147Gewalt in der PartnerschaftWeniger eindeutig ist der Zusammenhang zwischen materieller Situation und Gewalt in derPartnerschaft. Viele Forschungen kommen zum Schluss, dass Gewalt in der Partnerschaft inFamilien mit niedrigem Einkommen häufiger ist als in Familien mit höherem Einkommen (vgl.Übersicht in Habermehl 1994, 65f.). Dies betrifft sowohl Gewalt von Männern gegen Frauenwie von Frauen gegen Männer. 80 In ihrer eigenen empirischen Studie fand Habermehl (1994,212f.), dass der Zusammenhang zwischen sozioökonomischen Ressourcen (Bildung,Berufsstatus, Einkommen) und Gewalt in der Partnerschaft geringer sei als bezüglich Gewaltgegen Kinder; am deutlichsten wirke sich niedriges Einkommen aus. Kein Einfluss der materiellenSituation der Familien zeigt sich bezüglich Gewalt unter Geschwistern (ebd., 250).Relativ gesichert scheint auch ein Zusammenhang zwischen Gewalt gegen den/die Partner/inund gegen Kinder in den Familien: gewalttätige Ehemänner und -frauen misshandelnmit grosser Wahrscheinlichkeit auch ihre Kinder. Weil die Erfahrung von Gewalt als Kind einentscheidender Faktor für die spätere Ausübung von Gewalt in den eigenen Familien (gegenPartnerin oder Partner wie gegen Kinder) ist, hat Armut diesbezüglich intergenerationellenegative Auswirkungen.4.2.2.2. Familien und Gesellschaft(a)Soziale IsolationDie Frage, ob Armut zu sozialer Isolation führt, ist nicht eindeutig zu beantworten. Zum einen,weil der Begriff der sozialen Isolation zwar oft benutzt, aber selten präzise definiert wird;zum anderen, weil nur wenige Studien die sozialen Kontakte Armer systematisch erheben(z.B. in Form einer Netzwerkstudie) und in Bezug setzen zur Kontakthäufigkeit nicht-armerPersonen. 81 Illustrative Aussagen zu sozialer Isolation als Folge von Armut finden sich vorallem in qualitativen Untersuchungen (u.a. Busch-Geertsema/Ruhstrat 1994, Hanesch et al.1994, Lompe et al. 1987, Mäder 1994). Gleichzeitig wird vor allem in diesen qualitativenStudien darauf verwiesen, dass Isolation keine zwingende Folge von Armut ist. Busch-Geertsema/Ruhstrat (1991, 92) fanden in ihre Studie auch Arme mit sehr guten undunterstützenden Kontakten zu Nachbarn, Freunden und Verwandten (vgl. auch Schein1995). Allerdings scheint es so zu sein, dass in der Regel nur schwer neue Kontakte geknüpftwerden (Lompe et al. 1987, 206), d.h. wer arm wird, «zehrt» von bereits bestehendenKontakten, sofern sie oder er solche bereits vor dem Absinken in Armut hatte. QuantitativeDaten werden am ehesten bei Einelternfamilien erhoben (vgl. Niepel 1994) – innerhalb dieserPopulation wird dann aber wieder selten nach armen versus nicht-armen Alleinerziehendenunterschieden. Die Prozesse, die zu sozialer Isolation führen, werden in allen Unter-80 Habermehl betont, dass Frauen ebenso häufig, wenn nicht gar häufiger als Männer Gewalt gegen ihrePartner anwenden, dass diese aber weniger wahrgenommen werde.81 Eine Schwierigkeit bei der Prüfung der Frage, ob Isolation eine Folge von Armut ist, ergibt sich aus denPrämissen des heute oft verwendeten lebenslagentheoretischen Armutskonzepts: soziale Isolation wird hierals eines der definierenden Merkmale von Armut verstanden, nämlich als Ausdruck von Unterversorgung imBereich der Kontakt- und Kooperationsmöglichkeiten.B A S S • B ü r o f ü r a r b e i t s - u n d s o z i a l p o l i t i s c h e S t u d i e n
148suchungen gleich beschrieben. Die materiellen Einschränkungen schliessen Arme von derTeilhabe am gesellschaftlichen Leben aus (Verzicht auf Freizeit, Kultur, Geselligkeit ausGeldmangel). Zusätzlich ziehen sich die Armen tendenziell selbst weiter zurück, um sich davorzu schützen, dass ihre Armut entdeckt und sie stigmatisiert werden. 82Eine Viertel der unterstützten Armen (Fürsorge- und Zuschussbeziehende) der Berner Armutsstudiesind sozial isoliert, d.h. haben keine Gesprächspartner (Ulrich/Binder 1992, 53);14 Prozent derselben Stichprobe verfügen dagegen über stützende Sozialbeziehungen. 83 Inder Untersuchung von Boddenberg Schmid/Schmid (1989, 21f.) wurde für 15 Prozent derüber eine Aktenanalyse bei sozialen Einrichtungen erfassten armen Frauen soziale Isolationkonstatiert. Dieser Prozentsatz bezieht sich auf alle Frauen, nicht nur auf diejenigen mitFamilien. 84 Von den Alleinerziehenden nannten 13 Prozent Isolation und Einsamkeit alsgrosse Belastung (ebd., 40). Rund die Hälfte der in Familien lebenden armen Frauenbeklagten sich in der Genfer Studie über ein Gefühl der Einsamkeit (Gillioz et al. 1991, 48).Sowohl hier wie bei Boddenberg Schmid/Schmid (1989) scheint sich der Begriff auf einGefühl von Einsamkeit/Isolation zu beziehen, nicht auf eine spezifizierbare Anzahl Kontakte.Dagegen definieren Suter et al. (1996) Mangel an sozialer Vernetzung bei alleinerziehendenMüttern sowie Cunha et al. (1995) für verschiedene Kategorien von Armen anhandmessbarer und differenzierter Kriterien. Suter et al. (1996) betrachten gleichzeitig die Grössedes sozialen Netzes, die Verfügbarkeit sozialer Unterstützung und das Risiko sozialerBelastungen. Sozial isoliert ist eine Frau, wenn mindestens vier von sechs Teilnetzen fehlenoder sehr klein sind. 85 Mangel an sozialer Unterstützung wird durch einen Index zur Erwartbarkeitpraktischer und emotionaler Unterstützung aus diesen Beziehungsnetzen erfasst.Chronische soziale Belastung wird durch Fragen zur Qualität der erhobenen Beziehungengemessen. Die Grösse des sozialen Netzes differiert nur in der Längsschnittanalyse (überein Jahr) signifikant zwischen einkommensschwachen und nicht-deprivierten Alleinerziehenden.86 Arme alleinerziehende Frauen können aber signifikant weniger auf soziale Unterstützungzählen. Sie werden aber nicht häufiger als Nicht-Arme durch ihre sozialen Beziehungenbelastet (ebd., 50). Eine besondere Form der Belastung armer Alleinerziehender durchsoziale Netze wird von Napp-Peters (1985, 71) erwähnt: im Austausch für Unterstützungdurch Verwandte oder Nachbarn gehen die Frauen ausbeuterische Beziehungen ein. Siewaschen, putzen, machen Gartenarbeiten o.ä. für Verwandte oder andere Personen, vondenen sie materiell unterstützt werden. Unterschiedliche Funktionen verschiedener Typenvon sozialen Beziehungen werden schliesslich auch von Gorlick (1988) erwähnt: nach einervon ihr zitierten Studie über einkommensschwache Alleinerziehende tragen Freundschaften82 Aufgrund derartiger Beschreibungen lässt sich vermuten, dass im Begriff der sozialen Isolation in einigenStudien implizit kulturelle <strong>De</strong>privation mitgemeint ist.83 Die Zahlen beziehen sich auf alle Befragten, werden also nicht gesondert für Alleinlebende und in FamilienLebende ausgewiesen.84 Die Untersuchung bezieht sich auf rund 400 Frauen, die z.T. selbst einen Fragebogen ausfüllten, z.T. übereine Aktenanalyse erfasst wurden, und ist in keiner Weise repräsentativ. Zwei Drittel der Frauen habenKinder, leben also in irgendeiner familiären Form.85 Die Teilnetze sind: Partnerschaft, Kontakt zum Vater des Kindes, Verwandtschaft, Freunde, Nachbarn,Arbeitskollegen.86 Auch Hauser/Hübinger (1993, 237) fanden in ihrer Untersuchung von Caritas-Klientinnen in <strong>De</strong>utschland nurgeringe Unterschiede im Umfang der Kontaktnetze von armen versus nicht-armen Alleinerziehenden.B A S S • B ü r o f ü r a r b e i t s - u n d s o z i a l p o l i t i s c h e S t u d i e n
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- Seite 186 und 187: 181Kinder stärker indirekte Effekt
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197Vonderach, Gerd (1989): Arbeitsl
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201Deutsches Jugendinstitut (1993):
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203Hewlett, Sylvia Ann (1991): When
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205Niepel, Gabriele (1994): Alleine
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207AbbildungsverzeichnisAbb.1:Abb.2