird die Aussage mit vollständiger Induktion gezeigt. Dazu sei M: = {b ∈ N 1 ; b p ≡ b (mod p)} . Wegen 1 p ≡ 1 (mod p) gilt 1 ∈ M. Für beliebigesm ∈ R ergibt die Binomialformel (3.23) zunächst (1 + m) p = ∑ (p pk=0 k)m k( .)pWegenk =p!( ) (pgilt kk! (p−k)! k = p p−1k−1)für jedes k ∈ Ip−1 . Mit dem Produktteilersatz(Seite 23) folgt p | ( pk). Für m ∈ M gilt nun (1 + m) p ≡ m 0 + m p ≡1 + m (mod p), sodass auch m + 1 in M liegt. Der Induktionssatz (Seite 12)ergibt damit M = N 1 .ii) Es sei a ∈ Z \ N , also −a ∈ N 1 . Im Falle p = 2 ist −1 ≡ 1 (mod 2),sodass a 2 = (−a) 2 ≡ −a ≡ a (mod 2) wegen i) gilt. Für p ∈ P 3 ergibt i) mit(−1) p ≡ −1 (mod p) die Kongruenzkette a p ≡ −(−a) p ≡ −(−a) ≡ a (mod p).Wegen 0 p ≡ 0 (mod p) gilt der Satz auch für a = 0.Kongruenzsatz von Euler (1760)Für alle (a, m) ∈ Z × N 1 mit ggT(a, m) = 1 gilt(4.2) a ϕ(m) ≡ 1 (mod m).Beweis (direkt, a1):Es sei n : = ϕ(m) <strong>und</strong> A ∗ m = : {a 1 , . . . , a n }. Aufgr<strong>und</strong> des Satzes über modifiziertereduzierte Restsysteme (Seite 94) ist auch {aa 1 , . . . , aa n } ein reduziertes Restsystem.Zu jedem i ∈ I n gibt es also genau ein j ∈ I n mit a a j ≡ a i ( mod m). Damit∏folgt n ∏a i ≡ n ∏a a j ≡ a nn a j (mod m). Die Beweismethode von (2.20) ergibti=1 j=1j=1 ( n)∏mit vollständiger Induktion, dass ggT a i , m = 1 ist. Der Satz über Kongruenzkürzung(Seite 91) liefert schließlichi=1(4.2).


100 Die Eulersche ϕ-Funktion 4.5Anwendungen in der KryptographieEine der wichtigsten Anwendungen der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong> in dergegenwärtigen Informationsgesellschaft bildet die Verschlüsselung von Datenmit einem öffentlichen Schlüssel <strong>und</strong> einem geheimen - aber flexibelvariierbaren - Code (“public-key secret code”). Die verbreitetste Methodestammt von den amerikanischen <strong>Mathematik</strong>ern R. L. Rivest, A. Shamir<strong>und</strong> L. Adleman. Sie heißt deshalb RSA-Verfahren. Der mathematischeHintergr<strong>und</strong> wird mit dem letzten der folgenden drei Schritte klar.i) Der “Entschlüsseler” (Empfänger, z. B. eine Bankzentrale) gibt zwei(Schlüssel-) Zahlen m, s ∈ N 2 bekannt, wobei m das Produkt von zweisehr großen (mindestens 100-stelligen) Primzahlen <strong>und</strong> s ∈ A ∗ ϕ(m) ist.ii) Der “Verschlüsseler” (Sender) stellt seine Nachricht in der Form vonnatürlichen Zahlen a ∈ N 2 etwa mit a < 10 100 dar. Dann berechnet err : = mod (a s , m) <strong>und</strong> sendet die Zahl r.iii) Der Empfänger hat eine geheime Zahl t ∈ N 2 , die s t ≡ 1 (mod ϕ(m))erfüllt. Damit gewinnt er a in der Form a = mod ( r t , m ) , weil mit n: = s t−1 <strong>und</strong> mit dem Kongruenzsatz von Euler die Kongruenzketteϕ(m)r t ≡ (a s ) t ≡ a s t ≡ a 1 ( a ϕ(m)) n≡ a · 1 n ≡ a (mod m) gilt.Die Sicherheit des RSA-Verfahrens beruht darauf, dass es effiziente Verfahrengibt, mit denen festgestellt werden kann, ob eine gegebene Zahl mitmehreren h<strong>und</strong>ert Stellen eine Primzahl ist. Dagegen würde es mit den heutebekannten oder in den nächsten Jahrzehnten zu erwartenden Methoden“astronomische” Zeiten dauern, die Primfaktoren von m zu bestimmen.Diese Primzahlen werden aber benötigt, um zuerst ϕ(m) <strong>und</strong> dann t zuberechnen.Die Potenzen a s <strong>und</strong> r t werden zweckmäßig mit Hilfe der 2-adischen Darstellungder Exponenten bestimmt. Zum Beispiel für s = 23 = (10111) 2 ergibtsich durch Klammerung 2 4 +2 2 +2+1 = (((2+0)2+1)2+1)2+1, sodass( ((aa 23 =2 a 0) 2 a1 ) )2 2a1 a 1 von innen nach außen durch die Potenzena 2 , a 4 , a 5 , a 10 , a 11 , a 22 , a 23 gewonnen wird. Im Falle der obigen Kongruenzenmodulo m brauchen aufgr<strong>und</strong> des Satzes über Kongruenzregeln(Seite 87) auch alle Zwischenpotenzen nur modulo m berechnet zu werden.Eine weitere Anwendung der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong> in der Kryptographieverwendet “Quadratwurzeln modulo m”, wobei b ∈ A ∗ m Quadratwurzelmodulo m von a ∈ A ∗ m heißt, wenn a ≡ b 2 ( mod m) gilt. Im Fallvon Moduln m mit zwei großen Primfaktoren kann b nur dann effizientberechnet werden, wenn die Primteiler von m bekannt sind. Der daraufberuhende Fiat-Shamir-Algorithmus wird z. B. bei der Identifikationvon Personen mit Hilfe von Chip-Karten genutzt.


4.6 Kongruenzen mit einer Unbekannten 1014.6 Kongruenzen mit einer UnbekanntenBezeichung des Grades eines Polynoms, der Wurzel einer Kongruenz<strong>und</strong> der Anzahl der Lösungen modulo m∑Es sei f(x) = n c k x k mit n ∈ N 1 <strong>und</strong> c k ∈ Z für k = 0, . . . , n.k=0a) Falls es ein k ∈ A n+1 mit m ∤ c k gibt, wird g : = max {k ∈ A n+1 ; m ∤ c k }Grad des Polynoms f(x) modulo m genannt.b) Eine Zahl a ∈ Z heißt Lösung oder Wurzel der Kongruenz f(x) ≡ 0 (modm), wenn f(a) ≡ 0 ( mod m) gilt. (Aufgr<strong>und</strong> des Satzes über Kongruenzregeln(Seite 87) sind dann auch alle b ∈ a Lösungen der Kongruenz.)c) Ist R m ein vollständiges Restsystem modulo m, so wird die von R m unabhängigeZahl card {a ∈ R m ; f(a) ≡ 0 (mod m)} als Anzahl der Lösungender Kongruenz f(x) ≡ 0 (mod m) bezeichnet.Zum Beispiel hat x 2 ≡ 1 (mod 8) vier Lösungen, weil die Zahlen 1, 3, 5, 7 aus A 8der Kongruenz genügen, die übrigen Zahlen 0, 2, 4, 6 aber nicht.Der folgende Satz, der eine Fortsetzung des Satzes über die lineare Kongruenz(Seite 91) darstellt, enthält eine der wenigen genauen Lösungsanzahlen von Polynomkongruenzen.Satz über die Lösungsanzahl der linearen KongruenzSind a, m ∈ N 1 , b ∈ Z <strong>und</strong> d : = ggT (a, m), so besitzt die Kongruenza x ≡ b (mod m) keine Lösung, wenn d ∤ b gilt. Ist d Teiler von b, so hatdie Kongruenz genau d Lösungen, die alle zu einer bestimmten Restklassemodulo m d gehören.Beweis (Fallunterscheidung, direkter <strong>und</strong> indirekter Schluss, r1):i) Zunächst sei d = 1. Ist R m ein beliebiges vollständiges Restsystem modulo m,so stellt {a x − b ; x ∈ R m } aufgr<strong>und</strong> des Satzes über modifizierte Restsysteme(Seite 92) ein vollständiges Restsystem dar. Also gibt es genau ein x 0 ∈ R m mita x 0 ≡ b (mod m). Damit hat die Kongruenz genau eine Lösung.ii) Es sei d > 1. Ist die Kongruenz lösbar, so folgt d | b aus d | a <strong>und</strong> d | m. ImFalle d ∤ b hat also die Kongruenz keine Lösung.


102 Kongruenzen mit einer Unbekannten 4.6Nun sei d ein Teiler von b <strong>und</strong> es werde a = : a 1 d, m = : m 1 d, b = : b 1 d gesetzt.Dann ist ggT (a 1 , m 1 ) = 1, <strong>und</strong> der Satz über Kongruenzkürzung (Seite 91) ergibt,dass aus a x ≡ b (mod m) die Kongruenz a 1 x ≡ b 1 (mod m 1 ) folgt, die nach i)genau eine Lösung x 1 modulo m 1 besitzt. Alle Zahlen, die Lösungen von a x ≡b (mod m) sind, genügen also der Kongruenz x ≡ x 1 (mod m 1 ) . Modulo mergeben sich damit die d inkongruenten Lösungen x 1 , x 1 +m 1 , . . . , x 1 +(d−1) m 1 .Im Zusammenhang mit dem letzten Satz spielen die folgenden beiden Begriffe beieinigen Herleitungen von Sätzen <strong>und</strong> bei Lösungen von Problemen eine wichtigemethodische Rolle, wenn alle Elemente von A ∗ m für m ∈ P 3 “gleichberechtigt”verknüpft sind - wie z. B. im ersten Teil des nächsten Satzes.Definition des reziproken Restes <strong>und</strong> der AssoziiertheitEs sei (a, m) ∈ Z × N 2 mit ggT (a, m) = 1. Eine Zahl a ′ ∈ Z heißt zu areziproker Rest modulo m, wenn a a ′ ≡ 1 (mod m) gilt. Ist ein reduziertesRestsystem R m vorgegeben, so wird anstelle des eindeutig bestimmten a ′ ∈R m auch a −1 oder 1 a geschrieben.Zwei Zahlen a, a ′ ∈ Z mit ggT (a a ′ , m) = 1 heißen assoziiert modulo m, wennsie a a ′ ≡ 1 (mod m) erfüllen.Obwohl der folgende Satz nur für Primzahlen gilt, stellt er doch wegen des starkenWachsens der linken Seiten kein sinnvolles Primzahlkriterium dar. Den zweitenTeil werden wir zum Beweis des Zweiquadratesatzes von Euler (Seite 141) verwenden.Wilsonscher Fakultätensatz 5Für ungerade Primzahlen p <strong>und</strong> nur für Primzahlen p gilta) (p − 1)! ≡ −1 (mod p) <strong>und</strong>((b) p−1) ) 2 p+12 ! ≡ (−1) 2 (mod p).5 Der nach Sir John Wilson (1741-1793) benannte Wilsonsche Satz wurde zuerst 1770von dem in Cambridge wirkenden <strong>Mathematik</strong>er Edward Waring (1734-1798) veröffentlicht.


4.6 Kongruenzen mit einer Unbekannten 103Beweis (Fallunterscheidung <strong>und</strong> indirekte Schlüsse, a1):i) Es sei p ∈ P. Für p = 2 ist 1 ≡ −1 (mod 2) bei i). Ist p = 3, so gilt 2 ≡−1 (mod 3) bei i) <strong>und</strong> 1 ≡ 1 (mod 3) bei ii).a) Für p ∈ P 5 setzen wir C : = {2, . . . , p − 2}. Zu jedem x ∈ C gibt es aufgr<strong>und</strong>des Satzes über die Lösungsanzahl der linearen Kongruenz (Seite 101) genau einx ′ ∈ A p = C ∪ {0, 1, p − 1} mit x x ′ ≡ 1 (mod p).Die Zahlen 0, 1 <strong>und</strong> p−1 können nicht als x ′ auftreten, weil x·0 = 0 ≢ 1 ( mod p),x · 1 = x ≢ 1 (mod p) <strong>und</strong> x (p − 1) ≡ −x ≢ 1 (mod p). Also ist x ′ ∈ C.Außerdem kann nicht x = x ′ sein, weil sonst x 2 ≡ 1 (mod p) die Teilbarkeit vonx 2 − 1 = (x − 1) (x + 1) durch p zur Folge hätte. Aufgr<strong>und</strong> des Produktteilersatzes(Seite 23) wäre dann x ≡ 1 (mod p) oder x ≡ −1 (mod p) im Widerspruch zu1 ∉ C <strong>und</strong> p − 1 ∉ C. Zu jedem x ∈ C gibt es also genau ein x ′ ∈ C \ {x} mitx x ′ ≡ 1 (mod p), d. h. die Zahlen aus C zerfallen in p−3 Paare von assoziierten2Zahlen. Damit gilt die Kongruenzkette (p−1)! ≡ 1·( ∏ x) (p−1) ≡ 1 p−12 (−1) ≡x∈C−1 (mod p).b) Für p ∈ P 5 setzen wir k : = p−1 . Dann ist die Menge der modulo p absolut2kleinsten Reste {−k, . . . , −1, 0, 1, . . . , k} ein vollständiges Restsystem modulo p.Aus a) i) folgt −1 ≡ (p − 1)! ≡ (−k) · · · (−1) · 1 · · · k ≡ (−1) k (k!) 2 (mod p),also (k!) 2 ≡ (−1) k+1 (mod p).ii) Ist m ∈ N 2 \ P, so gibt es aufgr<strong>und</strong> des Satzes über ein Primzahlkriterium(Seite 63) ein d ∈ N 2 mit d | m <strong>und</strong> d ≤ √ m ≤ m 2 . Damit gilt d ∣ [ ]m2 ! <strong>und</strong> erstrecht d | (m − 1)!. Also folgt für ungerades m, dass d <strong>und</strong> damit auch m bei(((ii) nicht Teiler von m−1) ) 2 )2 ! ± 1 ist. Entsprechend ergibt sich bei a), dassm ∤ ((m − 1)! + 1) gilt.Der folgende Satz ermöglicht Koeffizientenvergleich bei Polynomen modulo p.Polynomkongruenzsatz von Lagrange 6∑a) Ist g der Grad modulo p des Polynoms f(x) = n c i x i , c i ∈ Z, so besitztdie Kongruenzi=06 Joseph Louis Lagrange (1736-1813) wirkte in Turin, Berlin <strong>und</strong> Paris.


104 Kongruenzen mit einer Unbekannten 4.6(4.3) f(x) ≡ 0 (mod p)höchstens g Lösungen.b) Hat die Kongruenz (4.3) mehr als n Lösungen, so sind alle Koeffizientenvon f(x) durch p teilbar.Beweis (Vollständige Induktion <strong>und</strong> indirekter Schluss, r2):Es genügt den Fall g = n zu betrachten, weil p | c i für i > g gilt. Dann sind dieAussagen a) <strong>und</strong> b) äquivalent.Es sei M : = {n ∈ N 1 ; Für alle Polynome mit dem Grad n modulo p gilt i)} .Aufgr<strong>und</strong> des Satzes über die Lösungsanzahl der linearen Kongruenz (Seite 101)ist 1 ∈ M.Für m ∈ M sei f(x) ein Polynom mit dem Grad m + 1 modulo p. Wir nehmenan, dass die Kongruenz (4.3) m+1 modulo p inkongruente Lösungen x 0 , . . . , x m+1besitzt. Es gilt f(x) − f(x 0 ) = m+1 ∑c i (x i − x i 0) = (x − x 0 ) m+1 ∑ i−1 ∑c i x j x i−1−j0 füri=1alle x ∈ Z \ {x 0 } . Setzen wir h(x) : = m+1 ∑i=1i−1 ∑c ij=0i=1x j x i−1−j0 = :j=0m∑b j x j , so istf(x) − f(x 0 ) = (x − x 0 ) h(x) für jedes x ∈ Z erfüllt. Wegen b m = c m+1 teilt pnicht b m , d. h. h(x) hat modulo p den Grad m.Für k = 1, . . . , m + 1 gilt aber (x k − x 0 ) h(x k ) ≡ f(x k ) − f(x 0 ) ≡ 0 − 0 ≡0 (mod p). Aufgr<strong>und</strong> des Produktteilersatzes (Seite 23) folgt dann, dass h(x)modulo p die m + 1 Lösungen x 1 , . . . , x m+1 besitzt - im Widerspruch zur Induktionsvoraussetzung.Also ist auch m + 1 ∈ M. Damit gilt M = N 1 .Neben den Polynomkongruenzen spielen Systeme von Kongruenzen ersten Gradessowohl theoretisch als auch praktisch eine Rolle. Die Problemstellung des folgendenSatzes trat vermutlich schon vor mehr als zweitausend Jahren bei astronomischenBerechnungen auf. Die erste bekannte Quelle, die auch die heutigeLösungsmethode an Beispielen aufzeigte, ist ein wahrscheinlich zwischen 280 <strong>und</strong>473 n. Chr. entstandenes Werk des chinesischen <strong>Mathematik</strong>ers Sun-Tsu. Daherhat der Satz seinen Namen.j=0Chinesischer RestsatzFür k ∈ N 2 seien m 1 , . . . , m k ∈ N 2 paarweise teilerfremd, <strong>und</strong>


4.6 Kongruenzen mit einer Unbekannten 105(4.4) x ≡ b i (mod m i ) mit b i ∈ Z, i = 1, . . . , k,∏sei ein Kongruenzsystem. Werden m, M i , M i ′ <strong>und</strong> x 0 durch m : = k m i ,i=1M i : = m ∑, Mm i M i ′ ≡ 1 (mod m i ) <strong>und</strong> x 0 : = k M i M i ′ b i definiert, so istix ∈ Z genau dann Lösung von (4.4), wenn x ≡ x 0 (mod m) gilt.i=1Beweis (direkt, r1):Da ggT (M i , m i ) = 1 gilt, ist M i ′ modulo m i eindeutig bestimmt. Wegen m i |∑M j für jedes j ∈ I k \ {i} folgt x 0 ≡ M i M i ′ b i + k M j M j ′ b j ≡ b i (mod m i ).Stellt y eine beliebige Lösung von (4.4) dar, so gilt y ≡ b i ≡ x 0 (mod m i ) füri = 1, . . . , k. Da die Zahlen m i paarweise teilerfremd sind, ergibt der Satz überKongruenzzusammenfassung (Seite 92) y ≡ x 0 (mod m), d. h. die Lösung x 0 istmodulo m eindeutig.Als Beispiel betrachten wir das Kongruenzsystemj=1j≠i5 x ≡ −1 (mod 8), x ≡ 1 (mod 15), 3 x ≡ 13 (mod 20),das in zweifacher Hinsicht nicht die Voraussetzungen des chinesischen Restsatzeserfüllt: Einerseits sind nicht alle Koeffizienten von x gleich 1, <strong>und</strong> andererseitshaben zwei Modulpaare gemeinsame Teiler größer als 1. Der erste Mangel lässtsich stets beheben, indem beide Seiten der jeweiligen Kongruenz - eventuell nachAnwendung des Satzes über Kongruenzkürzung (Seite 91) - mit dem reziprokenRest des betreffenden Koeffizienten multipliziert werden.Da die erste Kongruenz zu 5 x ≡ 15 (mod 8) äquivalent ist, liefert der Satz überKongruenzkürzung die gleichwertige Kongruenz x ≡ 3 (mod 8). Zu der drittenKongruenz ergibt Multiplikation mit dem reziproken Rest 7 modulo 20 die äquivalenteKongruenz x ≡ 11 (mod 20).Aufgr<strong>und</strong> des Satzes über Kongruenzvergröberung (Seite 91) <strong>und</strong> des Satzes überKongruenzzusammenfassung (Seite 92) haben die drei resultierenden Kongruenzendieselben Lösungen wie das Kongruenzsystemx ≡ 3 (mod 8), x ≡ 11 ≡ 1 (mod 5), x ≡ 1 (mod 3), x ≡ 11 ≡ 3 (mod 4).


106 Potenzreste 4.7Wenn x ≡ 3 (mod 8) erfüllt ist, gilt auch x ≡ 3 (mod 4). Damit ist m 1 =8, m 2 = 5, m 3 = 3, m = 120, M 1 = 15, M 1 ′ ≡ 7 (mod 8), M 2 = 24, M 2 ′ ≡4 ( mod 5), M 3 = 40, M 3 ′ ≡ 1 ( mod 3) <strong>und</strong> x 0 = 15·7·3+24·4·1+40·1·1 = 451.Also ist x ∈ Z genau dann eine Lösung des Ausgangssystems, wenn x ≡ 451 ≡91 (mod 120) gilt.4.7 PotenzresteEin großer Teil der gr<strong>und</strong>legenden Ergebnisse über die speziellen Polynomkongruenzenx n − a ≡ 0 (mod p) wurde zum ersten Mal von Gauß in [9] im drittenAbschnitt mit dem Titel “Von den Potenzresten” <strong>und</strong> im vierten Abschnitt überKongruenzen zweiten Grades dargestellt. Wir behandeln zunächst die “quadratische”Theorie, weil sie weitgehend abgeschlossen ist. Außerdem spielen einigeihrer Resultate <strong>und</strong> Methoden auch beim <strong>Problemlösen</strong> eine Rolle.Definition des Potenzrestes <strong>und</strong> des PotenznichtrestesEs seien m, n ∈ N 2 . Eine Zahl a ∈ Z mit ggT (a, m) = 1 heißt n-ter Potenzrestmodulo m, wenn es ein x ∈ Z gibt, sodass x n ≡ a (mod m) gilt. Andernfallsheißt a n-ter Potenznichtrest modulo m.Insbesondere spricht man für n = 2 von quadratischen, für n = 3 von kubischen<strong>und</strong> für n = 4 von biquadratischen Resten bzw. Nichtresten.Hat m die Primpotenzdarstellung m =r ∏k=1q e kk, so ergeben der Satz über Kongruenzvergröberung(Seite 91) <strong>und</strong> der Satz über Kongruenzzusammenfassung (Seite92), dass f(x) ≡ 0 (mod m) genau dann gilt, wenn f(x) ≡ 0 (mod q e kk ) fürk = 1, . . . , r erfüllt ist.Bei Potenzresten kann der Exponent e k für q k = 2 mindestens auf 3 <strong>und</strong> fürq k ∈ P 3 auf 1 erniedrigt werden. Die Beweismethode des folgenden Satzes überquadratische Reste lässt sich auch bei den übrigen Potenzresten <strong>und</strong> sogar beif(x) mit Fallunterscheidung bezüglich f ′ (x) anwenden. Weitere Ergebnisse überPotenzreste höheren als zweiten Grades erhalten wir mit Hilfe von “Indizes” imnächsten Abschnitt.


4.7 Potenzreste 107Satz über ModulreduktionEs sei k ∈ N 1 <strong>und</strong> p ∈ P 3 . Die Zahl a ∈ Z ist genau dann quadratischer Restmodulo 2 k , wenn a ≡ 1 ( mod 2 min {3, k}) gilt.Genau dann stellt a einen quadratischen Rest modulo p k dar, wenn a quadratischerRest modulo p ist.Beweis (direkt <strong>und</strong> vollständige Induktion, r1):Es ist 1 2 ≡ 3 2 ≡ 5 2 ≡ 7 2 ≡ 1 (mod 8). Also sind die Zahlen a ∈ Z mita ≡ 1 (mod 8) die einzigen quadratischen Reste modulo 8. Aufgr<strong>und</strong> des Satzesüber Kongruenzvergröberung (Seite 91) gelten die entsprechenden Kongruenzbedingungenauch modulo 2 <strong>und</strong> 4. Derselbe Satz liefert außerdem alle Schlüsse vonPotenzmoduln mit größeren Exponenten auf solche mit kleineren.Für den Nachweis der entgegengesetzten Schlussrichtung mit vollständiger Induktionsei q ∈ P, b : = 3 für q = 2, b : = 1 für q ∈ P 3 <strong>und</strong> M q,a : = {k ∈ N b ; a istquadratischer Rest modulo q k} , wobei a einen quadratischen Rest modulo q bdarstellt, womit sich zugleich der Induktionsanfang b ∈ M q,a ergibt. Ist m ∈M q,a , so existiert ein x ∈ Z mit q ∤ x <strong>und</strong> x 2 ≡ a (mod q m ). Wir bestimmen eins ∈ Q derart, dass y : = x + s q m ∈ Z die Kongruenz y 2 ≡ a (mod q m+1 ) erfüllt.Mit u : = x2 −aq mgilt zunächsty 2 = (x + s q m ) 2 = x 2 + 2 x s q m + s 2 q 2m= a + u q m + 2 x s q m + s 2 q 2m = a + (u + 2 x s) q m + s 2 q 2m .Im Falle q ∈ P 3 ergibt der Satz über die lineare diophantische Gleichung (Seite 28)mindestens ein Paar (s, t) ∈ Z 2 mit q t−2 x s = u. Wegen m ∈ N 1 ist 2 m ≥ m+1,<strong>und</strong> es folgt y 2 = a + t q m+1 + s 2 q 2m ≡ a (mod q m+1 ) .Für q = 2 setzen wir s : = u 2x+1<strong>und</strong> t : = u . Dann ist t ∈ Z, u + 2 x s = 2 t2<strong>und</strong> s 2 2 2m = u 2 2 2m−2 . Wegen m ∈ N 3 gilt 2 m − 2 ≥ m + 1, sodass sich hiery 2 = a + t 2 m+1 + u 2 2 2m−2 ≡ a (mod 2 m+1 ) ergibt. Damit ist in beiden Fällenm + 1 ∈ M q,a , <strong>und</strong> es folgt M q,a = N b .Das folgende Symbol, das 1798 eingeführt wurde, ermöglicht gegenüber [9] eineerheblich einfachere Darstellung der Ergebnisse über quadratische Reste <strong>und</strong>Nichtreste. Wegen der obigen Reduktion sei im Rest dieses Abschnitts p ∈ P 3 .


108 Potenzreste 4.7Bezeichnung des Legendre-Symbols 7Für (a, p) ∈ Z × P 3 mit p ∤ a wird{( a 1, wenn a einen quadratischen Rest modulo p darstellt, <strong>und</strong>: =p)−1, wenn a quadratischer Nichtrest modulo p ist,gesetzt. (Das Symbol liest man “a nach p”.)Im Falle p | a wird ( ap): = 0 definiert.Mit Hilfe einer Reihe von Regeln, die wir im Folgenden herleiten, lässt sich dasLegendre-Symbol effizient berechnen, ohne dass nach einer Lösung der entsprechendenquadratischen Kongruenz gesucht werden muss. Wie auf Seite 100 schonerwähnt wurde, ist es viel schwieriger, für quadratische Reste a eine Lösung xder Kongruenz x 2 ≡ a (mod m) zu bestimmen.Die erste Regel ergibt sich unmittelbar aus der Definition des Legendre-Symbols<strong>und</strong> aus der Transitivität der Kongruenzrelation (Seite 83). Sind a, b ∈ Z mita ≡ b (mod p), so gilt p | a genau dann, wenn p | b erfüllt ist, <strong>und</strong> zu a gibt esgenau dann ein x ∈ Z mit x 2 ≡ a (mod p), wenn dieses für b der Fall ist. Alsogilt(4.5)( a( b= für alle a, b ∈ Z mit a ≡ b (mod p).p)p)Am Anfang des Beweises für den Satz über Modulreduktion (Seite 107) habenwir gesehen, dass es modulo 8 nur einen quadratischen Rest aber 3 Nichtrestegibt. Der folgende Satz zeigt, dass diese Anzahlen bei ungeraden Primzahlmodulngleich sind.Satz über die Anzahl quadratischer ResteIst R ∗ p ein reduziertes Restsystem modulo p, so gilt{ ( } {a( bcard a ∈ R ∗ p ; = 1 = card b ∈ Rp)∗ p ;p)}= −1 = p − 12 .Diep−1 Klassen der quadratischen Reste werden durch die Zahlen2( )1 2 p−1 2, . . . ,2 repräsentiert.7 Adrien Marie Legendre (1752-1833) wirkte in Paris.


4.7 Potenzreste 109Beweis (direkt, r1):Wenn x 2≡ a (mod p) lösbar ist, so gibt es wegen p ∤ a auch minestens eineLösung x ∈ A ∗ p , aufgr<strong>und</strong> des Polynomkongruenzsatzes von Lagrange (Seite 103)aber höchstens zwei solche. Wegen (p − x) 2 ≡ (−x) 2 ≡ x 2 (mod p) gibt es also{jeweils eine Lösung x ∈ 1, . . . , p−1 }, zu der eine zweite Lösung p − x aus{2A ∗ p \ 1, . . . , p−1 }gehört. Damit gibt es modulo p keine weiteren quadratischen2( )Reste, <strong>und</strong> je zwei der Zahlen 1 2 p−1 2, . . . ,2 sind modulo p inkongruent.In vielen <strong>Zahlentheorie</strong>lehrbüchern wird das Legendre-Symbol durch die in demfolgenden Satz wiedergegebene Resteigenschaft von a p−12 modulo p eingeführt.Dann ist dieses “Euler-Kriterium” gr<strong>und</strong>legend für die Theorie der quadratischenReste. Aber auch bei dem hier gewählten Aufbau hat das Kriterium etlicheAnwendungen - besonders in Aufgaben <strong>und</strong> Problemen.Satz über das Euler-KriteriumFür alle (a, p) ∈ Z × P 3 mit p ∤ a gilt a p−1 ( a2 ≡ (mod p).p)Beweis (Fallunterscheidung, direkt <strong>und</strong> indirekt, a1):Der Fermatsche Kongruenzsatz (Seite 99) ergibt p |(a p−12 − 1)(a p−1 )2 + 1 .Aufgr<strong>und</strong> des Produktteilersatzes (Seite 23) teilt p mindestens einen der Faktoren.Da die Differenz der beiden Zahlen in den Klammern 2 ist <strong>und</strong> p > 2 gilt, ist pentweder Teiler von a p−12 − 1 oder von a p−12 + 1.i) Ist ( ap)= 1, so gibt es ein x ∈ Z mit p ∤ x <strong>und</strong> mit x 2 ≡ a (mod p). DerSatz über Kongruenzregeln (Seite 87) <strong>und</strong> der Fermatsche Kongruenzsatz ergebena p−12 ≡ (x 2 ) p−12 ≡ x p−1 ≡ 1 ≡ ( ap)(mod p).) p−1= −1 wird indirekt geschlossen: Die Kongruenz y 2 − 1 ≡( aii) Im Fallep0 (mod p) hat aufgr<strong>und</strong> des Polynomkongruenzsatzes von Lagrange (Seite 103)höchstens p−1 Lösungen. Nach i) <strong>und</strong> wegen des Satzes über die Anzahl quadratischerReste (Seite 108) gibt es die in dem Satz angegebenen p−1 Lösungen. Also22hat die Kongruenz keine weiteren Lösungen, <strong>und</strong> a muß der zweiten Beziehunga p−12 + 1 ≡ 0 (mod p) genügen.


110 Potenzreste 4.7Zur Berechnung des Legendre-Symbols werden üblicherweise die folgenden weiterenvier Regeln hergeleitet, wobei p, q ∈ P 3 <strong>und</strong> a, b ∈ Z mit ggT (ab, p) = 1sind:( a b) ( a=p pq−12 (“Quadratisches Reziprozitätsgesetz”),) ( b( p,p)q( −1)= ( − 1 ) p−12 <strong>und</strong>p) ( qp)= ( − 1 ) p−12( 2=p) ( − 1 )[ ]p+14 .Das Ziel ist die sukzessive Zurückführung auf Legendre-Symbole mit verkleinertenoberen <strong>und</strong> unteren Teilen. Wird ( qp)für p < q mit Hilfe des quadratischesReziprozitätsgesetzes gewonnen, so ergibt die Anwendung von (4.5) häufig imoberen Teil eine zerlegbare Zahl. Um fortfahren zu können, ist die Zahl in Primfaktorenzu zerlegen <strong>und</strong> dann die erste der obigen Regeln zu benutzen. Dadurchkann die Berechnung bei großen Ausgangszahlen sehr mühsam werden.Die folgende Vorgehensweise, die ein schönes Beispiel für die Verallgemeinerungsstrategiedarstellt, hat aber nicht nur das Vereinfachungsziel: Durch ständigeErweiterungen wurden im Laufe der Zeit immer leistungsfähigere Symbole eingeführt.Definition der HalbsystemeEs sei m aus U : = {n ∈ N 3 ; 2 ∤ n} <strong>und</strong> m − : = m−1 (gelesen: m durch).2Eine Teilmenge { }h 1 , . . . , h m− ⊂ Z heißt Halbsystem modulo m, wenn{ } { }h1 , . . . , h m− ∪ 0, (−1) h1 , . . . , (−1) h m− ein vollständiges Restsystem modulom ist.Beispiele sind I m− , {m − + 1, . . . , m − 1} <strong>und</strong> {−1, . . . , −m − }.Satz über HalbsystemeEs sei (a, m) ∈ Z × U mit ggT (a, m) = 1 <strong>und</strong> { }h 1 , . . . , h m− sei ein Halbsystemmodulo m. Dann gibt es Zahlen e k ∈ {−1, 1}, k = 1, . . . , m − , <strong>und</strong>eine Permutation π : I m− → I m− , sodass a h k ≡ h π(k) e k (mod m) fürk = 1, . . . , m − gilt.m∏−Das Produkt e k ist von der Auswahl des Halbsystems unabhängig.k=1


4.7 Potenzreste 111Beweis (direkt, a1):Aufgr<strong>und</strong> des Satzes über modifizierte Restsysteme (Seite 92) gibt es zu jedemk ∈ I m− ein j ∈ I m− <strong>und</strong> ein e k ∈ {−1, 1}, sodass a h k ≡ h j e k (mod m) gilt. Daj <strong>und</strong> e k eindeutig durch k bestimmt sind, stellt π : I m− → I m− , k ↦→ j, eineAbbildung dar. Wir zeigen, dass π injektiv ist. Sind i, j ∈ I m− mit π(i) = π(j), sofolgt a h i e i ≡ h π(i) ≡ h π(j) ≡ a h j e j (mod m). Der Satz über Kongruenzkürzung(Seite 91) ergibt h i e i e j ≡ h j (mod m), sodass wegen der Halbsystemeigenschafti = j <strong>und</strong> e i = e j sein muss. Mit Hilfe des Schubfachsatzes (Seite 85) folgt, dassπ eine bijektive Abbildung <strong>und</strong> damit eine Permutation darstellt.Es sei { }h 1, ′ . . . , h m ′ − ein beliebiges Halbsystem modulo m, <strong>und</strong> es seien c1 , . . . c m−aus N so gewählt, dass h k ′ ≡ h k (−1) c k ( mod m) für k = 1, . . . , m − gilt. Dann ista h k ′ ≡ a h k (−1) c k ≡ h π(k) e k (−1) c k ≡ hπ(k) ′ e k (−1) c k + c π(k)(mod m). Bildetm∏−man hier entsprechend das Produkt (−1) c mk + c π(k)∏ −e k , so ergibt sich e k ,k=1k=1weil die Zahlen c 1 , . . . , c m− in den Exponenten doppelt vorkommen.Bezeichnung des Jacobi-Symbols 8Ist (a, m) ∈ Z × U mit ggT (a, m) = 1 <strong>und</strong> stellt e k das invariante Produktk=1( ) ma ∏ −aus dem Satz über Halbsysteme dar, so wird das Symbolm : = e k Jacobik=1Symbol genannt.m∏−Übereinstimmungssatz 9( aIst (a, m) ∈ Z × P 3 mit ggT (a, m) = 1, so stimmt das Jacobi-Symbolmmit dem Legendre-Symbol überein, <strong>und</strong> es gilt( a= (−1)m)α mit α : = card { u ∈ I m− ; m − < mod (au, m) } .)Beweis (direkt, r1):Durch Multiplikation der Kongruenzen des Satzes über Halbsysteme erhält man8 Carl Gustav Jacob Jacobi (1804-1851) wirkte in Berlin <strong>und</strong> Königsberg.9 Die Aussage über die Potenzdarstellung des Legendre-Symbols heißt üblicherweise Lemmavon Gauß.


112 Potenzreste 4.7a m −m∏−k=1h k ≡m∏−k=1m∏−e kk=1( m−∏h π(k) (mod m). Wegen ggTSatz über Kongruenzkürzung (Seite 91) a m −Satzes über das Euler-Kriterium (Seite 109) ist a m −m∏−k=1≡k=1m∏−e kk=1)h k , m= 1 ergibt der(mod m). Aufgr<strong>und</strong> des≡ ( am)(mod m). Also gilte k ≡ ( am)(mod m), <strong>und</strong> wegen m > 2 müssen beide Zahlen gleich sein.Für das “Standardhalbsystem” I m− giltm∏−k=1mit −m − ≤ mod (a u, m) − m < 0 äquivalent ist.e k = (−1) α , weil mod (a u, m) > m −Achtung: Ist m ∈ N 2 \ P, so folgt aus ( am)= 1 nicht notwendig, dass a einenquadratischen Rest modulo m darstellt. Zum Beispiel für ( 215)ergibt das StandardhalbsystemI 7 mit α = 4 den Wert ( 215)= (−1) 4 = 1, aber für alle x ∈ I 7ist x 2 ≢ 2 (mod 15).Auf Seite 114 werden wir erkennen, dass im Falle ( am)= −1 notwendig a quadratischerNichtrest modulo m ist.Im Folgenden sei m ∈ U, <strong>und</strong> { h 1 , . . . , h m−}sei ein Halbsystem modulo m.Satz über obere KongruenzinvarianzFür alle a, b ∈ Z mit ggT (a b , m) = 1 <strong>und</strong> a ≡ b (mod m) gilt( a( b(4.6)= .m)m)Beweis (direkt, r1):Aufgr<strong>und</strong> des Satzes über Halbsysteme (Seite 110) ist b h k ≡ a h k ≡ h π(k) e k ( modm) für k = 1, . . . , m − . Zu a <strong>und</strong> b gehören also dieselben Zahlen e k .Satz über obere MultiplikativitätFür alle a, b ∈ Z mit ggT (a b , m) = 1 gilt( a b) ( a)( b(4.7)= .m m m)


4.7 Potenzreste 113Beweis (direkt, r1):Es sei a h k ≡ h π(k) e k (mod m), k = 1, . . . , m − , wie im Satz über Halbsysteme(Seite 110) <strong>und</strong> entsprechend(4.8) b h k ≡ h π ′ (k) e ′ k (mod m) mit e ′ k ∈ {−1, 1} .Multiplikation von (4.8) mit a <strong>und</strong> Anwendung des Satzes über Halbsystemeergibt a b h k ≡ ( ) ( )a h π ′ (k) e′ a bk ≡ h π(π ′ (k)) e π ′ (k) e k (mod m). Damit giltm =m∏−e π ′ (k) e ′ mk = ∏ − m∏−k=1e π ′ (k)k=1 k=1e ′ k = ( am) ( bm).Satz über untere MultiplikativitätFür alle m, n ∈ U <strong>und</strong> a ∈ Z mit ggT (a, m n) = 1 gilt( a) ( a) ( a(4.9)=.m n m n)Beweis (direkt, a1):Neben dem oben vereinbarten Halbsystem modulo m sei (h ′ 1, . . . , h ′ n −) ein Halbsystemmodulo n, <strong>und</strong> es geltea h ′ j ≡ h ′ τ(j) e ′ j (mod n) mit e ′ j ∈ {−1, 1}, j = 1, . . . , n − ,wobei τ eine Permutation auf {1, . . . , n − } darstellt. Wir zeigen, dass die MengeH : = {h k + m s ; k = 1, . . . , m − <strong>und</strong> s = 0, . . . , n − 1} ∪ { m h ′ j ; j = 1, . . . , n −}ein Halbsystem modulo m n ist. Die Elemente vonH 1 : = H ∪ {0} ∪ {−n ; n ∈ H}haben alle die Form r + ms, wobei r ein vollständiges Restsystem modulo m<strong>und</strong> s ein vollständiges Restsystem modulo n durchläuft. Aufgr<strong>und</strong> des Satzesüber vollständige Restsysteme (Seite 86) stellt H 1 ein vollständiges Restsystemdar, weil card H 1 = 2 (m − n + n − ) + 1 = m n ist <strong>und</strong> weil die Elemente von H 1modulo m n zueinander inkongruent sind, denn aus r+m s ≡ r ′ +m s ′ ( mod m n)folgt m | (r − r ′ ), also r = r ′ , <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> des Satzes über Kongruenzkürzung(Seite 91) ergibt sich s ≡ s ′ (mod n), also s = s ′ .Wir multiplizieren nun die Elemente des Halbsystems H mit a <strong>und</strong> wenden denSatz über Halbsysteme (Seite 110) an. Wegen a h k = h π(k) e k + t m mit t ∈ Z gilta (h k +m s) = h π(k) e k +(a s+t) m. Setzen wir u : = mod (e k (as + t), n) , so folgt


114 Potenzreste 4.7a (h k + m s) ≡ ( h π(k) + m u ) e k (mod m n) <strong>und</strong>( ) ma ∏ −Damit erhält manm n = e n kk=1a ( m h ′ j)≡(m h′τ(j))e′j (mod m n).Hat m die Primpotenzdarstellung m =n −∏ 2 ∤ ne ′ m∏− n −∏ ( (j = e k e ′ aj = am)n).j=1k=1 j=1r ∏k=1q e kk<strong>und</strong> ist ggT (a, m) = 1, so wird( )adas Jacobi-Symbol meistens mit Hilfe der Legendre-Symboleq , k = 1, . . . , r,( )kar∏ (durchm : = a) ekeingeführt. Der Satz über untere Multiplikativität <strong>und</strong>q kk=1vollständige Induktion bezüglich der Primfaktorenzahl im unteren Teil liefern denZusammenhang.Jetzt können wir auch den auf Seite 112 angekündigten Nachweis führen, dass imFalle ( am)= −1 notwendig a quadratischer Nichtrest modulo m ist. Wegen der( )aobigen Produktdarstellung muss mindestens eines der Legendre-Symboleq knegativ sein. Damit ist a quadratischer Nichtrest modulo q k . Aufgr<strong>und</strong> des Satzesüber Kongruenzvergröberung (Seite 91) besitzt dann auch die Kongruenz x 2 ≡a (mod m) keine Lösung.Für das Legendre-Symbol wurde der folgende Satz 1796 zum ersten Mal vonGauß bewiesen. Er hielt dieses Ergebnis, das er als “theorema f<strong>und</strong>amentale”bezeichnete, für eines seiner bedeutendsten Beiträge zur <strong>Zahlentheorie</strong> <strong>und</strong> gabdafür sechs verschiedene Beweise. Der hier wiedergegebene Beweis ist dadurchentstanden, dass eine Reihe von <strong>Mathematik</strong>ern den dritten Beweis von Gaußimmer weiter vereinfacht <strong>und</strong> später auf das Jacobi-Symbol übertragen haben.Quadratisches ReziprozitätsgesetzFür alle (m, n) ∈ U 2 mit ggT (m, n) = 1 gilt(4.10)( nm) ( m)= ( −1 ) m−1 n−12 2 .nBeweis (direkt, a2):Am Schluss des Beweises für den Übereinstimmungssatz (Seite 111) haben wirunter Verwendung des Standardhalbsystems <strong>und</strong> mit a anstelle von n durch Um-


116 Potenzreste 4.7n −1R−m − = n x − m yGP = ( m+1, )n+14 4n x − m y = n −1 m −Abbildung 4.1: Die Gitterpunktmengen G <strong>und</strong> R (für m = 19 <strong>und</strong> n = 11)Tatsächlich drängt sich nun die Vermutung auf, dass G als Durchschnitt von Rmit dem Parallelstreifen S : = {(x, y) ∈ Q 2 ; −m − ≤ n x − m y ≤ n − } punktsymmetrischzu dem Punkt P : = m+1( )4 , n+1 ist, der den Mittelpunkt des Rechtecksmit den Ecken (1, 1), (m − , 1) , (m − , n − ) , (1, n − ) in Q 2 darstellt. Da4mitD k (u) : = k+1 − u = k2− + 1 − u für k = m, n offensichtlich (D m (x), D n (y)) ∈ Rgenau dann erfüllt ist, wenn (x, y) ∈ R gilt, brauchen wir nur noch zu zeigen,dass auch (D m (x), D n (y)) ∈ S <strong>und</strong> (x, y) ∈ S äquivalent sind.Umformung des mittleren Teils der zu (D m (x), D n (y)) ∈ S gehörenden Ungleichungsketteergibt n D m (x) − m D n (y) = n m+1 − m n+1 − n x + m y =2 2n−m− n x + m y = n2− − m − − (n x − m y). Damit sind die Ungleichungsketten−m − ≤ n D m (x) − m D n (y) ≤ n − <strong>und</strong> −m − ≤ n − − m − − (n x − m y) ≤ n −gleichbedeutend. Subtrahieren wir nun bei beiden Ungleichungen der letzten Ketten − − m − <strong>und</strong> multiplizieren mit −1, wobei sich die Ungleichungsrichtungenändern, so erhalten wir die Ungleichungskette −m − ≤ n x − m y ≤ n − , die zu(x, y) ∈ S gehört. Da alle verwendeten Operationen umkehrbar sind, folgt dieÄquivalenz, die für die Punktsymmetrie von S <strong>und</strong> auch von G nachzuweisenwar.Setzen wir σ : Q 2→ Q 2 , (x, y) ↦→ (D m (x), D n (y)) , so ergibt eine einfacheRechnung, dass σ = σ −1 gilt <strong>und</strong> dass die Einschränkungsabbildung σ | R\G bi-


4.7 Potenzreste 117jektiv ist. Der einzige Fixpunkt P von σ liegt in S <strong>und</strong> gehört damit niemals zuR \ G. Deshalb lässt sich R \ G als Vereinigung von disjunkten zweielementigenMengen der Form {X, σ(X)} schreiben. Insbesondere gilt 2 | card R \ G, sodasscard R = card G + card R \ G ≡ card G (mod 2) folgt. Damit ist ( nm) ( mn)=(−1) card R = (−1) m − n − .Erster ErgänzungssatzFür jedes m ∈ U gilt(4.11)( −1)= ( −1 ) m−12 .mBeweis (direkt, r1):Wegen (−1) h k ≡ h k (−1) (mod m) für k = 1, . . . , m − ist ( −1m(−1) m −.) m∏−=k=1(−1) =Zweiter ErgänzungssatzFür jedes m ∈ U gilt( 2(4.12)=m) ( )[ m+1−1 4]= ( −1 ) 18 (m2 − 1) .Beweis (direkt, r1):Die Vielfachen 2 k der Zahlen k ∈ I m− liegen genau dann in der oberen Resthälfte{m − + 1, . . . , m − 1} <strong>und</strong> ergeben damit bei dem Standardhalbsystem aufgr<strong>und</strong>des Satzes über Halbsysteme (Seite 110) ein negatives Vorzeichen, wenn m+1 ≤4k ≤ m−1 ist.2Im Fall m ≡ 1 (mod 4) sind das die m−1gilt hier ( 2m)= (−1)m−14 .Für m ≡ 3 (mod 4) sind es die m+14( 2m)= (−1)m+14 .4Zahlen m−14+ 1, . . . , m−14Zahlen m+14 , . . . , m+14) [ m+1]= (−1) 4 zusammenfas-( 2Diese beiden Fälle lassen sich offensichtlich zumsen. Wegen 1 (m+1) (m−1)8 (m2 − 1) = ist2·4+ m−14 . Also+ m−3 . Nun folgt4


118 Potenzreste 4.7⎧m − 1(1 (m 2 − 1 ) ⎪⎨ 1 + 2 m − 1 )=448⎪⎩ m + 1(1 + 2 m − 3 )44für m ≡ 1 (mod 4),für m ≡ 3 (mod 4).Da beide Klammerfaktoren ungerade natürliche Zahlen sind, gilt 1 8 (m2 − 1) ≡[ m+1]4 (mod 2).Das folgende Beispiel für die Berechnung eines Legendre-Symbols mit Hilfe vonJacobi-Symbolen stammt aus [1]. Dort tritt auf Seite 452 nach dem zweitenGleichheitszeichen ein Fehler auf, der den Endwert falsch werden lässt. Wir gebenhier <strong>und</strong> bei dem Beweis des nächsten Satzes über den Gleichheitszeichen die letzteZiffer der jeweils verwendeten Formel an, nämlich 6 für die obere Kongruenzinvarianz,7 für obere Multiplikativität, 0 für das quadratische Reziprozitätsgesetz,1 für den ersten Ergänzungssatz <strong>und</strong> 2 für den zweiten Ergänzungssatz.( 20002) (7 2)( 10001) (20 134353) (= = (+1) (+1) 6 4340)7= =134353 134353 134353 10001 10001( 4)( 1085) (70 10001) (= (+1) (+1) 6 236) (7 4)( 59)70= ==10001 10001 1085 1085 1085 1085( 1085) ((+1) (+1) =6 23) (0 59) (= (−1) 6 13) (0 23)= − = − (+1) =65959 2323 13( −3) (7 −1)( 3) (10 13) (− = −= −(+1) (+1) 6 1= − = −1.13 13 1333)Da 134353 ∈ P gilt, ist 20002 quadratischer Nichtrest modulo 134353.Aus den beiden Ergänzungssätzen kann man entnehmen, dass −1 beziehungsweise2 genau für die Primzahlen p mit p ≡ 1 (mod 4) beziehungsweise mitp ≡ ±1 (mod 8) quadratischer Rest ist. Der folgende Satz über das Jacobi-Symbol ermöglicht es, diese Feststellung über die Restklassen der Primzahlen,für die eine gegebene ganze Zahl quadratischer Rest ist, zu verallgemeinern.Satz über untere KongruenzinvarianzIst a ∈ Z <strong>und</strong> sind m, n ∈ U mit ggT (a, m n) = 1 <strong>und</strong> m ≡ n (mod 4 |a|),so gilt( a( a(4.13)= .m)n)


120 Ordnungen, Primitivwurzeln <strong>und</strong> Indizes 4.8Beweis (direkt, r1):Aufgr<strong>und</strong> des Satzes über Kongruenzkürzung (Seite 91) lässt sich die Kongruenz(4.14) mit α 2 a multiplizieren, ohne dass die Lösungsmenge geändert wird. Wegenα 2 a 2 x 2 +α 2 a b x+α 2 a c = α 2 a 2 x 2 +2 α a b 1 x+α 2 a c = (α a x + b 1 ) 2 −b 2 1 +α 2 a cist dann (4.14) äquivalent mit (α a x + b 1 ) 2 ≡ b 2 1 − α 2 a c (mod m).Hat (4.14) eine Lösung x, so stellt y : = α a x + b 1 eine Lösung von (4.15) dar. Isty eine Lösung von (4.15), so besitzt α a x ≡ y − b 1 (mod m) aufgr<strong>und</strong> des Satzesüber die lineare Kongruenz (Seite 91) eine Lösung x, die auch (4.14) erfüllt.4.8 Ordnungen, Primitivwurzeln <strong>und</strong> IndizesZum Abschluss dieses Kapitels über Kongruenzen behandeln wir die am Anfangvon 4.7 erwähnten Ergebnisse aus dem dritten Abschnitt von [9].Im Folgenden seien a ∈ Z <strong>und</strong> m ∈ N 2 mit ggT (a, m) = 1. Die Menge {γ ∈ N 1 ;a γ ≡ 1 (mod m)} ist aufgr<strong>und</strong> des Kongruenzsatzes von Euler (Seite 99) nichtleer. Der Minimumsatz (Seite 11) sichert damit die Existenz eines eindeutigenMinimums.Bezeichnung der OrdnungDie Zahl min {γ ∈ N 1 ; a γ ≡ 1 (mod m)} heißt Ordnung von a modulo m. Siewird mit ord m (a) abgekürzt. 10Satz über die Ordnunga) Ist δ : = ord m (a), so sind die Zahlen 1, a 1 , . . . , a δ−1 modulo m inkongruent.b) Es gilt a γ ≡ a γ ′ (mod m) genau dann, wenn γ ≡ γ ′ (mod δ) ist.Insbesondere folgt, dass a γ ≡ 1 (mod m) <strong>und</strong> δ | γ äquivalent sind.c) Stets ist ord m (a) ein Teiler von ϕ(m).10 Ist δ : = ord m (a), so sagte man früher “a gehört modulo m zu dem Exponenten δ”.


4.8 Ordnungen, Primitivwurzeln <strong>und</strong> Indizes 121Beweis (Teil a) indirekt, sonst direkt, r1):a) Aus a l ≡ a k ( mod m) mit 0 ≤ k < l < δ würde aufgr<strong>und</strong> des Satzes über Kongruenzkürzung(Seite 91) a l−k ≡ 1 (mod m) mit 0 < l − k < δ im Widerspruchzur Definition von δ folgen.b) Aufgr<strong>und</strong> des Satzes über Division mit Rest (Seite 19) gibt es jeweils genauein Paar (q, r) ∈ Z × A δ beziehungsweise (q ′ , r ′ ) ∈ Z × A δ mit γ = δ q + rbeziehungsweise γ ′ = δ q ′ + r ′ . Damit folgt a γ ≡ ( a δ) qa r ≡ a r (mod m) <strong>und</strong>a γ ′ ≡ ( a δ) q ′ a r ′ ≡ a r ′ (mod m). Also gilt a γ ≡ a γ ′ (mod m) genau dann, wenna r ≡ a r ′(mod m) erfüllt ist, d.h. nach a), wenn r <strong>und</strong> r ′ gleich sind.c) Aus a ϕ(m) ≡ 1 (mod m) <strong>und</strong> b) mit γ = ϕ(m), γ ′ = 0 folgt δ | ϕ(m).Satz über Ordnungsbeziehungena) Für jedes n ∈ N 1 gilt(4.16) ord m (a n ) =ord m (a)ggT (n, ord m (a)) .b) Ist außerdem b ∈ Z mit ggT (b, m) = 1 <strong>und</strong> ggT (ord m (a), ord m (b)) = 1,so folgt(4.17) ord m (a b) = ord m (a) ord m (b).Beweis (direkt, a1):a) Es seien s : = ord m (a n ) , t : = ord m (a), d : = ggT (n, t), n ′ : = n d <strong>und</strong> t ′ : = t d .Es gilt (a n ) s ≡ a n s ≡ 1 ( mod m). Der Satz über die Ordnung (mit γ ′ = 0) liefertt | (n s), also t ′ | (n ′ s). Aufgr<strong>und</strong> des Produktteilersatzes (Seite 23) <strong>und</strong> wegenggT (n ′ , t ′ ) = 1 folgt t ′ | s.Analog erhält man (a n ) t ′ ≡ a d n ′ t ′ ≡ a t n ′ ≡ (a t ) n ′ ≡ 1 (mod m), also s | t ′ <strong>und</strong>zusammengefasst s = t ′ = t d .b) Es seien u : = ord m (a), v : = ord m (b) <strong>und</strong> w : = ord m (a b). Aus 1 ≡ (a b) w v ≡a v w b v w ≡ a v w (b v ) w ≡ a v w (mod m) folgt u | (v w), <strong>und</strong> wegen ggT (u, v) = 1gilt u | w. Mit 1 ≡ (a b) w u ergibt sich analog v | w <strong>und</strong> damit (u v) | w.Außerdem ist (a b) u v ≡ (a u ) v (b v ) u ≡ 1 (mod m). Also folgt w | (u v) <strong>und</strong> zusammengefasstw = u v.


122 Ordnungen, Primitivwurzeln <strong>und</strong> Indizes 4.8Definition der PrimitivwurzelSind a ∈ Z <strong>und</strong> m ∈ N 2 mit ggT (a, m) = 1, so heißt a Primitivwurzel (oderprimitive Wurzel) modulo m, wenn ord m (a) = ϕ(m) gilt.Als Beispiel betrachten wir das auf Seite 85 angegebene vollständige RestsystemR 7 ′ = {0, 3, 3 2 , 3 3 , 3 4 , 3 5 , 3 6 } . Wegen 3 1 ≡ 3 (mod 7), 3 2 ≡ 2 (mod 7), 3 3 ≡6 (mod 7), 3 4 ≡ 4 (mod 7), 3 5 ≡ 5 (mod 7) <strong>und</strong> 3 6 ≡ 1 (mod 7) ist 3 Primitivwurzelmodulo 7.Satz über Primitivwurzelna) Für jedes m ∈ {2, 4} ∪ { c p k ; c ∈ I 2 , p ∈ P 3 <strong>und</strong> k ∈ N 1}gibt es Primitivwurzelnmodulo m.b) Ist g eine Primitivwurzel modulo p für p ∈ P 3 , so sei{0 im Falle g p−1 ≢ 1 (mod p 2 ),t : =1, wenn g p−1 ≡ 1 (mod p 2 ) gilt.Dann ist g + p t Primitivwurzel modulo p k für jedes k ∈ N 2 . Stellt h einePrimitivwurzel modulo p k dar, so ist die ungerade der Zahlen h <strong>und</strong> h + p keine Primitivwurzel modulo 2 p k .Beweis (direkt, finite <strong>und</strong> vollständige Induktion, a2):a) Für m ∈ {2, 4} ist m − 1 eine Primitivwurzel modulo m. Es wird nun zuerstgezeigt, dass zu jedem p ∈ P 3 Primitivwurzeln existieren.Es sei D p : = { δ ∈ I p ; Es gibt a ∈ A ∗ p mit δ = ord p (a) } , <strong>und</strong> für τ : = kgV (D p )r∏sei τ = : die Primpotenzdarstellung. Dann existiert zu jedem s ∈ I r eink=1q e kkδ s ∈ D p mit qses | δ s . Es gibt also Zahlen c s ∈ N 1 <strong>und</strong> a s ∈ A ∗ p mit c s qs es = δ s =ord p (a s ) . Die Formeln (4.16) <strong>und</strong> (4.17) des Satzes über Ordnungsbeziehungen(Seite 121) ergeben nacheinander ord p (a css ) =δ sggT (c s , δ s ) = qes s<strong>und</strong> mit finiterInduktion ord p (a c 11 · · · a crr ) = τ. Wegen δ | τ für jedes δ ∈ D p gilt x τ ≡ 1 ( mod p)für alle x ∈ A ∗ p. Aufgr<strong>und</strong> des Polynomkongruenzsatzes von Lagrange (Seite 103)ist dann p − 1 ≤ τ. Der Satz über die Ordnung (Seite 120) ergibt τ | (p − 1) <strong>und</strong>damit τ = p − 1, d.h. a c 11 · · · a crrstellt eine Primitivwurzel modulo p dar.


4.8 Ordnungen, Primitivwurzeln <strong>und</strong> Indizes 123b) Da g Primitivwurzel modulo p ist, gilt g p−1 ≡ 1 (mod p). Für t = 0 ist danng p−1 = 1+p u 1 mit p ∤ u 1 . Im Fall t = 1 gilt (g+p) p−1 = g p−1 +(p−1) p g p−2 +p 2 v =1 + p ((p − 1) g p−2 + p v 1 ) = 1 + p u 1 ′ mit v, v 1 ∈ Z <strong>und</strong> p ∤ u 1.′Mit vollständiger Induktion erhalten wir nun(4.18) (g + p t) pα−1 (p−1) = 1 + p α u α mit p ∤ u α für alle α ∈ N 1 .Ist δ : = ord p k(g + p t), so ergibt sich (g + p t) δ ≡ 1 ( mod p k) <strong>und</strong> damit auch(g + p t) δ ≡ 1 (mod p). Da g + p t Primitivwurzel modulo p ist, folgt aufgr<strong>und</strong>des Satzes über die Ordnung (Seite 120), dass (p − 1) | δ gilt. Außerdem ist δ einTeiler von ϕ ( p k) = p k−1 (p − 1). Damit gibt es ein r ∈ I k mit δ = p r−1 (p − 1).Gleichung (4.18) mit α = r liefert(1 ≡ (g + p t) pr−1 (p−1) ≡ 1 + p r u ) r mod pk.Da p ∤ u r gilt, ergibt sich p r ≡ 0 ( mod p k) . Also folgt r = k <strong>und</strong> δ = ϕ ( p k) .Wegen ϕ ( p k) = ϕ ( 2 p k) für p ∈ P 3 ist jede ungerade Primitivwurzel modulo p kauch Primitivwurzel modulo 2 p k . Ist h eine gerade Primitivwurzel modulo p k ,so stellt h + p k eine ungerade Primitivwurzel modulo p k <strong>und</strong> damit auch modulo2 p k dar.Satz über ein PrimitivwurzelkriteriumIst m ∈ { c p k ; c ∈ I 2 , p ∈ P 3 <strong>und</strong> k ∈ N 1}<strong>und</strong> sind q1 , . . . , q r die verschiedenenPrimteiler von ϕ(m), so ist eine Zahl g ∈ Z mit ggT (g, m) = 1 genaudann eine Primitivwurzel modulo m, wennϕ(m)(4.19) g q igilt.≢ 1 (mod m) für jedes i ∈ I rBeweis (Zwei Teile, i) direkt, ii) indirekt, r1):i) Es sei g eine Primitivwurzel modulo m. Dann ist ord m (g) = ϕ(m), d.h. ggenügt (4.19).ii) Die Zahl g erfülle (4.19). Wäre δ : = ord m (g) < ϕ(m), also ϕ(m) ∈ Nδ 2 , so( ) ϕ(m)existierte zu q : = kP ein n ∈ Nδ1 mit ϕ(m) = q n. Damit ergäbe sichδϕ(m)ϕ(m)= δ n, also g qq≡ g δ n ≡ ( g δ) n≡ 1 (mod m) - im Widerspruch zurVoraussetzung.


124 Ordnungen, Primitivwurzeln <strong>und</strong> Indizes 4.8Als Beispiele bringen wir die direkt nachzuprüfenden PrimitivwurzelmengenP p : = { g ∈ A ∗ p ; ord p (g) = p − 1 }für p = 3, 5, 7, 11: P 3 = {2}, P 5 = {2, 3}, P 7 = {3, 5} <strong>und</strong> P 11 = {2, 6, 7, 8}.Es gibt bisher kein effizientes Verfahren zur Bestimmung von Primitivwurzeln.Deshalb muss jeweils eine Primitivwurzel durch Probieren gef<strong>und</strong>en werden. DerSatz über Indizes (Seite 128) enthält auch eine Methode, mit der sich zu einerPrimitivwurzel aus P p alle übrigen aus P p systematisch berechnen lassen.Der Satz über ein Primitivwurzelkriterium liefert nur eine Testmöglichkeit, weilweitgehend unzusammenhängende Potenzen zu berechnen sind <strong>und</strong> weil im Falleeines Misserfolgs keine weiteren Zahlen ohne zusätzliche Rechnung ausgeschlossenwerden können.Zum Beispiel für p = 11 mit ϕ(11) = 10 <strong>und</strong> q 1 = 2, q 2 = 5 ist g genau dannPrimitivwurzel, wenn g 2 ≢ 1 (mod 11) <strong>und</strong> g 5 ≢ 1 (mod 11) gilt. Der ersteVersuch mit g = 2 ergibt 2 1 ≡ 2, 2 2 ≡ 4, 2 4 ≡ 5 <strong>und</strong> 2 5 ≡ 10. Also ist 2Primitivwurzel modulo 11.Für den allgemeinen Fall der Berechnung einer Primitivwurzel modulo p mitp ∈ P 3 skizzieren wir die von Gauß in Artikel 73 von [9] angegebene Methode,weil bis heute keine wesentlich bessere gef<strong>und</strong>en wurde. Sie beruht darauf, dasszu jedem a ∈ A ∗ p mit ord p (a) < p − 1 eine Zahl c ∈ A ∗ p mit ord p (a) | ord p (c) <strong>und</strong>ord p (a) < ord p (c) angegeben werden kann.Es sei t : = ord p (a) <strong>und</strong> C p, a : = { h ∈ A ∗ p ; Es gibt k ∈ I t mit h ≡ a k (mod p) } .Aufgr<strong>und</strong> des Satzes über die Ordnung (Seite 120) ist card C p, a = t, <strong>und</strong> für jedesh ∈ C p, a gilt h t ≡ ( a k) t≡ (a t ) k ≡ 1 (mod p), sodass ord p (h) ein Teiler von t ist.Alle Zahlen h ∈ C p, a sind inkongruente Lösungen der Kongruenz x t ≡ 1 ( mod p),<strong>und</strong> der Polynomkongruenzsatz von Lagrange (Seite 103) ergibt, dass A ∗ p keineweiteren Lösungen enthält. Für jedes b ∈ A ∗ p \ C p, a gilt also ord p (b) ∤ t.Es werde u : = ord p (b) gesetzt. Ist das obige t ein Teiler von u, so kann c : = bgewählt werden. Andernfalls sei v : = kgV (t, u),m : = ∏ {p γ ′ pmit γ ′ ν p (t), wenn ν p (t) ≥ ν p (u),p : =0 sonst <strong>und</strong>p∈Pn : = ∏ {p γ ′′pmit γ ′′ ν p (u), wenn ν p (t) < ν p (u),p : =0 sonst.p∈P


4.8 Ordnungen, Primitivwurzeln <strong>und</strong> Indizes 125Aufgr<strong>und</strong> des Satzes über die ggT- <strong>und</strong> kgV-Darstellung (Seite 54) sowie desTeilbarkeitssatzes (Seite 53) gilt dann v = m n, ggT (m, n) = 1, m | t <strong>und</strong>( t ) ( u )n | u. Mit (4.16) folgt, dass ord p a m = m <strong>und</strong> ordp b n = n erfüllt ist, <strong>und</strong>(4.17) liefert ord p(atm b u n)= m n = v. Wegen t | v <strong>und</strong> t < v kann also c : =mod ( a t m b u n , p ) gesetzt werden.Man beginnt die Suche nach einer Primitivwurzel in A ∗ p mit a = 2, wählt im Falleord p (a) < p − 1 die Zahl b möglichst klein, bestimmt c, wenn ord p (b) < p − 1 gilt,<strong>und</strong> fährt mit a : = c fort, solange ord p (c) < p − 1 ist.Gauß wählte als Beispiel p = 73, weil dieses die kleinste Primzahl ist, bei der dreiDurchläufe benötigt werden. Die Mengen C 73, a der sukzessiven Potenzreste sindC 73, 2 = {2, 4, 8, 16, 32, 64, 55, 37, 1}, C 73, 3 = {3, 9, 27, 8, 24, 72, 70, 64, 46, 65, 49, 1}<strong>und</strong> C 73, 54 = {54, 69, 3, 16, 61, 9, 48, 37, 27, 71, 38, 8, 67, 41, 24, 55, 50, 72, 19, 4, 70,57, 12, 64, 25, 36, 46, 2, 35, 65, 6, 32, 49, 18, 23, 1}, wobei sich 54 wegen ord 73 (2) =9, ord 73 (3) = 12, kgV (9, 12) = 36 = 9 · 4 als 2 9 9 3 12 4 ergibt. Die kleinste Zahlaus A ∗ 73 \ C 73, 54 ist 5. Da in C 73, 54 genau die zu A ∗ 73 gehörenden Lösungen vonx 36 ≡ 1 (mod 73) liegen, ist 5 36 ≢ 1 (mod 73). Deshalb muss aufgr<strong>und</strong> des Satzesüber ein Primitivwurzelkriterium nur noch mod (5 24 , 73) bestimmt werden.Dazu berechnet man C 73, 5 bis zum 24. Glied <strong>und</strong> findet mod (5 24 , 73) = 8. Damit(<strong>und</strong> weil 2 <strong>und</strong> 3 in C 73, 54 liegen) ist 5 die kleinste Primitivwurzel in A ∗ 73.Periodenlängen von g-adischen BrüchenDie Dezimalbruchentwicklungen 1 7 = 0, 142857, 27 = 0, 285714, 37 =40, 428571,7 = 0, 571428, 57 = 0, 714285 <strong>und</strong> 6 = 0, 857142 zeigen ein7Phänomen, das nur bei wenigen g-adischen Bruchentwicklungen auftritt:8245 71Die Ziffern der Perioden gehen durch“zyklische Vertauschung” auseinanderhervor, d. h. bei Anordnung auf einemKreis ist die Reihenfolge der Ziffernstets dieselbe (siehe nebenstehende Abbildung).Um die wesentlichen Zusammenhänge kurz darstellen zu können, beschrän-


126 Ordnungen, Primitivwurzeln <strong>und</strong> Indizes 4.8ken wir uns auf die g-adische Entwicklung von Brüchen a b mit a ∈ N 1,b ∈ N 2 , a < b, ggT (a, b) = 1, g ∈ N 2 <strong>und</strong> ggT (b, g) = 1. In [20] werdeng-adische Bruchentwicklungen ausführlich behandelt.Die schon zum Lehrplan der Sek<strong>und</strong>arstufe I gehörende Methode der Umwandlungeines Bruches a in einen Dezimalbruch führt zum g-adischenbDivisionsalgorithmus, bei dem man zunächst a durch b mit Rest dividiert<strong>und</strong> anschließend wiederholt den jeweils mit g multiplizierten Restdurch b mit Rest teilt. Die bei den Divisionen entstehenden g-adischen Ziffernbezeichnen wir für n ∈ N 1 mit z n <strong>und</strong> die Reste mit r n . Wegen derobigen Voraussetzung a < b ist die ganze Zahl “vor dem Komma” gleich0, <strong>und</strong> für den zugehörigen “nullten” Rest gilt r 0 = a.Mit der Eindeutigkeitsaussage des Satzes über Division mit Rest (Seite19) <strong>und</strong> mit den anschließenden Bezeichnungen erhalten wir die Rekursionsgleichungen[ g rn](4.20) r 0 = a, r n+1 = mod (g r n , b) <strong>und</strong> z n+1 = für n ∈ N.bDa bei festem g <strong>und</strong> b jeder Rest nur von dem vorhergehenden abhängt <strong>und</strong>da alle Reste in A b liegen, ergibt der Schubfachsatz (Seite 85), dass zweiZahlen j, k mit 0 ≤ j < k ≤ b <strong>und</strong> r j = r k existieren. Mit vollständigerInduktion folgt, dass r j+n = r k+n für alle n ∈ N gilt. Damit sind (r n ) n∈N<strong>und</strong> (z n+1 ) n∈Nperiodische Folgen.Unter der Voraussetzung ggT (b, g) = 1 zeigen wir, dass j = 0 gilt, womit(r n ) n∈N<strong>und</strong> (z n+1 ) n∈Nreinperiodische Folgen darstellen. Dazu verwendenwir die aus (4.20) folgenden Gleichungen g r j−1 = z j b + r j <strong>und</strong>g r k−1 = z k b + r k . Mit r j = r k erhalten wir g (r j−1 − r k−1 ) = b (z j − z k ) ,sodass b | g (r j−1 − r k−1 ) gilt. Aufgr<strong>und</strong> der Voraussetzung ggT (b, g) = 1ergibt der Produktteilersatz (Seite 23), dass b Teiler von r j−1 − r k−1 ist.Wegen |r j−1 − r k−1 | < b muss also r j−1 = r k−1 sein. Mit finiter Induktionfolgt r 0 = r k−j , sodass die Periodizitätsaussage mit j = 0 <strong>und</strong> mit k − janstelle von k erfüllt ist.Die Zahlγ : = min {k ∈ N 1 ; z k+m = z k für alle m ∈ N 1 }wird als Gr<strong>und</strong>periodenlänge der g-adischen Bruchentwicklung von a bbezeichnet. Die obigen Schlüsse für den Periodizitätsnachweis von (r n ) n∈N<strong>und</strong> (4.20) zeigen, dass γ = min {k ∈ N 1 ; r k = r 0 } gilt. Mit vollständigerInduktion leiten wir nun eine Darstellung für r k her, die es erlaubt,die Bedingung r k = r 0 nur mit Hilfe von b, g <strong>und</strong> k auszudrücken. Ist{M: = k ∈ N ; r k = a g k ∑− b k }z i g k−i die Induktionsmenge, so gilt 0 ∈i=1M wegen r 0 = a, <strong>und</strong> für jedes m ∈ M ergibt sich m + 1 ∈ M mit Hilfe


4.8 Ordnungen, Primitivwurzeln <strong>und</strong> Indizes 127der aus (4.20) folgenden Gleichung r m+1 = g r m − b z m+1 . Also ist M = N.Damit gilt r k = r 0 genau dann, wenn a ( g k − 1 ) ∑= b k z i g k−i erfüllt ist.Wegen der Voraussetzung ggT (a, b) = 1 muss aufgr<strong>und</strong> des Produktteilersatzesb | ( g k − 1 ) gelten, <strong>und</strong> es folgt{}(4.21) γ = min k ∈ N 1 ; g k ≡ 1 (mod b) = ord b (g).Unser Ausgangsproblem der zyklisch vertauschten Ziffern können wir nunklären, wenn wir beachten, dass r 0 = a gilt. Gehört zu der g-adischenBruchentwicklung von a b die Restfolge (r n) n∈N, so hat r sfür jedes s ∈ N b 1die Restfolge (r n+s ) n∈N. Die Bruchentwicklung von r t+1geht also für jedesbt ∈ N 1 aus derjenigen von r tdurch Verschiebung der Ziffern um einebStelle nach links hervor, was für die Periode eine zyklische Vertauschungbedeutet.Sollen die Gr<strong>und</strong>perioden der Entwicklungen aller Brüche c b mit c ∈ I b−1durch zyklische Vertauschung entstehen, so muss jede der Zahlen aus I b−1als Rest vorkommen. Wegen (4.21) gilt dann ord b (g) = b − 1. Der Satzüber die Ordnung (Seite 120) <strong>und</strong> der Satz über die Eulersche ϕ-Funktion (Seite 98) ergeben b − 1 = ord b (g) ≤ ϕ(b) ≤ b − 1. Also musseinerseits ϕ(b) = b − 1 <strong>und</strong> andererseits ord b (g) = ϕ(b) sein.Für alle b ∈ N 2 \ P giltϕ(b) = b ∏ p∈Pp|b(1 − 1 )pi=1(≤ b 1 − 1 )= b − bkP (b) kP (b) < b − 1.Deshalb ist ϕ(b) = b−1 nur für b ∈ P erfüllt. Die Gleichung ord b (g) = ϕ(b)bedeutet definitionsgemäß, dass g eine Primitivwurzel modulo b ist.Zusammenfassend haben wir also unter den anfangs genannten Bedingungenfür a, b <strong>und</strong> g, dass die g-adische Bruchentwicklung von a genau dannbdie maximale Gr<strong>und</strong>periodenlänge γ = b − 1 besitzt, wenn b ∈ P ist <strong>und</strong>g eine Primitivwurzel modulo b darstellt. Nur in diesem Falle gehen dieGr<strong>und</strong>perioden der g-adischen Entwicklungen aller Brüche c b mit c ∈ I b−1durch zyklische Vertauschung auseinander hervor.Für g = 10 tritt diese Situation ein, wenn b ∈ {7, 17, 19, 23, 29, 47, . . .} ist.Vermutlich gibt es zu jedem g ∈ N 2 mit √ g ∉ N unendlich viele Primzahlenb, sodass g Primitivwurzel modulo b ist (“Artinsche Vermutung”).Wir schließen dieses Kapitel mit einem Begriff, dessen Bedeutung Gauß in Artikel57 von [9] durch Vergleich mit den Logarithmen hervorhebt.


128 Ordnungen, Primitivwurzeln <strong>und</strong> Indizes 4.8Bezeichnung der IndizesEs sei m ∈ { c p k ; c ∈ I 2 , p ∈ P 3 <strong>und</strong> k ∈ N 1}<strong>und</strong> g sei eine Primitivwurzelmodulo m. Ist a ∈ Z mit ggT (a, m) = 1, so heißt die eindeutig bestimmteZahl γ ∈ A ϕ(m) mit a ≡ g γ (mod m) Index von a modulo m (zur Basis g).Sie wird mit ind g a oder kurz mit ind a bezeichnet.Satz über IndizesEs sei m ∈ { c p k ; c ∈ I 2 , p ∈ P 3 <strong>und</strong> k ∈ N 1}<strong>und</strong> a ∈ Z mit ggT (a, m) = 1.Ist n ∈ N 2 <strong>und</strong> d : = ggT (n, ϕ(m)), so gilt:a) Die Kongruenz x n ≡ a (mod m) ist genau dann lösbar (<strong>und</strong> a ist dannn-ter Potenzrest modulo m), wenn ind g a durch d teilbar ist. Im Falle derLösbarkeit hat die Kongruenz d Lösungen.b) Die Zahl a ist genau dann n-ter Potenzrest modulo m, wenn a ϕ(m)d ≡1 ( mod m) gilt. Die Anzahl der n-ten Potenzreste in einem reduzierten Restsystemmodulo m ist ϕ(m)d .c) Zwischen dem Index ind g a <strong>und</strong> der Ordnung ord m (a) modulo m besteht dieϕ(m)Beziehung ord m (a) =ggT (ind g a, ϕ(m)) . Insbesondere ist ggT (ind ga, ϕ(m))unabhängig von der Primitivwurzel g, <strong>und</strong> a ist Primitivwurzel modulo mgenau dann, wenn ggT (ind g a, ϕ(m)) = 1 gilt.d) Stellt R ∗ m ein reduziertes Restsystem modulo m dar <strong>und</strong> ist ϑ ein Teiler vonϕ(m), so gilt card {a ∈ R ∗ m ; ord m (a) = ϑ} = ϕ(ϑ). Insbesondere ist ϕ(ϕ(m))die Anzahl der Primitivwurzeln in R ∗ m.Beweis (direkt, a1):a) Aufgr<strong>und</strong> des Satzes über die Ordnung (Seite 120) ist x n ≡ a (mod m) wegenx n ≡ ( g ind x) n(mod m) <strong>und</strong> a ≡ gind a (mod m) äquivalent zu n ind x ≡ind a (mod ϕ(m)). Ersetzt man ind x durch y, so ergibt der Satz über die Lösungsanzahlder linearen Kongruenz (Seite 101), dass n y ≡ ind a (mod ϕ(m))genau dann lösbar ist, wenn d | ind a gilt. Falls n y ≡ ind a (mod ϕ(m)) lösbarist, gibt es d modulo ϕ(m) inkongruente Werte für y. Ihnen entsprechen d modulom inkongruente Werte für x, weil es zu jeder Lösung y ein x ∈ A ∗ m gibt, sodassind x eine zu y modulo ϕ(m) kongruente Lösung darstellt.


4.8 Ordnungen, Primitivwurzeln <strong>und</strong> Indizes 129b) Die Bedingung d | ind a aus i) ist äquivalent zu ϕ(m) ind a ≡ 0 (mod ϕ(m))d<strong>und</strong> damit zu a ϕ(m)d ≡ 1 (mod m).In A ϕ(m) ist die Anzahl der durch d teilbaren Elemente gleich ϕ(m) . Wegen a) istddieses auch die Anzahl der n-ten Potenzreste in jedem reduzierten Restsystemmodulo m.c) Wird δ : = ord m (a) gesetzt, so ist δ der kleinste Teiler von ϕ(m) mit a δ ≡1 (mod m). Die Kongruenz ist äquivalent mit δ ind a ≡ 0 (mod ϕ(m)), also mitϕ(m)∣ ind a. Damit ist ϕ(m) der größte Teiler von ϕ(m), der auch ind a teilt, d. h.δδes gilt ϕ(m) = ggT (ind a, ϕ(m)).δd) In der Indexmenge A ϕ(m) haben die durch ϕ(m) teilbaren Zahlen die Formϑ ( )ϕ(m)ϑy mit y ∈ A ϕ(m)ϑ. Die aus c) folgende Bedingung ggTϑ y, ϕ(m) = ϕ(m)ϑist äquivalent mit ggT (y, ϑ) = 1. Dieser Forderung genügen genau die ϕ(ϑ) Wertey ∈ A ∗ ϑ .Wegen des großen Nutzens der Indizes für zahlentheoretische Untersuchungenwurde 1839 von C. G. J. Jacobi eine Sammlung von Indextafeln für alle Modulnm unterhalb 1000, zu denen Primitivwurzeln existieren, herausgegeben. Da diesesschon lange vergriffene Werk mit dem Titel “Canon Arithmeticus” zahlreicheFehler enthielt, erschien 1956 eine vollständig neu berechnete <strong>und</strong> erweiterte Ausgabe.Die Indizes werden dabei mit Hilfe der ebenfalls abgedruckten “Numerustafeln”bestimmt, die zu den Argumenten I ∈ I ϕ(m) die Werte N : = mod ( g I , m )enthalten, wobei g die kleinste positive Primitivwurzel modulo m ist.Als Beispiel folgen die Numerustafel <strong>und</strong> die Indextafel für p = 11 mit g = 2.I 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10N 2 4 8 5 10 9 7 3 6 1N 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10I 10 1 8 2 4 9 7 3 6 5Die Indizes sind modulo ϕ(m) “multiplikativ”: Aus a ≡ g ind a (mod m) <strong>und</strong> b ≡g ind b (mod m) folgt nämlich a b ≡ g ind a+ind b (mod m), also ind (a b) ≡ ind a +ind b (mod ϕ(m)). Deshalb heißen die Indizes auch diskrete Logarithmen.


130 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme 4.94.9 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme zu Kapitel 4Aufgabe 4.1:Es sei n ∈ N 1 <strong>und</strong> M sei eine Teilmenge von {1, 2, . . . , 2n} mit card M = n + 1.Beweisen Sie, dass es zwei Zahlen a, b ∈ M mit a ≠ b <strong>und</strong> a | b gibt.[Hinweis: Schreiben Sie die Zahlen aus M in der Form 2 k u mit 2 ∤ u, <strong>und</strong> wendenSie den Schubfachsatz an.]Aufgabe 4.2:a) Es sei p ∈ P <strong>und</strong> a ∈ N 1 mit a < p. Zeigen Sie, dass ax ≡ b (mod p) die(Lösung x ≡ (−1) a−1 bc (mod p) mit c : = 1 p−1a a−1)∈ N1 besitzt.( ) (p[Hinweis: Beachten Sie, dassa =p p−1a a−1)gilt.]b) Lösen Sie die Kongruenz 256 x ≡ 179 (mod 337) mit Hilfe des Kettenbruchalgorithmus.Aufgabe 4.3:Beweisen Sie die folgenden Aussagen:i) m 7 ≡ m (mod 42) für alle m ∈ Z,ii) 3 m 5 + 5 m 3 ≡ 8 m (mod 15) für alle m ∈ Z,iii) 3 · 5 2n+1 + 2 3n+1 ≡ 0 (mod 17) für alle n ∈ N.Aufgabe 4.4:Lösen Sie das folgende Kongruenzsystem:x ≡ 1 (mod 3), x ≡ 4 (mod 5), x ≡ 2 (mod 7), x ≡ 9 (mod 11), x ≡ 3(mod 13).Aufgabe 4.5:Es sei p ∈ P 3 <strong>und</strong> i −1 sei zu i modulo p assoziiert. Beweisen Sie die Kongruenzp−1∑(−1) i+1 i −1 ≡ 2p −2pi=1(mod p).[Hinweis: Drücken Sie die rechte Seite mit Hilfe von Binomialkoeffizienten aus<strong>und</strong> beachten Sie Aufgabe 4.2.]


4.9 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme 131Aufgabe 4.6:Es sei n ∈ N 2 . Zeigen Sie, dass ω(n 2 + 2n) = 2 genau dann gilt, wenn4 (n − 1)! + n + 4 ≡ 0 (mod (n 2 + 2n)) erfüllt ist.Aufgabe 4.7:Es seien m, n ∈ N 2 mit ggT(m, n 2 − n) = 1. Weisen Sie nach, dass es ein k ∈( ∑k){1, . . . , m − 2} gibt, für das m |i=0 ni gilt.Aufgabe 4.8:Es sei p ∈ P 5 <strong>und</strong> p−2 ∑k=0c k x k : = p−1 ∏(x − j) − x p−1 + 1. Beweisen Sie, dass p | c k fürj=1k = 2, . . . , p − 2 <strong>und</strong> p 2 | c 1 gilt.[Hinweis: Sie können x = p setzen, nachdem Sie den Polynomkongruenzsatz vonLagrange <strong>und</strong> den Fermatschen Kongruenzsatz angewendet haben.]Aufgabe 4.9:Berechnen Sie die Zahlen a ∈ A 5 , b ∈ A 7 <strong>und</strong> c ∈ A 11 , für die {x ∈ Z ; x ≡ 348(mod 385)} die Lösungsmenge des Kongruenzsystemsdarstellt.Aufgabe 4.10:a x ≡ −1 (mod 5), b x ≡ 2 (mod 7), c x ≡ −3 (mod 11)Lösen Sie die Kongruenzen i) x 2 ≡ 5 (mod 19) <strong>und</strong> ii) x 2 ≡ 5 (mod 29).Aufgabe 4.11:Bestimmen Sie unter Verwendung des Jacobi-Symbols die Anzahl der Lösungender Kongruenzen i) x 2 ≡ 3766 (mod 5987) <strong>und</strong> ii) x 2 ≡ 3149 (mod 5987).Aufgabe 4.12:i) Zeigen Sie, dass ( dp)= 1 für alle (d, p) ∈ Z × P mit p ≡ 1 (mod 4) <strong>und</strong>d ∣ ∣ p−14gilt.ii) Bestimmen Sie alle Primzahlen p, für die ( 6p)= −1 ist.Aufgabe 4.13:Zeigen Sie, dass ( −5p)= (−1)[ p10]für alle p ∈ P \ {2, 5} gilt.


132 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme 4.9Aufgabe 4.14:Beweisen Sie, dass p−1 ∑j=1( j(j+k))p = −1 für alle (k, p) ∈ Z × P3 mit p ∤ k gilt.[Hinweis: Nehmen Sie die reziproken Reste von j modulo p zu Hilfe.]Aufgabe 4.15:Beweisen Sie, dass p ∣ p−1 ∑k=1(( ))k1 + kpn für alle (p, n) ∈ P 3 × N 1 mit p−12∤ n gilt.[Hinweis: Zeigen Sie zunächst, dass es ein g ∈ Z mit ( gp)= 1 <strong>und</strong> gn ≢ 1 (mod p)gibt.]Aufgabe 4.16:Zeigen Sie, dass (am+2a<strong>und</strong> ggT(a, m) = 1 gilt.) ( ) [ ]a (= − 1 2 a)m für alle (a, m) ∈ N1 × N 3 mit 2 ∤ mDie nächsten vier Probleme stammen aus dem B<strong>und</strong>eswettbewerb <strong>Mathematik</strong>,die übrigen wurden bei der Internationalen <strong>Mathematik</strong>olympiade gestellt.Problem 34:Man beweise, dass jede natürliche Zahl k ( k > 1 ) ein Vielfaches besitzt, daskleiner als k 4 ist <strong>und</strong> im Zehnersystem mit höchstens vier verschiedenen Zifferngeschrieben wird.Problem 35:Die Folge z 0 , z 1 , z 2 , . . . wird rekursiv definiert durch z 0 : = 0,z n : = z n−1 + 1 2 (3r − 1) , wenn n = 3 r−1 (3k + 1) ist, <strong>und</strong>z n : = z n−1 − 1 2 (3r + 1) , wenn n = 3 r−1 (3k + 2)jeweils für geeignete ganze Zahlen r, k ist.Man beweise: In dieser Folge tritt jede ganze Zahl genau einmal auf.Problem 36:Kann man aus 100 beliebig gegebenen ganzen Zahlen stets 15 Zahlen derartauswählen, dass die Differenz zweier beliebiger dieser 15 Zahlen durch 7 teilbarist? Wie lautet die Antwort, wenn 15 durch 16 ersetzt wird? (Beweis!)


4.9 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme 133Problem 37:Beweise: Unter 79 aufeinanderfolgenden natürlichen Zahlen gibt es stets mindestenseine, deren Quersumme durch 13 teilbar ist. Zeige durch ein Gegenbeispiel,dass sich hierbei die Zahl 79 nicht durch die Zahl 78 ersetzen lässt.Problem 38:Die positiven ganzen Zahlen a <strong>und</strong> b sind derart, dass die Zahlen 15a + 16b <strong>und</strong>16a − 15b beide Quadrate von positiven ganzen Zahlen sind. Man bestimme denkleinsten möglichen Wert, den das Minimum dieser beiden Quadrate annehmenkann.Problem 39:Es sei n eine natürliche Zahl größer als 6 <strong>und</strong> es seien a 1 , a 2 , . . . , a k alle diejenigennatürlichen Zahlen, die kleiner als n <strong>und</strong> teilerfremd zu n sind. Man beweise: Fallsa 2 − a 1 = a 3 − a 2 = . . . = a k − a k−1 > 0, dann ist n entweder eine Primzahl odereine Potenz von 2 mit natürlichem Exponenten.Problem 40:Sei d eine positive ganze Zahl ungleich 2, 5, 13. Man zeige, dass es in der Menge{2, 5, 13, d } zwei verschiedene Elemente a, b gibt, für die ab − 1 keine Quadratzahlist.Problem 41:Es sei M eine Menge aus 1985 verschiedenen positiven ganzen Zahlen. Keinedieser Zahlen hat einen Primteiler größer als 26. Man beweise: In M gibt esvier paarweise verschiedene Elemente, für die ihr Produkt die vierte Potenz einerganzen Zahl ist.Problem 42:Man finde ein Paar a, b positiver ganzer Zahlen, die folgenden Bedingungengenügen:(1) Die Zahl ab(a + b) ist nicht durch 7 teilbar,(2) (a + b) 7 − a 7 − b 7 ist durch 7 7 teilbar.Begründe die Antwort!


134 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme 4.9Problem 43:Gibt es 1983 verschiedene positive ganze Zahlen kleiner oder gleich 10 5 , unter denenkeine drei die aufeinanderfolgenden Glieder einer arithmetischen Folge sind?(Die Antwort ist zu begründen.)Problem 44:Es seien m <strong>und</strong> n natürliche Zahlen mit 1 ≤ m, n ≤ 1981.Es gelte (n 2 − m n − m 2 ) 2 = 1. Man bestimme den maximalen Wert von m 2 + n 2 .Problem 45:a) Für welche Werte von n > 2 gibt es n aufeinanderfolgende positive ganzeZahlen so, dass die größte dieser Zahlen ein Teiler des kleinsten gemeinsamenVielfachen der übrigen n − 1 Zahlen ist?b) Für welche Werte von n > 2 gibt es genau eine Folge mit dieser Eigenschaft?Problem 46:Seien p <strong>und</strong> q natürliche Zahlen, sodass p q = 1 − 1 2 + 1 3 − 1 4 + . . . − 11318 + 11319gilt. Man beweise, dass p durch 1979 teilbar ist.Problem 47:Bei einem Sportwettkampf wurden m Medaillen im Laufe von n Tagen (n > 1)verliehen.Am 1. Tage wurden eine Medaille <strong>und</strong> 1 der übrigen m−1, am 2. Tage 2 Medaillen7<strong>und</strong> 1 des nun verbliebenen Restes verliehen usw. Schließlich wurden am n-ten7Tage gerade n Medaillen vergeben, ohne dass noch welche übrig blieben. WievielTage dauerte der Wettkampf, <strong>und</strong> wieviel Medaillen wurden insgesamt verliehen?Problem 48:Man beweise, dass die Folge (2 n+2 − 3) n∈Nmindestens eine unendliche Teilfolgemit paarweise teilerfremden Elementen enthält.Problem 49:Es seien m <strong>und</strong> n beliebige nichtnegative ganze Zahlen. Es ist zu zeigen, dass(2m)! (2n)!mit 0! = 1 eine ganze Zahl ist.m! n! (m+n)!


4.9 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme 135Problem 50:Es sei A die Summe der Ziffern der im dekadischen Zahlensystem dargestelltenZahl 4444 4444 . Es sei B die Summe der Ziffern von A. Man berechne die Summeder Ziffern von B. (Alle Zahlen sind im dekadischen Zahlensystem dargestellt.)Problem 51:Man bestimme den größten Wert des Produktes positiver ganzer Zahlen, derenSumme 1976 ist.Problem 52:Eine Zahlenfolge u 0 , u 1 , u 2 , . . . sei wie folgt definiert:u 0 = 2, u 1 = 5 2 , u n+1 = u n(u2n−1 − 2 ) − u 1 , n = 1, 2, . . . .Man zeige, dass [u n ] = 2 1 3 (2n −(−1) n) gilt, n = 1, 2, . . . .[x] bezeichnet die größte ganze Zahl, die nicht größer als x ist.Problem 53:Es seien a <strong>und</strong> b natürliche Zahlen, für die ab + 1 ein Teiler von a 2 + b 2 ist. Manzeige, dass dann a2 +b 2ab+1Problem 54:das Quadrat einer ganzen Zahl darstellt.Man bestimme alle natürlichen Zahlen n > 1, für die (2 n + 1) n −2 eine ganze Zahlist.Problem 55:Es sei S = {1, 2, . . . , 280}. Man bestimme die kleinste natürliche Zahl n mitfolgender Eigenschaft: In jeder n-elementigen Teilmenge von S gibt es 5 Elemente,die paarweise teilerfremd sind.Problem 56:Man bestimme alle geordneten Paare (m, n) von natürlichen Zahlen, sodass n3 +1mn−1eine natürliche Zahl ist.Problem 57:Man bestimme alle ganzen Zahlen a, b, c mit 1 < a < b < c, sodass(a − 1)(b − 1)(c − 1) ein Teiler von abc − 1 ist.


136 Aufgaben <strong>und</strong> Probleme 4.9Problem 58:Für eine beliebige natürliche Zahl k sei f(k) die Anzahl jener Elemente in derMenge {k + 1, k + 2, . . . , 2k}, deren Binärdarstellung genau drei Einsen enthält.a) Man zeige: Zu jeder natürlichen Zahl m gibt es wenigstens eine natürliche Zahlk, sodass f(k) = m ist.b) Man bestimme alle natürlichen Zahlen m, für die es genau ein k mit f(k) = mgibt.Problem 59:Man zeige, dass für keine natürliche Zahl n die Zahlist.Problem 60:n∑k=0( 2n+12k+1)2 3k durch 5 teilbarFür jede natürliche Zahl n bezeichne s(n) die größte natürliche Zahl, für die gilt:Für jede natürliche Zahl k mit k ≤ s(n) lässt sich die Zahl n 2 als Summe vongenau k Quadraten natürlicher Zahlen schreiben.a) Man beweise s(n) ≤ n 2 − 14 für jedes n ≥ 4.b) Man gebe eine ganze Zahl n mit s(n) = n 2 − 14 an.c) Man beweise, dass es unendlich viele ganze Zahlen n mit s(n) = n 2 − 14 gibt.Problem 61:Zu Beginn ist eine natürliche Zahl n 0 > 1 gegeben. Zwei Spieler A <strong>und</strong> B wählenabwechselnd natürliche Zahlen n 1 , n 2 , n 3 , . . . nach den folgenden Regeln: Nachder k-ten R<strong>und</strong>e kennt A die Zahl n 2k <strong>und</strong> wählt n 2k+1 derart, dass n 2k ≤ n 2k+1 ≤n 2 2kist, k = 0, 1, . . . .Kennt nun B die natürliche Zahl n 2k+1 , dann wählt er die natürliche Zahl n 2k+2derart, dass n 2k+1= p r , wobei p eine Primzahl <strong>und</strong> r ≥ 1 eine natürliche Zahlist.n 2k+2Der Spieler A gewinnt das Spiel, sobald er die Zahl 1990, B gewinnt, sobald erdie Zahl 1 wählt. Für welche n 0 kanna) A einen Gewinn erzwingen,b) B einen Gewinn erzwingen <strong>und</strong>c) keiner der Spieler einen Gewinn erzwingen?


Kapitel 5Ergänzungen5.1 Die Faltung zahlentheoretischer FunktionenDie folgenden speziellen Abbildungen von N 1 in eine Zahlenmenge wurden bisherals zahlentheoretische Funktionen eingeführt: die Teileranzahlfunktion d (Seite18), die Anzahlfunktion der Primteiler ω (Seite 53), die Anzahlfunktion derPrimpotenzteiler Ω (Seite 53), die Teilersummenfunktion σ (Seite 56), die Möbiusscheµ-Funktion µ (Seite 64) <strong>und</strong> die Eulersche ϕ-Funktion ϕ (Seite 94). Hiersollen einige allgemeine Zusammenhänge zwischen diesen <strong>und</strong> weiteren zahlentheoretischenFunktionen dargestellt werden, wobei im ersten Teil der folgendenDefinition der Begriff der “zahlentheoretischen Eigenschaft” vage bleibt.Definition der (multiplikativen) zahlentheoretischen FunktionEine Funktion f : N 1 → C heißt zahlentheoretische Funktion, wenn das Bildungsgesetzvon f auf zahlentheoretischen Eigenschaften beruht <strong>und</strong> wenn esein m ∈ N 1 mit f(m) ≠ 0 gibt.Eine zahlentheoretische Funktion f heißt multiplikativ, wenn f(a b) =f(a) f(b) für alle a, b ∈ N 1 mit ggT (a, b) = 1 gilt. 1Für alle multiplikativen Funktionen gilt f(1) = 1, denn für jede Zahl m mitf(m) ≠ 0 folgt f(m) = f(1 · m) = f(1) f(m), also f(m) (f(1) − 1) = 0, worausman durch Kürzen die Behauptung erhält.1 Im Folgenden sind mit multiplikativen Funktionen stets multiplikative zahlentheoretischeFunktionen gemeint.137


138 Die Faltung zahlentheoretischer Funktionen 5.1Die Multiplikativität von d, σ <strong>und</strong> ϕ ergibt sich jeweils aus der Produktdarstellungim Satz über die Teileranzahlfunktion (Seite 55), im Satz über die Teilersummenfunktion(Seite 57) <strong>und</strong> im Satz über die Eulersche ϕ-Funktion (Seite 98). Beider Möbiusschen µ-Funktion liefert schon die Definition mit Fallunterscheidungdie Multiplikativität. Dagegen zeigen die Werte ω(1) = Ω(1) = 0, dass ω <strong>und</strong> Ωnicht multiplikativ sind.Bezeichnung der Faltung <strong>und</strong> der SummatorfunktionSind f <strong>und</strong> g zahlentheoretische Funktionen, so heißt die zahlentheoretischeFunktion f ⋆ g : N 1 → C, n ↦→ ∑ ( nf(d) gd)Faltung 2 von f <strong>und</strong> g.d|nDie zahlentheoretische Funktion F : = f ⋆ e mit e : N 1 → C, n ↦→ 1 heißtSummatorfunktion von f.Satz über die Faltung multiplikativer FunktionenSind f <strong>und</strong> g multiplikative Funktionen, so ist auch f ⋆ g multiplikativ.Beweis (direkt, r1):Es seien n 1 , n 2 ∈ N 1 mit ggT (n 1 , n 2 ) = 1. Wir zeigen zunächst einen Zusammenhangzwischen D 1 : = {d ∈ N 1 ; d | n 1 n 2 } <strong>und</strong> D 2 : = {d ∈ N 1 ; Es gibt genau einPaar (d 1 , d 2 ) ∈ N 2 1 mit d = d 1 d 2 <strong>und</strong> d 1 | n 1 <strong>und</strong> d 2 | n 2 } .Ist d ∈ D 1 , so gibt es wegen des Hauptsatzes (Seite 49) genau ein Paar (d 1 , d 2 ) ∈N 2 1 mit d = d 1 d 2 <strong>und</strong> d 1 | n 1 <strong>und</strong> d 2 | n 2 . Also gilt d ∈ D 2 , d. h. D 1 ⊆ D 2 .Umgekehrt folgt aus d ∈ D 2 unmittelbar d | (n 1 n 2 ), also d ∈ D 1 , d.h. D 1 = D 2 .Damit gilt(f ⋆ g) (n 1 n 2 ) = ∑d|(n 1 n 2 )= ∑( )nf(d) g 1 n 2df (d 1 d 2 ) g(d 1 , d 2 )∈N 2 1d 1 |n 1 , d 2 |n 2( )n1 n 2d 1 d 22 Die Faltung zahlentheoretischer Funktionen heißt auch Dirichlet-Faltung.


5.1 Die Faltung zahlentheoretischer Funktionen 139= ∑ ∑( n1) ( n2)f (d 1 ) f (d 2 ) g gd 1 d 2d 1 |n 1 d 2 |n 2( ∑ ( n1) ) ( ∑ ( n2) )= f (d 1 ) gf (d 2 ) gd 1 d 2d 1 |n 1 d 2 |n 2= (f ⋆ g) (n 1 ) (f ⋆ g) (n 2 ) .Oben haben wir die Multiplikativität von d, σ, ϕ <strong>und</strong> µ mit Hilfe der jeweiligenProduktdarstellung bewiesen. In dem folgenden Satz wird gezeigt, dass die Summatorfunktionjeder multiplikativen Funktion eine Produktdarstellung besitzt.Satz über die SummatorfunktionIst f eine multiplikative Funktion <strong>und</strong> F : = f ⋆ e, so gilt F (n) =(r∏ ∑ ekf ( ) )q j ∏kfür alle n ∈ N 2 , wobei n = r q e kkdie Primpotenzdarstellungk=1 j=0k=1von n ist.Beweis (direkt, r1):Da auch e multiplikativ ist, folgt die Multiplikativität von F aus dem Satz überdie Faltung multiplikativer Funktionen. Wegen ggT ( q e kk , n ) q−e k( )k = 1 ergibt finite∏Induktion, dass F (n) =r ∑f(d) gilt.k=1d|q e kkBei den folgenden Beispielen ist stets n =n ∈ N 2 .i) Mit f = e ergibt sich d (n) = ∑ ∏1 = rd|n k=1r ∏k=1(ek∑q e kk1j=0die Primpotenzdarstellung von)∏= r (e k + 1), also (3.12).ii) Durch f(d) = d s für alle d ∈ N 1 <strong>und</strong> mit s ∈ N 1 wird (3.15) verallgemeinert:σ s (n) : = ∑ r∏(∑ ek ) r∏d s = q s j q s (e k+1)k− 1k=q s d|n k=1 j=0k=1 k − 1 .iii) Ist f 1 multiplikativ <strong>und</strong> wird f(d) = µ(d) f 1 (d) gesetzt, so erhalten wirF (n) = ∑ r∏µ(d) f 1 (d) = (1 − f 1 (q k )) für jedes n ∈ N 2 .d|nk=1Hiervon sind uns zwei Spezialfälle schon bekannt:k=1


140 Die Faltung zahlentheoretischer Funktionen 5.1a) Mit f 1 = e folgt o(n) : = ∑ d|nµ(d) = 0 für alle n ∈ N 2 , sodass wir wegeno(1) = 1 das Ergebnis des Satzes über die Möbius-Summe (Seite 65) gewinnen.Die multiplikative Funktion o : N 1 → N, n ↦→ [ 1n]stellt bezüglich derVerknüpfung ⋆ das “neutrale Element” dar.b) Für f 1 (d) = 1 d , d ∈ N 1, ergibt sichF (n) = ∑ µ(d)r∏=(1 − 1 )dq kd|nk=1= ϕ(n)n für alle n ∈ N 2,was dem zweiten Teil des Satzes über die Eulersche ϕ-Funktion (Seite 98)entspricht.iv) Im Falle f = ϕ erhalten wir ein Ergebnis, das Gauß in Artikel 39 von [9] miteiner anderen Methode zum ersten Mal bewiesen hat:∑r∏(∑ ekϕ(d) = ϕ ( qk) ) r∏(∑e k( j = 1 + qjk − ) )qj−1 k=d|nk=1j=0k=1j=1r∏k=1q e kk = n.Der Zusammenhang zwischen iii) b) <strong>und</strong> iv) wird durch den folgenden Satz verallgemeinert.Umkehrsatz von MöbiusSind f <strong>und</strong> F zahlentheoretische Funktionen, so gilt F = f ⋆ e genau dann,wenn f = F ⋆ µ erfüllt ist. Insbesondere stellt jede zahlentheoretische FunktionF die Summatorfunktion genau einer zahlentheoretischen Funktion fdar.Beweis (direkt, zwei Teile, r1):i) (F ⋆µ)(n) = (µ⋆F )(n) = ∑ µ(d) F ( ) ∑nd = µ(d) ∑d|n d|n c| n d∑f(c) =∑(c,d)∈N 2 1(c d)|nµ(d) f(c) =f(c) ∑ µ(d) = f(n) aufgr<strong>und</strong> des Satzes über die Möbius-Summe (Seite 65).c|n d| n cii) (f ⋆e)(n) = (e⋆f)(n) = ∑ f ( ) ∑ ∑nd = µ ( ) ∑nc d F (c) = µ ( nc d)F (c) =d|n∑c|nF (c) ∑ d| n cd|n c| n dµ ( ) ∑nc d = F (c) ∑ µ(d) = F (n).c|n d| n c(c,d)∈N 2 1(c d)|n


5.2 Darstellung als Summe von Quadraten 1415.2 Darstellung als Summe von Quadraten∑Für k ∈ N 2 sei Q k : ={n ∈ N 1 ; Es gibt (x 1 , . . . , x k ) ∈ Z k mit n = kx 2 ii=1Die drei Sätze dieses Abschnitts sind Beispiele für “kollektives <strong>Problemlösen</strong>”,weil der jeweilige Beweis erst einige Zeit nach der Formulierung des Satzes voneinem anderen <strong>Mathematik</strong>er gef<strong>und</strong>en wurde. Den folgenden Satz hat Fermatverbreitet; einen vollständigen Beweis konnte aber erst Euler veröffentlichen.}.Zweiquadratesatz (Euler, 1749)Es gilt Q 2 = {n ∈ N 1 ; 2 | ν p (n) für alle p ∈ P mit p ≡ 3 (mod 4)} .Beweis (fünf Teile: i), ii) direkt, iii) indirekt, iv) vollständige Induktion, v)indirekt, h1):i) Die für alle x 1 , x 2 , y 1 , y 2 ∈ Z gültige Identität( ) ( )x21 + x 2 2 y21 + y22 = (x1 y 1 + x 2 y 2 ) 2 + (x 1 y 2 − x 2 y 1 ) 2 ,die schon Diophant bekannt war, erlaubt es uns, den allgemeinen Fall auf dieDarstellbarkeit von Primzahlen p mit p = 2 oder p ≡ 1 ( mod 4) zurückzuführen.Nach dem Ausmultiplizieren der Klammern stehen auf beiden Seiten der Gleichungdieselben Quadratprodukte, während sich die beiden gemischten Gliederder rechten Seite wegheben.ii) In einem vorbereitenden Schritt zeigen wir, dass es zu jedem p ∈ P mitp ≡ 1 (mod 4) ein µ ∈ I p−1 <strong>und</strong> ein x ∈ Z gibt, sodass µ p = x 2 + 1 2 gilt.Der zweite Teil des Wilsonschen Fakultätensatzes (Seite 102) lässt sich im Falle(((p ≡ 1 (mod 4) in der Form p p−1) ) 2∣2 ! + 1 2)( schreiben. Ist x der absolut)p−1kleinste Rest von2 ! modulo p, so gilt p | (x 2 + 1 2 ) <strong>und</strong> |x| < p . Damit gibt2es ein µ ∈ N 1 mit x 2 + 1 2 = µ p <strong>und</strong> µ p < ( p2) 2+ 1 < p 2 , woraus µ < p folgt.Wegen 2 = 1 2 + 1 2 liegt für p = 2 schon eine Darstellung mit µ = 1 vor.iii) Für Primzahlen p mit p ≡ 1 (mod 4) sei V p : = {µ ∈ N 1 ; Es gibt x 1 , x 2 ∈N mit µ p = x 2 1 + x 2 2} . Wir setzen m = m(p) : = min V p <strong>und</strong> zeigen, dass dieAnnahme m > 1 zu einem Widerspruch führt. Damit wenden wir eine Variante


142 Darstellung als Summe von Quadraten 5.2der Methode des unendlichen Abstiegs von Fermat an, mit der hier bewiesenwürde, dass zu jedem µ ∈ V p mit µ > 1 ein µ ′ ∈ V p mit µ ′ < µ existiert.Es sei also m > 1. Wegen der Minimalität von m folgt aus µ < p auch m < p.Sind x 1 , x 2 ganze Zahlen mit m p = x 2 1 + x 2 2 , so gilt m ∤ x 1 oder m ∤ x 2 , dennandernfalls wäre m 2 | (x 2 1 + x 2 2) , also m | p im Widerspruch zu 1 < m < p <strong>und</strong>p ∈ P. Wählen wir y i für i ∈ I 2 als absolut kleinsten Rest von x i modulo m, soerhalten wir ( einerseits y1 2 +y2 2 > 0, <strong>und</strong> andererseits folgt aus − m 2 < y i ≤) m 2 , dassy1 2 + y2 2 m 2≤ 22 =12 m2 < m 2 gilt, was wir in(5.1) 0 < y1 2 + y2 2 < m 2zusammenfassen. Wegen y1 2 + y2 2 ≡ x 2 1 + x 2 2 ≡ 0 (mod m) ist n : =m( 1 y21 + y22eine ganze Zahl, <strong>und</strong> (5.1) ergibt 0 < n < m.Mit Hilfe der Identität aus i) folgt nunm 2 n p = ( x 2 1 + x 2 2) (y21 + y 2 2)= s21 + s 2 2 mits 1 : = x 1 y 1 + x 2 y 2 ≡ x 2 1 + x 2 2 ≡ 0 (mod m) <strong>und</strong>s 2 : = x 1 y 2 − x 2 y 1 ≡ x 1 x 2 − x 2 x 1 ≡ 0 (mod m).Division durch m 2 liefert( s1) 2 ( s2) 2 s in p = + mit 0 < n < m <strong>und</strong>m mm ∈ Z für i ∈ I 2.Damit erhalten wir einen Widerspruch zur Minimalität von m. Also muss m = 1gelten.iv) Für den Darstellungsnachweis seien H 0 : = {n ∈ N 1 ; ν p (n) = 0 für allep ∈ P mit p ≡ 3 (mod 4)} <strong>und</strong> H : = {n ∈ N 1 ; 2 | ν p (n) für alle p ∈ P mit p ≡ 3(mod 4)} . Wir zeigen zunächst mit vollständiger Induktion, dass H 0 ⊂ Q 2 gilt.Anschließend ergibt sich durch einfache Erweiterung, dass auch H \ H 0 in Q 2liegt. Wegen 1 = 1 2 + 0 2 ist 0 ∈ M : = { k ∈ N ; Für jedes n ∈ H 0 mit Ω(n) =k gibt es x 1 , x 2 ∈ Z mit n = x 2 1 + x 2 2}. Ist k ∈ M, so folgt mit i) <strong>und</strong> ii), dassauch k+1 zu M gehört. Aufgr<strong>und</strong> des Induktionssatzes (Seite 12) ist also M = N<strong>und</strong> damit H 0 ⊂ Q 2 .Ist n ∈ H \ H 0 , so werde n 0 : = max {d ∈ H 0 ; d | n} gesetzt. Wegen 2 | ν p (n)für alle Primteiler p von n mit p ≡ 3 (mod 4) gibt es ein f ∈ N 2 , sodass n n 0= f 2gilt. Aus n 0 = x 2 1 + x 2 2 folgt dann n = f 2 n 0 = (fx 1 ) 2 + (fx 2 ) 2 . Also ist auchn ∈ Q 2 , <strong>und</strong> zusammengenommem gilt H ⊆ Q 2 .)


5.2 Darstellung als Summe von Quadraten 143v) Nun ist noch die Komplementäraussage zu beweisen, dass n ∉ Q 2 füralle n ∈ N 1 \ H gilt. Zu jedem solchen n existiert definitionsgemäß ein p ∈ Pmit p ≡ 3 (mod 4) <strong>und</strong> 2 ∤ ν p (n). Wir nehmen an, es gäbe x 1 , x 2∈ Z mitn = x 2 1 + x 2 2. Wird d : = ggT (x 1 , x 2 ) , y 1 : = x 1d<strong>und</strong> y 2 : = x 2dgesetzt, so giltggT (y 1 , y 2 ) = 1 <strong>und</strong> n = d 2( y1 2 + y2) 2 . Mit n1 : = n = yd 2 2 1 + y2 2 folgt ν p (n 1 ) =ν p (n)−2 ν p (d) > 0, weil ν p (n) ungerade ist. Also gilt p | n 1 . Wegen ggT (y 1 , y 2 ) =1 gibt es aufgr<strong>und</strong> des Satzes über die lineare Kongruenz (Seite 91) ein u ∈ Zmit y 2 ≡ u y 1 (mod p). Einsetzen ergibt 0 ≡ n 1 ≡ y 2 1 (1 + u 2 ) (mod p). Wegenp | ( y 2 1 + y 2 2)<strong>und</strong> ggT (y1 , y 2 ) = 1 kann p nicht Teiler von y 2 1 sein. Also folgtmit Hilfe ( des Produktteilersatzes (Seite 23), dass u 2 ≡ −1 (mod p) gilt. Damit)−1wärep = 1 für p ≡ 3 ( mod 4) - im Widerspruch zum Ersten Ergänzungssatz(Seite 117). Zusammenfassend erhalten wir schließlich Q 2 = H.Wir behandeln nun zuerst den Fall k = 4, weil einerseits die Beweisstruktur deszugehörigen Satzes weitgehend mit der des Zweiquadratesatzes übereinstimmt<strong>und</strong> weil andererseits die Beweismethode, die wir für Q 3 skizzieren werden, zudem nächsten Abschnitt überleitet.Die Aussage des folgenden Vierquadratesatzes wird Diophant zugeschrieben.Fermat, Descartes, Euler <strong>und</strong> andere haben vergeblich versucht, den Satzzu beweisen, bevor dieses Lagrange gelang. Der hier wiedergegebene Beweisstammt aber von Euler, von dem Lagrange ausdrücklich schreibt, dass erihm wesentliche Ideen aus einer früheren Arbeit verdankt.Vierquadratesatz (Lagrange, 1772)Es gilt Q 4 = N 1 .Beweis (vier Teile: i), ii) direkt, iii) indirekt, iv) vollständige Induktion, h1):i) Die folgende Eulersche Identität ermöglicht die Anwendung der Zurückführungsstrategie:(∑ 4Für alle x 1 , x 2 , x 3 , x 4 , y 1 , y 2 , y 3 , y 4 ∈ Z giltx 2 ii=1) ( 4 ∑yi2i=1)∑= 4 s 2 i mit∑s 1 : = 4 x i y i <strong>und</strong> s j : = x 1 y j −x j y 1 +x k y l −x l y k für (j, k, l) ∈ {(2, 3, 4), (3, 4, 2),i=1i=1


144 Darstellung als Summe von Quadraten 5.2(4, 2, 3)} (“zyklische Vertauschung”). Durch einfaches Ausmultiplizieren oder mitHilfe eines CAS erhält man auf beiden Seiten x 2 1 y 2 1 +x 2 1 y 2 2 +x 2 1 y 2 3 +x 2 1 y 2 4 +x 2 2 y 2 1 +x 2 2 y 2 2 +x 2 2 y 2 3 +x 2 2 y 2 4 +x 2 3 y 2 1 +x 2 3 y 2 2 +x 2 3 y 2 3 +x 2 3 y 2 4 +x 2 4 y 2 1 +x 2 4 y 2 2 +x 2 4 y 2 3 +x 2 4 y 2 4. Damitkann der Beweis des Satzes auf den Nachweis der Darstellbarkeit von Primzahlenzurückgeführt werden.ii) Als Vorstufe wird gezeigt, dass es zu jedem p ∈ P 3 ein µ ∈ I p−1 <strong>und</strong>∑(x 1 , . . . , x 4 ) ∈ N 4 gibt, sodass µ p = 4 x 2 i gilt. Aufgr<strong>und</strong> des Satzes über die Anzahlquadratischer Reste (Seite 108) bestehen die Mengen x 2 ; x = 0, . . . , p−1 }i=1{{2<strong>und</strong> − 1 − y 2 ; y = 0, . . . , p−1 }aus jeweils p+1 modulo p inkongruenten Elementen.Das sind zusammen p + 1 Zahlen, während modulo p nur höchstens22pWerte inkongruent sein können. Also folgt mit Hilfe des Schubfachsatzes (Seite85), dass es x, y ∈ N mit x < p 2 , y < p 2 <strong>und</strong> x2 ≡ −1 − y 2 (mod p) gibt. Damitexistiert ein µ ∈ N 1 mit x 2 +y 2 +1 2 +0 2 = µ p <strong>und</strong> µ p < p24 + p24sodass außerdem µ < p gilt.+1 =p22 +1 < p2 ,Für p = 2 ist 2 = 1 2 + 1 2 + 0 2 + 0 2 eine geeignete Summe mit µ = 1.{iii) Im Falle ungerader Primzahlen p setzen wir m = m(p) : = min µ ∈∑N 1 ; µ p = 4 }x 2 i ist lösbar . Im Folgenden sei m p = x 2 1 + x 2 2 + x 2 3 + x 2 4. Ist m = 1,i=1so liegt eine gewünschte Darstellung vor. Für gerade m <strong>und</strong> für ungerade m ∈ N 3leiten wir jeweils einen Widerspruch her.1. Fall: Wir nehmen an, dass m gerade ist. Dann gilt 0 ≡ m p ≡ x 2 1 + . . . +x 2 4 ( mod 2). Um zu erreichen, dass x 1 +x 2 <strong>und</strong> x 3 +x 4 beide gerade sind, werdendie x i umgeordnet, falls jeweils genau ein Element aus {x 1 , x 2 } <strong>und</strong> aus {x 3 , x 4 }ungerade ist. Für alle anderen Viertupel sind x 1 + x 2 <strong>und</strong> x 3 + x 4 schon gerade.Dann besitzt m 2p die ganzzahlige Quadratsummendarstellung( m2 p = x 1 +x 22) 2+(x1 −x 22- im Widerspruch zur Minimalität von m.) 2+(x3 +x 42) 2+(x3 −x 422. Fall: Unter der Annahme, dass m ungerade <strong>und</strong> m ≥ 3 ist, sei y i für jedesi ∈ I 4 der absolut kleinste Rest von x i modulo m, d. h. es sei(5.2) x i ≡ y i (mod m) <strong>und</strong> |y i | < m 2 .) 2


5.2 Darstellung als Summe von Quadraten 145∑Daraus folgt 0 ≡ m p ≡ 4 ∑x 2 i ≡ 44∑yi2i=1i=1yi2i=1(mod m). Also gibt es ein n ∈ N, sodass= m n ist. Es kann nicht n = 0 sein, weil sonst y i = 0, also m | x i füri = 1, . . . , 4 wäre. Wegen m 2 | x 2 i würde dann m 2 | m p, also m | p folgen - imWiderspruch dazu, dass p ∈ P <strong>und</strong> 1 < m < p gilt.Außerdem ergibt m n =<strong>und</strong> m n =4 ∑i=1weil wegen (5.2) s 1 ≡∑ 4 yi2i=1< 4 m24 = m2 , dass n < m ist. Aus m p = 4 ∑x 2 ii=1∑yi 2 folgt nach i) m 2 n p = 4 s 2 i . Hier gilt m | s i für i = 1, . . . , 4,∑ 4 x 2 ii=10 (mod m) gilt. Schließlich folgt n p = 4 ∑i=1≡ 0 (mod m) <strong>und</strong> x k y l − x l y k ≡ x k x l − x l x k ≡(si) 2m mits i∈ Z - im Widerspruchmi=1zur Minimalität von m.{iv) Der Satz wird nun durch vollständige Induktion mit M : = k ∈ N; Für jedes∑n ∈ N 1 mit Ω(n) = k gibt es x 1 , . . . , x 4 ∈ Z mit n =4 }bewiesen. Wegenx 2 ii=11 = 1 2 + 0 2 + 0 2 + 0 2 ist 0 ∈ M. Aus k ∈ M folgt mit i) <strong>und</strong> iii), dass auchk + 1 zu M gehört. Der Induktionssatz (Seite 12) ergibt damit, dass M = N,also Q 4 = N 1 gilt.Für die Darstellbarkeit von natürlichen Zahlen n als Summe von drei Quadratenlieferte Descartes 1638 einen Beweis der 1636 von Fermat formuliertennotwendigen Bedingung n ≠ 4 a (8b + 7) für alle a, b ∈ N. Euler bemühte sichzwischen 1730 <strong>und</strong> 1780 um den Nachweis, dass diese Bedingung auch hinreichendist. Den ersten Beweis erbrachte Legendre 1798 in einem Lehrbuch über<strong>Zahlentheorie</strong>. Er verwendete dabei spezielle Sätze über “reziproke quadratischeTeiler” von t 2 + c u 2 . Völlig anders ist die von Gauß entwickelte Beweismethode,die drei Jahre später in [9] erschien. Die von ihm nur zum Teil für diesenZweck eingeführte Äquivalenztheorie von “quadratischen Formen” wurde spätereiner der Ausgangspunkte für das große Gebiet der algebraischen <strong>Zahlentheorie</strong>.Mit Hilfe von “binären” <strong>und</strong> “ternären” quadratischen Formen bestimmte Gaußsogar für jede natürliche Zahl die Anzahl der Darstellungen als Summe von dreiQuadraten.Die von Gauß sehr breit entwickelte Theorie der quadratischen Formen kannin diesem Buch nur andeutungsweise in zwei Teilen wiedergegeben werden. Für


146 Darstellung als Summe von Quadraten 5.2den Dreiquadratesatz skizzieren wir eine Beweisidee von Dirichlet, der ternärequadratische Formen <strong>und</strong> die von ihm stammende Aussage des Theorems überPrimzahlen in arithmetischen Folgen (Seite 71) verwendet. Die hier zugr<strong>und</strong>egelegte vereinfachte Version wurde 1909 von E. Landau 3 in dem Lehrbuch [12]veröffentlicht. Die Ergebnisse von Gauß über binäre quadratische Formen behandelnwir dann im nächsten Abschnitt.Dreiquadratesatz (Legendre, 1798)Q 3 = {n ∈ N 1 ; Es gibt kein Paar (a, b) ∈ N 2 mit n = 4 a (8 b + 7)} .Beweisskizze (7 Schritte):i) Bezeichnung der ternären quadratischen Formen <strong>und</strong> ihrer DeterminantenSind a ik ∈ Z für i, k ∈ I 3 <strong>und</strong> ist a ik = a ki für 1 ≤ i < k ≤ 3, so wird3∑ 3∑F : Z 3 → Z, (x 1 , x 2 , x 3 ) ↦→ a ik x i x ki=1 k=1ternäre quadratische Form (im Folgenden kurz Form) genannt.Mit det (a ik ) : = a 11 a 22 a 33 + a 12 a 23 a 31 + a 13 a 21 a 32 − a 11 a 23 a 32 − a 12 a 21 a 33 −a 13 a 22 a 31 werde die Determinante der Form F bezeichnet.ii) Definition der Äquivalenz von Formen <strong>und</strong> Feststellung einer ÄquivalenzrelationSind F <strong>und</strong> G Formen, so heißt F zu G äquivalent, wenn es Zahlen c ik ∈ Z, i, k ∈I 3 , mit det (c ik ) = 1 gibt, sodass mit der Abbildung( 3∑)3∑ 3∑γ : Z 3 → Z 3 , (y 1 , y 2 , y 3 ) ↦→ c 1l y l , c 2l y l , c 3l y ll=1 l=1 l=1die Abbildungsgleichheit G = F ◦ γ gilt, wobei ◦ die Hintereinanderausführungvon Abbildungen bezeichnet.Die Äquivalenz von Formen stellt eine Äquivalenzrelation auf der Menge aller Formendar, d. h. es gilt die Reflexivität (Jede Form F ist zu sich selbst äquivalent),3 Edm<strong>und</strong> Landau (1877-1938) wirkte in Göttingen.


5.2 Darstellung als Summe von Quadraten 147die Symmetrie (Ist F zu G äquivalent, so auch G zu F ) <strong>und</strong> die Transitivität(Stellt H eine Form dar <strong>und</strong> ist F zu G <strong>und</strong> G zu H äquivalent, so folgt dieÄquivalenz von F zu H).Die Reflexivität ergibt sich aus F = F ◦ ε mit ε : Z 3(y 1 , y 2 , y 3 ) .→ Z 3 , (y 1 , y 2 , y 3 ) ↦→Ist G = F ◦ γ, so zeigt man für den Nachweis der Symmetrie durch Auflösendes entsprechenden linearen Gleichungssystems, dass γ wegen det (c ik ) = 1 eineUmkehrabbildung γ −1 mit ganzen Koeffizienten, die die Symmetriebedingungerfüllen, <strong>und</strong> mit der Determinante 1 besitzt. Damit <strong>und</strong> wegen F = G ◦ γ −1 istG zu F äquivalent.Aus G = F ◦ γ <strong>und</strong> H = G ◦ β mit einer geeigneten Abbildung β folgt H =F ◦ (γ ◦ β), wobei die Koeffizienten von γ ◦ β ganz sind <strong>und</strong> die Determinanteaufgr<strong>und</strong> des Determinantenproduktsatzes der linearen Algebra den Wert 1 hat.Damit ist auch H zu F äquivalent.Die durch die Äquivalenzrelation bestimmten Äquivalenzklassen von ternärenquadratischen Formen heißen Formenklassen .iii) Invarianz der Determinanten <strong>und</strong> der Mengen aller darstellbarenZahlenIst G = F ◦ γ <strong>und</strong> haben F, G bzw. γ die Koeffizienten a ik , b ik , c ik , so gilt(3∑ 3∑ 3∑) ( 3∑)a kl c km y m c ln y nm=1n=1k=1l=13∑ 3∑==m=1( 3∑n=1 k=1 l=13∑ 3∑b mn y m y n .m=1 n=1)3∑c km a kl c ln y m y nDurch Koeffizientenvergleich erhält man3∑ 3∑b mn = c km a kl c ln für m, n ∈ I 3 .k=1 l=1Der Determinantenproduktsatz der linearen Algebra ergibt damitdet (b ik ) = det (c ik ) det (a ik ) det (c ik ) = det (a ik ) .


148 Darstellung als Summe von Quadraten 5.2Also haben alle Formen einer Formenklasse dieselbe Determinante, <strong>und</strong> umgekehrtlässt sich die Menge aller Formen mit einer festen Determinante als Vereinigungvon disjunkten Formenklassen darstellen.Bezeichnet W F : = {n ∈ Z ; Es gibt (x 1 , x 2 , x 3 ) ∈ Z 3 mit n = F (x 1 , x 2 , x 3 )} dieWertemenge der Form F, so ist es für den Beweis des Dreiquadratesatzes entscheidend,dass alle Formen einer Formenklasse dieselbe Wertemenge haben. Sind F<strong>und</strong> G zueinander äquivalent, so folgt nämlich W G ⊆ W F aus G = F ◦ γ, <strong>und</strong>die mit der Symmetrieeigenschaft der Äquivalenzrelation gewonnene BeziehungF = G ◦ γ −1 ergibt W F ⊆ W G . Also ist W G = W F .iv) Definition der Positiv-Definitheit <strong>und</strong> ein DefinitheitskriteriumFür die “Reduktion” im nächsten Schritt ist es sinnvoll, nur Formen F mitF (x 1 , x 2 , x 3 ) > 0 für alle (x 1 , x 2 , x 3 ) ∈ Z 3 \ {(0, 0, 0)} zu betrachten. Diese<strong>und</strong> nur diese Formen heißen positiv-definit . Wir zeigen, dass eine Form F mitden Koeffizienten a ik genau dann positiv-definit ist, wenn die drei Bedingungen(5.3) a 11 > 0, b : = a 11 a 22 − a 2 12 > 0 <strong>und</strong> ∆ : = det (a ik ) > 0erfüllt sind. Durch einfache Rechnungen erhalten wir(5.4) a 11 F (x 1 , x 2 , x 3 ) = (a 11 x 1 + a 12 x 2 + a 13 x 3 ) 2 + b x 2 2 + 2 c x 2 x 3 + d x 2 3mit c : = a 11 a 23 − a 12 a 13 <strong>und</strong> d : = a 11 a 33 − a 2 13 sowie(5.5) b ( b x 2 2 + 2 c x 2 x 3 + d x 2 3)= (b x2 + c x 3 ) 2 + a 11 ∆ x 2 3.Es sei zunächst F als positiv-definit vorausgesetzt. Wegen F (1, 0, 0) = a 11 istdann notwendig a 11 > 0. Aus (5.4) folgt F (−a 11 a 12 , a 2 11, 0) = a 11 b, sodassb > 0 gelten muss, weil a 11 > 0 <strong>und</strong> x 2 = a 2 11 ≠ 0 ist. Mit (5.4) <strong>und</strong> (5.5)erhalten wir F (a 11 a 12 c − a 11 a 13 b, −a 11 c, a 11 b) = a 2 11 b ∆. Wegen a 2 11 b > 0 <strong>und</strong>x 3 = a 11 b ≠ 0 ergibt sich daraus ∆ > 0.Ist (5.3) erfüllt, so können wir (5.4) <strong>und</strong> (5.5) zuF (x 1 , x 2 , x 3 ) = 1a 11(a 11 x 1 + a 12 x 2 + a 13 x 3 ) 2 + 1a 11 b (b x 2 + c x 3 ) 2 + ∆ b x2 3zusammenfassen. Damit folgt W F ⊆ N, <strong>und</strong> es kann nur dann F (x 1 , x 2 , x 3 ) = 0sein, wenn x 3 = 0, b x 2 + c x 3 = 0 <strong>und</strong> a 11 x 1 + a 12 x 2 + a 13 x 3 = 0 gilt, d. h. wennx 3 = x 2 = x 1 = 0 ist.


5.2 Darstellung als Summe von Quadraten 149Die Positiv-Definitheit gehört zu den invarianten Eigenschaften der Formenklassen;denn sind F <strong>und</strong> G zueinander äquivalente Formen <strong>und</strong> ist F positivdefinit,so folgt wegen iii) zunächst W G = W F ⊆ N. Mit G = F ◦ γ gilt0 = G (x 1 , x 2 , x 3 ) = F (γ (x 1 , x 2 , x 3 )) genau dann, wenn x 1 = x 2 = x 3 = 0ist, weil das durch γ (x 1 , x 2 , x 3 ) = (0, 0, 0) gegebene lineare Gleichungssystemwegen det (c ik ) = 1 nur diese eine Lösung besitzt.v) Äquivalenz zur Einheitsform E mit E (x 1 , x 2 , x 3 ) : = x 2 1 + x 2 2 + x 2 3Die Einheitsform E ist offensichtlich positiv-definit, sie hat die Determinante 1<strong>und</strong> definitionsgemäß gilt W E = Q 3 . Als Anwendung der Invarianzstrategie wirdgezeigt, dass alle positiv-definiten Formen, deren Determinante 1 ist, zu der Einheitsformäquivalent sind. Dann genügt es nämlich, zu den im Dreiquadratesatzgenannten Zahlen n irgendeine positiv-definite Form G mit der Determinante 1<strong>und</strong> mit n ∈ W G anzugeben, weil W G = W E ist.Im umfangreichsten Teil der Beweisversion von Landau wird nachgewiesen, dassjede Klasse positiv-definiter Formen mit der Determinante ∆ mindestens eineForm mit(5.6) 2 max {|a 12 | , |a 13 |} ≤ a 11 ≤ 4 33√∆enthält, wobei a 11 = min (W F \ {0}) für irgendeine <strong>und</strong> damit nach iii) für jedeForm F aus der Klasse gilt. Durch Darstellung von a 11 , a 12 , a 13 <strong>und</strong> a 22 mit Hilfegeeigneter Formen ergibt sich zuerst die linke <strong>und</strong> dann die rechte Ungleichungvon (5.6).Für ∆ = 1 liefert (5.6) die Werte a 11 = 1 <strong>und</strong> a 12 = a 13 = 0, sodass jedepositiv-definite Form mit der Determinante 1 zu der Form G mit G (x 1 , x 2 , x 3 ) =x 2 1+a 22 x 2 2+2 a 23 x 2 x 3 +a 33 x 2 3 äquivalent ist. Hier hat der erste Summand schon diegewünschte Gestalt, während der Rest eine quadratische Form mit zwei Variablendarstellt. Mit gering geänderter Bezeichnungsweise werden im nächsten Abschnittfür solche “binären” quadratischen Formen die “Diskriminante” (anstelle der Determinante)<strong>und</strong> die Positiv-Definitheit definiert. Eine ähnliche Existenzaussagewie in (5.6) (Satz über die Klassenanzahl, Seite 155) ergibt dann, dass G zu Eäquivalent ist, womit auch F <strong>und</strong> E in derselben Formenklasse liegen.vi) Bestimmung geeigneter KoeffizientenUm die Darstellbarkeit für alle n ∈ N 1 mit mod (n, 8) ∈ {1, 2, 3, 5, 6} zu zeigen,


150 Darstellung als Summe von Quadraten 5.2wird nun mit Fallunterscheidung jeweils eine positiv-definite Form F, deren Determinanteden Wert 1 hat, angegeben. Die übrigen Fälle des Satzes könnenhierauf zurückgeführt werden; denn wenn n die Form 4 k m mit mod(m, 8) ∈{1, 2, 3, 5, 6} hat <strong>und</strong> m die Darstellung m = F (x 1 , x 2 , x 3 ) besitzt, so lässt sichn als n = F ( 2 k x 1 , 2 k x 2 , 2 k x 3)schreiben.Die zu erfüllenden Bedingungen lautenn = F (x 1 , x 2 , x 3 ) , a 11 > 0, a 11 a 22 − a 2 12 > 0 <strong>und</strong> det (a ik ) = 1.Von den 9 Unbekannten können 6 vorweg festgelegt werden:a 13 = 1, a 23 = 0, a 33 = n, x 1 = 0, x 2 = 0, x 3 = 1.Die n-Darstellung folgt dann durch n = a 33 = F (0, 0, 1). Mit b : = a 11 a 22 − a 2 12ergibt die vierte Bedingung 1 = det (a ik ) = (a 11 a 22 − a 2 12) n − a 22 = b n − a 22<strong>und</strong> damit a 22 = b n − 1. Setzen wir wegen 1 = 1 2 + 0 2 + 0 2 im Folgenden n ∈ N 2voraus, so ergibt a 22 > b − 1 ≥ 0 <strong>und</strong> a 11 a 22 = a 2 12 + b > 0, dass schon a 11 > 0gilt. Es bleiben also nur noch die Bedingungen(5.7) b = a 11 a 22 − a 2 12 > 0 <strong>und</strong> a 22 = b n − 1.Die Suche nach geeigneten Koeffizienten lässt sich weiter dadurch vereinfachen,dass (5.7) als quadratische Kongruenz(5.8) x 2 ≡ −b (mod b n − 1) mit b ∈ N 1 <strong>und</strong> x = a 12angesehen wird. Durch Unterscheidung von zwei Fällen ergibt sich nun jeweilsdie Existenz einer nur von n abhängigen Primzahl p, sodass (5.8) mit b n − 1 =p ggT (n + 1, 2) lösbar ist.1. Fall: Für n ≡ 2 (mod 4) ist ggT (n − 1, 4 n) = 1. Deshalb gibt es für jedesdieser n aufgr<strong>und</strong> des Theorems über Primzahlen in arithmetischen Folgen (Seite71) unendlich viele p ∈ P mit p ≡ n − 1 (mod 4n). Es folgt p ≡ 1 (mod 4), <strong>und</strong>für b : = p+1ngilt wegen b = 4 p−n+14 n+ 1 auch b ≡ 1 (mod 4). Mit Hilfe derzugehörigen Sätze über das Jacobi-Symbol (Seite 112 bis 117) ergibt sich( −b) ( −1)( b==p p p) ( − 1 ) (p − p) (− ) (p− b1− p) ( b n − 1) ( −1)= = = = 1,b b b bd. h. die Kongruenz (5.8) ist lösbar <strong>und</strong> liefert die gesuchten Koeffizienten.2. Fall: Für die übrigen n mit mod (n, 8) ∈ {1, 3, 5} wird c : = mod (n + 2, 4)gesetzt. Dann ist ggT ( c n−1, 4 n ) = 1, <strong>und</strong> wegen des Theorems über Primzahlen2


5.3 Binäre quadratische Formen <strong>und</strong> die Klassengruppe 151in arithmetischen Folgen gibt es unendlich viele p ∈ P mit p ≡ c n−1 (mod 4n).2Für b : = 2 p+12 p−c n+1[ ist b ∈ Nn1 <strong>und</strong> b = 8 + c ≡ c (mod 8). Damit erhalten] [8 nb+1wir4 ≡ c+1]4 ≡ c− ≡ b − (mod 2), <strong>und</strong> es folgt( −2) ( −1)( 2)(5.9)== ( − 1 ) b −( ) [b+1− 14 ] = 1.b b bAußerdem gilt 2 | (b − + 1) für c = 3, <strong>und</strong> p ≡ c n−1 (mod 4) liefert 2 | p2− fürc = 1. Also ist ( − 1 ) p − (b − +1)= 1, <strong>und</strong> zusammen mit (5.9) ergeben die jeweiligenSätze über das Jacobi-Symbol( −b) ( −1)( b==p p p) ( − 1 ) (p − p) (− ) (p− b1− p)=b b( −2)( p) ( −2 p) ( 1 − b n) ( 1)== = = = 1.b b b b bDamit ist −b quadratischer Rest modulo p <strong>und</strong> wegen 1 2 ≡ −b (mod 2) auchmodulo 2 p. Wegen 2 p = b n − 1 werden die gesuchten Koeffizienten wieder mitHilfe der Kongruenz (5.8) gewonnen.vii) Nicht darstellbare ZahlenDurch vollständige Induktion mit M : = {m ∈ N ; 4 m (8 b + 7) /∈ Q 3 für jedes b ∈N} zeigen wir abschließend, dass die Zahlen 4 a (8 b + 7) für alle a, b ∈ N nicht inQ 3liegen. Wegen mod(t 2 , 8) ∈ {0, 1, 4} für jedes t ∈ Z gehört kein n ∈ Zmit n ≡ 7 (mod 8) zu Q 3 , sodass 0 ∈ M gilt. Ist m ∈ M <strong>und</strong> gäbe es einb ∈ N sowie x 1 , x 2 , x 3 ∈ Z mit 4 m+1 (8 b + 7) = x 2 1 + x 2 2 + x 2 3, so würde wegenx 2 1 + x 2 2 + x 2 3 ≡ 0 (mod 4) folgen, dass 2 | x i für jedes i ∈ T 3 sein müsste. Dannwäre aber 4 m (8 b + 7) = ( x 12) 2+(x22) 2+(x32) 2- im Widerspruch zu m ∈ M.Also folgt m + 1 ∈ M, <strong>und</strong> der Induktionssatz ergibt M = N.5.3 Binäre quadratische Formen <strong>und</strong> die KlassengruppeAnders als bei den “gemischten Gliedern” von quadratischen Formen mit dreibeziehungsweise mit beliebig vielen Variablen wird bei der eigenständigen Untersuchungder “binären” quadratischen Formen der entsprechende Koeffizient ohneSymmetriebedingung (d. h. ohne einen Faktor 2) angesetzt.


152 Binäre quadratische Formen <strong>und</strong> die Klassengruppe 5.3Bezeichnung der binären quadratischen Formen <strong>und</strong> ihrer DiskriminantenSind a, b, c ∈ Z, so heißtF : Z 2 → Z, (x, y) ↦→ ax 2 + bxy + cy 2binäre quadratische Form (im Folgenden kurz Form). Die Abkürzung (a, b, c)beschreibt die Abhängigkeit der Form F von den Koeffizienten.Mit dis (a, b, c) : = b 2 − 4ac wird die Diskriminante der Form F bezeichnet.Ist D eine Diskriminante <strong>und</strong> setzt man α : = mod (D, 4), so gilt α ∈ A 2 , <strong>und</strong>( )für jedes D ∈ Z mit α ∈ A 2 stellt 1, α, α−D eine Form mit der Diskriminante4( )D dar, weil dis 1, α, α−D = α42 − 4 α−D = α(α − 1) + D = D gilt.4Da wir hier nur die wichtigsten Zusammenhänge wiedergeben wollen, nehmen wirmehrere Einschränkungen vor. So betrachten wir im Folgenden nur Formen, derenDiskriminante keine Quadratzahl ist, weil diese Formen eng mit den “quadratischenOrdnungen” zusammenhängen, die im nächsten Abschnitt eine wesentlicheRolle spielen. Bei den Herleitungen in diesem Abschnitt wird es sich außerdemals günstig erweisen, dass für die Formen (a, b, c) mit nichtquadratischer Diskriminantea ≠ 0 <strong>und</strong> c ≠ 0 gilt, weil andernfalls D = b 2 wäre.Im Übrigen gehören zu den quadratischen Diskriminanten genau diejenigen Formen(a, b, c), die zerlegbar sind, d. h. für die es Zahlen r, s, t, u ∈ Z gibt, sodassax 2 + bxy + cy 2 = (rx + sy) (tx + uy) für alle x, y ∈ Z gilt.Bevor wir analog zum Vorgehen bei dem Dreiquadratesatz die Äquivalenz vonFormen definieren, klären wir eine typische Eigenschaft der Wertemengen W F : ={n ∈ Z ; Es gibt (x, y) ∈ Z 2 mit n = F (x, y)} in Abhängigkeit von sign D. Wiein (5.4) mit x 3 = 0 ergibt sich4aF (x, y) = (2ax + by) 2 + (4ac − b 2 ) y 2 = (2ax + by) 2 − Dy 2 ,sodass aF (x, y) für D < 0 stets nichtnegativ ist, <strong>und</strong> der Fall aF (x, y) = 0 kannnur eintreten, wenn y = 0 <strong>und</strong> wegen 2ax + by = 0 auch x = 0 gilt. Damiterhalten wir(5.10) F (x, y) > 0 für D < 0, a > 0 <strong>und</strong> für alle x, y ∈ Z \ {(0, 0)}.


5.3 Binäre quadratische Formen <strong>und</strong> die Klassengruppe 153Diese Formen werden üblicherweise als positiv-definit bezeichnet. Wir verwendenim Folgenden meistens die kürzere Charakterisierung D < 0, a > 0.Als zweite Einschränkung klammern wir die Untersuchung der Formen mit D < 0<strong>und</strong> a < 0 aus, weil sich jede solche Form (a, b, c) umkehrbar eindeutig der Form(−a, −b, −c) mit dis (−a, −b, −c) = dis (a, b, c) <strong>und</strong> −a > 0 zuordnen lässt.Für alle Formen F mit D > 0 ist F (1, 0) F (b, −2a) = a 2 (4ac − b 2 ) = −a 2 D < 0,sodass zu W F sowohl positive als auch negative Zahlen gehören.Definition der Äquivalenz von binären quadratischen FormenSind F <strong>und</strong> G Formen, so heißt F zu G äquivalent, wenn es Zahlen r, s, t, u ∈Z mit ru − st = 1 gibt, sodass F (rx + sy, tx + uy) = G(x, y) für alle x, y ∈ Zgilt.Satz über FormenäquivalenzDie Äquivalenz von Formen ist eine Äquivalenzrelation auf der Menge allerbinären quadratischen Formen.Beweis (direkt, r1):Reflexivität: Mit (r, s, t, u) = (1, 0, 0, 1) gilt F (x, y) = F (x + 0, 0 + y) <strong>und</strong>1 · 1 − 0 · 0 = 1.Symmetrie: Es sei F zu G äquivalent mit der Beziehung aus der obigen Definition.Wegen ru−st = 1 lässt sich das Gleichungssystem rx+sy = x 1 , tx+uy = y 1für alle x 1 , y 1 ∈ Z nach x <strong>und</strong> y auflösen: x = ux 1 − sy 1 , y = −tx 1 + ry 1 . Dieganzzahligen Koeffizienten u, −s, −t, r erfüllen die Bedingung ur − (−s)(−t) =ru−st = 1, <strong>und</strong> es gilt G (ux 1 − sy 1 , −tx 1 + ry 1 ) = F (x 1 , y 1 ) für alle x 1 , y 1 ∈ Z.Also ist G zu F äquivalent.Transitivität: Mit r, s, t, u, r 1 , s 1 , t 1 , u 1 ∈ Z, ru−st = 1 <strong>und</strong> r 1 u 1 −s 1 t 1 = 1 seiF (rx+sy, tx+uy) = G(x, y) für alle x, y ∈ Z <strong>und</strong> G (r 1 x 1 + s 1 y 1 , t 1 x 1 + u 1 y 1 ) =H (x 1 , y 1 ) für alle x 1 , y 1 ∈ Z erfüllt. Dann gilt r (r 1 x 1 + s 1 y 1 ) + s (t 1 x 1 + u 1 y 1 ) =(rr 1 + st 1 ) x 1 +(rs 1 + su 1 ) y 1 = : r 2 x 1 +s 2 y 1 <strong>und</strong> t (r 1 x 1 + s 1 y 1 )+u (t 1 x 1 + u 1 y 1 ) =(tr 1 + ut 1 ) x 1 + (ts 1 + uu 1 ) y 1 = : t 2 x 1 + u 2 y 1 mit Koeffizienten r 2 , s 2 , t 2 , u 2 ∈ Z<strong>und</strong> mit r 2 u 2 −s 2 t 2 = rur 1 u 1 +sts 1 t 1 −rus 1 t 1 −str 1 u 1 = (ru−st) (r 1 u 1 − s 1 t 1 ) = 1.


154 Binäre quadratische Formen <strong>und</strong> die Klassengruppe 5.3Wegen F (r 2 x 1 + s 2 y 1 , t 2 x 1 + u 2 y 1 ) = H (x 1 , y 1 ) für alle x 1 , y 1 ∈ Z ist damit Fzu H äquivalent.Um alle wesentlichen Invarianten der Formenklassen, in die die Menge der binärenquadratischen Formen aufgr<strong>und</strong> der Äquivalenzrelation zerfällt, in einem Satzzusammenfassen zu können, führen wir schon hier einen Begriff ein, der erst amSchluss dieses Abschnitts benötigt wird.Definition der primitiven FormEine Form (a, b, c) heißt primitiv, wenn ggT (a, b, c) = 1 ist.Satz über Invarianten der FormenklassenEs sei F = (a, b, c) zu G = (a 1 , b 1 , c 1 ) äquivalent. Dann gilt:a) dis (a 1 , b 1 , c 1 ) = dis (a, b, c);b) Aus dis (a, b, c) < 0 <strong>und</strong> a > 0 folgt a 1 > 0;c) W G = W F ;d) Ist F primitiv, so stellt auch G eine primitive Form dar.Beweis (direkt, r1):a) Aus a(rx + sy) 2 + b(rx + sy)(tx + uy) + c(tx + uy) 2 = a 1 x 2 + b 1 xy + c 1 y 2 füralle x, y ∈ Z folgt durch Koeffizientenvergleich(5.11)(5.12)(5.13)a 1 = ar 2 + brt + ct 2 ,b 1 = 2ars + b(ru + st) + 2ctu,c 1 = as 2 + bsu + cu 2 .Damit gilt b 2 1 −4a 1 c 1 = (2ars + b(ru + st) + 2ctu) 2 −4(ar 2 +brt+ct 2 )(as 2 +bsu+cu 2 ) = a 2 (4r 2 s 2 − 4r 2 s 2 ) + b 2 (r 2 u 2 + 2rstu + s 2 t 2 − 4rstu) + c 2 (4t 2 u 2 − 4t 2 u 2 ) +4ab (r 2 su + rs 2 t − r 2 su − rs 2 t) + 4ac (2rstu − r 2 u 2 − s 2 t 2 ) + 4bc (rtu 2 + st 2 u−rtu 2 − st 2 u) = (b 2 − 4ac)(ru − st) 2 = b 2 − 4ac.b) Nach (5.11) ist a 1 = F (r, t) <strong>und</strong> aus ru − st = 1 folgt (r, t) ≠ (0, 0). Damitergibt (5.10), dass a 1 > 0 gilt.


5.3 Binäre quadratische Formen <strong>und</strong> die Klassengruppe 155c) Wie bei dem Beweis des Dreiquadratesatzes ist zunächst W G ⊆ W F . DieSymmetrie der Äquivalenzrelation ergibt dann die Gleichheit.d) Mit (5.11), (5.12) <strong>und</strong> (5.13) folgt ggT (a, b, c) | ggT (a 1 , b 1 , c 1 ) . Aus dem gleichenGr<strong>und</strong>e wie bei c) gilt auch ggT (a 1 , b 1 , c 1 ) | ggT (a, b, c). Also ist ggT (a 1 , b 1 ,c 1 ) = ggT (a, b, c).Satz über die Klassenanzahla) In jeder Formenklasse gibt es mindestens eine Form (a, b, c) mit(5.14) −|a| < b ≤ |a| ≤ |c|.√1b) Aus (5.14) folgt |b| ≤ |a| ≤ |dis (a, b, c)|, woraus sich für jeden festen3Diskriminantenwert D die Endlichkeit der Anzahl der Klassen aller Formenmit der Diskriminante D ergibt.Beweis (direkt, Fallunterscheidung bei b), a1):a) Unter allen Formen der zu betrachtenden Klasse sei F = (a, b ′ , c ′ ) eine Form,für die |a| minimal [ ist, <strong>und</strong> G = (a, b, c) sei diejenige zu F äquivalente Form, die|a|−b]mit s : = (sign a) ′2|a| durch F (x + sy, y) = G(x, y) für alle x, y ∈ Z definiertist. Die Übereinstimmung des [ ersten Koeffizienten ergibt sich aus (5.11). Nach(5.12) ist b = 2as + b ′ |a|−b]= 2|a| ′2|a| + b ′ der zweite Koeffizient. Mit der für allex ∈ R gültigen Ungleichungskette x − 1 < [x] ≤ x erhalten wir( )( )|a| − b′|a| − b(5.15) −|a| = 2|a| − 1 + b ′ ′< b ≤ 2|a|+ b ′ = |a|.2|a|2|a|Wegen G(−y, x) = cx 2 − bxy + ay 2 <strong>und</strong> 0 · 0 − (−1) · 1 = 1 ist(5.16) (a, b, c) äquivalent zu (c, −b, a)Deshalb folgt |a| ≤ |c| aufgr<strong>und</strong> der Minimaleigenschaft von |a|.b) Für D < 0 ist 4ac = b 2 − D > 0, <strong>und</strong> (5.14) ergibt 4|a| 2 ≤ 4|a||c| = 4ac =√−D + b 2 ≤ −D + |a| 2 1, also |a| ≤ |D|. 3Im Falle D > 0 folgt aus (5.14) zunächst |ac| ≥ b 2 = D + 4ac > 4ac, also ac < 0<strong>und</strong> damit 4a 2 ≤ 4|ac| = −4ac = D − b 2 < D, d. h. es gilt |a| ≤ 1 2√D.


156 Binäre quadratische Formen <strong>und</strong> die Klassengruppe 5.3Beide Fälle lassen sich mit (5.14) zu |b| ≤ |a| ≤√1|D| zusammenfassen. Da3somit bei festem D der Wertevorrat von a <strong>und</strong> b endlich ist <strong>und</strong> c eindeutig vona, b <strong>und</strong> D abhängt, gibt es nur endlich viele Formen (a, b, c), die (5.14) erfüllen.Ihre Anzahl ist eine obere Schranke für die Zahl der Klassen zur DiskriminanteD, weil in jeder Klasse mindestens eine solche Form liegt.Der Rest dieses Abschnitts ist den Klassen positiv-definiter Formen gewidmet,weil bei diesen die “Composition” von Formenklassen als letzte noch fehlendeEntdeckung von Gauß aus [9] relativ einfach dargestellt werden kann. Zunächstsei daran erinnert, dass eine Form genau dann positiv-definit ist, wenn D =b 2 − 4ac < 0 <strong>und</strong> a > 0 (Seite 153) gilt. Der folgende Begriff <strong>und</strong> der anschließendeSatz, die beide von Lagrange (ca. 1773) stammen, werden es ermöglichen,mit ausgezeichneten Formen als Repräsentanten der Klassen zu rechnen <strong>und</strong> dieKlassenanzahl durch Auszählen ohne Äquivalenzuntersuchungen zu bestimmen.Definition der reduzierten FormEine positiv-definite Form (a, b, c) heißt reduziert, wenn{1 für b < 0,(5.17) −a < b ≤ a ≤ c − δ b mit δ b : =0 sonst,gilt.Satz über eindeutige RepräsentantenJede Klasse positiv-definiter Formen enthält genau eine reduzierte Form.Beweis (zwei Teile, i) direkt, r1; ii) Fallunterscheidung, a1):i) Aufgr<strong>und</strong> des Satzes über die Klassenanzahl gibt es in jeder Klasse positivdefiniterFormen mindestens eine Form mit−a < b ≤ a ≤ c.Da im Falle b < 0 <strong>und</strong> a = c wegen (5.16) (a, b, a) zu (a, −b, a) mit −b > 0äquivalent ist, kann die Bedingung a ≤ c durch a ≤ c − δ b ersetzt werden.ii) Stellt F = (a, b, c) eine reduzierte Form dar, so zeigen wir zunächst, dass a ≤ a 1für alle zu (a, b, c) äquivalenten Formen (a 1 , b 1 , c 1 ) gilt. Ist a 1 x 2 + b 1 xy + c 1 y 2 =F (rx + sy, tx + uy) für alle x, y ∈ Z, so ergeben (5.11) <strong>und</strong> die ersten beidenReduziertheitsungleichungen aus (5.17)


5.3 Binäre quadratische Formen <strong>und</strong> die Klassengruppe 157a 1 ≥ ar 2 − a|rt| + ct 2 = a ( r 2 − |rt| + t 2 ) + (c − a) t 2 .Wegen ru − st = 1 ist (r, t) ≠ (0, 0), womit r 2 − |rt| + t 2 = (|r| − |t|) 2 + |rt| ≥ 1folgt. Zusammen mit der dritten Reduziertheitsungleichung erhalten wir also(5.18) a 1 ≥ a + (c − a) t 2 ≥ a.Setzen wir zusätzlich voraus, dass (a 1 , b 1 , c 1 ) reduziert ist, so ergibt (5.18) mitvertauschten Koeffizienten die Beziehung a ≥ a 1 . Damit gilt a 1 = a. DurchUnterscheidung von zwei Fällen weisen wir nun die Gleichheit der beiden Formennach.Ist c > a oder c 1 > a 1 , so genügt es wegen der Gleichartigkeit der Durchführungen,von c > a auszugehen. Da sich für t ≠ 0 aus (5.18) ein Widerspruch zu a 1 = aergeben würde, muss t = 0 <strong>und</strong> wegen ru − st = 1 außerdem ru = 1 sein. Mit(5.12) erhalten wir dann b 1 = 2ars + b. Wegen der Reduziertheit <strong>und</strong> mit a 1 = agilt −a < b ≤ a <strong>und</strong> −a = a 1 < b 1 ≤ a 1 = a. Daraus folgt 2a|rs| = |b 1 − b| < 2a,sodass sich rs = 0 <strong>und</strong> damit b 1 = b ergibt. Stellt D die gemeinsame Diskriminantealler Formen der Klasse dar, so ist c 1 = b2 1−D= b2 −D= c. Also gilt4a 1 4a(a 1 , b 1 , c 1 ) = (a, b, c).Als Negation des ersten Falles sei nun c = a <strong>und</strong> c 1 = a 1 . Wegen a 1 = a istdann c 1 = c, <strong>und</strong> die Gleichheit der Diskriminanten liefert b 2 1 = D + 4a 1 c 1 =D + 4ac = b 2 . Hier muss b 1 = b sein, weil δ b1 = δ b = 0 nur für b 1 ≥ 0 <strong>und</strong> b ≥ 0gilt. Damit ist stets (a 1 , b 1 , c 1 ) = (a, b, c), wenn beide Formen positiv-definit,zueinander äquivalent <strong>und</strong> reduziert sind.Als Beispiel bestimmen wir die reduzierten positiv-definiten Formen (a, b, c) fürD = −39. In einer äußeren Schleife durchläuft b alle ganzen Zahlen mit 0 ≤ b ≤√13|D| <strong>und</strong> b ≡ D (mod 2), während a in einer inneren Schleife alle ganzzahligenWerte mit b ≤ a ≤ |D| <strong>und</strong> a b 2 −D√∣1 ∣∣annimmt. Wenn b ≠ 0, a ≠ b3 4<strong>und</strong> a ≠ c mit c : = b2 −D4agilt, ist neben (a, b, c) auch (a, −b, c) reduziert. FürD = −39 erhält man auf diese Weise die Formen (1, 1, 10), (2, 1, 5), (2, −1, 5)<strong>und</strong> (3, 3, 4).Als Höhepunkt des fünften Abschnitts von [9] führt Gauß die “Composition”von Formen beziehungsweise Formenklassen ein. Zu Beginn des entsprechendenAbschnitts schreibt er, dass es sich dabei um einen “anderen sehr wichtigen,


158 Binäre quadratische Formen <strong>und</strong> die Klassengruppe 5.3bisher noch von Niemand berührten Gegenstand” handelt. Schon bald wurde diegr<strong>und</strong>legende Bedeutung der folgenden Definition erkannt, die nur wenig an dieheutige Schreibweise angepasst ist.Definition der Composition von FormenDie Form F heißt aus den Formen f 1 <strong>und</strong> f 2 componiert, wenn es ganze Zahlenp, p ′ , p ′′ , p ′′′ , q, q ′ , q ′′ , q ′′′ mit ggT(pq ′ −qp ′ , pq ′′ −qp ′′ , pq ′′′ −qp ′′′ , p ′ q ′′ −q ′ p ′′ , p ′ q ′′′ −q ′ p ′′′ , p ′′ q ′′′ − q ′′ p ′′′ ) = 1 gibt, sodassF (pxx ′ + p ′ xy ′ + p ′′ yx ′ + p ′′′ yy ′ , qxx ′ + q ′ xy ′ + q ′′ yx ′ + q ′′′ yy ′ ) = f 1 (x, y)f 2 (x ′ , y ′ )für alle x, x ′ , y, y ′ ∈ Z gilt.In dieser Definition unterliegen die Formen f 1 <strong>und</strong> f 2 keiner Einschränkung. Insbesonderekönnen ihre Diskriminanten verschieden sein. In dieser großen Allgemeinheitleitete Gauß zunächst sechs Folgerungen her, zeigte als “Aufgabe”, wiesich F zu beliebigen Formen f 1 <strong>und</strong> f 2 berechnen lässt, <strong>und</strong> bewies in vier Sätzenunter anderem, dass die Composition als Verknüpfung der Formenklassen angesehenwerden kann, weil einerseits F nur bis auf Äquivalenz bestimmt ist <strong>und</strong> weilandererseits das Componieren von Formen, die zu f 1 beziehungsweise f 2 äquivalentsind, eine Form aus der Äquivalenzklasse von F ergibt. Außerdem gewanner als Nebenergebnis die Assoziativität <strong>und</strong> Kommutativität der Composition.Die weiteren Untersuchungen der Composition führte Gauß für Formen mit gleicherDiskriminante durch. Mit einer einfachen zusätzlichen Einschränkung erreichteer, dass die Ergebnisform F dieselbe Diskriminante hat wie die componiertenFormen f 1 <strong>und</strong> f 2 . Er war dann in der Lage, die Koeffizienten vonF = : (a 3 , b 3 , c 3 ) direkt aus denen von f i = : (a i , b i , c i ) , i = 1, 2, zu berechnen.Damit zeigte er auch, dass es zu jeder Diskriminante eine reduzierte Form -von ihm “Hauptform” genannt - gibt, die mit einer beliebigen Form f derselbenDiskriminante componiert eine zu f äquivalente Form ergibt <strong>und</strong> dass die Compositioneiner primitiven Form (a, b, c) mit (a, −b, c) stets eine zur Hauptformäquivalente Form liefert.Damit hatte Gauß alle Nachweise dafür geführt, dass die Klassen der primitivenFormen mit gegebener Diskriminante D zusammen mit der Composition, dieüber beliebige Repräsentanten der Klassen auszuführen ist, im heutigen Sinn eine


5.3 Binäre quadratische Formen <strong>und</strong> die Klassengruppe 159endliche abelsche Gruppe bilden, die Klassengruppe zur Diskriminante D genanntwird. Wie auf Seite 97 erwähnt wurde, war zur Zeit von Gauß der Begriff derGruppe noch nicht bekannt. Das folgende zusammenfassende Theorem bereitetzugleich den Übergang zu der neueren Theorie der “quadratischen Zahlkörper”im nächsten Abschnitt vor, wo auch die Skizze eines “modernen” Beweises desTheorems zu finden ist. Da dieser Teil nur ein Ausblick sein soll, beschränken wiruns auf primitive, positiv-definite Formen.Theorem über die KlassengruppeEs seien f 1 = : (a 1 , b 1 , c 1 ) <strong>und</strong> f 2 = : (a 2 , b 2 , c 2 ) primitive, positiv-definiteFormen mit der Diskriminante D. Ist g : = ggT (a 1 , a 2 , q) mit q : = b 1+b 22<strong>und</strong> sind u, v, w ganze Zahlen, die a 1 u + a 2 v + qw = g erfüllen, so stelltF = (a 3 , b 3 , c 3 ) mit a 3 : = a 1 a 2g g, b 3 : = b 2 + 2 a 2g<strong>und</strong> c 3 : = b2 3−D4a 3D dar.mod((q − b 2 ) v − c 2 w, a )1geine aus f 1 <strong>und</strong> f 2 componierte Form mit der DiskriminanteDie Composition von Formen, die zu f 1 beziehungsweise f 2 äquivalent sind,ergibt eine Form aus der Äquivalenzklasse von F. Die Menge dieser Formenklassenzusammen mit der durch Composition beliebiger Repräsentanten derKlassen erklärten Verknüpfung stellt eine endliche abelsche Gruppe dar, derenneutrales Element diejenige Klasse ist, die die Einheitsform 1, α, α−D4( )mit α = mod (D, 4) enthält, <strong>und</strong> bei der die Klasse mit der reduzierten Form(a, b, c) zu der Klasse mit der Form (a, −b, c) invers ist.Aufgr<strong>und</strong> des Satzes über eindeutige Repräsentanten (Seite 156) bietet es sichan, die Klassen positiv-definiter Formen jeweils durch die Composition der zugehörigenreduzierten Formen zu verknüpfen. Da die positiv-definite Ergebnisformin der Regel nicht reduziert ist, wird der folgende Reduktionsalgorithmusbenötigt, der sich direkt aus den Beweisen des Satzes über die Klassenanzahl(Seite 155) <strong>und</strong> des Satzes über eindeutige Repräsentanten ergibt.Es sei (a, b, c) eine primitive, positiv-definite Form. Solange nicht −a < b ≤ a ≤ cgilt, werde G [ = (a 1 , b 1 , c 1 ) mit F (x + sy, y) = G(x, y) für alle x, y ∈ Z bestimmt,]a−bwobei s : =2a ist. Nach (5.11) bis (5.13) gilt a1 = a, b 1 = 2as + b, c 1 =


160 Binäre quadratische Formen <strong>und</strong> die Klassengruppe 5.3as 2 +bs+c = c+ 1 2 (b+b 1)s, <strong>und</strong> (5.15) ergibt −a 1 < b 1 ≤ a 1 . Im Falle a 1 > c 1 werdegemäß (5.16) als Abschluss des Schleifendurchlaufs a : = c 1 , b : = −b 1 , c : = a 1gesetzt; andernfalls sei a : = a 1 , b : = b 1 , c : = c 1 .Nach endlich vielen Schritten hat man eine Form (a, b, c) mit −a < b ≤ a ≤ c,die nur für a = c <strong>und</strong> b < 0 nicht reduziert ist. In diesem Fall ergibt (a, −b, a)wegen (5.16) die gesuchte reduzierte Form.Für den Reduktionsalgorithmus bringen wir zunächst ein Beispiel von Gauß,wobei zu beachten ist, dass er mit (a, b, c) die Form bezeichnet, die bei uns mit(a, 2b, c) abgekürzt wird, <strong>und</strong> dass die Diskriminante dem Vierfachen seiner “Determinante”entspricht.Für D = −124 ergibt der Algorithmus nacheinander die Formen (304, 434, 155),(304, −174, 25), (25, 174, 304), (25, 24, 7), (7, −24, 25), (7, 4, 5), (5, −4, 7), <strong>und</strong>die letzte davon ist reduziert.Da die von Gauß behandelten Determinanten umkehrbar eindeutig den geradenDiskriminanten entsprechen, hat der folgende Fall mit D = −19 bei ihm keinGegenstück: (23, 25, 7), (23, −21, 5), (5, 21, 23), (5, 1, 1), (1, −1, 5), (1, 1, 5).Der Reduktionsalgorithmus hat ein ähnlich günstiges Laufzeitverhalten wie derEuklidische Algorithmus, dessen Schrittzahl im Effizienzsatz (Seite 22) abgeschätztwurde. Gilt nach dem ersten Schleifenschritt a = a 1 > √ |D|, so folgt c 1 =b 2 1+|D|< a2 1+a 2 1= 1 4a 1 4a 1 2 a 1, <strong>und</strong> die anschließende Vertauschung von a 1 <strong>und</strong> c 1 ergibt,dass a bei jedem Schleifendurchlauf mindestens halbiert wird, solange a > √ |D|ist. Für a < √ |D| lässt sich mit Fallunterscheidung zeigen, dass höchstens einweiterer Reduktionsschritt benötigt wird. Damit ist die Schrittzahl kleiner als( )32 ln √|D| a+ 2.Nun ist es möglich, effizient in der Klassengruppe zu “rechnen”, indem reduzierteFormen mit anschließender Reduktion componiert werden. Da wir in dem folgendenAbschnitt nur einen Ausblick auf die weitere Entwicklung geben, die mitder Formencomposition zusammenhängt, skizzieren wir hier noch eine Anwendungder Klassengruppe positiv-definiter Formen bei der Faktorisierung natürlicherZahlen. Eine ausführliche Darstellung von algorithmischen Aspekten derelementaren <strong>und</strong> algebraischen <strong>Zahlentheorie</strong> ist in [2] enthalten. Die wichtigstenAlgorithmen der <strong>Zahlentheorie</strong> werden auch in [8] behandelt.


5.3 Binäre quadratische Formen <strong>und</strong> die Klassengruppe 161Faktorisierung mit Hilfe der KlassengruppeIn den Abschnitten 329 bis 334 von [9] beschrieb Gauß zwei Methoden zurFaktorzerlegung von natürlichen Zahlen mit Hilfe quadratischer Reste.Auf fast einer ganzen Seite erörterte er zunächst die Bedeutung solcherVerfahren für die Faktorisierung von Zahlen mit “sieben <strong>und</strong> mehr” Ziffern.Der folgende Begriff, den Gauß im Zusammenhang mit binären quadratischenFormen eingeführt hat, bildet heute die Gr<strong>und</strong>lage eines dereffizientesten Faktorisierungverfahren für Zahlen mit 60 <strong>und</strong> mehr Ziffern.Definition der ambigen FormEine primitive, positiv-definite Form f heißt ambig, wenn f mit sichselbst componiert eine Form ergibt, die zu der Einheitsform äquivalentist.Aufgr<strong>und</strong> des Theorems über die Klassengruppe (Seite 159) ist eineprimitive, positiv-definite Form (a, b, c) genau dann ambig, wenn (a, −b, c)eine zu (a, b, c) äquivalente Form darstellt. Ist (a, b, c) außerdem reduziert,so können nur die folgenden drei Fälle auftreten:i) Ist auch (a, −b, c) reduziert, so muss wegen des Satzes über eindeutigeRepräsentanten (Seite 156) (a, −b, c) = (a, b, c) gelten. Daraus folgt b =0 <strong>und</strong> damit D = −4ac.ii), iii) Ist (a, −b, c) nicht reduziert, so folgt a = b oder a = c, weil andernfalls(a, −b, c) wegen −a < −b <strong>und</strong> a < c reduziert wäre.Auch hier ergibt sich für D jeweils eine Zerlegung D = b (b − 4c) beziehungsweiseD = (b − 2a)(b + 2a). Entsprechende Produktdarstellungen gewinnenwir für die natürlichen Zahlen N : = −D mit α = mod (D, 4).4−3αWegen α = mod (b, 2) können wir b ′ : =b2−α ∈ N 1 setzen <strong>und</strong> erhaltenmit β : = 1 + α in den drei obigen Fällen N = ac, N = b ′ (2βc − b ′ )beziehungsweise N = (βa − b ′ )(βa + b ′ ).Diese Zerlegungen sind natürlich nur dann von Nutzen, wenn die entsprechendeambige Form von der Einheitsform verschieden ist. Die Voraussetzungder Existenz solcher Formen wird durch zwei weitere beeindruckendeErgebnisse aus [9] geklärt. Im Zusammenhang mit der Darstellbarkeit vonZahlen durch Formen führte Gauß den Begriff des Geschlechts von Formenklassenin einer Ordnung ein.Heute weiß man, dass diese “Geschlechter in einer Ordnung” diejenigenÄquivalenzklassen von Formen sind, die entstehen, wenn in der Definitionvon Seite 153 die Zahlen r, s, t, u rational sein dürfen (siehe [1]). Bei diesemZugang spricht man von einem Geschlecht ohne den Zusatz “in einerOrdnung”. Verwenden wir diese Bezeichnungsweise, so zeigte Gauß, dass inallen Geschlechtern, die zu derselben Diskriminante D gehören, gleich viele


162 Binäre quadratische Formen <strong>und</strong> die Klassengruppe 5.3Klassen liegen <strong>und</strong> dass es mindestens 2 Ω(−D)−2 Geschlechter gibt, wennD gerade <strong>und</strong> Ω(−D) ≥ 2 ist. Bezeichnet h die Klassenzahl, nämlich dieAnzahl der Klassen in der Klassengruppe zur Diskriminante D, so ist alsoh mindestens durch 2 Ω(−D)−2 teilbar.Wird für ungerades N ∈ N 3 als Umkehrung der obigen Abkürzung die{−N, wenn N ≡ 3 (mod 4) ist,Diskriminante D durch D : =definiert,−4N sonst,so ergeben die Resultate von Gauß zusammen mit späteren Verallgemeinerungen,dass 2 Ω(−D)−1 die Klassenzahl h teilt. Für zerlegbares N ist alsoh gerade.Wird die Verknüpfung in der Klassengruppe ohne ein Verknüpfungszeichen“multiplikativ” geschrieben, so gibt es aufgr<strong>und</strong> eines allgemeinen Satzesder Algebra wegen des Teilers 2 von h eine Klasse f, die von der neutralenKlasse e verschieden ist <strong>und</strong> für die f 2 = e gilt. Definitionsgemäß existiertdann in f eine ambige Form. Aufgr<strong>und</strong> des Theorems über die Klassengruppe(Seite 159) sind damit alle Formen von f ambig, sodass manvon einer ambigen Klasse spricht.Solche ambigen Klassen können mit einer Standardmethode der Algebrabestimmt werden: Ist t : = ν 2 (h), q : = 2 −t h <strong>und</strong> f eine Formenklasse, fürdie g : = f q nicht die neutrale Klasse darstellt, so existiert ein m ∈ A t ,mit dem g 2m eine ambige Klasse ergibt. Hier lässt sich h zunächst mitHilfe einer analytischen Formel, die wir im nächsten Abschnitt (Seite 180)angeben, in einem relativ kleinen Intervall einschließen <strong>und</strong> dann durchdie Berechnung der als Teiler von h auftretenden “Ordnungen” einer Sequenzvon Formenklassen f i exakt bestimmen, wobei die Ordnung vonf i durch min {γ ∈ N 1 ; f γ i= e} analog zur Ordnung modulo m (Seite 120)definiert ist. Die obigen Formenklassen f werden durch zufällige Wahl derzugehörigen reduzierten Form unter sinnvollen Bedingungen gewonnen.Diese Idee <strong>und</strong> ihre Ausgestaltung als Algorithmus zur Berechnung von h<strong>und</strong> zur Faktorisierung großer ungerader Zahlen N stammt von D. Shanks(1969). Drei Jahre später hat Shanks ein weiteres effizientes Faktorisierungsverfahrenveröffentlicht, das die Klassengruppe von positiven Diskriminantenverwendet. Etwa zehn Jahre danach wurde die erste Methodevon Shanks durch zwei Gruppen von <strong>Mathematik</strong>ern unabhängig voneinanderwesentlich verbessert. Typisch für alle “modernen” Primzahltests<strong>und</strong> Faktorisierungsalgorithmen ist die Verwendung einer Verallgemeinerungsstrategie,indem “höhere” mathematische Strukturen wie zumBeispiel Klassengruppen, “elliptische Kurven” <strong>und</strong> “Zahlkörper” benutztwerden. Ein Beispiel für die Letzeren gibt der nächste Abschnitt.


5.4 Quadratische Zahlkörper 1635.4 Quadratische ZahlkörperEindeutige DarstellungIst w ∈ Q + , so stellt √ w aufgr<strong>und</strong> des Satzes über rationale k-te Wurzeln (Seite56) genau dann eine rationale Zahl dar, wenn es ein v ∈ Q + mit w = v 2gibt. Im Falle −w ∈ Q + gilt stets √ w /∈ Q, weil √ w = √ |w| i eine komplexeZahl mit nicht verschwindendem Imaginärteil ist. Um Eindeutigkeit zu erreichen,werden alle Quadratwurzeln aus positiven rationalen Zahlen positiv gewählt. Da√ w ∈ C \ Q für jedes w ∈ Q gilt, das keine rationale Quadratzahl ist, kann derkleinste Unterkörper Q ( √ w ) von C bestimmt werden, der Q <strong>und</strong> √ w enthält.Die Körpereigenschaften von Q <strong>und</strong> C, die in der Zahlgenese hergeleitet werden,setzen wir hier voraus.Die Elemente von Q ( √ w ) entstehen durch endlich oft wiederholte Addition, Multiplikation<strong>und</strong> Division von rationalen Zahlen <strong>und</strong> ξ : = √ w. Sie haben deshalbzunächst die Form P (ξ)Q(ξ), wobei P <strong>und</strong> Q Polynome mit rationalen Koeffizienten<strong>und</strong> mit Q(ξ) ≠ 0 sind. Wegen ξ 2k = w k , ξ 2k+1 = w k ξ für k ∈ N <strong>und</strong>1u+v ξ = u−v ξu 2 −v 2 w für u, v ∈ Q lassen sich alle Elemente in der Form x + y√ w mitx, y ∈ Q darstellen.Wird w zerlegt als w = v 2 d mit v ∈ Q + <strong>und</strong> mit quadratfreiem d ∈ Z \ A 2 , sogilt x + y √ w = x + y v √ d für alle x, y ∈ Q. Also ist Q ( √ w ) = Q (√ d ) . Die aufdiese Weise gewonnenen quadratischen Zahlkörper Q (√ d ) mit d ausS : = {s ∈ Z \ A 2 ; |s| ist quadratfrei}können nicht weiter zurückgeführt werden. Sind nämlich d, d ′ ∈ S mit d ≠ d ′ , sogilt Q (√ d ) ≠ Q ( √ d ′ ), weil andernfalls etwa aus √ d ′ = x + y √ d mit x, y ∈ Qzunächst d ′ − x 2 − dy 2 = 2xy √ d <strong>und</strong> dann xy = 0 wegen √ d /∈ Q folgen würde.Für y = 0 ergäbe sich d ′ = x 2 /∈ S <strong>und</strong> für x = 0 wäre d ′ = dy 2 im Widerspruchzu d ′ ∈ S beziehungsweise zu d ′ ≠ d.Ein Zahlkörper Q (√ d ) heißt für d > 0 reell-quadratisch <strong>und</strong> für d < 0 imaginärquadratisch.Für die <strong>Zahlentheorie</strong> in Q (√ d ) benötigen wir einige Begriffe <strong>und</strong>Abkürzungen.


164 Quadratische Zahlkörper 5.4Bezeichnungen der Konjugation, Spur, Norm <strong>und</strong> DiskriminanteDie Abbildung ς : Q (√ d ) → Q (√ d ) , 4 x+y √ d ↦→ x−y √ d heißt Konjugation.Damit lassen sich die Abbildungen S : Q (√ d ) → Q, η ↦→ η + ς(η) <strong>und</strong>N : Q (√ d ) → Q, η ↦→ η ς(η) definieren, die Spur beziehungsweise Normgenannt werden.{ d, wenn d ≡ 1 (mod 4),Zu der Diskriminante D : =gehört die Parität4d, wenn d ≡ 2, 3 (mod 4),α = mod(D, 4) ∈ A 2 (siehe Seite 152 <strong>und</strong> Seite 159).Ganz-algebraische ZahlenDer nächste gr<strong>und</strong>legende Begriff verallgemeinert die ganzen Zahlen aus Q. Ähnlichwie die rationalen Zahlen <strong>und</strong> die ganzen Zahlen Lösungen von Gleichungenax + b = 0 beziehungsweise x + c = 0 mit a, b, c ∈ Z sind, lassen sichdie “ganz-algebraischen” Zahlen in Q (√ d ) \ Z als Lösungen von Gleichungenx 2 +ex+f = 0 mit e, f ∈ Z definieren, während alle übrigen nicht rationalen Elementejeweils einer quadratischen Gleichung mit teilerfremden ganzen Koeffizienten<strong>und</strong> mit einem von ±1 verschiedenen ganzen Quadratkoeffizienten genügen.Da mit η ∈ Q (√ d ) auch ς(η) die Ganzheitseigenschaft haben soll, können S(η)<strong>und</strong> N(η) anstelle von e <strong>und</strong> f verwendet werden.Definition der ganz-algebraischen Zahlen in Q (√ d )Eine Zahl η ∈ Q (√ d ) heißt ganz-algebraisch, wenn S(η) ∈ Z <strong>und</strong> N(η) ∈ Zgilt.Obwohl Gauß in einer 1832 veröffentlichten Arbeit über biquadratische Reste die“ganzen complexen Zahlen” in Q ( √ −1 ) untersuchte <strong>und</strong> die Bedeutung dieser“Erweiterung des Feldes der Arithmetik” unterstrich, haben die beiden großenZahlentheoretiker der nachfolgenden Generation, Dirichlet (ab 1840) <strong>und</strong> E.E. Kummer 5 (1847), die “algebraische <strong>Zahlentheorie</strong>” nur am Rande weitergeführt.Zu ihrer vollen Blüte wurde sie erst durch Kronecker (1858/1881)<strong>und</strong> Dedekind (1878) entwickelt.4 Der griechische Buchstabe ς heißt auch “Sigma”.5 Ernst Eduard Kummer (1810-1893) wirkte in Breslau <strong>und</strong> Berlin.


5.4 Quadratische Zahlkörper 165Bezeichnet R d die Menge der ganz-algebraischen Zahlen in Q (√ d ) , so ist es fürdie weiteren Untersuchungen günstig, dass die Elemente von R d explizit angegebenwerden können.Satz über ganz-algebraische ZahlenEine Zahl η ∈ Q (√ d ) ist genau dann ganz-algebraisch, wenn es u, v ∈ Zgibt, sodass η = u + vρ mit ρ : = α+√ D2gilt.Beweis (direkt, zwei Teile, Fallunterscheidung, r1):i) Ist η = u + v ρ mit u, v ∈ Z, so folgt wegen ς(η) = u + α 2 v − v 2√D, dassS(η) = 2u + α v ∈ Z <strong>und</strong> N(η) = ( u + α 2 v) 2−14 v2 D = u 2 + α u v + α−D v42 ∈ Zgilt. Also gehört η zu R d . Die Normgleichung(5.19) N(u + v ρ) = ( u + α v ) 22 −D4 v2 = u 2 + αu v + δ v 2 mit δ : = α − D ∈ Z4wird noch für weitere Anwendungen benötigt.ii) Ist η = x + y √ d ∈ R d , so ergibt sich aus s : = S(η) = 2x ∈ Z <strong>und</strong>N(η) = x 2 − dy 2 ∈ Z, dass 1 4(s 2 − d (2y) 2) ganz sein muss. Da |d| quadratfreiist, folgt v : = 2y ∈ Z <strong>und</strong> s 2 − dv 2 ≡ 0 (mod 4). Im Falle d ≡ 1 (mod 4) istdie Kongruenz äquivalent zu s ≡ v (mod 2), sodass ein u ∈ Z mit s = v + 2uexistiert. Also gilt η = s 2 + v 2√d = u + v ρ mit u, v ∈ Z.Für mod (d, 4) ∈ {2, 3} kann v wegen mod (s 2 , 4) ∈ A 2 nicht ungerade sein. Aus2 | v <strong>und</strong> s 2 ≡ 0 (mod 4) ergibt sich 2 | s, also η = s 2 + v 2√d = s + v ρ mits, v ∈ Z.Die Maximalordnung <strong>und</strong> ihre UnterringeMit Hilfe des Satzes über ganz-algebraische Zahlen <strong>und</strong> wegen(5.20) ρ 2 = α ρ − δ ∈ R dergibt sich, dass die Summe <strong>und</strong> das Produkt von Elementen aus R d wieder zu R dgehören. Damit stellt R d,1 : = (R d , + , · , 0 , 1 , −) einen Unterring von Q (√ d )dar, der aus historischen Gründen Maximalordnung (oder Hauptordnung) vonQ (√ d ) genannt wird. Ein nicht ganz in Q enthaltener Unterring R der Maximalordnungheißt Ordnung von Q (√ d ) . Diese zusätzlichen Unterringe werden


166 Quadratische Zahlkörper 5.4für die vollständige Beschreibung des Zusammenhangs zwischen binären quadratischenFormen <strong>und</strong> noch zu definierenden Strukturen in Q (√ d ) benötigt.Alle Ordnungen R von Q (√ d ) lassen sich in einfacher Weise beschreiben. WegenR ⊆ R d,1 hat jedes Element ξ ∈ R die Form ξ = x + y ρ mit x, y ∈ Z. Wirdf : = min {y ∈ N 1 ; Es gibt x ∈ Z mit x + y ρ ∈ R}gesetzt <strong>und</strong> g ∈ Z so gewählt, dass g + fρ ∈ R gilt, so folgt fρ ∈ R, weil R einenRing darstellt <strong>und</strong> g ∈ R ist. Wegen der Minimalität von f ergibt sich f | y füralle x + y ρ ∈ R.Nun ist es zweckmäßig, für a ∈ Z <strong>und</strong> b ∈ R d die folgende auch später benötigteAbkürzung einzuführen:{a, b} Z : ={ξ ∈ Q ( √ ) }d ; Es gibt u, v ∈ Z mit ξ = a u + b v .Zu jeder Ordnung R von Q (√ d ) gibt es also ein f ∈ N 1 , sodass ξ ∈ R genaudann gilt, wenn ξ in {1, f ρ} Z liegt. Umgekehrt stelltR d,f : = ( {1, f ρ} Z , + , · , 0 , 1 , − )für jedes f ∈ N 1 mit den entsprechend eingeschränkten Verknüpfungen aus R d,1einen Ring dar, weil einerseits ( {1, fρ} Z , + , 0 , − ) eine abelsche Gruppe ist <strong>und</strong>weil sich andererseits mit vollständiger Induktion ergibt, dass (f ρ) k ∈ {1, f ρ} Zfür jedes k ∈ N gilt. Den Induktionsanfang bilden aufgr<strong>und</strong> der Definition von{1, f ρ} Z die Fälle k = 0, 1, <strong>und</strong> die im Induktionsschritt durchzuführende Reduktionwird durch die aus (5.20) folgende Beziehungermöglicht.(f ρ) 2 = αf (f ρ) − f 2 δ ∈ {1, f ρ} ZIm Hinblick auf unser Ziel, eine Verbindung zu den binären quadratischen Formendes vorigen Abschnitts herzustellen, führen wir für jede Ordnung R d,f dieüblicherweise mit linearer Algebra definierte Diskriminante D f einer Ordnungals Diskriminante der quadratischen Form N(x + yf ρ) ein. Die Normgleichung(5.19) ergibt N(x + y f ρ) = x 2 + αf xy + f 2 δ y 2 . Also folgt mit der Definitioneiner Form von Seite 152D f : = α 2 f 2 − 4f 2 δ = αf 2 − f 2 (α − D) = f 2 D.Damit ist einerseits jede Ordnung R d,f irgendeines quadratischen Zahlkörperseindeutig durch ihre Diskriminante f 2 D bestimmt, <strong>und</strong> andererseits tritt jede


5.4 Quadratische Zahlkörper 167mögliche Formendiskriminante (siehe Seite 152) als Diskriminante D f genau einerOrdnung R d,f mit d ∈ S <strong>und</strong> f ∈ N 1 auf. Für diese Diskriminantenmengeverwenden wir im Folgenden die Abkürzung{D : = D ∈ Z ; mod (D, 4) ∈ A 2 <strong>und</strong> √ }D /∈ N .Als Unterring des Körpers Q (√ d ) ist jede Ordnung R d,f nullteilerfrei. Damitkann die Teilbarkeit von Elementen aus R d,f wie in Z (Seite 17) definiert werden.In der <strong>Zahlentheorie</strong> von R d,f spielen außerdem die von 1 verschiedenen“Einheiten” eine wichtige Rolle.EinheitenDefinition des Teilers <strong>und</strong> der EinheitSind β, γ ∈ R d,f , so heißt β Teiler von γ, wenn es ein ζ ∈ R d,f mit γ = β ζgibt.Ein Element η ∈ R d,f heißt Einheit von R d,f , wenn η ein Teiler von 1 ist. DieMenge der Einheiten von R d,f wird mit R ∗ d,f bezeichnet.Die Teilbarkeitstheorie in R d,f ist viel komplizierter als in Z. Der allein interessierendeFall f = 1 wird später nur gestreift <strong>und</strong> das wichtigste Ergebnis ineinem Theorem wiedergegeben. Dagegen führt der Versuch, die Einheiten vonR d,f explizit zu bestimmen, auf einen wichtigen Zugang zu den meisten der hiereine Rolle spielenden Ergebnisse über Teilbarkeit <strong>und</strong> über Einheiten.Zunächst erkennen wir, dass ( R ∗ d,f , · , 1 , /) eine abelsche Gruppe ist; denn ausη i , ϑ i ∈ R d,f mit η i ϑ i = 1 für i = 1, 2 folgt (η 1 η 2 ) (ϑ 1 ϑ 2 ) = 1 mit η 1 η 2 , ϑ 1 ϑ 2 ∈R d,f , sodass η 1 η 2 eine Einheit darstellt. Da in Q (√ d ) \ {0} die Reziproken 1 η ieindeutig durch η i1η i= 1 definiert sind, ergibt sich auch /η i : = 1 η i= ϑ i ∈ R ∗ d,f .Die Elemente dieser Gruppe, die Einheitengruppe von R d,f heißt, werden wirim nächsten Satz vollständig angeben. Dazu benötigen wir ein Kriterium für dieKomponenten x, y von x+yfρ ∈ R ∗ d,f . Für alle β i = : u i +v i√d ∈ Q(√d), i = 1, 2,gilt(5.21) ς(β 1 )ς(β 2 ) = (u 1 u 2 + dv 1 v 2 ) − (u 1 v 2 + v 1 u 2 ) √ d = ς(β 1 β 2 ).Insbesondere folgt für η ∈ Rd,f∗ <strong>und</strong> ϑ : = 1 , dass ς(η) ς(ϑ) = ς(η ϑ) = 1 ist.ηDamit gehören auch ς(η) <strong>und</strong> N(η) = η ς(η) zu Rd,f ∗ . Wegen N(η) ∈ Z muss also


168 Quadratische Zahlkörper 5.4N(η) = N(x + yfρ) = x 2 + αf xy + f 2 δ y 2 ∈ {−1, 1} gelten. Erfüllt umgekehrtη ∈ R d,f eine Gleichung N(η) = e mit e ∈ {−1, 1}, so gehört η wegen η ( e ς(η) ) =e N(η) = 1 zu R ∗ d,f . Für η = : x + yfρ ∈ R d,f gilt damit genau dann η ∈ R ∗ d,f ,wenn |N(η)| = 1 ist beziehungsweise wenn die Komponenten x, y ∈ Z einer derbeiden folgenden Gleichungen genügen:(5.22) x 2 + αf xy + f 2 δ y 2 = e mit e ∈ {−1, 1}.Aus (5.21) <strong>und</strong> wegen N(β 1 β 2 ) = (β 1 β 2 ) ς(β 1 β 2 ) = (β 1 ς(β 1 )) (β 2 ς(β 2 )) folgtaußerdem die oben angekündigte gr<strong>und</strong>legende Beziehung(5.23) N(β 1 β 2 ) = N(β 1 )N(β 2 ) für alle β 1 , β 2 ∈ Q ( √d).Im Falle d < 0 <strong>und</strong> α = 0 ergibt (5.22) N(x + yfρ) = x 2 + f 2 |d| y 2 = 1, dae = −1 für d < 0 nicht möglich ist. Für f 2 d = −1 wird x 2 + y 2 = 1 nur durchdie Ganzzahlpaare (±1, 0) <strong>und</strong> (0, ±1) erfüllt. Also ist R ∗ −1,1 = {1, −1, i, −i}. Fürf 2 d < −1 <strong>und</strong> y ≠ 0 gilt N(η) > 1. Die einzigen Einheiten sind dann 1 <strong>und</strong> −1.Ist d < 0 <strong>und</strong> α = 1, so schreiben wir (5.22) mit e = 1 in der Form 4 N(x+yfρ) =4x 2 + 4fxy + f 2 (1 − d)y 2 = (2x + fy) 2 + f 2 |d| y 2 = 4. Für f 2 d = −3 hat(2x + y) 2 + 3y 2 = 4 genau die sechs Lösungspaare (±1, ∓1), (0, ±1) <strong>und</strong> (±1, 0),(die die Einheiten 12 + 1 √ ) k2 −3 für k ∈ A6 ergeben. Da kein weiteres d ∈ S mit−7 < d < 0 <strong>und</strong> d ≡ 1 (mod 4) existiert <strong>und</strong> da für f 2 d ≤ −7 aus y ≠ 0 dieUngleichung (2x + fy) 2 + f 2 |d| y 2 ≥ 7 folgen würde, bleiben hier nur die beidentrivialen Einheiten η = ±1.In reell-quadratischen Zahlkörpern ist die Situation ganz anders. Zum Beispielstellt ε 1 : = 1 + √ 2 eine Einheit aus R ∗ 2,1 dar. Da die Einheiten von R ∗ 2,1 eineGruppe bilden <strong>und</strong> da ε 1 > 1 ist, besteht die streng monoton wachsende Folge(ε n 1) n∈Naus unendlich vielen verschiedenen Einheiten von R ∗ 2,1. Außerdem gilthier N(ε 1 ) = −1. Mit (5.23) folgt daraus N(ε 2k1 ) = 1 <strong>und</strong> N(ε 2k+11 ) = −1 für√jedes k ∈ N 1 . Insbesondere ergeben die Paare (x k , y k ) mit x k + y k 2 : = ε2k1 =( √ ) k3 + 2 2 unendlich viele Lösungen der auf Seite 27 erwähnten Fermat-Pell-Gleichungen x 2 − my 2 = 1 für m = 2.Tatsächlich führt jede Lösung (x, y) ∈ Z 2 einer Gleichung x 2 − my 2 = 1 zu einerEinheit einer Ordnung R d,f . Sind ν p (m) die Exponenten [ der formalen Darstellungνvon m (Seite 52), so erhalten wir mit α p (m) : = p (m)] 2 <strong>und</strong> βp (m) : = mod


5.4 Quadratische Zahlkörper 169(νp (m), 2 ) die eindeutig bestimmten Faktoren f : = ∏ p αp(m) <strong>und</strong> d : = ∏ p βp(m) ,p∈Pp∈Pfür die d ∈ S ∩ N , f ∈ N 1 <strong>und</strong> m = f 2 d gilt. Aus x 2 − f 2 d y 2 = 1 <strong>und</strong> derNormgleichung (5.19) folgt dann(5.24) (x − αfy) + fy ρ ∈ R ∗ d,f.Da wir im nächsten Satz zu jeder Ordnung R d,f alle Einheiten angeben werden,sind damit auch alle Lösungen der Fermat-Pell-Gleichungen bestimmt.Die Hauptschwierigkeit bei der Herleitung der noch fehlenden Einheitendarstellungenbesteht in dem Nachweis dafür, dass Rd,f ∗ \ {−1, 1} ≠ ∅ für alle d ∈ S ∩ N<strong>und</strong> f ∈ N 1 gilt. Ist η ∈ Rd,f ∗ \{−1, 1}, so stellen η 1 : = η, η 2 : = 1 η , η 3 : = −η <strong>und</strong>η 4 : = − 1 η vier verschiedene Einheiten dar, weil die Komponentenpaare (x i, y i ) vonη i = : x i +y i√d, i ∈ I4 , in je einem der vier Quadranten liegen. Da diese Einheitenaußerdem dieselbe Norm e haben <strong>und</strong> sign ( x i (1 + e) + y i (1 − e) ) η sign(x iy i )i > 1 fürjedes i ∈ I 4 gilt, ist genau diejenige Einheit η i größer als 1, deren Komponentenbeide positiv sind.Für den Größenvergleich der Elemente von Q (√ d ) mit d ∈ S ∩ N wird dieAnordnung von R nicht benötigt, weil x + y √ d > 0 mit x, y ∈ Q genau danngilt, wenn x ≥ 0, y ≥ 0 <strong>und</strong> (x, y) ≠ (0, 0) oder wenn (sign x)(sign y) = −1 <strong>und</strong>(sign x) ( x 2 −dy 2) > 0 erfüllt ist. Im Vorgriff darauf, dass wir { η ∈ R ∗ d,f ; η > 1} ≠∅ für jedes d ∈ S ∩ N <strong>und</strong> alle f ∈ N 1 beweisen werden, definieren wir unterAnwendung des Minimumsatzes (Seite 11) die Gr<strong>und</strong>einheiten(5.25) ε d,f : = min { η ∈ R ∗ d,f ; η > 1 } ,mit deren Hilfe sich alle Einheiten von R d,f darstellen lassen.EinheitensatzFür d ∈ S <strong>und</strong> f ∈ N 1 gilt⎧{( ) 12⎪⎨+ 1 k }2√3i ; k ∈ A6 , wenn D f = −3,{ }Rd,f ∗ i=k ; k ∈ A 4 , wenn Df = −4,{−1, 1}, wenn D f ∈ D mit D f < −4,⎪⎩{eεkd,f ; e ∈ {−1, 1} <strong>und</strong> k ∈ Z } , wenn D f ∈ D ∩ N,wobei ε d,f die in (5.25) definierte Gr<strong>und</strong>einheit ist.


170 Quadratische Zahlkörper 5.4Beweis (des vierten Falles, 1. Teil: Induktion, 2. Teil: Induktion <strong>und</strong> Widerspruch,3. Teil: Widerspruch, h2):i) Kettenbruchentwicklung von √ mDa die ersten drei Teile des Satzes vorweg behandelt wurden, fehlen nur nochdie Ordnungen in reell-quadratischen Zahlkörpern. Um geeignete Lösungen derentsprechenden Fermat-Pell-Gleichungen zu finden, entwickeln wir α 1 : = √ m fürm : = f 2 d in einen Kettenbruch (siehe Seite 23), wobei wir weitgehend Lagrange(1767) folgen. Mit q 1 : = [α 1 ] ist α 2 : = 1 = √ 1α 1 −q 1 m−q1, <strong>und</strong> √ m − 1 < q 1 < √ mergibt α 2 > 1. Wegen ς(α 2 ) = −√ 1m+q1gilt außerdem −1 < ς(α 2 ) < 0, <strong>und</strong>√ m+b2schließlich hat α 2 die Form α 2 = mit(5.26) b 2 : = q 1 ∈ N 1 <strong>und</strong> a 2 : = m − q 2 1 ∈ N 1 .a 2Die Erk<strong>und</strong>ungsstrategie mit einigen konkreten Werten für m lässt uns vermuten,dass die entsprechenden drei Eigenschaften(5.27) α n > 1, −1 < ς(α n ) < 0 <strong>und</strong> α n =√ m + bna nmit a n , b n ∈ N 1für alle vollständigen Quotienten α n mit n ∈ N 2 vorliegen. Der Fall n = 2 <strong>und</strong>die aus (5.26) folgende Gleichung a 2 = m − b 2 2 sind dann der Induktionsanfangfür die vollständige Induktion mit der Induktionsmenge{M : = k ∈ N 2 ; α k erfüllt (5.27), <strong>und</strong> es gilt a k | ( m − bk) } 2 .Es sei n ∈ M. Mit q n : = [α n ] ∈ N 1 gilt wie oben α n+1 =1ς(α n+1 ) = ς (α n) − q n < −1 liefert −1 < ς (α n+1 ) < 0.1α n −q n> 1, <strong>und</strong>Aus α n =√ m + bna nfolgtα n+1 ==a√ nm + bn − a n q n√ m + (an q n − b n )(m − (an q n − b n ) 2) .a −1nWegen a n | (m − b 2 n) gilt m−(a n q n −b n ) 2 = m−a 2 nq 2 n+2a n b n q n −b 2 n ≡ 0 (mod a n ).Definieren wir also(5.28) b n+1 : = a n q n − b n <strong>und</strong> a n+1 : = m − b2 n+1a n,


5.4 Quadratische Zahlkörper 171so ergibt sich zunächst b n+1 ∈ Z <strong>und</strong> a n+1 ∈ Z \ {0}. Mit den ersten beidenAussagen von (5.27) erhalten wir(5.29) 1 < α n+1 − ς (α n+1 ) = 2√ ma n+1<strong>und</strong> 0 < α n+1 + ς (α n+1 ) = 2 b n+1a n+1.Daraus folgt a n+1 > 0, b n+1 > 0 <strong>und</strong> damit a n+1 , b n+1 ∈ N 1 . Wegen der zweitenAussage von (5.28) ist außerdem m−b2 n+1a n+1= a n ∈ N 1 . Zusammenfassend gilt alson + 1 ∈ M, <strong>und</strong> der Induktionssatz (Seite 12) ergibt M = N 2 . Insbesonderebilden die vollständigen Quotienten α n eine (nicht abbrechende) Folge.ii) Periodizität der KettenbruchentwicklungDer erste Teil von (5.29) ergibt a n < 2 √ m, <strong>und</strong> wegen ς (α n ) < 0 ist b n 2 ist <strong>und</strong> zeigen, dass sich dann einWiderspruch ergibt.Aus α k−1 = q k−1 + 1 folgtα kς (α k−1 ) = q k−1 + 1ς (α k ) = q 1k−1 +ς (α k+λ )= q k−1 − q k−1+λ + ς (α k−1+λ ) .Also gilt einerseitsς (α k−1 ) − ς (α k−1+λ ) = q k−1 − q k−1+λ ∈ Z,<strong>und</strong> andererseits ergibt die zweite Aussage von (5.27)−1 < ς (α k−1 ) − ς (α k−1+λ ) < 1.Damit muss ς (α k−1 ) = ς (α k−1+λ ) sein, woraus unmittelbar α k−1 = α k−1+λ folgt.Also erhalten wir nur dann keinen Widerspruch zur Minimalität von k, wennk = 2 gilt.


172 Quadratische Zahlkörper 5.4Vollständige Induktion ergibt nun(5.30) a 2+vλ = a 2 <strong>und</strong> b 2+vλ = b 2 für alle v ∈ N 1 .iii) Lösungen der Fermat-Pell-Gleichungen <strong>und</strong> Darstellung aller EinheitenMit (5.26), (5.30) <strong>und</strong> mit der zweiten Aussage von (5.28) erhalten wir(5.31) 1 = m − b2 2a 2= m − b2 2+vλ= a 1+vλ für jedes v ∈ N 1 .a 2+vλIndem in (2.7) α 1 = √ m <strong>und</strong> α s =√ m+bsa sgesetzt wird, folgt√ m =P s−1(√ m + bs)+ Ps−2 a sQ s−1(√ m + bs)+ Qs−2 a s.Multiplikation mit dem Nenner <strong>und</strong> Zusammenfassung der rationalen Teile liefert(Qs−1 b s + Q s−2 a s − P s−1)√ m =(Ps−1 b s + P s−2 a s − m Q s−1).Aufgr<strong>und</strong> des Rationalitätskriteriums für √ m (Seite 37) mussQ s−1 b s + Q s−2 a s = P s−1 <strong>und</strong> P s−1 b s + P s−2 a s = m Q s−1gelten. Subtrahiert man das Q s−1 -Fache der zweiten Gleichung von dem P s−1 -Fachen der ersten, so erhält man(Ps−1 Q s−2 − P s−2 Q s−1)as = P 2s−1 − m Q 2 s−1,<strong>und</strong> mit (2.9) folgtP 2s−1 − m Q 2 s−1 = (−1) s−1 a s .Wird s = 1 + vλ gewählt, so ergibt (5.31)(5.32) P 2vλ − m Q 2 vλ = (−1) vλ für jedes v ∈ N 1 .Mindestens für jedes gerade v erhalten wir also eine Lösung (P vλ , Q vλ ) ∈ N 2 1der Fermat-Pell-Gleichung x 2 − my 2 = 1. Wegen (5.24) haben wir damit sogarunendlich viele η ∈ R ∗ d,f mit η > 1 <strong>und</strong> können ε d,f durch (5.25) definieren.Da ( R ∗ d,f , · , 1 , /) eine abelsche Gruppe darstellt (siehe Seite 167), sind mit 1, −1<strong>und</strong> ε d,f auch ε k d,f <strong>und</strong> −ε k d,f für alle k ∈ Z Elemente von R ∗ d,f .Wir nehmen an, dass es ein ϑ in ˜R d,f ∗ : = R d,f ∗ \ { eεd,f k ; e ∈ {−1, 1} <strong>und</strong> k ∈ Z}gibt. Mit ϑ liegen auch 1 ϑ , −ϑ <strong>und</strong> − 1 ϑ in ˜R d,f ∗ . Deshalb genügt es, den Fallϑ > 1 zu einem Widerspruch zu führen. Da die Folge ( )εd,fn streng monotonn∈N


5.4 Quadratische Zahlkörper 173wachsend <strong>und</strong> unbeschränkt ist, existiert ein h ∈ N, sodass εd,f h < ϑ < ε h+1d,fworaus(5.33) 1 < ϑ ε −hd,f < ε d,ffolgt. Wegen der Gruppeneigenschaft von Rd,f ∗ −hstellt ϑ εd,fein Element aus R d,f∗dar, dessen Größenbeziehungen aus (5.33) aber einen Widerspruch zur Minimalitätvon ε d,f ergeben. Also muss ˜R ∗ d,f = ∅ gelten.Da auch die kleinste mit der Kettenbruchentwicklung von √ m gewonnene Einheit√eine Potenz von ε d,f = : x 1 + y 1 m ist, sind ihre Komponenten obere Schrankenvon x 1 beziehungsweise y 1 . Verwendet man die ganzzahlige Darstellung von(5.24), so benötigt man also nur endlich viele Versuche, um ε d,f als Lösung von(5.22) zu finden. Effiziente Algorithmen zur Bestimmung der Gr<strong>und</strong>einheit werdenin [2] (Seite 269 f.) hergeleitet.Produktdarstellungen <strong>und</strong> IdealeJede Einheit aus Rd,f∗ ist Teiler aller Elemente von R d,f. Bei dem Versuch, dieElemente von ̂R d,f : = R d,f \ ( Rd,f ∗ ∪ {0}) so weit wie möglich zu zerlegen, sindalso die Einheiten als Faktoren auszunehmen. Die “unzerlegbaren Zahlen” werdendeshalb durch die folgende Definition erfasst, die auch den Begriff für die“Zusammengehörigkeit” solcher Elemente enthält.gilt,Definition der irreduziblen <strong>und</strong> der assoziierten ElementeEin Element β ∈ ̂R d,f heißt irreduzibel, wenn β ≠ γ ζ für alle γ, ζ ∈ ̂R d,f gilt.Zwei Elemente β, ϑ ∈ ̂R d,f heißen assoziiert, wenn es ein ε ∈ R ∗ d,f mit β = ε ϑgibt.Vollständige Induktion mit der Induktionsmenge M : = {k ∈ N 1 ; Jedes β ∈ R d,f\{0} mit Ω (|N(β)|) ∈ I k ist Produkt von irreduziblen Elementen} unter Verwendungvon (5.23) ergibt, dass jedes β ∈ ̂R d,f als Produkt von endlich vielenirreduziblen Elementen geschrieben werden kann.Ein Beispiel zeigt, dass es Maximalordnungen gibt, in denen die Zerlegung in irreduzibleElemente nicht eindeutig ist: In R −5,1 gilt 9 = 3·3 = ( 2 + i √ 5 ) ( 2 − i √ 5 ) .Mit Hilfe der Normabbildung weist man nach, dass 3, 2 + √ 5 <strong>und</strong> 2 − √ 5 paarweisenicht assoziierte, irreduzible Elemente von R −5,1 darstellen. Deshalb sinddie beiden Zerlegungen von 9 “wesentlich verschieden”.


174 Quadratische Zahlkörper 5.4Hier braucht nicht erklärt zu werden, wann man von einer Maximalordnung miteindeutiger Faktorzerlegung spricht, weil nur ein sehr kleiner Teil aller Maximalordnungendiese Eigenschaft hat. Deshalb war es ein “Meilenstein” der <strong>Zahlentheorie</strong>,als Kummer um 1850 einen Weg zur Herstellung einer eindeutigen Zerlegungfand, indem er zunächst bemerkte, dass nicht assoziierte irreduzible Zahleneiner Maximalordnung R d,1 einen größten gemeinsamen Teiler haben können, dernicht zu Q (√ d ) gehört. Er nannte diese Teiler “ideale Zahlen” <strong>und</strong> konnte 1856zeigen, dass sich mit ihrer Hilfe alle Elemente von ̂R d,1 <strong>und</strong> allgemeiner alle entsprechendenElemente aus algebraischen Zahlkörpern 6 eindeutig zerlegen lassen.Dedekind gelang es 1871, eine dazu äquivalente Erweiterung mit Hilfe derjenigenTeilmengen von R d,1 zu konstruieren, die aus allen durch eine gegebenen idealeZahl teilbaren Elementen bestehen. Diese Strukturen, die - wie in der folgendenDefinition - unabhängig von idealen Zahlen eingeführt werden können, benötigenwir auch für die Herstellung des Zusammenhangs mit quadratischen Formen.Definition des Ideals, des Hauptideals <strong>und</strong> des PrimidealsIst (R, +, ·, 0, 1, −) ein Ring <strong>und</strong> a eine nicht leere Teilmenge von R, so heißta Ideal von R, wenn gilt:a) a + b ∈ a <strong>und</strong> −c ∈ a für alle a, b, c ∈ a,b) ra ∈ a für alle r ∈ R <strong>und</strong> jedes a ∈ a.Ein Ideal a heißt Hauptideal von R, wenn es ein a ∈ R gibt, sodass a ={ar ; r ∈ R} gilt. Man schreibt dann (a) anstelle von a <strong>und</strong> entnimmt denzugehörigen Ring aus dem Kontext.Ein Ideal p heißt Primideal von R, wenn p ≠ R ist <strong>und</strong> wenn ab /∈ p für allea, b ∈ R \ p gilt.Jeder Ring R enthält die “trivialen” Ideale (0) <strong>und</strong> (1) = R. Sind a, b Ideale vonR, so lässt sich durch{a b : = x ∈ R ; Es gibt n ∈ N 1 , a i ∈ a, b i ∈ b, i = 1, . . . , n, mit x =n∑}a i b ieine Multiplikation von Idealen definieren, die wieder ein Ideal ergibt <strong>und</strong> bei der6 Ein Q enthaltender Körper K heißt algebraischer Zahlkörper, wenn jedes Element von KNullstelle eines nicht identisch verschwindenden Polynoms mit rationalen Koeffizienten ist <strong>und</strong>wenn K als Vektorraum über Q eine endliche Dimension hat.i=1


5.4 Quadratische Zahlkörper 175(1) das “neutrale Ideal” darstellt. Nennt man ein Ideal c ≠ (0) Teiler des Idealsa, wenn es ein Ideal b mit a = b c gibt, so ist ein Ideal p ≠ (1) genau dann einPrimideal, wenn p nur die Ideale (1) <strong>und</strong> p als Teiler hat.Für die Ringe der ganz-algebraischen Elemente in beliebigen algebraischen Zahlkörpernkonnte Dedekind 1894 beweisen, dass sich jedes von (1) verschiedeneIdeal eindeutig als Produkt von Primidealen darstellen lässt.Um diese Zerlegung für R d,1 nutzen zu können, wird jedem Element a von R d,1das Hauptideal (a) zugeordnet, wobei zwei Hauptideale (b) <strong>und</strong> (c) genau dannübereinstimmen, wenn b <strong>und</strong> c assoziiert sind.Ist R d,f eine beliebige Ordnung von Q (√ d ) , so lässt sich jedes Ideal von R d,f inder Form(5.34)a ={a ′ , γ (b + √ )}D2fZb 2 ≡ D f (mod 4a ′ ), γ ∈ N 1 <strong>und</strong> γ | a ′mit a ′ : = min (a ∩ N 1 ) , b ∈ Z,schreiben. Für Primzahlen p ∈ P ⊂ R d,1 kann dann mit Hilfe des Legendre-Symbols die Zerlegung von (p) als Produkt von Primidealen explizit angegebenwerden.Theorem über Darstellungen als PrimidealproduktEs sei D die Diskriminante von Q (√ d ) <strong>und</strong> p ∈ P.a) Ist p | D, so gilt (p) = p 2 mit p : = {p,1+ρ} Z für p = 2, D ≡ 12 (mod 16),<strong>und</strong> p : = {p, ρ} Z sonst.b) Im Falle ( Dp)= −1 stellt (p) ein Primideal dar.( ) { }Dc) Fürp = 1 ergibt sich (p) = p1 p 2 mit p 1 : = p, b+√ D<strong>und</strong> p22 : =Z{ }≠ p 1 , wobei b eine Lösung der Kongruenz b 2 ≡ D (mod 4p)ist.p, −b+√ D2ZDie IdealklassengruppeIst A eine nicht leere Teilmenge von Q (√ d ) <strong>und</strong> c ∈ Q (√ d ) \ {0}, so sei imFolgendencA : ={x ∈ Q ( √ ) }d ; Es gibt ein y ∈ A mit x = cy <strong>und</strong>


176 Quadratische Zahlkörper 5.4ς(A) : ={x ∈ Q ( √d); Es gibt ein y ∈ A mit x = ς(y)}.Die Ideale von R d,f bilden bezüglich der Multiplikation von Idealen im Allgemeinenkeine Gruppe, weil nicht zu jedem von (0) verschiedenen Ideal ein Inversesexistiert. Dieses Defizit im Hinblick auf unser Ziel, eine Verbindung zu den Klassengruppenherzustellen, wird in der nächsten Definition mit einer Begriffserweiterung<strong>und</strong> einer Einschränkung behoben.Definition des gebrochenen Ideals <strong>und</strong> des invertierbaren IdealsEine nicht leere Teilmenge c von Q (√ d ) , die die Eigenschaften a) <strong>und</strong> b) derIdeale von R d,f hat, heißt gebrochenes Ideal von R d,f , wenn es ein n ∈ N 1 gibt,sodass nc ein Ideal von R d,f ist. Zur Unterscheidung werden die ursprünglichenIdeale auch ganze Ideale genannt.Ein gebrochenes Ideal a von R d,f heißt invertierbar, wenn es ein gebrochenesIdeal b von R d,f gibt, sodass ab = R d,f gilt, wobei das Produkt von gebrochenenIdeale wie bei ganzen Idealen definiert wird. Solch ein Ideal b, daseindeutig bestimmt ist, wird Inverses von a genannt.Das Produkt von gebrochenen Idealen ist kommutativ <strong>und</strong> assoziativ. Außerdemstellt das Produkt von invertierbaren Idealen wegen der Kommutativität eininvertierbares Ideal dar. Damit ist die Menge der von (0) verschiedenen invertierbarenIdeale mit der Multiplikation von gebrochenen Idealen <strong>und</strong> mit (1) = R d,fals neutralem Element eine abelsche Gruppe.Für die Angabe eines Invertierbarkeitskriteriums, das auch zu einer explizitenForm des Inversen führt, <strong>und</strong> für die entscheidende Abbildung von Idealen aufquadratische Formen benötigt man die Norm N(a) von Idealen a. Von den verschiedenenEinführungsmöglichkeiten wählen wir diejenige, die auf der explizitenForm (5.34) der Ideale beruht. Wird γ ausgeklammert <strong>und</strong> durch einen Faktor naus der Definition des gebrochenen Ideals dividiert, so ergibt sich eine Darstellung{(5.35) a = β a, b+√ }D fmit a : = a ′2γ ∈ N 1 <strong>und</strong> β : = γ n ∈ Q+ .Z()βa 0Als Betrag der Determinante der “Übergangsmatrix” 1β(b − αf) β von2(1, fρ) zu (βa, β b+√ D f) kann dann2


5.4 Quadratische Zahlkörper 177(5.36) N(a) : = β 2 agesetzt werden. Da für alle gebrochenen Ideale a von R d,f auch ς(a) ein gebrochenesIdeal ist <strong>und</strong> da a ς(a) = ( N(a) ) genau für die invertierbaren Ideale a1von R d,f gilt, stellt ς(a) das Inverse zu a ≠ (0) dar. Insbesondere folgt, dassN(a)alle von (0) verschiedenen gebrochenen Ideale von R d,1 invertierbar sind. Mit der{Darstellung (5.35) lässt sich außerdem zeigen, dass a = β a, b+√ }D fgenau2dann invertierbar ist, wenn ggT(a, b, c) = 1 gilt, wobei c : = 14a (b2 − D f ) ∈ Zgesetzt wird.Wesentlich einfacher als die Äquivalenz von quadratischen Formen lässt sich dieÄquivalenz von Idealen beschreiben.Definition der Äquivalenz von IdealenZwei von (0) verschiedene gebrochene Ideale a, b von R d,f heißen äquivalent,wenn es ein α ∈ Q (√ d ) \ {0} mit a = αb gibt.Die beiden Ideale werden äquivalent im engeren Sinne genannt, wenn einα ∈ Q (√ d ) mit N(α) > 0 existiert, sodass a = αb gilt.ZIm Falle D f < 0 fallen beide Begriffe stets zusammen, weil aus (5.19) folgt, dassN(α) für jedes α ∈ Q (√ d ) \{0} positiv ist. Für D f > 0 ist die Äquivalenz zweierIdeale genau dann mit der Äquivalenz im engeren Sinne gleichbedeutend, wennN(ε d,f ) = −1 gilt, weil sich dann N(αε d,f ) > 0 für jedes α mit N(α) < 0 ergibt,während die Ideale bei der Multiplikation mit ε d,f ungeändert bleiben.Beide Äquivalenzbegriffe erfüllen die drei unter anderem im Beweis des Satzesüber Formenäquivalenz (Seite 153) auftretenden Bedingungen für eine Äquivalenzrelation.Eine Äquivalenzklasse heißt nun Idealklasse beziehungsweise Idealklasseim engeren Sinne . Die Multiplikation von invertierbaren Idealen, diezu zwei invertierbaren Idealen a beziehungsweise b (im engeren Sinne) äquivalentsind, ergibt ein invertierbares Ideal aus der Äquivalenzklasse (im engerenSinne) von ab. Die Menge der Idealklassen (im engeren Sinne) zusammen mitder durch Multiplikation beliebiger Repräsentanten der Klassen erklärten Verknüpfungstellt eine abelsche Gruppe dar, deren neutrales Element die aus alleninvertierbaren Hauptidealen von R d,f bestehende Idealklasse ist. Diese Gruppeheißt Idealklassengruppe (im engeren Sinne) der Ordnung R d,f .


178 Quadratische Zahlkörper 5.4In jeder Idealklasse liegt wegen (5.35) genau ein ganzes Ideal, bei dem in der{Darstellung (5.34) γ = 1 ist, das also die Form a = a, 1 ( √ ) }2 b + Df mitZa ∈ N 1 , b ∈ Z <strong>und</strong> b 2 ≡ D f (mod 4a) hat. Einem solchen Ideal lässt sich direktdie quadratische Form (a, b, c) mit c : = 14a (b2 − D f ) ∈ Z zuordnen. Aufgr<strong>und</strong>des zweiten der obigen Invertierbarkeitskriterien (Seite 177) gilt ggT(a, b, c) = 1,sodass (a, b, c) eine primitive quadratische Form darstellt.Um zeigen zu können, dass bei dieser Zuordnung von Repräsentanten auch diezugehörigen Klassen aufeinander abgebildet werden, geht man von einer etwasallgemeineren Darstellung der gebrochenen Ideale aus.Definition der Z-Basis <strong>und</strong> der zulässigen Z-Basis eines IdealsEs sei a ein gebrochenes Ideal. Ein Paar (g, h) mit g, h ∈ a <strong>und</strong> gx + hy ≠ 0für alle (x, y) ∈ Q 2 \ {(0, 0)} heißt Z-Basis von a, wenn a = {g, h} Z gilt.Die Z-Basis (g, h) eines Ideals von R d,f√1( )hς(g) − gς(h) > 0 erfüllt ist.dwird als zulässig bezeichnet, wennIst (g, h) eine zulässige Z-Basis von a, so definiert man die quadratische FormdurchF g,h (x, y) : =N(gx − hy),N(a)wobei N(a) wie bei der Begründung von (5.36) der Determinantenbetrag derjenigenMatrix ist, die die Q-lineare Abbildung von (1, fρ) auf (g, h) beschreibt.Bei (5.35) mit β = 1 ist wegen (5.36) N(a) = a, <strong>und</strong> mit h : =2( 1 √ )b + Df folgt(F a,h (x, y) = 1 a N ax+ 1 ( √ ) )2 b+ Df y = 1 (a ax+12 by) 2−14a D fy 2 = ax 2 +bxy+cy 2 .Wegen N(αa) = |N(α)|N(a) ist F αg,αh (x, y) = N(α)|N(α)| F g,h(x, y). Für N(α) > 0ergibt sich also F αg,αh (x, y) = F g,h (x, y).Da die Definition von F g,h (x, y) von der jeweiligen Z-Basis (g, h) von a abhängt,ist für die Wohldefiniertheit der Abbildung zwischen den entsprechenden Äquivalenzklassennoch zu zeigen, dass alle zulässigen Z-Basen von a zu äquivalentenFormen führen <strong>und</strong> dass umgekehrt äquivalente Formen aus entsprechendenzulässigen Z-Basen von im engeren Sinne äquivalenten Idealen entstehen. Dieeinfachen Beweise mit linearer Algebra, die im Wesentlichen in [2] zu finden sind,


5.4 Quadratische Zahlkörper 179können in diesem Ausblick übergangen werden. In dem folgenden Theorem, dasdie angekündigte Verbindung zwischen quadratischen Formen <strong>und</strong> neueren Strukturenenthält, bezeichnen Querstriche die jeweiligen Äquivalenzklassen.Theorem über die IdealklassengruppeFür D f ∈ D sei C(D f ) die Idealklassengruppe im engeren Sinne der OrdnungR d,f mit der Diskriminante D f , <strong>und</strong> F(D f ) sei die Klassengruppe der primitivenquadratischen Formen mit der Diskriminante D f , wobei für D f < 0nur positiv-definite Formen berücksichtigt werden. Ist (g, h) eine zulässigeZ-Basis des invertierbaren Ideals a von R d,f , so sind( )N(gx − hy)C(D f ) → F(D f ) , {g, h} Z ↦→<strong>und</strong>N(a){F(D f ) → C(D f ) , (a, b, c) ↦→ α a,(b 1 + √ )}D2fZ{ ρ, wenn d > 0 <strong>und</strong> a < 0,mit α : =1, sonst,wohldefinierte, bijektive, zueinander inverse Abbildungen, die das Produktvon Idealklassen in die Composition der entsprechenden Formenklassenüberführen <strong>und</strong> umgekehrt.Im Satz über die Klassenanzahl (Seite 155) wurde nachgewiesen, dass F(D f ) fürjedes D f ∈ D endlich ist. Wegen der bijektiven Abbildung von F(D f ) auf C(D f )gilt card C(D f ) = card F(D f ) . Als Klassenzahl h (D f ) von R d,f wird in Übereinstimmungmit der Definition auf Seite 162 die Anzahl der Idealklassen (imgewöhnlichen Sinne) bezeichnet. Für f = 1 nennt man h = h(D) die Klassenzahldes quadratischen Zahlkörpers Q (√ d ) . Sie ist eine wichtige charakteristischeGröße der quadratischen Zahlkörper mit einer Reihe von Anwendungen. ZumBeispiel gilt h = 1 genau dann, wenn alle Ideale von Q (√ d ) Hauptideale sind,woraus sich ergibt, dass in R d,1 die Zerlegung in irreduzible Elemente eindeutigist.Gauß hat umfangreiche Klassenzahltabellen berechnet, die aber erst in seinemNachlass veröffentlicht wurden. Außerdem leitete er Mittelwertformeln her <strong>und</strong>erkannte dabei einen wesentlichen Unterschied zwischen den Klassenzahlen fürpositive <strong>und</strong> für negative Diskriminanten. Der Gr<strong>und</strong> dafür wurde klar, als Di-


180 Quadratische Zahlkörper 5.4richlet 1839 als weiteren Höhepunkt in der Geschichte der <strong>Zahlentheorie</strong> eineanalytische Klassenzahlformel für alle algebraischen Zahlkörper bewies. Der Spezialfallfür quadratische Zahlkörper bildet den Abschluss dieses Ausblicks, weildamit einerseits die nachhaltige Wirkung der vielen Ideen von Gauß erkennbarwird <strong>und</strong> weil andererseits die Arbeitsweisen der großen Zahlentheoretiker desneunzehnten Jahrh<strong>und</strong>erts auch mächtige Problemlösestrategien eröffnet haben.Für die Darstellung von h(D) wird eine der auf Seite 72 eingeführten L-ReihenL(s, χ) von Dirichlet benötigt <strong>und</strong> zwar diejenige, die für k = |D| zu demeindeutig bestimmten Charakter χ : N 1 → {−1, 0, 1} gehört, der die auf Seite72 genannten Eigenschaften hat <strong>und</strong> der die Bedingung erfüllt, dass mindestensein n ∈ N 1 mit χ(n) = −1 existiert.Während χ(n) = 0 für alle n ∈ N 1 mit ggT(n, D) > 1 gilt, lassen sich die übrigenWerte durch Jacobi-Symbole ausdrücken:⎧( n)für d ≡ 1 (mod 4),|d|⎪⎨χ(n) = (−1) n−1()2 nfür d ≡ 3 (mod 4),|d|[ n+1]+ ⎪⎩n−1 u−1 ((−1) 4 2 2 n|u|)für d = 2u mit u ∈ Z <strong>und</strong> 2 ∤ u.Theorem über die Klassenzahlformel (Dirichlet, 1839)Für D ∈ D gilt⎧ √D ⎪⎨ L(1, χ), wenn D > 0,h(D) =2 ln ε d,1( ) ⎪⎩√ card R∗|D|d,1 L(1, χ), wenn D < 0,2πmit⎧⎪⎨ − 1 D∑√ χ(n) ln sin nπ , wenn D > 0,D n=1DL(1, χ) =⎪⎩ −√ π ∑|D|n χ(n), wenn D < 0.|D|3n=1


Kapitel 6Problemlösestrategien in der<strong>Zahlentheorie</strong>6.1 Beschreibung des KonzeptsIm Vorwort <strong>und</strong> in Abschnitt 2.4 über die Gaußsche Erk<strong>und</strong>ungsstrategie wurdedarauf hingewiesen, dass der Problemlöseteil als Strang einerseits in denLehrbuchtext integriert ist <strong>und</strong> dass andererseits in diesem letzten Kapitel diewichtigsten Aspekte systematisch dargestellt werden sollen. Damit unterscheidetsich unser Aufbau wesentlich von dem üblichen Vorgehen in Büchern über<strong>Problemlösen</strong>, die jeweils heuristische Strategien an Beispielen vorführen <strong>und</strong> anschließenddazu passende Aufgaben oder Probleme zusammenstellen.Deshalb wird zunächst skizziert, welchen Beitrag die zugehörigen Bücher aus demLiteraturverzeichnis für das <strong>Problemlösen</strong> in der <strong>Zahlentheorie</strong> liefern. Danachbehandeln wir ausführlich die im Buchtext schon eingeführten Strategien <strong>und</strong>ergänzen sie durch weitere Methoden <strong>und</strong> Beispiele aus den zitierten Büchern.Hier wird versucht, den geringeren Umfang unseres Heuristikteils dadurch auszugleichen,dass wir die besonderen Chancen nutzen, die die elementare <strong>Zahlentheorie</strong>im Vergleich mit allen übrigen in <strong>Mathematik</strong>wettbewerben berücksichtigtenBereichen bietet. Dabei helfen sowohl die Erfahrungen, die mit den 61 Problemendieses Buches in den im Vorwort beschriebenen Problemseminaren gesammeltwurden, als auch die sorgfältig entwickelte Darstellung jeder Lösung in jeweilseiner eigenen verschlüsselten Pdf-Datei.181


182 Heuristikbücher 6.2Mit der Verschlüsselung wird die Notwendigkeit unterstrichen, zum Erwerben vonProblemlösefähigkeiten selber Probleme zu lösen <strong>und</strong> nicht einfach die Lösungenzu lesen. Die aus den Besprechungen zum Problemseminar bekannte Ratlosigkeitvieler Teilnehmer soll hier durch eine Reihe von Maßnahmen behoben oder gemildertwerden. Dazu gehören unter anderem die Zuordnung der Probleme zudrei Schwierigkeitsklassen in einer abschließenden Tabelle (Seite 234) <strong>und</strong> dasAufdecken von “Signalen”. Die Idee für die letzte Hilfestellung stammt aus derim Vorwort genannten Staatsexamensarbeit von Stefan Krämer, die inzwischenvollständig im Mathkompass verfügbar ist.Bei Anleitungen entsteht ein Dilemma, weil einerseits nicht zu viel verraten werdensoll <strong>und</strong> weil andererseits bei den ungeübten ProblemlöserInnen Startschwierigkeiten<strong>und</strong> psychologische Schwellen zu überwinden sind. Deshalb wird imfolgenden Text vor allem durch “Querschnitte” angeleitet, die die Nummern derProbleme den entwickelten Strategien zuordnen. In der Schlusstabelle weisen wirauch auf die verwendbaren Sätzen des Buches hin. Im Unterschied zu Lösungsdarstellungenin Zeitschriften <strong>und</strong> im Internet wird bei den Lösungsdateien besondererWert auf eine Lösungsgenese <strong>und</strong> auf die Anwendung von Suchstrategiengelegt. Das zeigt sich besonders in häufigen Unterbrechungen durch motivierendeFragen, deren Beantwortungen durch Hypertextsprünge zu finden sind.Die Entschlüsselung jeder Lösungsdatei erfolgt mit einem Passwort, das man aufvöllig neue Weise erhält, indem man erfolgreich das als Java-Applet programmierteAuf-<strong>und</strong>-ab-Spiel gegen den Computer spielt. Die Spielregeln <strong>und</strong> die sonstigeVorgehensweise sind in dem Safe-Programm im Mathkompass erläutert. Das Findeneiner sicheren Spielstrategie gehört zur oberen Schwierigkeitsklasse der Probleme.Mit einer relativ einfach zu entwickelnden “Minimalstrategie” benötigtman im Schnitt sechs Zufallsversuche, um ein Passwort zu erfahren.6.2 HeuristikbücherAls Vorbereitung <strong>und</strong> Ergänzung des Hauptteils dieses Kapitels werden hier dieBücher [5], [7], [13], [17], [18] <strong>und</strong> [19] aus dem Literaturverzeichnis in chronologischerReihenfolge kurz beschrieben. Die frühesten drei Werke [17] bis [19]stammen von Pólya, der schon 1917 kurz nach dem Beginn seiner Lehrtätigkeitin Zürich anfing, sich mit Fragen des <strong>Problemlösen</strong>s zu beschäftigen.


6.2 Heuristikbücher 183Schule des DenkensDie “Schule des Denkens” [17] mit dem Untertitel “Vom Lösen mathematischerAufgaben” ist zwar nur ein Buch im Oktavformat mit 266 Seiten, aber die Vielfaltder darin behandelten Aspekte war damals (1944 in den USA <strong>und</strong> 1949 in dendeutschsprachigen Ländern) völlig neuartig. Während die letzte deutsche Auflageschon lange vergriffen ist, wurde die überarbeitete englische Originalausgabe mitdem Titel “How to Solve It” vor einigen Jahren wieder herausgebracht. Das Buch“wendet sich in erster Linie an junge Menschen mit ernsthaftem Interesse ammathematischen Denken”. Im Hinblick auf die Wortwahl <strong>und</strong> den Stil des Textessind damit vor allem SchülerInnen <strong>und</strong> Studierende gemeint.Der erste der drei Teile hat den Titel “Im Klassenzimmer”. Mit zahlreichenFormulierungsvarianten <strong>und</strong> einigen Beispielen wird darin die auf den vorderenVorsatzblättern abgedruckte “Tabelle” erläutert, die wir vollständig ab Seite 32wiedergegeben haben. In dem sehr kurzen zweiten Teil beantwortet in idealisierterForm ein Lehrer die ständig wiederkehrenden knappen Fragen eines Schülerszum Aufgabenlösen. Der dritte <strong>und</strong> umfangreichste Teil heißt “Kleines Wörterbuchder Heuristik”. Darin werden in alphabetischer Reihenfolge 67 Themen zumAufgaben- <strong>und</strong> <strong>Problemlösen</strong> sowohl inhaltlicher Art mit zahlreichen Beispielenals auch psychologisch oder historisch orientiert behandelt. Später kommenwir unter anderem auf die folgenden Stichwörter zurück: Bestimmungs- <strong>und</strong> Beweisaufgaben,Aufstellen von Gleichungen, Fortschritt <strong>und</strong> Leistung, unterbewussteArbeit sowie auf die Rückwärts-, Symmetrie-, Verallgemeinerungs- <strong>und</strong>Zurückführungsstrategie.<strong>Mathematik</strong> <strong>und</strong> plausibles SchließenDieses zweibändige Werk [18] bringt auf 720 Seiten eine engagierte “Einführungin einen wichtigen, aber meist vernachlässigten Aspekt der <strong>Mathematik</strong>”. ImUnterschied zum demonstrativen Schließen, mit dem das mathematische Wissenin Form von Beweisen gesichert wird, kommt plausibles Schließen innerhalb <strong>und</strong>vor allem außerhalb der <strong>Mathematik</strong> zur Anwendung, wenn es um Vermutungen,instinktives Vorausfühlen <strong>und</strong> Erraten geht.Pólya plädiert nachdrücklich dafür, die gute Gelegenheit zu nutzen, die die<strong>Mathematik</strong> auch zum Lernen des plausiblen Schließens bietet. Durch zahlreicheBeispiele vor allem im ersten Band ermöglicht er das Erfahren des plausiblen


184 Heuristikbücher 6.2Schließens, <strong>und</strong> durch tiefgreifende Darlegungen, die bis zur Philosophie reichen,fördert er die entsprechende Bewusstseinsbildung. Viele sorgfältig ausgewählteAufgaben mit Lösungen dienen der Anwendung <strong>und</strong> Vertiefung des Gelernten.Der größte Teil des ersten Bandes mit dem Untertitel “Induktion <strong>und</strong> Analogiein der <strong>Mathematik</strong>” ist dem induktiven <strong>und</strong> dem analogen Schließen als Spezialfällengewidmet, wobei Induktion die wissenschaftliche Methode bedeutet, dievom besonderen Einzelfall auf das Allgemeine <strong>und</strong> Gesetzmäßige schließt. FünfKapitel enthalten den Begriff Induktion in ihrem Titel, darunter zwei ausführlicheDarstellungen zur Geometrie des Raumes <strong>und</strong> zur <strong>Zahlentheorie</strong> sowie einesüber vollständige Induktion. Im zweiten Kapitel werden neben der Anwendungvon Analogien auch Verallgemeinerung <strong>und</strong> Spezialisierung behandelt.Als Meister der Induktion wird immer wieder Euler zitiert. Zum Beispiel enthältdas sechste Kapitel den vollständig übersetzten Aufsatz “Entdeckung eines ganzaußergewöhnlichen Gesetzes der ganzen Zahlen, betreffend die Summe ihrer Teiler”.Da es sich um eines der merkwürdigsten Ergebnisse der <strong>Zahlentheorie</strong> handelt,geben wir hier diese Eulersche σ-Rekursion in heutiger Schreibweise wieder.Sie gehört aber nicht zur elementaren <strong>Zahlentheorie</strong>, weil alle bisher bekanntenBeweise analytische Hilfsmittel erfordern.Theorem über die Eulersche σ-Rekursion⎧⎪⎨ (−1) r+1 , wenn sich k in der Form k = 1 2 r (3r + e) mit r ∈ N 1Ist v k : =<strong>und</strong> e ∈ {−1, 1} darstellen lässt,⎪⎩0 sonst,so gilt∑n−1σ(n) = v k σ(n − k) + v n n für jedes n ∈ N 1 .k=1Ebenso außergewöhnlich wie die Aussage dieses Satzes, den Euler erst viele Jahrespäter beweisen konnte, “ist die freimütige Darlegung der Leitgedanken, dieihn zu dieser Entdeckung geführt hatten”, schreibt Pólya bew<strong>und</strong>ernd. Er folgtEuler, indem er zu vielen der wiedergegebenen mathematischen Aussagen eineGeschichte darüber vorbringt, wie die zugehörige Entdeckung, die in der Regelnicht bekannt ist, hätte zustande kommen können. Für uns ist dieses Vorgehen


6.2 Heuristikbücher 185Vorbild <strong>und</strong> Ansporn bei der Entwicklung der “genetischen Lösungsdarstellungen”für die Probleme dieses Buches.Der zweite Band mit dem Untertitel “Typen <strong>und</strong> Strukturen plausibler Folgerung”enthält überwiegend theoretische Erörterungen. Unter anderem geht es umdie Bewertung von Vermutungen. Mit Schemata, die denen des demonstrativenSchließens entsprechen, entwickelt Pólya “Regeln” wie zum Beispiel die folgende(in einer für uns geeigneten Form): Ist A eine Vermutung, B eine Folgerung ausA, <strong>und</strong> lässt sich B verifizieren, so erscheint A glaubwürdiger.In zwei umfangreichen Kapiteln wird der Zufallsbegriff vor allem anhand von Beispielenaus dem Alltag <strong>und</strong> aus den Naturwissenschaften behandelt <strong>und</strong> ein Zusammenhangzwischen der Wahrscheinlichkeitsrechnung <strong>und</strong> der Logik des plausiblenSchließens hergestellt. Das letzte Kapitel enthält Überlegungen zum Suchenvon Lösungen beziehungsweise von Beweisen im Unterschied zum Aufstellen vonVermutungen.Vom Lösen mathematischer AufgabenDas 601-seitige Werk [19], das Pólya als Fortsetzung von [18] bezeichnet, bestehtaus zwei Teilen. Der erste Teil mit dem Titel “Lösungsschemata” behandelt vierkonkrete Schemata zum Lösen von Aufgaben, wobei Pólya “Aufgaben” ähnlichgegen “Routine-Aufgaben” abgrenzt, wie wir “Probleme” <strong>und</strong> “Aufgaben”unterscheiden. Neun der elf Kapitel des zweiten Teils “Auf dem Wege zu einerallgemeinen Methode” sind in einem zweiten Band enthalten. Ziel des Werkesist es, Verständnis für intelligentes Aufgabenlösen zu wecken, “Mittel <strong>und</strong> Wegezum Lehren des Aufgabenlösens darzubieten <strong>und</strong> schließlich dem Leser zurEntwicklung seiner Fähigkeiten auf diesem Gebiet zu verhelfen”.Jedes der vier Schemata des ersten Teils wird mit zahlreichen Beispielen, Aufgaben<strong>und</strong> zugehörigen Lösungen vorgestellt. Das “Schema zweier geometrischerÖrter”, das sich zunächst bei Konstruktionsaufgaben der Geometrie anwendenlässt, wird in der “umfassenderen Deutung” des zweiten Teils auf Aufgabenübertragen, die so zerlegt werden können, dass ihre Lösung der Durchschnittder Teillösungen ist.Das zweite Schema wird von Pólya nach Descartes 1 benannt, weil dieser in1 René Descartes (1596-1650) war <strong>Mathematik</strong>er, Physiker <strong>und</strong> Philosoph.


186 Heuristikbücher 6.2zwei Werken versucht hat, eine universelle Methode zum Lösen von Problemenaufzustellen. Die ersten beiden “Regeln” bestehen darin, ein Problem auf einemathematische Aufgabe zurückzuführen <strong>und</strong> diese in algebraischer Form darzustellen.Die erste Vorgehensweise bezeichnen wir im nächsten Abschnitt als “Mathematisieren”.Die meisten Beispiele <strong>und</strong> Aufgaben dazu sind “eingekleidet”oder “angewandt”. In der umfassenderen Deutung wird die algebraische Formdurch Relationen ersetzt, die die Bedingungen der Aufgabe wiedergeben.Auch das als drittes Schema behandelte Rekursionsverfahren lässt sich weitreichendverallgemeinern, wenn man dabei als wesentlich ansieht, “die bereits erworbenenKenntnisse als Operationsbasis für die Erwerbung weiterer Kenntnissezu benützen”. Bei dem vierten Schema, das Pólya Superpositionsverfahrennennt, ist die Verallgemeinerung schon in der zusammenfassenden Formulierungenthalten: “Von einer führenden speziellen Situation oder von mehreren solchenSituationen ausgehend, gewinnen wir die allgemeine Lösung durch Superpositionvon Spezialfällen, bei denen diese Situationen bestehen”. Dieses Schema hängteng mit unserer Zurückführungsstrategie <strong>und</strong> mit der Beweismethode der Fallunterscheidungzusammen.Bevor im zweiten Teil die vier obigen Schemata umfassender gedeutet werden,beschreibt <strong>und</strong> klassifiziert Pólya Aufgabentypen, insbesondere Bestimmungs<strong>und</strong>Beweisaufgaben. Der zweite Band beginnt mit der geometrischen Darstellungdes Werdegangs einer Lösung <strong>und</strong> schließt daran in jeweils einem Kapiteldie folgenden typischen Aspekte des Aufgabenlösens an: Pläne <strong>und</strong> Programe,Aufgaben in Aufgaben, die Geburt der Idee, wie wir denken <strong>und</strong> wie wir denkensollten. Die Beispiele <strong>und</strong> Erörterungen dieses Teils werden ergänzt durch einKapitel “Regeln der Entdeckung?”, das Einstellungen, Arten des Denkens <strong>und</strong>geistige Gewohnheiten in vielen Situationen des Aufgabenlösens enthält.Die letzten beiden Kapitel bestehen aus Aufsätzen, die Pólya schon früherveröffentlicht hat. In“Lernen, lehren <strong>und</strong> lehren lernen” geht es vor allem umdie Ausbildung von <strong>Mathematik</strong>lehrerInnen. Mit der These, dass den SchülerInnenan erster Stelle das “zielgerichtete Denken” beizubringen ist, verbindet eraus verschiedenen Blickrichtungen die Empfehlung, Unterricht im Aufgabenlösenin <strong>Mathematik</strong>lehrplänen zu verankern <strong>und</strong> die LehrerInnen zum Beispiel durch“Seminare im Aufgabenlösen” darauf vorzubereiten. Auch das letzte Kapitel “Er-


6.2 Heuristikbücher 187raten <strong>und</strong> wissenschaftliche Methode” geht von einer These aus - nämlich, dassder mathematische Unterricht “die Schüler soweit wie möglich mit allen Aspektenmathematischer Tätigkeit bekannt machen” sollte. An einer Reihe von Beispielen,die “Pionieraufgaben” genannt werden, zeigt Pólya, “dass ein guter Lehrerselbst einer Durchschnittsklasse etwas vermitteln kann, was an das Erlebnisselbständiger Forschung grenzt”, wenn er geeignete Aufgaben in angemessenerWeise stellt.Die Kunst des Sehens in der <strong>Mathematik</strong>In diesem 91-seitigen Büchlein von Bruno de Finetti [7], das wie [17] primärfür SchülerInnen geschrieben ist, geht es im Wesentlichen um die mathematischeBehandlung von “natürlichen” Problemen, <strong>und</strong> nur am Rande spielen Strategienzum Lösen von (gestellten) Aufgaben eine Rolle. In den ersten acht Kapitelnstehen allgemeine Einstellungen <strong>und</strong> Verhaltensweisen bei der Verwendung von<strong>Mathematik</strong> im Mittelpunkt. Die übrigen zehn Kapitel sind jeweils einem Aspektoder Teilgebiet der <strong>Mathematik</strong> gewidmet.Das erste Kapitel mit dem Titel “Nachdenken, um ein Resultat zu erreichen”enthält drei aus verschiedenen Zeitaltern stammende Beispiele, mit denen gezeigtwird, wie sich durch Nachdenken interessante <strong>und</strong> lohnende Ergebnisse gewinnenlassen, wenn man von konkreten Problemen ausgeht <strong>und</strong> versucht, “jedes einzelneProblem auf solche Art zu ≪sehen≫, dass man mit Verstand jede nützlicheEinzelheit auswertet”. In den nächsten beiden Kapiteln wird ausgehend von dreiBeispielen erläutert, welche Vorteile sich ergeben, wenn man einerseits Problemenicht nur löst, sondern aus der Lösung auch Lehren zieht, <strong>und</strong> andererseits, wennPlausibilitätsbetrachtungen <strong>und</strong> “Rechenarbeit” nicht ausgeklammert werden.Mit einem Hinweis auf die Heuristikbücher von Pólya bringt das vierte Kapiteleine vorwortartige Abgrenzung: Nach der Analyse von häufigen Schwierigkeitensoll “ein intelligentes Training in der Kunst, Probleme zu sehen” angeleitet werden.Das anschließende Kapitel heißt zwar “Die Kunst, das Leichte zu erkennen”;es geht aber vor allem um drei Gründe für “scheinbare Schwierigkeiten”. Erstensbetrachten viele Anfänger eine Aufgabe als ein einheitliches Ganzes <strong>und</strong> glauben,dass es für die Lösung eine feste Regel geben müsse. Die zweite Schwierigkeitberuht auf der Annahme, “<strong>Mathematik</strong> können bedeute, dass man sofort bis


188 Heuristikbücher 6.2ins kleinste Detail wisse, wie man die Aufgabe anzupacken habe”. Der dritteGr<strong>und</strong> zumindest für eine psychologische Barriere ist die Vorstellung, <strong>Mathematik</strong>verstehen heißt, dass man in der Lage ist, “eine Folge von kleinen Übergängenauszuführen, ihre Richtigkeit zu kontrollieren <strong>und</strong> auf diese Weise die Gültigkeitdes Ergebnisses zu bestätigen”. Nach einer Reihe von Beispielen schließt dasKapitel mit dem Rat, schrittweise vorzugehen.Auch die nächsten beiden Titel beginnen nicht ganz zutreffend mit “Die Kunst,. . .”, nämlich im sechsten Kapitel “die konkreten Dinge” <strong>und</strong> im siebenten “dieökonomischen Aspekte” zu sehen. Das Erstere entspricht der “physikalischen <strong>Mathematik</strong>”,die Pólya ausführlich im Kapitel IX von [18] behandelt. Bei de Finettigeht es nur um kürzeste Linien in Form von gespannten Schnüren <strong>und</strong>von Großkreisen auf der Kugel. Etwas allgemeiner sind mit ökonomischen AspektenExtremwertaufgaben gemeint, zu denen als Beispiel eine Gewinnmaximierung<strong>und</strong> zwei Weglängenminimierungen angegeben werden. Da die nächsten drei Kapitelvon dem Sinn der “allgemeinen, systematischen, in Formeln niedergelegtenMethoden der <strong>Mathematik</strong>” handeln, stellt die Betrachtung von “Sonderfällen”einen Übergang zum mathematisch dominierten Teil dar. Zwei Beispiele zeigen,dass oft ein Spezialfall genügt, um einen Beweis durch Widerspruch zu führen,<strong>und</strong> mit Fallunterscheidung wird bewiesen, dass 10 k − 1 für jedes k ∈ N 2 keineQuadratzahl ist.Da die zahlreichen Themen, die in den anschließenden Kapiteln gestreift werden,nur wenig mit Heuristik zu tun haben, geben wir sie in Form einer Aufzählung wieder:Formeln, Algorithmen; vollständige Induktion; dynamische Betrachtungsweise,Prozess, Funktionsbegriff; geometrische Örter; geometrische Transformationen,Halbgruppen, Gruppen, Untergruppen, Kommutativität, komplexe Zahlen;Vektoren, Skalarprodukt, Ringe; Approximation, Fehlerabschätzung; Stetigkeit,Grenzwerte, Lösungsdarstellung; Wahrscheinlichkeitstheorie, Prognosen; elektronischeGehirne, Iterationsmethoden, Logik, Gedächtnisformen.Das Buch schließt mit 32 Übungsaufgaben <strong>und</strong> mit einer “didaktischen Bemerkungfür Lehrer”, die ein Plädoyer für anregenden <strong>Mathematik</strong>unterricht darstellt,der auch Anwendungen <strong>und</strong> konkrete Probleme berücksichtigt.Problem-Solving Through ProblemsDieses 332-seitige Werk von Loren C. Larson [13] lieferte - abgesehen von den


6.2 Heuristikbücher 189Problemen - die meisten Materialien <strong>und</strong> Anregungen für unsere Problemseminare,weil es für den oberen “<strong>und</strong>ergraduate”-Bereich in den USA <strong>und</strong> damit fürden Anfang des “Hauptstudiums” bei uns geschrieben wurde <strong>und</strong> weil es sichzum Ziel gesetzt hatte, die wichtigsten Problemlösemethoden für die <strong>Mathematik</strong>auf diesem Niveau herauszuarbeiten. Dabei sollte auch gezeigt werden, dasseine kleine Menge von einfachen “Techniken” auf viele Weisen verwendet werdenkann, um eine sehr große Anzahl von Problemen zu lösen.Typisch für die “Heuristiken” des ersten Kapitels ist die Aufforderungsform derzwölf Titel, bei denen wir im Folgenden in Klammern angeben, welchen Strategiensie in diesem Buch entsprechen:• Suche nach einer Regelmäßigkeit (Gaußsche Erk<strong>und</strong>ungsstrategie)• Zeichne eine Figur (Visualisierungsstrategie)• Formuliere ein äquivalentes Problem (Umformulierungsstrategie)• Modifiziere das Problem (Modifizierungsstrategie)• Wähle effektive Bezeichnungen• Nutze Symmetrie (Symmetriestrategie)• Zerlege in Einzelfälle (Fallunterscheidungstrategie)• Arbeite rückwärts (Rückwärtsstrategie)• Argumentiere mit Widerspruch (Beweis durch Widerspruch)• Beachte Parität (Teilaspekt der Invarianzstrategie)• Ziehe Extremfälle in Betracht (Extremfallstrategie)• Verallgemeinere (Verallgemeinerungsstrategie)Einige dieser Strategien spielen bei uns eine andere Rolle: Die “Wahl effektiver Bezeichnungen”wird zur Mathematisierung gerechnet, die “Beachtung der Parität”stellt einen Teilaspekt der Invarianzstrategie dar, <strong>und</strong> “Widerspruchsargumente”werden fast ausschließlich bei Beweisen oder bei Problemen mit Beweisaufforderungverwendet.Am Anfang von Kapitel 1 wird darauf hingewiesen, dass man sich bei einemProblem nicht schnell auf eine Lösungsstrategie festlegen soll, weil dadurch ein


190 Heuristikbücher 6.2“psychologischer Block” entstehen kann, der verhindert, dass man bessere oderweitere Strategien in Betracht zieht. Jeder der zwölf Abschnitte des ersten Kapitelsbeginnt mit einer kurzen Einführung, auf die einige Beispiele mit ausführlichenLösungen folgen. Die anschließend zusammengestellten Probleme lassen sichmit der betreffenden Strategie in Angriff nehmen. Ihre Lösung ist aber nicht indem Buch sondern in der angeführten Quelle zu finden. Den Schluss bildet jeweilsein kurzer Ausblick auf geeignete Probleme in anderen Teilen des Buches.Bei unserer Behandlung der Problemlösestrategien im nächsten Abschnitt folgenwir diesem Aufbau - abgesehen von der Problemzusammenstellung - <strong>und</strong> übernehmenauch einige Beispiele.Das zweite Kapitel ist der vollständigen Induktion <strong>und</strong> dem Schubfachschlussgewidmet. Beide Hilfsmittel werden als “Prinzipien” eingeführt <strong>und</strong> an Beispielenerläutert. Zwei zusätzliche Abschnitte stellen den Nutzen heraus, den dieRückwärtsstrategie <strong>und</strong> die Verallgemeinerungsstrategie beim Ansatz der vollständigenInduktion bringen können. Ein weiterer Abschnitt behandelt die Rekursionals spezielle Zurückführungsstrategie.Die übrigen sechs Kapitel beschreiben zu verschiedenen Teilgebieten der <strong>Mathematik</strong>jeweils Ergebnisse, die beim <strong>Problemlösen</strong> vor allem in mathematischenWettbewerben eine Rolle spielen können. So enthält das dritte Kapitel mit demTitel “Arithmetik” die gr<strong>und</strong>legenden Methoden der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong><strong>und</strong> die Arithmetik der komplexen Zahlen. Nur sehr wenige der bereitgestelltenAussagen über Teilbarkeit, Kongruenzen, eindeutige Primfaktorzerlegung <strong>und</strong>Stellenwertsysteme werden begründet, wobei der jeweilige Beweis als Lösung einesProblems erscheint. Die gleiche Struktur haben auch die weiteren fünf Kapitelüber Algebra, Summation, reelle Analysis, Ungleichungen <strong>und</strong> Geometrie.Problem-Solving StrategiesDas letzte der hier vorzustellenden Bücher [5] ist zugleich das anspruchsvollste.Es wendet sich unter anderem an TrainerInnen <strong>und</strong> TeilnehmerInnen von<strong>Mathematik</strong>wettbewerben sowie an “high school”-LehrerInnen, die Problemveranstaltungendurchführen oder die für “Problemecken” in Zeitschriften zuständigsind. Der Autor, Arthur Engel, trainierte von 1976 bis 1990 die deutscheIMO-Mannschaft <strong>und</strong> war 1989 Vorsitzender der IMO-Jury.


6.3 Problemlösestrategien 191Die vierzehn Kapitel des 403-seitigen Buches haben eine ähnliche Struktur wiedie acht Kapitel von [13]. Im Unterschied zu [13] gibt es zu fast allen der mehr als1300 Probleme mindestens einen Lösungshinweis. Zwei Strategien werden in eigenenKapiteln mit den Titeln “Das Invarianzprinzip” <strong>und</strong> “Das Extremalprinzip”behandelt. Zwei weitere Kapitel sind dem “Schubfachprinzip” <strong>und</strong> dem “Induktionsprinzip”gewidmet. Im zweiten Fall wird anstelle von gelösten Beispielen aufdie obigen Bücher von Pólya verwiesen, <strong>und</strong> ähnlich wie in unserer Aufgabe 2.1werden 15 Eigenschaften der Fibonacci-Folge als Übungsmaterial angeboten.Im letzten Kapitel mit dem Titel “Weitere Strategien” kommen neben mathematischenSachverhalten die Abstiegsstrategie <strong>und</strong> die Rückwärtsstrategie vor.Alle diese Strategien <strong>und</strong> die Symmetriestrategie treten auch in anderen Kapitelnauf, wo sie durch Fettdruck hervorgehoben sind. “Färbungsbeweise” <strong>und</strong> “Spiele”sind zwei Titel, die speziellen Problemtypen entsprechen. Im ersten Fall handeltes sich um einen Teilaspekt der Invarianzstrategie, <strong>und</strong> im zweiten geht es überwiegendum Zweipersonen-Gewinnspiele wie das Nimspiel in unserer Aufgabe2.9 oder das Auf-<strong>und</strong>-ab-Spiel des Safe-Programms. Die übrigen sieben Kapitelbehandeln Probleme zu den folgenden mathematischen Teilgebieten: <strong>Zahlentheorie</strong>,Geometrie, abzählende Kombinatorik, Ungleichungen, Folgen, Polynome <strong>und</strong>Funktionalgleichungen.Bei einigen Beispiellösungen spürt man, dass Engel mehr als zehn Jahre Trainerder deutschen IMO-Mannschaft war, die unter seiner Anleitung sehr erfolgreichwurde: Er beschreibt Suchstrategien, weist auf Schwierigkeiten hin <strong>und</strong> gibt oftAlternativen an. Zwei der schönsten genetischen Lösungen übernehmen wir beiden Problemen 43 <strong>und</strong> 53, <strong>und</strong> bei weiteren Lösungsdarstellungen sind sie Vorbild.6.3 ProblemlösestrategienBevor wir einzelne Problemlösestrategien ausführlich mit Beispielen erläutern,wollen wir mit einer Gliederung für bessere Übersicht <strong>und</strong> damit für leichterenZugang sorgen. Mit der Unterscheidung von Methodik <strong>und</strong> Heuristik erfassenwir die beiden Enden einer Skala, die von sicheren, zielgerichteten Verfahrenbis zu vagen, tastenden Vorgehensweisen reicht. So gehören unter anderem die“Tätigkeiten” Mathematisieren, Beweisen, Modellbilden <strong>und</strong> Algorithmisieren zur


192 Problemlösestrategien 6.3Methodik. Davon spielen hier nur die ersten beiden eine Rolle, wobei auf dieBeweisverfahren nicht weiter eingegangen wird, weil sie in den früheren Kapitelngenügend ausführlich dargestellt wurden.Das Übersetzen einer Problemsituation oder eines entsprechenden Textes in dieformale Sprache der <strong>Mathematik</strong> kann dagegen schon weit in die Heuristik reichen,weil etwa Umformulierungen oder eine günstigere Parameterwahl nötig sind,um eine Lösung zu finden (vgl. [13]). Im Unterschied zu vielen “Denksportaufgaben”ist es aber bei den Wettbewerbsproblemen nicht sehr schwierig, den mathematischenSachverhalt beziehungsweise das Aufgabenziel zu erfassen. Die meistender Probleme in diesem Buch liegen sogar bereits in weitgehend mathematisierterForm vor. Für Unerfahrene ist es allerdings zum Beispiel bei den Problemen47, 55, 58, 60 <strong>und</strong> 61 nicht einfach, einen geeigneten Ansatz zu finden. Andersals für IMO-TeilnehmerInnen, die an zwei Tagen jeweils drei Aufgaben in 4 1 2St<strong>und</strong>en lösen sollen, spielt hier der Zeitaspekt keine Rolle bei der Bewertung desSchwierigkeitsgrades.Um eine grobe Übersicht zu erhalten, “hierarchisieren” wir zunächst die für dieelementare <strong>Zahlentheorie</strong> infrage kommenden Problemlösestrategien, indem wirdrei Typen unterscheiden.• Globale Strategien umfassen die Suche nach Regelmäßigkeiten oder nachAnsatzpunkten für konkrete Strategien, die Brauchbarkeitsanalyse bei ähnlichenProblemen oder Sätzen, die Problemabwandlung <strong>und</strong> die Erzeugungvon Problemketten (Gaußsche Erk<strong>und</strong>ungsstrategie, Umformulierungsstrategie,Modifizierungsstrategie, Verallgemeinerungsstrategie)• Lokale Strategien strukturieren ein gegebenes Problem <strong>und</strong> nutzen seineBesonderheiten (Rückwärtsstrategie, Pólyasche Brückenstrategie, Invarianzstrategie,Symmetriestrategie, Fallunterscheidungsstrategie, Zurückführungsstrategie,Extremfallstrategie, Visualisierungsstrategie)• Mikrostrategien benutzen Gesetzmäßigkeiten <strong>und</strong> Schlussweisen des betreffendenmathematischen Teilgebiets, um Material für die Aufstellung <strong>und</strong> zumBestätigen oder Verwerfen von Vermutungen auf dem Weg zu einer Lösung zuerhalten (Kernbruchstrategie, Klammerungsstrategie, Exponentenvergleichsstrategie,Wechselwegnahmestrategie, Abstiegsstrategie).


6.3 Problemlösestrategien 193Gaußsche Erk<strong>und</strong>ungsstrategieDiese am häufigsten anzuwendende Strategie ist schwer zu beschreiben, weil beiihr typische Merkmale (“Signale”) fehlen <strong>und</strong> weil sie oft nur in Verbindung mitanderen Strategien zum Ziel führt. So dient sie meistens der Suche nach “Ansatzpunkten”für solche konkreteren Strategien oder dem Aufdecken von Strukturen.Bei der Einführung der Gaußschen Erk<strong>und</strong>ungsstrategie mit der Lösung von Problem1 (Seite 31) wurde durch die Behandlung von Spezialfällen zunächst dieEinsatzmöglichkeit der Rückwärtsstrategie erkannt, die schließlich zur Anwendungder Kernbruchstrategie führte.Zum Aufdecken von Strukturen gehört meistens eine Materialsammlung in Formeiner Tabelle mit Werten für kleine Parameter. Beim “häuslichen” <strong>Problemlösen</strong>ist dafür ein Computer-Algebrasystem sehr empfehlenswert. Die dann vorliegendeAufgabe, Regelmäßigkeiten zu erkennen <strong>und</strong> zu nutzen, ähnelt schon derForschungsarbeit des problemlösenden <strong>Mathematik</strong>ers. Wir bringen deshalb einleichtes <strong>und</strong> ein schweres Beispiel. Für ersteres modifizieren wir das Problem 1.1.2aus [13], um mehrere Aspekte für den häufig auftretenden Problemtyp darstellenzu können, bei dem eine Aussage für sehr große Parameterwerte (meistensdie Jahreszahl des Wettbewerbs oder der IMO) gezeigt werden soll. Bemerkenswertist hier, wie “Beobachtungen” zu Vermutungen über Allgemeingültigkeitwerden, <strong>und</strong> wie aufgr<strong>und</strong> von weiteren Beobachtungen Vermutungen für einzelneBeweisschritte aufzustellen sind. Manchmal können dabei längere Ketten vonVermutungen entstehen, bevor sich ein Beweis führen lässt.Problem 62Für n ∈ N <strong>und</strong> k ∈ A 3 sei S n,k : = n ∑j=0( n) (k+3j , wobei nk+3j)für k + 3j ≤ ndie in (3.23) eingeführten Binomialkoeffizienten sind <strong>und</strong> ( nk+3j)= 0 fürk + 3j > n gilt. Leiten Sie für S n,k eine “geschlossene Form” her, das heißteine Darstellung ohne Summen- oder Produktzeichen <strong>und</strong> ohne rekursiv oderimplizit definierte Terme.(In [13] lautet die Aufgabe: Stellen Sie eine Vermutung bezüglich des Wertes vonS 100,1 auf.)Als Materialsammlung verwenden wir die folgende Tabelle:


196 Problemlösestrategien 6.3n 3 4 5 6 7 8 9 10x 1 1 1 3 1 5 7 3y 1 3 5 1 11 9 13 31Auf den ersten Blick ist keine Gesetzmäßigkeit zu erkennen. Aber der obige “Vertrauensschutz”erlaubt die Annahme, dass die Werte in jeder Spalte nur durchdie Zahlen in der Vorgängerspalte bestimmt sind. Als zweckmäßige Bezeichnungbietet es sich dann an, die Lösungskomponenten als Glieder x n <strong>und</strong> y n von zweiFolgen zu schreiben. Die “psychologische Brückenstrategie” lässt sich nun folgendermaßenformulieren: Wenn die Lösung nicht zu schwierig ist, dann gibt esrekursive Darstellungen(6.4) x n+1 = ax n + by n , y n+1 = cx n + dy n mit a, b, c, d ∈ Q für alle n ∈ N 3 .Die Tabelle zeigt, dass a, b, c <strong>und</strong> d nicht ganz unabhängig von x n <strong>und</strong> y n seinkönnen, weil a = b = 1 2 für n ∈ {3, 5, 8} den richtigen x n+1-Wert ergibt, währendfür n ∈ {4, 6, 7, 9} nicht einmal ungerade Zahlen herauskommen. In diesen Fällenliefert aber a = 1 2 , b = −1 2 oder a = −1 2 , b = 1 2 den korrekten x n+1-Wert. Damitliegt die Vermutung nahe, dass sich zumindest x n+1 mit Fallunterscheidung ausx n <strong>und</strong> y n berechnen lässt, wobei die letzten beiden Fälle noch zusammengefasstwerden können, wenn wir in (6.4) Betragsbildung zulassen.Dieser “unnatürliche” Ansatz mit Beträgen, die wegen des Quadrierens in 7x 2 n+y 2 neigentlich unnötig sind, sollte zu der Idee führen, auch negative Lösungskomponentenzuzulassen, um die obigen Fallunterscheidungen zu vermeiden. Wir versuchenalso, die vorhandenen Lösungswerte so mit Vorzeichen zu versehen, dassdie Rekursionsgleichung x n+1 = 1 2 (x n + y n ) durchgängig gilt. Da x n+1 ungeradesein soll, muss zusätzlich x n ≡ y n (mod 4) für alle n ∈ N 3 gelten. Indem wir mitx 3 = y 3 = x 4 = 1 beginnen, setzen wir y 4 : = −3, damit y 4 ≡ x 4 (mod 4) ist,<strong>und</strong> fahren jeweils mit der Bildung des arithmetischen Mittels sowie der Vorzeichenanpassungder y n fort. Dann erhalten wir die modifizierte Tabellen 3 4 5 6 7 8 9 10x n 1 1 -1 -3 -1 5 7 -3y n 1 -3 -5 1 11 9 -13 -31Um herauszufinden, ob y n auch einer durchgängigen Rekursionsgleichung genügt,wenden wir noch einmal eine Brückenstrategie an, indem wir überlegen, wodurchein Zusammenhang zwischen den Lösungspaaren von 2 n = 7x 2 n + y 2 n <strong>und</strong> 2 n+1 =


198 Problemlösestrategien 6.3weiterhelfen. Die übrigen 38 Probleme lassen sich ohne diese Strategie in Angriffnehmen. Hier <strong>und</strong> im Folgenden wird aber nicht ausgeschlossen, dass es auch beiaufgezählten Problemen Umstände geben kann, die eine Lösung ohne die betreffendeStrategie ermöglichen - zum Beispiel, wenn entsprechende Vorkenntnissevorhanden sind.UmformulierungsstrategieIst ein Problem (überwiegend) als Text gegeben, so stellt schon das Mathematisiereneine Umformulierung dar. Da diese “Technik” im <strong>Mathematik</strong>unterricht<strong>und</strong> im <strong>Mathematik</strong>studium geübt wird, gehen wir hier nicht explizit darauf ein.Wenn aber weder die mathematische Form des Problems noch eine Anwendungder Erk<strong>und</strong>ungsstrategie eine Idee liefert, empfiehlt es sich häufig, das Problemso umzuformulieren, dass sich eine äquivalente Aussage ergibt, die einfacher istoder auf irgend eine Weise Erfolg verspricht. Für solche Umformulierungen steheneinige Standardverfahren zur Verfügung: algebraische Operationen, Substitutionoder Wechsel von Variablen, Nutzung umkehrbar eindeutiger Zuordnungen <strong>und</strong>die Umdeutung in der Sprache eines anderen mathematischen Gebiets (z. B. Algebra,Geometrie oder Kombinatorik).Die meisten Beweise dieses Buches enthalten mehr oder weniger starke Umformulierungendurch logische Schlüsse oder durch algebraische Operationen in Gleichungen,Ungleichungen beziehungsweise Kongruenzen. Die wirkungsvollste Folgesolcher Darstellungsänderungen findet sich im Beweis des quadratischen Reziprozitätsgesetzes(Seite 114). Dort wird für das mit Hilfe von Halbsystemen definierteJacobi-Symbol gezeigt, dass( n) ( m)m n = (−1)card G = (−1)card R für alle (m, n) ∈ U 2 mit ggT (m, n) = 1gilt, wobei G <strong>und</strong> R Gitterpunktmengen sind, die durch algebraische Operationengewonnen werden <strong>und</strong> die sich mit der Visualisierungsstrategie in Beziehungsetzen lassen.Ein ähnliches Beispiel, in dem die Umformungen der Vorbereitung einer weiterenStrategie dienen, werden wir bei der Behandlung der Visualisierungsstrategiebringen. Hier folgen die Probleme 1.3.6 <strong>und</strong> 1.3.4 aus [13] als Beispiele zu denStandardverfahren der Nutzung umkehrbar eindeutiger Zuordnungen <strong>und</strong> derUmdeutung in der Sprache der Kombinatorik.


6.3 Problemlösestrategien 199Problem 64Bestimmen Sie für jedes n ∈ N die Anzahl der Quadrupel (a, b, c, d) ∈ N 4mit a ≤ b ≤ c ≤ d ≤ n.Da wir noch kein ähnliches Problem behandelt haben, probieren wir die Erk<strong>und</strong>ungsstrategie<strong>und</strong> erhalten für n = 0, 1, 2 die Anzahlen 1, 5 <strong>und</strong> 15. Aber bereitsfür n=2 ist es mühsam, die 15 Quadrupel zu erfassen. Deshalb versuchen wirdie Brückenstragie, indem wir fragen, welche vergleichbaren Objekte wir schonzählen können.Bei dem Beweis des Satzes über die Möbius-Summe (Seite 65) haben wir verwendet,dass der Binomialkoeffizient ( rk)für eine Zahl mit r verschiedenen Primteilerndie Anzahl der Teiler mit k Primfaktoren ist. Für eine beliebige Mengemit r Elementen kann man mit Hilfe der Umformulierungsstrategie nachweisen,dass die Anzahl der k-elementigen Teilmengen ( rk)ist, indem man den ElementenZahlenvariable x 1 , . . . , x r umkehrbar eindeutig zuordnet <strong>und</strong> einerseits in derSummendarstellung des ausmultiplizierten Produkts ∏ ri=1 (1 + x i) die Faktorender Summanden jeweils als Elemente von Teilmengen deutet, sowie andererseitsnach dem Zuweisen der Zahlenvariablen x zu allen Variablen x i , i ∈ I r , aus der Binomialformel(3.23) die Anzahl der Summanden mit k Faktoren aus {x 1 , . . . , x r }entnimmt.Wir setzen Q n : = { (a, b, c, d) ∈ N 4 ; a ≤ b ≤ c ≤ d ≤ n } <strong>und</strong> versuchen, die Quadrupelauf vierelementige Teilmengen einer Menge mit möglichst kleinen Zahlenaus N abzubilden. Die Teilmengen bestehen aus verschiedenen Zahlen, die derEinfachheit halber nach ihrer Größe geordnet seien. Damit ist {0, 1, 2, 3} diejenigevierelementige Teilmenge von N, die die kleinstmöglichen Zahlen enthält. Werdendie Quadrupel lexikografisch angeordnet, so liegt es nahe, diese Teilmenge demersten Quadrupel (0, 0, 0, 0) zuzuordnen. Allgemein gilt 0 ≤ a < b + 1 < c + 2


200 Problemlösestrategien 6.3Sind (a 0 , a 1 , a 2 , a 3 ) <strong>und</strong> (b 0 , b 1 , b 2 , b 3 ) verschiedene Quadrupel aus Q n <strong>und</strong> ist fürk : = min {i ∈ A 4 ; a i ≠ b i } ohne Beschränkung der Allgemeinheit a k < b k , so gilta k +k /∈ {b 0 , b 1 + 1, b 2 + 2, b 3 + 3} aufgr<strong>und</strong> der Größenbeziehungen in den Quadrupeln<strong>und</strong> den zugeordneten Teilmengen. Damit ist q injektiv. Die Surjektivitätvon q ergibt sich, weil zu jeder Teilmenge {u, v, w, x} von T n mit u < v < w < xdas Urbild (u, v − 1, w − 2, x − 3) ∈ Q n existiert. Zusammenfassend erhalten wiralso( )n+4card Q n = card T n =4 für jedes n ∈ N.Problem 65Beweisen Sie, dassk∑ ( mii=0)( nk−ifür alle m, n ∈ N 1 <strong>und</strong> jedes k ∈ I m+n gilt.) (=m+n)kWird für die Binomialkoeffizienten die explizite Darstellung aus der Fußnote vonSeite 65 verwendet, so ist keine Beweismöglichkeit zu erkennen. Dagegen führtdie obige Deutung der Binomialkoeffizienten als Anzahlen von Teilmengen schnellzum Ziel. Sind nämlich A <strong>und</strong> B disjunkte Mengen mit card A = m <strong>und</strong> card B =n, so ergibt sich einerseits für die Vereinigungsmenge ( S : = A ∪ B, dass card S =)m+nm + n <strong>und</strong> card {C ⊆ S ; card C = k} =k gilt.Andererseits lassen sich alle Teilmengen C von S als Vereinigung C = (C ∩ A) ∪(C ∩ B) darstellen, <strong>und</strong> jede Vereinigung C A ∪ C B mit C A ⊆ A <strong>und</strong> C B ⊆ B ist eineTeilmenge von S. Wird nunA i,j : = card {C ⊆ S ; card (C ∩ A) = i, card (C ∩ B) = j} für i, j ∈ Ngesetzt, so gilt( )(mA i,j = n)i j ,weil die i-elementigen Teilmengen von A <strong>und</strong> die j-elementigen Teilmengen vonB unabhängig voneinander gewählt werden können. Da für i > m oder j >n keine entsprechende Teilmenge existiert, ist in diesen Fällen A i,j = 0 - inÜbereinstimmung mit der expliziten Darstellung der Binomialkoeffizienten. BeimZählen der k-elementigen Teilmengen von S sind alle Teilmengenvereinigungenmit i + j = k zu berücksichtigen. Damit folgt


6.3 Problemlösestrategien 201( m+nk) k∑= A i,k−i =i=0k∑ ( mii=0)( nk−i).Ein ganz anderer Beweis ist mit der Methode des Koeffizientenvergleichs möglich,die bei der Behandlung der Verallgemeinerungsstrategie skizziert wird. Multipliziertman die beiden Polynomem∑ ((1 + x) m = m)j x j <strong>und</strong> (1 + x) n =so ergibt sich einerseits<strong>und</strong> andererseits(∑ m( mjj=0(1 + x) m (1 + x) n = (1 + x) m+n =j=0))( n∑ (xj n))l xl=l=0m+n∑k=0m+n∑k=0k∑ ( mii=0n∑ ( n)l x l ,l=0( m+n)k xk)( nk−i)x k .Ein “Koeffizientenvergleichssatz” der linearen Algebra liefert dann die Gleichheitder Koeffizienten (siehe Seite 206).Die Umformulierungsstrategie kann bei den folgenden Problemen dieses Bucheshilfreich sein: 6, 27, 33, 34, 35, 37, 40, 41, 42, 46, 47, 57 <strong>und</strong> 59. Nicht immererfolgt die Anwendung gleich nach dem Mathematisieren.ModifizierungsstrategieDiese Strategie, bei deren Darstellung wir [13] folgen, kam in den früheren Kapitelnnicht explizit vor. Wie bei der Umformulierungsstrategie geht es um dieLösung eines “Ersatzproblems” B anstelle des gegebenen Problems A. Die Umformulierungsstrategieführt von A ausgehend zu einem “äquivalenten” ProblemB, wobei äquivalent bedeutet, dass die Lösung des einen Problems jeweils dieLösung des anderen impliziert. Bei der Modifizierungsstrategie wird dagegen vonder Lösung eines Hilfsproblems B auf die Lösung von A geschlossen aber meistensnicht umgekehrt. Insbesondere gibt es oft keinen naheliegenden Weg zum Findenvon B.Selbst bei den für diese Strategie typischen Formulierungen “Es genügt zu zeigen,dass . . . ”, “Wir dürfen annehmen, dass . . . ” oder “Ohne Beschränkung derAllgemeinheit . . . ” wird in der Regel die Erk<strong>und</strong>ungsstrategie benötigt, um aufdie entsprechende Modifikation zu kommen.Enge Zusammenhänge mit der Modifizierungsstrategie liegen bei der Verallgemeinerungsstrategie,der Zurückführungsstrategie, der Rückwärtsstrategie <strong>und</strong> der


202 Problemlösestrategien 6.3Symmetriestrategie vor, wobei die ersten beiden meistens als Spezialfälle angesehenwerden können, die wir aber wegen ihrer Leistungsfähigkeit in eigenenAbschnitten behandeln. Das folgende Problem 1.4.3 aus [13] ist in Kapitel 6 von[5] als E12 mit zwei Lösungen zu finden.Problem 66Bestimmen Sie alle (x, y, z) ∈ Z 3 mit x 2 + y 2 + z 2 = 2xyz.Es sei L : = { (u, v, w) ∈ Z 3 ; u 2 + v 2 + w 2 = 2uvw } . Dann gilt (0, 0, 0) ∈ L, <strong>und</strong>aus (x, y, z) ∈ L \ {(0, 0, 0)} folgt xyz > 0, sodass mit (x, y, z) auch ( |x|, |y|, |z| )in L \ {(0, 0, 0)} liegt. Deshalb dürfen wir als erste Modifikation (x, y, z) ∈ L ∩ N 3 1annehmen.Setzen wir nun k : = min {ν 2 (x), ν 2 (y), ν 2 (z)} <strong>und</strong> x 1 : = 2 −k x, y 1 : = 2 −k y,z 1 : = 2 −k z, so erhalten wir durch Einsetzen <strong>und</strong> Kürzen(6.8) x 2 1 + y 2 1 + z 2 1 = 2 k+1 x 1 y 1 z 1 mit 2 ∤ ggT (x 1 , y 1 , z 1 ) <strong>und</strong> k ∈ N.Hier handelt es sich um eine “echte” Modifikation, weil die Lösungssuche bei (6.8)weder eine Zurückführung noch eine Verallgemeinerung des Ausgangsproblemsdarstellt.In (6.8) ist die rechte Seite gerade, sodass nicht alle Summanden der linken Seiteungerade sein können. Wegen 2 ∤ ggT (x 1 , y 1 , z 1 ) ist deshalb genau eine Komponentegerade, <strong>und</strong> es gilt x 2 1 + y 2 1 + z 2 1≡ 2 (mod 4) - im Widerspruch zu4 | ( 2 k+1 x 1 y 1 z 1). Da jedes Tripel aus L \ {(0, 0, 0)} zu einer Lösung von (6.8)führen würde, ist also L = {(0, 0, 0)} .Dieses Beispiel steht für eine Klasse von Problemen, bei denen eine Lösungsmengezu bestimmen ist. Nachdem durch Probieren oder mit einfachen Schlüssen Lösungeneiner Aussage A gef<strong>und</strong>en sind, ist die Hauptaufgabe dann aber der Nachweis,dass es keine weiteren Lösungen gibt. Die Modifizierungsstrategie liefert als Folgerungaus A eine meistens naheliegende Aussage B, <strong>und</strong> die Kontraposition “Aus¬B folgt ¬A” hilft als eigentliche Anwendung der Strategie bei der Abgrenzungder Lösungsmenge.Alle Probleme, die bei uns - abgesehen von der Verallgemeinerungsstrategie <strong>und</strong>der Zurückführungsstrategie - den Einsatz der Modifizierungsstrategie zulassen,


6.3 Problemlösestrategien 203sind von diesem Typ: 3, 6, 8, 12, 18, 30, 38, 54 <strong>und</strong> 56. Bei der Formulierungdieser Probleme kann man ein Signal feststellen: Es sind stets Zahlenmengen,Paarmengen, Tripelmengen oder Ähnliches zu bestimmen oder zu suchen.VerallgemeinerungsstrategieIn den früheren Kapiteln ist diese Strategie bereits in drei wichtigen Formenvorgekommen:i) “Zahlbereichsvergrößerung” führte bei dem Beweis des Satzes über vollständigeQuotienten <strong>und</strong> Näherungsbrüche (Seite 25) <strong>und</strong> bei Problem 63 (Seite195) zum Ziel.ii) Das Jacobi-Symbol als Verallgemeinerung des Legendre-Symbols ermöglichteunter anderem mit Hilfe des Satzes über untere Multiplikativität (Seite 113)die erheblich vereinfachte Berechnung des Legendre-Symbols.iii) Am Schluss des Ausblicks auf Seite 162 wurde darauf hingewiesen, dassalle leistungsfähigen Primzahltests <strong>und</strong> Faktorisierungsalgorithmen anstelleder natürlichen Zahlen höhere mathematische Strukturen wie zum BeispielKlassengruppen oder Zahlkörper verwenden.Denkt man sich den zunehmenden Verallgemeinerungsgrad von i), ii) <strong>und</strong> iii)weiter fortgesetzt, so kommt man schließlich zu der gegenwärtig dominierendenStrategie der forschenden <strong>Mathematik</strong>er, die oft ihren SchülerInnen raten: “Bewise, generalize!”. Seit mehr als zweih<strong>und</strong>ert Jahren sind die meisten Lösungenvon bedeutenden mathematischen Problemen durch Verallgemeinerungen der zugr<strong>und</strong>eliegenden Theorien gef<strong>und</strong>en worden. Ein besonders prägnantes Beispielist die Lösung des Problems von Fermat durch Wiles (siehe Seite 15).Mit den folgenden vier Problemen versuchen wir, die Vielfalt der Einsatzmöglichkeitendieser Strategie anzudeuten. Das erste Beispiel schließt an Problem 1.12.1aus [13] an.Problem 67Bestimmen Sie eine geschlossene Form vonn ∑k=1k2 −k für jedes n ∈ N 1 .


204 Problemlösestrategien 6.3Die Suche nach einer ähnlichen Summe, für die wir eine geschlossene Form kennen,führt zur geometrischen Summen∑(6.9) x k = 1 − xn+1für jedes x ∈ R \ {1} <strong>und</strong> für alle n ∈ N.1 − xk=0Die Variable x erlaubt hier die Anwendung von Methoden der Analysis. In unseremFalle ergibt Differentiationn∑kx k−1 = 1 − (n + 1)xn + nx n+1.(1 − x) 2k=1Multiplikation beider Seiten mit x <strong>und</strong> Einsetzen von x = 1 2gesuchte Darstellungn∑k2 −k = 2 − n + 2 für jedes n ∈ N.2 nk=1liefert dann dieMit wiederholter Differentiation <strong>und</strong> durch Linearkombination der eventuell mitx-Potenzen multiplizierten Ergebnisse erhält man auch für alle Summen der Formn∑P (k)a k mit einem Polynom P, dessen Koeffizienten rationale Zahlen sind, <strong>und</strong>k=0mit a ∈ Q eine geschlossene Form mit Werten aus Q, sodass diese Summandenein Signal für die Anwendung der geometrischen Summe bilden.Eine zweite Klasse von Summen mit einer geschlossenen “rationalen” Form ergibtsich durch Einsetzen rationaler Zahlen in Polynome, die durch Differentiationoder Integration aus der Binomialformel (3.23) entstehen, wobei die Binomialkoeffizientenals Signal anzusehen sind. Werden die Binomialkoeffizienten durchdie Summendarstellung (3.23) definiert, so erhält man durch Differentiation <strong>und</strong>Koeffizientenvergleich die Rekursionsformel( n) (k =n n−1k k−1)für alle n ∈ N1 <strong>und</strong> jedes k ∈ I n ,mit der sich die explizite Darstellung in der Fußnote auf Seite 65 genetisch herleitenlässt. Wegen des Zusammenhangs mit der Verallgemeinerungsstrategie werdenwir auf zwei Arten des Koeffizientenvergleichs am Schluss dieses Unterabschnittsausführlicher eingehen.Das folgende Problem 2.4.3 aus [13] stellt ein Beispiel für die Anwendung der Verallgemeinerungsstrategiebei Beweisen mit vollständiger Induktion dar. Manchmalist es nämlich zweckmäßig, den Induktionsschritt für eine allgemeinere Aussageals die vorliegende durchzuführen.


6.3 Problemlösestrategien 205Problem 68Es sei (f n ) ndie in Aufgabe 2.1 durch f 1 : = 1, f 2 : = 1 <strong>und</strong> f n+2 : = f n+1 + f nfür jedes n ∈ N 1 definierte Fibonacci-Folge. Beweisen Sie, dass f 2 m + f 2 m+1 =f 2m+1 für alle m ∈ N 1 gilt.Setzen wir M : = { k ∈ N 1 ; fk 2 + f k+1 2 = f 2k+1}, so ist 1 ∈ M, <strong>und</strong> für n ∈ Mfolgt als Ansatz des Induktionsschrittsfn+1 2 + fn+2 2 = fn+1 2 + (f n + f n+1 ) 2= ( fn+1 2 + fn) 2 + 2fn f n+1 + fn+12= f 2n+1 + ( 2f n f n+1 + fn+1) 2 .Der Beweis könnte also abgeschlossen werden, wenn(6.10) 2f m f m+1 + fm+1 2 = f 2m+2 für alle m ∈ N 1bekannt wäre. Der Versuch, diese Aussage mit vollständiger Induktion zu beweisen,führt aber wieder auf die ursprüngliche Gleichung. Zur Lösung der dadurchentstehenden Schwierigkeit werden in [13] die beiden Aussagen etwas umständlichmiteinander “gekoppelt”. Das lässt sich vermeiden, wenn man beachtet, dass(6.10) zu(6.11) f m f m+1 + f m+1 f m+2 = f 2m+2 für alle m ∈ N 1äquivalent ist; denn nun kann vermutet werden, dass die allgemeinere Aussage(6.12) f m f n−1 + f m+1 f n = f m+n für alle (m, n) ∈ N 1 × N 2gilt, die die ursprüngliche Gleichung <strong>und</strong> (6.11) als Spezialfälle für n = m + 1<strong>und</strong> n = m + 2 enthält. Für (6.12) verläuft der folgende Induktionsbeweis ohneProbleme.Setzen wir M n : = {k ∈ N 1 ; f k f n−1 + f k+1 f n = f k+n } für festes n ∈ N 2 , so gilt{1, 2} ⊂ M n wegen f n+1 = f 1 f n−1 + f 2 f n <strong>und</strong> f n+2 = f n+1 + f n = f n−1 + 2f n =f 2 f n−1 + f 3 f n . Aus {m − 1, m} ⊂ M n mit m ∈ N 2 folgtf m+1+n = f m−1+n + f m+n= (f m−1 f n−1 + f m f n ) + (f m f n−1 + f m+1 f n )= f m+1 f n−1 + f m+2 f n ,sodass auch m + 1 ∈ M n ist, woraus sich M n = N 1 ergibt.


206 Problemlösestrategien 6.3Das dritte Beispiel belegt noch einmal die im Anschluss an Problem 63 erwähnten“Vorteile, die sich ergeben, wenn man ein Problem nicht nur löst, sondern aus derLösung auch Lehren zieht”. Hier ist das Ziel die Verallgemeinerung des Problemsselbst, um Problemtypen oder “Problemketten” zu erkennen.Problem 69Suchen Sie unendlich viele Verallgemeinerungen von Problem 63.Betrachten wir die Herleitung von (6.5), so bietet es sich an, die Zahl 7 in 7x 2 +y 2<strong>und</strong> in y n+1 = 1 2 (−7x n + y n ) durch a ∈ N 1 zu ersetzen <strong>und</strong> festzustellen, unterwelchen Bedingungen sich bei dem Übergang von n zu n + 1 ein nur von aabhängiger Faktor abspalten lässt. Fürx n+1 = 1 2 (x n + y n ) <strong>und</strong> y n+1 = 1 2 (−ax n + y n )ist also zu untersuchen, wann ax 2 n+1+yn+1 2 ein ganzzahliges Vielfaches von ax 2 n+yn2darstellt. Durch Einsetzen folgtax 2 n+1 + yn+1 2 = 1 (4 ax2n + 2ax n y n + ayn 2 + a 2 x 2 n − 2ax n y n + yn)2= b ( )ax 2 n + yn2 mit b : =1(a + 1).4Damit sind höchstens diejenigen a ∈ N 1 geeignet, für die a ≡ 3 (mod 4) gilt.Setzen wir nun x 1 : = 1 <strong>und</strong> y 1 : = 1, so erhalten wir ax 2 1 + y1 2 = a + 1 = 4b <strong>und</strong>x 2 = 1, y 2 = 1 − 2b. Analog zur Herleitung von (6.6) finden wirx n+1 = x n − bx n−1 <strong>und</strong> y n+1 = y n − by n−1 für alle n ∈ N 2 .Damit ist einerseits ggT (x n , b) = ggT (y n , b) = 1 für jedes n ∈ N 1 , <strong>und</strong> andererseitssind alle x n <strong>und</strong> y n ungerade, wenn a ≡ 7 (mod 8) gilt. Daraus folgt wegenggT (x n , y n ) | 4b n , dass x n <strong>und</strong> y n teilerfremd sind. Vollständige Induktion ergibtdann die folgenden Verallgemeinerungen von Problem 63 :Ist a ∈ N 1 mit a ≡ 7 ( mod 8), ( so gibt es zu jedem n ∈ N 1 ein Paar (x, y) ∈ N 2 1)a+1 nmit ggT (x, y) = 1, sodass 44 = ax 2 + y 2 gilt.Im Anschluss an die Probleme 65 <strong>und</strong> 67 haben wir die Methode des Koeffizientenvergleichsbei Polynomen erwähnt. Sie lässt sich durch den folgenden Koeffizientenvergleichssatzder linearen Algebra begründen (([15], Seite 65):


6.3 Problemlösestrategien 207Sind P (x) = c 0 + c 1 x + · · · + c n x n <strong>und</strong> Q(x) = b 0 + b 1 x + · · · + b m x m mit0 ≤ m ≤ n Polynome, deren Werte an mehr als n verschiedenen Stellen übereinstimmen,so gilt b i = c i für i = 0, . . . , m <strong>und</strong> c i = 0 für i = m + 1, . . . , n,falls n > m ist.In der reellen Analysis wird ein entsprechender Satz unter der stärkeren Voraussetzungbewiesen, dass die beiden Polynome für alle Argumente x übereinstimmen.Der einfache indirekte Beweis mit Abschätzungen lässt sich auf Potenzreihenfunktionenübertragen:Stellen F : =(x → ∞ ∑k=0)a k x k , [−c, c ]<strong>und</strong> G : =(x → ∞ ∑k=0)b k x k , [−c, c ]mit c ∈ R + Potenzreihenfunktionen dar, die in [−c, c] definiert sind <strong>und</strong> dieF (x) = G(x) für alle x ∈ [−c, c] erfüllen, so gilt a k = b k für jedes k ∈ N.Als letztes Beispiel für die Verallgemeinerungsstrategie suchen wir mit Hilfe diesesSatzes eine dritte Eigenschaft der Lösungen von Problem 63.Problem 70Bestimmen Sie jeweils eine geschlossene Form für die Glieder der Folgen(x n+3 ) n∈N<strong>und</strong> (y n+3 ) n∈N, die bei der Lösung von Problem 63 auftreten.Wir benutzen die Methode der erzeugenden Funktionen, bei der die Glieder der zuuntersuchenden Folge als Koeffizienten einer Potenzreihe gewählt werden, wobeider Konvergenzbereich zunächst keine Rolle spielt. Wir setzen also∞∑∞∑f(z) : = x k z k <strong>und</strong> g(z) : = y k z k<strong>und</strong> erhalten mit (6.6)∞∑x k+2 z k =k=3k=3∞∑∞∑x k+1 z k − 2 x k z k .k=3k=3k=3Multiplikation aller Summen mit z 2 <strong>und</strong> Transformation der ersten beiden Summationsvariablenergibt∞∑∞∑x k z k = z x k z k − 2z 2∞∑k=5k=4k=3x k z k .


208 Problemlösestrategien 6.3Nach Einführung von f(z) folgtEntsprechend gewinnt manf(z) ( 1 − z + 2z 2) = x 3 z 3 + (x 4 − x 3 ) z 4 .g(z) ( 1 − z + 2z 2) = y 3 z 3 + (y 4 − y 3 ) z 4 .Wegen x 3 = x 4 = y 3 = 1 <strong>und</strong> y 4 = −3 erhalten wir alsof(z) =z 31 − z + 2z 2 <strong>und</strong> g(z) = z3 − 4z 41 − z + 2z 2 .Mit α : = 1 2 + 1 √2 −7 <strong>und</strong> β : =12 − 1 √2 −7 ergibt Partialbruchzerlegung(f(z) = √ z3 α−7 1 − αz − β )( α<strong>und</strong> g(z) = z 31 − βz1 − αz + β ).1 − βzDurch Entwicklung der Brüche als geometrische Reihen folgtf(z) = √ 1 ∑ ∞(α k+1 − β k+1) ∞∑ (z k+3 <strong>und</strong> g(z) = α k+1 + β k+1) z k+3 ,−7k=0sodass wir durch Koeffizientenvergleichx k+2 = 1 √ −7(α k − β k) <strong>und</strong> y k+2 = α k + β k für jedes k ∈ N 1erhalten. Da die geometrische Reihe ∞ ∑z kk=0k=0den Konvergenzradius 1 hat, kannbei der Anwendung des obigen Satzes über Potenzreihenfunktionen die Zahl czwischen 0 <strong>und</strong> 1 √2gewählt werden, weil1|α| = 1|β| = √ 1 gilt. 2Nachdem wir Problem 63 durch Zulassen von negativen ganzen Zahlen gelösthaben, treten nun sogar komplexe Zahlen in den geschlossenen Formen auf. Entwickeltman α k <strong>und</strong> β k mit Hilfe der binomischen Formel, so ergeben sich fürx k+2 <strong>und</strong> y k+2 rationale Summen, die wir aber nicht als “geschlossen” ansehen.Obwohl die Verallgemeinerungsstrategie sehr leistungsfähig ist, kann sie in unsererSammlung nur bei den Problemen 11, 13 <strong>und</strong> 52 direkt eingesetzt werden. BeiProblem 11 ergibt sich dieses aus der Fragestellung, <strong>und</strong> bei den beiden anderen(<strong>und</strong> eventuell weiteren) Problemen ist die Verallgemeinerung im Rahmen der Erk<strong>und</strong>ungsstrategiesinnvoll. Ihr besonderer Nutzen liegt also vor allem im Bereichder mathematischen Forschung. Wertvoll ist sie aber auch bei der eigenständigenVertiefung - wie bei den Problemen 69 <strong>und</strong> 70.


6.3 Problemlösestrategien 209RückwärtsstrategieBei der Lösung von Problem 1 (Seite 31 ff.) wurde diese Strategie als eine derältesten Problemlösemethoden eingeführt. Typisch für dieses Beispiel ist eine Sequenzvon Aussagen, bei denen die jeweils nächste eine Antwort auf die Frageist: “Woraus könnte die vorliegende Aussage folgen?” Ähnlich tritt bei dem Beweisdes Satzes über das Eratosthenes-Sieb (Seite 66) eine “Gleichungskette” auf,bei der der strukturell kompliziertere Term der nachzuweisenden Gleichung amAnfang steht.Das folgende Beispiel ist der “Ausschließungsteil” von Problem 7.4.6 in [13],j=3wo mit Hilfe der Modifizierungsstrategie alle n ∈ N 2 bestimmt werden, für dien+2 ∑j n = (n + 3) n gilt. Für n ∈ {2, 3} zeigt Einsetzen das Erfülltsein der Gleichung,während für n ∈ {4, 5} Ungleichheit vorliegt, weil die linke Seite modulo2 zu n <strong>und</strong> die rechte zu n + 1 kongruent ist.Problem 71Beweisen Sie, dass n+2 ∑j n < (n + 3) n für alle n ∈ N 6 gilt.j=3Da die Anwendung der Binomialformel (3.23) auf der rechten Seite Summandenergibt, die nicht mit denen auf der linken Seite vergleichbar sind, nutzen wir dieÜbereinstimmung aller Exponenten für eine “Normierung”, indem wir beide Seitendurch (n+3) n teilen <strong>und</strong> die Summanden nach abnehmender Größe anordnen:∑n+2( )1 > j nn∑ ( )n+3 = 1 − k nn+3 .j=3Berechnen wir für n = 6 <strong>und</strong> n = 7 die Summanden, so erkennen wir, dass bein = 6 der k-te Summand für k ∈ I 6 kleiner als 1 2 k ist <strong>und</strong> dass die entsprechendenSummanden bei n = 7 noch kleiner werden. Damit würde sich die gesuchte Abschätzungergeben, wenn wir zeigen könnten, dass( )(6.13) 1 − k n 1n+3


210 Problemlösestrategien 6.3Da die rechte Seite von (6.13) eine k-te Potenz ist, wäre es günstig, wenn wir1 − k nach oben durch eine k-te Potenz abschätzen könnten, deren Basis nichtn+3von k abhängt. Dann müsste in einem letzten Rückwärtsschritt nur noch gezeigtwerden, dass die n-te Potenz dieser Basis für alle n ∈ N 6 kleiner als 1 2 ist.Für k = 2 <strong>und</strong> n ∈ N erhalten wir durch “quadratische Ergänzung”( )1 − 2n+3 < 1 − 2n+3 + 1 = 1 − 1 2(n+3) 2 n+3 .Ersetzen wir −1 durch x <strong>und</strong> beachten, dass (1+2x)(1+x) = n+3 1+3x+2x2 ≥ 1+3xgilt, so ergibt sich 1 + 3x ≤ (1 + x) 3 als eine weitere Anwendung der Rückwärtsstrategie,<strong>und</strong> wir erkennen, dass die Multiplikation mit 1 + x auf beiden Seitender entsprechenden Ungleichung mit k anstelle von 3 sogar den Induktionsschrittfür den Beweis der Bernoullischen Ungleichung(6.14) 1 + kx ≤ (1 + x) k für alle k ∈ N <strong>und</strong> für jedes x ∈ R mit x ≥ −1liefert.Damit haben wir in (6.13)( )1 − k n (n+3 ≤ 1 − 1n+3(Wegen( ( ) )1 − 1 n+6n+91 − 1 9) 6= 0, 49327 . . .


6.3 Problemlösestrategien 211Damit gilt f ′ n(x) ≤ 0 für jedes n ∈ N 1 <strong>und</strong> alle x ≤ 3. Wegen f n (0) = 1 ergibtder Schrankensatz der (Elementar-) Analysis 2f n (x) ≤ 1 für jedes n ∈ N 1 <strong>und</strong> alle x ∈ R mit 0 ≤ x ≤ 3.Also ist (6.15) für alle x mit 0 ≤ x ≤ 3 gültig, <strong>und</strong> für x = 1 erhalten wir dieUngleichung des Induktionsschrittes bei dem Nachweis des monotonen Fallens( ( ) )von 1 − 1 n+6. Durchlaufen wir nun die vier Rückwärtsschritte inn+9n∈Numgekehrter Reihenfolge, so ist die Behauptung von Problem 71 bewiesen.Bei der Modifizierungsstrategie wurde erwähnt, dass sie sich oft mit der Rückwärtsstrategieverwenden lässt. Noch enger hängen die Brückenstrategie <strong>und</strong> die Zurückführungsstrategiemit der Rückwärtsstrategie zusammen. Da sie aber wegen ihrerLeistungsfähigkeit in eigenen Abschnitten behandelt werden, überrascht es nicht,dass die Rückwärtsstrategie nur bei den Problemen 22, 34 <strong>und</strong> 54 in “reiner”Form zu gebrauchen ist. Als Signal kann häufig die Beobachtung dienen, dasseiner schwachen Voraussetzung eine leicht umformbare Aussage gegenübersteht.Pólyasche BrückenstrategieDie Bezeichnung Brückenstrategie haben wir im Anschluss an G. Pólya [19] eingeführt,nachdem bei dem zweiten Teil des Beweises für den Satz über gerade vollkommeneZahlen (Seite 57) abwechselnd Vorwärtsschließen <strong>und</strong> Rückwärtsstrategiebenutzt wurden. Beim <strong>Problemlösen</strong> kann das Vorwärtsschließen auch mitVor- oder Nachüberlegungen zu tun haben. So begann die Lösung von Problem 63(Seite 195) mit dem Bewusstmachen einer psychologischen Brückenstrategie, dieauf einer “Lösbarkeitsgarantie mit Schwierigkeitsbeschränkung” bei <strong>Mathematik</strong>wettbewerbenberuht. Auch bei dem folgenden Beispiel, das an Problem 2.2.1 aus[13] anschließt, ist das Vorwärtsschließen eher psychologischer Art, weil es nachder Anwendung der Rückwärtsstrategie zum Finden eines Induktionsschrittes zueiner vertieften Einsicht in die bereits bewiesene Aussage führt.Problem 72Zeigen Sie, dass s(n) : = 1 5 n5 + 1 2 n4 + 1 3 n3 − 1 n ∈ N für jedes n ∈ N gilt,30<strong>und</strong> stellen Sie s(n) als Linearkombination von Binomialkoeffizienten dar.2 Ist ( x ↦→ f(x) , x ∈ A ) (elementar) differenzierbar mit s ≤ f ′ (x) bzw. f ′ (x) ≤ S für jedesx ∈ A, so gilt s ≤ f(u)−f(v)u−vbzw. f(u)−f(v)u−v≤ S für alle u, v ∈ A mit u ≠ v.


212 Problemlösestrategien 6.3Setzen wir für einen Induktionsbeweis M : = {k ∈ N ; s(k) ∈ N} , so gilt offensichtlich0 ∈ M. Aber auf den ersten Blick ist es nicht ganz einfach, aus m ∈ Mauf m+1 ∈ M zu schließen. Hier hilft die Rückwärtsstrategie, indem wir s(m+1)durch s(m) ausdrücken:s(m + 1) = 1 5 (m + 1)5 + 1 2 (m + 1)4 + 1 3 (m + 1)3 − 1 (m + 1)30= 1 (5 m 5 + 5m 4 + 10m 3 + 10m 2 + 5m + 1 ) + 1 (2 m 4 + 4m 3 + 6m 2 +4m + 1) + 1 (3 m 3 + 3m 2 + 3m + 1 ) − 1 (m + 1)30= s(m) + m 4 + 2m 3 + 2m 2 + m + 2m 3 + 3m 2 + 2m + m 2 + m + 1.Da s(m) ∈ N nach Induktionsvoraussetzung gilt <strong>und</strong> da die weiteren Summandennatürliche Zahlen oder 0 darstellen, ist auch s(m+1) ∈ N. Mit m+1 ∈ M ergibtalso der Induktionssatz (Seite 12) die Lösung des ersten Teils.Fügen wir der Gleichungskette für s(m+1) noch eine Zeile mit der Zusammenfassungder Summanden hinzu, so erkennen wir, dass wir zu früh aufgehört haben:s(m + 1) = s(m) + m 4 + 4m 3 + 6m 2 + 4m + 1 = s(m) + (m + 1) 4 .Denn nun erhalten wir mit vollständiger Induktion die überraschende Darstellungn∑(6.16) s(n) = k 4 für jedes n ∈ N,k=0aus der natürlich auch s(n) ∈ N folgt.Bei der rechten Seite von (6.16) handelt es sich um eine Potenzsumme, nämlichum die Summe der ersten n vierten Potenzen. Wegen der eigenartigen rationalenKoeffizienten in der vorgegebenen Polynomdarstellung von s(n) liegt es nahe,weitere Potenzsummenn∑P m (n) : = k m mit m, n ∈ Nk=0zu berechnen, um eine Gesetzmäßigkeit zu finden.Neben P 4 (n) = s(n) sind P 0 (n) = n + 1 <strong>und</strong> P 1 (n) = 1 2 n2 + 1 n schon bekannt.2Wir erhalten eine Rekursionsformel für P m (n), weil man die Differenz P m+1 (n) −P m (n) = (n + 1) m+1 als Linearkombination von Potenzsummen P i (n) mit i ∈A m+1 schreiben kann:n∑ ((n + 1) m+1 = (k + 1) m+1 − k m+1) =k=0n∑k=0m∑i=0Damit lassen sich zwar weitere Potenzsummen wie( m+1)i k i =m∑i=0( m+1)Pi (n).i


6.3 Problemlösestrategien 213P 2 (n) = 1 3 n3 + 1 2 n2 + 1 6 n <strong>und</strong> P 3(n) = 1 4 n4 + 1 2 n3 + 1 4 n2berechnen. Aber wir gewinnen keine Einsicht in die Struktur der Koeffizienten.Deshalb versuchen wir die Methode der erzeugenden Funktionen (Seite 207) soanzuwenden, dass sich die Potenzen k m mit den Potenzen der Reihenentwicklungder Exponentialfunktion verbinden lassen, wobei 0! : = 1 ist:∞∑∞)R n (x) : = P m (n) xmm! = ∑k m x mm!=m=0(n∑ ∑ ∞k=0m=0= e(n+1)x − 1e x − 1)1m! (kx)m =( n∑m=0 k=0n∑(e x ) k= e(n+1)x − 1xk=0xe x − 1 ,wobei Sätze der Analysis die Vertauschung der Summanden, die stetige Ergänzungfür x = 0 <strong>und</strong> im Folgenden die Multiplikation von Potenzreihen ermöglichen.Mit Hilfe der Exponentialreihe erhalten wir für den ersten Bruch die Reihenentwicklunge (n+1)x − 1∞∑ (n + 1) i+1 x i(6.17)=xi + 1 i! .i=0Der zweite Bruch definiert als erzeugende Funktion durch seine (für |x| < 2πkonvergente) Reihenentwicklung∞x(6.18)e x − 1 = : ∑ x jB jj!eine Folge (B j ) j∈N, deren Glieder B j nach Jakob Bernoulli 3 BernoullischeZahlen heißen. Sie spielen in vielen Teilen der <strong>Mathematik</strong> eine Rolle.Durch Multiplikation der Potenzreihen aus (6.17) <strong>und</strong> (6.18) folgt(∞∑ m)∑ (R n (x) = B m) (n + 1)i+1x mm−i i i + 1 m! ,m=0i=0<strong>und</strong> Koeffizientenvergleich gemäß dem Potenzreihenvergleichssatz auf Seite 207ergibtm∑(6.19) P m (n) =i=0j=0(1B m)m−i i+1 i (n + 1) i+1 für alle m, n ∈ N.3 Jakob Bernoulli (1654-1705) war <strong>Mathematik</strong>er <strong>und</strong> Physiker in Basel.


214 Problemlösestrategien 6.3Speziell für n = 0 erhalten wir die Rekursionsgleichungenm∑ ((6.20) B m = − 1 m+1)Bm−i für m ∈ Nm+1 i+11 <strong>und</strong> mit B 0 = 1.i=1Damit können wir B m für kleine m berechnen:B 1 = − 1 2 , B 2 = 1 6 , B 3 = 0, B 4 = − 130 , B 5 = 0, B 6 = 142 .Der zweite Teil von Problem 72 lässt sich mit der normalen Brückenstrategielösen. Zunächst versuchen wir, mit der Rückwärtsstrategie zu klären, ob sichBinomialkoeffizienten als Summe von Binomialkoeffizienten mit einem Parameterk ∈ A n+1 darstellen lassen. Dabei hilft uns die Idee der Differenzbildung, die wirbei der obigen Herleitung der Rekursionsformel für P m (n) verwendet haben. Ausder Darstellung((6.21)kifolgt unmittelbar ( ki){1 für i = 0 <strong>und</strong> k ∈ N,= 1i! k(k − 1) · · · (k − i + 1) für i ∈ N 1 <strong>und</strong> k ∈ N)=( k+1i+1)−( ki+1). Wird auf beiden Seiten summiert,so heben sich auf der rechten Seite aufeinanderfolgende Terme weg, <strong>und</strong> wegen( 0i+1)= 0 erhalten wirn∑(6.22)k=0( ki)=( n+1i+1)für alle i, n ∈ N.Nun brauchen wir nur noch die Potenzen k m als Linearkombinationen von Binomialkoeffizientendarzustellen. Schon für m ≤ 3 können wir das Bildungsgesetzerkennen:k 2 = (k − 1 + 1)k = (k − 1)k + k = ( k2)2! +( k1)1! <strong>und</strong>k 3 = k · k 2 = k ( k2)2! + k( k1)1! = (k − 2 + 2)( k2)2! + (k − 1 + 1)( k1)1!= ( k3)3! + 2( k2)2! +( k2)2! +( k1)1! =( k3)3! + 3( k2)2! +( k1)1! .Einerseits erfolgt der Übergang von m zu m + 1 durch Multiplikation beider( )kSeiten mit k. Andererseits ist auf der rechten Seite jeder Binomialkoeffizientimit einem Faktor i! versehen, sodass ( ki)i! wegen (6.21) sogar ein Polynom in kmit ganzen Koeffizienten darstellt, das sich bei Multiplikation mit k wieder alsganzzahlige Linearkombination von zwei solchen Polynomen schreiben lässt:(6.23) k ( ki)i! = (k − i + i)( ki)i! =( ki+1)(i + 1)! + i( ki)i!.Definieren wir also für m ∈ N 1 <strong>und</strong> i ∈ I m die Zahlen S(m, i) rekursiv durchS(m, 1) = S(m, m) : = 1, S(m + 1, i) : = S(m, i − 1) + i S(m, i), i ∈ I m \ {1},


6.3 Problemlösestrategien 215so ergibt vollständige Induktion mit dem oben beschriebenen Induktionsschrittm∑(6.24) k m =i=1S(m, i) ( ki)i! für alle k ∈ N <strong>und</strong> jedes m ∈ N1 .Die natürlichen Zahlen S(m, i) heißen nach J. Stirling 4 Stirlingsche Zahlenzweiter Art. Ähnlich wie die Binomialkoeffizienten entstammen sie der Kombinatorik.Mit Hilfe von (6.24) erhalten wir nunP m (n) =<strong>und</strong> mit (6.22) folgtn∑k=0m∑i=1(6.25) P m (n) =S(m, i) ( kim∑i=1) ∑ mi! = S(m, i) i!i=1S(m, i) i! ( n+1i+1).n∑k=0( ki)In [5] (Seite 95) wird hierfür ein “kombinatorischer” Beweis skizziert.Die normale Brückenstrategie hilft beim Lösen der Probleme 5, 7, 14, 33, 41,48, 56 <strong>und</strong> 59. Die psychologischen Versionen können aber bei der Mehrzahl derWettbewerbsprobleme im Verlauf der Lösungssuche genutzt werden. Als Signallässt sich hier im Unterschied zur reinen Rückwärtsstrategie jeweils auch eineAussage finden, die durch Vorwärtsschließen mit der Aussage des “anderen Ufers”verbindbar erscheint. Häufig kann dieser Findevorgang durch eine Warum-Frageeingeleitet werden.InvarianzstrategieIn [5] steht auf der ersten Seite des ersten Kapitels mit dem Titel “Das Invarianzprinzip”der Merkspruch: “Wenn Wiederholungen vorliegen, achte auf das, wassich nicht ändert.” Die Beispiele in [5] <strong>und</strong> auch in unseren früheren Kapitelnzeigen, dass dafür recht viele Relationen oder Eigenschaften infrage kommen.Bei dem Beweis des Kongruenzsatzes von Euler (Seite 99) war es die Reduziertheitaller betrachteten Restsysteme, <strong>und</strong> bei der Einführung des Jacobi-Symbols(Seite 111) wurde die Übereinstimmung von Vorzeichen genutzt, die mit der sogenanntenParität (0 bzw. 1, gerade bzw. ungerade, + bzw. -) zusammenhängen.Der Beweis von E. Landau [12] für den Dreiquadratesatz (Seite 146) verwendeteunter anderem die Invarianz der Determinante sowie von Koeffizientenrelationen,<strong>und</strong> der Satz über Invarianten der Formenklassen (Seite 154) enthält sogar vierinvariante Eigenschaften.4 James Stirling (1692-1770) war <strong>Mathematik</strong>er unter anderem in Venedig.


216 Problemlösestrategien 6.3Wir ergänzen das Beispiel E5 aus dem ersten Kapitel von [5] durch eine “genetische”Lösung.Problem 73Es sei ( (a n , b n , c n , d n ) ) n∈Neine Folge von Quadrupeln ganzer Zahlen mita n+1 = a n − b n , b n+1 = b n − c n , c n+1 = c n − d n <strong>und</strong> d n+1 = d n − a nfür jedes n ∈ N. Zeigen Sie, dass die Folge ( max {|a n |, |b n |, |c n |, |d n |} ) n∈Nunbeschränkt ist, wenn die Zahlen a 0 , b 0 , c 0 , d 0 nicht alle gleich sind.Zur Vorbereitung geben wir drei Invarianten der Folge an, die sich leicht mitHilfe der Erk<strong>und</strong>ungsstrategie finden lassen. Für die Unbeschränktheit der Folge(max {|an |, |b n |, |c n |, |d n |} ) n∈N ist es notwendig, dass auch für jedes m ∈ N 1 dieZahlen a m , b m , c m , d m nicht gleich sind, weil andernfalls (a m+n , b m+n , c m+n , d m+n )= (0, 0, 0, 0) für alle n ∈ N 1 gilt.Aus den für irgendein m ∈ N erfüllten Gleichungen a m+1 = b m+1 <strong>und</strong> c m+1 = d m+1folgt a m + c m = 2b m <strong>und</strong> a m + c m = 2d m , also b m = d m . Entsprechend ergibtsich c m = a m aus b m+1 = c m+1 <strong>und</strong> d m+1 = a m+1 . Kombination von c m = a m<strong>und</strong> a m + c m = 2d m liefert schließlich a m = d m . Gilt also a m+1 = b m+1 = c m+1 =d m+1 für ein m ∈ N, so folgt auch a m = b m = c m = d m . Als Anwendung dernoch zu behandelnden Abstiegsstrategie können wir nun schließen, dass die Menge{m ∈ N ; a m = b m = c m = d m } kein Minimum besitzt, weil die Zahlen a 0 , b 0 , c 0 , d 0als nicht gleich vorausgesetzt sind. Aufgr<strong>und</strong> des Minimumsatzes (Seite 11) mussdie Menge also leer sein. Die Nichtgleichheit der Zahlen a n , b n , c n , d n für jedes n ∈N ist damit die erste invariante Eigenschaft der Quadrupelfolge. Den Spezialfall(6.26) (a n , b n , c n , d n ) ≠ (0, 0, 0, 0) für alle n ∈ Nwerden wir später benutzen.Schon wenige Zahlenbeispiele lassen erkennen, dass gemeinsame Teiler der Quadrupelzahleneine Rolle spielen. Ist t ein Teiler von ggT (a m , b m , c m , d m ) für irgendeinm ∈ N, so ergeben die Linearitätsaussage des Satzes über Teilbarkeitsregeln(Seite 18) <strong>und</strong> vollständige Induktion, dass auch t | ggT (a m+n , b m+n , c m+n , d m+n )für alle n ∈ N gilt. Damit folgt für jedes m ∈ N die zweite invariante Eigenschaft


6.3 Problemlösestrategien 217(6.27) ggT (a m , b m , c m , d m ) | ggT (a m+n , b m+n , c m+n , d m+n ) für alle n ∈ N.Ebenso leicht sieht man, dass 2 | ggT (a n+4 , b n+4 , c n+4 , d n+4 ) für alle n ∈ N erfülltist. Wegen (6.27) genügt es,(6.28) 2 | ggT (a 4 , b 4 , c 4 , d 4 )zu zeigen. Das geschieht modulo 2 mit Fallunterscheidung. Indem wir [mod(a, 2),mod(b, 2), mod(c, 2), mod(d, 2)] anstelle von (a, b, c, d) schreiben, erhalten wirdie Sequenzen [1, 0, 0, 0] → [1, 0, 0, 1] → [1, 0, 1, 0] → [1, 1, 1, 1] → [0, 0, 0, 0] <strong>und</strong>[1, 1, 1, 0] → [0, 0, 1, 1]. Die Fortsetzung der zweiten Sequenz <strong>und</strong> die übrigen Fälleergeben sich durch zyklische Vertauschung.Eine zahlentheoretische Lösung von Problem 73 folgt nun zusammen mit (6.26)durch die dritte invariante Eigenschaft(6.29) 2 k | ggT (a 4k , b 4k , c 4k , d 4k ) für alle k ∈ N 1 ,die wir mit vollständiger Induktion beweisen. Dazu seiM : = { k ∈ N 1 ; 2 k | ggT (a 4k , b 4k , c 4k , d 4k ) } .Wegen (6.28) ist 1 ∈ M. Für m ∈ M definieren wir die ganzen Zahlen a ′ 0 : =2 −m a 4m , b ′ 0 : = 2 −m b 4m , c ′ 0 : = 2 −m c 4m <strong>und</strong> d ′ 0 : = 2 −m d 4m sowie für n ∈ A 3rekursiv a ′ n+1 : = a ′ n − b ′ n, b ′ n+1 : = b ′ n − c ′ n, c ′ n+1 : = c ′ n − d ′ n, d ′ n+1 : = d ′ n − a ′ n.Wegen (6.28) gilt dann 2 | ggT (a ′ 4, b ′ 4, c ′ 4, d ′ 4) , <strong>und</strong> mit a ′ 4 = 2 −m a 4m+4 , b ′ 4 =2 −m b 4m+4 , c ′ 4 = 2 −m c 4m+4 , d ′ 4 = 2 −m d 4m+4 folgt m + 1 ∈ M, sodass M = N 1ist.Um das “genetische” Defizit der kurzen <strong>und</strong> eleganten Lösung in [5] aufzuzeigen,bringen wir die Übersetzung des ersten Abschnitts: ≪Es sei P n = (a n , b n , c n , d n )das Quadrupel nach n Iterationen. Dann haben wir a n + b n + c n + d n = 0 fürn ≥ 1. Wir sehen noch nicht, wie wir diese Invariante nutzen können. Aber einegeometrische Interpretation ist meistens hilfreich. Eine sehr wichtige Funktion fürden Punkt P n im 4-dimensionalen Raum ist das Quadrat seines Abstands vomUrsprung (0, 0, 0, 0), nämlich a 2 n + b 2 n + c 2 n + d 2 n. Wenn wir zeigen könnten, dassdiese Quadratsummen keine obere Schranke haben, wären wir fertig.≫Auf diesen Ansatz können viele ProblemlöserInnen nur kommen, wenn sie entsprechendeVorkenntnisse haben. Dieser Mangel lässt sich mit der Brückenstrategiemildern, indem man eine Funktion f(u, v, w, x) sucht, für die (f n ) n∈Nmitf n : = f (a n , b n , c n , d n ) unbeschränkt wächst <strong>und</strong> bei der sich f n+1 möglichst leicht


218 Problemlösestrategien 6.3zu f n in Beziehung setzen lässt. Die einfachste Funktion f(u, v, w, x) : = u + v +w + x kommt wegen der obigen Gleichung(6.30) a n + b n + c n + d n = 0 für alle n ∈ N 1nicht infrage. Die naheliegenden Funktionen f(u, v, w, x) : = max {|u|, |v|, |w|, |x|}<strong>und</strong> f(u, v, w, x) : = |u| + |v| + |w| + |x|, die wegen (6.26) wenigstens positiveGlieder f n ergeben, erlauben keine günstige Rekursion für f n . Als nächste Funktion,deren Positivität zu (u, v, w, x) ≠ (0, 0, 0, 0) äquivalent ist, bietet sich damitf(u, v, w, x) : = u 2 + v 2 + w 2 + x 2 an.Setzen wir q n : = a 2 n + b 2 n + c 2 n + d 2 n, so gilt zunächst(6.31)q n+1 = (a n − b n ) 2 + (b n − c n ) 2 + (c n − d n ) 2 + (d n − a n ) 2= 2q n − 2 (a n b n + b n c n + c n d n + d n a n ) .Als Anwendung der gleich zu behandelnden Symmetriestrategie ergänzen wirs n : = 2a n b n + 2b n c n + 2c n d n + 2d n a n durch die “fehlenden” acht Produktea 2 n, 2a n c n , c 2 n, b 2 n, 2b n d n <strong>und</strong> d 2 n, sodass wir(6.32) s n + (a n + c n ) 2 + (b n + d n ) 2 = (a n + b n + c n + d n ) 2 = 0 für n ∈ N 1wegen (6.30) erhalten. Durch Addition von (6.31) <strong>und</strong> (6.32) folgtq n+1 = 2q n + (a n + c n ) 2 + (b n + d n ) 2 ≥ 2q n für jedes n ∈ N 1 ,<strong>und</strong> vollständige Induktion ergibtq n ≥ 2 n−1 q 1 ≥ 2 n−1 für alle n ∈ N 1 .Also ist (q n ) n∈N<strong>und</strong> damit auch ( max {|a n |, |b n |, |c n |, |d n |} ) n∈N unbeschränkt.Die Invarianzstrategie lässt sich beim Lösen der Probleme 13, 50 <strong>und</strong> 53 einsetzen.Als Signal kann die Wiederholungseigenschaft aus dem anfangs zitiertenMerkspruch von A. Engel dienen.SymmetriestrategieIn der <strong>Zahlentheorie</strong> bedeutet Symmetrie meistens wie in der Algebra, dass eineFunktion von mehreren Variablen beim Permutieren der Variablen in sich selbstübergeht. Durch diese Invarianz lässt sich beim <strong>Problemlösen</strong> manchmal die entscheidendeDarstellung finden. Nicht selten kann auch durch eine erkannte oderherbeigeführte Symmetrie die Anzahl der zu untersuchenden Fälle verkleinertwerden. Wir wählen als Beispiel Problem 1.6.11 aus [13], weil wir später eineLösung mit Hilfe der Klammerungsstrategie bringen können.


6.3 Problemlösestrategien 219Problem 74Zeigen Sie, dass das Produkt von vier aufeinanderfolgenden Termen einerarithmetischen Progression ganzer Zahlen vermehrt um die vierte Potenzder gemeinsamen Differenz ein Quadrat darstellt.Bezeichnen wir mit a die Startzahl, mit d die Differenz <strong>und</strong> mit x die gesuchteBasis, so lautet die Mathematisierung des Problems(6.33) a(a + d)(a + 2d)(a + 3d) + d 4 = x 2 .Nach Ausmultiplizieren des Produkts hat die linke Seite die symmetrische Forma 4 +6a 3 d+11a 2 d 2 +6ad 3 +d 4 . Versuchen wir deshalb einen symmetrischen Ansatzx = a 2 + yad + d 2 , so folgt x 2 = a 4 + 2ya 3 d + (y 2 + 2) a 2 d 2 + 2yad 3 + d 4 . Damitergibt y = 3 die gesuchte Lösung x = a 2 + 3ad + d 2 .Bei den Problemen 3, 6 <strong>und</strong> 56 kann die Symmetriestrategie verwendet werden.Zwei dieser Probleme lassen sich aber auch anders lösen. Die optische Regelmäßigkeitvon Termen stellt ein Signal für Symmetrie dar.FallunterscheidungsstrategieDiese Strategie tritt beim <strong>Problemlösen</strong> in natürlicher Weise auf, wenn man Teilproblememit verschiedenen Methoden lösen kann. Deshalb werden auch relativviele Beweise von Sätzen der früheren Kapitel mit Fallunterscheidung geführt. EinigeBeispiele sind der zweite Beweis der Eindeutigkeit bei dem Hauptsatz (Seite49), der Fermatsche Kongruenzsatz (Seite 99), der Wilsonsche Fakultätensatz(Seite 102) <strong>und</strong> der Satz über das Euler-Kriterium (Seite 109). Wir wählen alsErgänzung Problem 1.1.7 aus [13], weil hier die Fallunterscheidung mit der Erk<strong>und</strong>ungsstrategiezu kombinieren ist.Problem 75Für k ∈ N 1 seien die Folgen (s k,n ) n∈N1durch{sk,n + 1, wenn k | ss 1,n : = n <strong>und</strong> s k+1,n : =k,n ,sonst,für alle n ∈ N 1 rekursiv definiert. Es sind diejenigen k ∈ N 2 zu bestimmen,bei denen s k,n = k für jedes n ∈ I k−1 gilt.s k,nAls Startpunkt für die Erk<strong>und</strong>ungsstrategie verwenden wir die folgende Tabelle.


220 Problemlösestrategien 6.31 2 3 4 5 6 7 8 9 10 112 3 4 5 6 7 8 9 10 11 123 3 5 5 7 7 9 9 11 11 134 4 5 5 7 7 10 10 11 11 135 5 5 5 7 7 10 10 11 11 136 6 6 6 7 7 11 11 11 11 137 7 7 7 7 7 11 11 11 11 138 8 8 8 8 8 11 11 11 11 139 9 9 9 9 9 11 11 11 11 1310 10 10 10 10 10 11 11 11 11 1311 11 11 11 11 11 11 11 11 11 13Offensichtlich ist s k,1 = k für alle k ∈ N 1 , was unmittelbar durch vollständigeInduktion gezeigt wird. Deshalb <strong>und</strong> wegen s 1,n = n für jedes n ∈ N 1 enthält dieerste Spalte die Zeilenindizes <strong>und</strong> die erste Zeile die Spaltenindizes der Tabelle.Es erscheint nicht allzu gewagt, als Antwort auf die Aufforderung des Problemsdie folgende Vermutung aufzustellen:Es gilt s k,n = k für jedes n ∈ I k−1 genau dann, wenn k eine Primzahl ist.Wegen der Definition der Folgenglieder müssen zum Finden des aus zwei Fällenbestehenden Beweises die Folgen S n : = (s k,n ) k∈N1, deren Anfangselemente fürn ≤ 11 in den Spalten der Tabelle stehen, untersucht werden. Diese Folgen wachsenfür jedes n ∈ N 1 monoton, weil die Differenz aufeinanderfolgender Glieder 0oder 1 ist. Da s k,1 = k für alle k ∈ N 1 gilt, sei im Folgenden n ∈ N 2 fest gewählt.Charakteristisch sind die “Sprungstellen” von S n , die mit bestimmten Teilern derFolgenglieder zusammenhängen. Bei der rekursiven Definition dieser Teilerfolgen(t i ) i∈Nnutzen wir, dass es wegen des monotonen Wachsens von S n zu jedemk ∈ N 1 genau ein i ∈ N mit s k,n = n + i gibt:t 0 : = 1 <strong>und</strong> t i+1 : = min {d ∈ N 2 ; d > t i <strong>und</strong> d | (n + i + 1)} für i ∈ N.Dabei muss mit vollständiger Induktion gezeigt werden, dass t i+1 für jedes i ∈ Nerklärt ist. Im Induktionsschritt folgt aus t i | (n + i), dass sich der Minimumsatz(Seite 11) anwenden lässt, weil die Menge {d ∈ N 2 ; d > t i <strong>und</strong> d | (n + i + 1)}wegen n + i + 1 > t i nicht leer ist. Ebenfalls mit vollständiger Induktion ergibtsich nun für jedes i ∈ N als Präzisierung der obigen Sprungstellenaussage(6.34) s k,n = n + i für alle k ∈ N 1 mit t i−1 < k ≤ t i ,


6.3 Problemlösestrategien 221wobei t −1 : = 0 gesetzt wird, damit 0 in der Induktionsmenge M : = {i ∈ N ; s k,n= n + i für alle k ∈ N 1 mit t i−1 < k ≤ t i } liegt, weil s k,n = n nur für k = 1 gilt.Ist j ∈ M <strong>und</strong> h : = t j , so folgt wegen s h,n = n + j <strong>und</strong> t j | (n + j), dassh einen Teiler von s h,n darstellt. Damit ist m : = t j + 1 der kleinste Index mits m,n = n + j + 1. Im Falle t j+1 > t j + 1 gilt aufgr<strong>und</strong> der Minimalteilereigenschaftvon t j+1 auch s k,n = n + j + 1 für alle k mit t j + 1 < k ≤ t j+1 . Also ist j + 1 ∈ M,<strong>und</strong> der Induktionssatz (Seite 12) ergibt M = N.i) Um den ersten Fall, nämlich den “dann”-Fall unserer Vermutung beweisen zukönnen, benötigen wir noch zwei weitere in der Tabelle erkennbare Eigenschaftender Folgen S n . Am auffälligsten ist in S n für n ∈ N 2 das Vorhandensein eines endlichen“Größerabschnitts” mit s k,n > k <strong>und</strong> eines darauf folgenden unendlichen“Gleichbereichs”, in dem s k,n = k erfüllt ist. Mit vollständiger Induktion kannleicht gezeigt werden, dass aus s i,n = i für ein i ∈ N 1 die Gleichungen(6.35) s j,n = j für alle j ∈ N ifolgen, weil jeweils s j+1,n = j + 1 wegen j | s j,n gilt.Also ist für jedes n ∈ N 2 die Existenz eines g ∈ N 1 mit s g,n = g nachzuweisen.Dazu setzen wir c i : = n+it ifür jedes i ∈ N. Wegen t i | (n + i) gilt c i ∈ N 1 für allei ∈ N. Ist h ∈ N mit c h > 1, so sind n + h > t h <strong>und</strong> n+h+1t h +1womit c h+1 = n+h+1t h+1≤ n+h+1t h +1< n+ht h< n+ht häquivalent,= c h folgt. Da also {h ∈ N ; c h > 1} eineendliche Menge darstellt, gibt es ein m ∈ N mit c m = 1. Damit gilt t m = n + m,<strong>und</strong> wegen (6.34) erhalten wir n + m = s tm,n, also g = s g,n mit g : = t m .Jetzt legt die Tabelle die Vermutung nahe, dass min {k ∈ N 1 ; s k,n = k} = min {p∈ P ; p > n} gilt. Diese Annahme erweist sich zwar als falsch, weil zum Beispiels 27,23 = 27 < 29 ist. Aber sie lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die Zahlen q =q(n) : = min {p ∈ P ; p > n} , von denen wir leicht zeigen können, dass(6.36) s q,n = q für jedes n ∈ N 2gilt. Ist i ∈ N der nach (6.34) eindeutig bestimmte Index mit s ti ,n = q, so folgtt i | q aufgr<strong>und</strong> der Definition von t i . Da s 1,n = n < q im Falle t i = 1 gilt, musst i > 1 sein. Also ist t i = q.Nun lässt sich der Beweis des ersten Falles rasch abschließen. Ist k ∈ P <strong>und</strong>n ∈ I k−1 , so gilt q ≤ k aufgr<strong>und</strong> der Definition von q. Wegen (6.36) <strong>und</strong> (6.35)folgt s k,n = k für jedes n ∈ I k−1 .ii) Im zweiten Fall, nämlich der “nur dann”-Aussage verleiten die Zahlen unterden Treppenstufen der Tabelle zu der Vermutung, dass s n+1,n = q für jedes n ∈ N 2


222 Problemlösestrategien 6.3mit n + 1 /∈ P gilt. Spätestens das (kleinste) Gegenbeispiel s 24,23 = 27 veranlasstuns, die schwächste für den Beweis verwendbare Aussage s n+1,n ≥ n + 2 für jedesn ∈ N 2 mit n + 1 /∈ P anzusteuern. Offenbar spielt hier die Sprungstelle von n + 1nach n + 2 eine Rolle. Wegen s 2,n = n + 1 für alle n ∈ N 1 <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> derMonotonie von S n ist s k,n ≥ n + 2 für alle k ∈ N 2 mit k ≥ t 1 + 1. Der Satz überden kleinsten Primteiler (Seite 47) ergibt t 1 = kP (n + 1), sodass t 1 + 1 ≤ n + 1wegen n + 1 /∈ P gilt. Also folgt s n+1,n ≥ n + 2 für jedes n ∈ N 2 mit n + 1 /∈ P.Da es zahlreiche Möglichkeiten der Fallunterscheidung gibt, bietet sich diese Strategiebei relativ vielen Problemen fast von selbst an. Sinnvoll ist sie sicher beiden Problemen 9, 15, 18, 26, 27, 28, 29, 30, 37, 39, 40, 45, 51, 53, 55, 56, 57,60 <strong>und</strong> 61. Neben der “dann <strong>und</strong> nur dann”- oder “genau dann”-Formulierung,die im obigen Beispiel auftrat, findet man als Signale vor allem Aufforderungen,(Teil-) Mengen mit gegebenen Eigenschaften zu bestimmen oder ihre Nichtexistenznachzuweisen.ZurückführungsstrategieWährend bei der Fallunterscheidungsstrategie ein Problem in mehrere Teilproblemezerlegt wird, die sich weitgehend unabhängig voneinander lösen lassen, folgtdie Lösung eines Problems mit der Zurückführungsstrategie durch Zurückführungauf Spezialfälle, die in [19] (z. B. 1. Band, Seite 170) “führende Spezialfälle” heißen.Im Buchtext ist es bei dem Satz über den Euklidischen Algorithmus (Seite20) der Fall c = 1, bei dem Satz über pythagoreische Tripel (Seite 38) der Fallteilerfremder Komponenten <strong>und</strong> bei dem Zweiquadratesatz (Seite 141) der Primzahlfall.Das nächste Beispiel betrifft die Folgen (mod(f n , m)) nfür jedes m ∈ N 2 , wobei(f n ) ndie in Aufgabe 2.1 definierte <strong>und</strong> in Problem 68 behandelte Fibonacci-Folgedarstellt. Wir zeigen zunächst, dass jede dieser “Restefolgen” rein periodisch ist.Für festes m ∈ N 2 <strong>und</strong> für a ∈ N 1 sei r(a) : = mod(a, m) = a − m [ am]. Insbe-[ asondere sei r n : = r (f n ) . Mit a = r(a) + km, k : =m], <strong>und</strong> b = r(b) + lm ∈[ ] [br(a)±r(b)]N 1 , l : =m , folgt r(a ± b) = r(a) ± r(b) + (k ± l)m − mm − m(k ± l) =r(r(a) ± r(b)).Betrachten wir nun die Paare aufeinanderfolgender Reste (r n , r n+1 ) für n ∈ N 1 ,so stellt (r n , r n+1 ) ↦→ (r n+1 , r n+2 ) eine Abbildung dar, bei der das Bildpaar wegenr n+2 = r(f n + f n+1 ) = r(r n + r n+1 ) durch das Urbildpaar vollständig bestimmtist. Analog lässt sich das Urbildpaar (r n , r n+1 ) wegen r(f n+2 − f n+1 ) =


6.3 Problemlösestrategien 223r(r n+2 − r n+1 ) eindeutig aus dem Bildpaar berechnen. Da r k für jedes k ∈ N 1 inA m liegt, existieren höchstens m 2 verschiedene Paare. Unter den ersten m 2 + 1Paaren gibt es also aufgr<strong>und</strong> des Schubfachsatzes (Seite 85) ein erstes, das sichwiederholt. Wegen der Eindeutigkeit der Bildpaare treten alle nachfolgenden Paareperiodisch auf. Aus der eindeutigen Bestimmtheit der Urbildpaare folgt, dasses keine Vorperiode geben kann, d. h. (r n ) nist rein periodisch.Problem 76Für m ∈ N 2 sei λ(m) die kleinste Periodenlänge der rein periodischen Folge(mod(f n , m)) n, wobei (f n ) ndie in Aufgabe 2.1 definierte Fibonacci-Folge ist.Beweisen Sie, dass λ(m) /∈ P für alle m ∈ N 3 gilt.Für die Zurückführung auf einen Spezialfall benötigen wir zunächst ein allgemeinesErgebnis über beliebige rein periodische Folgen (a n ) n. Ist P die Menge derPeriodenlängen von (a n ) n<strong>und</strong> p : = min P, so folgt kp ∈ P für jedes k ∈ N 1durch vollständige Induktion mit dem Induktionsschritt a m+kp+p = a m+kp = a m ,wobei diese <strong>und</strong> die folgenden beiden Gleichungsketten für alle m ∈ N 1 gelten.Sind s, t ∈ P, so ergibt sich s + t ∈ P wegen a m+(s+t) = a m+s = a m . Ist außerdemt ≥ s, so erhalten wir t − s ∈ P ∪ {0} durch a m+(t−s) = a (m+t−s)+s = a m+t = a m .Für beliebige i ∈ P setzen wir k : = [ ip]. Dann ist i − kp = mod(i, p) ∈ Ap , <strong>und</strong>es folgt i − kp ∈ P ∪ {0}. Wegen der Minimalität von p muss also i = kp gelten.Sind in unserem Falle j, m ∈ N 2 mit j | m, so ist λ(m) wegen mod (mod(f n , m), j)= mod (f n , j) auch die Länge einer Periode von (mod (f n , j)) n. Mit dem vorherBewiesenen erhalten wir also λ(j) | λ(m) für alle j, m ∈ N 2 mit j | m.Als Anwendung der Erk<strong>und</strong>ungsstrategie berechnen wir nun einige minimale Perioden,wobei wir beachten, dass jede solche Periode mit den Resten 1 <strong>und</strong> 0endet, weil dann mit den Resten 1 <strong>und</strong> 1 der Anfang der minimalen Periodefolgt. Die minimalen Perioden für m = 2, 3 <strong>und</strong> 4 sind (1,1,0), (1,1,2,0,2,2,1,0)<strong>und</strong> (1,1,2,3,1,0). Diese <strong>und</strong> weitere Beispiele führen uns zu der Vermutung, dass2 | λ(p) <strong>und</strong> λ(p) > 2 für alle p ∈ P 3 gilt. Da jedes m ∈ N 3 durch 4 oder durchein p ∈ P 3 teilbar ist <strong>und</strong> wegen λ(4) = 6 sind dann m = 4 <strong>und</strong> m = p ∈ P 3unsere führenden Spezialfälle. Im Folgenden sei also p ∈ P 3 <strong>und</strong> λ : = λ(p).Die Struktur von minimalen Perioden mit mehreren Nullen wie bei m = 3 veranlasstuns, die Abkürzung κ = κ(p) : = min {k ∈ N 1 ; p | f k } einzuführen. Mit


224 Problemlösestrategien 6.3(6.12) erhalten wir dann f κ+t = f κ f t−1 + f κ+1 f t = f κ (f t−1 + f t ) + f κ−1 f t füralle t ∈ N 1 . Damit folgt f κ+t ≡ f κ−1 f t (mod p), <strong>und</strong> vollständige Induktionergibt f gκ+t ≡ fκ−1f gt (mod p) für jedes g ∈ N 1 . Als Spezialfall der für allen ∈ N 2 mit vollständiger Induktion zu beweisenden Aussage ggT (f n−1 , f n ) = 1gilt p ∤ f κ−1 . Die letzte Kongruenz <strong>und</strong> der Satz über Restklassenkörper (Seite90) ergeben dann, dass p | f n <strong>und</strong> κ | n äquivalent sind. Setzen wir nunt = κ − 1 <strong>und</strong> o : = ord p (f κ−1 ) , so erhalten wir f oκ−1 ≡ fκ−1 o ≡ 1 (mod p)<strong>und</strong> f iκ−1 ≡ fκ−1i ≢ 1 (mod p) für 1 ≤ i < o, falls o > 1 ist. Damit sindmod(f oκ−1 , p) = 1 <strong>und</strong> mod(f oκ , p) = 0 die Schlusszahlen der minimalen Periode,<strong>und</strong> es gilt λ = o κ.Für den abschließenden Nachweis, dass aus 2 ∤ κ stets 2 | o folgt, benutzen wirdie leicht zu vermutende Aussage fn2 = f n−1 f n+1 − (−1) n für jedes n ∈ N 2 , diesich durch vollständige Induktion beweisen lässt, indem auf beiden Seiten f n f n+1addiert wird. Mit n = κ <strong>und</strong> wegen f κ+1 = f κ + f κ−1 ≡ f κ−1 (mod p) ergibtsich fκ−1 2 ≡ (−1) κ (mod p), sodass o = 4 im Falle 2 ∤ κ gilt. Damit erhalten wir2 | λ für alle p ∈ P 3 . Wegen f 1 = f 2 = 1 <strong>und</strong> o ≥ 1 ist λ ≥ κ > 2. Da alsodie führenden Spezialfälle λ(4) <strong>und</strong> λ(p) für p ∈ P 3 keine Primzahlen sind, folgtλ(m) ∉ P für alle m ∈ N 3 .Bei den Problemen 4, 22, 25, 29, 41, 51, 54, 58 <strong>und</strong> 60 lohnt es sich, die Zurückführungauf Spezialfälle zu beachten. Eine Allaussage mit der Möglichkeit einer multiplikativenZerlegung kann oft als Signal für die Zurückführungsstrategie angesehenwerden.ExtremfallstrategieIn [5] wird das “Extremalprinzip” in einem eigenen Kapitel als universell einsetzbareProblemlösemethode mit teilweise extrem kurzen Beweisen behandelt. Die17 einführenden Beispiele stammen aus der Geometrie, Graphentheorie, Kombinatorik<strong>und</strong> <strong>Zahlentheorie</strong>. Wie bei dem Beweis des Induktionssatzes (Seite 12)hängt die Extremfallstrategie in der <strong>Zahlentheorie</strong> mit dem Minimumsatz oderdem Maximumsatz (Seite 11) zusammen <strong>und</strong> zwar meistens in Verbindung miteinem Widerspruchsbeweis. Als Beispiel bringen wir Problem 3.27 aus [5].Problem 77Zeigen Sie, dass es unter je 15 teilerfremden Zahlen aus I 1992 \{1} mindestenseine Primzahl gibt.


6.3 Problemlösestrategien 225Man nimmt an, dass die Zahlen n 1 , . . . , n 15 , die die Bedingungen des Problemserfüllen, alle zerlegbar sind. Schreibt man aufgr<strong>und</strong> des Satzes über den kleinstenPrimteiler (Seite 47) q i : = kP (n i ) für i = 1, . . . , 15 <strong>und</strong> setzt q : = max {q 1 , . . . ,q 15 } , so stellen q 1 , . . . , q 15 verschiedene Primzahlen dar, weil n 1 , . . . , n 15 als teilerfremdvorausgesetzt wurden. Damit ist q ≥ p 15 = 47. Für die Zahl n j mitq = kP (n j ) folgt dann n j ≥ q 2 ≥ 47 2 = 2209 - im Widerspruch zur vorgegebenenSchranke 1992.Die Probleme 33, 43 <strong>und</strong> 55 lassen sich mit drei verschiedenen Varianten der Extremfallstrategiein Angriff nehmen. Unter allen Problemen im Buchtext, die inder Aufgabenstellung die Suche nach etwas “Kleinstem” oder “Größtem” enthalten,ist Problem 55 das einzige, bei dem die Extremfallstrategie anwendbar ist.Solche Minimierungs- oder Maximierungsaufforderungen sind also kein Signalbei den Problemen 16, 19, 21, 38, 44, 51 <strong>und</strong> 60. Auch sonst gibt es bei dieser Strategiekeine deutlichen Signale. Ähnlich ist die Situation bei der Abstiegsstrategie,die wir am Schluss als einen nur in der <strong>Zahlentheorie</strong> vorkommenden Spezialfallder Extremfallstrategie behandeln werden.VisualisierungsstrategieBei dem Beweis des Quadratischen Reziprozitätsgesetzes (Seite 114) war eineFigur sehr hilfreich. Aber es wurde auch erwähnt, dass sich die zugehörige Visualisierungsstrategiein der <strong>Zahlentheorie</strong> nur selten einsetzen lässt. In unsererProblemsammlung kommt sie - abgesehen von Problem 25, bei dem die Figurzur Aufgabenstellung gehört, - überhaupt nicht vor. Wir bringen trotzdem dasBeispiel 1.2.3 aus [13], weil dabei die geometrische Deutung von arithmetischenTermen nicht auf der Hand liegt.Problem 78Beweisen Sie, dass n−1 ∑ [ kmnk=1ggT (m, n) = 1 gilt.]=12 (m − 1)(n − 1) für alle m, n ∈ N 2 mitDas Vorgehen bei dem [ Beweis des Quadratischen Reziprozitätsgesetzes legt es]kmnahe, die Summandenn als Gitterpunktanzahlen zu deuten. Setzen wir Pk( ): = k, km , k = 1, . . . , n−1, so liegen die Punkte Pn[ k auf der Geraden Graph (x ↦→]mxn , x ∈ R) km. Für km ≥ n ist dannn die Anzahl der Punkte (k, j), j =


226 Problemlösestrategien 6.3[ ]km1, . . . ,n , die sich alle auf der Verbindungsstrecke von (k, 0) <strong>und</strong> Pk befinden.Wegen ggT (m, n) = 1 <strong>und</strong> k ≤ n − 1 stellt keiner der Punkte P 1 , . . . , P n−1 einenGitterpunkt dar. Deshalb ist n−1 ∑ [ km]n die Anzahl der Gitterpunkte im Innernk=1des Dreiecks D mit den Eckpunkten (0, 0), (n, 0), (n, m) (siehe Abbildung 6.1).(0, m)R : = D ∪ D ′(n, m)D ′( n2 , m 2)(0,1)(0,0)(1,0) (n, 0)DAbbildung 6.1: Die Punktmengen D, D ′ <strong>und</strong> R (für m = 5 <strong>und</strong> n = 9)( nDurch die Punktspiegelung (u, v) ↦→ (n − u, m − v) mit dem Fixpunkt2 , )m2wird D auf das Dreieck D ′ mit den Eckpunkten (n, m), (0, m), (0, 0) abgebildet.Die Vereinigung von D <strong>und</strong> D ′ stellt das Rechteck R mit den Eckpunkten(0, 0), (n, 0), (n, m), (0, m) dar. Der Durchschnitt ist die Verbindungsstrecke von(0, 0) <strong>und</strong> (n, m), auf der nur die beiden Randpunkte Gitterpunkte sind, weil diePunkte P k für k = 1, . . . , n−1 aus den oben genannten Gründen keine ganzzahligezweite Koordinate haben.Die Gitterpunkte im Innern von D <strong>und</strong> D ′ werden durch die Punktspiegelungbijektiv aufeinander abgebildet. Die Vereinigung der beiden Gitterpunktmengenergibt die (m − 1)(n − 1) Gitterpunkte im Innern des Rechtecks R. Damit stellt1(m − 1)(n − 1) die Anzahl der Gitterpunkte im Innern von D dar, womit die2Aussage des Problems bewiesen ist.KernbruchstrategieHiermit beginnt die kleine Gruppe der zur elementaren <strong>Zahlentheorie</strong> gehörendenMikrostrategien. Da wir Problem 1 (Seite 31) mit Hilfe der Kernbruchstrategie


6.3 Problemlösestrategien 227gelöst haben <strong>und</strong> da anschließend der Satz über pythagoreische Tripel (Seite 38)mit dieser Strategie gewonnen wurde, bringen wir hier kein weiteres Beispiel.Bei den Problemen 3, 14 <strong>und</strong> 30 kann die Kernbruchstrategie zumindest für einealternative Lösung verwendet werden. Ein deutliches Signal ist meistens dasAuftreten einer Gleichung zwischen Produkten mit jeweils zwei Faktoren, dieParameter enthalten.KlammerungsstrategieDiese Strategie wurde im Buchtext bei den Vorüberlegungen zum Satz über pythagoreischeTripel (Seite 38) eingeführt. Dort steht auch als Signal die Möglichkeit,eine Gleichung mit mindestens einer Summe durch Klammerung so umzuformen,dass sich auf beiden Seiten Produkte ergeben. Manchmal schließt - wie bei denpythagoreischen Tripeln - die Kernbruchstrategie daran an. Meistens nutzt mandiese Darstellung aber mit Hilfe des Hauptsatzes (der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong>)(Seite 49) - wie bei Problem 79 zur Exponentenvergleichsstrategie, die wiranschließend behandeln werden.Bei der folgenden zu Problem 74 (Seite 219) angekündigten zweiten Lösung ist dieKlammerung sogar nur Teil der Brückenstrategie zum Finden der Quadratbasisx. Gehen wir von der mathematischen Form (6.33) des Problems aus, so ergibtKlammerung von x 2 − d 4 die Produktgleichunga(a + d)(a + 2d)(a + 3d) = ( x − d 2) ( x + d 2) .Da die Differenz der beiden Klammern auf der rechten Seite 2d 2 beträgt, bestehtdie “Brücke” in der Überlegung, welche Klammernprodukte der linken Seite dieselbeDifferenz ergeben. Offensichtlich ist(a + d)(a + 2d) = a 2 + 3ad + 2d 2 = a(a + 3d) + 2d 2 ,sodass x − d 2 = a 2 + 3ad gesetzt werden kann.Bei den Problemen 3, 4, 12, 14, 18, 27 <strong>und</strong> 40 lässt sich die Klammerungsstrategiein einer der drei Varianten einsetzen, allerdings nicht immer bei der nächstliegendenLösung.ExponentenvergleichsstrategieHier geht es immer um die Anwendung des Hauptsatzes (Seite 49). Bei demfolgenden Beispiel 3.3.6 aus [13] ist - wie oben angekündigt - zunächst die Klammerungsstrategiezu benutzen.


228 Problemlösestrategien 6.3Problem 79Bestimmen Sie alle n ∈ N 1 , für die 2 8 + 2 11 + 2 n eine Quadratzahl darstellt.Aus der Mathematisierung 2 8 + 2 11 + 2 n = m 2 mit m ∈ N 1 folgt wegen 2 8 + 2 11 =2 8 (1 + 2 3 ) = 48 2 , dass 2 n = (m − 48)(m + 48) gilt. Aufgr<strong>und</strong> des Hauptsatzesgibt es also Exponenten s, t ∈ N, sodass m − 48 = 2 s , m + 48 = 2 t <strong>und</strong> s + t = nerfüllt ist. Durch Subtraktion der ersten Gleichung von der zweiten erhalten wir2 s ( 2 t−s − 1 ) = 2 5 3.Da 2 t−s − 1 ungerade ist, ergibt der auf dem Hauptsatz beruhende Exponentenvergleichs = 5 <strong>und</strong> t = 7. Damit ist n = 12 der einzige Exponent, der zu einerQuadratzahl (nämlich m 2 = 80 2 ) führt.In unserer Sammlung lässt sich die Exponentenvergleichsstrategie nur bei Problem30 mit dem deutlichen Signal einer Potenzgleichung einsetzen.WechselwegnahmestrategieIn der <strong>Zahlentheorie</strong> beruht die auf Seite 67 erwähnte Methode der Wechselwegnahmebeziehungsweise die zugehörige Ein- <strong>und</strong> Ausschaltformel auf demSatz über das Eratosthenes-Sieb (Seite 66). Im Buchtext wird sie bei der oberenAbschätzung im Beweis des Satzes über π(x)-Abschätzungen (Seite 67) verwendet,woran dann Teil b) des Satzes über die Eulersche ϕ-Funktion (Seite 98) anschließt.Auch der Umkehrsatz von Möbius (Seite 140) hängt damit zusammen.Das entscheidende Hilfsmittel ist der Satz über die Möbius-Summe (Seite 65).Die im Beweis dieses Satzes auftretenden Binomialkoeffizienten ( rk)werden beiden Vorüberlegungen zur Lösung von Problem 64 (Seite 199) mit der Umformulierungsstrategieals Anzahlen von k-elementigen Teilmengen einer Menge mit rElementen gedeutet. Damit gehört dieses Problem - wie auch Problem 65 - zumGrenzbereich von <strong>Zahlentheorie</strong> <strong>und</strong> Kombinatorik. In unserer Problemsammlunghaben außerdem die Probleme 31, 55 <strong>und</strong> 58 mit Anzahlen von Teilmengenzu tun, wobei nur Problem 55 die Ein- <strong>und</strong> Ausschaltformel des Satzes über dasEratosthenes-Sieb benötigt. Wir bringen deshalb als Ergänzung ein Problem, dasmit der folgenden Verallgemeinerung der Ein- <strong>und</strong> Ausschaltformel aus [5] (Seite99), die auch Siebformel heißt, gelöst werden kann.


6.3 Problemlösestrategien 229Verallgemeinerte Ein- <strong>und</strong> Ausschaltformel oder SiebformelSind E 1 , . . . , E n mit n ∈ N 2 endliche, nicht leere Mengen, so giltn∑∑(6.37) card (E 1 ∪ . . . ∪ E n ) = (−1) k+1card (E i1 ∩ . . . ∩ E ik ) .k=11≤i 1


230 Problemlösestrategien 6.3Setzen wir F i : = {σ ∈ S n ; σ(i) = i} für jedes i ∈ I n , so ergibt sich einerseitsv n = card (F 1 ∪ . . . ∪ F n ) , <strong>und</strong> andererseits können wir auf die Mengen F i dieSiebformel anwenden:n∑v n = (−1) k+1k=1Aus der Definition von F i folgt∑1≤i 1 w 2n+1 für jedes n ∈ N 1 .Damit folgt w 2n−1 < w 2n+1 < w 2n+2 < w 2n für jedes n ∈ N 1 , <strong>und</strong> mit Fallunterscheidungsowie vollständiger Induktion erhalten wir13 = w 3 ≤ w n ≤ w 2 = 1 2 für alle n ∈ N 2.Problem 2.5.13 in [13] enthält einen Tipp zum Herleiten der Rekursionsformelu n+1 = n (u n + u n−1 ) für alle n ∈ N 1 , <strong>und</strong> in Problem 2.5.14 wird w n für n ∈ N 2als Wahrscheinlichkeit gedeutet.AbstiegsstrategieAbschließend betrachten wir als Variante der Extremfallstrategie eine der ältestenProblemlösemethoden. Sie wurde schon im fünften Jahrh<strong>und</strong>ert v. Chr. imPrinzip von den Pythagoreern für “Inkommensurabilitätsnachweise” in der Elementargeometrieverwendet. Dabei heißen zwei Strecken einer Figur inkommensurabel,wenn es keine Strecke gibt, deren Länge mit je einer natürlichen Zahlmultipliziert die Längen der zu vergleichenden Strecken ergibt. Die Pythagoreerbegründeten zum Beispiel die Inkommensurabilität von Seiten <strong>und</strong> Diagonalen


6.3 Problemlösestrategien 231im regelmäßigen Fünfeck, indem sie aus der gegenteiligen Annahme die Existenzvon zwei Folgen immer kürzer werdender Strecken erschlossen, deren Längenganzzahlige Vielfache einer festen Streckenlänge sind, was im Widerspruch zurBeschränktheit der Vielfachenmengen steht.Später wurde klar, dass diese Inkommensurabilitätsnachweise zugleich Irrationalitätsbeweisefür einige der Streckenlängen darstellen. Heute wird die Methode vorallem in der <strong>Zahlentheorie</strong> verwendet, um zu zeigen, dass eine Aussage - meistenseine Polynomgleichung - keine Lösung besitzt, der sich in gesetzmäßiger Weiseeine positive ganze Zahl m zuordnen lässt. Aus der Annahme, dass es eine solcheLösung gibt, wird die Existenz einer streng monoton fallenden Folge natürlicherZahlen erschlossen - im Widerspruch zur Endlichkeit von A m .Mit der Extremfallstrategie würde m als minimales Element der Menge allernatürlichen Zahlen definiert, die den Lösungen zuzuordnen sind. Wendet manden Induktionsschluss, der bei der Abstiegsstrategie die Existenz der monotonfallenden Folge liefert, auf das minimale Element m an, so ergibt sich sofort einWiderspruch.Da die Extremfallstrategie also logisch einfacher ist als die Abstiegsstrategie, wirdsie heute meistens anstelle der Letzteren verwendet. So haben wir auch bei demBeweis des Zweiquadratesatzes (Seite 141) diese Variante vorgezogen. In unsererSammlung ist die Abstiegsstrategie nur bei Problem 44 einzusetzen. Wohl aushistorischen Gründen findet sie sich in Lehrbüchern der <strong>Zahlentheorie</strong> unter derBezeichnung descente infinie (“unendlicher Abstieg”). P. de Fermat, der sichals Entdecker dieser Methode ansah, gab ihr den Namen <strong>und</strong> konstatierte, dasser damit alle seine zahlentheoretischen Ergebnisse gef<strong>und</strong>en habe.Mit dem folgenden letzten Problem erweitern wir zum dritten Mal die Aussagevon Problem 63 (Seite 195). Die Abstiegsstrategie ergibt hier allerdings keinen“unendlichen Abstieg”, weil der “Abstiegsschritt” für einen genügend kleinenWert der zugeordneten Folge nicht mehr gültig ist. Dafür tritt schon vor demErreichen dieses Wertes ein Widerspruch ein.Problem 81Beweisen Sie, dass es zu jedem n ∈ N 3 genau ein Paar (x, y) ∈ N 2 1 mit2 n = 7x 2 + y 2 <strong>und</strong> 2 ∤ xy gibt.


232 Problemlösestrategien 6.3Mit (x n+3 ) n∈N<strong>und</strong> (y n+3 ) n∈Nbezeichnen wir wieder die Folgen ganzer Zahlen, die2 n = 7x 2 n + y 2 n für jedes n ∈ N 3 sowie (6.5), (6.6) <strong>und</strong> (6.7) erfüllen. Nun nehmenwir an, dass es ein m ∈ N 4 <strong>und</strong> ein Paar (¯x m , ȳ m ) ∈ Z 2 mit(6.39) 2 m = 7¯x 2 m + ȳ 2 m, 2 ∤ ¯x m ȳ m <strong>und</strong> (|¯x m | , |ȳ m |) ≠ (|x m | , |y m |)gibt. Außerdem sei durch die Vorzeichenwahl(6.40) ¯x m ≡ ȳ m ≡ 2 − (−1) m (mod 4).Denken wir uns die Zuordnung von (6.5) durch die Abbildung( )ϕ : Q 2 → Q 2 , (x, y) ↦→ 12 x + 1 −7y,2 2 x + 1 2 yin der Form (x n+1 , y n+1 ) = ϕ (x n , y n ) für jedes n ∈ N 3 gegeben, so benötigen wirfür die Abstiegsstrategie die Umkehrabbildung( )ψ : Q 2 → Q 2 , (X, Y ) ↦→ 14 X − 1 4 Y, 7 4 X + 1 4 Y ,die man zum Beispiel durch Auflösen des Gleichungssystems in (6.5) nach x n <strong>und</strong>y n findet. Die Hintereinanderausführung von ϕ <strong>und</strong> ψ ergibt - der Umkehreigenschaftentsprechend -( ( ) ( )ϕ (ψ(X, Y )) = 1 12 4 X − 1 4 Y + 1 72 4 X + 1 4 Y ,( ) ( ))(6.41)−7 12 4 X − 1 4 Y + 1 72 4 X + 1 4 Y= (X, Y ) für alle (X, Y ) ∈ Q 2 .Mit Hilfe von ψ definieren wir( )(6.42) (¯x m−1 , ȳ m−1 ) : = ψ (¯x m , ȳ m ) = 14 ¯x m − 1 4ȳm, 7 4 ¯x m + 1 .4ȳmWegen (6.40) gilt dann (¯x m−1 , ȳ m−1 ) ∈ Z 2 , <strong>und</strong> mit (6.39) folgt(6.43)7¯x 2 m−1 + ȳm−1 2 = 716 (¯x m − ȳ m ) 2 + 116 (7¯x m + ȳ m ) 2= 1 (16 7¯x2m − 14¯x m ȳ m + 7ȳm 2 + 49¯x 2 m + 14¯x m ȳ m + ȳm)2= 1 ( )2 7¯x2m + ȳm2 = 2 m−1 ,d. h. (¯x m−1 , ȳ m−1 ) stellt ein Lösungspaar von 2 m−1 = 7x 2 + y 2 dar. Wegen (6.42)<strong>und</strong> (6.41) ist außerdem(6.44) ϕ (¯x m−1 , ȳ m−1 ) = (¯x m , ȳ m ) .Bezüglich (¯x m−1 , ȳ m−1 ) unterscheiden wir jetzt die drei Fälle 2 ∤ ¯x m−1 ȳ m−1 ,2 | ¯x m−1 ȳ m−1 mit ¯x m−1 ≠ 0 sowie ¯x m−1 = 0.


6.4 Hinweise zu den gestellten Problemen 233i) Sind ¯x m−1 <strong>und</strong> ȳ m−1 beide ungerade, so muss ¯x m−1 ≡ ȳ m−1 (mod 4) gelten,weil sonst wegen (6.44) 2 | ¯x m ȳ m im Widerspruch zur Voraussetzung folgen würde.Wäre nun (|¯x m−1 | , |ȳ m−1 |) = (|x m−1 | , |y m−1 |) , so ergäbe sich (¯x m−1 , ȳ m−1 ) =(x m−1 , y m−1 ) oder (¯x m−1 , ȳ m−1 ) = (−x m−1 , −y m−1 ) . Beide Gleichungen führtenaber mit (6.44) zu dem Widerspruch (|¯x m | , |ȳ m |) = (|x m | , |y m |) . Im Falle2 ∤ ¯x m−1 ȳ m−1 gilt also auch (|¯x m−1 | , |ȳ m−1 |) ≠ (|x m−1 | , |y m−1 |) .ii) Wäre ¯x m−1 ȳ m−1 gerade <strong>und</strong> ¯x m−1 ≠ 0, so würden wir auf folgende Weiseeinen Widerspruch erhalten. Mit g : = ν 2 (ggT (¯x m−1 , ȳ m−1 )), ̂x : = 2 −g ¯x m−1 <strong>und</strong>ŷ : = 2 −g ȳ m−1 ergäbe (6.43) 2 3 ≤ 7̂x 2 + ŷ 2 = 2 m−1−2g , sodass ̂x <strong>und</strong> ŷ beideungerade sein müssten. Wegen ¯x m = 1 2 (¯x m−1 + ȳ m−1 ) = 2 g−1 (̂x + ŷ) <strong>und</strong> g ≥ 1wäre dann aber ¯x m gerade.iii) Der Fall ¯x m−1 = 0 könnte wegen (6.42) nur eintreten, wenn ¯x m = ȳ m wäre.Dann ergäbe (6.39), dass ¯x m = ȳ m = 1 sein müsste, womit wir für m = 3 denWiderspruch (¯x 3 , ȳ 3 ) = (x 3 , y 3 ) erhielten.Mit finiter Induktion folgt nun, dass (¯x m−k , ȳ m−k ) : = ψ k (¯x m , ȳ m ) ∈ Z 2 mit 2 ∤¯x m−k ȳ m−k für jedes k ∈ I m−3 eine Lösung (x, y) von 2 m−k = 7x 2 + y 2 darstellt,wobei hier 2 m−k die zugeordneten natürlichen Zahlen der Abstiegsstrategie sind.Für jede der Lösungen gilt (|¯x m−k | , |ȳ m−k |) ≠ (|x m−k | , |y m−k |) , was spätestensfür k = m−3 einen Widerspruch zu der eindeutigen Lösbarkeit von 2 3 = 7x 2 +y 2mit (x, y) ∈ N 2 1 ergibt.Also existiert für jedes n ∈ N 3 nur ein Paar (x, y) ∈ N 2 1 mit 2 ∤ xy <strong>und</strong> 2 n =7x 2 + y 2 .6.4 Hinweise zu den gestellten ProblemenDie folgende abschließende Tabelle enthält Zusammenfassungen <strong>und</strong> Ergänzungenzu den 60 nicht gelösten Problemen des Buches. Die Nummern in der erstenSpalte ermöglichen auch das Auffinden: Die Probleme 2 bis 13 stehen am Schlussdes zweiten Kapitels ab Seite 45, auf das dritte Kapitel ab Seite 79 folgen dieProbleme 14 bis 33, <strong>und</strong> am Ende des vierten Kapitels ab Seite 132 sind dieProbleme 34 bis 61 zu finden. In der zweiten Spalte wird noch einmal angegeben,aus welchem Wettbewerb (Wb.) das Problem stammt. Die dritte Spaltegibt an, bei wievielen der im letzten Abschnitt vorgestellten Strategien (St.) dasbetreffende Problem aufgeführt ist. Da Sätze ähnlich wie Problemlösestrategien


234 Hinweise zu den gestellten Problemen 6.4einzusetzen sind, führen wir in der vierten Spalte (Sa.) auf, wieviele der folgendenSätze bei dem jeweiligen Problem verwendet werden können: Satz überdie g-adische Zahlendarstellung (Seite 40), Satz über ein Primzahlkriterium (Seite63), Schubfachsatz (Seite 85), Satz über Kongruenzregeln (Seite 87), Satz überRestklassenkörper (Seite 90), Satz über die Eulersche ϕ-Funktion (Seite 98), Kongruenzsatzvon Euler (Seite 99). Die letzte Spalte enthält für jedes der Problemeeine grobe Bewertung des Schwierigkeitsgrades (Sg.), wobei “1” leicht, “2” mittel<strong>und</strong> “3” schwer bedeutet.Nr. Wb. St. Sa. Sg.2 BWM 1 1 13 BWM 3 0 24 BWM 3 0 25 BWM 2 0 26 BWM 2 0 27 BWM 2 0 28 BWM 1 0 29 BWM 1 0 210 BWM 1 0 211 BWM 2 0 212 BWM 3 0 213 BWM 3 0 114 BWM 3 0 215 BWM 2 0 116 BWM 1 0 117 BWM 0 0 118 BWM 3 0 219 BWM 0 0 220 BWM 1 0 321 BWM 0 0 122 BWM 2 0 223 BWM 1 0 224 BWM 1 0 225 BWM 1 0 126 BWM 1 0 127 IMO 3 0 228 IMO 1 0 129 IMO 2 1 330 IMO 4 0 231 IMO 1 1 3Nr. Wb. St. Sa. Sg.32 IMO 0 0 233 IMO 3 1 234 BWM 2 1 335 BWM 2 1 236 BWM 0 1 137 BWM 3 0 238 IMO 1 2 239 IMO 1 1 140 IMO 3 0 141 IMO 3 1 242 IMO 1 0 143 IMO 2 1 244 IMO 2 0 245 IMO 2 0 246 IMO 1 0 247 IMO 1 0 248 IMO 1 2 249 IMO 2 0 250 IMO 1 1 251 IMO 2 0 252 IMO 2 1 253 IMO 2 0 254 IMO 3 1 355 IMO 3 1 256 IMO 3 1 257 IMO 2 0 258 IMO 2 1 359 IMO 2 1 360 IMO 3 0 361 IMO 2 0 2


SatzverzeichnisKardinalzahlpostulate (Seite 8)Erzeugungspostulate (Seite 9)Zugehörigkeitspostulate (Seite 9)Anfängepostulat (Seite 10)Nachfolgersatz (Seite 10)Minimumsatz, Maximumsatz (Seite 11)Induktionssatz (Seite 12)Rekursionssatz (Seite 13)Satz über Teilbarkeitsregeln (Seite 18)Satz über die Teileranzahl (Seite 18)Satz über Division mit Rest (Seite 19)Satz über die ggT-Rekursion (Seite 19)Satz über den Euklidischen Algorithmus (Seite 20)Effizienzsatz (Seite 22)Produktteilersatz (Seite 23)Satz über die Kettenbruchentwicklung (Seite 24)Satz über vollständige Quotienten <strong>und</strong> Näherungsbrüche (Seite 25)Satz über die lineare diophantische Gleichung (Seite 28)Gleichheitssatz (Seite 35)Erweiterungssatz (Seite 36)Satz über pythagoreische Tripel (Seite 38)Satz über die g-adische Zahlendarstellung (Seite 40)Satz über den kleinsten Primteiler (Seite 47)Satz über die Primzahlmenge (Seite 48)Hauptsatz (der elementaren <strong>Zahlentheorie</strong>) (Seite 49)Teilbarkeitssatz (Seite 53)Satz über die ggT- <strong>und</strong> kgV-Darstellung (Seite 54)Satz über die Teileranzahlfunktion (Seite 55)Satz über rationale k-te Wurzeln (Seite 56)Satz über die Teilersummenfunktion (Seite 57)Satz über gerade vollkommene Zahlen (Seite 57)Satz über Primzahlen der Form 2 m − 1 (Seite 59)Theorem über Mersenne-Primzahlen (Seite 60)235


236 SatzverzeichnisTheorem über regelmäßige Vielecke (Seite 61)Satz über Primzahlen der Form 2 t + 1 (Seite 61)Theorem über Fermat-Primzahlen (Seite 62)Satz über ein Primzahlkriterium (Seite 63)Satz über die Möbius-Summe (Seite 65)Satz über das Eratosthenes-Sieb (Seite 66)Satz über π(x)-Abschätzungen (Seite 67)Theorem über Primzahlen in arithmetischen Folgen (Seite 71)Theorem über π(x)-Approximation durch li (x) (Seite 72)Theorem über Quotientenschachtelung (Seite 73)Theorem über die Riemannsche Funktionalgleichung (Seite 73)Theorem über das Wachstum von π(x) (Seite 75)Theorem über Fastprimzahlzwillinge (Seite 75)Satz über die Kongruenzrelation (Seite 83)Satz über ein Kongruenzkriterium (Seite 84)Schubfachsatz (Seite 85)Satz über vollständige Restsysteme (Seite 86)Satz über Kongruenzregeln (Seite 87)Satz über Restklassenringe (Seite 89)Satz über Restklassenkörper (Seite 90)Satz über die lineare Kongruenz (Seite 91)Satz über Kongruenzkürzung (Seite 91)Satz über Kongruenzvergröberung (Seite 91)Satz über Kongruenzzusammenfassung (Seite 92)Satz über modifizierte Restsysteme (Seite 92)Satz über den ggT in Restklassen (Seite 93)Satz über modifizierte reduzierte Restsysteme (Seite 94)Theorem über Kreisteilungskörper (Seite 97)Satz über die Eulersche ϕ-Funktion (Seite 98)Fermatscher Kongruenzsatz (Seite 99)Kongruenzsatz von Euler (Seite 99)Satz über die Lösungsanzahl der linearen Kongruenz (Seite 101)Wilsonscher Fakultätensatz (Seite 102)Polynomkongruenzsatz von Lagrange (Seite 103)Chinesischer Restsatz (Seite 104)


Satzverzeichnis 237Satz über Modulreduktion (Seite 107)Satz über die Anzahl quadratischer Reste (Seite 108)Satz über das Euler-Kriterium (Seite 109)Satz über Halbsysteme (Seite 110)Übereinstimmungssatz (Lemma von Gauß, Seite 111)Satz über obere Kongruenzinvarianz (Seite 112)Satz über obere Multiplikativität (Seite 112)Satz über untere Multiplikativität (Seite 113)Quadratisches Reziprozitätsgesetz (Seite 114)Erster Ergänzungssatz (Seite 117)Zweiter Ergänzungssatz (Seite 117)Satz über untere Kongruenzinvarianz (Seite 118)Satz über die allgemeine quadratische Kongruenz (Seite 119)Satz über die Ordnung (Seite 120)Satz über Ordnungsbeziehungen (Seite 121)Satz über Primitivwurzeln (Seite 122)Satz über ein Primitivwurzelkriterium (Seite 123)Satz über Indizes (Seite 128)Satz über die Faltung multiplikativer Funktionen (Seite 138)Satz über die Summatorfunktion (Seite 139)Umkehrsatz von Möbius (Seite 140)Zweiquadratesatz (Euler, Seite 141)Vierquadratesatz (Lagrange, Seite 143)Dreiquadratesatz (Legendre, Seite 146)Satz über Formenäquivalenz (Seite 153)Satz über Invarianten der Formenklassen (Seite 154)Satz über die Klassenanzahl (Seite 155)Satz über eindeutige Repräsentanten (Seite 156)Theorem über die Klassengruppe (Seite 159)Satz über ganz-algebraische Zahlen (Seite 165)Einheitensatz (Seite 169)Theorem über Darstellungen als Primidealprodukt (Seite 175)Theorem über die Idealklassengruppe (Seite 179)Theorem über die Klassenzahlformel (Dirichlet, Seite 180)Theorem über die Eulersche σ-Rekursion (Seite 184)


Symbolverzeichniscard . . . . . . . 8 Ω . . . . . . . . . 53 a −1 , 1 . . . 102 ρ . . . . . . . . 165a(N . . . . . . . . . . 9 I n . . . . . . . . 54 a)p . . . . . . 108 δ . . . . . . . . 165A n . . . . . . . . . 9 kgV . . . . . . 54 U . . . . . . . . 110 R d,1 . . . . . 165N k . . . . . . . . 10 σ . . . . . . . . . 56 m − . . . . . . 110 f . . . . . . . . 166(ν . . . . . . . . . 10 M p . . . . . . . 59 a)m . . . . . 111 {a, b}Z . . . 166M . . . . . . . . 12 F n . . . . . . . . 61 ord m (a) . . 120 R d,f . . . . . 166Z . . . . . . . . . 17 π(x) . . . . . . 62 P p . . . . . . . 124 D f . . . . . . 166| . . . . . . . . . . 17 µ . . . . . . . . . 64 C p, a . . . . . . 124 D . . . . . . . 167(∤ . . . . . . . . . . 17 r)k . . . . . . 65 indg a . . . . 128 Rd,f ∗ . . . . . 167d . . . . . . . . . 18 χ . . . . . 72, 180 ind a . . . . 128 ε d,f . . . . . . 169τ . . . . . . . . . 18 li (x) . . . . . . 72 ⋆ . . . . . . . . 138 ̂Rd,f . . . . . 173mod . . . . . . 19 C . . . . . . . . . 73 σ s . . . . . . . 139 a . . . . . . . . 174ggT . . . . . . . 19 ζ (s) . . . . . . 73 o . . . . . . . . 140 (a) . . . . . . 174[q 1 , . . . , q n ] 24 Γ(s) . . . . . . 73 Q k . . . . . . 141 a b . . . . . . . 174R, R + . . . . 24 a ≡ b (m) . 83 det . . . . . . 146 cA . . . . . . . 175Q, Q + . . . . 24 a . . . . . . . . . 84 W F . 148, 152 ς(A) . . . . . 176P k , Q k . . . . 25 Z /m Z . . . . 89 (a, b, c) . . 152 F g,h (x, y) 178L(a, b, c) . . 28 Z m . . . . . . . 89 dis . . . . . . . 152 C(D f ) . . . 179P . . . . . . . . . 47 R m . . . . . . . 92 α . . . 152, 164 F(D f ) . . . 179p n . . . . . . . . ?? R ∗ m . . . . . . . 93 δ b . . . . . . . . 156 h (D f ) . . . 179P a . . . . . . . . 47 A ∗ m . . . . . . . 94 h . . . . . . . . 162 L(1, χ) . . 180kP (n) . . . . 47 ϕ . . . . . . . . . 94 S . . . . . . . . 163 P m (n) . . . 212(q n ) n. . . . . . 48 Z ∗ m . . . . . . . 96 Q (√ d ) . . 163 B k . . . . . . . 213(ν p . . . . . . . . 52 Z/m) ∗Z . 96 ς . . . . . . . . 164 S(m, n) . . 214ω . . . . . . . . . 53 Q(ζ) . . . . . . 97 R d . . . . . . . 165238


GNU Free Documentation LicenseVersion 1.2, November 2002Copyright c○ 2000,2001,2002 Free Software Fo<strong>und</strong>ation, Inc.51 Franklin St, Fifth Floor, Boston, MA 02110-1301, USAEveryone is permitted to copy and distribute verbatim copies of this license document,but changing it is not allowed.0. PREAMBLEThe purpose of this License is to make a manual, textbook, or other functionaland useful document free in the sense of freedom: to assure everyone theeffective freedom to copy and redistribute it, with or without modifying it,either commercially or noncommercially. Secondarily, this License preservesfor the author and publisher a way to get credit for their work, while notbeing considered responsible for modifications made by others.This License is a kind of “copyleft”, which means that derivative works of thedocument must themselves be free in the same sense. It complements the GNUGeneral Public License, which is a copyleft license designed for free software.We have designed this License in order to use it for manuals for free software,because free software needs free documentation: a free program should comewith manuals providing the same freedoms that the software does. But thisLicense is not limited to software manuals; it can be used for any textual work,regardless of subject matter or whether it is published as a printed book. Werecommend this License principally for works whose purpose is instruction orreference.1. APPLICABILITY AND DEFINITIONSThis License applies to any manual or other work, in any medium, that containsa notice placed by the copyright holder saying it can be distributed<strong>und</strong>er the terms of this License. Such a notice grants a world-wide, royaltyfreelicense, unlimited in duration, to use that work <strong>und</strong>er the conditionsstated herein. The “Document”, below, refers to any such manual or work.Any member of the public is a licensee, and is addressed as “you”. You acceptthe license if you copy, modify or distribute the work in a way requiringpermission <strong>und</strong>er copyright law.A “Modified Version” of the Document means any work containing the Documentor a portion of it, either copied verbatim, or with modifications and/ortranslated into another language.239


240 GNU Free Documentation LicenseA “Secondary Section” is a named appendix or a front-matter section of theDocument that deals exclusively with the relationship of the publishers orauthors of the Document to the Document’s overall subject (or to relatedmatters) and contains nothing that could fall directly within that overall subject.(Thus, if the Document is in part a textbook of mathematics, a SecondarySection may not explain any mathematics.) The relationship could be a matterof historical connection with the subject or with related matters, or oflegal, commercial, philosophical, ethical or political position regarding them.The “Invariant Sections” are certain Secondary Sections whose titles are designated,as being those of Invariant Sections, in the notice that says that theDocument is released <strong>und</strong>er this License. If a section does not fit the abovedefinition of Secondary then it is not allowed to be designated as Invariant.The Document may contain zero Invariant Sections. If the Document doesnot identify any Invariant Sections then there are none.The “Cover Texts” are certain short passages of text that are listed, as Front-Cover Texts or Back-Cover Texts, in the notice that says that the Documentis released <strong>und</strong>er this License. A Front-Cover Text may be at most 5 words,and a Back-Cover Text may be at most 25 words.A “Transparent” copy of the Document means a machine-readable copy, representedin a format whose specification is available to the general public,that is suitable for revising the document straightforwardly with generic texteditors or (for images composed of pixels) generic paint programs or (for drawings)some widely available drawing editor, and that is suitable for input totext formatters or for automatic translation to a variety of formats suitablefor input to text formatters. A copy made in an otherwise Transparent fileformat whose markup, or absence of markup, has been arranged to thwart ordiscourage subsequent modification by readers is not Transparent. An imageformat is not Transparent if used for any substantial amount of text. A copythat is not “Transparent” is called “Opaque”.Examples of suitable formats for Transparent copies include plain ascii withoutmarkup, Texinfo input format, L A TEX input format, SGML or XMLusing a publicly available DTD, and standard-conforming simple HTML,PostScript or PDF designed for human modification. Examples of transparentimage formats include PNG, XCF and JPG. Opaque formats includeproprietary formats that can be read and edited only by proprietary wordprocessors, SGML or XML for which the DTD and/or processing tools arenot generally available, and the machine-generated HTML, PostScript orPDF produced by some word processors for output purposes only.The “Title Page” means, for a printed book, the title page itself, plus suchfollowing pages as are needed to hold, legibly, the material this License requiresto appear in the title page. For works in formats which do not have anytitle page as such, “Title Page” means the text near the most prominent


GNU Free Documentation License 241appearance of the work’s title, preceding the beginning of the body of thetext.A section “Entitled XYZ” means a named subunit of the Document whosetitle either is precisely XYZ or contains XYZ in parentheses following textthat translates XYZ in another language. (Here XYZ stands for a specificsection name mentioned below, such as “Acknowledgements”, “Dedications”,“Endorsements”, or “History”.) To “Preserve the Title” of such a section whenyou modify the Document means that it remains a section “Entitled XYZ”according to this definition.The Document may include Warranty Disclaimers next to the notice whichstates that this License applies to the Document. These Warranty Disclaimersare considered to be included by reference in this License, but only as regardsdisclaiming warranties: any other implication that these Warranty Disclaimersmay have is void and has no effect on the meaning of this License.2. VERBATIM COPYINGYou may copy and distribute the Document in any medium, either commerciallyor noncommercially, provided that this License, the copyright notices,and the license notice saying this License applies to the Document are reproducedin all copies, and that you add no other conditions whatsoever to thoseof this License. You may not use technical measures to obstruct or controlthe reading or further copying of the copies you make or distribute. However,you may accept compensation in exchange for copies. If you distribute a largeenough number of copies you must also follow the conditions in section 3.You may also lend copies, <strong>und</strong>er the same conditions stated above, and youmay publicly display copies.3. COPYING IN QUANTITYIf you publish printed copies (or copies in media that commonly have printedcovers) of the Document, numbering more than 100, and the Document’slicense notice requires Cover Texts, you must enclose the copies in covers thatcarry, clearly and legibly, all these Cover Texts: Front-Cover Texts on the frontcover, and Back-Cover Texts on the back cover. Both covers must also clearlyand legibly identify you as the publisher of these copies. The front cover mustpresent the full title with all words of the title equally prominent and visible.You may add other material on the covers in addition. Copying with changeslimited to the covers, as long as they preserve the title of the Document andsatisfy these conditions, can be treated as verbatim copying in other respects.If the required texts for either cover are too voluminous to fit legibly, youshould put the first ones listed (as many as fit reasonably) on the actualcover, and continue the rest onto adjacent pages.If you publish or distribute Opaque copies of the Document numbering morethan 100, you must either include a machine-readable Transparent copy along


242 GNU Free Documentation Licensewith each Opaque copy, or state in or with each Opaque copy a computernetworklocation from which the general network-using public has access todownload using public-standard network protocols a complete Transparentcopy of the Document, free of added material. If you use the latter option, youmust take reasonably prudent steps, when you begin distribution of Opaquecopies in quantity, to ensure that this Transparent copy will remain thusaccessible at the stated location until at least one year after the last time youdistribute an Opaque copy (directly or through your agents or retailers) ofthat edition to the public.It is requested, but not required, that you contact the authors of the Documentwell before redistributing any large number of copies, to give them a chanceto provide you with an updated version of the Document.4. MODIFICATIONSYou may copy and distribute a Modified Version of the Document <strong>und</strong>er theconditions of sections 2 and 3 above, provided that you release the ModifiedVersion <strong>und</strong>er precisely this License, with the Modified Version filling the roleof the Document, thus licensing distribution and modification of the ModifiedVersion to whoever possesses a copy of it. In addition, you must do thesethings in the Modified Version:A. Use in the Title Page (and on the covers, if any) a title distinct from thatof the Document, and from those of previous versions (which should, ifthere were any, be listed in the History section of the Document). Youmay use the same title as a previous version if the original publisher ofthat version gives permission.B. List on the Title Page, as authors, one or more persons or entities responsiblefor authorship of the modifications in the Modified Version,together with at least five of the principal authors of the Document (allof its principal authors, if it has fewer than five), unless they release youfrom this requirement.C. State on the Title page the name of the publisher of the Modified Version,as the publisher.D. Preserve all the copyright notices of the Document.E. Add an appropriate copyright notice for your modifications adjacent tothe other copyright notices.F. Include, immediately after the copyright notices, a license notice givingthe public permission to use the Modified Version <strong>und</strong>er the terms of thisLicense, in the form shown in the Addendum below.G. Preserve in that license notice the full lists of Invariant Sections andrequired Cover Texts given in the Document’s license notice.H. Include an unaltered copy of this License.


GNU Free Documentation License 243I. Preserve the section Entitled “History”, Preserve its Title, and add toit an item stating at least the title, year, new authors, and publisher ofthe Modified Version as given on the Title Page. If there is no sectionEntitled “History” in the Document, create one stating the title, year,authors, and publisher of the Document as given on its Title Page, thenadd an item describing the Modified Version as stated in the previoussentence.J. Preserve the network location, if any, given in the Document for publicaccess to a Transparent copy of the Document, and likewise the networklocations given in the Document for previous versions it was based on.These may be placed in the “History” section. You may omit a networklocation for a work that was published at least four years before theDocument itself, or if the original publisher of the version it refers togives permission.K. For any section Entitled “Acknowledgements” or “Dedications”, Preservethe Title of the section, and preserve in the section all the substance andtone of each of the contributor acknowledgements and/or dedicationsgiven therein.L. Preserve all the Invariant Sections of the Document, unaltered in theirtext and in their titles. Section numbers or the equivalent are not consideredpart of the section titles.M. Delete any section Entitled “Endorsements”. Such a section may not beincluded in the Modified Version.N. Do not retitle any existing section to be Entitled “Endorsements” or toconflict in title with any Invariant Section.O. Preserve any Warranty Disclaimers.If the Modified Version includes new front-matter sections or appendices thatqualify as Secondary Sections and contain no material copied from the Document,you may at your option designate some or all of these sections asinvariant. To do this, add their titles to the list of Invariant Sections in theModified Version’s license notice. These titles must be distinct from any othersection titles.You may add a section Entitled “Endorsements”, provided it contains nothingbut endorsements of your Modified Version by various parties—for example,statements of peer review or that the text has been approved by an organizationas the authoritative definition of a standard.You may add a passage of up to five words as a Front-Cover Text, and apassage of up to 25 words as a Back-Cover Text, to the end of the list ofCover Texts in the Modified Version. Only one passage of Front-Cover Textand one of Back-Cover Text may be added by (or through arrangements madeby) any one entity. If the Document already includes a cover text for the same


244 GNU Free Documentation Licensecover, previously added by you or by arrangement made by the same entityyou are acting on behalf of, you may not add another; but you may replacethe old one, on explicit permission from the previous publisher that added theold one.The author(s) and publisher(s) of the Document do not by this License givepermission to use their names for publicity for or to assert or imply endorsementof any Modified Version.5. COMBINING DOCUMENTSYou may combine the Document with other documents released <strong>und</strong>er thisLicense, <strong>und</strong>er the terms defined in section 4 above for modified versions,provided that you include in the combination all of the Invariant Sectionsof all of the original documents, unmodified, and list them all as InvariantSections of your combined work in its license notice, and that you preserve alltheir Warranty Disclaimers.The combined work need only contain one copy of this License, and multipleidentical Invariant Sections may be replaced with a single copy. If there aremultiple Invariant Sections with the same name but different contents, makethe title of each such section unique by adding at the end of it, in parentheses,the name of the original author or publisher of that section if known, or elsea unique number. Make the same adjustment to the section titles in the listof Invariant Sections in the license notice of the combined work.In the combination, you must combine any sections Entitled “History” in thevarious original documents, forming one section Entitled “History”; likewisecombine any sections Entitled “Acknowledgements”, and any sections Entitled“Dedications”. You must delete all sections Entitled “Endorsements.”6. COLLECTIONS OF DOCUMENTSYou may make a collection consisting of the Document and other documentsreleased <strong>und</strong>er this License, and replace the individual copies of this Licensein the various documents with a single copy that is included in the collection,provided that you follow the rules of this License for verbatim copying of eachof the documents in all other respects.You may extract a single document from such a collection, and distribute itindividually <strong>und</strong>er this License, provided you insert a copy of this License intothe extracted document, and follow this License in all other respects regardingverbatim copying of that document.7. AGGREGATION WITH INDEPENDENT WORKSA compilation of the Document or its derivatives with other separate and independentdocuments or works, in or on a volume of a storage or distributionmedium, is called an “aggregate” if the copyright resulting from the compilationis not used to limit the legal rights of the compilation’s users beyond what


GNU Free Documentation License 245the individual works permit. When the Document is included in an aggregate,this License does not apply to the other works in the aggregate which are notthemselves derivative works of the Document.If the Cover Text requirement of section 3 is applicable to these copies ofthe Document, then if the Document is less than one half of the entire aggregate,the Document’s Cover Texts may be placed on covers that bracketthe Document within the aggregate, or the electronic equivalent of covers ifthe Document is in electronic form. Otherwise they must appear on printedcovers that bracket the whole aggregate.8. TRANSLATIONTranslation is considered a kind of modification, so you may distribute translationsof the Document <strong>und</strong>er the terms of section 4. Replacing InvariantSections with translations requires special permission from their copyrightholders, but you may include translations of some or all Invariant Sections inaddition to the original versions of these Invariant Sections. You may includea translation of this License, and all the license notices in the Document,and any Warranty Disclaimers, provided that you also include the originalEnglish version of this License and the original versions of those notices anddisclaimers. In case of a disagreement between the translation and the originalversion of this License or a notice or disclaimer, the original version willprevail.If a section in the Document is Entitled “Acknowledgements”, “Dedications”,or “History”, the requirement (section 4) to Preserve its Title (section 1) willtypically require changing the actual title.9. TERMINATIONYou may not copy, modify, sublicense, or distribute the Document except asexpressly provided for <strong>und</strong>er this License. Any other attempt to copy, modify,sublicense or distribute the Document is void, and will automatically terminateyour rights <strong>und</strong>er this License. However, parties who have received copies,or rights, from you <strong>und</strong>er this License will not have their licenses terminatedso long as such parties remain in full compliance.10. FUTURE REVISIONS OF THIS LICENSEThe Free Software Fo<strong>und</strong>ation may publish new, revised versions of the GNUFree Documentation License from time to time. Such new versions will besimilar in spirit to the present version, but may differ in detail to address newproblems or concerns. See http://www.gnu.org/copyleft/.Each version of the License is given a distinguishing version number. If theDocument specifies that a particular numbered version of this License “or anylater version” applies to it, you have the option of following the terms andconditions either of that specified version or of any later version that has been


246 GNU Free Documentation Licensepublished (not as a draft) by the Free Software Fo<strong>und</strong>ation. If the Documentdoes not specify a version number of this License, you may choose any versionever published (not as a draft) by the Free Software Fo<strong>und</strong>ation.ADDENDUM: How to use this License for yourdocumentsTo use this License in a document you have written, include a copy of the Licensein the document and put the following copyright and license notices just afterthe title page:Copyright (C) year your name.Permission is granted to copy, distribute and/or modify this document<strong>und</strong>er the terms of the GNU Free Documentation License, Version 1.2or any later version published by the Free Software Fo<strong>und</strong>ation; with noInvariant Sections, no Front-Cover Texts, and no Back-Cover Texts. A copyof the license is included in the section entitled “GNU Free DocumentationLicense”.If you have Invariant Sections, Front-Cover Texts and Back-Cover Texts, replacethe “with. . . Texts.” line with this:with the Invariant Sections being list their titles, with the Front-CoverTexts being list, and with the Back-Cover Texts being list.If you have Invariant Sections without Cover Texts, or some other combinationof the three, merge those two alternatives to suit the situation.If your document contains nontrivial examples of program code, we recommendreleasing these examples in parallel <strong>und</strong>er your choice of free software license,such as the GNU General Public License, to permit their use in free software.


Literaturverzeichnis[1] Borewicz, S. I. <strong>und</strong> Šafarevič, I. R.: <strong>Zahlentheorie</strong>. Birkhäuser Verlag Basel<strong>und</strong> Stuttgart 1966.[2] Cohen, H.: A Course in Computational Algebraic Number Theory. Springer-Verlag Berlin e.a. 1996 3 .[3] Dickson, L. E.: History of the Theory of Numbers. Carnegie Institute ofWashington. Vol. I: 1919, Vol. II: 1920, Vol. III: 1923. Nachdruck bei ChelseaPublishing Company New York 1971.[4] Ebbinghaus, H. D., Hermes, H., Hirzebruch, F., Koecher, M., Mainzer, K.,Neukirch, J., Prestel, A. <strong>und</strong> Remmert, R.: Zahlen. Springer-Verlag Berline.a. 1988 2 .[5] Engel, A.: Problem-Solving Strategies. Springer-Verlag New York e.a. 1998.[6] Euklid: Die Elemente; deutsche Übersetzung von C. Thaer. Friedr. Vieweg& Sohn Verlagsgesellschaft Braunschweig 1973.[7] de Finetti, B.: Die Kunst des Sehens in der <strong>Mathematik</strong>; deutsche Übersetzungvon L. Bechtolsheim. Birkhäuser Verlag Basel <strong>und</strong> Stuttgart 1974.[8] Forster, O.: Algorithmische <strong>Zahlentheorie</strong>. Friedr. Vieweg & Sohn VerlagsgesellschaftBraunschweig/Wiesbaden 1996.[9] Gauß, C. F.: Disquisitiones arithmeticae, Lipsiae in commissis apud Gerh.Fleischer Iun. 1801; deutsche Übersetzung mit dem Titel “Untersuchungenüber höhere Arithmetik” von H. Maser 1889. Nachdruck bei Chelsea PublishingCompany New York 1965.247


248 Literaturverzeichnis[10] Guy, R. K: Unsolved Problems in Number Theory. Springer-Verlag New Yorke.a. 1981.[11] Hardy, G. H. <strong>und</strong> Wright, E. M.: Einführung in die <strong>Zahlentheorie</strong>; deutscheÜbersetzung von H. Ruoff. R. Oldenbourg München 1958.[12] Landau, E.: Handbuch der Lehre von der Verteilung der Primzahlen. TeubnerVerlag Leipzig 1909. Nachdruck bei Chelsea Publishing Company New York1953.[13] Larson, L. C.: Problem-Solving Through Problems. Springer-Verlag NewYork e.a. 1983 2 .[14] Mathkompass: Website http://www.math.uni-muenster.de/u/mollerh.[15] Möller, H.: Algorithmische Lineare Algebra. Friedr. Vieweg & Sohn VerlagsgesellschaftBraunschweig/Wiesbaden 1997.[16] Möller, H.: Zahlgenese. Hypertext-Buch in [14] 2011.[17] Pólya, G.: Schule des Denkens. Vom Lösen mathematischer Probleme; englisch1944, deutsche Übersetzung von E. Behnke. Francke Verlag Bern <strong>und</strong>München 1967 2 .[18] Pólya, G.: <strong>Mathematik</strong> <strong>und</strong> plausibles Schließen. Zwei Bände; englisch 1954,deutsche Übersetzung von L. Bechtolsheim. Birkhäuser Verlag Basel <strong>und</strong>Stuttgart 1969 2 /1975 2 .[19] Pólya, G.: Vom Lösen mathematischer Aufgaben. Einsicht <strong>und</strong> Entdeckung,Lernen <strong>und</strong> Lehren. Zwei Bände; englisch 1961/1965, deutsche Übersetzungvon L. Bechtolsheim. Birkhäuser Verlag Basel <strong>und</strong> Stuttgart 1966/1967.[20] Remmert, Reinhold <strong>und</strong> Ullrich, Peter: <strong>Elementare</strong> <strong>Zahlentheorie</strong>. BirkhäuserVerlag Basel, Boston 1987.[21] van der Waerden, B. L.: Erwachende Wissenschaft. Ägyptische, babylonische<strong>und</strong> griechische <strong>Mathematik</strong>; deutsche Übersetzung von H. Habicht.Birkhäuser Verlag Basel <strong>und</strong> Stuttgart 1966 2 .


IndexAbel, N. H., 96Bernoulli, Jak., 213Bolzano, B., 9Cantor, G., 8Chen Jing Run, 75Dedekind, R., 9, 164, 174Descartes, R., 145, 185Dickson, L. E., 15Diophant, 27, 38, 143Dirichlet, P. G., 71, 85, 99, 180Engel, A., 190, 195Eratosthenes, 63Euklid, 8, 14, 37, 48, 50, 58Euler, L., 14, 58, 67, 94, 98, 99, 141,184, 195Fermat, P. de, 15, 99, 141, 231Finetti, B. de, 187Galois, E., 97Gauß, C. F., 3, 15, 31, 61, 72, 83, 96,106, 114, 124, 127, 140, 145, 156,160, 161, 164, 179Hadamard, J., 75Hilbert, D., 8Ivory, J., 98Jacobi, C. G. J., 111, 129Kronecker, L., 15, 164Kummer, E. E., 174Lagrange, J. L., 103, 143, 156, 170Landau, E., 146Larson, L. C., 188Legendre, A. M., 108, 145Lehmer, D. H., 60Lucas, E., 60Mersenne, M., 59Möbius, A. F., 64Pappus, 34Peano, G., 7Platon, 34Pólya, G., 32, 59, 182, 211Pythagoras, 37Riemann, B., 73Shanks, D., 162Stirling, J., 215Sun-Tsu, 104Tschebyscheff, P. L., 72Vallée-Poussin, Ch. de la, 75Waring, E., 102Wiles, A., 15, 203Wilson, Sir J., 102Zermelo, E., 51abelsch, 96Abstiegsstrategie, 142, 230algebraischer Zahlkörper, 174ambige Form, 161ambige Klasse, 162Analyse, 34Anfang, 9Anfängepostulat, 9249


250 IndexAnzahlfunktionder Primpotenzteiler, 53der Primteiler, 53äquivalent, 153Äquivalenz, 153Äquivalenz von Formen, 146Äquivalenz von Idealen, 177Äquivalenzrelation, 146arithmetische Folge, 71Artinsche Vermutung, 127assoziiert, 102assoziierte Elemente, 173Auf-<strong>und</strong>-ab-Spiel, 182, 191Automorphismus, 97axiomatische Methode, 8Bernoullische Ungleichung, 210Bernoullische Zahlen, 213Beweistyp, 4binäre Addition, 44binäre quadratische Form, 152Binärsystem, 42Binomialformel, 65, 204Binomialkoeffizient, 65, 199Bruch, 13Bruchentwicklungg-adische, 125Brückenstrategie, 59, 195, 199, 211B<strong>und</strong>eswettbewerb <strong>Mathematik</strong>, 4BWM, 4C-Menge, 8Canon Arithmeticus, 129CAS, 49, 76Composition, 158Computeralgebrasystem, 49, 193Descartessches Schema, 185descente infinie, 231Determinante einer Form, 146Differenzen, 14diophantische Gleichung, 27Dirichlet-Charakter, 72Dirichlet-Faltung, 138Dirichlet-Reihe, 71Dirichletscher Schubfachschluss, 85diskreter Logarithmus, 129Diskriminante, 152, 164Diskriminante einer Ordnung, 166Disquisitiones arithmeticae, 3Divisionsalgorithmus, 126g-adischer, 126Dualsystem, 42dyadisches System, 42Ein- <strong>und</strong> Ausschaltformel, 67, 228Einheit, 167Einheitengruppe, 167Einheitsform, 159Einheitswurzeln, 97Einschränkung, 86Elementaranalysis, 211endliche Menge, 9Erk<strong>und</strong>ungsstrategie, 31, 193, 219erzeugende Funktion, 207, 213Erzeugungspostulate, 9Euklid-Folge, 48Euklidischer Algorithmus, 20, 22Euklidisches Tupel, 20Euler-Kriterium, 109Eulersche σ-Rekursion, 184Eulersche ϕ-Funktion, 94Eulersche Identität, 143


Index 251Exponentenvergleichsstrategie, 56, 227Extremfallstrategie, 224, 230Faktorzerlegung, 161Fallunterscheidungsstrategie, 219, 222Faltung, 138Fastprimzahlzwillinge, 75Fermat-Pell-Gleichungen, 27, 168, 172Fermat-Primzahl, 61Fiat-Shamir-Algorithmus, 100Fibonacci-Folge, 43, 205, 222ϕ-Funktion, 94finite Induktion, 21Fixpunkt, 229formale Darstellung, 52Formenklasse, 147g-adische Zahlendarstellung, 40Galois-Gruppe, 97Γ-Funktion, 73ganz-algebraisch, 164ganze Zahl, 13Gauß-Klammer, 19, 41Gaußsche Erk<strong>und</strong>ungsstrategie, 31, 193gekappte Primzahlmenge, 47genetische Lösungsdarstellung, 185geometrische Reihe, 208geometrische Summe, 204geometrischer Ort, 185Geschlecht, 161geschlossene Form, 193ggT, 19, 54GIMPS, 60Gleichmächtigkeit, 8globale Strategie, 192Grad eines Polynoms, 101Gr<strong>und</strong>einheit, 169Gr<strong>und</strong>periodenlänge, 126Gruppe, 96abelsche, 96Halbsystem, 110Hauptideal, 174Hauptordnung, 165Heuristik, 4, 32, 34, 191Hexadezimalsystem, 42Ideal, 174ganzes, 176gebrochenes, 176invertierbares, 176ideale Zahl, 174Idealklasse, 177im engeren Sinne, 177Idealklassengruppe, 177im engeren Sinne, 177imaginär-quadratisch, 163IMO, 4, 190Index, 128Indexmenge, 54Induktion, 184finite, 21vollständige, 12Induktionsaxiom, 7Induktionsmenge, 12, 21inkommensurabel, 230Integrallogarithmus, 72Integritätsring, 90Internationale <strong>Mathematik</strong>olympiade, 4Invarianzstrategie, 99, 149, 215Inverses eines Ideals, 176Irrationalität von √ 2, 30


252 IndexIrrationalitätsbeweis, 231irreduzibel, 97irreduzibles Element, 173isomorph, 89Jacobi-Symbol, 111Kardinalzahl, 8Kardinalzahlpostulate, 8Kernbruch, 14, 35Kernbruchstrategie, 35, 38, 58, 226Kettenbruch, 24Kettenbruchalgorithmus, 25Kettenbruchentwicklung, 24, 170kgV, 54Klammerungsstrategie, 38, 227Klassenanzahl, 155Klassengruppe, 159Klassenzahl, 162, 179kleinstes gemeinsames Vielfaches, 54Koeffizientenvergleich, 201, 204, 206kommutativ, 96Kongruenz, 83Konjugation, 164Kontraposition, 59, 202Körper, 90Körpergrad, 97Kreisteilungskörper, 97Kreisteilungspolynom, 97Kryptographie, 100L-Reihe, 72, 180Legendre-Symbol, 108lineare Kongruenz, 91lokale Strategie, 192Lösung, 27, 101Lösungsgenese, 182Lucas-Lehmer-Test, 60Mathematisieren, 186, 198Mathkompass, 2, 8, 182Maximalordnung, 165Maximum, 11Mersenne-Primzahl, 59Methodik, 191methodischer Typ, 4Mikrostrategie, 192, 226Minimum, 11Möbius-Funktion, 64Modifizierungsstrategie, 201Modul, 83modulo, 83Multiplikation von Idealen, 174multiplikativ, 137Nachfolgerabbildung, 7, 10Näherungsbruch, 24Nimspiel, 44, 191Norm, 164Norm eines Ideals, 176Normgleichung, 165nullteilerfreier Ring, 90Numerustafel, 129Oktalsystem, 42Ordnung, 120, 162Ordnung in Zahlkörpern, 165PARI, 49Parität, 164, 215Partialbruchzerlegung, 208Peano-Axiome, 7Peano-Struktur, 7Pellsche Gleichungen, 27, 168, 172


Index 253periodische Folge, 126Permutation, 229Pólyasche Brückenstrategie, 211positiv-definit, 148, 153Postulat-Methode, 8Potenznichtrest, 106Potenzrest, 106Potenzsumme, 212Primärzerlegung, 50prime Restklasse, 93prime Restklassengruppe, 96primes Restsystem, 93Primideal, 174primitive Einheitswurzeln, 97primitive Form, 154primitive Wurzel, 122Primitivwurzel, 122Primpotenzdarstellung, 52Primpotenzteileranzahl, 53Primteileranzahl, 53Primzahl, 14, 47Primzahlfunktion, 62psychologische Brückenstrategie, 196psychologischer Block, 37pythagoreische Tripel, 37quadratfreie Zahl, 65quadratische Formbinäre, 152ternäre, 146quadratischer Zahlkörper, 163Quadratwurzel modulo m, 100rationale Zahl, 24Rationalitätskriterium, 37Reduktionsalgorithmus, 159, 160reduzierte Form, 156reduziertes Restsystem, 93reell-quadratisch, 163reelle Zahl, 24reinperiodische Folge, 126Rekursionsverfahren, 186Repräsentant, 84, 156Restklasse, 84Restklassenkörper, 90Restklassenring, 89Reziprokenabbildung, 90reziproker Rest, 102Riemannsche Vermutung, 74Riemannsche Zetafunktion, 73Ring, 88kommutativer, 88mit Einselement, 88nullteilerfreier, 90RSA-Verfahren, 100Rückwärtsstrategie, 34, 58, 66, 209Safe-Programm, 182, 191SAGE, 49Schließenanaloges, 184demonstratives, 183induktives, 184plausibles, 183Schrankensatz, 211Schubfachprinzip, 85Schwierigkeitsgrad, 4Sedezimalsystem, 42Sieb des Eratosthenes, 63Siebformel, 228Siebverfahren, 75σ-Primzahlkriterium, 58


254 Indexσ-Rekursion, 184Signal, 203Spur, 164Standardhalbsystem, 112Stellenwertsystem, 40Stirlingsche Zahlen, 215StrategieAbstiegs-, 142, 230Brücken-, 59, 195, 199, 211Erk<strong>und</strong>ungs-, 31, 193, 219Exponentenvergleichs-, 56, 227Extremfall-, 224, 230Fallunterscheidungs-, 219, 222globale, 192Invarianz-, 99, 149, 215Kernbruch-, 35, 38, 58, 226Klammerungs-, 38, 227lokale, 192Mikro-, 192, 226Modifizierungs-, 201Rückwärts-, 34, 58, 66, 209Symmetrie-, 115, 218Umformulierungs-, 198Verallgemeinerungs-, 26, 110, 162,197, 203, 210Visualisierungs-, 115, 225Wechselwegnahme-, 67, 228Zurückführungs-, 21, 38, 143, 222Summatorfunktion, 138Superpositionsverfahren, 186Symmetriestrategie, 115, 218Synthese, 34systematisches Probieren, 195teilerfremd, 23Teilersummenfunktion, 56Teilnenner, 24ternäre quadratische Form, 146Theorem, 60Umformulierungsstrategie, 198unendliche Menge, 9unendlicher Abstieg, 142Verallgemeinerungsstrategie, 26, 110, 162,197, 203, 210Vertreter, 84Visualisierungsstrategie, 115, 225vollkommene Zahl, 57vollständiger Quotient, 24vollständiges Restsystem, 85Vorwärtsschließen, 211Wechselwegnahmestrategie, 67, 228Wurzel, 101Zahlensystem, 8zahlentheoretische Funktion, 18, 137Zahlgenese, 8, 35Z-Basis, 178zulässige, 178zerlegbare Form, 152zerlegbare Zahl, 62Zugehörigkeitspostulate, 9zulässige Z-Basis, 178Zurückführungsstrategie, 21, 38, 143, 222Zweipersonen-Gewinnspiel, 191zyklische Vertauschung, 125Teiler, 17, 167Teileranzahlfunktion, 18

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!